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Theologisches Literaturblatt, 18. Februar 1916, Nr 4.

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Academic year: 2021

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Theologisches Literaturblatt.

U n ter M itw irkung

zahlreicher V ert reter der t h e o lo g i s c h e n W i s s e n s c h a f t und Praxis

h erau sg eg e b en von

Dr. t h e o l . L u d w i g I h m e l s

P r o f e s s o r d e r T h e o lo g ie in L eipzig.

Nr. 4.

Leipzig, 18. Februar 1916. XXXVU. Jahrgang.

Erscheint vierzehntägig Freitags. — Bezugspreis jährlich 10 J i. — Anzeigenpreis für die gespaltene Petitzeile 30 «J. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königs tr. 13.

Hin nordafrikanisches Weiseagungsbüchlein aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts.

Wernle, D. Paul, Jesus.

BeOS, Dr. phil. Nikos A., Beiträge zur kirchlichen Geographie Griechenlands.

Baumstark, Dr. Anton, Die Modestianischen und

die Konstantinischen Bauten am heil. Grabe zu Jerusalem.

Faul, Lic. Dr. A. S., Einführung in die Philo­

sophie.

Bonus, Arthur, Religion als Wille.

Kortheuer, A., Feierstunden im Felde.

BrUssau, Vorwärts mit Gott.

Zauleck, D. P., Die englischen geistlichen Lieder.

Cladder, Hermann J., S. J., und Hagqeney, Earl, S. J., In der Schule des Evangeliums.

Haecker, Johannes, Von Krieg und Kreuz und Ewigkeit.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Ein nordafrikanisches Weissagungsbüchlein aus dem Anfang des 4. )ahrhunderts.

Unter den zahlreichen, an Umfang nnd Bedeutung natür­

lich sehr verschiedenen Beiträgen, welche sich in den dem Geheimrat Prof. D. Alb. H a u c k zum 70. Geburtstag von Freunden, Schülern und Fachgenossen dargebrachten „ G e ­ s c h ic h tlic h e n S tu d ie n " (Leipzig 1916, Hinrichs) vereinigt finden, verdient ein von Thdr. Z a h n beigesteuertes Stück, be­

titelt: „ E in K o m p en d iu m d e r b ib lis c h e n P r o p h e tie au s d e r a f r ik a n is c h e n K irc h e um 3 0 5 — 3 2 5 “ (S. 52— 63), besondere Beachtung. Zahn teilt hier, soweit es für seine Untersuchung erforderlich war, den lateinischen Text einer im Sankt-Gallener Cod. 133 vorhandenen, in den M is c e lla n e a C a s s in e s e 1897 zuerst (von Amelli) veröffentlichten kleinen Schrift mit unter dem Titel: P r o p h e tia e ex o m n ib u s lib r is (der Heil. Schrift) c o lle c ta e (lies vielleicht collectio, denn der Cod. liest vor prophetiae: incipit, und prophetia wird gleich darauf im allgemeinen Sinne singularisch gebraucht: quae prophetiae membra habent responsionem? Am Schluss aber heisst es: explicit collatio [collectio ?] prophetiae veteris novique testamenti), die bisher so gut wie unbeachtet geblieben w ar1, auf Grund sorgfältigster, selbständiger Kollation, deren A m ellis doch recht flüchtig her gestellte Abschrift dringend bedurfte.

Die nioht uninteressante, von selbständigem Denken zeugende Sohrift bietet zunächst eine durch Beispiele (Petrus, Paulus, Jesaja usw.) kurz illustrierte Antwort auf die Frage (s. o.),

„welche Arten der Prophetie eine Antwort haben“ 2 — nämlich sieben: „Ekstase, Gesichte, Träume, durch eine Wolke3, eine

1) S. ab erH arn ack s Besprechung der Mise. Cassin. in der Theol.

Litztg. 1898, Nr. 6, Sp. 171 ff.

2) Offenbar denkt der Verf., dass in den von ilun gemeinten Fällen die betreffenden Propheten ausgesprochener- oder nichtausgesprochener- massen auf eine oder mehrere sie bewegende Fragen von Gott Antwort erhalten. Responsio ist = ■^pTjjia'ciojiö^i vgl. Röm. 11,4: responsum divinum V g.; bes. 2 Makk. 2, 4: xyjv oxyjvtiv x o t x tjv xiß<oxov exeX euaev o itpocprjxrjc; )(p7]|j.axta|iG Ü •fevrjö'dvxcx; a ü x iü (Vg.: divino responBO ad se facto) ouvaxoA.ouö'eTv. Vgl. den Text Apg. 13, 1. 2 in unserer Schrift:

acceperant responsum a spiritu sancto. S. die Stelle unten gegen Schluss.

3) Der Text bietet „per nubem, ut cum Moisen (lies Moise) et Jacob“. Dies et Jacob ist nicht in Ordnung. Zahn vermutet, dass neben Jacob die Namen Petrus und Johannes ausgefallen seien, und lässt den Verf. auf die Verklärung Bezug nehmen. Richtiger wird

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Stimme vom Himmel, ein empfangenes Gleichniswort (uaceepta parabola”, 4 Mose 23, 7. 18; 24, 3.15. 23; Beispiel: Bileam;

Vulg.: assumpta parabola) und Erfülltsein mit dem Heiligen Geiste“, und dann eine Reihe von mehr oder weniger aus­

führlich angeführten Beispielen von prophetischen Kundgebungen aus dem Alten (diese lässt Zahn fast alle weg) und dem Neuen Testament. Zu den neutestamentlichen gehören: Maria (Luk. 1);

Anna (Luk. 2); Zacharias (Luk. 1); Simeon (Luk. 2); Johannes der Täufer; Johannes, der Seher der Offenbarung, der Apostel und Evangelist (zitiert wird hier Offb. 10, 9— 11; 1, 3; 22,18);

die Propheten, die von Jerusalem nach Antiochien kamen, Ap.-Gesch. 11, 27. 28; die Propheten und Lehrer in Antiochien, Ap.-Gesch. 13, l ff.; Judas und Silas, Ap.-Gesch. 15, 32; Paulus in Ephesus taufend, Ap.-Gesch. 19, 1 ff.; Agabus, Ap.-Gesch.

21, 10 f.; die fü n f (! quinque ausgeschrieben, nicht wie sonst die Zahlen in Zifferzeichen) Töchter des Philippus, Ap.-Gesoh.

21, 8. 9; Pauli das Auftreten von Irrlehrern weissagende Worte an die Aeltesten von Ephesus, Ap.-Gesch. 20, 28 ff. („hoc looo traditores apertius adnunoiavit“); Pauli Worte 1 Tim. 4, 1— 5 („haec prophetia manifestissime Manicheos obiurgat“) und 2 Tim.

3, 1— 5, worauf es heisst: „Nostris quoque temporibus haec prophetia manifestius deolarata est. Ad Romanos autem dixit:

Sive prophetiam, secundum rationem fidei (Röm. 12, 6). Nam et in charismatibus primam posuit prophetiam.“ Hiermit aber schliesst die Kette der aufgeführten Propheten und ihrer Sprüche nicht, sondern der Verf. reiht an Paulus den „Bischof und Märtyrer C y p ria n “ an: „Itaque“, fährt er fort, „sanctus Cyprianus episcopus quoque et martyr prophetavit dioens:

decrescit in arvis agricola, in m an nauta, miles in castris, innocens (Cypr.: innocentia) in foro, iustiiia in iudicio, in amicitia concordia, in artibus peritia, in moribus disciplina.“

Gemeint ist die Stelle ad Demetrianum c. 3 (ed. Hartei p. 353).

Cyprians Worte sollen offenbar das Siegel der Erfüllung auf die zuletzt angeführte Weissagung des Apostels Paulus auf- drücken, so zwar, dass die Stelle Röm. 12, 6 darauf vorbereitet:

Cyprians Schilderung, obwohl eigentlich nur eine schon vor- man annehmen, es sei Job für Jacob zu lesen und an Hiob 40,1 zu denken: der Herr sprach zu Hiob 8ia x o ü vs<pou<; (A; B: ex x. v.);

Hiob 38,1: Sta Xai'Xaitoc xat veepooe (A; B: veyfijv).

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handene Prophetie, 2 Tim. 3, 1— 5, weiterführend, erscheint gleichwohl selbst als eine Prophetie, nnd zwar als eine solche, welche „secundum rationem fidei“ geschehen ist, wie denn Cyprian in der genannten Schrift einerseits wiederholt anf neu- testamentliche Weissagungen zurückblickt und betont, dass sie sioh in seiner Zeit, d. h. in novissimis temporibus, erfüllen (s. c. 5, Zeile 11; c. 17, 1 4 ff.; c. 20, 6; o. 21, 8; c. 22, 14;

o. 23, 9), andererseits aber selbst nach Weise alt- und neu- testamentlicher Propheten nicht bloBS Busse predigt, sondern auoh die Blioke eines Mannes wie Demetrianus, des Christen- feindes, in die Zukunft lenkt, da der gerechte Gott seinen frommen Kindern herrlich lohnen, seinen Widersachern aber schreckliche Vergeltung widerfahren lassen werde. Und der Leser bekommt den Eindruck, dass die Zeit des grossen afri­

kanischen „Bischofs und Märtyrers“, deB „heiligen Cyprianus“

noch nicht weit hinter dem Verf. zurückliegt.

Aber erst aus dem Folgenden wird klar, mit Bezug auf welche Erscheinung er seine Schrift geschrieben hat. Er fährt nach Anführung der Cyprianischen Stelle fort: Ad hano formam prophetarum testamenti veteris et novi prophetaverunt Montanus, Ammia (so glücklich Zahn statt des sinnlosen1 Aquila des Textes, naoh Eus. h. e. V, 17, 3), Priscilla et Maximilla, qaornm doctrina(m) Catafryges oomplectuntur. Adserunt enim insulse (so Zahn statt des sinnlosen insulses des Textes; s. unten) tantummodo de caelo spiritum sanotnm oecidisse. In hac volnntate perseverantes oaeci, a fide lapsi sunt ignorantes. — Explicit2 collatio prophetiae veteris novique testamenti. Man sieht, der Verf. hat Interesse an den Kataphrygern oder Mon­

tanisten. Ja, es scheint, als ob er gerade mit Beziehung auf sie jenen Ueberblick über die Propheten des Alten und Neuen Testaments und vorher über die septem prophetiae membra gegeben habe. „Ad hane formam“, d. h. was die äussere Form jener alt- und neutestamentlichen Weissagungen betrifft, so haben sie allerdings ihr gemäss geweissagt, Montanus und seine Genossinnen Ammia, Priscilla, Maximilla. Wenn Q a rn a o k (a. a. 0 . Sp. 172) meint, es müsse hier vor prophetaverunt ein non eingesohoben werden, so dürfte er den ganzen Standpunkt des Anonymus verkennen. Wenn dieser ausdrücklich das immer wieder voraufgegangene — man muss nur auch den von Zahn übergegangenen, auf das Alte Testament sich beziehenden Teil unserer Abhandlung berücksichtigen — prophetavit auch dem Cyprian zuschreibt (Zeile 100 Zahn), so will er anerkannt wissen, dass das Charisma der Prophetie in der rechtgläubigen Kirche nicht erloschen sei, ja dass es bleibe, als e r s te s bleibe bis zum Weitende hin. Darin findet er sich mit den Montanisten zusammen, wie er denn auch (s. Zahn S. 61) am urohristliohen Glauben an die dieser Erde widerfahrende Verklärung in mille annis regni festhält: nur soll der Glaube sich freihalten von grobsinnlichen Erwartungen, und nur in dieser abgeklärten

1) Einem törichten und unachtsamen Abschreiber durch Priscilla nahegelegt.

2) Ein explicit begegnete schon zu Anfang nach den 7 prophetiae membra: explicit brevissima disputatio prima. Incipit altera. Homo Adam prophetavit etc.; ferner nach 3 Vollseiten in den Mise. Cassin., S. 55, Zeile 20^ bei Zahn, d. h. nach Anführung einer stattlichen Reihe alttest, prophetisch begabter Männer und Frauen, ein kurzes „Explicit“

hinter Anna, der Mutter Samuels, von der es heisst: prophetavit; quod Maria mater Domini subsecuta narravit dicens: Dispexit (Zahn: dis- persit) superbos sensu, distruxit potentes a sedibus etc. Explicit, worauf ein leerer Baum von 2 Zeilen folgt; dann: Helisabeth audita salutatione Mariae etc. Es^ geht das am Schluss des Ganzen stehende explicit collatio offenbar^nicht auf das Ganze der in Frage stehenden Schrift, freilich auch nicht bloss auf den das Neue Testament be­

treffenden Teil, sondern auf letzteren einschliesslich des Alten Testaments (Incipit altera).

Gestalt darf man den Segen Isaaks für Jakob verstehen (Mise.

Cass. p. 399). Mit Recht urteilt Zahn, dass sioh jenes ad harte formam anlehne an die Schilderung der kurz vorher aus 2 Tim. 3 angeführten Irrlehrer der Zukunft, näher an ihre Eigenschaft habentes formationem pietatis, potestatem autem eius abnegantes. Allerdings nur in der Form, der äusseren Erscheinung, gehören sie mit den wahren Propheten zusammen.

Der Inhalt dessen, was sie bieten, ihr eigentliches Wesen — so muss man und kann man leicht zwischen den Zeilen lesen — weicht von der Prophetie in der rechtgläubigen Kirche und von deren Trägern ab. Sie bedenken nicht das „secundum rationem fidei“ (Zeile 99). Sie selbst wollen wohl auoh über jene Form hinaus. Darauf wird der Satz gehen: Adserunt enim usw. (s. o.).

Freilich, so wie er lautet, lässt er etwas vermissen. Zahn ver­

mutet, es möchte ein in apostolos u. dgl. ausgefallen sein (S. 59), und gemeint sei jedenfalls der am Pfingsttage vom Himmel her über die apostolische Gemeinde gefallene Geist im Gegensatz zu dem Parakleten, der erst in Montanus und seinen Genossinnen gleichsam inkarniert sei. Aber, um diesen Gegensatz nahe zu legen, wäre schwerlich die Redensart de caelo spiritum sanctum ceoidisse der zutreffende Ausdruck. Ich vermute, dass entweder in dem insules deB Textes ein (H)ierosolimis steckt, was graphisch gewiss nioht als unmöglich gelten darf, zumal wenn der heilige Eigenname gekürzt geschrieben war (o wechselt im Text oft mit u

— der Schreiber schreibt überdies geradezu einmal Hierusolimis pag. 414 — , und e mit i), oder dass ein solches neben dem von Zahn für insules vermuteten insulse ausgefallen ist. Dann gehört tantummodo zu eben diesem Jerusalem (vgl. das tantum­

modo Zeile 92, wo es sich ebenfalls auf das vorausgehende Wort bezieht). Montanus wollte ja die Städtlein Pepuza und Tymion als Jerusalem betrachtet wissen und alle Christen dorthin versammeln1, während doch nach Meinung unseres Verf.s und der rechtgläubigen Kirche der prophetische Geist nicht gebunden ist an Ort und Zeit.

Z ah n setzt die Schrift unseres Anonymus in die erste Zeit des 4. Jahrhunderts und läsat sich auch durch den einmal dort begegnenden heftig scheltenden Hinweis des Verf.s auf die Manichäer (s. o.) keine Bedenken kommen — anders H a r n a c k , a. a. 0 . S. 172: die Schrift gehöre „dooh wohl noch ins 4. Jahr­

hundert“ und möge von dem Verf. des Mommsenschen Ver­

zeichnisses stammen — , und mit Reoht nioht, wie hier nicht weiter darzulegen ist. Die „traditores“ (s. o.) weisen in die Diocletiansche Zeit. Keine Spur von den christologischen Streitigkeiten des 4. Jahrhunderts begegnet. Die kleine Schrift ist, abgesehen von anderem, besonders dadurch wichtig, dass sie in den zahlreichen Bibelzitaten den altlateinischen Text des afrikanischen Typus bietet, eine Textgestalt, die besonders auch die Sonderlesarten des Cod. D zur Apostelgeschichte betrifft Es seien hier wenigstens folgende Stücke mitgeteilt Ap.- Gesch.

11, 27 f.: In illis diebus descenderunl ab Hierusolimis pro­

phetae Antiochiam; eratque magna exultatio. Congregatis autem nobis surgens <^unus^>2 ex Ulis nomine Agdbus [qui

Cod.] significabat in spiritu famem futuram etc. Dann Ap.-Gesch. 13, 4 f.: Erant etiam in ecclesia prophetae et doctores Barnabas et Saulus, quibus imposuerunt manus prophetae: Symeon, qui appellalus est Niger, et Lucius Cyri- nenensis, qui manet usqne adhuc, et Titus3 <Z.Antio-

1) Vgl. Euseb. h. e. V, 18, 3 nach Apollonius: (Montanus) o Ile-

tcouC kv xcu T ü jjlio v rIepoua«Xy]jt o v o [i.ctaac (icoX.ei(; ol e ia tv a o x o ti ju x p a i Opufi'ac), tou^ •rcavTayoö'ev exEt auvecfccjeTv e&eXcov. Vgl. § 13 daselbst.

2) < > bedeutet: Zusätze von Zahn.

3) Cod.: Ticius — Titus: Zahn.

(3)

censis Manaenque Herodis tetrarchae^> conlactaneus, qui acceperant responsum a spiritu sancto, unde dixerunt: Segre- gate mihi Barnaban et Saulum in opus, quo vocavi eos, hoc est prophetiae.

Es werde noch erwähnt, <Ubb im Codex Sangall. unserer auf pag. 397—420 daselbst befindlichen Schrift fiber die Prophetie pag. 420—424 eine Uebersioht Aber die Wundertaten, virtutes, des Elia und des Elisa (Helias—Heliseus) folgt, und dass Bich pag. 427— 454 eine mit höchst originellen Einzel­

heiten durchsetzte, von den bekannten Onomastioa unabhängige Sohrift: inventiones nominum, eine Zusammenstellung von Eigennamen anschliesst, von denen in der Bibel (besonders im Alten Testament, einschliesslich Apokryphen; auch griechische Sagen- und Geschiohtsgestalten werden gelegentlich heran­

gezogen) mehrere Träger Vorkommen. Nicht mit Unrecht ver­

mutet Zahn, dass die obengenannten Stfioke auf denselben Verf. zurflokgehen, dem das oben besprochene Bflchlein über die „Weissagung“ zugehört. Sie sollten zusamt dem letzteren einmal vollständig und kritisch herausgegeben werden. Viel­

leicht finde ioh demnächst Zeit dazu.

G. W ohlenberg-E rlangen.

W *rnle, D. Paul (Professor an der Universität Basel), Jesu s.

Tübingen 1915, J. C. B. Mohr (XV, 368 S. gr. 8). 5 Mk.

Mit einem Doppelgesioht tritt dieB Buch vor uns. Schon , auf der ersten Seite stehen die beiden Sätze: „Diese Sohrift hat zu dem, was uns heute alle zuerst bewegt, dem Weltkrieg und seinem gefürchteten oder erhofften Ausgang, gar keine unmittelbare Beziehung und lehnt es ausdrücklich ab, direkte Linien zu ziehen von Jesus zur Gegenwart“, und der andere:

„Inmitten einer sich selbst zerfleischenden Christenheit und in einer allgemeinen Verwirrung auoh der religiösen Begriffe suchte ioh, für einen Augenblick den Jammer der Gegenwart zu ver­

gessen und mir das Bild dessen von neuem einzuprägen, der allein mit Sicherheit ihn überdauern wird und jetzt schon richtend und tröstend darüber steht.“ Dieser letzte Satz wird sehr viele so sympathisch berühren, dass sie mit einer gewissen Erwartung und Spannung das Buch zu lesen beginnen werden.

Denn in diesem zweiten Satz spricht sich die richtige Erkenntnis aus, daBB keine Zeit Jesus kennen und erkennen kann, ohne direkte Linien von ihm zur Gegenwart zu ziehen, und sehr viele von uns erblicken gerade in dem furchtbaren Emst der Gegenwart in Jesus den alleinigen Tröster und Heiland, den es jetzt besonders gilt, ins Herz zu ziehen. Wie sollten wir uns da nicht freuen, wenn uns das Bild dieses ewigen Helfers von neuem vor die Augen gestellt wird.

Es ist nicht ein „Leben Jesu“, was Wernle bietet, sondern eine Art populärer Darstellung desjenigen, was wir in unseren Biblischen Theologien als Verkündigung Jesu nach den synop­

tischen Evangelien behandeln. Es ist also eine Erweiterung und Neubearbeitung des Stoffes, den Wemle in seiner Sohrift:

„Die Anfänge unserer Religion“, 2. Auflage 1904, in dem Kapitel: „Jesus“ dargestellt hat. Aber der Aufriss ist in der neuen Sohrift charakteristisch verändert. Denn ging Wemle früher von dem festen Punkt aus, den wir im Evangelium haben, vom Selbstzeugnis Jesu und seiner Lebensführung, um dann über die Predigt vom Reiche Gottes, die sittliche Forderung und Jesus als Erlöser zu handeln, so ist jetzt der Ausgangs­

punkt der Gottesglaube Jesu, dann folgen die Kapitel: „Der Mensch und die Forderung Gottes“, „Die Botschaft vom kom­

menden Gottesreich“, und erst den Schluss und Höhepunkt bildet das Kapitel: „Jesus der Christus“.

Auf diese Weise wird ob erreicht, daBS man ganze weite Partien deB Buches liest, ohne dass man mit Sicherheit sagen könnte, wie Wernle zu den entscheidenden Problemen Bteht.

Das gilt besonders von den Kapiteln über den Gottesglauben und der Forderung Gottes an den Menschen. Dort ist gar manches so schön und zutreffend dargestellt, dass man es mit innerer Bewegung liest.

Auch wehen uns sonstige Urteile wie frischer Morgenwind an. Zum Beispiel das Geständnis Wernles, dass er früher den Wert des Quellenkritisohen und rein Wissenschaftlichen an der Arbeit über die Evangelien überschätzt habe. Er habe etwa gemeint, wenn er die ältesten Quellen genau ermittelt habe und wisse, was er als echtes Gut im Unterschied von später dazu Gekommenem festhalten dürfe, so fehle ihm nicht mehr viel für das getreue geschichtliche Verständnis Jesu. Heute aber würde er sagen, es könnte ihm mit dem allen noch beinahe die Haupt­

sache mangeln, das wirkliche Verständnis der Frömmigkeit Jesu, und der Jesus, den er da herausarbeiten würde, wäre gar nioht von fern er selbst. Oder: „Es ist im Grunde etwas Er­

frischendes, sich gegenwärtig zu halten, dass wenn alle unsere kleinen und grossen uLeben Jesu” im Staub vermodern, Jesus selber in den Evangelien immer wieder frei und souverän sich an den Menschenherzen legitimieren und Bie zwingen wird, immer wieder tiefer und gerader von ihm zu denken“, Vorrede S. IX. In solchen Urteilen ist ja noch nioht der Standpunkt erreioht, der sich in aller gerade auoh wissenschaftlichen Arbeit an den Evangelien auf die Dauer allein bewähren wird, dass kein von unB entworfenes Jesusbild der geschichtlichen Wahrheit entspricht, welches Abstriche von dem Jesus der Evangelien und des Neuen Testaments macht. Denn allein dieser Jesus ist der ge­

schichtliche, wirkliche Jesus. Aber man fühlt dem Verf. das ernste Bestreben ab, zu diesem Josub der Evangelien auf seine Weise wirklich in Beziehung zu treten, und wie sollten wir daran nicht unsere Freude haben! Ist doch Wernle gerade in der letzten Zeit sehr tapfer gegen religionsgesohiohtliohe Kon­

struktionen (Boussets Kyrios Christos) aufgetreten, die das ganze Bild des Werdegangs der jungen christlichen Religion umzuBtürzen versuchten, und hat, der Freund dem Freunde gegenüber, den Nachweis geführt, dass das Umkehrungen des geschichtlichen Tat- und Ueberlieferungsbestandes seien. Wir lassen uns auoh duroh überhebliche Sätze WernleB nicht irre machen, wie der, dass Verf. sich die Freiheit nehme, Jesus so zu Bchildem, „wie ihn der Erforscher geschichtlicher Wahrheit Behen muss“ (S.X) — als ob gerade das von ihm gezeichnete Josub- bild das richtige sei —, und wenn er bittet, seine Sohrift nioht zu lesen, wenn man sich an seiner Betrachtung ärgern möchte — ein ähnlicher Satz steht übrigens schon in der Vor­

rede zur ersten Auflage von Wernles Sohrift: „Die Anfänge unserer Religion.“

Aber naoh alledem erwartet man vieles anders, als man es in dem Buche wirklich findet.

Wernle hatte darauf verwiesen, dass unser bestes Wissen über Jesus aus folgenden drei Hauptquellen zu Bohöpfen sei:

1. dem Markusevangelium, 2. der Spruohsammlung oder Reden­

quelle, 3. aus besonderen Ueberlieferungen, die nur Matthäus oder Lukas aufbehalten haben. Das ist ein von vielen ver- * tretener Standpunkt, wenngleich wir meinen, dass auch das Johannesevangelium unter die Quellen der Ueberlieferung von Jesus zu rechnen sei. Aber wie vieles ist doch auoh in den

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synoptischen Evangelien fflr Wernle getrübte nnd zweifelhafte Ueberliefernng! Zum Beispiel soll Markus von seinem festen Messiasglauben aus die wirkliche Geschichte nicht mehr getreu wiedergeben können und sie viel messianischer gefasst haben, als sie im Grunde war (S. 333). Es kfingt wie eine Kombi­

nation aus Wrede und Jülicher, wenn er ebenda schreibt: „Am besten werden wir sagen: es gibt ein künstliches Messias- geheimnis, das Markus ins Evangelium hineingetragen hat mit seiner unglücklichen Gleichnistheorie und seinen Verboten gegen die Dämonischen; das braucht uns nicht zu genieren.“ Die Schilderung des „schrankenlosen Wunderglaubens der ältesten Christen“ S. 279 ff. lässt durchblieken, dass ein grösser Teil der Wunderüberlieferungen der Synoptiker für Wernle in den Bereich der urchristlichen Legende zu rechnen ist. Den Ge­

danken „den vielen zu gut“ Mark. 10, 45; 14, 24 findet er S. 347 f. (vgl. S. 316) in dem Masse verdächtig, als wir darin fertige Sühn- und Stellvertretungstheorien finden wollen. „Wer einmal ein Kind des Vaters ist, wie Jesus Beine Jünger es sein heisst, der hat die Gewissheit der Vergebung, so oft er betend zu seinem Gott kommt, und bedarf nioht der geringsten Garantie mit Blut- und Opfergedanken. Daran ist nichts zu rütteln und zu ändern.“ Das könnte Bousset ebenso geschrieben haben. Wir aber dachten, dass nur der am Kreuze für uns gestorbene ChristuB uns die Gewissheit der Gnade Gottes ver­

bürge. Mit dem Augenblick der Verhaftung Jesu „hört unser sicheres Augen- und Ohrenzeugnis auf, und wir erfahren, was man sich erzählte im späteren Jüngerkreise, zum Teil nach Gerüchten, zum Teil nach Mitteilungen von feindlicher Seite“

(S. 361 ff.). Hier wirkt Wellhausen nach. Kritische Zweifel werden erhoben gegen die Verklärungsszene Mark. 9, 2—8 (S. 214 f.), gegen die Messiasbekenntnisse der Dämonischen (S. 290), gegen das Wort von Jesus, dem Sohne Matth. 11, 25— 27 (S. 324 ff.), gegen die Worte Matth. 10, 5 (S. 252), Matth. 10,7f.

(S. 212), das Gleichnis vom Gericht Matth. 25 (S. 71), vom reichen Mann und armen Lazarus (S. 106) und sehr vieles andere, dem Lukas wird krasse Lohnrechnerei vorgeworfen (S. 70), Echtes und Apokryphes sei in den apokalyptischen Aussagen nicht zu scheiden (S. 210).

In dem Buche über die Anfänge unserer Religion geht Wernle, um das Verständnis Jesu zu gewinnen, von Jesu über­

menschlichem Selbstbewusstsein aus. Er sagt dort, es sei ganz unmöglich, sich ein solches Innenleben auszudenken. Offen­

barung, Erlösung, Vergebung, Hilfe, alles habe er in sich und reiche es den- Menschen, die sioh dem Eindruck seiner Person hingeben. Das übermenschliche Selbstbewusstsein Jesu, das nichts Höheres über sich kenne als Gott, und keines anderen warten könne, könne in gar keiner anderen Form als in der messianisohen Genüge finden. Aber an der Messiasidee komme für Jesus allein der abschliessende Charakter in Betracht. Von Anfang an trete er in voller Stetigkeit und in unerschütterlicher Gewissheit als Gottgesandter auf. „Nirgends ein Schwanken, Zweifeln, eine Entwickelung vom Ahnen zur Gewissheit hin.

Jesus lernt neues über das Wie seines Berufes, nie über das Dass. Unter dem Zwang der Notwendigkeit handelt er sein Leben lang“ (S. 31 f.). Jetzt aber arbeitet Wernle viel stärker, als es dort geschehen ist, die menschliche Seite an der Person Jesu herauB und sucht gerade Entwickelungen in Anschauung

• und Wirken Jesu aufzudeoken.

Jesus wird ein echter, bibelfester, bibelgläubiger Jude ge­

nannt (S. 61. 68. 105. 154. 367), ein Laie, Nichttheolog (S. VIII.

103), vom Laienverstand Jesu (S. 21), Jesu Laienexegese (S. 351)

wird gesprochen, er ist ein religiöser (S. VI. 21), ein sittlicher Genius (S. 107), dessen sittlich begründeter Universalismus des Gottesglaubens in schwerem Kampf und heissem inneren Ringen entstanden sei (S. 45). Wernle behauptet S. 319 eine Gespaltenheit des Bewusstseins Jesu, S. 367 spricht er von einem Gewirr von Hoffnungen und düsteren Ahnungen, die Jesu Seele bald naoh dieser, bald nach jener Richtung zogen, erst habe Jesus ein kräftiger Wunderglaube erfüllt, zuletzt sei er zu dem schlichten Vorsehungsglauben zurüokgekehrt und zu allerletzt nahm er mit aller seiner Not nnd Gottverlassenheit zu keinem anderen als zum Herzen Gottes seine Zuflucht (S. 63). Mit der Zeit fange Jesus an, seinen Misserfolg mit dem des Täufers zu vergleichen. Zuletzt erst kommen die ganz trüben und wehmütigen Aeusserungen Jesu (S. 200). Die ent­

wickelungsgeschichtliche Auffassung des Kommens des Gottes­

reiches und „die Wunder- und Katastrophentheorie“ hält Wernle beide bei Jesus für vorliegend, aber der sog. Katastrophenglaube sei mehr die Auffassung seiner letzten Wochen gewesen (S. 236 ff.).

Jesus scheine gegen Ende seines Lebens „wirklich seine Taktik zu ändern“ (S. 355).

Ausdrücklich bekennt sioh Wernle zu dem Satz Harnacks:

in das Evangelium, wie es Jesus verkündet habe, gehöre nioht der Sohn, sondern allein dor Vater. Wie er das verstanden wissen will, spricht er S. 334 aus, Jesus habe nicht sich selbst, sondern seinen Gott und die Sache seines Gottes verkünden wollen. Von Interesse ist dann aber, wie sich Wernle mit der Inanspruchnahme der messianisohen Würde duroh Jesus ab­

findet. Wir zeigen dies an der Hand einiger der wichtigsten Sätze, mit denen Wernle seine Anschauung begründet Ohne den Namen Gottes für sioh zu beanspruchen, trat er mit dem

„loh aber sage euch“ wie ein Bevollmächtigter Gottes auf, und er vergab an Gottes Stelle die Sünden (S. 276 f.). Wie er das konnte, wird nicht klar. S. 283 ff. wird ausgeführt, Jesus habe gewusst, dass Gott durch ihn Wunder wirke. Für Jesus und seine Jünger habe ein inniger Zusammenhang zwischen seinen Wunderheilungen und dem Kommen des Reiches Gottes bestanden. Mit Jesus und seinen Jüngern greife das Gottes­

reich auf der Erde Platz, wohl eben duroh die Kräfte, die Bich jetzt auswirken. Wir fragen: warum wirkt Gott durch ihn Wunder? Ist es eine genügende Antwort, wenn Wernle sagt:

„auoh das (Jesu Worte von seinen Wundern) sind Riesenworte des Augenblicks“, und wenn er von einzelnen der Vertrauten Jesu spricht, in denen bereits eine Ahnung dämmerte von dem Geheimnis Jesu? So drängt die ganze Erörterung der Frage 2u: für wen Jesus sioh selbst gehalten habe (S. 287 ff.)* Jesus wollte Messias sein (S. 292 ff.), aber er sei über den jüdischen Messianismus hinausgewachsen und habe, getrieben von seiner Menschenliebe, den jüdischen Messiasberuf zum Heilandsbernf gemacht. Mit Jesus sei ein „neuer MessianismuB“ in die Welt gekommen (S. 314). Aber auoh als Messias und Sohn Gottes bleibe er bei Markus ein voller Mensch. Es bleibe ein scharfer Abstand Jesu seinem Gott gegenüber. Gefühle der Bedürftig­

keit und des Mangels hätten ihn nie verlassen (S. 316 f.). „Ein Mensch“, nicht der Messias habe Vollmacht, Sünden zu ver­

geben; in diesem Augenblick müsse er sioh mit Gott eins ge­

fühlt haben. Es bestehe Abstand Jesu von Gott und zugleich innige Verbindung Jesu mit Gott. Gott sei da, wo Jesus sei (S. 325. 327). Die Alternative: wenn Jesus sich für den Messias hielt, müsse er entweder offen vor der Welt als Messias auf­

getreten sein oder er habe sich überhaupt nioht für den Messias gehalten, verrate ein seltsam grobes Denken (S. 232). Jesus

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vermeide jedes mesBianische Bekenntnis, aber er gebe An­

deutungen rätselhafter Art, die weiterführen konnten (S. 334).

Jesus habe keinen Glauben an seine Messianität ala Bedingung der ewigen Seligkeit gefordert, und dooh die Frage an Beine Vertrauten: für wen haltet ihr mieh? Aber JesuB habe diese Taktik der eigenen strengen Zurückhaltung auf die Dauer doch nicht featgehalten nnd dann auf einmal das allergrösste Gewicht

;auf das offene Bekenntnis zu seiner Person und Sache vor den .Menschen gelegt.

Das ist ein seltsames Auf und Ab, ein Schaukeln und Schwanken. Der so geschilderte Jesus ist gewiss nicht der der Evangelien. Hier fehlt jede klare, feste Linie. So wenig wie der Täufer war Jesus selbst ein schwankendes Rohr oder ein Leisetreter, und das Verhältnis, in dem Jesus zu Gott stand, erscheint nach der einhelligen Ueberlieferung unserer Evangelien uns ein anderes. Und wie gross ist der Abstand Wernles in dem Verständnis des am Kreuze hängenden Jesus von dem­

jenigen, was unsere Evangelisten erzählen wollen: „Unter der entsetzlichen körperlichen Qual des Ereuzesleidens war auch seine Seele zusammengebrochen, sie hatte die Kraft zur Hoffnung und zum alten tapferen Vertrauen verloren. . . Es blieb allein -das Nächste in der Seele Jesu zurück: der körperliche und der -seelische Schmerz, die Angst, die Trostlosigkeit, dass auch sein Gott ihn mochte verlassen haben. Mit seiner letzten Kraft bahnte er sich noch einmal den Weg zu dem Gott, den er nicht mehr verstand und an dem er dennoch festhielt mit seiner steten Treue. Ihm warf er seine Not auf das Herz. Es war sein letztes Wort“ (S. 363). Lebt hier der alte Reimarus wieder auf?

Mit einer gewissen Trauer legen wir dies Buch aus der Hand.

Wernle hat von allen kritischen Arbeiten auf dem Gebiete der modernen Jesusforschung gelernt, von Wrede, Bousset, Harnaek, Wellhausen, und vieleB von Schweitzer, und ist auf ihre Argumente eingegangen. Dasjenige, was wir — ich rede nicht nur im eigenen Namen — in Auseinandersetzung mit dieser Forschung geltend gemacht haben, habe ich nirgends berück­

sichtigt gefunden, auch nicht die zum Teil sehr sorgfältigen Nachweise, dass Jesus ins Evangelium gehört, und warum es kein Evangelium ohne Jesus gibt. Das aber scheint für Wernle nicht zu existieren. Wernle sucht in den gegenwärtigen Kriegs­

nöten Zuflucht bei Jesus. Wir tun es auch. Aber wir ziehen es vor, beim biblischen Christus zu bleiben. P. F ein e.

Bees (Betj?); Dr. phil. Nikos A., B eiträge z u r k irc h lic h e n G eographie G riechenlands im Mittelalter und in der neueren Zeit. (Sonderabdruck aus „OrienB Christianus“.

Halbjahrshefte für die Kunde des christlichen Orients.) Leipzig 1915.

Schon früher habe ich auf Beiträge des Verf.s zur Geschichte nnd Geographie der Kirche Griechenlands die Aufmerksamkeit lenken dürfen. Einen neuen Beitrag liefert Bein gegenwärtiger Aufsatz. Vornehmlich durch sorgfältige Untersuchung der Notitia episcopatuum im Cod. Paris, gr. 1155A, die sicher vor das Jahr 723 zu datieren ist, weisB Bees neue Erkenntnisse für verschiedene griechische Bistümer und für ihre Stellung im Mittelalter zu gewinnen (eine Arbeit, in der ihm H. Geizer vorangegangen). Er zeigt z. B., dass das in jener Notitia er­

wähnte Bistum Maftojvta? das von Mantinea ist, dass ein Bistum rtuXou im Mittelalter wirklich existierte (sein Bischof ist der in der Notitia o Genannte); er weist darauf hin, dass das

Bistum Lamia in der Notitia nooh so heisst, nioht Zijxouve, wie schon auf dem Konzil 869/870. Es ist Kleinarbeit, die hier geleistet wird, aber unerlässliche, und gerade sie erfordert volle Hingabe an die Sache und ist darum doppelt dankenswert.

N. Bonwetseh-Göttingen.

B au m stark, Dr. Anton, Die M odestianisohen u n d die Kon>

stan tin isc h en B auten am heiligen G rabe zu Je ru sa le m . Eine Nachprüfung der Forschungsergebnisse von A. Heisen­

berg, Grabeskirche und Apostelkirche. Zwei Basiliken Konstantins. Bd. I. (Studien zur Geschichte und Kultur deB Altertums, hrsg. von E. Drerup u. a. 7. Bd., 3. u.

4. Heft.) Paderborn 1915, F. Sohöningh (IX, 173 S. 8).

5. 80.

Im Jahre 1908 veröffentlichte August Heisenberg, damals noch in Würzburg, jetzt in München als Nachfolger des um die Wiederentdeckung und Erforschung der byzantinischen Literatur hochverdienten verstorbenen Karl Krumbacher, ein gröBBeres Werk über die Grabeskirche in Jerusalem (Grabes­

kirohe und ApoBtelkirohe I. II, Leipzig 1908). Die scharf­

sinnigen, nach allen Seiten ausholenden, sowohl mit literarischen wie mit monumentalen Quellen arbeitenden Untersuchungen richteten sich auf die Frage nach der ursprünglichen Gruppierung nnd Erscheinung der Bauten Konstantins am und über dem heiligen Grabe und auf den Nachweis der später eingetretenen Veränderungen. Das Ergebnis steht in schärfstem Widersprach zu der bisherigen Auffassung. Es geht dahin, dass die kon- stantinisohe Basilika den westlichen, nicht den östlichen Teil des Bauplatzes füllte, während die Grabeskirche, die sog.

Anastasis, an der Oatseite des jener östlich vorgelagerten Atriums sich erhob und zwischen Basilika und Anastasis innerhalb des genannten Hofes der Golgathafelsen aufragte. In dieser Form bestand die Anlage bis zum Jahre 614, wo die Perser die heiligen Stätten gründlich verwüsteten. Der Bischof Modestos nahm 616 bis 626 eine Wiederherstellung vor, die ein ganz anderes Bild ergab. Das Grab Christi wurde von ihm in die Basilika selbst übertragen, wo der Altar stand, nnd von einer Rotunde umfasst. Da wird es heute noch gesucht und verehrt.

Es hat also seinen Platz von Ost nach West gewechselt. Die frühere Stelle bezeichnet die Helenakapelle.

Diese überraschende Hypothese fand Zustimmung, u. a. bei Joseph Strzygowski, dem besten Kenner byzantinischer Kunst, aber doch auch Widerspruch, indes in geringem Masse. Diesen Widerspruch bringt nun Jahre nachher in umfassender und scharfer, oft unnötig scharfer WeiBe zum Ausdruck das vor­

liegende Buch, dessen Verf. in Gelehrtenkreisen bekannt und geschätzt ist. Baumstark folgt Heisenberg Schritt auf Schritt, prüft die entscheidenden Quellen nach, bringt auoh neues Material bei, und das Ergebnis ist das entgegengesetzte, d. h. die alte Position wird wieder hergestellt: die Basilika lag östlich, da­

gegen der Golgathafelsen und die AnastasiB westlich. Das heilige Grab hat also nach BaumBtark tatsächlich seinen Platz nie gewechselt, es wird also heute nooh da verehrt, wo man in konstantiniacher Zeit es verehrte und voraussetzte. Eine wertvolle Unterstützung fand der Verf. in den 1914 in Paris veröffentlichten topographischen und archäologischen Forschungen der französischen Dominikaner Vinoent und Abel zu diesem Gegenstände (vgl. S. 3, Anm. 1).

Ich habe mich [damals, wenn auch mit einem Vorbehalt, auf die Seite Heisenbergs gestellt (Lit. Zentralblatt 1907, S. 439)

(6)

tmd bin auch jetzt noch der Meinung, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, gebe aber zu, dass die Hypothese Heisenbergs in gewisse Schwierigkeiten geraten ist. Es muss ihm, der jetzt im Felde steht, überlassen bleiben, seinerzeit zn dieser Kritik Stellung zu nehmen. Ich beschränke mich auf die Darlegung der Streitfrage, der sicherlich Bedeutung naoh verschiedenen Seiten hin zukommt.

Victor^Schultze-G reifsw ald.

F a u t, Lic. Dr. A. S. (Professor an der Friedr.-Eugens-Real- schule in Stuttgart), E in fü h ru n g in die P hilosophie.

Diktate für den Unterricht an der Oberprima. Tübingen 1915, Mohr (76 S. 8). 1 Mk.

Die Ueberlegung, dass in dem engen, zur Verfügung stehenden ZeitmasB für den philosophischen Unterricht in der Prima eine wirkliche Einführung in die Philosophie kaum möglich sei, dagegen die Gefahr erzeugt werde, dass Schüler mit solcher Einführung sich zufriedengeben und auf der Uni­

versität das Studium der Philosophie vernachlässigen, hat in Norddeutschland bekanntlich zu dem Entschluss geführt, diesen propädeutischen Unterricht ganz fallen zu lassen und dafür dem deutschen Unterricht aufzugeben, philosophische Probleme zu behandeln. Auch das vorliegende Buch überzeugt uns von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Der Verf. gibt auf den 76 Seiten wirklich sehr viel, und man wird gern anerkennen, dass er mit grösser Geschicklichkeit die Hauptfragen ziemlich vollständig berührt, aber immerhin ist es doch nur ein Be­

rühren, und gerade das, was die Philosophie durchaus erstreben muss, das selbständige Denken und F in d e n der Antworten zu erreichen, ist in diesem Rahmen ganz ausgeschlossen. Es kann also kaum etwas anderes als eine dogmatische Darstellung dabei herauskommen, und man wird im allgemeinen den hier kurz zusammengestellten Lehrsätzen seine Zustimmung nicht versagen können, der Verf. ist sichtlich bemüht, eine möglichst objektive Darstellung der modernen Philosophie zu geben. Er behandelt 1. Psychologie, 2. Logik, 3. Erkenntnislehre, 4. Philo­

sophie und die Wissenschaften und zum Schluss eine kurze Be­

trachtung über Weltanschauung.

Im einzelnen wäre wohl einiges präziser zu fassen, um die Begründung deutlicher werden zu lassen. Um mit dem letzten zu beginnen, bemerke ich, dass das Bedürfnis der einheitlichen Weltanschauung durch die Einheit des Selbstbewusstseins be­

dingt ist und mit der Vielheit der Weltprozesse nichts zu tun hat. Es ist eine S c h ö p fu n g des menschlichen Geistes. Diese selbständige, schöpferische Kraft des menschlichen Geistes ist in der ganzen Darstellung überhaupt zu sehr vernachlässigt, Bie tritt eigentlich nur bei der künstlerischen Betätigung und bei den Genies hervor, während sie dooh bei jedem Denk­

prozess unentbehrlich ist.ij) Dieser Mangel zeigt sich schon in der Psychologie und in der Logik. Nach dem Verf. sind Be­

griffe nichts anderes als klare und deutliche Vorstellungen (S. 37) und Denken heisBt: Vorstellungen miteinander verbinden (S. 12 nnd 13), und S. 6 wird Vorstellen geradezu mit Denken identi­

fiziert. Das ist doch unmöglich! Was hat z.B . der Satz:

„Tapferkeit iBt eine|Tugendu mit Vorstellungen zu tun? Wir denken in Begriffen, und Begriffe sind durchaus unvorstellbar.

Den Begriff Baum kann ich nicht vorstellen, sondern nur einen konkreten Baum meines Erinnerungsbildes in meiner Phantasie.

Wegen dieser Verkennung der selbständigen Tätigkeit des Geistes bei Schaffung der Begriffe kommt auch eine so ver­

kehrte Auffassung zustande wie S. 11, Abs. 3, dass die All­

gemeinvorstellungen aus der U n g e n a u ig k e it der Erinnerungs­

vorstellungen abgeleitet werden, während gerade eine m ö g ­ lic h s t d e u tlic h e Vorstellung der verschiedenen Objekte not­

wendig ist, um die Analyse dem Geiste zu ermöglichen, die cur Bildung deB Allgemeinbegriffes führen kann. Um solche Fehler zu vermeiden, ist es notwendig, zwischen dem physio­

logisch bedingten Seelenleben und dem geistigen Leben zu unterscheiden, das tun viele Philosophen nioht, und daher kommen so manche Widersprüche und Unklarheiten.

Die Wahrheit eines Urteils hat mit der formalen Logik nichts zu tun, sondern wird ausschliesslich durch die Erfahrung gegeben. Darum muss S. 43 § 18 besser die Ueberschrift erhalten: richtige Bildung eines UrteilB. — S. 61: das Postulat der Arithmetik ist die Fähigkeit des menschlichen Geistes, ver­

schiedene Dinge als gleichartig oder gleiche Dinge als ver­

schiedene anzusehen, darum ist auch die Mathematik eine Er- fahrungswissenschaft, wie das duroh Hilberts Untersuchungen heute wohl allgemein zugestanden ist. — S. 8 möchte ich daran erinnern, dass nicht der Physiker Weber daB Gesetz der Reizstärke gefunden hat, sondern sein Bruder, der Physiologe Ernst Weber, und S. 10 kann nicht gesagt werden: a lle Reize, die das Auge treffen, werden zu Lichtreizen; der Optikus ver­

mittelt auoh Schmerzempfindungen.

Anerkannt soll aber werden, dass das Buch mit voller Klar­

heit auf die Unzulänglichkeit materialistischer und monistischer Philosophie hinweist, dass es die Grenzen der Erkenntnis respektiert und die Schüler veranlassen kann, den Fragen, auch später nooh mit Interesse nachzugehen.

H o p p e - Hamburg..

B o n u s, Arthur, R eligion als W ille. Grundlegendes zur neuen Frömmigkeit. Jena 1915, Eugen Diederichs (122 S. 8).

2. 50.

Die religiöse Stellung des Verf.s ist bekannt, ebenso sein sittlicher Ernst. Im Anschluss an Lagarde tritt er für die Germanisierung des Christentums ein, wobei mehr Gewicht darauf fällt, dass die neue Frömmigkeit des deutschen Volkes der „sentimentalen“ Züge des überkommenen Christentums ent­

kleidet und „heroisch“ gestaltet werde, als darauf, dass sie ihren Zusammenhang mit dem Christentum wahre (S. 52). Die Ver­

stärkung dieser Tendenz duroh den Krieg ist begreiflich. Arthur Bonus nimmt es als Tatsache hin, daBs das Christentum mit seinem Glauben an den gütigen „Grossvater“ der Mensohen und mit seiner Liebesethik einen unheilbaren Bankerott nioht bloss seines empirischen Bestandes, sondern auoh seines Ideals erlitten habe. Er selbst fasst die Wirklichkeit evolutionistisoh Der mit der Welt identische Gott ist zur Gestaltung drängender Wille, der im Menschen zu sich kommt. Wo dieser Vorgang mit Bewusstsein ergriffen wird, da ist Religion. Wie im Einzelnen, so ist auch in jedem Volke die Religion verschieden Bchattiert.

Das Gotteserlebnis der Deutschen darf einerseits nioht duroh Reste anderer Kulturen (der jüdischen und der griechisch- römischen) entstellt bleiben und ist andererseits so tief und reich, dass es zur Grundlage der Weltreligion berufen scheint.

Saohgemäss schildert der erste Teil des Buches die Grundzüge der neuen Frömmigkeit überhaupt, der zweite die nationale Ausprägung derselben im Deutschtum. Der Klarheit willen muss mit Nachdruck betont werden, dass die Welt und Gott in Einheit setzende Konstruktion des Verf.s zum Monismus za rechnen ist, auch wenn er mit der bei ihm beliebten spöttischen

(7)

Schärfe über den „Gassenmonismus“ loszieht (S. 36), viel von Frömmigkeit redet nnd sich für die Persönlichkeit Gottes ent­

scheiden möchte (S. 50). Dasa Christen unbeschadet ihres Patriotismus seine Darlegung aufs schroffste ablehnen, ist selbst­

verständlich. Positive Offenbarung ist die Quelle der Religion, nicht naturhafte Entwickelung. Die deutsche Volksgeschichte wird nie zur Heilsgeschiohte, auoh wenn sie das Herzstück der Weltgeschichte würde. Dass der Mensch nicht Gott ist und w rd, haben stets die Frömmsten am deutlichsten gefühlt. Wie männlich das Christentum ist und macht, beweist die Geschichte dem Vorurteilslosen so deutlich, dass jedes Wort der Abwehr überflüssig ist. Es Bei nur an den vom Verf. in der gewalt­

samsten Weise für seine Zwecke zurechtgemaohten Luther er­

innert. Was an Polytheismus streift, ist auch in der verfeinertsten Form unannehmbar. Ein wenig entschädigt wird der Leser für das Missvergnügen, das die Problemleere des Buches in ihm auslöst, durch die glänzende Sprache und durch zahlreiche geistvolle Einzelbeobachtungen (z. B. S. 14 ff. und S. 87 f.).

Für Irrtum und Wahrheitsmoment in den Bestrebungen der Germanisierung des Christentums vgl. die vorzügliche Abhandlung von Prof. D. Johannes Meyer: „Deutscher Glaube und christ­

liches Bekenntnis“ (Bibi. Zeit- u. Streitfragen, X. Serie, 5. Heft).

Lic. Lauerer-Grossgründlach (Bayern).

K o rth e u e r, A. (Pfarrer an der Lutherkirche in Wiesbaden, freiwilliger Feldprediger der 52. Inf.-Div.), F e ie rstu n d e n im F eld e. Herbom 1915, Buchhandlung des Nassauischen

Kolportagevereins (100 S. gr. 8). 1 Mk.

Es hat mir helle Freude bereitet, diese 20 kurzen, gedanken- tiefen Predigten zu studieren. Sie atmen die Luft der Schützen­

gräben und zugleich die Luft der Ewigkeit. Sie sind ganz nüchtern und tragen alle Kennzeichen echter Soldatenpredigten:

Knappheit der Sätze, Männlichkeit und Treffsicherheit des Aus­

drucks; und predigen doch zugleich das Evangelium von dem Gekreuzigten in voller Tiefe mit herzlicher Wärme und weit- sohauendem Glauben. Die Verbindung dieser beiden Eigen­

schaften ist vorbildlich. Aus der deutschen Heimat sind wir im Laufe der Monate mit gedruckten Predigten für unsere Soldaten überschüttet worden. Bei dem allermeisten, das uns

bo erreichte, musste ein Seelsorger, der seinen Soldaten etwas rechtes für schwerste Stunden geben will, sich gestehen, dass die Fühlung mit den wahren Stimmungen und Erlebnissen unserer Leute viel zu gering war. Solche Predigten, die — schon aus Langeweile — natürlich auch von den Soldaten gelesen werden, gleiten an ihnen ab. Es ist nicht das Richtige, dass die sonntägliche Versorgung unserer Truppen mit Predigten von dem Heimatpfarrer ausgeht. Viel erwünschter ist es, dass sich unter den Feldgeistlichen, vielleicht durch Vermittelung der Militäroberpfarrer, eine Organisation zur regelmässigen Heraus­

gabe von Feldpredigten für die Kameraden bildet.

Dass diese Gedanken Bich beim Lesen der vorzüglichen Predigten Kortheuers, bei einem Vergleiche mit dem meisten, das uns aus der Heimat an Predigten für unsere Soldaten zu­

geht, auf drängen, ist das Höchste, was ich zum Lobe dieser

„Feierstunden“ sagen kann. kic. A lthaus-L odz.

Kurze Anzeigen.

BrUflßW (Sup. in Eilsleben), Vorwärts m it Gott. Kriegsbetstunden.

2. Folge. Leipzig und Hamburg 1914, Schiössmann (79 S. 8).

1 Mk.

Man merkt es den Ausführungen des Verf.s an, dass sie der ersten Zeit des Krieges angehören. Die Begeisterung, welche damals die

Herzen auf die Höhe hob, ist in diesen Ansprachen feBtgehalten. Di»

Sprache hat gleichfalls etwas Schwungvolles. Es werden eine Predigt und vier Kriegsbetstunden geboten und zum Schluss unter der die Er­

wartung spannenden Ueberschrift: Deutsche Pfeile mit biblischer Spitz«

allerlei packende Gedanken über Friedenstaten in Kriegeszeit; über die Zeit als unseren Bundesgenossen; vom deutschen Gemüt. Die Formulierung bei Thema und Teilen hat etwas Wuchtiges, was sich dem Herzen und Gedächtnis leicht einprägt. So bei Luk. 1, 46 ff.

Marias Sang — Deutschlands Dank! Welch eine Wendung durch GotteB Führung: die Grossen macht er klein — die Kleinen macht er gross. Manche Behauptung über die Deutschen möchte man lieber als Forderung an unser Volk hingestellt sehen; eine Ansprache er­

weckt den Schein, als wäre das Christliche dem Nationalen unter­

geordnet: der dreifach Verbündete in der Höhe ist mit uns. Dass aber die Begeisterung des Verfs hebt und mit fortreisst, wird man gern an sich geschehen lassen. G. Lohmann-Hannover.

Zauleck, D. P., Die englischen geistlichen Lieder. Eine ernste Mahnung in ernster Zelt. Gütersloh 1915, C. Bertelsmann (35 S. 8).

1 Mk.

Im Laufe des Weltkrieges sind uns die Augen für so manches aufgegangen, auch bezüglich des englischen Christentums. Was für Minderwertigkeiten in ihm stecken, das zeigt für ein bestimmtes Ge­

biet diese Zauleckeche Schrift. Die englischen geistlichen Lieder! Sie bekommen hier eine gründliche Beleuchtung. Wir schauen ihre ästhetische Dürftigkeit, vor allem aber ihren süsslich treiberischen In­

halt, bei häufiger, fast völliger Ausschaltung Gottes des V aters; und wir staunen über ihre geschmacklos weltlichen Tonweisen, wenn da z. B. vom tiefen Sündenfall und von Christi Blut in der Melodie

„Alles neu macht der Mai“ drauflosgesungen wird. Einfach scheusslich!

Die Mahnung ist, dasa gewisse Gemeinschaftskreise und sonst etliche Leute, die immer noch vom englisch-geistlichen Singsang angekränkelt sind, doch auch endlich zum Einsehen kommen möchten.

Dr. Schröder-Leipzig.

Cladder, Hermann J., S. J., und Haggeney, Karl, S. J., In der Sohule des Evangeliums. Betrachtungen für Priester. Zweiter Band: Die frohe Botschaft in Israel. 2., unveränd. Auflage. Mit Approbation des Erzbischofs von Freiburg und Erlaubnis der Oberen. Freiburg i. Br. 1915, Herder (VIII, 292 S. 8). 2. 40.

Diese 82 Betrachtungen sind eine Auslegung der Bergpredigt und des sog. Wunderkapitels (8—9) in Matthäus. Jedesmal ist zunächst eine eigene Uebersetzung des Textes vorangestellt, die „den Sinn und die Stimmung desselben möglichst wiederzugeben sucht“. Dann folgt ein Ueberblick über die Stelle im ganzen, die endlich noch in mehreren — meist drei — einzelnen Teilen besprochen wird. Jeder Teil trägt eine besondere Ueberschrift und wird dann in einem eigenen Abschnitt auf die Pflichten, Verantwortungen, Sorgen und Herrlich­

keiten des Priesterberufs angewendet. Ein kurzes Gebet, meist in biblischen Worten, schliesst die Betrachtung. Die Anwendungen auf den Priester Bind sehr ernst und gewissenschärfend, die Auslegungen oft fein und tief und in eine schöne Sprache gekleidet, die Ueber- schriften vielfach treffend, z. B. zu Matth. 5, 7—9: Der Charakter des Bürgers im Gottesreich: 1. ein fühlendes Herz für fremdes Leid (Vers 7), 2. ein zartes Gewissen für fremdes Recht (Vers 8), 3. freudiges Wirken für fremdes Glück (Vers 9). Niemand wird den Verff. verargen, dass überall der katholische Kirchen-, Reich Gottes- und Priesterbegriff hervortritt, oder dass bei <ier praktischen Tendenz des Buches die Probleme der Bergpredigt mehr überkleidet als gelöst werden — trotz­

dem stehe ich nicht an zu sagen, dass diese Bibelbetrachtungen auch einem evangelischen Pastor Erbauung und Anregung bieten können.

S ch erf fig-Leipzig.

Haecker, Johannes (Pfarrer an der Lutherkirche in Berlin, zurzeit auch Garnisonpfarrer), Von Krieg und Kreuz und Ewigkeit.

Predigten. Berlin-Lichterfelde 1915, Edw. Runge (48 S. kl. 8).

60 Pf.

Soldatenglaube; Die Fürbitte des Gekreuzigten für seine Feinde;

Die drei Kreuze; Bittet den Herrn der Ernte; Widerstrebe nicht dem Bösen und der Krieg; Der Zugang zum ewigen Leben sind die Themen dieser in der Kriegszeit gehaltenen Predigten. Haecker bietet auch da Neues, wo er vielbehandelte Texte vor sich hat. Seine Soldaten­

gemeinde hat ohne Frage gespannt der Predigt über Matth. 8, 5—13 gelauscht, in der er ihr ein Bild des Hauptmanns von Kapernaum vor die Augen malt. Auch die Laetare gehaltene Predigt über „die drei Kreuze“ (Luk. 23, 39—43), in der der Prediger auf die Redens­

arten „Der Tod macht alles gleich“, „Not lehrt beten“, „Lustig gelebt und selig gestorben, das heisst, dem Teufel die Rechnung verdorben“

Licht fallen lässt, ist eigenartig, mag auch der Homilet die mangelnde Einheitlichkeit rügen. Die Predigt über Matth. 5, 38—42 ist wenig zusagend. Der Nachweis der Vereinbarkeit der Kriegführung mit diesem Herrenwort erfordert klare, scharfe Gedankenreihen. Hier

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