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Die Zukunft, 13. April, Bd. 35.

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Berlin, den x5.April 1901.

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Ministerreisen.»

ÆlsdieOsterglockenvonfleißigenKüstern gestimmtwurden und die RedakteureseufzendwiedereinmalvondemasiatischenGott und den HeidengötternGermaniens,vonAuferstehungundWeltfriedenzuschreiben begannen, lasen wir, Preußens MinisterunddesReiches Ressortsekretäre seien fast sämmtlichverreist,um»sichwährendderparlamentarischenFerien zuerholen«.Daskannman denHerrengönnen.Siehabens heutzutage nicht leicht, verbrauchen,in derewigen UnsicherheitallerVerhältnisse,ihr Nervenkapital schnellundwerden,wennsie nicht Privatvermögenererbt, erworbenodererheirathet haben,bei derthörichtenSitte, Unsummen für dieleidige »Repräsentation«ausgebenzumüssen,inihrenunwohnlichen PalästenvonmancherSorgeheimgesucht.Ihnenund unskann esnurnütz- lichsein,wennsiefüreinWeilchenwenigstensvonderSchreibstubescheiden Und andereGesichtersehenalsdie desDezernentcnundderVortragenden Räthe.Siesolltenesöfter thun. Diese Ferienreisen sind jaganzhübsch undgewißerquickend,abersiebringen nichtdieErlebnisseundErfahrungen, die wir denHerrenwünschten,diesie selbstsich ersehnensollten.Siesetzen sichinsreservirteCoupå,werdenvonallenBahnbeamtendevot umdienert undfahrenimFrühling nachOberitalien,in·1Sommer andie See oder ins Gebirge.DasitzensieimHoteloderineinemfeinenLogirhaus.DieBade- listeoderdasFremdenbuchverzeichnetihreNamen undTitel,dasOrts- blättchenmeldetihrEintreffen,vielleichtfolgt aucheinflinker Reporter

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ohne Erröthen ihrer Spur.Jederkenntsie, also behandelt Jedersie gut.

Ein paarVekanntschaftenamBrunnen, aufeinerBergspitze,anderTable

d’H6te;abermitAuswahl:eineExcellenzkannsichdoch nichtmitder Rotureeinlassen.ProfessorenoderKommerzienräthemüssensmindestens sein;werweiß,was man sonstzuhören bekäme,wenn derWeinerstdie Zungen gelösthat! So vergehtdieZeit angenehm,undderMinister nimmt dieZuversichtheimwärts-,daßereinallgemeinbekannter und anerkannter, ein imwahrsten Wortsinn prominenterMann istunddaß dieDeutschen,soweitsieebennichtdenUmsturzparteien angehören, imGrundedochrechtzufriedene,glücklicheLeutesind.Keinerhatzu dem hohenHerrnandersgesprochen,KeinerdenTonangeschlagen,dermanch- maljetzt durchdie Blätter rauscht. Allensalls istEinernichtvon der Walderseefahrt,ein Anderer nichtvon der Aussicht aus höhereKornzölle entzückt.Das mußman ihnendannerklären,dieErwägungenandeuten, vondenen dieStaatsregirung sichleitenläßt,diebeinahe schonwiedercapri- vischeZwangslage,in diesie gerathen ist:Dann kommendieLeuteschnell

«

zurEinsicht,dankenfürdiehuldreicheAufklärungunderbittenEntschuldi- gung;sieseiendenEreignissendochzufern;und dieDemagogen,dieheutige Verhetzungzundsoweiter.DerMinisternicktwohlwollendundsagt, seine Thür seijedemguten Bürger stets offen,erverlange jagarnichtsAnderes als dieMöglichkeit,sichbeitüchtigenMännerninformirenzukönnen,und wenn derWeg sienachBerlinführe,sollten sienicht versäumen...Verbeu- gungen.Badekommissar,Gastwirthund Kellnerneigen dieHäupterbis zur Erde.DerGattindesMinisterswerdenBlumensträußeüberreichtund der Mannsprichtzuihr, währendersichin dierothen Polster sinkenläßt: »Siehst Du, Kind,dieeigentlicheBevölkerungdenktdochandersals diekleineSchaar derSchreier.Nochist,GottseiDank, unserVolkkerngesund.Esist nöthig, sichmitunter in dieMengezumischen.«

Geschen,erlebthatderexcellenteHerrnichtsund keinen neuen,seines Wesens Willensrichtung bestimmendenEindruckbringternachHause.Nur einBischen frischerister,nicht mehrganzso nervös,undkannnun wieder vonfrühbisspätVorträgehören,Petentenempfangen und Verfügungen unterschreiben.Waserverfügt,weißernoch ungefähr;dasMeiste hälter selbstfür überflüssig:aber eswarimmersound wirdverlangt.Die Aus- führungkannernicht überwachenund dasGebiet,wodieVerfügungwir- kensoll,kennterfaftnie;wenigstens nichtdielebendigeFüllederEinzel- heiten.DieAnschauungfehlt; wohersolltesiekommen?Erist,langsamoder

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Ministerreisen. 5 1

geschwind,diehierarchischeLeiterhinaufgeklettert,warReferendar,Assessor, Rath,PräsidenteinerProvinzialregirung. Vielleicht auchOffizieroder Grundbesitzer.Dann kennterdocheinenBeruf.Sonst hater, im Lande derKastenscheidung,nur im Bannkreis derBureaulratie gelebtundweiß zwar, wieman beiDiners dieGästenachderKleiderordnungzusetzenhat, was jede »Spitze« fordern darf,wann -man berechtigt ist,beim Kom- mandirenden eingeladenzuwerden,abernicht,wie derFabrikant,der Techniler, Kaufmann,Handwerker,Arbeitersichund die Seinen durch- dringt.DerKampfumsDaseinbleibtihmerspartund dieFähigkeiten, diedieserKampfin derhöchstenwie in derniederften Thiergattungent- wickelt, find ihmdeshalbauchniegewachsenoderallzu frühwiederver- kümmert.Nochimmergiebtesja, trotz RobespierreundBonaparte,eine OberschichtderPrivilegirten,die imWesentlichenganzwiefrüherfort- lebt undin derenvondersozialen Gemeinschaft geschiedenesHerrenreich derLuftstromderZeitkaumjeeinenHauchhineinweht.AusdieserSchicht aber,derseinenAuffassungennächsten,vomLichtederMajeftät bestrahlten, pflegtderKönig seineBeratherzuwählen, undsehr oft geradeausden ReihenderBequemsten,diedurch starkenWillennicht lästigfallen und sich mitderRolledesim gesticktcnFrack aufwartendenHofdienersbegnügen.

Ohne AuslesekeineEntwickelung; erstderKampf-ums Dasein entschei- det,wer füreinAmt,einenBerufderPassendsteist. Nicht daraufkommt esan,ob dieRegirenden konservativoderliberal, adeligoderbürgerlich sindzschonLagarde dasWortkannnichtzuoftcitirt werden hatge- sagt,alsFührereinerLolomotivehabeNiemand konservativoderliberalzu fein, fondernsachverständig,undesistdiemindesteForderung, daßein.Re- girender seinen Stand, seineKaste,im Sinnen fürdasVolkswohl vergißt.

Dasgeschiehtauch·fastimmer.AberdieBestenundPassendstenrückennicht in diewichtigstenStellenvor. Diebleiben denPrivilegirten.Undwie, nach Weismanns Lehre,den im Dunkel lebendenThierendasAuge allmählich erlischt,weil esfür dieseArt keinenWerth mehr hatundalsodieSehkraft Nichtauf ihrerHöheerhalten wird, soschwindenauchdenPrivilegirten nach undnachdieEigenschaften,mit denen die Natur denMenschen ausgerüstet undfürdenLebenskampf tüchtiggemachthat.Dashabendiepolitischen Metaphysiker,dieanewigunveränderlicheGesetzeglauben,nichtgemerkt;eins vondiesenGesetzenschienihnenzuheischeu,daß, ohne Rücksichtauf ihre Tauglichkeit,dieTrägerderglänzendstenNamenausdiesichtbarftenPlätze bekuerwerden. Dasitztnun einsolcherMann, möchteNützlichesleisten

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undist erstaunt,wennergetadelt, feinWirken alsschädlichverdammt wird.

Wassoll ermachenPDieGeschäftslastist sodrückend,derApparat so schwer- fälliggeworden,daßderChef froh seinmuß,wenn erseineNummern erle- digt,mitdenParlamenten leidlichauskommt und imCivilkabinet als ein bequemerMann gilt,der zubrauchenist.DieFolgen sindnichtzu verkennen.

Der alteRuf deutscherVerwaltung istim Nordenlängstdahin. Fastüber- allistman zufrieden,wenn dieBehördenihren Thatendrang zügeln;Gutes istvonihnen dochnichtzu erwarten. DieReichstenim Landwissen sich zuhelfen;dasBand gesellschaftlicherBeziehungenlenktManchen,dersich fürmaßgebendhält, nachdemWillen eines industriellen Feudalherm Aber dieAnderen,dienichtinBerlin einenRückhalthaben, seufzen.Am EndehatHerrProfessorRiedler,derManndesKaisers, doch Recht,denkt Mancher,unddieMängelderVerwaltung stammenvomhumanistischen GymnasiumundvonderJuristerei.

DasisteinKinderglaube.WoEinerbis zumAssessorexamenlernt, ist gleichgiltig,macht mindestens nichtdenMann;dieGesetzemußein Be- amterkennen,undwenn erals Knabein diehellenVorhöfeantikerKultur geführtwordenist,kannsihm für späternurnützen.Diewirklichwichtige Menschenbildungbeginnt nicht so früh,wieHerrRiedler wähnt.AuchHerr MiquelhateinGymnasiumalten StilsbesuchtundJura studirt. Nachher aberisterinsLebengetreten,in denLebenskreis,woJntelligenzenheute Etwasvorsichbringenkönnen. EinVerwaltungstalentwar ernie, auch keinvorragenderBankierundHerrvonHansemannspartedem»parla- mentarischenDirektor«dieGlossennicht. Dennoch istderFinanzminister allenKollegenüberlegen, nichtanexaktemWissennurundallgemeiner Kultur,nein,befondersanErfahrung, Menschenverstandundgefchmeidiger KunstrascherAssoziation.Erweiß,wieeineBilanz gemacht, disponirt undspekulirt wird,undhatalleWinkelderWelt großerGeschäftemit Nutzen durchftöbert. SelbstBismarcks GenieversagtedadenDienst, wodieAnschauungfehlte;den modernen Industriearbeiter hattederAlt- märker niegesehen,dieAnalogieschlüsse,dieerausseiner agrarischenEr- fahrungzog,halfen nicht weiter,underlernte niemals diewirthschaftliche Grundlage erkennen, aufderdieproletarischeBewegungentstanden ist.Viel KleinerehatdieAlltagserfahrungvorwärts gebracht.Beiuns wird über französischeundnamentlich überösterreichischeMinisterhochmüthiggelächelt.

WeraberdieReden derHerrenWaldeck-RousseauundMillerand liest,merkt bald, daßdieseMänner im Lebenerwacher sindund ausihremAdvokaten-

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Ministerreisen. 53 beruseine Summe vonEindrückenmitgenommen haben,die deraufdemge- wöhnlichendeutschenWegebis zumMinisterstuhlGelangte nichterwirbt.

HerrvonBöhm-Bawerk,OesterreichsFinanzminister,hat ernstevolkswie-th- schaftlicheStudiengemacht,denGroßbetriebderProduktionund diefeinen ZusammenhängedesheutigenHandelswesensin derNähegesehenundHerr

vonWittek,derEisenbahnminister,verräthwenigstens,daß«erAllerleigelesen hat. JosephChamberlain istinEuropa sachtzumSchwarzenManngewor- den ;daßerseinHandwerkversteht,kannmanabernichtleugnen. Sicher haben die imbirminghamerHauseNettlefold83Ehamberlain verbrachtenJahre ihm genützt,seinenGesichtskreiserweitert,dieFähigkeitzuschnellemEnt- schlußinihm gesteigert.Würde irgendeineBank,eineAktiengesellschaft HerrnBrefeldoderHerrnThieleninhohenLohnnehmen,wenndieseHerren titelloswären?Man frageeinmal bei Siemens8zHalske,welcheErfahrungen dieFirmamitHerrnBoedikergemachthabe,derdocheinerunserer besten Vureaukraten war. NurdieOffiziere bewährensichmeist,beiKruppwie bei Loewe.Auch unsereKriegsminister sindinihrem Fach fast stets tüchtig;

natürlich:weilsieeskennen,das ganzeRessortüberblickenundnichtnur auf Akten undVorträge angewiesensind. Sonstabersollenwir liebernichthoch- müthigsein; unsereVerwaltung ist so rückständig,daßihrWirken der Mon- archienachgeradegefährlichzu werdendroht.DemGesctzderUmwandlungist auchdiemonarchischeStaatsformunterworfen; auch siemuß,wennsienicht absterben soll,in einerArtvonmimicrydenentstehendenGebildensichan- passenundihreHauptsorgeaufdieWahldergeeignetstenHelferrichten.

EssiehtimDeutschenReich nicht so aus,alssolltenwirnächstens Männer anderenSchlagesbekommen. Aber könnten dieHerren,die wirnun einmalhaben,sichnichtMühegeben,dasLandunddieLeutekennenzulernen, derenrespublicaihnenanvertraut ist?DerBureaudienst läßtihnenhöchstens nochznrErfüllungderRepräsentationpslichtZeit.Wennsieaberverreisen:

mußdasZielimmerMeranoderSylt, VenedigoderJnterlaken sein?Venedig ist ja sehrreizend;und da derKanzler nichtallegutenBilderausdem berliner Museuminseine Empfangsräume tragenlassenkann ein paarhater schonin dieWilhelmstraßegerettet—,mußerin der altenDogenstadtviel- letchtGegenständesuchen,mitdenen erseinHeimschmückenkann.Esmacht sichAuchgut,wenn derBürger liest,wiefleißigdieserKanzler ist,dersogar in denFerienarbeitetundaufeinerKlingelbahnstation raschdenwackeln- denDreibundauf festere Füße stellt!Das Allesabergehörtin denBe- reichderdekorativen Politik. Obzwei Minister sicham Waggonfenster

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küssenunddieRussendemHasenvonToulonfern bleiben,weilsiedie neue, denWünschenRudinis entsprechendeGruppirungderNeugier noch nicht enthüllenwollen: anderinneren EntwickelungderDingewirddadurch nichts geändert.Undunwillkürlichdrängt sichbeim LesensolcherReise- berichtedieFrage auf,wieoftderKanzlereineFabrik,einHüttenwerk gesehenhabenmag.DieHerrenreisen ja nichtetwanur zurErholung;

auchvon,,informatorischen«Reisen liestman oft.Dasdauertdanneinen Tag. FeierlicherEmpfang, opulentesFrühstück,Spazirfahrt durchdassauber geputzte Gelände,BesichtigungderfrischlackirtenMustereinrichtung,Kon- ferenzmit denstädtischenundprovinzialenSpitzen, DurchEhrengeleitbis zumBahnsteig.SoungefähristdasProgramm;und damitistdieSache für lange erledigt.Kannman mehrvonihnen verlangen?Ja, verehrliche Exeellenzen,wirverlangennochmehr.Wirmeinen,daß Ihr aufEuren Reisennichts seht,nichts hört,dieBedürfnissedesVolkesnichtkennen,nicht erkennen lernt. Wirmöchtenwissen,obJhr wirklichnur daathmen könnt, wojederKutscherundKellnerEuchmit demvollen Titelanredet. Warum setzensichdieHerrennichtmal inirgendeineProvinzstadt,verbitten jeden Empfang, jede offizielleBelästigungundprobiren,wiesichsdalebt,waszu verbessern,wasneuzuschaffenwäre?Freilich müßtensie mindestenseine Wochelangbleiben undihr Verkehr dürfte sich nicht aufdieHonoratioren beschränken.UndgehtEiner in dieStadt,somagderAndereaufsLand gehen; acht Tage aufeinemRittergut, achtunterBauernimDorf.Dann werdensie nachderRückkehreinander Etwas zuerzählenhabenundeine SitzungdesStaatsministeriums wirdmehr seinals eine leereFörmlichkeit, dienurdemSpießernochimponirt.DielaufendenNummern werden dieGe- heimrätheschonnachdemSchema ausarbeiten. AuchdawirdvielKraft vergeudet.DerGeschäftsgangistvollalexandrinischerUmständlichkeiten, darauf angelegt,demTalent dieLustanderArbeit zu rauben. Mußesso bleiben? SolleinReich,dasaufdenGebieten derTechnik,derIndu- strieund desHandelsmit Briten undYankeesdenKonkurrenzkampf wagenwill,immerregirtwerdenwie einPatriarchalstaatderSoldaten- königszeit?....Die Excellenzensollten öfter auf Reisen gehen,aber auf solche,dieihnenwirklichbrauchbareJnsormationen einbringen.Dann würdensiemanchebittereWahrheit hörenunddoch,wennsiemit derlieben Gattin wiederam Theetischsitzen,sagenkönnen: »Die eigentlicheBe- völkerungdenkt ganz anders alsdiekleineSchaarderSchreier.Esist nöthigundnützlich,sichmitunter indieMengezumischen.«

J.

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HerodesundMariamne. 55

Herodes und Mariamne.

on dassur unmöglichGehalteuezä-Wahkheitwerd-ne Ver-im sich M--zweihundertJahre, nachdemOtwahdieklassischeTraditiondesElisabeth- Zeitalters vorübergehendbelebthatte,eineneueBlüthedesenglischenDramas vor? DiemerkwürdigeErscheinung,diedarauf hindeutet, zeigtuns, daß England heuteeineReihevon Dramatikern besitzt,derenStückenichtnur aufgeführt,sondern auch gedrucktund wenn auchschwerlich.vielgelesen, doch gekauftwerden. Bisher schiedman dortstreng zweiSorten von Dramen. Wurde einDrama gedruckt,sosahman darineinZeichen, daß derVerfasser auf dessenAusführungkeinGewichtlegte:Swinburnes Dramen brachteNiemand aufdieBühne;unddieAusnahme,dieHenry Jrvingmit Tennyson machte, bestätigtdieRegel.Niemand aberdachtedaran,Stücke, diewährendeiner oderhöchstenszwei Saisonsüber einebestimmteBühne. gingen,drucken zulassen.Siewaren vorwiegendHandwerkerarbeit,von den Bühnenleitern,dieinEngland gewöhnlicheinseitigeVirtuosen sind, bestellt undnachdemMaß ihrer künstlerischenDimensionengefertigt. Jchglaube;

derdramatischeHandwerksgeselleselbstwürdesichgeschämthaben, seineFlick- undFetzenarbkitden BlickendesgroßenPublikums auszustellen.Daneben gabesdann zumGrauen desgebildeteren Festländersl einealte, aberimmervonNeueminsTreffen geführteGardevonRühr- undSchauer- dramen,dieallerdingsinBühnenausgaben(acting editions)existiren,aber wohlnur imParterrevon deutschenStudenten gelesenwerden, diesichdes Englischenbefleißen.

« »

Daß Bühnendramenauch sozusagen lesedichtunddesDruckes werth seinkönnten:Das hat,wenn mich nichtAllestäuscht,Pineroden Engländernbegreiflichgemacht,deralsEharakterisiikerunseren Hauptmann erreichtund inseinenlegitimen,ungekünstelten,nichtmitHebelnundSchrauben ausdem Handlungstoff herausgepreßtenBühneneffektenSudermann weit übertrifft. Henry Arthur Jones hat sichihm angeschlossen;obgleicherweniger bedeutendalsPineroist,haltendoch manche seinerDramen,besonders

»Judah«(1890),dieLeseprobeaus. Jm vorigenJahr hatMr.s. W.K.Elifford ihr erstes Drama, »Das nächtigesBild«(TheLikeness oftheNight), einewenig sympathische,aberjedenfalls nichtunbedeutendeDichtung, drucken lassen, nachdemesinLiverpool aufgeführtwar.

Und nebendiesenDramen modernen Stoffes sehenwirsolchehohen Stiles. Strines »Ja-In the Majat (1895),eineenglische»Jungfrauvon Orleans«,war einBühnendrama,andassichdieenglischenTheaterleider

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nicht herangewagt haben. Dawsons »Savonarola«vom vorigen Jahr ist einevielversprechendeErstlingsleistung,dievom Verfasser fürdieBühnebe- rechnetwar, abermeinesWissens nicht aufgeführtwordenist.Dasselbe Schicksal hatte Stephen Phillips’ Erstlingsdichtung»PaoloundFrancesca«

(1899).Ueberalldiesen ernsthaften Leistungenstehtmitseinem gewaltigen Erfolg Phillips’ ,,Herodes«,dervon EndeOktober1900 bisEndeJanuar 1901 mit Beerboom-Tree inderTitelrolle in HerMajesty’8 fortgesetztauf- geführtundzugleich gedrucktworden ist. Ein ernstes Drama, dasweder sensationell noch sentimental ist,drei Monate hindurch gegebenvor dem londonerPublikum,dasimTheatereineoberflächlicheUnterhaltungzusuchen gewöhntistlDasistin derThat unerhört. Dazudieübelschwänglichemzum Theil wiederholtenBesprechungenin denJournalen undTagesblättermDas ist seit Menschengedenkennicht dagewesen.Einsolcher Erfolg scheinteinen VergleichdesDramasmitderddutschenBehandlungdesselbenStoffeszu rechtfertigen,wenn erauchdemenglischenAnfängergegenübereinem Drama- tikervonderStellung,dieman Hebbelheutzutagezuzuweisenbemühtist, auf denerstenBlickungünstigeChancenzubietenscheint.

Was füreinMensch ist HebbelsHerodesP Jm BeginnderHandlung iftervonseiner SchwiegermutterAlexandrabeiAntonius verklagt,weiler

ihrenjungen Sohn, seinen Schwager,ertränkenließ. Aristobulus istzwar einNonplusultravon Harmlosigkeit gewesen, dessen »Seligkeit«»bunte Röcke« waren, die»dieBlickeschönerMädchenanzogen«;aber da dieGegen- parteiderPharisäerdemzumHohenpriestererhobenenJünglingals dem NachkommendesgroßenMakkabäergeschlechtsbesondereEhre erwiesenhat, soisterHerodes dennochgefährlichvorgekommen. JndemerstenGespräch mitseinerGattinMariamne,dieihnderThat verdächtigt,giebtersichkeine Mühe,dasVerbrechenzuverbergen,sondernnennt ihrinallerSeelenruhe dieGründe,dieihnzurTötung ihres Bruders veranlaßt haben.Daer demBefehldesAntonius,vorihminAlexandriazuerscheinen,Folge leisten muß, alsodenToderwarten kann, bitteterseine Frauum dasVersprechen, sichdasLebenzunehmen, fallsernichtzurückkehre;dennseinemnaiven Egoismus,demmächtigstenTriebeinihm, istderGedankeunerträglich,daß sein theuerstesErdengutinandereHändefallenkönnte. Dasie sichweigert, einsolches Versprechenzugeben, gebieteter Joseph,demMann seiner SchwesterSalome,denerzumStellvertreter inseinerAbwesenheiteinsetzt, dieExekutionanMariamne zuvollstrecken,sobald ihresGatten Todgemeldet wurde. Erdroht ihmmitdemTodefürdenFall,daßerdiesenBefehl verrathen sollte. AuchdemBoten,derihmdieschlimme Nachrichtaus Alexandria gebrachthat, versprichtHerodes, ihnansKreuzzuheften,wenn ereswagensollte, irgendeinemMenschendavonKundezugeben.Einem

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HerodesundMariamne. 57 Mann aus seiner Leibwache,denerfüreinenvon seinerSchwiegermutter gedungenenSpion hält, läßtervor seiner Abreise noch schnelldenKopf abschlagenundJeneralswarnendes Andenken«überreichen.

Jn desHerodes Abwesenheit machteine unbedachteRede Jofephs Mariamne argwöhnischundsie entlocktdemsehr beschränktenManne das GeheimnißdesTodesbefehlsz Herodes hat sein Werkzeugebenrechtunver- ständiggewähltJUndalsnunMariamne demrückkehrendenGemahl schwere Vorwürfewegenseiner ihm offenbarangeborenenGrausamkeit macht, läßt Dieser sofort auch seinen zweiten Schwager hinrichten, ohne Rücksichtauf dasJammergeschrei seiner Schwester.Er geftehtuns sogar,daß Joseph auch ohnedenVerrath seinesBefehles ,,daran gemußt«hätte.

Kaum istHerodes zurückgekehrt,sotrifftvon Antonius derBefehl ein, ihnimKampfgegen Oktavius zuunterstützen.DerKönig glaubt,an seinerGemahlinZeichenderFreudezu bemerken, derenUrsacheerirrthümlich inseinerneuen Entfernung sieht.Erglaubt ferner fälschlich,daßdiedurch Jofephs VerrathundSalomes verleumderischeRedeninihmerweckteEifer- suchtGrund habenkönnte, undverlangtvon Mariamne dieVersicherung, daßJosephihr nicht näher getreten sei; welchesAnsinnensiemitEntrüftung zurückweist.DerKönig scheidetvonMariamne imZorn, nachdemerseinem«

Vertrauten Soemus einenneuen eventuellenHinrichtungbefehlfür sie hinter- lassen hat. Wiederhatersden falschenMann gewählt: Soemus,empört über denihmgewordenenmörderischenAuftrag, erzähltMariamne vonselbst, welchesSchicksalihrGatte imFall feinesTodesihrzugedachthat.AlsHerodes angemeldetzurückkehrt,sindeterseineFrau mit Soemus aufeinemFreudenfeste tanzend,dassie,wieererfährt,zurFeierderNiederlagedes Antoniusundihres ihmverbündetenGemahls veranstaltet hat. AufseineFrage gestehtSoemus, daßerdenMordbefehlanMariamne verrathenhat;derKönig läßt ihn hinrichtenundverurtheiltauch seine Frau, anderenUntreue erjetzt nicht mehr zweifelt,zumTode-

Wenn wirdiesenMann nach seinen Handlungen charakterisirenwollen, somüssenwirsagen:Erläßt nicht nur Jeden,derihmin denWegge- tretenist,sondernJeden,demerfeindsäligeAbsichtzutraut,insGrasbeißen.

DieGrausamkeitals solchekönnte immernoch,wenn auch nicht unsere Sympathie,doch unser Interesseerregen,wennsiemitbewußterEnergieund fein berechnendemVerstande ausgeübtwürde, wie inShakespearesRichard.

Herodesaberschießtinseinem Handeln weitüber dasverständlicheZielder Siclserungseiner Macht hinaus; erermordet mehrMenschen,alsessein NUSM gebietet,undmancheohne jedenZweckund Sinn. Erhandeltüber- hauptwedernacheinembestimmtenPlan»nochnach Ueberlegung, sondern nach seinenplötzlichenWillensimpulsen,Blasen,die ausdem trübenGrunde

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seinesverworrenen Denkens und leidenschaftlichenEmpfindensunmotivirt aufsteigen.DerVerstandistkeineherrschendeMachtinihm:nur durcheineKette von lauter psychologischenJrrthümernundpraktisch falschen Maßnahmen gelangterschließlichdahin, seineeigeneFrau zutöten. Sein Handeln ist einfachwildunderregt nichteinsleises AchselzuckendesMitleids, sondern nur denEkel desJntellekts.Er isteinmachttrunkenerorientalischerTyrann undkannnur Menschenimponiren,dieso tiefvonunserer Kulturhöheherab- gesunkensind, daß ihnen NietzschesUebermenschgroß erscheint.DerTod Mariamnes istdennauch nicht tragisch; sie gehtzuGrundean demgräß- lichen Leichtsinn,mitdemsieindenLöwenkäsigdieserEhegetreten ist:wer seiner thierischen Majestätzunahtritt, ifteben keinenAugenblickseines Lebenssicher...AberseineLiebe zu Mariamne: ist sie nichteinemenschlich schöneEmpsindung?

Dubist soschön,daßJeder,derDichsieht, Andie Unsterblichkeit fast glauben muß, Mitwelchersich dies-Pharisäerschmeicheln, WeilKeinerfaßt, daß jeinihm DeinBild Erlöschenkann; so schön,daß ichmich nicht Berwundern würde,wenn die Bergeplötzlich Einedleres MetallalsGoldundSilber Mirlieferten,umDich damitzuschmücken, Das sie zurückgehalten,bisDukamst;

Soschön,daß...

«

Nun weißerwiedernichtweiter. Odiese Aposiopesen,mitdenen Hebbel seine Figuren so reichlichausstattet,wieesdemärmsten»Modernen«

seine ArmuthzurPflicht machtlDieAposiopesestellt sichbeiHerodes ein, wenn ervon EmpsindungenundanderenDingen spricht,dieernicht kennt, eben sowie bei demHeldenvon ,,Einsame Menschen«,wenn ervon der WissenschaftunddemgroßennaturwissenschaftlichenWerk spricht,daser

nicht schreibt. WelcheinpshchologischerVorgang spielt sichnun injenen Versenab?Herodes steigt aufdieStelzen,um nacheinerEmpsindungzu greifen,dieergernhaben möchte;errecktsich aufdenStelzen auch nochin dieHöheundüberschlägtsichnatürlich;dennEmpsindungen,dieman nicht hat, lassen sichüberhauptnicht greifen.SeinHandelnwirdbestimmtvon SinnlichkeitundanderenverherendenLeidenschaften;tiefeundzarteEmpsindung bewegt ihn nicht.SeinHerz istgenauso hartwie dasseines Schöpfers.

DieHeldindesDramas besitzteinebeträchtlicheFamilienähnlichkeit mitHerodes.Mariamne liebtihreMutter nichtundwirdnichtvon ihr geliebt.Das magan derMutter liegen.Aberauch für ihrenBruder Aristobulus hat siekeineinnige Zuneigung: ihr SchmerzüberseinenMord trittnichtin dieErscheinung,undwenn ervorhanden ist, so isterdurchdie

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