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Stahl und Eisen, Jg. 42, Nr. 39

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Leiter des w irtschaftlichen Teiles

Dr. D r .* 3 « 9 - e. h.

W. B e u m e r , Geschäftsführer der Nordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und S ta h l-

industrieller.

ST ä HI mm EISEM

ZEITSCHRIFT

Leiter des technischen Teiles

5 r . = 3 n g . 0 . P e t e r s e n geschäftsführendes V orstandsm itglied des

Vereins deutscher Eisenhütten­

leute.

FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTEN WESEN.

Nr. 39. 28. Septem ber 1922. 42. Jahrgang.

U eber das W eichglühen von G rauguß1).

Von 3r.=Qng. E . P iw o w a r sk y in Breslau.

(M itteilung aus dem Eisenhüttenm ännischen In s titu t der Technischen Hochschule B reslau.' (Z w e c k des W eichglühens. W eichglühversuche. D as sicherste V erfahren fü r vollkom m enes W eich glü h en .)

Z

war hat das Glühen von Grauguß nur eine ver­

hältnismäßig beschränkte Bedeutung, insbeson­

dere, nachdem Versuche, durch eine dem schmied­

baren Guß ähnliche Behandlung ein tempergußähn­

liches Erzeugnis mit höherer Festigkeit und einer gewissen Dehnung zu gewinnen, zu Mißerfolgen ge­

führt hatten. Durch eine geeignete Wärmebehandlung unter möglichst vollständigem Luftabschluß lassen sich aber Graugußstücke, bei denen es weniger auf die Festigkeitseigenschaften als vielmehr auf rasche und billige Bearbeitung ankommt, so weich glühen, daß Schnittgeschwindigkeiten bis zu 180 m/min möglich sind2). Bei der Herstellung von Textil­

maschinenteilen, beim Abgießen kleiner gußeiserner Töpfe, z. T. auch bei der Herstellung von Polschuheri usw. wird jedenfalls auch heute noch ein Weich­

glühen der Graugußstücke vorgenommen. Guter Grauguß besteht bekanntlich dem Gefüge nach aus Graphit (dieser möglichst fein verteilt) und Perlit.

Freier sekundärer Zementit ist normalerweise nicht vorhanden. Der Zweck des Glühens beschränkt sich demnach in allen diesen Fällen auf die Zerlegung des Perlitkarbides unter Abscheidung von Temper­

kohle. Leider besitzen wir auch heute noch keine in sich abgeschlossene, alle Erscheinungen des Karbidzerfalls umfassende Theorie. Weit unterhalb Ari, d. h. unterhalb etwa 650 °, scheint bei normalem Grauguß mit 0,6 bis 0,8 % geb. Kohlenstoff keine nennenswerte Temperkohlebildung mit einer für praktische Glühverfahren ausreichenden Geschwin­

digkeit einzutreten. Zwar h a b e n R u e r u n d l l j i n 3) an einem Graueisen nach dreistündigem Glühen bei 4 0 0 0 Temperkohlebildung erzielt, so daß der Gehalt des Eisens an gebundenem Kohlenstoff von 1,2 %

bis auf 0,88 % herunterging. Diesen restlichen, eutek- toiden Kohlenstoff zum völligen Zerfall zu bringen, ist der Zweck des Weichglühens. Ueber die Zerfalls­

bedingungen dieses Kohlenstoffs finden sich aber noch durchaus keine einheitlichen Ansichten, ins­

besondere auch bei Berücksichtigung des aus­

ländischen Schrifttums, das an Mitteilungen über diesen Gegenstand besonders reich ist1). Es ist darum auch nicht zu verwundern, wenn man in der Praxis noch mitunter unsachgemäß3 Glüh­

behandlung von Grauguß zum Zweck des Weich­

glühens vorfindet, sei es, daß bei zu hoher Tempe­

ratur geglüht wird oder die Glühdauer unnötig lange hingezogen wird.

Um die Zerfallsbedingungen des Perlits im Grau­

guß im Zusammenhang darzustellen, wurde eine größere Anzahl von Versuchen angestellt bei wech­

selnder Glühtemperatur und Glühdauer sowie bei verschieden gewählten Abkühlungsverhältnissen.

Neben der chemischen Zusammensetzung wurde als weiterer Maßstab für den Erfolg der Glühung der Wert der erreichten Brinellhärte angesehen. Als Ausgangsstoff diente ein graues Roheisen, dessen Analyse durch Hinzulegieren von etwa 20 % Stahl bzw. 1 % Nickel in der gewünschten Weise verändert wurde. Alle drei Legierungen, deren Zusammen­

setzung Zahlentafel 1 wedergibt, lagen in Form von 20 bis 22 mm Rundstäben vor. Aus diesen wurde durch Absagen je eine Anzahl Stücke von etwa 20 mm Länge gewonnen und den aus den Zahlentafeln 2 und 3 ersichtlichen Glühverfahren unterworfen.

Das Glühen erfolgte mittels Platinwiderstandsofen in einem einseitig geschlossenen Quarzrohr, durch das ständig ein langsamer Strom gereinigten Stick­

!) Die nachstehend veröffentlichten A rbeiten von

$ r.* S n9- E- P i w o w a r s k y un d S r.«3n9- E . S c h ü z , die beide das W eiehgliihen von Gußeisen behan­

deln, sind uns fast gleichzeitig zugegangen. W ir nehmen dies als einen Beweis, d aß das Them a gleichsam in d e r L u ft gelegen h a t, und bringen unsern L esern beide A rbeiten, die auf verschiedenen W egen zum gleichen E rgebnis kommen, zur K enntnis. D. S c h riftltg .

2) Vgl. C. G e i g e r : H andbuch der E isen- und S tahlgießerei 1916, I I , S. 731.

3) „Zur K enntnis des stabilen Systems E isen -K o h ­ lenstoff“ , M itt. a. d. Eisenh. In st. d. Techn. Ilochsch.

A achen 1913, Bd. V, S. 10.

!) Vgl. insbesondere die A rbeiten von J . E . H u r s t : a ) W ärm ebehandlung von G raueisen, E ng. 1917,

28. Sept., 5. Okt., 12. O kt.; s. a. St. u. E . 1918, 21. März, S. 248.

b) G raphitisierung von Gußeisen, F o u n d ry 1920, 1. M ärz, S. 192/4; s. a. Chem. M etallurg. E ngg. 1920, 3. M ärz, S. 392/3; vgl. dazu St. u. E . 1920, 29. A pril, S. 590.

c) E in flu ß der W ärm ebehandlung auf die K ohlenstoff­

form des Gußeisens, F o u n d ry 1918, M ai, S. 227/9;

vgl. dazu St. u. E . 1919, 26. Ju n i, S. 721 u.

31. Ju li, S. 881.

(2)

1482 Stahl und Eisen. V eher das Weich glühen von Grauguß. 42. Ja h rg . N r. 39.

Zahlentafel 1. Z u s a m m e n s e t z u n g d e r L e g i e r u n g e n .

B e z e ic h ­

n u n g M aterial

G es.-C

Z u sa m m en se tz u n g in

G rap hit j Mn | P 0//o

S

K r itis c h e

Si A c i

P u n k te u C

A n

A Ausgangsroheisen ... 3,18 2,49 0,63 0,102 0,068 ! 2,95 810— 825 750— 725 K D asselbe m it 1 % N i1) . . . 3,35 2,66 0,62 0,105 0,070 2,93 80 0 —815 735— 715

C Eisen A bei rd. 20 % S tahl­

zusatz ... 2,48 1,54 0,60 0,090 0,055 2,25 800 —£05 7 4 0 - 7 3 5 Z ahlentafel 2. W eichglühversuohe m it dem Eisen C (silizium- u n d kohleastoff-arm ).

Versuch Nr.

B e h a n d lu n g G e fü g e ­

b e s ta n d te ile 2) |

Z u sa m m e n se tz u n g in %

i i

_ 1 , 1 G ra p h it G es.-O G ra p h it jn o/od e s G es.-C

B r in e llb ä r le

i A nlieferungszustand

...

Gr. + str. P. 2,48 1,54 62 236 2 12 s t bei 675 0 geglüht, darau f an der L u ft abgekühlt Gr. -f- str. P . 2,47 1,58 64 2 2 0 —225 3 12 „ „ 675 0 im Ofen angekiihlt bei 10°/m in Gr. + str. P. 2,47 1,65 66,5 2 1 0 - 2 1 4 4 12 „ „ 775 0 an der L u ft abgekiihlt . . . Gr. + str. -f

k .P . -f- etw . F. 2,46 1,84 74,5 153— 157 5 12 „ „ 775° im Ofen bei 10 °/m in abgekiihlt Gr. + k. P ..+

F. 2,46 1,92 78 147 — 150

6 12 „ „ 8 50° an der L u ft abgekiihlt . . , Gr. -f str. P. 2,39 1,62 67,5 216 218 7 12 „ „ 850 0 im Ofen bei 2 °/m in bis 750°,

darauf an d er L uft abgekiihlt Gr. + str. P . 2,40 1,66 69 212 -2 1 4 G r. + F . +

8

12 „ 850 0 im Ofen bei 2 °/m in bis 675°, etw . s tr. u.

dan n an der L u ft abgekiihlt k. P. 2,42 2,24 92,5 122 — 124 9 12 „ „ 850° im Ofen bei l° /m in bis 675°,

dann an der L u ft abgekiihlt ,, 2,40 2,26 94 114— 118

10 20 m in „ 830 0 im Ofen bei 1 °/m in bis 775 °,

dann an der L u ft abgekiihlt Gr. + str. P. 2,39 1,64 68,5 215—220 11 20 „ „ 830 0 im Ofen bei 1 °/m in bis 725°, G r. + F . +

dann an der L u ft abgekiihlt Sp. von str. P. 2,38 2,22 93 120— 124 12 20 „ „ 830 0 im Ofen bei 1 °/m in bis 675 J,

dann an der L u ft abgekiihlt >> 2,39 2,30 96 114— 116

Z--)h]entafel 3. W e i c h g l ü h v e r s u c h e m i t d e m E i s e n A u n c B.

Z u s a m m e n s e t z u n g i n % |

xi .G rap hit i. % B r in e llh ä r te

B e h a n d l u n g G efü g e G es.-O G raphit d e s G es.-C .

£

> A B A B A B A B

l A n lie fe ru n g s z u s ta n d ... Gr. + str. P. 3,18 3,35 2,49 2,66 78 79,5 206— 207 196— 202 2 2 std . b- 675° gegl., a. d. L uft abgek. Gr. + str. +

k. P . + etw .F. 3,17 3,32 2,60 2,78 82 83,5 168— 172 166— 168

3 725» „ „ „ „ Gr. + F . +

str. P. 3,16 3,24 2,88 2,86 91 88 134— 136 136— 140

4 775° „ „ „ „ Gr. + F . +

etw . str. P . 3,08 3,29 2,92 3,10 95 94 120— 125 1 2 4 - 1 2 6 j 5 15 min b. 850° „ ,, „ ,, Gr. + F. +

str. P. 3,06 3,33 2,70 2,88 88 86,5 158— 162 163— 167 6 „ 850° „ n jit 2°/m in. i. Gr. + F. +

Of. abgek. bis ötw. k. P.

700°, dan n a. d.

L u ft e rk a lte t . 3,14 3,27 3,03 3,11 96,5 95,5 118— 124 115— 117 7 850° „ i. Of. m it 10°/ Gr. + . F . +

min.bis 675° a b ­ Sp. v on k. P.

gek., bei dieser T em p. 1 s t ge­

ha lte n , dann a. d. L uft abge­

k ü h lt . . . . 3,12 3,22 3,01 3,13 96,5 97,5 114— 118 112— 116

stoffs geleitet wurde, um einen Abbrand und Ver­

lust an Kohlenstoff nach Möglichkeit zu verhindern.

Die Proben wurden an dünnen Nickeldrähten be­

festigt, um sie bei der gewünschten Temperatur

F e r r i t ; P.

J) A nalyse ergab 0,86 o/0 N i.

2) E s bedeuten: G r. = G ra p h it; F. = P e rlit; str. = stre ifig ; k.A,= körnig.

durch Lüpfen der Abschlußkappe des Quarzrohres schnell aus dem Ofen ziehen zu können.

W e ic h g lü h v e r su o h e an E ise n C In der Annahme, daß mit abnehmendem Sili­

ziumgehalt die notwendige Glühdauer zunehmen werde, wurden zunächst mit dem siliziumärmeren

(3)

28. Septem ber 1922. TJeher das W eichglühen von Grauguß. S tahl und Eisen. 1483 Eisen C zwölf ständige Glühungen durchgefühit und

zwar unterhalb Ara, zwischen Ar, und Ac,, sowie kurz oberhalb Ac,. Die Abkühlung erfolgte alsdann entweder verhältnismäßig langsam im Ofen bei einer Temperaturabnahme von etwa 1 0 0 bzw. 2°/min, oder an der Luft, und zwar wurden in letztem Falle die Proben freihängend an den Nickeldrähten durch Schwenken gleichmäßig schnell abgekühlt. Wie aus diesen Versuchen hervorgeht, ist die Geschwindig­

keit der Temperkohlebildung unterhalb Arx sehr klein, um zwischen Ar, und Act größere, für den beabsichtigten Erfolg jedoch immer noch unzu­

reichende Werte anzunehmen. Glühen oberhalb ACi erwies sich als nutzlos. Dagegen tritt ein weit-

A 7 A V-

A 5 A e

Abbildung 1. A etzung N atriu m p ik rat. X 200 gehender, ja praktisch vollkommener Zerfall des Perlits ein, wenn nach erfolgter Erhitzung kurz über Acj die Geschwindigkeit der Abkühlung im Ar, - Intervall so klein wie möglich gehalten wird.

Wie die Versuche 9, 10, 11 und 12 dieser Reihe zeigen, ist die Glühdauer nach Erreichen von Act von keinem Einfluß (wenigstens keinem begünsti­

genden) auf das Endergebnis, dagegen bewirkt die bei diesen Versuchen gewählte Abkühlungsgeschwindig­

keit von nur 1 °/min im Perlit-Intervall einen praktisch vollkommenen Zerfall des Perlits in Temperkohle imd Ferrit.

D ie G li'ih versuche an den E is e n A und B.

Nachdem die Versuche am Eisen C gezeigt hatten, daß die Glühdauer wesentlich verkürzt werden kann,

wurden für die höher silizierten Proben A und B sofort w eit geringere Glühzeiten gewählt. Das Gefüge des nickelhaltigen Eisens B unterschied sich stets nur unmerklich von dem des gleich- behandelten nickelfreien Roheisens, so daß es nur in einer für b e id e Eisensorten geltenden Spalte der Zahlentafel 3 Berücksichtigung fand.

Im Gegensatz zu C tritt bei dies jn beiden Versuchs­

reihen bereits unterhalb Ar, erhebliche Temper­

kohlebildung auf, und nach zweistündigem Glühen zwischen Ar, und Act ist bereits der größte Teil des Perlits zerfallen. Durch Glühung oberhalb Aci scheint ebenfalls ein Teil des Perlits zu zerfallen, doch ist es möglich, daß der Zerfall in dem hier beobachteten Maße schon w ä h r e n d der E r h itz u n g u n te r h a lb Ac, erfolgt war. Jedenfalls gilt auch für diese beiden Versuchsreihen, daß das sicherste Mittel zum völligen Zerfall des Perlits bei möglichst geringem Zeitaufwand eine s c h n e lle E r h itz u n g bis in das Temperaturgebiet kurz oberhalb Ac, mit nachfolgender beliebig schneller Abkühlung ist, wofern nur beim Durchgang durch das Ar1-Intervall eine m ö g lic h s t w e it g e h e n d e V e r z ö g e r u n g in der A b k ü h lu n g e in se tz t. Abb. 1 zeigt in 200facher Vergrößerung das kennzeichnende Gefüge der Pro­

ben A l, A4, A5 und A6.

Die hier gekennzeichnete Art der Wärmebehand­

lung erfordert natürlich weitergehende Betriebsr und Temperaturüberwachung als die meisten de­

in der Praxis augenblicklich noch üblichen Glüh- verfahren. Sie hat anderseits den sehr zu beachtenden Vorzug geringeren Zeitaufwandes mit allen den damit in Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Vorteilen. Ob die Ergebnisse der hier durchgeführten Versuche allgemein gültig sind, oder insbesondere bei Gußstücken größerer Abmessungen oder höheren Schwefelgehaltes wesentliche Verschiebungen ein- treten, kann nur die Praxis entscheiden.

Z u sa m m e n fa ssu n g der E r g e b n isse . 1. Ein teilweises Weichglühen durch Zerfall des

Perlits tritt bei silizium-und kohlenstoffärmerem Gußeisen unterhalb Ar, mit einer für praktische Glühverfahren ausreichenden Geschwindigkeit nicht ein.

2. Im Temperaturgebiet zwischen Ar! und Ac!

erreicht die Zerfallsgeschwindigkeit bei genügend hohem Siliziumgehalt des Eisens eine praktisch

auswertbare Größe.

3. Schnelles Erhitzen bis wenig oberhalb Ac, bei einer sich anschließenden Abkühlung derart geführt, daß das Ar, - Intervall mit einer Ab­

kühlungsgeschwindigkeit von unter 1— 2°/ min durchlaufen wird, ist das s ic h e r s t e Mittel, um vollkommenes Weichglühen zu erreichen.

(4)

1484 Stahl und Eisen. Ve, suche zur B estim m ung der kritischen Tem peratur. 42. Ja h rg . N r. 39.

U eber Versuche zur Bestimmung der kritischen Temperatur beim G lühen von Grauguß.

Von ® r.*3nq. E m i l S c h ü z in L eipzig-G roßzschocher.

(E in flu ß von P hosphor u n d G raph it a u f d ie H ä rte . B edeu tu n g des P e rlits. B eisp iele fü r d ie Z em en titzer- setzu n g. Versuchsanordnung zu r B estim m un g d e r britisch en T em p era tu r. P ra k tisch e und th eoretisch e Fol­

g eru n g en .)

E

s ist bekannt, daß Grauguß, der aus irgend­

einem Grunde zu hart geworden und deshalb nur schwer zu bearbeiten ist, durch nachträgliches Glühen weich gemacht werden kann. In manchen Fällen und besonders bei dünnwandigem Feinguß, von welchem eine außergewöhnlich leichte Bearbeit­

barkeit verlangt wird, bedient sich die Gießerei häufig dieser Kenntnis und unterzieht den gesamten Guß nachträglich einem kurzen Glühprozeß. Damit ist gleichzeitig der Vorteil verbunden, daß die in Stücken mit schroffen Querschnittsänderungen stets vor­

handenen Gußspannungen verschwinden, wodurch die Bruchgefahr durch Stöße und Schläge bedeutend herabgemindert wird.

Die Härte des Graugusses hängt ab von seinem Gehalt an gebundenem Kohlenstoff. Je mehr ge­

bundene Kohle, desto härter das Gußeisen. Metallo- graphisch gesprochen, sind die gebundenen Kohlen­

stoff enthaltenden und damit härtebildenden Ge­

fügebestandteile: der Zementit, der Ledeburit, das binäre und ternäre Phosphideutektikum und der Perlit. Diesen gegenüber stehen als weichste Be­

standteile der Ferrit und der erdige Graphit. Die Bildung dieser Gefügebestandteile wiederum ist abhängig von der Abkühlungsgeschwindigkeit, vom

Gehalt an C, Si, Mn, P und S.

Ohne aber auf den Einfluß der chemischen Zu­

sammensetzung auf die Härte näher einzugehen, soll hier nur ein perlitischer Grauguß besprochen wer­

den, dessen Gehalt an gebundenem Kohlenstoff 0,9 % nicht übersteigt und der also weder freien Zementit noch wesentliche Mengen an Ledeburit enthält. Diese beiden Gefügebestandteile kommen demnach zur Bildung der Härte hier nicht in Be­

tracht.

Das Phosphideutektikum, das bei maximal 0,7 % P in normalem Grauguß als zuletzt erstarrte in den Perlit hineingepreßte kleine Einlagerungen fein verteilt ist, hat keinen praktischen Einfluß auf die Härte des Gusses. Die Phosphidkriställchen wer­

den bei der Härteprüfung mit der Brinellpresse bei­

seite geschoben, ähnlich wie sich etwa kleine Stern­

chen in lockerem Erdreich bei derselben Prüfung ver­

halten würden. Man erkennt dies auch daran, daß Gußeisen mit mittlerem Phosphorgehalt (nicht über 0,7 %) nach dem Glühen ebenso weich wird wie solches mit niedrigem Phosphorgehalt, obgleich die Phosphidkristalle sich beim Glühen nicht ver­

ändern. Die Phosphidkristalle können aber wohl dann einen Unterschied in der Härte hervorrufen, wenn sie sich an einer Stelle des Gußstücks besonders stark angesammelt haben, sei es durch eine Seigerung oder sonst einen Zufall. Solche Stellen sind dann

nach meinen Erfahrungen um 10 bis 15 Einheiten härter als das übrige Gußstück.

Aehnlich wie dem Phosphor wird häufig auch dem Graphit ein viel größerer Einfluß auf die Härte des Gusses zugeschrieben, als es tatsächlich der Fall ist. Der Graphit, der in den in Frage stehenden Gußstücken selbstredend nicht als Garschaum­

graphit auftreten darf, sondern in möglichst feinen Blättchen abgeschieden sein muß, ist der wichtigste Faktor für die Festigkeit. An der Härte des Gusses dagegen ändern, wie hier durch lange Beobachtun­

gen festgestellt wurde, die vorkommenden geringen Schwankungen in der Größe der Graphitblättchen nur wenig. Darin liegt auch der Grund, warum die Be­

stimmung der Festigkeit mittels der Kugeldruck­

probe, wie sie bei Stahl und Schmiedeisen angewendet wird, auf Gußeisen nicht ohne weiteres übertragbar ist. Ein perlitischer Kohlenstoff stahl mit 0,9 % C hat etwa dieselbe Härte von 200 bis 220 Brinellein- heiten wie ein perlitischer Grauguß mit 0,9 % geb. C.

Der perlitische Grauguß ist als ein Stahl von 0,9 % C aufzufassen, dessen Gefüge sich (abgesehen von Phosphor- und Schwefeleinschlüssen) von dem eutektoiden Stahl nur dadurch unterscheidet, daß es von erdigen Graphitblättchen durchsetzt ist.

Diese unterbrechen den festen Zusammenhang des.

Gefüges derart, daß der Grauguß mit maximal 28 kg/mm2 noch n>cht die halbe Festigkeit des Kohlenstoffstahls erreicht. Der Bruch tritt hier stets unterhalb der Streckgrenze ein, so daß in dem durch Graphit verunreinigten Stahl auch keine Dehnung zustande kommen kann.

Die Härte wird also bei solchen eutektoiden Grau­

gußstücken ausschließlich durch den Perlit gebildet.

Je nach seiner Korngröße, die von der Abkühlungs­

geschwindigkeit abhängig ist, beträgt die Härte 170 bis 220 Brinelleinheiten (10-mm-Kugel und 1000 kg). Je mehr der Gehalt an gebundenem Kohlenstoff unter 0,9 % sinkt, desto mehr Ferrit ist abgeschieden und desto weicher ist der Guß.

Rein ferritisches Gußeisen besitzt eine Härte von 90 bis 110 Brinelleinheiten.

Die Eigenschaft des Gußeisens, durch nach­

trägliches Glühen weich zu werden, beruht darauf, daß der Perlit in Ferrit und Temperkohle zerfällt, oder genauer, daß der in dem Eutektoid Perlit ent­

haltene Zementit F e3 C in Ferrit Fe + Temper­

kohle C zerlegt wird.

Ein ähnlicher Vorgang liegt bei der Her­

stellung von Temperguß vor. Auch hier bezweckt man, außer einer möglichst weitgehenden Entkohlung der Gußstücke durch ein Oxydationsmittel (Eisenerz), den Zerfall des Zementits in Ferrit und Temper­

(5)

28. Septem ber 1922. Versuche zur B estim m ung der kritischen T em peratur. Stahl und Eisen. 1485 kohle durch längeres Glühen. Nur liegt im unge-

temperten Rohguß der gesamte Kohlenstoff in Höhe von 2,7 bis 3 % als Karbid in Form von Ledeburit, Zementit und Perlit vor. Die Bedingungen sind des­

halb und wegen der damit Hand in Hand gehenden Entkohlung hier ganz andere, so daß das Tempern mit dem Glühen von Grauguß nicht ohne weiteres zu vergleichen ist.

In der Praxis wird das Glühen von Grauguß im allgemeinen bei Temperaturen zwischen 700 und 850° vorgenommen. Die Glühdauer, nach welcher der Guß genügend weich geworden ist, beträgt zwischen 3 und 10 st, je nach der Größe der Guß­

stücke oder der beabsichtigten Weichheit.

Die meisten thermischen Vorgänge bei der Dar­

stellung von Schmiedeisen, Stahl und Roheisen, d. h. die Zustandsänderungen beim Schmelzen, Erstarren, Abschrecken und Anlassen sind durch das Zustandsschaubild des binä­

ren Systems Eisen-Kohlenstoff zu erklären, wobei nur zu berück­

sichtigen ist, daß die Kurvenäste desselben durch die Legierung des Eisens mit anderen Elemen­

ten mehr oder weniger verscho­

ben werden.

Sucht man jedoch nach einem Anhaltspunkt für die Umwand­

lungstemperatur des Perlits in Ferrit und Temperkohle, so gibt das Schaubild keinerlei Auf­

schluß. Bekannt ist nur, daß bei Gehalten über etwa 0,9 % C das Karbidsystem das metastabile, das Graphitsystem das stabile ist. Als Beweis hierfür gilt die Tatsache, daß sich durch längeres Glühen von karbidhal­

tigem Eisen von über 0,9 %

Gesamt-Kohlenstoff (metastabil) der Zementit bzw.

Perlit in Ferrit und Temperkohle (stabil) ver­

wandelt. E ine Rückkehr zum metastabilen Zu­

stand ist hierauf nur durch Ueberschreitung der 1145 "-Linie möglich, d. h. durch erneute Lösung des freien Kohlenstoffs im Eisen bei der Tempe­

ratur des beginnenden Schmelzens.

Die Veranlassung zu den Untersuchungen über die kritische Temperatur beim Glühen von Grauguß gab zunächst die Beobachtung, daß dickere Stücke geglühten Graugusses häufig ein Gefüge aufwiesen, das andeutete, daß die Bildung von Ferrit vom Rande herein nach der Mitte zu fortschreitet. In Abb. 1 ist ein Teil des Querschnitts durch einen Schraub­

stocksattel in dreifacher Vergrößerung wieder­

gegeben. Man erkennt eine helle Randzone um die dunkle Querschnittmitte. StärkereV ergrößerungzeigte, daß es sich am Rand um rein ferritisches, in der Mitte um perlitisches Eisen handelt. Das Gußstück hatte folgende durchschnittliche Zusammensetzung:

3,44 % G es.-C 0,54 % Mn 3,10 % G raphit 0,68 % P 0,34 % geb. C. 0,106 % S 3,01 % Si

Die Härte am Rande betrug 129, in der Mitte 141 Brinelleinheiten. Das Stück war kurz geglüht worden, da es zur Bearbeitung etwas zu hart war.

Die Bildung der ferritischen Randzone ist wohl damit zu erklären, daß das Gußstück nur kurze Zeit in einen sehr heißen Ofen gebracht war und bald wieder herausgenommen wurde, so daß nur die äußeren Schichten so lange über die kritische Temperatur erhitzt waren, daß nur dort der Perlit Zeit hatte zu zerfallen. Die Mitte dagegen behielt größtenteils das ursprüngliche perlitische Gefüge bei.

Dasselbe Gefüge fand sich in dem Querschnitt durch den Rand einer Pianoplatte folgender durch­

schnittlicher Zusammensetzung:

3,50 % Ges.-C 3,24 % G raphit 0,26 % geb. C.

3,68 % Si

0,44 % Mn 0,37 % P 0,101 % S

A bbildung 1. M it Pikrinsäure g eätzter Q uerschnitt eines Schraubstoeksattels. H e ll: F e rrit. D u n k el: Perlit.

Die Härte am Rande betrug 126, in der Mitte 155 Einheiten. Die Ursache dieser Zonenbildung ist dieselbe wie bei oben beschriebenem Schraubstock­

teil.

Da es für die Praxis sowohl zur Erzeugung des beabsichtigten Härtegrades, als auch in Hinsicht auf eine möglichst sparsame Wärme Wirtschaft von großer Bedeutung ist, den Punkt zu kennen, bei welchem der Zerfall des Karbids in Ferrit und Temper­

kohle stattfindet, so wurden darüber wissenschaft­

liche Versuche angestellt, die im folgenden be­

schrieben werden sollen.

Zu den Untersuchungen wurde ein Gußeisen von folgender Durchschnittsanalyse verwendet:

% G es.-C

% G aphit 0,50 % geb. C 2,26 % Si 3,56 3,06

0,56 % Md 0,38 % P 0 ,1 1 2 % S

Die Härte betrug 160 bis 164 Brinelleinheiten.

Aus dem Gußstück, einem Kolbenrohr von 220 mm 0 und 17 mm Wandstärke wurden aus ein und dem­

selben Ringquerschnitt Stücke geschnitten von der Größe 15 x 20 x 25 mm. Die Glühung der Stücke

(6)

1486 Stahl und Eisen. Versuche zur B estim m ung der kritischen Tem peratur. 42. Ja h rg . N r. 39.

Z ahlentafel 1 . 2 u s am m e n s t e l l u n g d e r G l ü h i e r s u o h e.

24 s tü n d ig e s G lü h e n 6 s tü n d ig e s G lü h e n 3 s tü n d ig e s G lü h e n

G es. G ra ­ G eb . H ärte G es. G ra­ Geb. H ä rte G es. G ra­ Geb. Härte

C p h it c C p h it C C p h it C

U ngeglüht . . 3,56 3,10 0,46 163 3,56 3,10 0,46 163 — — — — bei 400 0 geglüht 3,56 3,10 0,50 160 —

450" 3,52 3,06 0,46 164 3,54 3,10 0,44 162 — — — —

500° 3,54 3,10 0,44 164 3,54 3,04 0,50 161 — — — —■

525° 3,52 3,08 0,44 154 3,56 3,02 0,54 164 — — — —

550° 3,52 3,20 0,32 142 3,50 3,00 0,50 164 3,49 3,03 0,40 164 575° 3,44 3,34 0,10 114 3,52 3,16 0,36 142 3,42 2,97 0,45 156 600 0 3 44 3,36 0,08 111 3,48 3,22 0,26 133 3,42 3,12 0,30 130

625* __ __ __

_ __ _

3,44 3,29 0,15 124

650° 3,44 3,40 0,04 102 3,44 3,36 0,08 112 3,46 3,38 0,08 108

if 7 0 0 0 3,46 3,42 0,04 110 3,48 3,40 0,08 114 —

erfolgte im elektrischen Röhrenofen mit selbsttäti­

ger Temperaturregelung.

Die Temperatur wurde im Innern der Stücke gemes­

sen. Hierzu wurden die Stücke bis in die Mitte so angebohrt (5 mm Loch- durchmesser), daß eben das Thermoelement eingeführt werden konnte, und daß die Lötstelle am Ende des Loches in die Mitte des Stückes zu liegen kam.

Die Schliffe zur metallo-

graphischen Untersuchung wurden 5 mm von der Oberfläche parallel zur Fläche 15 x 20 mm durch das Stück gelegt. Auf dieser Fläche wurde nachher die Härte bestimmt und schließlich wurden Späne zur Analyse auf Graphit und gebundenen Kohlenstoff dem Gesamtquerschnitt des Stückes in voller Stück­

breite entnommen.

Da derZerfall des Perlits nicht nur von der Höhe der Temperatur allein abhängig ist, sondern auch von der Glühdauer, so wurden die Versuche in drei Reihen ausgeführt:

1. Versuchsreihe: 24stündiges Glühen bei 400, 450, 500, 525, 550, 575, 600, 650, 700°.

2. Versuchsreihe: 6stündiges Glühen bei 450, 500, 525, 550, 575, 600, 650, 700°.

3. Versuchsreihe: 3stündiges Glühen bei 550, 575, 600, 625, 650

Die Ergebnisse der chemischen Untersuchungen auf Gesamt-Kohlenstoff, Graphit und geb. Kohlen­

stoff, sowie die Ergebnisse der Härteprüfungen der drei Versuchsreihen sind in Zahlentafel 1 zusammengestellt und in Kurvenblatt Abb. 2 schaubildlich zur Darstellung gebracht.

Die Schliffbilder stimmten damit überein. Bei Versuchsreihe I (24 st) waren die Schliffe bis 500°

rein perlitisch, bei 525 0 trat etwas, bei 5 5 0 0 viel Ferrit auf und von 575 0 ab war nur Ferrit vorhanden mit Einlagerungen von Graphit, Temper­

kohle und Phosphideutektikum. Derselbe Vorgang war bei Versuchsreihe II (6 st) und III (3 st) zu beobachten, nur mit dem Unterschiede, daß bei II das erste Auftreten von Ferrit bei 575° stattfindet und bei 6 5 0 0 kein Perlit mehr wahrnehmbar ist, während bei III bei 600 0 der Zerfall beginnt, der dann bei 650 0 beendet ist. Die Bilder der ungeätzten Schliffe bewiesen, daß die Graphitblättchen ziemlich gleichmäßig und sehr fein im Gußstück verteilt sind.

Ein geübter Metallograph kann aber selbst am un­

geätzten Schliff erkennen, ob er ein mit Erfolg ge­

glühtes Gußstück vor sich hat oder nicht, denn dann treten die Temperkohleknötchen zahlreich auf und geben den Graphitblättchen das Aussehen von feinen Perlenschnuren, die selbst bei nur 35facher Vergrößerung deutlich sichtbar sind. Aus Gründen der Raumersparnis können hier nur vier Bilder der Versuchsreihe II wiedergegeben werden (Abb. 3 bis 6).

Das Kurvenblatt Abb. 2 enthält die Tempe­

raturen als Abszisse und den Gesamt-Kohlenstoff, den Graphit, den geb. Kohlenstoff und die Härte als Ordinaten je für 24-, 6- und 3stündiges Glühen.

Es geht daraus hervor, daß bei 24stündigem Glühen (Versuchsergebnisse als Kreise eingezeichnet) der Zerfall bei 500° beginnt, dann mit steigender

Abbildung 2. Glühversuche m it Gußeisen.

Temperatur in fortschreitendem Maße stattfindet und bei 6 0 0 0 praktisch vollkommen ist. Bei 6stündigem Glühen (Versuchsergebnisse als Punkte eingezeichnet) beginnt er erst bei 550° -und ist bei 650° voll­

kommen. Bei Sstündigem Glühen liegt der Beginn des Zerfalls bei 575° (Versuchsergebnisse als Kreuze eingezeichnet) und das Ende bei 650°.

(7)

28. Septem ber 1922. Versuche zur B estim m ung der kritischen Tem peratur. S tahl und Eisen. 1487

Diese Ergebnisse überraschen dadurch, daß die kritische Temperatur viel niedriger liegt, als im all­

gemeinen wohl angenommen wird. Beim Tempera z. B. ist eine Temperatur von mindestens 8 7 0 0 (als tiefgegriffene untere Grenze) notwendig, um die Ab­

scheidung von Temperkohle einzuleiten. Das liegt

A bbildung 3. P robe N r. 7. 6 Stunden bei 550° ge­

g lü h t. 3.500o Ges.-C, 3,04ob G raphit, 0,46oo geb. C, I I = 164.

A bbildung 5. P robe N r. 9, 6 Stunden bei 600° g e­

g lüht. 3,48 o/o Ges.-C, 3.22 o0 G raphit, 0.26 o 0 geb .C, H = 133.

daran, daß der Temperrohguß den gesamten Kohlen­

stoff als Karbid enthält ohne eine Spur von freiem Kohlenstoff, während beim Grauguß der reichlich darin enthaltene Graphit eine Keimwirkung auf die Temperkohle ausübt. Die Temperkohle scheidet sich als kleine Knötchen aus, die sich zum größten Teil wie Perlenschnüre an die Graphitblättchen anlagern.

Diese Anordnung der Temperkohle ist in fast allen Schliffbildern der geglühten, ferritischen Proben zu

beobachten und in Abb. 7 besonders deutlich aus­

geprägt.

Für die Praxis ergibt sich demnach aus den Ver­

suchen folgendes:

Um ein Gußstück von etwa 15 mm Wandstärke von 165 auf z. B. 130 Härteeinheiten herunterzu-

A bbildung 4. Probe X r. 16. 6 Stunden bei 575° ge­

glüht. 3.52o’o Ges.-C, 3,16o0 G rap h it, 0 , 3 6 o geb. C H = 142.

A bbildung 6. Probe N r. 11. 6 S tunden bei 650° g e­

g lüht. 3,44 ob Ges.-C, 3,36 o/o G rap h it, 0,08 Oo geb. C H = 112.

glühen, hat man nach der Härtekurve (Abb. 2) ent­

weder 24 st bei etwa 560°, oder 6 st bei etwa 590°, oder 3 st bei etwa 620 0 zu glühen. Es müßte sich auf diese Weise jede gewünschte Härte einstellen lassen, und es könnten hierzu auch noch andere be­

liebige Glühzeiten bestimmt werden. Im Betriebe aber wird eine solch genaue Einstellung der Tem­

peratur der Glühöfen wohl selten zu erreichen sein.

Es ist indessen für die Praxis von großem Wert zu

(8)

1488 Stahl und Eisen. Versuche zur B estim m ung der kritischen Tem peratur. 4 2. Jahrg. JNr. 39.

wissen, daß man, um dieselbe Härte zu erreichen, bei einer 24stündigen Glühdauer zwar mit einer etwa 3 0 0 tiefer liegenden Temperatur auskommt als bei einer 6stündigen Glühdauer. Der Vorteil der um 30 0 niedrigeren Temperatur steht aber nicht in dem Verhältnis zu dem Mehraufwand an Zeit und Brenn­

stoff, der bei einer 24stündigen Glühdauer eintritt an Stelle einer ßstündigen. Man wird deshalb die um weniges höhere Temperatur wählen und nicht über ein 6stündiges Glühen hinausgehen.

Die Versuche beweisen, daß man sogar mit einer 3stündigen Glühdauer auskommt. Mit 67 5 0 geht man sicher, daß vollkommener Zerfall stattfindet, doch soll nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß dies nur für Gußstücke mit weniger als 15 mm Wandstärke gilt. Dickere Stücke erfordern eine längere Glühzeit.

Ferner ist aus den Versuchen zu entnehmen, daß es zwecklos ist, bei 24stündiger Glühzeit über 600 °, bei 6- und 3stündiger Glühzeit über 6 7 0 0 hinaus­

zugehen, oder umgekehrt mit 600 0 mehr als 24 st, mit 675 0 mehr als 3 st lang zu glühen.

Es ergibt sich weiter, daß der Gesamt-Kohlen­

stoffgehalt die Neigung hat, mit zunehmender Temperatur um eine Kleinigkeit stetig zu fallen (Abb. 2). Dies deutet auf eine leichte Entkohlung hin, die eintrat, weil die Versuchsstücke nicht in ein Schutzmittel eingepackt, sondern frei in der Luft des geschlossenen Ofens geglüht wurden.

Der Gehalt an geb. Kohlenstoff sinkt auch bei den am längsten und bei der höchsten Temperatur ge­

glühten Proben nicht unter 0,04 %, obgleich in den Schliffen kein freier Perlit mehr nachzuweisen ist.

Dieser geb. Kohlenstoff ist wohl in den beim Glühen unverändert gebliebenen Phosphidkristallen ent­

halten, welche ja teils als binäres Eutektikum Misch- kristalle-Eisenphosphid, teils als ternäres Eutektikum Mischkristalle-Eisenphosphid-Zementit, stets gewisse Mengen an geb. Kohlenstoff einschließen.

Die Versuche ergeben ferner, daß der freie Perlit (im Gegensatz zu dem an das Phosphid- eutektikum gebundenen Perlit) vollständig ver­

schwindet und das vollkommen stabile System Eisen-Graphit vorliegt. Nach dem Schaubild ver­

läuft der Kurvenast der Abscheidung von Temper­

kohle im stabilen System vom Punkte 1,3 % C und 1152 0 steil nach links unten in der Richtung auf etwa 0,7 % C. Das will heißen, daß sich auch im stabilen System auf alle Fälle zuerst Mischkristalle abscheiden mit steigenden Kohlenstoffgehalten bis zu maximal 1,3 % C. Durch außerordentlich lang­

same Abkühlung oder durch langes Glühen unter dem besagten Kurvenast ist es jedoch möglich — so zeigt das Schaubild — unter Umständen die Ab­

scheidung von Temperkohle so weit zu treiben, daß der Rest an geb. Kohlenstoff auf etwa 0,7 % sinkt.

Tin vorliegendenFall geht jedoch der Zerfall so weit,daß gar kein freiergeb. Kohlenstoff mehr zurückbleibt, d.h.

daß auch die bei der Erstarrung zuerst abgeschiedenen Mischkristalle völlig in Eisen und Graphit zerfallen.

Wenn es nun auch nicht gestattet ist, die Ergebnisse dieser Versuche auf das Eisen-Kohlenstoff-Schaubild unmittelbar zu übertragen, da dem der Gehalt an Si, Mn, P und S im Wege steht, so liegt doch der Gedanke nahe, ob nicht ein Eisen, mit einem ähnlich hohen Kohlenstoff- und Graphitgehalt wie das vor­

liegende, das aber sonst keine weiteren Fremd­

körper enthält, infolge der Keimwirkung des Gra­

phits durch Glühen nicht auch restlos in Ferrit und Graphit überzuführen wäre. Der Kurvenast ab 1,3 % C und 1152 0 müßte alsdann bis zum reinen Eisen durchgezogen werden, wie es auch schon Ruer1) getan hat. Allerdings bestünde die Einschränkung, daß der vollkommen stabile Zustand Fe-C nur dann zu erreichen ist, wenn genügend Keime in Form von Graphitblättchen vorhanden sind.

Weitere Versuche in dieser Richtung wären von großem Wert für die restlose Aufklärung des Eisen- Kohlenstoff-Schaubildes.

Z u sa m m e n fa ssu n g .

Es wird das Zustandekommen des Härtegrades von Gußeisen erklärt und die Ursache zum Weicher­

werden des Gusses durch nachträgliches Glühen be­

sprochen.

Dann wird die Veranlassung zu den Versuchen an zwei Beispielen gezeigt, bei welchen der Zerfall in Ferrit und Temperkohle teilweise, und zwar örtlich streng getrennt, stattgefunden hatte, was auf die Eigenschaften eines guten Gußstückes außerordent­

lich schädlich wirkt.

Die Glühversuche ergaben alsdann, daß der Zerfall perlitischen Graugusses in Ferrit und Temper­

kohle mit 24stündiger Glühdauer bei 500°, mit 6stündiger bei 550°, mit 3 ständiger bei 575°

beginnt und mit 24stiindiger Glühdauer bei 600°, mit 3- und 6stündiger bei 6 5 0 0 vollkommen ist.

Diese Ergebnisse werden im letzten Abschnitt praktisch und theoretisch verwertet.

') M etallographie in elem en tarer D arstellu n g, S. 2 1 4 und 219.

A bbildung 7. Probe 6 Stunden bei 700° geglüht. Die Temperkohle größtenteils am Rande der G rap h itb lätter

abgeschieden.

(9)

28. Septem ber 1922. U mschau. S tahl und Eisen. 1489

Umschau.

Glocken aus Siem ens-M artin-Stahlguß.

F a s t schien es, als ob m it der Beschlagnahme und dem Einschmelzen der bronzenen Kirchenglocken in den K riegsjahren auch die W ertschätzung dieser m ittela lte r­

lichen — m odern gesprochen — „S ig n alap p arate“ lan g ­ sam verbleichen w erde; die rege N achfrage beweist allerdings die Teilnahm e der O effentlichkeit, aber anders sprechen die F inanzverw alter der Gem eindeäm ter vor ihren leeren Kassen. Dieser U m stand w ar es, der die Industriekreise auf den Gedanken brachte, a n sta tt der teureren Glockenspeise und des im m erhin noch zu kost­

spieligen Tiegelstahles S.-M .-Stahlguß als Glockenwerk­

stoff zu benutzen. Diesen G edanken fö rd ert noch ein w eiterer w irtschaftlicher V orteil des Stahlgusses, wie sich aus folgender Zusamm enstellung schließen l ä ß t :

E ine Glocke (ohne Zubehör) von 890 mm unterem (j) aus Tiegelstahl h a t den Ton c 2 und w iegt 300 kg, von 883 mm unterem 0 aus Glockenspeise h a t den Ton a t und w iegt 435 kg, von 884 mm unterem (J) aus Stahlguß h a t den Ton g t und w iegt 330 kg.

Aus diesen A ngaben ist ersichtlich, daß sich — m it Rücksicht auf die akustische W irkung —- S.-M .- S tahlguß der Glockenspeise viel m ehr n ä h ert als T iegel­

stahl. D adurch käme dann eigentlich n u r der P re is­

unterschied zwischen Bronze und S tahlguß in B etracht, obschon gegenw ärtig von rein musikalischem Standpunkt eine etw as bessere Tonreinheit der T iegebtahlglocke zu­

gestanden werden muß.

F ü r die W ahl der Stahlzusam mensetzung w ar außer den spezifischen K langeigenschaften eines jeden W erk­

stoffs noch eine schon lang bekannte E rken n tn is unserer diesbezüglichen E rfah ru n g von W ichtigkeit: Neue Glocken haben näm lich einen h arten und schroffen Ton, w ährend alte — falls natü rlich auch der übrige Bau einw andfrei ist — sich durch ein langdauerndes, weiches und volles „A usklingen“ auszeichnen. Um das letztere zu erreichen und gleichzeitig die möglichen m etallo- gräphischen V eränderungen des Stahles zu verhindern, wählte m an fü r die E rzeugung ein p e r l i t i s c h e s bzw. ferritisches Gefüge. Versuche m it Glocken von 624 m m unterem 0 (cis2) und 116 kg Gewicht ergaben als günstigste Zusamm ensetzung: 0,25 bis 0,350/0 C, 0,60 bis 0,80o/o Mn, 0,40o/o Si.

D er K ohlenstoffgehalt h a tte natürlich bei den ge­

ringen Schw ankungen innerhalb Zehntel oder höchstens lo/o a u f die Tonhöhe keinen feststellbaren E in flu ß . N u r die R einheit des Tones weist ziemlich bem erkbare U n te r­

schiede auf.

Bezüglich d er H erstellu n g selbst kann zunächst m it­

geteilt werden, daß sie eine sehr sorgfältige F o rm - arb eit verlangt. Dies g ilt besonders fü r unbearbeitete Glocken, die a b er nich t zu em pfehlen sind, da solche Glocken nie den akustischen A nforderungen ge­

nügen können. U m dem w ichtigen Schlagring fü r das spätere L äu ten einen einheitlichen W erkstoff, ohne L unker oder Gasblasen, zu geben, w erden Aufgüsse an ihm angebracht und die Glocken m it dem H o h l­

raum nach oben gegossen. D abei verwende m an fü r das Form en bis zu etw a 500 mm (J) Modelle! Verzie­

rungen sind leicht anzubringen, sind aber nach den gegenw ärtigen E rfah ru n g en m öglichst zu vermeiden, da sie nicht n u r das richtige Gießen erschw eren, sondern auch den zur Schlagringkante p arallelen Schwingungen u n ­ vorteilhafte W erkstoffanhäufungen bieten. N ach Vollen­

dung der F orm w ird diese in der üblichen Weise ge­

trocknet. Soll die Glocke u nbearbeitet bleiben, so w ird die F orm nach dem Verlassen der Trockenkam m er noch­

mals m it einer besonders vorsichtig hergeätellten dünnen Masse bestrichen und aberm als getrocknet. Dieser zweite A nstrich h a t den Zweck, die Glocken nach ih re r F e r tig ­ stellung und A ufhängung a u f dem T urm den W itte ­ rungseinflüssen gegenüber unem pfindlich zu machen. — D er übliche und genauere W eg ist a b er der, daß man die Glocke wie jeden anderen Abguß behandelt, be­

sonders langsam ab k ü h lt und nachher die Glocke auf

M aß genau abdreht. Dieses A bdrehen geschehe im m er unter A ufsicht des K onstrukteurs. D ann erst w ird die Glocke gegen Rost gesichert, welches V erfahren aus leicht begreiflichen G ründen n ich t m itg eteilt w erden kann.

Die bishe? gem achten , E rfah ru n g en m it diesen Glocken beweisen, daß d er Stahlguß auch als G locken­

w erkstoff sich g u t verwenden läß t, wobei die geldlichen und teilweise auch akustischen Vorteile insbesondere den verarm ten Gemeinden —- und das w erden wohl die meisten sein — gew iß zugute kämen.

$np. J . H ru ik a in P iib ra m . E infache K ernbüchsen für T -R o h r a b z w e ig e . Zur raschen H erstellu n g der K ernbüchsen fü r einen Satz X -R ohrabzw eige von 300 bis 600 mm 0 lä ß t sich folgendes ebenso einfache wie brauchbare V erfahren a n ­ wenden. U n ter V erzicht a u f A usarbeitung der Büchsen aus vollem H olze stellt man Rahmenm odelle h e r und kleidet sie faßdaubenartig aus, so daß sich schließlich die vollständige F orm des K ernes ergibt. Abb. I 1) zeigt die A nordnung des Rahmenmodelles in einem G rundriß, Abb. 2 in einer Seitenansicht. D ie g ru n d ­ legende A usrichtung des Rahmenmodelles w ird a u f der Bodenleiste C bew irkt, die gew isserm aßen sein R ück­

g ra t bildet. D ie Stützen A bestehen aus drei zusamm en­

g efügten Teilen, sie bieten so größere S icherheit gegen

A b b ild u n g 1. B lic k a u f d a s R a h m e n m o d e ll vor A n b r in g u n g d er D a u b e n .

Verziehungen, als wenn sie aus einem Stücke H olz aus­

geschnitten worden w ären, und ergeben zudem ein festeres, den verschiedenen B eanspruchungen w ährend des Betriebes w iderstandsfähigeres Modell. D as un tere Längsholz der S tützen A: w ird um das M aß des A b­

zweigstutzens verlängert, so d a ß es m it dessen Stützen A , durch Schrauben und V erleim ung fest verbunden w erden kann. Z ur V ersteifung des ganzen R ahm en­

modelles tra g e n dann die Seitenleisten B wesentlich bei, sie sichern insbesondere w ährend des A nnagelns d er dem Modelle die E n d fo rm gebenden D auben (Abb. 3) die richtige gegenseitige L ag e säm tlicher Stützen. D ie schm alen D auben w erden au f d e r B and­

säge m it höchstens 25 mm Stärke zurecht geschnitten,

!) N ach F o undry 1922, 1. A pril, S. 292.

X X X I X .42 391

(10)

1490 Stahl und Eisen. U mschau. 42. Ja h rg . N r. 39.

so daß ihre zusammenstoßenden Innenflächen m it g e­

nügender G enauigkeit die K reisform des K ernquer- schnittes ergeben. Sie bedürfen nach dem Annageln und Verleimen nur einer leichten Nachbehandlung m it einem runden Grundhobel und m it grobem Sandpapier. Nach F ertig stellu n g der Innenfläche der W and des H a u p t- rohres re iß t m an die Schnittlinie des Abzweiges vor,

schneidet die festsitzenden Dauben danach aus und brin g t die in entsprechenden Längen zuzusclineidenden D auben des Abzweiges in gleicher Weise wie die D au­

ben des H auptrohres an. Schließlich schraubt man die jeweils benötigten Anschlußteile — M uffen- oder Flanschstücke — an die Enden der K ernbüchse, lackiert die M odellflächen mehrm als und g ib t den A ußen­

seiten einen leichten Anstrich.

Ausbildung erwachsener Arbeiter zu Formern.

M an unterscheidet a u f amerikanischen W erken

„open shops“ und „closed shops“. In den ersteren w er­

den freie, d. h. keiner G ew erkschaft angehörende A r­

beiter, in den letzteren ausschließlich einer Gewerk­

schaft angehörige Leute beschäftigt. Die handw erks­

m äßig ausgebildeten A rbeiter gehören zum allergrößten Teile G ew erkschaften an, die ihnen nebst manchem a n ­ deren Zwange insbesondere V orschriften betreffs nicht zu überschreitender H öchstarbeitsleistungen machen.

Sobald in einem Betriebe die Gew erkschaft die Ober­

hand gewonnen hat, werden auch die ihr nicht a n ­ gehörenden L eute gezwungen, sich ihr anzuschließen und unterzuordnen, was m eist dazu fü h rt, die W ettbew erbs­

fähigkeit eines Betriebes sehr rasch zu verm indern, nicht allzu selten sogar überh au p t zu unterbinden. Aus die­

sem G runde sind zahlreiche U nternehm er gezwungen, zur E röffn u n g von „open shops“ überzugehen. Einem solchen U nternehm en erw ächst zunächst die Aufgabe, ungeschulte L eute zu brauchbaren F orm ern auszubilden, und dann die o ft noch schwierigere Aufgabe, die neu ausgebildete M annschaft dauernd in g u ter A rbeitsw illig­

keit zu .erhalten. U eber die M ittel und Wege, das zu erreichen, berichtet P aul R. E a m p , ein bekannter am erikanischer G ießereileiter, rech t bemerkenswerte E inzelheiten1).

Es g elingt im allgemeinen, geeignete L eute in etw a 30 Tagen soweit zu bringen, daß sie ihre A rbeit ebenso g u t verrichten, wie 90 o/o der heutigen Form er, voraus­

gesetzt, daß ih r A rbeitsstück ständig von ein und d e r­

selben A rt ist. A uf die E ignung des Lernenden fü r seine Aufgabe kommt außerordentlich viel an, und es m uß stets eine größere Menge von L euten eingestellt und wieder entlassen werden, bis die genügende Zahl brauch­

barer K rä fte gewonnen ist. H a t m an aber einm al seine Leute ausgebildet, so ist der Wechsel wesentlich ge­

rin g er als in einem Betriebe, der n u r m it handw erks­

m äßig ausgebildeten, einer Gew erkschaft angehörigen Leuten arb eitet. E in G rund h ie rfü r liegt in der d u rch ­ aus g erechtfertigten B efürchtung jedes Neuausgebildeten, er könnte in einer anderen A rbeitsstelle A rbeit zuge­

wiesen bekommen, der e r nicht gewachsen ist. E in w eiterer G rund liegt in der Tatsache, daß die neuan­

gelernten, unter der steten L eitung auserlesen tüchtiger V orarbeiter stehenden F o rm er im „open shop“ m ehr verdienen als die Form er in einem u n ter gew erkschaft­

!) Iro n Age 1921, 1. Dez., S. 1395/8.

licher B otm äßigkeit stehenden B etriebe. Sie sind nicht an allzu knapp begrenzte H öchstleistungen gebunden, so daß das A usbringen offener B etriebe ein b e trä ch t­

lich größeres ist und sie dadurch in der L age sind, höhere Löhne zu zahlen. An dem G rundsätze, höhere Löhne als die geschlossenen B etriebe zu zahlen, w ird durchwegs festgehalten, dies ist überh au p t die u n erläß ­ lichste G rundbedingung fü r die dauernde befriedigende Ingan g h altu n g offener Betriebe. N icht auf L ohnerspar­

nisse, sondern au f Steigerung d er Erzeugungsm enge m uß es ankommen. U n ter W ahrung dieses Grundsatzes ist es u n ter anderen einer G ießerei m it 800 A ngestellten gelungen, ihre ganze, rech t m annigfache E rzeugung be­

trächtlich vollkommener herzustellen, als es w ettbew er­

bende Betriebe m it von Ju g en d an geschulten F orm ern zu erreichen vermochten.

E in offener Betrieb ist niem als seines Daseins sicher, solange e r m it alta n g elem ten F o rm ern u n te r­

m ischt ist. M an is t dann stets in G efahr, eines Mor­

gens seine säm tlichen L eute in H ö rig k eit d e r Gewerk­

schaft zu sehen. Von dem Augenblicke an beginnen regelm äßig U nstim m igkeiten einzusetzen, die A rbeits­

leistung läß t nach, und es beginnt d e r B elegschaft und dem W erke schlechter zu gehen. D er offene B etrieb muß bei seinen L euten V ertrauen zu r W erksleitung e r­

wecken. Bei rich tig er Behandlung m erken die Leute sehr bald, d aß sie bessere A rbeitsbedingungen un d Ver­

dienstgelegenheit haben als jem als zuvor. A n s ta tt durch irgendeinen Ausschuß dazu g ed rän g t zu werden, den U nternehm er bei jed er möglichen und unm öglichen Ge­

legenheit zu schädigen, w erden sie durch geschickte V or­

arbeiter angeregt, im A rbeitgeber nich t n u r keinen Feind, sondern einen guten F reu n d zu erblicken, m it dem sie m annigfache gemeinsame Interessen verbinden.

Sehr viel h ä n g t davon ab, wie ein neu au fg e­

nommener M ann von der ersten Stunde seines E in tritte s in den Betrieb an behandelt und angeleitet w ird. N ich t allzu selten kom m t ein Tagelöhner, d e r m it einem Form er lange Zeit am selben Stücke arbeitete, dazu, sich die F e rtig k eit zur selbständigen H erstellung dieses Stückes allm ählich zu erwerben. Das e rfo rd e rt ab er rech t erhebliche Zeit. Um eine W e rk sta tt in d e r aus w irtschaftlichen G ründen bedingten verhältnism äßig kurzen Zeit m it neuangelernten L euten zu füllen, is t ein großes M aß von Geschicklichkeit und S o rg falt au fzu ­ wenden. A nderseits ist aber überraschend, in welch kurzer Z eit ein b efähigter V orarbeiter eine große Zahl von L euten anzulem en vermag. Zu dem Zwecke m uß er unbedingt folgerichtig und planm äßig zu W erke gehen, was ung efäh r in folgender Weise geschehen k a n n :

Man stellt sieh neben den neuen M ann, a n d e r ihm f ü r seine fern ere A rbeit zugedachten Stelle, sag t ihm, m an wolle nun ausschließlich f ü r ihn eine F orm herstellen, wie er sie kün ftig h in selbst zu m achen haben werde, e r möge genau acht geben, da e rw a rte t werde, er sei im stande, das Gesehene zu wiederholen u n d so ohne weiteres das erste gu te Stück zu liefern. Dieses erste Stück w erde e r ohne A ufsicht durchaus selb­

ständig zu m achen haben.

M an len k t nun seine A ufm erksam keit der R eihe nach auf die einzelnen H a n d g riffe ; a u f das Einsieben des M odellsandes; au f die A rt des Festdrückens dieses Sandes rings um das Modell, u n te r gleichzeitiger E r ­ läu teru n g des Zweckes dieses V orgehens; au f das Füllen des K astens m it Form sand, wobei m an wie auch bei allen anderen Einzelheiten jeden unnötigen H a n d g riff vermeiden w ir d ; a u f das S tam pfen längs d e r Form - kastenw ände und au f die F estigung d e r Teilungsober­

fläche, wobei au f die W ichtigkeit ein er sauberen, g latten Teilungsfläche u n te r entsprechender B egründung zu ver­

weisen ist. M an zeigt ihm, wie ein zu h arte s Stam pfen an hochliegenden M odellteilen vermieden w ird, und m acht aufm erksam , w arum das so sein m uß. Dann h a t man die A ufbringung ein er losen Sandschicht am Rücken des fe rtig gestam pften U n terteiles sowie das A ufreiben eines B odenbrettes u nd das W enden des U n ­ terteiles zu zeigen un d zu erläu tern . M an lasse dabei keine E inzelheit au ß er acht, es m uß dem M anne die

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28. Septem ber 1922. Umschau. S tahl und Eisen. 1491 S tellu n g der H ände und der einzelnen F in g e r beim

Zusamm enhalten von B odenbrett, K asten und S tam pf- boden genau gezeigt und e r zugleich aufm erksam g e­

m acht werden, welche Folgen jede A ußerachtlassung der U nterw eisung haben werde. E s m uß ihm bei etw as grö­

ßeren Form en gezeigt werden, wie die einzelnen K asten­

teile zu verklamm ern un d zu verkeilen sind, wie und w arum m an ein loses S andbett zum W enden g rö ß e re r K asten benutzt. D ann fo lg t die A usführung der T ei- lungsfläche, wobei insbesondere das N iederschneiden a u f etw a un terh alb der ebenen Teilungsfläche liegende Mo- dellvorsprünge zu e rlä u te rn ist. Um diesen Vorgang recht sinnfällig k la r zu m achen, w ird es sich in m anchen F ä lle n empfehlen, eine ebene Teilungsfläche ohne solches Niederschneiden auszuführen, u n d im Anschlüsse daran das Modell aus dem Sande zu ziehen, wobei n atü rlich ein Teil d e r F orm beschädigt w ird. E s ist lehrreicher, das schon bei A usführung der Teilungsebene zu zeigen, a ls später, wenn das Modell im ordnungsm äßigen Wege aus dem Sande zu bringen ist.

N ach dieser Abschweifung w ird das Modell wieder in die Form gedrückt, der Schaden ausgebessert, rich ­ tiges N iederschneiden bew irkt, die Teilungsfläche po­

lie rt, Streusand aufgesiebt oder aufgestreut, bzw. au f­

geschleudert u nd dem Lernenden die Schädlichkeit von zu viel oder zu w enig S treusand erlä u te rt. Im A n­

schlüsse d a ran d rü ck t m an das T richterm odell lose in den Sand und sagt dem Manne, w arum e3 gerade a n die eine und n ich t an eine andere Stelle gesetzt w ird. N ach dem A ufbringen des Oberteilmodelles w ird M odellsand a u f gesiebt, das T richterm odell durch F e st­

drücken von M odellsand ringsum in gerader Stellung gesichert und der Zweck seines vorsichtigen ELnpackens k lar gem acht. W enn dann Sandhaken einzulegen sind, ist bei jedem einzelnen derselben eine genaue E rk lä ru n g zu geben, w arum er gerade an der betreffenden Stelle zu verwenden ist, w arum m an ihn n u r so oder so in den Sand bettet, w arum d er eine H aken am K asten- bzw. Schorenrande eine U nterstü tzu n g finden m uß, w arum das beim anderen n ich t der F a ll zu sein brau ch t usw. D anach fü llt m an den K asten m it Sand und stam p ft ihn voll. H ierb ei ist au f den verschiedenen Zweck und die verschiedene W irk ung des S pitz- u nd des F lachstam pfers aufm erksam zu machen. E s fo lg t das A bstreichen d e r K astenrückseite, das Ausheben des E in la u f- u nd eines etw aigen Steigermodelle3 un d das Ausdrehen d er notw endigen T ric h ter nach dem Aus­

ziehen der entsprechenden Modelle. D anach ist die H andhabung des L uftspießes zu lehren un d dem V er­

ständnis des M annes entsprechend zu erläutern.

N un zeige m an, wie das Oberteil anzufassen ist, um sauber abgehoben zu werden, wie m an es absetzt, wie m an die unteren E in g u ß trich terö ffn u n g en ausbläst und wie das Oberteil im übrig en fe rtig zu m achen ist.

D anach ist die H andhabung des H andfegers beim A b­

kehren des Streusandes und sonstiger Sandreste zu e r ­ läu te rn und schließlich m it besonderer S o rg falt das Ausheben des Modelles zu zeigen. Die richtige B e­

feuchtung der M odellränder, die Folgen von zu starker und von zu gerin g er B efeuchtung sind ebenso ein­

gehend k lar zu legen wie das Losklopfen de3 Modelles, wobei wiederum auf die Schäden eines zu Viel oder zu W enig eingehend verwiesen w erden m uß. D ann ist zu zeigen, w ie das Aushebeeisen am Modell zu befestigen is t —• falls dies n ich t schon in V erbindung m it der L osklopfunterw eisung geschehen konnte — un d wie man zum rich tig en „G efühl“ beim Ausheben des Modelles gelangt. Dieses „G efühl“ ist durchaus nich t Sache be­

sonderer U ebung oder E rfah ru n g , es lä ß t sich einem dazu befähigten M anne schon nach zwei- bis dreim aligem Versuche beibringen. H ierb ei spielt die B efähigung t a t ­ sächlich eine große Bolle. Geradeso wie viele F o rm er es niem als fe rtig bringen, ein feines Stirnradm odell rich tig aus dem Sand zu ziehen, g ib t es genug L eute, die es niem als fe rtig bringen werden, selbst ganz ein­

fache Modelle ohne G efährdung d e r F o rm auszuziehen.

Solche L eute sind n atü rlich n ich t geeignet, zu Form ern ausgebildet zu werden.

Anschließend an das Ausziehen des Modelles w ird das Anschneiden des Eingusses gezeigt — sofern das nich t schon vor dem Ausheben des Modelles zu geschehen h a tte — und das Schwärzen d e r F orm m it dem S tau b ­ beutel vorgeführt. Beim Anschneiden der Eingüsse w ird m an g u t tun, nachdrücklichst a u f deren W ich tig ­ k eit sowohl bezüglich ih rer Abmessungen, wie ih rer F orm und ih rer sonstigen B eschaffenheit nach — nich t zu locker un d nich t zu fest — hinzuweisen. M an mache den Lernenden u n te r entsprechender B egründung aufm erksam , d aß der E in g u ß der w ichtigste T eil der F o rm ist. Zum Schlüsse w ird das Oberteil a u f das U n terteil gebracht und der M ann au fg efo rd ert, den g e­

sam ten A rbeitsgang zu wiederholen. So o ft er, was bei der überw iegenden Zahl der A nzulernenden ganz unvermeidlich ist, eineu F e h lg riff m acht, r u f t man ihm ein H a lt zu, ohne ihm aber zu sagen, was e r unterlassen oder falsch gem acht h at. E rst, wenn e r seinen F e h l­

g riff selbst entdeckt h at, w ird ihm g estattet, fo rtzu ­ fahren. E s d a u ert freilich m anchesmal einige Zeit, bis er sich des F ehlers bew ußt wird, d a fü r v erg iß t e r ihn aber auch nicht w ieder. M an erinnere den M ann, daß es ja sein e rster Versuch sei, un d d aß e r eine M enge von Einzelheiten gezeigt bekommen habe, die e r sich zu merken habe, und daß m an sich d e r Schw ierigkeit der ihm auferlegten A rbeit wohl bew ußt sei. Alle anderen im W erke B eschäftigten seien aber denselben W eg gegangen und h ä tte n das Ziel erreicht. N ach F ertig stellu n g d er ersten von ihm selbst hergestellten F orm v erläßt man den M ann m it dem Bemerken, m an w erde nach einer Stunde wiederkommen und sehen, was er inzwischen ausgerichtet h a t. W ährend dieser einen, anderen A nw ärtern zu widmenden Stunde w ird d e r erste m anchen M iß g riff m achen und selbst w ieder ausbessem . W enn e r befähigt ist, ein brau ch b arer F o rm er zu w er­

den, so m uß seine A rbeit am E nde dieser Stunde w e­

sentliche F o rtsc h ritte gegenüber seiner L eistung am B eginn der Stunde zeigen. M an k an n freilich nicht einen Menschen in einer Stunde zum Form er anlernen, m an kann aber au f G rund des beschriebenen L ehrganges in einer Stunde wissen, ob einer ü b erh au p t dazu g e­

eignet ist oder nicht. E s ist schon vorgekommen, daß ein M eister sich ein halbes J a h r hindurch m it .einem ungeeigneten M anne ab geplagt h a t. Das ist verfehlt.

H a t m an dem A nw ärter alles gew issenhaft gezeigt und m acht e r trotzdem nicht von Stunde zu Stunde ersich t­

liche F o rtsch ritte, so ist er n ich t brauchbar. Sich m it ihm w eiter abzugeben ist n u r eine Z eit- un d G eld­

verschwendung.

H a n d elt es sich darum , M a s c h i n e n f o r m e r anzulernen, so v erringern sich die zu lehrenden E in zel­

heiten ganz beträchtlich, im großen un d ganzen bleibt das V erfahren jedoch dasselbe. M an kommt m it H ilfe desselben dazu, befähigte L eute viel rascher auszubilden und zu gutem V erdienst zu bringen, als dies nach den bisher gebräuchlichen V erfahren d er F a ll w ar, und m an kann unbrauchbare A rbeiter, die m an bisher ihnen selbst zum Verdrusse un d dem W erke zum Schaden o ft wochenlang m itschleppte, schon nach dem ersten P ro b e ­ tag e ausscheiden.

Sehr g u t h a t sich das V erfahren bew ährt, die A r­

b eit zu teilen und einen M ann das U n terteil, einen zweiten das O berteil m achen zu lassen un d einen d ritte n im E inlegen der K erne zu unterw eisen. M an kom mt dabei rascher zur B eurteilung der A n w ärter u n d e r ­ leich tert sich selbst rech t b eträchtlich den U n terrich t.

Von g rö ß ter W ichtigkeit ist fü r jeden offenen B e­

trie b weitestgehende V ereinfachung d e r A rbeit. E ine überraschend große Zahl schw ieriger Stücke lä ß t sich vereinfachen, wenn G ießerm eister un d M odelltischler rechtzeitig die K öpfe zusammenstecken. W ie viele A b­

ziehstücke bedingende N ebenteile lassen sich d urch A nordnung von K ernm arken un d V erw endung von K ernen in einfachster W eise herstellen, die bei alte r kunstgerechter F orm erei viel geschickte A rbeit bedingt.

M an kann auch rech t o ft Sonderemgüsse m it dem M o­

delle vereinigen, so d aß es dem F o rm er e rsp a rt bleibt, sie bei jed er F o rm aufs neue auszuschneiden. Die

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