13.Jahrgang /öeft15
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Dr. phil. mag windet, Berlinsmilmereöoeh Bebenzoilerubamm 185 Idmftlnbee mitarbeit einerReibevon sacbautoritätenaufbenoerlcbiebenen frnäbrungsgebieten gefellrdwft m.
Berlin, 5.fluguft1938
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Mot i-o:
Wertigkeit istinder Hauptsache eine sozialbiologische Größe und bedeutet dieGesomtföhigkeit eines Menschen, in einem generctiven Verband zu wirken,denangelegtenKräften entsprechende Leistungen zu fördern im Dienst der Nation.
F.K. Scheumann.
Erscheint am5.und20.jedes Monats./Manuskripte lOTage.
INHALT
W.G.‚ Schönheit — Erholung — Gesundheit. Der Sinn der Reichsgartenschau
Prof. H.Determann, Wissenschaftliche Grundlagen und praktische Anwendung von Obst- undGemüsekuren Dr. Max Winckel, Der Garten derGesundheit Dipl.oec. Hilmar Voswinkel, Berlin, Das Brot inder
Volksernährung
Mndizinische Literatur
Ernährung, Physiologie
Landwirtschaft und Volksernährung
Günstige Brot- und Futteurgetreidebilanz Referate und Berichte
Überblick überdiegesundheitlichen Verhältnisse in Stadt und Land
Die Frage desBohnenkaffees und Koffeins aufder Tagung der Deutschen Pharmakologischen Ge-
sellschaft l“.
Der Vitamingehalt von Brot und Backwaren“
„Kampf dem Verderb“ durch Einbau von Speise- kammern
'
Sport und Ernährung A
Kostregeln und Richtlinien für die Ernährung des Sportlers
Küche und Ernährung
B ücherschau Einzelheft 50Pi.lBezugspreis
durchdiePostMk.2,50viertelj.‚
Inserate 5TagevorErsdieinen fürdasAusland unter Streif-
erbeten.Anzeigeupreise lt.Tarii
Dozent Dr.Bersin: Geschichtlidie EntwidclungderFermcntforschung.
W.Weitzel: DieVerwendung derZwiebel inderKüche.
Richtlinien fürdieDiätbehandlung.
DiätaufBühlerhöhe.
G.Apel: Verbrauchssteigerung von Buttermilch und Quark im Haushalt.
i band Mk.10.—u.Porto jährl.
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Aus dem Inhalt der nächsten Hefte:
Dr.phil.hnbil.Diemayer: DieBedeutung der ReiZStot'fe fürdie Ernährung. 'y
Dr.phil.etDr.med.EugenHelm: Umstimmung desStoffwechsels und Beeinflussung derErschöpfungszustiinde.
J.von Hanstein: Ernährung undKüchenzettel ausAmerika.
Statistik undVolksernührung.
ImZick-Zadr durchdieVolksernährung.
AUSSTELLUNG GESUNDESLEBEN
BERLIN, FUNKTURM, VOM 24. SEPTEMBER BIS 6.NOVEMBER 1938
Gesundes Leben /Frohes Schaffen alsInbegriff und Zielsetzung nationalsozialistischen Wol-
lens ist der Leitgedanke der großenBerliner Herbstausstellung, Wir sehen die gesundheits- politischen Probleme heute umfassender alsinder Vergangenheit: unsere Sorge darf nicht
nur dem schwachen, hilfsbedürftigen Volksgenossen gelten, unser Mühen. darf nicht nur auf
den Kranken und Leidenden abgestellt sein, unser Streben muß vielmehr in erster Linie
von derGesund- und Leistungserhaltung desgesunden Schaffenden aller Stände und Berufe als dem tätigen TrägerVölkischen Lebens bestimmt sein. Auch aufdem Gebiet der Gesund—
heitspolitik stellt eine neue Zeit neue Aufgaben. Aufbauend auf denErrungenschaften medi—
zinischer Forschung, ist Deutschland der Seuchen Herr geworden, clie bedrohliche Säuglings-
sterblichkeit wurde eingeengt, das durchschnittliche Lebensalter konnte. um Jahrzehnte hin-
aufgeschraubt werden. Mitdiesen Erfolgen steht unser Volk an derSpitze aller Kulturvölkerl
Als neues Ziel steht vor uns die Gesundheitsführung des deutschen Menschen, der als ge-
sunder und froher Mensch in neuem gesteigerten Lebensgefühl am Schaffen derNation mit-
wirken soll, Diese gesundheitspolitisch uns gestellte Aufgabe vermag durch Verfeinerung
hygienischer Maßnahmen, durch weitere Erfolgevon Wissenschaft undForschung allein nicht gelöstzu werden. Siebedarf vielmehr zu ihrer Erfüllung der tätigen Mitarbeit eines jeden
einzelnen. Die Gesundheitsführung des deutschen Menschen isteine große Erziehungsaufgabe
fürdieWegweiser und Helfer die Berliner Ausstellung „Gesundes Leben —— Frohes Schaffen“
sein soll,Sie wendet sich darum an alle,Arbeiter der Stirn und Arbeiter der Faust, Betriebs- führer und Gefolgsmann, Mann und Frau, und wird jedem zeigen. wie er verantwortungs- bewußt gegenüber Volk, Familie und sich selbst das Steuer seines Lebens zu führen hat.
FROHES SCHAFFEN
GLIEDERUNG DER AUSSTELLUNG
A)Kerngruppe, ausgeführt vom Deutschen Hygiene-Museum, Dresden
B) Darstellungen der beteiligten Organisa—
tionen und Ämter
C) Leistungsschau der beteiligten Wirtschaft A)Kerngruppe
I.Gesundsein ist alles
Bestimmung derEntwicklung desMenschen durch Erb- anlage,Umwelt undErziehung / Gesundheitliche Lebens- gestaltung / Gefahren fürdieGesundheit / „Erkenne Dich selbst!“ /Aufgaben und Ziele der Gesundheits- führung
II.Die Werkstatt des Deutschen
DiegläserneFabrik /Gesunde Menschen imschönen Betrieb
III.Der Schaffende inderArbeit
Seine Gefährdung IGesundheitsführung des Werk- tätigen / Jugend inderArbeit / Die Frau inderArbeit IV.Volksgesundheit istVolksvermögen B) Darstellungen der beteiligten Organisa-
tionen
I.Hauptamt fürVolksgesundheit
Der Arzt als Gesundheitsführer inFamilie und Be- trieb /Helfer desHauptamtes fürVolksgesundheit II.Ämter der Deutschen Arbeitsfront Betriebsgemeinschaft und Betriebsgestaltung / Sozial- arbeit /Berufserziehung und -fortbildung / Betriebs- sicherheit durch Erziehung derGefolgschaft
IlI.NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“
Schönheit der Arbeit /Freizeit und Feierabendgestal- tung /Betriebssport und Leibesübungen / Kulturelle Arbeit /Reisen und Wandern
IV.NS.-Volkswohlfahrt
DasHilfswerk Mutter undKind /DieNS.-Schwestern- schaft /Das Tuberkulose-Hilfswerk /DieHitler-Frei- platzspende /DasHilfswerk fürdeutsche bildende Kunst V.Reichsfrauenführung
DieFrau inFamilie undVolkswirtschaft /Dieberufs—
tätigeFrau VI.Reichsjugendfiihrung
Lager und Fahrten / Sport und Spiel / Heime und Heimgestaltung
VII.Formationen der Partei Leibesertüchtigungund Gesundheitsführung VIII. Reichsarbeitsdienst
Der Tagdes Arbeitsmannes /ArbeitSdienstlager und Landschaft /DerArbeitsdienst fürdieweibliche Jugend IX.Wehrmacht
Die Musterung alsEinblick indieVolksgesundheit / Unterkunft, Bekleidung undErnährung desSoldaten / Sport, Erholung und Freizeitgestaltung ILeistungs- steigernng, Fortbildung, Berufsertüchtigung X.Reichsnährstand
Gesundheit und Ernährung /Der bäuerliche Betrieb XI.Reichsversicherungsamt
Arbeitshygiene und Unfallschutz XII.Reichsanstalt fürArbeitsvermittlung Der Arbeitseinsatz
XIII. Reichsarbeitsgemeinsdlaft Sdladenverhiitung XIV.Hauptgesundheitsamt derReidlshauptstadtBerlin
Forts. 3.Umschlagseite
Habtgang13/_ßcfi15 Berlin,5.fluguft1938
öeitldyrift
fürDoltsemäbwng
öcitfdyriflfür6cm 62bit! bei:praltifdycn, tedyutfclycnuno wirtfdyaftlidycaStegen 6m:beutfcbcn vollszrnäbmng
Unter ärgtllijen mlfienfifinftlltberunbprnftlfnfier Mitarbeit von {incbautoritäten aufbenberfcblebenenürnäbrungsgebteten
Schriftleitung: Dr. vbtl. mar windet, Berltnowtlmcrsborf, Bobensollernbamm 185
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ernährung“ istnur mitvorheriger ausdrück- licher Genehmigung desHerausgebersgestattet
Schönheit — Erholung — Gesundheit
Der Sinn der Reichsgartenschau
V. A.Eigentlich sollte nicht immer warmer Sonnen-
schein dieBlumenpracht auf einer Gartenschau zum
Aufleuchten bringen; denn sonst kommt doch nur
selten derBesucher dazu,dentiefen Sinn insichauf.- zunehmen, wie er beispielsweise der Reichs—
garten schau, Essen 1938,zugrunde liegt,
Manch zukünftiger Gartenbesitzer wird anfänglich
dazu neigen, hauptsächlichan denErtrag desGarten—
baues zu denken, derseine Lebenshaltung heben soll, namentlidi, wenn in der Eröffnungsansprache der
Reichsminister R.W.Darrc ausführte, daßdurch
dieintensive Bearbeitung der Boden bei derGarten- bearbeitung einen höherenErtrag abwirft alsinder
Landwirtschaft. Obwohl der Gartenbau nur einen
Ii'lächenanteil von nur 1,17v.‘H.vom deutschen Boden einnimmt, liefert er trotzdem 20,6v.H.der gesamten pflanzlichen landwirtschaftlichen Erzeugung!
Allein nicht ohne tiefen Grund führen die drei
großen Wandgemälde an der Stirnseite der Halle des Reichsnährstandes über diese materielle Einstellung hinaus, indem sie durch symbolische Darstellungen aus dem Leben desSiedlers dieBegriffe: Schönheit —
Erholung — Gesundheit verkörpern.
DieSchönheit der Blumen und Pflanzen sowie der Naturerscheinungen zu genießenist heute nicht
mehr Vorrecht einzelner! Großzügige Siedlungs-
bestrebungen desStaates werden es immer breiteren Schichten unseres Volkes ermöglichen,sich der freien
Natur zu erfreuen und die Bindung an den Boden
wiederzufinden.
ErhOlun gan Körper undSeele istdem Berufs- tätigen die Gartenarbeit in seinen freien Stunden!
Denn sonst könnte man nicht immer wieder beob-
achten, mit wieviel Liebe und Mühe jedes kleinste Fleckchen gepflegtwird. Beidieser Arbeit erwächst ihm aber nicht nur das Verständnis für das Wesen
"derPflanze und fürihre Bedürfnisse, sondern erlernt auch erkennen, mit wieviel zäher Arbeit der Bauer und Gärtner dem Boden dieErträge aln-i'ngen muß, und wieer unter derUnbill derWitterung zu leiden hat. Seine eigene Arbeit bringt ihnzum Verständnis einer volkswirtschaftlich verankerten Marktordnung!
Die Gesundheit der Kinder beim Spiel in
Sonne und Luft wird ebenso gehoben und gefestigt odens, A1 trat3
"
wie diedes Erwerbstätigen, der inder Gartenarbeit denAusgleich fürden Beruf findet. Ein frohes und gesundes Familienleben wird sich entwickeln.
Aber neben dem gesund erhaltenden Aufenthalt
imFreien istdieArt der Ernährung einer der
Ilauptfaktoren, um dieFamilienmitglieder gesund und leistungsfähig zu machen und zu erhalten. Wir wissen heute, welche bedeutsame Rolle diePflanze inunserer gutgemischten Kost für eine gesund erhaltende Er- nährung spielt. Deshalb istesum sowichtiger, daß gerade diefrüher städtischen Familien, dieimallge—
meinen wenig Gemüse gegessen haben, denWert und
hohen Wohlgeschmack gutgezogener Gemüse kennen
lernen, wenn sie taufrisch aus dem eigenen Garten geholt werden können, Diese Gemüse haben nicht
durch Transport und Lagerung inihrem Gehalt an
Nähr- und Gesundheitswerten gelitten, so daßdie Neigung, vielmehr Gemüse zuessen, ständigwachsen
wird. Dazu kommt, daßdieHausfrau nun auch den
Überfluß des Sommers fürden'Winter einlegen wird,
um auch indieser Zeit noch eine gesunde Kost auf
denTisch bringen zu können. Das aus dem eigenen
Garten geerntete Obst wird nicht mehr alsLuxus an-
gesehen, sondern als wertvolles Nahrungsmittel, besonders für dieKinder. Sowird durch Gartenbau
die Gesundheit des einzelnen gehoben und die
Volksernäl'irung in eine Richtung geführt,wie sie volkswirtschaftlich und ernährungsphysiologisch er- wünscht ist.
DieReichsgartenschau wird durch dieArt
ihres Aufbaues dasZielerreichen, das siesichsteckte.
DieSchönheit derBlumen, Pflanzengruppen und An- lagen wiftl jedem aufgehen, der das herrliche Ge- lände durchwandern darf. InMusterbeispielen wird gezeigt, wie man einStück Land,und sei esnur ein
Ilof, zum Erholungsaufenthalt gestalten
kann. Vorzüglich klar aufgebaute Lehrschauen, auf
dieganz besonders hinzuweisen ist.übermitteln die
Kenntisse, wie man durch richtige Behandlung des ahl und Pflege der Pflanzen gute Er—
ieaufgewendete Mühe erringt und Nah-
Gesundheit der
G. W.
el erzeugt, die der
"'enen!
Seite220/ Heft 15 Zeitschrift für Volksernährung Berl in,5.August 1938
Wissenschaftliche Grundlagenund praktische Anwendung
von Obst- und Gemüsekuren
VonProf.H.Determann inFreiburg i. Br.*) Wenn auchschon vor dem Kriege viele Ärzte und
Kliniker reinen Obst- und Gemüsekuren ingewissen Krankheitsfällen das Wort redeten, so galten diese dochi.a.wegen ihrer Kalorien- und Eiweißarmut als physiologische Entgleisung. Erst inletzter Zeitfängt man an, siehäufiger als früher inden'Kreis thera- peutischer Überlegungen hineinzuflechten.
Was bedeuten ernährungsphysiologisch Obst-
und Gemüsekuren? Erstens stellen sie in
'
strenger Form sowohl eine allgemeine, als
auch besonders eine Eiweißunterernährung
dar. Durch Zusatz von Fett und Koblehydraten
können wir dieEiweißentziehung indenVordergrund stellen. Wenn wir bedenken, daß1kgrohes Obst etwa
500 Kalorien enthält, 1kgGemüse 160—420,grüne
Salate 150—190, so istes ganz klar, daßeine solche Ernährung ohne nährende Zusätze, selbst bei belie- biger Mengenbemessung, kaum mehr als etwa 600
bis700 Kalorien liefert. Die Eiweißzufuhr istdann
nur etwa 5—10 g. Und diese Werte werden noch
schlecht ausgenutzt.
Obst- und Gemüsekuren bedeuten also inreiner Form (ausgenommen trockene Hülsenfrüchte, Datteln, Nüsse, Feigen) eine Art Hungerku r. Daß lange
dauernder Hunger Gesundheit und Leben zerstört,
istjedem Laien bekannt. Für uns istdieFrage von Wichtigkeit: bis zu welcher Dauer istder Hunger erträglich,wann beginnt dieGefahrzone? Istereven- tuell nützlich? Über all diese Dinge istjetzt durch physiologische Forschung an Hungerkünstlern, an primitiven und höher stehenden Tieren sowie bei Winterschlaftieren eine gewisse Klärungerfolgt1).
Dieerste Zeitvollständige-n Hungers (14—21 Tage) steht unter dem Zeichen der Einschränkung und
Sparsamk eit. Der Körpermuß von deneigenen
"Vorräten zehren, nach den schnell verbrauchten Glykogendepots also vom Körperfett. Dieser sauer- stoffarme Bestandteil wird nun im Hunger dauernd
in einen sauerstoffreicheren, das Glykog-en, umge-
wandelt. Der respiratorische Quotient sinkt dabei auf
etwa 0,7. Der Organismus retiniert also
Sauerstoff. — Grundumsatz und Nahrungsver-
brauch sind natürlich imHunger jenach Alter, Kör-
pergröße und Form verschieden. Je kleiner und jünger der Körper,desto größerder relative Ver-
brauch. Das Gewicht vom Hungerkünstler Levanzin
sank in '31Tagen vollständigen Hungerns nur um
20%. Der Grundumsatz sank sehr bald um
31% und blieb dann lange Zeitrelativ konstant.
-— Langezögert der Organismus, den Eiweißbestan-d anzugreifen. Eswird i'mHungerzustand nur daswirk-
liche physiologische Eiweißminimum
umgesetzt. Die Gesamtstickstoffausscheidung sinkt sofort beim Hunger auf %bis %des Wertes bei
normaler Ernährung. Nur 15% des Kohlenstoffver-
brauchs stammen vom Eiweiß, 85% von Fett und
anderen Quellen. Nach dem Verbrauch der großen
Kohlehydratevorräte inder Leber usw. wird Gly—
kogen jeweils nur inkleiner Menge, größtenteilsaus Fett hergestellt, gewissermaßen als kleine Münze.
Diese geringen Mengen sind aber unbedingt not- wendig. Ohne ihr Vorhandensein würde»der Proto-
*)Mitfrcundl._Genehnri un entnommen derdeutschen Mediz, Wochenschr. 1926Nr. 12. 'errig G.Tllieme, Leipzig,— Wir gebenmitAbsicht diese bereits vor 12Jahren erschienene Arbeit
des Autors wieder, denn ‘ihrInh'rlt istauch heute invollem
Umfan richtigund zubeherzi'en. Prof. Dr,Determuun istseit jener _.eiteinFreund und Förerer unserer Volksernährung.
1) Literatur bis zum Jahre1922siehe S. orgu l is,„Der Hunger“, eine biologische undsoziologische Studie, J.Springer,
Berlin 1923. .
plasmazerfall in größerem Maßstabe eintreten. In
den ersten Tagen des Hungers zeigte Levanzin nur
vorübergehend eine geringe Zunahme der Säure- abbauprodukte und zum Ausgleich auch der Am- moniakausscheidung im Urin. — Natürlich paßtsich
der Mineralstoffwechsel sofort dem verän—
derten Stoffwechsel an. Jedoch bleiben inden ersten
Wochen des Hungers osmotischer Druck, Ionengleich-
gewicht, die katalytischen und enzymatischen Vor- gänge, auch im ganzen die Reaktion der Körper—
flüssigkeitensoweit ungestört, daßkeineSchädigungen erfolgen. Dem Erfordernis allgemeiner
Sparsamkeit passen sich die Funktio-
nenan. Blutdruck, Pulsfrequenz und Atemvolumen
sinken etwas, die Temperatur fast nicht. Auch nach
zwei Wochen langem Hungern konnte man beiLevan-
zin eine objektive Abnahme der Muskelkraft nicht
nachweisen. Die Sekretionen, besonders von Magen
und Pankreas, bleiben funktionskräftig. Auch die Resorption und Assimilation leiden zunächst nicht.
Die Darmentleerung stockt, der Darminhalt wird langsam steriler. Während inspäteren Hungerstadien bekanntlich dieResistenz gegen Infektionen abnimmt,
istdieSchutzkraft nach kürzer abgemessenem Hunger
häufig gesteigert. Als Zeichen desBestrebens, beson-
ders von Infektion bedrohte Gebiete zu schützen,
dürfen wir diebaldigst eintretende massenhafte An- sammlung von Leukozyten inder Darmschleimhaut ansehen. Durch Ausschwemmung derselben verklei- nert sich die Milz,imBlut tritt Leukopenie ein. Im übrigen ändert sichdas Blut inden ersten Hunger-
wochen morphologisch fast gar nicht. Esbehält auch
seinen Hämoglobingehalt lange bei. — Sichtlich zeigt
im ganzen der Organismus das Bestreben, die nicht
so lebenswichtigen Organe, wie innere Drüsen, be- sonders dieKeimdrüs-en, weniger zu schonen als die für das Leben unmittelbar wesentlichen, und letztere in der Zuteilung von Ernährungsstoffen zu bevor-
zugen. Ganz besonders geschont werden Muskeln,
Herz, Gefäße und Ne rvensystem. Levanzin hatte nach 31TageHungern diedoppelte Sehschärfe als früher (nachMorgulis). Esistwahrscheinlich,
daß die weitere psychologische und sinnesphysio-
logische Prüfung überraschende Aufklärung für die Tatsache» der Steigerung geistiger Beweglichkeit und der Sinnesschärfe im Hunger ergibt. — Aber auch innerhalb der Zellen zeigtsichder Verbrauch
und. Schwund mehr in den ent-behrlichen als den
lebenswichtigen Teilen, Die Zellkerne behalten viel länger ihren Betsand als der übrigeZellinhalt. Es nimmt beim langsamen"Schwund der Zellen daspr0-
zentuale Gesamtgewicht der Zellkern-
masse erheblich zu. Eserfolgt gewissermaßen ein
Rückfall auf den embronalen Zustand. Automatisch wird so ein regulierender Einfluß auf Wachstum und Wi-ederauffüllung der Zellen ausgeübt. Der Wachs- tumstrieb istalsodurchkürzere Unterernährungnicht zu unterdrücken. Ja, es zeigen sich dann oft ein schnelleres Wachstum,ein stärkerer Regenerations- trieb alsfrüher nachdemselben Gesetze der Übe r- kompensation gegenübereinem erlittenen Ein- griff,wie esalsRichtlinie bei so vielen unserer Be—
handlungsal‘ten gilt. Wenn d€r Körper vor dem Hungern durcheine Uberernährung,eine Abbau- (‚der Ausscheidungsschwächeüberlastet oder geschädigt war, kommt n0ch hinzu, daßeinWiederaufbau schon
Wegen des Wegfalls belastender Depots oder
Schlacken erleichtert ist.— Wenn auch die Er- lTilita’liChkeitdes Hungerns gewißvon Organbestand,