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Theologisches Literaturblatt, 9. Dezember 1927, Nr 25.

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Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h lr e ic h e r V ertreter der th e o lo g is c h e n W is s e n s c h a f t u nd P r a x is

herausgegeben von

Dr. theol. Ludwig Ihmels «nd Dr. theol. Ernst Sommerlath

Landesbischof in Dresden. Professor in Leipzig.

Nr. 25. Leipzig, 9. Dezember 1927. XLVIII. Jahrgang

Erscheint vierzehntägig Freitags. - Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter sowie vom Verlag. - Inland-Bezugspreis: Rm. 1.85 monatlich Bezugspreis für das A aslan d vierteljährlich: Rm. 3.75 und Porto; bei Zahlungen in fremder Währung ist zum Tageskurse umzurechnen. — Anzeigenpreis: die zw ei gespaltene P etitzeile 40 Goldpfennige. — Beilagen nach Uebereinkunft. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königstr. 13. Postscheckkonto Leipzig Nr. 62873.

Richter, Julius, Professor Dr., Die Religionen der Völker.

Krische, Paul, Dr., Das Rätsel der Mutterrechts­

gesellschaft.

Thilo, Martin, Lic., Dr., Das Buch Hiob.

Gerhardt, Osw., Prof., Der Stern des Messias.

Riggenbach, Ed., D., D ie Bedeutung der Offen­

barung Johannes für die Gegenwart.

Doergens, Heinrich, Dr., Eusebius von Cäsarea als Darsteller der griechischen Religion.

Sanctl Thomae Aquinatis Ordinis Praedicatorum Summa Theologica, de novo edita cura et studio collegii provindiae Tolosanae eiusdem Ordinis apud S. Maßiminum.

Künstle, Karl, Dr., Ikonographie der Heiligen.

DeiBmann, Adolf, D., Professor, Die Stockholmer Bewegung.

Hosemann, Johannes, Gesetze und Verordnungen des Deutschen Evangelischen Kirchenbun­

des nach dem Stande vom 1. Oktober 1925.

Orientalla Chrlstlana, Vol.VI. 3: Pensöes russes sur l ’6glise.

Reyer, Wilhelm, Einführung in die Phänome­

nologie.

van Velzen, S.K . Thoden, Psychoencephale Stu­

dien.

Heyde, Joh. Erich, Wert.

Hobhouse, L. T., Die metaphysische Staatstheorie.

Karl Barth und Eduard Thurneysen, Komm, Schöpfer Geist.

Zur Kenntnisnahme.

Richter, Julius, Professor Dr., D ie R eligionen der Völker.

München und Berlin. 1923. R. Oldenbourg (108 S. gr. 8.) Rm. 3.50.

Bei Richters Darstellung, die seit Ablieferung dieser mir erst jetzt zur Korrektur vorgelegten alten Besprechung bereits in einer neuen Auflage ausgegangen ist, ist laut Anm. auf S. 2 vorausgesetzt, daß in den Händen des Lesers das 1922 in 2. A. in der A. Deichert- schen (Adlichertsche ist Druckfehler) Verlagsbuchh. erschienene Textbuch zur Religionsgeschichte von Lehmann-Haas ist. Mit diesem zusammen benützt, mag sie dem, der über die W elt außer­

christlicher Religiositäten sich unterrichten will, tatsächlich guten Dienst tun. Für das äußere Drum und Dran der verschiedenen Religionen war natürlich — und das jedenfalls ist ganz gewiß kein Schade — kein Platz, wo ein Heft von nicht viel mehr als 100 Seiten über die Religionen der Primitiven, der Assyrer und Babylonier, Ägypter, Iranier, über Vedismus, Brahmanismus, Buddhismus, Hinduismus, die Religionen von China und von Japan, über die griechische, die römische und die germanische Religion und endlich noch über die israelitisch-jüdische, über Islam und Christentum (— warum doch hier das Abgehen von der historischen Entstehungsfolge ? — ) das Wichtigste sagen sollte. Merkwürdig, wie viel bei solcher Vielzahl berücksichtigter Systeme der Leser doch über jedes einzelne von ihnen zu hören bekommt! Gelegent­

lich wohl auch solches, was in keiner unserer größeren Religions­

geschichten zu finden ist, wie S. 67 das betr. Omotokyo, den erst ganz neuerdings von sich reden machenden jüngsten, erfolgreichen Schößling des Shinto, Mitgeteilte. Auch das von ihm empfohlene Textbuch von Lehmann-Haas ergänzt R. aus seinem Eigenen durch Texte, besonders durch solche, die der Darstellung der Religion auf animistischer Stufe der Entwicklung zur Belebung dienen sollen, aber auch durch ganze 6 Seiten Texte zum Hinduismus, besonders zum Verständnis der Bhakti-Frömmigkeit. Als Leser standen dem Verf., indem er schrieb, die Schüler der obersten

Klassen unserer Gymnasien und Seminare vor Augen. Ich wollte es nach meinen Erfahrungen sehr zufrieden sein, wenn nur wenigstens alle unsere Theologiestudierenden nach ihren sieben oder acht Semestern mit soviel Wissen um fremde Religion von der Uni­

versität gingen, als von ihnen aus Richters Heft zu erholen wäre.

Auch das Urteil über die dargestellten Religionen wird vom Verf., wie doch noch hervorgehoben sei, durchweg auf die rechte Bahn geleitet, wie etwa wenn er es als zelotischen Eifer bezeichnet, Mohammed als einen „falschen“ Propheten zu denunzieren. „An der Echtheit und Lauterkeit seiner persönlichen Überzeugungen, vor allem auch von seiner göttlichen Sendung und Stellung als Offenbarungsmittler, ist nicht zu zweifeln.“ Das „Aber“ bleibt nicht aus. Auch es jedoch kann man sich wohl gefallen lassen:

„Allerdings steht sein Leben unter einem tragischen Verhängnis, bei dem Schuld und Schicksal gerecht abzu messen außerordentlich

schwierig ist.“ H. H aas-L eipzig.

Krische, Paul, Dr., Das Rätsel der Mutterrechtsgesell- schait. Eine Studie über die Frühepoche der Leistung und Geltung des W eibes. Unter M itarbeit von Maria Krische. München 1926, Georg Müller. (X, 256 S.

gr. 8.) 10 Rm.

Ein Versuch nachzuweisen, daß bei allen Völkern der Erde eine Entwicklungsstufe vorhanden gew esen sein müsse, in der — überall nur für kurze Zeit — die Frau die Vormachtstellung inne hatte, sehr selten in staatlicher Form, aber um so gew isser in Sippe, Sitte, ehelichem Leben und in der Religion. D ieselbe w äre aber nicht, w ie seit J. J. Bachofens Verarbeitung des diesbezüglichen Stoffes aus dem griechisch-röm ischen Schrifttum angenom­

men, das ursprüngliche gew esen, sondern erst durch den Übergang der „Horden“ vom Jägerdasein zum allerersten Ackerbau herbeigeführt worden. Ihre R este finden sich noch in den Überlieferungen und manchen Sitten aller

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Völker. D agegen sei ein mehrfacher W echsel zwischen Vater- und M utterrecht nirgends nachzuweisen.

Es mag zutreffen, daß der greifbare Stoff für diese Frage (abgesehen von der unten angeführten Selbstbe­

schränkung) nie in solcher V ollständigkeit gesam m elt und ausgenützt worden ist, w ie in dem vorliegenden Buch. Die verschiedensten V ölkerschaften der Erde liefern ihren B ei­

trag in der gesuchten Richtung. Zuzugeben wird auch sein, daß die Untersuchung überall auf einem nach Zeit, Raum und Kunde sehr schwierigen G renzgebiet zu führen war, denn diese Dinge gehören m eist grauer V orzeit an. Nicht verwunderlich ist darum, daß jede neue A rbeit die A uf­

stellungen der Vorgänger reihenw eise über den Haufen wirft. Das tut der Verfasser reichlich und es wird ihm w ieder so gehen. An S telle der von ihm als überwunden erklärten Bachofen'schen Annahme vom M utterrecht als Anfang der M enschheitsentwicklung erklärt er selber keine neue Lösung, sondern nur eine Fülle neuer Rätsel setzen zu können.

Das Buch der M enschheit, die Bibel, ist nirgends als irgendwie maßgebend berücksichtigt, w iew ohl sie sowohl zur Urgeschichte der Völker als für die griechisch-römische W elt, die sonst reichlich bedacht ist, viel zu sagen hätte.

W eder in der Richtung von Apg. 17, 27 f., noch von Röm. 1, 18 ff. noch von 1. Mos. 1, 27 die geringste Spur. Ihr „Jüdisch- christlicher Standpunkt“, der sie auf das Vaterrecht fest­

legt, ist schuld daran, daß P. Krische sie nicht verwenden kann. Nur einzelne Züge aus der reichen Fülle des bib­

lischen Stoffes fügen sich seinem Plane ein, so die Tötung bezw. Lösung der Erstgeburt, die Leviratsehe, das Debora­

lied und einige w enige Züge aus der Erzvätergeschichte.

A uch andere Kräfte höherer A rt haben auf die Entw ick­

lung im K rische'schen Sinn

keinen

Einfluß gehabt. G atten- und Elternliebe, Tugend, Treue, G ew issen spielen keine Rolle. A lles ist durch die Brot- oder Arbeitsfrage bedingt.

Die A rbeit der evangelischen Mission mit ihren vielen w ertvollen und eingehenden Berichten älterer und neuester Zeit wird ebenfalls w enig genug verw ertet. Ihr Name ist nirgends benützt. G estreift sind mit ein paar Zeilen Living- stone und J. Chalmers; das Quellenverzeichnis bringt noch Riedel, M erensky und Beuster hinzu. Die röm isch-katho­

lische M ission, m eist älterer Tage, kommt gleich wenig zum Wort.

U ferlose Schwärm ereien („Jahrhunderttausende langes Jägerdasein der Urhorden“) und die Verbindung der alten M utterrechtsanschauungen mit dem heutigen Frauen- rechtlertum machen gegen die geschichtlichen Teile des W erks von vornherein mißtrauisch. Auch ist der Erfolg des Buches nicht, w ie gew ollt, die höhere W ertschätzung des A nteils der Frau an der M enschheitsentwicklung.

W eite A bschnitte sind sehr unappetitlich zu lesen. Da dauern uns nur die Setzer, die um des Brotes w illen solches verarbeiten müssen. Die M itarbeit von Maria Krische hätte da anderes leisten können. Ein sittliches U rteil ist nirgends gefällt und sich auch von anderer S eite her ausdrücklich verbeten. A lles Natur! „Soziologisch!“ D esw egen jenseits von Gut und Böse.

A schgrau wird's, w enn der Verfasser an die christliche T heologie gerät. S. 42: „Diese m ystische Vorstellung, v iel­

fach verbunden mit dem Opfertod einer Sohnesgottheit, in Erinnerung an die uralte R ebellion der Söhne gegen die Väter, die mit jeder mannbar werdenden Jugend w ieder­

auflebte, ging später allgem ein in den Kult der Sohnesgott­

heiten des Ostens (Adonis, A ttis, Orpheuskult) über und

findet seinen von dort übernommenen Niederschlag auch in den christlichen M ysterien des Abendm ahles und des Opfertodes des Sohnes G ottes, Christus.“ S. 87: „(die W ertschätzung der Sibyllen) ist neben dem M uttergottes­

kult einer der nachhaltigsten Bestandteile uralter M utter­

rechtskultur, den die sonst völlig patriarchalische, auf dem Vaterrechtsgeist des biblischen Judentums errichtete katholische Kirche übernommen hat." S. 199: „Bei den heu­

tigen Kulturvölkern w eisen noch einige religiöse G e­

bräuche, so das Tragen w eiblicher Gewänder der katho­

lischen und protestantischen Priester (sic!), der Kult der Jungfrau Maria, auf m utterrechtliche Einflüsse früherer Zeit hin."

Ein Buch, das der offenbarungsgläubige Theologe und der Christ, aber auch der gründliche G eschichtsforscher in allen w esentlichen T eilen ablehnen wird. Über Einzel­

heiten kann man sich w eiter unterhalten. Die m eisten früheren Schriften der Verfasser sind im Freidenker-V er­

lag G. m. b. H., Leipzig-Lindenau, erschienen.

W i l h . M ü l l e r - Zavelstein.

Thilo, Martin, Lic., Dr. (Privatdozent an der U niversität Bonn), Das Buch Hiob, neu übersetzt und aufgefaßt.

Bonn 1925, A . Marcus und E. W ebers Verlag. (144 S.

8.) Rm. 4.— .

Zweck seiner A rbeit ist dem Verfasser, „die im Buche Hiob enthaltenen religionsgeschichtlich bedeutsam en G e­

danken system atisch darzustellen. Solche Darstellung kann aber erst versucht w e r d e n . . . auf Grund einer Übersetzung, w elche den exegetisch erm ittelten T extsinn so klar und verständlich zum Ausdruck bringt, daß der Leser ihn ohne Zuhilfenahme einer ergänzenden Interpretation unzw ei­

deutig

vor

A u g e n

hat".

Diesem Erfordernis

w ill

die

von Thilo gebotene Übersetzung genügen. Sie sucht die Eigen­

art des Originals dadurch annähernd wiederzugeben, daß sie (eine beachtliche Lösung des Übertragungsproblems) in einer A rt rhythmischer Prosa abgefaßt ist. Es sind ihr Anmerkungen beigefügt, die teils buchstäbliche Übersetzung geben, w o freier übertragen ist, teils grammatischer A rt sind, teils auch neue Auffassungen des Verfassers vor­

tragen. Von dem textkritischen Problem hat der Verfasser im Rahmen seiner A rbeit bewußt abgesehen; er übersetzt mit ziem lich w enig Ausnahm en nur den m asoretischen T ext, obwohl er sich sagt, daß die auf ihn sich stützende Darstellung dann freilich ein historisch getreues Bild nur in bedingter W eise liefern kann. A ber er meint: „Es kann nicht schaden, und es ist sogar ein Beitrag zur Textkritik, w enn man einmal w ieder von der Höhe der jeweiligen For­

schung aus den m asoretischen T ext daraufhin ansieht, w as er eigentlich hergibt.“ Damit hat er an sich nicht Unrecht;

aber es geht doch schließlich bei einem T ext w ie dem des Hiob nicht w ohl an, in so w eitgehendem Maße von der Textkritik abzusehen. D ie Übersetzung zerlegt den T ext des ganzen Buches in 120 Sinnabschnitte, deren jedem eine Inhaltsangabe beigefügt ist. Der Übersetzung folgt eine Zusammenstellung der Inhaltsangaben in verkürzter Form, die eine zusammenhängende Darstellung des G edanken­

verlaufs bietet, nebst einer Konkordanz zu den im Buche Hiob behandelten Einzelthemen.

Auf Grund von alledem versucht der Verfasser im

letzten A bschnitt nunmehr eine Gesamtauffassung des

Buches zu gewinnen. Der Verfasser erw eist sich hier nicht

minder als in seinen früheren A rbeiten über das Hohelied

und K oheleth als selbständigen Kopf und feinsinnigen und

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nachdenklichen Exegeten, w as R eferent um so wärmer anerkennen möchte, w eil er ihm in für ihn w ichtigsten Punkten nicht zu folgen vermag. Eigenartiger W eise geht der Verfasser von Kapitel 28 aus. Die Stellung dieses Kapitels, das billigt er der neueren Auslegung zu, „findet ihre Erklärung nicht in dem unmittelbaren Zusammen­

hänge“. Da aber ,,kein Grund besteht, dem Dichter dieses seiner ganz würdige Kapitel abzusprechen, so liegt die Annahme am nächsten, er habe es dem Schatz seiner sonstigen Spruchdichtungen entnommen, über die er zw eifellos verfügt haben wird, und es gerade hier einge­

setzt, w eil er diesen Platz immer noch für den geeignetsten hielt". Die A nfangsworte von Kapitel 28 zeigen auch ganz deutlich, daß Kapitel 28 vom Verfasser als eine A b ­ schweifung gedacht war. W ie er zu dieser Abschweifung kam, erklärt sich nach Thilos Meinung ohne jede Schw ie­

rigkeit. Nicht nur, daß in einem zur W eisheitsliteratur gehörigen Buche eine allgem eine R ede über die W eisheit nicht befremden könne, mehr noch bedeute eine andere Erwägung: „Sollte der Dichter, w elcher den Inhalt seines W erkes in eine Diskussion über W eisheitsproblem e auf­

gehen läßt, nicht das Bedürfnis gehabt haben, einmal klar herauszusagen, worüber eigentlich nicht gestritten wurde, um die Voraussetzung klar zu machen, von der die strei­

tenden Parteien ausgingen?“ Hiob 28 zeige den gem ein­

sam en Boden, auf dem der Hiobdichter mit dem Verfasser von Prov., insbesondere von Prov. 1— 9, stand. D iese ge­

meinsame Lehre formuliert Thilo so: „Derjenige gelangt zur W eisheit, w elcher das S ittengesetz respektiert. Die Furcht des Herrn ist W eisheit. Das muß aber so sein, w eil der Sittengesetzgeber eben der Schöpfer ist, der die W elt in W eisheit, d.h. auf Beseligung der Kreaturen abzweckend, geschaffen hat, so daß also der sittliche M ensch infolge seiner W illenseinheit mit dem Schöpfer den eigentlichen L ebenszw eck erreichen muß, also w eise ist.“ Danach ver­

bindet der Hebräer mit dem W orte W eisheit einen .ändern Begriff als der Grieche mit 0099/0 , was auch uns zunächst fremdartig ist. Indem der Verfasser des 28. K a­

pitels sich dafür entscheidet, daß nicht philosophische S p e­

kulation zur W eisheit führe, sondern Gottesfurcht, sage er etw as aus, worüber auch zw ischen Hiob und seinen Gegnern völlige Einigkeit herrscht. Der Satz am Schluß von Kapitel 28 bedeute nicht etw a einen Verzicht auf die Lösung des Problems, sondern sei ein Glaubens­

satz, der Probleme erzeugen kann, ja, es läßt sich nach Thilo leicht zeigen, daß in ihm alle Probleme, die das Buch behandelt, wurzeln. „Enthält aber das 28. Ka­

pitel das Grunddogma des ganzen Lehrgedichtes, von dem die streitenden P arteien w issen, daß sie daran nicht rütteln dürfen, ohne sich dadurch für besiegt zu erklären, so dürfen wir den Gedankeninhalt von K apitel 28 mit den übrigen R eden nicht in eine Linie stellen, w as nur Verwirrung er­

zeugt, sondern m üssen es ihnen überordnen als den Ober­

gedanken, von dem alles andere ausgeht.“ Nach diesen Vorbetrachtungen als Vorbedingung unternimmt es der V erfasser nun, den Gedankengang des Buches zu ver­

folgen. )iEin W eisheitslehrer mit tiefer religiöser Anlage, dialektisch und dichterisch gleich begabt, wird von einem rätselhaften schw eren G eschick heimgesucht, das in Paral­

lele gebracht w erden konnte mit dem des Hiob einer älteren Erzählung, gerät bei der Ausdeutung seines Lei­

dens in Konflikt mit den G enossen der W eisheitsschule, der er selbst angehört, und ringt sich zu einem neuen

„ Standpunkt durch. Sein Schicksal ebenso w ie sein inneres

W erden und W achsen stellte er dann in einem großartigen G edichte, vielleicht am Ende seines Lebens, künstlerisch dar.“ So beschreibt Thilo die geschichtliche W irklichkeit, die dem G edichte zu Grunde lag. W ie sich ihm des w e i­

teren der Gedankengang der Kapitel 3 bis 42 als eine

„Seelengeschichte" darbietet, „wie sie feiner durchdacht und bis ans Ende durchgeführt nicht vorgestellt w erden kann", läßt sich in ganz kurzer W eise nicht wiedergeben;

erwähnt sei, daß alle Stücke des zw ischen Prolog und Epi­

log stehenden Buches, also auch Kapitel 28 und die Elihu- reden, für Thilo einer einheitlichen (wenn auch in v iel­

leicht langem Zeitraum geschaffenen) Komposition zuge­

hören, in der nichts unecht ist, mögen immerhin Stücke um gestellt oder hinzugefügt oder um gedichtet worden sein.

D ie Lehre aber, die als Endresultat des ganzen Buches zu gelten hat, formuliert Thilo so: „Es gibt nicht nur ein Strafleiden, nicht nur ein Zuchtleiden, in das ein Straf- leiden durch Büßfertigkeit verwandelt wird (so die Freunde), . . . nicht nur ein Läuterungsleiden (Elihu) . . . es gibt auch Leiden, w elche Bewährungsleiden genannt w er­

den können, Hiobs Leiden war ein solches . . . , ein Leiden, dessen auch der G erechteste zur Förderung seiner Ent­

wicklung bedarf, ein Leiden, w elches nach der Natur des W eltlaufs den G erechtesten am allerw enigsten verschonen kann, und ihn nicht verschont, damit er zu den höchsten Zielen geführt werde, die Gott den M enschen gesetzt hat.

Das ist das Ziel der G ottesgem einschaft.“

W as Thilo zum Verständnis des Buches Hiob sagt, ge­

hört gewiß zum gedankenreichsten und selbständigsten, was über das Buch gesagt worden ist. Unser R eferat sucht davon einen umfassenden Eindruck zu geben, sow eit das auf schmalem Raume möglich ist; viele feine E inzel­

bem erkungen des Verfassers mußten der Lektüre des nicht umfänglichen, aber inhaltreichen W erkes überlassen blei­

ben. R eferent kann freilich nicht für nachweisbar halten, daß sich die Problematik sowohl der literarischen Struktur w ie des gedanklichen Aufbaus und Inhalts des Hiobbuches auf löst, w ie es sich Thilo darstellt — so sehr jeder Versuch grundsätzlich zu begrüßen ist, der möglichst das ganze Buch als ein organisches Ganzes begreifen möchte. Wir m öchten Thilo, w enn auch mit anderer Begründung, darin w eithin folgen; aber er geht über das Mögliche hinaus. So ist vor allem die Stellung, die der Verf. zu den Elihu- reden einnimmt, nicht möglich, w enn man nicht die lite ­ rarische und ideelle Komposition des Buches in entschei­

denden Punkten verkennt. Trotzdem gebührt dem V er­

fasser für sein feines Büchlein warmer Dank.

J o h a n n e s H e r r m a n n - Münster.

Gerhardt, Osw., Prof., Der Stern des Messias. Das Geburts­

und das Todesjahr Jesu Christi nach astronomischer Berech­

nung. Leipzig und Erlangen 1922, A. Deichert, Dr.Werner Scholl. (VI und 144 S. gr. 8.) 50 Rm.

Das vorliegende Buch enthält weit mehr als sein Haupttitel in Aussicht stellt. Es behandelt im Grunde sämtliche chrono­

logische Fragen des Lebens Jesu, wenn auch nicht alle in gleicher

Ausführlichkeit. Dabei gereicht ihm von vornherein sehr zur

Empfehlung, daß der Verfasser überall aus den Quellen schöpft

und sich keine Mühe und Arbeit hat verdriessen lassen, um zu

möglichst gesicherten Ergebnissen zu gelangen. Für einzelne

Punkte hat er sich den Rat und die Mitarbeit von Spezialisten

verschafft und durch sorgfältige mathematische Kleinarbeit größte

Präzision erstrebt. Dem Titel entsprechend geht die Absicht des

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Verfassers S. 1— 11 0 zunächst dahin, durch eine eindringende Er­

örterung aller mit der Erzählung vom Stern der Magier Mt. 2 verknüpfen Fragen eine genaue Bestimmung des Geburtsjahres Jesu zu gewinnen. Zu diesem Behufe gibt er eine knappe Zu­

sammenfassung der astrologischen Anschauungen jener Zeit, unter­

wirft die Perikope Mt. 2 einer eingehenden Untersuchung, stellt die Vorstellungen des Altertums und speziell der jüdichen W elt über die Verknüpfung gewisser Gestirne mit dem Schicksal Israels und des Messias zusammen nnd erörtert m ittelst umfassender astro­

nomischer Berechnungen, welche astrale Verhältnisse die Darstel­

lung Mt. 2 verrate. Seine Beweisführung ist die folgende: Die Geburt des Messias war in der israelitisch-jüdischen Erwartung mit einem astralen Vorgang verknüpft. Vgl. Num. 24 , 7; Test- Levi 18; Test. Juda 24. Von den Planeten galt der Saturn als Beschützer Israels und Regent seiner Religion. Eine verwandte Bedeutung besaß der Jupiter. Die Konjunktion beider Planeten im Sternbild der Fische betrachtete man als Anzeichen eines für Israel wichtigen Ereignisses, speziell auch der Geburt des Messias.

In Mt. 2 fragen die Magier nach dem König der Juden, d. h. dem Messias. Daß er schon geboren ist, erschließen sie aus dem von ihnen wahrgenommenen heliakischen Aufgang seines Sterns.

dvatokrj bedeutet v. 2 nämlich nicht Osten, sondern das erstmalige Aufleuchten eines Gestirns vor dem Sichtbarwerden der Sonne.

Diese Erscheinung fixiert den Moment der Geburt. Nun ist nach astronomischer Berechnung der Saturn, der Stern Israels, am 1.

oder 8. April des Jahres 7 vor Christus im Sternbild der Fische aufgeleuchtet (nachdem er zwar einige Zeit unsichtbar gewesen) und hat am Ende des gleichen Monats wie hernach noch längere Zeit in eben diesem Sternbild mit dem Jupiter in Konjunktion gestanden. Daraus ergibt

sich

für

die Magier, welche die messia-

nische Erwartung des jüdischen Volkes kannten, es müsse ein für Israel wichtiges Ereignis, und zwar eben die Geburt des Messias eingetreten sein. Auf dem W eg von Jerusalem nach Bethlehem erblickten sie im Herbste des gleichen Jahres den Saturn vor sich noch immer in Konjunktion mit dem Jupiter und entnahmen aus seinem Stehen über einem der beiden Hügel Bethlehems die Bestä­

tigung ihrer Erwartungen. Mit diesem Ergebnis deckt sich Hippo­

ly ts Datierung der Geburt Christi auf den 2. April 7 a. C. ebenso auch die Angabe

Lc.

2, 1 f, wenn man den hier erwähnten Zensus von dem nach demTode des Archelaos vorgenommenen unterscheidet und mit Tertullian contra Marcionem IV 7 . 1 9 in die Jahre 9 ff.

a. C. verlegt. — Gegen diese Beweisführung ist nicht viel einzu­

wenden, wenn man mit dem Verfasser voraussetzt, die Angaben von Mt. 2 seien bestimmt genug um eine astronomische Rechnung darauf zu gründen. Allein eben diese Voraussetzung ist zweifel­

haft. So ansprechend es ist, den Singular ävatoXq 2, 2. 9 von dem Plural 2, 1 zu unterscheiden, so w ill sich doch die astrologische Bedeutung »heliakischer Aufgang« nicht recht in den Zusammen­

hang fügen. Die auch für den Singular völlig gesicherte Bedeu­

tung Osten paßt viel besser. Die nach Jerusalem gekommenen Magier geben als Grund ihrer Reise an, sie hätten im Osten, d.h.

in ihrer Heimat, den Stern des Messias gesehen, und werden froh, als sie über Bethlehem den Stern wieder erblicken, der ihnen im Osten die Geburt des Messias verkündigt hat. Überhaupt macht Mt. 2 durchweg den Eindruck einer volkstümlichen Überlieferung, deren Angaben nicht wie die Aufzeichnungen eines Astronomen zu behandeln sind. Die Ansetzung der Geburt Jesu auf das Jahr 7 a. C. würde sonst kaum Bedenken unterliegen. Mit Lc. 3, 23 ließe sie sich wohl in Einklang bringen, und die Bemerkung der

Juden gegenüber Jesus »Du bist noch nicht 5 0 Jahre alt« Joh. 8, 57 würde noch verständlicher, wenn Jesus das dreißigste Jahr bereits beträchtlich überschritten hätte.

W eit mehr als dem ersten T eil kommt die astronomische Ge­

nauigkeit der Untersuchung dem zweiten T eil des Buches S. 1 1 0 bis 1 4 0 zugute. Der Verfasser berichtigt und präzisiert hier die Ergebnisse einer früheren Schrift: Das Datum der Kreuzigung Jesu Christi, Berlin 1 9 1 4 . Das 15. Jahr des Tiberius Lc. 3, 1 berechnet er nunmehr von dessen Mitregentschaft mit Augustus, nicht von dem Tod des letzteren und bevorzugt die Annahme einer dreieinhalbjährigen Dauer der öffentlichen W irksam keit Jesu. Da­

gegen hält er an der Ansetzung des Todestages Jesu auf den 15 Nisan fest. Mit Rücksicht auf die Bedenken des Unterzeichneten im Th. Literaturblatt 1 9 1 5 , Nr. 26, Sp. 6 0 9 f. hat der Verfasser aber nunmehr das Sichtbarwerden des Neumonds in Palästina w eit genauer festgestellt als früher und alle die Störungen mit in Betracht gezogen, die sich aus der empirischen Festsetzung des Kalenderdatums für die Berechnung des 14. oder 15. Nisan er­

gaben. So hat sich herausgestellt, daß in den nach den sonstigen geschichtlichen Anhaltspunkten allein in Betracht kommenden Jahren 2 9 —3 2 nach Christus nur am 7. April des Jahres 3 0 und am 27. April des Jahres 31 der 15. Nisan auf einen Freitag fiel.

Das letztere Datum scheidet aus, w eil die geschichtlichen Anhalts­

punkte für das Jahr 3 1 ungünstig sind, und die Datierung auf der denkbar schwächsten astronomischen Annahme ruht. Im Jahre 3 0 besteht übrigens die Möglichkeit, daß nicht der 15. sondern der 14. Nisan ein F reitag war, und daß somit der 7. April sowohl nach der synoptischen als auch nach der johanneischen Datierung als der Todestag Jesu betrachtet werden kann. So kann der Verfasser Bein Buch mit dem stolzen Satze schließen: demnach ist astro­

nomisch wie geschichtlich erwiesen, daß der T ag von Golgatha Freitag der 7. April 3 0 war. In der Tat scheint hier ein gesichertes Ergebnis der Forschung vorzuliegen, und der Unterzeichnete kann den Verfasser nur dazu beglückwünschen, daß seine rastlose B e­

mühung zu einem so erfreulichen Resultat geführt hat.

t E. R ig g e n b a c h , Basel.

Riggenbach, Ed., D. (Professor der Theologie in Basel), Die Bedeutung der Offenbarung Johannes für die Ge­

genwart. Basel, G. Majer. (24 S. 16.)

Das kleine H eftchen des tiefgründigen Bibeltheologen (das Th. Zahn Anlaß zu einem Aufsatz in der N. K. Z. g e­

geben) zeigt, w ie man von zeitgeschichtlicher Auslegung (S. 6: 11, 1— 14 ein Stück aus der Zeit vor 70, S. 11 f.:

c 13, 17 Rom und Nero — unsicher, ob c 17 der w ieder­

kehrende Nero als Antichrist gem eint ist) unter Besinnung auf das W esen der W eissagung (S. 15 ff.: „Stückwerk",

„keine Wahrsagung", darum doch eine „kostbare Gabe G ottes an die Gemeinde" — ..zeitgeschichtliche Bedingt­

heit hat etw a auch der Galaterbrief!) zu einer ^JC^ürdigung des Offenbarungsgehaltes kommen kann (S. 20 ff.: „Die Grundlinien des göttlichen Vollendungsratschlusses").

W e b e r - Bonn.

D o e r g e n s , Heinrich, Dr. (Pfarrer zu Traar b. Krefeld), E u s e ­ b iu s von C äsarea als Darsteller der griechischen Religion. Eine Studie zur Geschichte der altchristlichen Apologetik. (Forsch, zur christl. Literatur und Dogmen­

geschichte. Herausgeg. von Ehrhard u. Dr. J. P . Hirsch.

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40» 410

Bd. XIV, Heft 3. Paderborn 1922, F. Schöningh. (XII, 133 S. gr. 8.) 120 M.

Nachdem derselbe Verfasser Eusebius als Darsteller der phö- nizischen Religion 1915 geschildert hatte, setzt er im vorliegenden Buch seiDe Arbeit fort. In den ersten zwei Kapiteln legt er das Quellenmaterial der Eusebianischen Darstellung der griechischen Volksreligion und der Religion der griechischen Philosophie vor, in den letzten drei Kapiteln bespricht er die Art der Quellen­

benutzung in der Praeparatio evangelica, die Eusebianische Kon­

struktion des Entwicklungsganges der griechischen Religion und den Wert der Eusebianischen Kritik im Rahmen der Praeparatio.

Um das Resultat der gründlichen und scharfsinnigen Untersuchung im ganzen zusammenzufassen, so scheint es sich mir kaum die große Mühe verlohnt zu haben, da es im wesentlichen ein negatives ist, das sich bereits dem flüchtigen Benutzer der Praeparatio rasch auf drängt. Wohl hat Eusebius mit Recht zwischen der griechischen Volksreligion und der religiös-philosophischen Weltanschauung kleiner geschlossener Konventikel geschieden, wozu dann noch als dritter Faktor der Staatskultus kommt, aber von einer systema­

tischen Erfassung und Darstellung des Entwicklungsgangs der griechischen Theologie kann bei ihm keine Rede sein. Die Er­

örterung steht wesentlich unter dem Banne der Polemik gegen den stoisch-neuplatonischen Naturalismus des Porphyrius und dessen Auflösung der Mythologumena in Symbole kosmisch-physi- kalischer Erscheinungen. Zunächst ist die These des Eusebius, daß die Volksreligion der ältesten Zeit reiner Astralkult war und dann erst Mythographie wurde, unbeweisbar, ferner ist die an­

gebliche Abhängigkeit der Religionsphilosophie und des von ihm wie von den übrigen Kirchenvätern besonders hochgeschätzten Platos von der jüdischen Weisheit, von Moses unrichtig. Auch die Behauptung der grundsätzlichen Harmonie zwischen der pla­

tonischen und biblischen Gottes- und Weltanschauung zeigt, wie wenig Eusebius das Wesen des Christentums und der griechischen Philosophie in ihrer Tiefe erfaßt hat. Besonders ausführlich setzt sich E. mit dem Glauben an Mantik und Orakel, der den meisten Neuplatonikern und dem „Dämonenfreund“ Porphyrius eigen ist, auseinander. Aber auch hier hat der Bischof nicht die einzelnen Wahrheitsmomente kritisch zu beleuchten und die nebeneinander laufenden Vorstellungsreihen den verschiedenen Kulturschichten zuzureihen verstanden. W ie er das platonische System weniger aus eigner Lektüre als aus überkommenem Schulgut kennt, so haftet er überall weit mehr an der äußeren Form als am inneren Gehalt. So vermag ich auch dem Verfasser nicht ganz zuzu­

stimmen, wenn er am Schluß seiner Arbeit doch dem Eusebius wenn auch nicht als singuläres Verdienst, da es Allgemeingut der patristischen Theologie sei, zubilligt, daß er die Wahrheit scharf herausgearbeitet habe, daß im Gegensatz zur griechischen Religion nur innerhalb der Offenbarungsreligion Gott eine lebendige, alles Naturhaft-Kosmische überragende sittliche Persönlichkeit von schöpferischem Einfluß nicht nur auf wenige Wissende, sondern auf die Gesamtmenschheit sei. G rützm acher-M ünster i. W.

Sancti Thomae A quinatis Ordinis Praedicatorum Summa Theologica, de novo edita cura et studio collegii pro- vindiae Tolosanae eiusdem Ordinis apud S. Maßimi- num. Parisiis 1926, A . Blot, rue de la Salpetriere 6.

(XXX und 1408 S. 12.)

A n A u sg a b en der großen Sum m a d es A q u in a ten ist k e in M angel. A b e r k e in e b ie te t ein e n durchaus ein w an d ­ freien T e x t. S elb st d ie b erü h m te L eon in a ist n icht frei

v on stören d en F eh lern und A u slassu n gen , vgl. d ie V orred e der v o rlieg en d en n eu en E dition, K ein e ist auch so hand­

lich, daß m an sie b eq u em lich m it einer Hand regieren kann, und so w o h lfeil, daß auch der m inder b eg ü te rte S tu d en t sie sich an zu sch affen verm öch te. D ie se L ü ck e haben d ie P a tres v o n S. M aßim in m it d ieser Ju b elau sgab e (Thom as geb. 1226), v on der mir vo rerst nur der erste Band zu G e sic h te gek om m en ist, au sfü llen w o lle n . Im a ll­

g em ein en ist ihnen d ie Ü bersetzung d es A quinaten aus dem F o lio - ins D u od ezform at w oh l gelungen, T e x t und D ruck lassen , so v ie l ich seh e, n ich ts zu w ü n sch en übrig. A b e r das Papier, das sie g ew äh lt haben, ist so dünn, daß d ie S e ite n allerorten zu sam m en k leb en und, w en n m an n icht d ie n ö tig e G eduld hat, sie langsam von ein an d er ab zu lösen , le ic h t reiß en . Indes T hom as geh ört zu d en Autoren, von d en en m an nur dann e tw a s hat, w en n m an sie langsam und secundum ordinem studiert. D er g esch ild er te M an gel w ird d aher d ie B en u tzer d ieser trefflich en H an dau sgab e, d eren H aupturheber der P ere T hom as M. P eg u es ist, kaum je ern stlich stören, f B ö h m e r - Leipzig.

Künstle, Karl, Dr. (Professor an d er U n iv ersitä t F reiburg i. Br.), Ikonographie der Heiligen. M it 284 Bildern.

Freib urg i. Br. 1926, H erder. (XV, 607 S, gr, 8,) G eb.

Rm. 40.— .

V or einem M en sch en alter ersch ien D e tz e ls C hristliche Ik onograph ie. S ie ist v e r a lte t und vergriffen und w ird nun e r se tz t durch das W erk v on K arl K ü nstle. V on ein er m it kirchlich em im prim atur v er se h e n e n Ik onograph ie der H eilig en w ird m an k e in e re lig io n sg e sch ic h tlic h e B eh a n d ­ lung der M a terie im G e iste der U sen er, S oltau , Lucius, A nrich u sw . erw arten . S o bringen d en n d ie h agiographi- sch en V orb em erk u n gen (die zusam m en m it den ik o n o - grap h isch en übrigen s nur 22 S e ite n b eanspruchen) ein e h ö ch sten s durch ihre S ch ärfe au ffallen d e P olem ik gegen p ro testa n tisc h e T h eo lo g en und P h ilologen . G ew iß hat auf d iesem G e b ie t d iletta n tisc h e r E ifer b isw e ile n voreilig S ch lü sse zieh en zu k ön n en geglaub t. In d essen steh t der V erfasser se in e rse its dem S toff n ich t k ritik lo s gegen ü b er und gib t n ich t nur P arallelersch ein u n gen , son dern auch A b h ä n g ig k e ite n zu. S o zollt er der R elig io n sg esc h ic h te se in e n Tribut, w en n er (S. 471) zugibt, daß das M otiv von d en 14 N oth elfern od er S ch u tzg eistern m ö g lich erw eise auf a lten m y th ologisch en Erinnerungen beruht, od er w en n er n och unu m w u nd en er (S. 207) zu den d rei h eiligen Ju ng­

frauen E m bede, W arb ed e und W ilb ed e b em erk t: „H erau s­

g ew a c h se n ist aller W a h rsch ein lich k eit n ach der K ult d er d rei sagen h aften Jungfrauen aus dem K ult der d rei k e ltisc h ­ röm isch en M atres od er M atronae, m it d en en sich . . . d ie d rei germ anischen S c h ick sa lssc h w e ste rn (Nornen) v e r ­ m isch t haben. H ier h ä tte nur n o ch auf d ie A usführungen v on Erich Jung, G erm an isch e G ö tter und H eld en in ch rist­

lich er Z eit (M ünchen 1922, S. 177 ff.) v e r w ie s e n w erd en

sollen , der durchaus der g le ich en M einung ist. Ä h n lich e

k ritisch e Z u gestän d n isse b ei der S ie b en sch lä fer leg e n d e

(S. 11 und 532, „W a n d erleg en d e oh ne h istorisch en W ert"),

D ym p n alegen d e (S. 190, v ergl. auch S. 469 [Notburga], 480

[O sw ald], 567 [Ursula]) u sw . H in sich tlich d es A lte r s der

M on u m en te ist w a c h sen d e K ritik innerhalb d es B u ch es

se lb st festzu stellen . Im A r tik e l A p o ste l w ird n och m it der

v a tik a n isc h e n B r on zem ed aille P etru s-P au lu s und der n och

b ek a n n teren P etru ssta tu e der P eter sk irc h e als M on u ­

m en ten der F rü h zeit o p eriert (S. 95 f.), im A r tik e l P etru s

jedoch le tz te r e im A nschluß an W ick h off als W erk d es

(6)

411 412

13. Jahrhunderts gew ertet (495 f.) und unter Petrus und Paulus die Echtheit der vatikanischen Bronzem edaille be­

zw eifelt. Auffallend ist daneben, daß gerade einige der ältesten M ärtyrerdarstellungen, w ie die des Januarius (Katakomben von S. Gennaro), F elix und Adauctus (Com- m odillakatakombe) usw. unerwähnt bleiben.

Der Hauptwert des Buches liegt natürlich darin, daß wir w ieder ein umfangreiches Nachschlagewerk mit w ich­

tigen Literaturnachweisen besitzen. In alphabetischer R eihenfolge wird uns die Ikonographie der einzelnen H ei­

ligen von Abbakyrus-Zita vorgeführt, während einem noch ausstehenden zw eiten Band die Ikonographie der Offen­

barungstatsachen des A. T. und N. T. (daneben eine ikono- graphische Prinzipienlehre und die Behandlung der didak­

tischen Hilfsmotive) Vorbehalten ist. Der Bedeutung der Einzelheiligen entsprechend sind die A rtikel von sehr ver­

schiedenem Umfang und schwanken zwischen wenigen Zeilen bei Heiligen von nur lokalem Interesse bis zu statt­

lichen Monographien w ie bei Franz von A ssisi und A n­

tonius von Padua (je 18 Seiten), Georg, den A posteln usw.

Daß nicht restlos jeder Heilige, der künstlerisch dargestellt worden, in diesem Bande enthalten ist (genannt sei z. B.

Quintinus, die hl. Kümmernis wird S. 11 nur kurz als er­

funden erwähnt), wird bei der M aterialfülle ebenso wenig verwundern w ie gelegentliche Lücken in den Bildernach­

w eisen, besonders der altchristlichen Zeit. Manche Heilige (Caspar, Melchior, Balthasar; unschuldige Kinder) wird wohl noch der zw eite Band, dem hoffentlich auch ausführ­

liche Register beigegeben werden, bringen.

G ediegene A usstattung und reiches Abbildungsmaterial sind w ie stets beim Herderverlag anzuerkennen. W ie bei jedem guten Nachschlagew erk wird es auch bei diesem hier gelten können: A llw issend bin ich nicht, doch viel ist mir bewußt. D, Dr. E r i c h B e c k e r - Baldenburg.

Deißmann, Adolf, D., Professor, Die Stockholm er B e­

wegung. D ie W eltkirchenkonferenzen zu Stockholm 1925 und Bern 1926 von innen betrachtet. Berlin 1927, Furcheverlag. (203 S. 8.) Mit 4 Bildern. Kart, 6 Rm.

Ein außerordentlich interessantes und w ertvolles Buch, Als mir dasselbe in die Hände kam, hatte ich kürzlich die Lektüre des über 900 Seiten fassenden Buches von Söder- blom beendet, das D. Deißmann in seiner Vorrede erwähnt.

Es ist dies eine Betrachtung und Beurteilung der Stock­

holmer Konferenz durch ihren Urheber, die sich nicht w ie die offiziellen Protokolle an den historischen Verlauf bin­

det, sondern das Ganze nach rein sachlichen G esichts­

punkten behandelt, es hineinstellend in den Gesamtverlauf der diesbezüglichen G edanken und Strömungen, unter reicher Heranziehung dessen, w as in der W elt über die Konferenz gesagt worden ist. Mich fesselt diese Schrift noch mehr als das offizielle Protokoll, das in deutscher Sprache von D. Deißmann mit großer A kribie behandelt und herausgegeben ist. Von Söderbloms Schrift gilt, was der Verfasser von der vorliegenden sagt: von innen b e­

trachtet. D iese ist eine Parallele jener und doch w ieder ganz anders. Unter den deutschen Teilnehm ern an der Stockholm er W eltkonferenz war niemand so berufen und so befähigt, diese Schrift zu schreiben, w ie eben der, der sie geschrieben hat.

Er beginnt mit einem sehr lesensw erten Rückblick auf Stockholm, um den nach Schluß der K onferenz der schw e­

dische Rundfunk ihn bat. Er habe auch jetzt nach zw ei Jahren, sagt er, keine Veranlassung gefunden, an dieser

Äußerung etw as zu ändern, dem ich, sow eit ich urteilen darf, nur zustimmen kann. Es folgt ein interessanter Ver­

gleich von Stockholm und Nicäa, der zw ei alte Bilder von den K onzilien von Nicäa und Chalcedon bringt. Ich hebe aus dieser Betrachtung ein zw iefaches heraus: Nicäa wurde gehalten nach schweren Niederlagen der Christenheit, als diese siegend emporstieg. So war auch Stockholm in seiner W eise ein Sieg nach w enn auch anders gearteter schwerer Niederlage der Christenheit, Zu Nicäa präsidierte Constan- tin der Große; ein schwedischer König eröffnete Stock­

holm. Jenes war der Beginn des Staatskirchentums, Stock­

holm war staatsfrei. Das nächste Kapitel ist überschrie­

ben: Ökumenische Profile, D, Deißmann würdigt die große Bedeutung, w elche die internationale Vereinigung für Freundschaftsarbeit der Kirchen für die Vorbereitung, ja für die Ermöglichung der W eltkonferenz gehabt hat. Das Kapitel besteht zum eist aus einer Fülle von Charakteri­

stiken einzelner Persönlichkeiten, Im Eingang gedenkt er dreier Persönlichkeiten, die entschlafen sind, die ihre große Freude an der W eltkonferenz gehabt haben würden, des trefflichen Mc. A llen Baker, des in w eiten K reisen ge­

schätzten D, Dryander und des nach unseren Gedanken uns viel zu früh entrissenen G eneralsuperintendenten D, A xenfeld. W enn er den m ittleren ,,als führende bischöf­

liche Persönlichkeit der deutschen K irchen” vor dem W eltkrieg bezeichnet, dürfte das allerdings eine Verzeich­

nung sein. Ich zweifle, ob selbst für die altpreußische Kirche die Charakterisierung der Führerpersönlichkeit die zutreffende ist für den auch von mir hochgeschätzten Mann; in den Kirchen außerhalb Altpreußens kann von einer Führerschaft Dryanders nicht die Rede sein. Die Fülle von Charakteristiken, die dieses K apitel bietet, ist sehr interessant. Eine Beurteilung derselben ginge in vielen Fällen über m eine Kenntnis hinaus. Ich hebe nur einzelnes heraus, Macfarland der Sekretär des nordamerikanischen Kirchenbundes, ist nicht nur eine höchst interessante Er­

scheinung, nach D, Deißmanns Zeichnung auch eine andere Persönlichkeit als sie bisher nicht nur mir erschien; wir ha­

ben ihn für einen von der W eltlüge besessenen D eutschen­

feind gehalten. Treffend ist die Kennzeichnung des durch seine Kritik der deutschen D elegation bei manchen etw as in Mißkredit geratenen Prof, Siegm und-Schultze, den wir, die wir ihn kennen, in seiner selbstlosen A rbeit und in seinen V erdiensten zu schätzen w issen. A uch seine K ennzeich­

nung Söderbloms habe ich mit freudiger Zustimmung g e­

lesen. D, Deißmann betont in diesem K apitel mit vollem Recht, daß der H auptwert solcher K onferenzen in der B e­

rührung der Persönlichkeiten liegt und fordert mit gutem Grund, daß wir Deutschen, die wir im allgem einen in Kenntnis fremder Sprachen nicht hinter anderen zurück­

stehen, uns in Zukunft noch mehr als bisher darum zu b e­

mühen haben, fremder Sprachen mächtig zu werden, — Das nächste K apitel trägt die Überschrift: Falsche Schlag­

w orte und falsche Antw orten, Mit vollem R echt bekämpft er die von manchen befürw ortete Reduktion der ökum e­

nischen K onferenz auf einen W eltprotestantism us, In un­

gerechter W eise, sagt er, w erden die D eutschen häufig b e ­ schuldigt, unsozial zu sein, die Am erikaner, der Innerlich­

k eit des Christentums zu entbehren. Er mag darin recht haben, daß die angelsächsische Auffassung des Reiches G ottes und die lutherische nicht so starke G egensätze bil­

den, w ie oft behauptet wird, daß sie sich vielm ehr er­

gänzen. Ich kann aber, sow eit ein interessierter N ichtteil­

nehmer urteilen darf, mich doch dem Eindruck nicht ver­

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schließen, daß der G egensatz immerhin schärfer ist, als D, Deißmann ihn faßt. Ich bleibe bei der Formel von Julius Kaftan, das Reich G ottes sei ein überw eltliches Reich (mit allen seinen Konsequenzen), dessen innerweltliches und zwar notwendiges, ja bedingendes Korrelat ein Reich der G erechtigkeit sei. Das dürfte auch am m eisten dem Sinne d es unvergeßlichen D, W iehern entsprechen. Die folgende Ausführung: W as können die Kirchen tun, um Frieden zu fördern und Kriegsursachen zu beseitigen, kann ich nur aufmerksamer Beachtung empfehlen. H ochinteressant ist das Kapitel, das von der Botschaft an die Christenheit han­

delt, Die Entstehung des T extes ist eingehend dargestellt.

W er das M itgeteilte gelesen hat, wird über die Differenz der verschiedenen T exte etw as anders denken, als das in meinem Aufsatz: „Nachträgliche G lossen zu Stockholm"

zum Ausdruck gekommen ist. Während der englische und der deutsche T ext w esentlich übereinstimmen, steht es anders um den französischen. W ährend man mit Recht übereingekom m en war, die Übersetzung des englischen G rundtextes nicht möglichst wörtlich, sondern dem Geist der jeweiligen Sprache entsprechend zu gestalten, hat W il- fred Monod das benutzt, um dem selben durch Aufnahme markanter Sätze aus seinem ursprünglichen Entwurf eine andere Fassung zu geben als das dem U rtext entsprach.

A ls dann die Verschiedenheit der T exte bekannt wurde, haben seine Freunde d i e D e u t s c h e n b e s c h u l ­ d i g t , den T ext abgeschwächt zu haben. Höchst charak­

teristisch! Nur der G eist von Stockholm hinderte mich, dieses „charakteristisch" durch naheliegendes Material aus dem G egenw artsleben zu beleuchten, D, Deißmann erhebt den Vorwurf, daß die Botschaft zu lang sei, und sagt, man hätte für die näher interessierten einen R echenschafts­

bericht im Sinne der Botschaft, daneben aber für die Christenheit als solche ein kurzes von den Kanzeln williger G eistlicher zu verlesendes M anifest abfassen sollen. Ganz m eine Meinung, w ie ich überhaupt mit seiner „Würdigung der Botschaft" durchaus einverstanden bin.

Die Schrift schließt mit einer sehr lesensw erten Tisch­

rede, die der Verfasser in Upsala, und mit einer ebenso lesensw erten Predigt, die der Verfasser in Skepptuna ge­

halten hat, einer sehr dankenswerten Mitteilung über die Konferenz in Bern, aus der namentlich die dort erfolgte kirchliche Erledigung der Kriegsschuldfrage hervorgehoben wird, und eine, im Münster zu Bern gehaltene, feine A n­

sprache über die Stockholm er Bewegung und die Bibel, Zum Schluß w iederhole ich mein Urteil über diese Schrift als ebenso interessant w ie w ertvoll. Ich wünsche ihr w eite Verbreitung gerade auch in unsern lutherischen Kreisen, Das Bücherkaufen ist heute erschwert. Aber was der einzelne nicht kann, können Freundesgruppen.

D, K a f t a n . Hosemann, Johannes (Oberkonsistorialrat im D eutschen

Evangelischen Kirchenbundesamt), Gesetze und Ver­

ordnungen des Deutschen Evangelischen Kirchen­

bundes nach dem Stande vom 1. Oktober 1925. Im am tlichen Auftrag zusam m engestellt, Berlin 1926, Martin W arneck, (128 S. gr, 8) 2,60 Rm,

N eben dem Kirchenbundesvertrag und der Verfassung -des Kirchenbundes vom 25. Mai 1922 enthält diese offi­

zielle Sammlung auch die Begründung zum Verfassungs­

entwurf, der die Grundlage der Beratungen des Deutschen Evangelischen Kirchentags von 1921 bildete. Sie legt b e ­ sonderen Nachdruck auf den förderativen Charakter des

Bundes, Der Gedanke einer Reichskirche wird völlig ab­

gelehnt, Eine Erweiterung der Zuständigkeit des Bundes zu ungunsten der einzelnen Kirchen durch Bundesgesetz ist unstatthaft, w ie ihnen auch das Recht jederzeitigen Austritts aus dem Bund gew ährleistet ist, eine Verfassungs­

bestimmung, die nach endgültiger Formulierung nur durch einstimmigen Beschluß des Kirchenbundesrats und Drei­

viertelm ehrheit des Kirchentages aufgehoben w erden kann. D asselbe gilt von dem Vorbehalt der vollen Selb­

ständigkeit der verbündeten Kirchen in Bekenntnis, V er­

fassung und Verwaltung, der in Paragraph 1 der V er­

fassung als Zusatz aufgenommen ist. Auch der Aufbau der Organisation soll nach der erwähnten Begründung den föderativen Charakter des Bundes zum Ausdruck bringen.

Der Kirchentag als V ertreter der synodalen Kräfte ist keine Reichssynode und der Kirchenbundesrat keine Kirchenregierung- Zwischen beiden soll völliges G leich­

gew icht bestehen, das auch dadurch nicht gestört wird, daß der Vorsitz im Kirchenausschuß, zu dem beide Kör­

perschaften die gleiche Zahl von M itgliedern entsenden, lediglich aus Gründen einer zweckm äßigen G eschäfts­

führung einem M itglied der altpreußischen Kirchenverwal­

tung Vorbehalten ist. Bei dem Kirchentag macht die B e­

gründung darauf aufmerksam, daß die im Vergleich mit den Dresdner Beschlüssen vorgeschlagene w esentliche Herabsetzung der Zahl seiner M itglieder sich durch prak­

tische Gründe notwendig erw eise, da die w irtschaftliche Not des deutschen Volks auch den Kirchen die Beobach­

tung äußerster Sparsam keit zur Pflicht mache. Der Kir­

chenbundesrat ist die in den Kirchenbund eingegliederte und entsprechend ausgestaltete sogenannte Eisenacher Konferenz der D eutschen Evangelischen Kirchenregie­

rungen, die sich in stiller aber segensreicher Arbeit als ein festes Band zur Förderung der einheitlichen Entwicklung der Landeskirchen und zu ihrem gedeihlichen Zusammen­

wirken bewährt hat. Er soll im Unterschied vom Kirchen­

tag, in dem die allgem einen großen Bewegungen und Kämpfe im kirchlichen und religiösen Leben Deutschlands ihren kraftvollen und impulsiven Ausdruck finden werden, mehr die Gewähr für die schonende (!) Behandlung des b e­

sonderen religiös kirchlichen Lebens der einzelnen Kirchen, aber auch die Gewähr der vom Kirchentag g e ­ gebenen Anregungen auf das kirchliche Leben der ein­

zelnen Kirchen bieten, wom it auch seine rechtliche Gleichstellung mit dem Kirchentag als dem bundesgesetz­

gebenden Organ seine innere Berechtigung findet. Die A uf­

gabe des Kirchenausschusses ist, das geschäftsführende und vollziehende Organ des Bundes zu bilden. W egen der fortschreitenden Entwicklung der kirchlichen Einrich­

tungen und der Häufung neuer kirchlicher Aufgaben kann er durch Bildung möglichst freier Unterausschüsse die g e­

eigneten sachkundigen Kreise des evangelischen D eutsch­

lands zur praktischen Vorbereitung seiner Beschlüsse her­

anziehen. Auch ist er, w enn die praktischen Bedürfnisse das fordern, zum Erlaß von Notverordnungen und sonstiger eiliger Maßnahmen ermächtigt.

Eine w ertvolle Ergänzung dieser Begründung b ietet die gleichfalls in die Sammlung aufgenommene erste Bericht­

erstattung über den Entwurf betreffend Kirchenbundes­

verfassung und Vertrag auf dem Stuttgarter Kirchentag durch den Vorsitzenden des vom Kirchenausschuß ge­

bildeten Rechtsausschusses Präsident D, Dr. Böhme,

Dresden, und die ausführlichen Bem erkungen von

D. Berner zur Organisation des Kirchenbundes, die die

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w ichtigsten Punkte rechtlich würdigen. Im Übrigen bringt die Sammlung noch die Geschäftsordnung für den Kirchen­

tag, eine Teilgeschäftsordnung des Kirchenbundesrats, die Notverordnung über die Rechtsverhältnisse der Bundes­

beam ten und die Geschäftsordnung für die Disziplinar­

behörden des Bundes (Disziplinarkammer und Disziplinar- hof). Nicht ohne besonderes Interesse ist die Mitteilung des Haushaltsplanes für die Zeit vom 1. Januar 1925 bis 31. Dezem ber 1927, in dem die große Zahl von Beamten des Kirchenbundesamts und des kirchlich statistischen Am ts auffällt. Nicht w eniger als sechs von ihnen gehören der Gruppe 13 an. Für den Kirchentag sind an R eise­

kosten und Tagegeldern p r o J a h r 10 334 M. und an sächlichen K osten 15 466 M. in A nsatz gebracht. Sehr dankensw ert ist auch der Abdruck des Kirchenbundes­

gesetzes, betreffend die Angliederung der Evangelischen Brüder-Unität an den Kirchenbund, und des entsprechen­

den G esetzes über den Anschluß deutscher evangelischer Kirchengem einschaften, Gem einden und G eistlichen außer­

halb Deutschlands an den Kirchenbund. A uch wird die Ruhestands- und Hinterbliebenen-Versorgungsordnung für Auslandsgeistliche m itgeteilt, alles mit dem dazugehörigen Ausführungsvorschriften und Begründungen.

Wir haben es also hier mit einer authentischen Zu­

sam m enstellung aller den Kirchenbund betreffenden und von ihm selbst bereits erlassenen G esetze und Verord­

nungen zu tun und danken dem Verfasser für diese w ert­

v olle Gabe, die zu einem lehrreichen Überblick über Ent­

stehung und Aufgabe des Kirchenbundes und zu einer zu­

verlässigen Orientierung über seine w eitere Entwicklung dient. H o f s t a e t t e r - Magdeburg.

O rientalia Christiana, Vol. VI. 3: P en sees russes sur l'eglise, Roma Plagza Pileta 35 1926, Pontinstit. orien­

tal. studiorum. (139— 176 S. gr. 8.)

Heft 24 (Mai 1926) der Veröffentlichungen des päpst­

lichen orientalischen Instituts in Rom bringt auf den ersten Blättern eine Auseinandersetzung des Jesuiten J. Kolog- rivov mit dem russischen Religionsphilosophen N icolas Berdiayev, einem Schüler Solovievs. Berdiayev veröffent­

lichte in der russischen religiösen Zeitschrift Putj (Der W eg) einen Aufsatz, „G ottesreich und Cäsarenreich“, in dem er eine scharfe Trennungslinie zw ischen Staat und Kirche zieht. Cäsarenreich ist die politische Macht (die

„W elt“), gleichviel in w elcher Staatsform — G ottesreich ist W eltum gestaltung, von den Gläubigen begonnen, von Christus in der Parusie vollendet. Unter diesem eschato- logischen A sp ek t darf die Ära des Papocäsarismus (Rom) und des Cäsaropapismus (Orthodoxie) zwar nicht, w ie im Protestantism us, als Abfall vom Ursprünglichen betrachtet w erden — der Staat hat für das gesellschaftliche Leben die gleiche Bedeutung w ie die N aturgesetze für die Natur — , aber die Einschätzung jener Synthesen als ew ig gültiger ist falsch. Jedenfalls ist durch die neuesten Ereignisse diese

„historische“ Periode abgeschlossen, und es beginnt eine neue, „eschatologische“ Daseinsform des g e s a m t e n Christentums; denn die gegenwärtige religiöse Krise Eu­

ropas ist von kosm ischer Bedeutung, sofern die äußeren Ereignisse nur W iederspiegelungen von G eschehnissen in der Sphäre einer geistigen W elt sind. Der Schwerpunkt der Kologrivovschen Kritik liegt in der Bestreitung der für die neuere russische R eligionsphilosophie geradezu cha­

rakteristischen eschatologischen P erspektiven, die Ber- diayevs R eichsgottes- und Staatsbegriff gebildet hat. Für

den Katholiken ist das eschatologische G ottesreich eine' rein transzendente Größe, die w ie für die heutige so auch, für die erste Christenheit in unbegreiflicher Ferne liegt.

Dafür ist das irdische G ottesreich mehr als nur Vorstufe zu jenem eschatologischen; es hat selbständige Bedeutung und geht darum die für seinen Bestand notw endige V er­

bindung mit der w eltlichen Macht ein, ohne in den Fehler des Papocäsarismus zu verfallen! — Sonst ist aus dem In­

halt des H eftes noch eine Übersetzung eines offensichtlich katholischen M anuskriptes über die religiösen Sekten in Rußland, ihren Erfolg, ihre Ursachen hervorzuheben. Es handelt sich dabei in erster Linie um Baptisten, Evan­

gelium schristen und A dventisten. Ihr A uftreten kam einer durch die Vernachlässigung des V olkes seitens der ortho­

doxen G eistlichkeit, nam entlich auf dem Lande, erw achten Sehnsucht entgegen. Und das Geheimnis ihres Erfolges liegt in ihrem psychologischen Einfühlungsvermögen und der volkstüm lichen Art ihrer Verkündigung. Für die rö­

mische Propaganda empfiehlt der Verfasser vor allem die Predigt anstelle der weithin unverstandenen und darum abgelehnten liturgischen Formen.

Die Frage der Propaganda Roms unter den orthodoxen Kirchenbildungen kommt in dem vorliegenden Heft deut­

licher zum Ausdruck als in der offiziellen Erklärung des- orientalischen Instituts über seinen Zweck und verrät in der lebhaft erörterten Hoffnung auf eine röm isch-ortho­

doxe Union einen überraschenden Optimismus.

S a m u e l K l e e m a n n , W erda i. Vogtl.

Reyer, W ilhelm, Einführung in die Phänom enologie, (W is­

sen und Forschen zur Einführung in die Philosophie, Band 18.) Leipzig 1926, F elix Meiner. (X, 465 S. 8) 12.50 Rm.

Trotz der beispiellosen Entwicklung, die die Phäno­

m enologie seit ihrer Begründung durch Husserl durch­

gemacht hat, gab es bisher noch keine grundlegende, um­

fassende, leicht verständliche und eindeutige Einführungs­

schrift, kein Lehrbuch der Phänomenologie. D iesen Mangel w ill unser Buch aufheben und hebt ihn, w ie ich glaube, ver­

sichern zu dürfen, auch wirklich auf.

Überaus sicher führt uns der Verfasser in das W esen der Phänom enologie ein. Ich gebe die grundlegenden G e­

danken kurz wieder: „Der erkenntnistheoretische Funda­

mentalsatz, daß Bew ußtseinstranszendentes sich nur in Er­

scheinungen geben kann, darf nicht zu der Folgerung lei­

ten, die Erscheinung sei selbst das G em einte.“ „Die Er­

scheinungswelt als gem einte W elt ist etw as anderes als die in Erscheinungen gem einte W elt. Unsere W elt ist und bleibt erscheinende W elt, aber sie wird dadurch nicht Er­

scheinungsw elt.“ „W enn wir uns den Dingen unserer rea­

len U m w elt zuwenden, dann m einen wir sie als solche, wir meinen nicht Empfindungskomplexe. Die Sinngehalte, die wir in beiden Einstellungen vollziehen, decken sich also nicht, d. h. die Intentionen sind verschieden, und ihnen en t­

sprechen die Tatsachenbereiche, denen wir uns zuw enden.“

(S. 126.) Und weiter: Durch das „Plus, w elches der A k t d es M einens der Erscheinung einfügt, wird die Erscheinung zum Phänomen. Das Phänomen ist die sinnhafte Einheit des G egenstandes in der Erscheinung. Der Begriff des Phänomens ist demnach der um fassendere Begriff. Zum Phä­

nomen gehört alles, w as die Erscheinung aufweist; aber in ihm steck t außerdem der Sinngehalt, in dem das Erschei­

nende sinnhaft w ird.“ (S. 135.) Und endlich: „Der U nter­

schied der natürlichen Einstellung und der phänomeno­

Cytaty

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bildes erörtert der Verf. Realismus und Idealismus, Idealismus und Religion, Religion und Christentum, Christentum und Kirche, und zwar in der Weise, dass der

Demgegenüber wird zu zeigen versucht, dass freilich für Paulus mit dem Christwerden zugleich eine völlige Erneuerung des Menschen gegeben sei und die kirchliche

schickt an. Der Schreiber spricht von dem, was zu Hanse geschieht, erörtert sachlich die gegenwärtige Lage und bespricht ernsthaft die Fragen der Gegenwart. Das

Man könnte sich dieser allgem einen Mobilmachung zur Mission von Herzen freuen („daß nur Christus verkündigt w erde allerleiweise"), wenn sie nicht eben von

(S. 98.) Hier zeigt sich vor allem die Lückenhaftigkeit des vorliegenden.. Man ahnt die ungeheuere Bewegung, die durch Friesland in jenen Tagen ging, und man hat

nächst auf die Erklärung des Bewußtseins. „Darin, daß die T eile des Organismus ein Untrennbares, sich untereinander in ihrem D asein Bedingendes und doch in

Schleiermacher und die Erlanger Theologie (insonderheit Frank) treten besonders als Träger der Bewegung im wertvollen Sinn hervor. Ich widerstehe auch hier

korps“, der bisher m it dem ganzen Fluch der Geringachtung, ja der Lächerlichkeit seitens unserer grÖBBten Geister behaftet, als das Urbild beschränkter und