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Stahl und Eisen, Jg. 33, No. 52

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Leiter des

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Generalsekretär ^ I I I k d I | | | U I | P I V L l l I technischen Teiles

sa» ,i mnij uiijj iiiof. u

Nordwestlichen Gruppe | I P I M

des Vereins deutscher 9"^ * 1 ^s Verecns deutscher

Elsen- und Stahl- " 7 Ü T I T O L J D I C T ElsenhGttenleute.

Industrieller. ¿ . L I I O v M R I I I

FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN.

N r. 5 2 . 2 5 . D e z e m b e r 1 9 1 3 . 3 3 . Jahrgang.

D ie m agnetischen Eigenschaften von G ußeisen.

Von Gelt. R egierungsrat Professor Dr. E. G u m lic h in Charlottenburg.

| i e magnetischen Eigenschatten des Eisens

* und seiner Legierungen spielen heutzutage durch ihre Anwendung aut dem Gebiet der Elektro­

technik eine hervorragende Rolle. Rastlosen Ver­

suchen der Eisenhütten, die an Laboratoriums­

erfahrungen und theoretische Erwägungen an- knüpften, ist es gelungen, den wieder und wieder gesteigerten Anforderungen der Technik nachzu­

kom m en und Ergebnisse zu er­

zielen, die m an noch vor zehn + Jahren nicht für möglich gehalten haben würde; ich erinnere nur +1S000 an das legierte Blech, das E lek­

trolyteisen, den E lektrostahl und +10000 an alle die vorzüglichen Stahlguß­

arten, die dem besten früheren +sooo Sclnniedeiscn in magnetischer B e­

ziehung nicht nachstehen, ja es vielfach übertreffen. Aber dieses vorzügliche Material steht durch- -sooo weg hoch im Preise, denn seine H erstellung ist teuer, und für -10000 manche Zwecke bedarf die Tech­

nik gerade billigen und bequem -15000 herzustellenden Materials, wie es das gewöhnliche, magnetisch aller- - dings sehr minderwertige Guß eisen ist.

dargestellt ist. Schickt man durch die den Stab en t­

haltende Magnetisierungsspule einen elektrischen Strom, so wird dadurch ein Magnetfeld jp erzeugt, das in dem Probestab eine Induktion SS hervorruft;

diese wird um so stärker, je höher das F eld ist, w ächst aber nicht im geraden Verhältnis zu diesem, sondern anfangs rascher, später langsamer als das Feld. D as Verhältnis cinos bestim m ten W ertes

Ich folge daher gern der Aufforderung der Redaktion

dieser Zeitschrift, kurz meine A nsicht darüber darzu­

legen, w as man in magnetischer Beziehung von Guß­

eisen erwarten darf, und auf welchem Wege cs sich unter Umständen wird verbessern lassen.

E s wird sich zu diesem Zweck empfehlen, sich zunächst den M agnetisierungsvorgang an Hand der Abbildung 1 zu vergegenwärtigen, die schem atisch den Verlauf einer Magnetisierungskurve von reinem Eisen (Schm iedeisen, Stahlguß 0. dgl.) und von ge­

wöhnlichem Gußeisen zeigt. Entstanden sind die K urven so, daß man die betreffende Probe in Stab­

form in einem Joch oder in einer anderen Magneti­

sierungsvorrichtung untersuchte, und zwar ausgehend vom unmagnetischon Zustand, der durch den PunktO

Abbildung 1. Magnetisierungskurven von reinem Eisen (A) und Gußeisen (A').

der Induktion 23 zu dem dazugehörigen F eld jp be­

zeichnet m an als Perm eabilität p., also 23/Ip = u.

L äßt man nun beispielsweise das Feld wachsen von 0 bis jp, und trägt die einzelnen W erte des Feldes Jp als Abszissen, die zugehörigen Induktionen 23 als Ordinaton auf, so erhält m an für reines Eisen die sogenannte N ullkurve OA. Läßt m an hierauf den Magnetisierungsstrom, also die Feldstärke, wieder abnehmen, so durchläuft unser darstellender P unkt nicht wieder rückwärts die Kurve AO, sondern die Kurve AR. D er Stab behält also auch für den W ert 0 des Feldes jp noch eine gewisse Magneti­

sierung OR, die „R em anenz“ , welche erst ver­

schwindet, wenn m an den magnetisierenden Strom L rt.„

(2)

213-i Stahl und Eisen. Die magnetischen Eigenschalten von Gußeisen. 33. Jahrg. Nr. 52.

um kehrt und das Feld zur S tärke OC an wachsen läßt, die m an als K oerzitivkraft bezeichnet. Man ver­

ste h t also u nter der K oerzitivkraft diejenige Feld­

stärke, welche notwendig ist, um den rem anenten Magnetismus OR wieder zu beseitigen. Die Grüße der K oerzitivkraft hängt nicht n u r von der Iiöhe der vorhergegangenen Magnetisierung, sondern auch von der Beschaffenheit des Materiales ab ; sie ist meist sehr klein bei magnetisch weichem Material, wie Stahlguß, Schmiedeisen u. dgl., und kann hun d ert­

m al so groß werden bei hartem Stahl.

L äß t m an nun den magnetisierenden Strom weiter steigen bis zur Feldstärke — jp,, so wird der Stab negativ m agnetisch; unser darstellender P u n k t durch­

läuft den K urvenast CB, wobei B ganz symmetrisch zu A gelegen ist, und wenn m an schließlich den Strom wieder zu Null abnehmen läßt und um kehrt, so durch­

läuft der P u n k t die K urve B R, Ci A und h a t ins­

gesamt die sogenannte Hystereseschleife beschrieben, deren In h a lt nach W a r b ü r g proportional der zur Ummagnetisierung des Eisenkörpers erforderlichen Energie ist.

Genau dasselbe gilt für die Magnetisicrungs- kurve des Gußeisens 0 A/ R / C' B/ R / AL

Aus den K urven ist nun folgendes ersichtlich:

D er H öchstw ert von 23, den wir für die höchste F eldstärke jp, erreicht haben, ist bei Gußeisen wesent­

lich niedriger als bei dem reinen Eisen, und dies w ürde auch noch der Fall sein, wenn wir dio Feld­

stärke so lange zunehmen ließen, bis die Magneti­

sierung beider M aterialien überhaupt nicht m ehr wächst, also die sogenannte Sättigung erreicht ist, die wir m it 4 it J bezeichnen wollen (23 = 4 w J + jp), wobei J dio In te n sitä t der Magnetisierungen be­

deutet. Nun ist, abgesehen von einer einzigen, kürzlich von P r o u ß und W e iß entdeckten Ausnahme, (näm lich einer Legierung von Eisen m it etwa 3 4 % K obalt, welche einen um etwa 10% höheren Sättigungsw ert ergibt als reines E ise n ), bisher stets beobachtet worden, daß der m agnetische Sättigungs­

w ert von reinem Eisen höher liegt als derjenige von Legierungen. Als Legierungen müssen aber auch alle nicht ganz reinen Eisensorten aufgefaßt werden, insonderheit also auch das Gußeisen, das ja bis etwa 4 % Kohlenstoff, bis 4 % Silizium, reichlich Mangan, Phosphor usw., zusammen also wohl 8 bis 1 0 % Verunreinigungen enthält.

Man kann nun diese Verunreinigungen nach ihrer W irkung auf die M agnetisierbarkeit in zwei Gruppen teilen, näm lich in solche, die selbst unmagnetisch sind, sich dem Eisen gegenüber passiv verhalten und nur P latz wegnehmen, also gewissermaßen den Querschnitt verringern; dazu gehört z. B. Silizium und Aluminium; zweitens in solche, welche sich aktiv verhalten, in dem Sinne, daß ihre Verbin­

dungen m it dem Eisen oder ihre Lösungen im Eisen die M agnetisierbarkeit noch stärker herabdrücken, als wenn sie nur P latz wegnehmen w ürden; dazu gehört z. B. Kohlenstoff und Mangan. Ueber die Rolle, welcho Phosphor und Schwefel in bezug auf

die M agnetisierbarkeit spielen, ist wohl noch kaum etwas bekannt; Versuche darüber sollen aber dem­

nächst in der R eichsanstalt ausgeführt werden.

Die schädlichen W irkungen des Mangans aut die S ä tti­

gungswerte des Eisens machen sich erst von Kon­

zentrationen von 5 bis 6 % aufw ärts sta rk bem erkbar, von wo ab allerdings die Sättigungsw erte sehr rasch sinken; solche Prozentgehalte kommen hier aber kaum in B etracht. Beim Kohlenstoff h a t m an zu unter­

scheiden zwischen dem in Form von Eisenkarbid Fe3C gebundenen(alsG efügebestandteilPerlitundZem entit) und dem im Eisen gelösten Kohlenstoff (Gefügc- bestandteil M artensit); im ersteren Falle drückt 1 % C den Sättigungsw ert des Eisens um rd. 7 % herab, im zweiten aber um etwa 15 % , so daß also auch schon durch Ueberf¡ihren des im Gußeisen enthaltenen Mar­

tensits in P erlit bzw. Zem entit durch geeignetes Glühen und langsames Abkühlen eine merkliche E rhöhung des Sättigungsw ertes erzielt werden kann. Sieht man aber von diesen besonderen schädlichen W irkungen der Ver­

unreinigungen ab und b etrachtet sie nu r als un­

magnetisierbare Frem dkörper, welche den Raum des Eisens einnehmen und daher in einem Körper von gegebenem Q uerschnitt den Eisenquerschnitt verringern, so erhält m an, da ja die genannten Ver­

unreinigungen im Vergleich zum Eisen m eist ein verhältnism äßig geringes spezifisches Gewicht haben, eine Verringerung des Eisenquerschnittes um etwa 2 ) bis 30 % ; es ist deshalb nu r natürlich, daß die Sättigungsw erte des Gußeisens um m indestens denselben B etrag tiefer liegen als diejenigen des reinen Eisens. Beispielsweise wurde für den Sättigungsw ert 4 - J von Gußeisen vor und nach dem Glühen 16 420 bzw. 16 750 gefunden, w ährend sich für denjenigen von reinem Elektrolytcisen 21 600 ergab.*

Will m an also den Sättigungsw ert des Gußeisens und dam it die Perm eabilität für höhere Feldstärken erheblich vergrößern, so bleibt nichts anderes übrig, als einen beträchtlichen Teil der Verunreinigungen zu beseitigen, und zwar in erster Linie möglichst viel vom Kohlenstoffgehalt, denn einmal w irkt dieser, wie wir gesehen haben, aktiv verschlechternd, sodann aber ist es nicht vorteilhaft, den Silizium­

gehalt zu verringern ohne gleichzeitige Verringerung des Kohlenstoffgehalts, denn gerade durch das Silizium, das ja in bezug auf den Sättigungsw ert des Eisens ebenfalls ungünstig w irkt, werden, wie w ir später sehen werden, auch die sonstigen außer­

ordentlich schädlichen Wirkungen des Kohlenstoffs zum Teil beseitigt.

Nun wird zwar ein hoher Sättigungsw ert m eist auch eine beträchtliche Perm eabilität bei den-niedri­

geren Feldstärken zur Folge haben, m it denen die Technik zu arbeiten pflegt, aber er ist nicht die einzige Bedingung dafür. Fassen wir in Abb. 1 ein­

m al die verhältnism äßig niedrige F eldstärke 0D ins Auge, so entspricht dieser beim reinen Eisen die In ­

* E. Gum l i e h : Uebor die Messung hoher Induktionen.

Elektrotechnische Zeitschrift 1909, 11. N ov., S. 1065/7:

18. N ov., S. 1096/1100.

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25. Dezember 1913. Die magnetischen Eigenschaften von Gußeisen. I Stahl und Eisen. 2135 duktion D E, beim Gußeisen die Induktion D E ';

die P erm eabilität ¡j- , also DE/OD bzw. DE'/OD, ist also beim Gußeisen sehr viel kleiner als beim reinen Eisen; sie wird, wie sich leicht übersehen läßt, um so kleiner werden, je schräger die M agnetisierungs­

kurve OA' ansteigt, oder, was m eist ungelähr auf das­

selbe hinauskom m t, je größer die K oerzitivkraft i s t N un hängt aber die Größe der K oerzitivkraft außer­

ordentlich stark von der Höhe und der A rt des Kohlen­

stof fgehal's ab ; weitaus am stärksten vergrößert wird die K oerzitivkraft durch den hn Eisen g e l ö s te n Kohlenstoff. Bei hohen T em peraturen kann Eison bis etw a 1 ,8 % Kohlenstoff lösen; schreckt man das M aterial dann ab, so erhält m an den M artensit m it einer K oerzitivkraft bis zu 70 Gauß, während vergleichsweise sehr weiches Eisen nu r eine solche von 0,5 bis 1, ungegliihtes Gußeisen von 8 bis 12 Gauß besitzt. M aterial m it der K oerzitivkraft des M arten­

sits w ürde aber für Dynamogestelle u. dgl. voll­

kommen unbrauchbar sein, denn die Hysterese­

schleife würde so breit und die Nullkurve OA so schräg werden, daß auch der H öchstw ert der Per­

m eabilität n ur außerordentlich gering sein könnte.

Bei langsam er Abkühlung bildet sich bekanntlich im kohlenstoffreichen Eisen Eisenkarbid, das bis zu einem Kohlenstoffgchalt von rd. 0,9 % in Gestalt von P erlit a u ftritt, w ährend der darüber hinaus­

gehende Gehalt als Zem entit erscheint. Beide Arten sind in m agnetischer Beziehung zwar auch nicht vorteilhaft, aber doch sehr viel weniger schädlich als der M artensit; die K oerzitivkraft von 1 ,8 % per- litischem Gefüge b eträg t bei sonst reinem Eisen ungefähr 1 2 und w ächst natürlich m it höherem Kohlenstoffgehalt noch etwas. Nahezu unschädlich in m agnetischer Beziehung wird, abgesehen von der Baum verdrängung des Eisens, der Kohlenstoff in Form von G raphit oder Tem perkohle; m an h a t also dafür zu sorgen, daß m öglichst der gesam te Kohlen­

stoffgehalt in G raphit übergeführt wird, und dies geschieht durch Glühen und sehr langsame Abkühlung un te r der Einw irkung eines beträchtlichen Silizium- gehaltcs. Beispielsweise beruhen die vorzüglichen magnetischen Eigenschaften der sogenannten le­

gierten Bleche, deren Herstellung seinerzeit vom Verfasser veranlaßt worden ist, auf einem G ehalt von 3 bis 4 % Silizium, der bewirkt, daß die unver­

meidlichen kleinen Verunreinigungen von Kohlen­

stoff beim Glühen und langsam en Abkühlen in Form von G raphit ausgeschieden werden. Auf dieselbe Ursache sind höchstwahrscheinlich auch dio schönen F ortschritte zurückzuführen, die N a t h u s i u s * in der Herstellung von magnetisch brauchbarem Guß­

eisen gem acht hat. Das beste von ihm hergestellte M aterial enthielt gar keinen gebundenen Kohlen­

stoff, 1 ,7 % G raphit, 6 ,2 % Si, 0 ,4 % Mn, 0 ,1 % P ; es besaß eine K oerzitivkraft von nu r 1,7, eine Höchst-

* H a n s N a t h u s iu s : Beziehungen zwischen den magnetischen und anderen Eigenschaften des Gußeisens.

Dissertation, Technische Hochschule Aachen 1905. Vgl.

St. u. E. 1905,15. Jan., S. 99; 1. Febr., S. 164; l.März, S. 290.

P erm eabilität von 2100, also Eigenschaften, welche diejenigen des gewöhnlichen ungeglUhten Gußeisens (K oerzitivkraft 8 bis 1 2, H öchst-Perm eabilität rd. 250) weitaus übertreffen und denjenigen m ittleren S tahl­

gusses nahekommen. Dies gilt aber wohlverstanden nur für niedrige Feldstärken; für hohe kann auch dieses M aterial nicht annähernd m it Stahlguß in W ettbewerb treten, denn es h a t bei einer Feld­

stärke von jp = 165 eine Induktion von nur 23 = 13 800, gegenüber m ehr als 19 000 bei gutem S tahl­

guß. Dies rü h rt natürlich, wie schon oben erw ähnt, von dem höheren G ehalt an Verunreinigungen durch Kohlenstoff, Silizium und Mangan her, die im vor­

liegenden Falle rd. 8 Gewichtsprozent, also etwa 27 bis 28 Raum prozent, betragen, so- daß also nu r rund 3/ i des gesam ten Raumes von Eisen erfüllt ist, dagegen reichlich 1/ i von unm agneti­

schen Frem dkörpern. Dieser auf der Verringerung des Eisenvolumens beruhende schädliche Einfluß der Frem dkörper einschließlich des Siliziums ist natürlich auch bei den niedrigeren Feldstärken vor­

handen, er tr i t t aber dort zurück gegenüber dem oben erw ähnten Vorteil und kom m t deutlich erst zum Vorschein bei höheren Feldstärken.

U m gekehrt wie das Silizium w irkt das M angan;

es ist in größeren Mengen außerordentlich schädlich, denn es verhindert die Ausscheidung des Kohlen­

stoffs als G raphit, außerdem vergrößert es die K oerzitivkraft und drückt die Induktion herunter;

doch spielen geringe Beimengungen bis zu etwa 0,5 % noch keine wesentliche Rolle.

Die Erzeugung von m agnetisch wertvollem, für Dynamogcstelle u. dgl. brauchbarem Gußeisen wird also anstreben m üssen; Möglichste Verringe­

rung des Kohlenstoff- und Mangangehalts und Ver­

wendung von nur soviel Silizium, wie notwendig ist, um die Ausscheidung des gesam ten Kohlenstoffs in Graphitform zu bewirken. Je m ehr Kohlenstoff, desto m ehr Silizium, desto geringer aber auch die P erm eabilität bei hohen Induktionen. Gegossene Gegenstände sind am besten nach dem Guß zu glühen und sehr langsam abzukühlen. Will m an dies ver­

meiden, so müssen die Gußformen so beschaffen bzw. so vorgew ännt sein, daß das Abkühlen bis 6 5 0 0 C sehr langsam vor sich geht.

Bei dem bisher Besprochenen handelt es sich mn magnetisch weiches M aterial für Dynamogestelle usw., bei dem neben den magnetischen Eigenschaften der Preis eine ausschlaggebende Rolle spielt. Es ist aber neuerdings auch noch ein anderes Anwendungs­

gebiet des Gußeisens empfohlen worden, das vielleicht entwicklungsfähig ist, nämlich für perm anente Magnete. H ier haben wir es genau m it den en t­

gegengesetzten Bedingungen zu tu n wie b is h e r:

Remanenz und K oerzitivkraft müssen möglichst groß, also die Hystereseschleife m uß möglichst breit, dabei aber die Induktion für hohe Feldstärken, also der Sättigungsw ert, möglichst hoch sein, denn ein kleiner Sättigungswort liefert niemals eine große Remanenz. Diese Forderungen lassen sich aus be­

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213G Stahl und Eisen. Aeußerc und innere Spannung in Eisen- und Stahlguß. 33. Jahrg. Nr. G2.

stim m ten Gründen nicht gleichzeitig verwirklichen, m an muß ihnen eben so nahe wie möglich zu kommen suchen.

Nun h a t vor einigen Jah ren A lbert C a m p b e ll*

aus ganz gewöhnlichem käuflichem Gußeisen eine Anzahl von Stäben hergestellt, bei 10000 C gehärtet u nd die W erte ihrer Rem anenz und K oerzitivkraft m it denjenigen von Stäben derselben Abmessungen aus gutem M agnetstahl .verglichen. E s ergab sich im M ittel (die Einzelwerto wichen nicht beträchtlich voneinander ab) für die scheinbare Remanenz der Gußeisenmagnete etwa 23 = 1750, für die Koerzitiv­

k raft ein W ert von etw a 51 Gauß, w ährend die en t­

sprechenden Werte für die zwei M agnetstahlstäbe 23 = 2550 und 2950 bzw. 55,5 und 73,0 Gauß waren.

D aß die Gußeisenmagnete nam entlich gegenüber dem zweiten der beiden Verglcichsmagncte erheblich zurückstehen, ist ersichtlich, aber einmal kom m t in B etracht, daß sich aus dem bequem zu vergießenden Gußeisen auch verwickcltcre Magnetformen leicht und billig hersteilen lassen, und sodann ist zu er­

warten, daß bei geeigneter Behandlung und Zu­

sammensetzung des Gußeisens auch die daraus hergestollten Magnete beträchtlich besser werden dürften.

Wie haben wir uns nun die Verbesserung des Gußeisens zu perm anenten Magneten zu denken?

Nach den Versuchen dos Verfassers über die mag­

netischen Eigenschaften der Eisen-Kohlenstoff-Legie­

rungen** nim m t die K oerzitivkraft im geraden Ver­

hältnis zu dem Gehalt an g e l ö s te m Kohlenstoff zu, die Remanenz dagegen ab. D a bei hoher Tem peratur etwa 1 ,8 % O überhaupt in Lösung gehen können, so wird m an bei einem Gehalt von 1 ,2 bis 1 ,5 % C und einer H ärtungstem peratur von 850 bis 900 “ C gute Ergebnisse erzielen. D er höhere Kohlenstoff- gchalt des gewöhnlichen Gußeisens w irkt ungünstig,

* A lb e r t C a m p b e ll: Uebcr den Gobrauch von Hartguß für Permanente .Magnete. Philosophical Maga­

zine 1900, November, S. 4G8/72.

** E. G u m lie h : Magnetische Eigenschaften der Eo-C- und Fa-Si-Logiorungon. Perrum 1912, 8. N ov., S. 33/44.

denn das Eisenkarbid F e3C (Zementit), in welchem der überschüssige K ohlenstoffgehalt bei der Ab­

kühlung ausgeschieden wird, ist nur etw a halb so magnetisch als das durch das E isenkarbid ver­

drängte reine Eisen. Es wird deshalb vorteilhaft sein, auch bei dem für perm anente M agnete bestim m ten Gußeisen den Kohlonstoffgehalt niedrig zu halten, wenigstens nicht über 2% . Vollständig fernzuhalten ist hier das Silizium, denn es ist bei hohem Siliziumgehalt schlechterdings unmöglich, eine hohe K oerzitivkraft zu erhalten, da ja, wie wir schon oben sahen, das Silizium die Ausscheidung des Kohlenstoffs in Ge­

stalt von Perlit oder G raphit begünstigt; dazu kom m t natürlich noch der ja auch bei den legierten Blechen auftretende Uebclstand, daß das unm agne­

tische Silizium den P latz des m agnetischen Eisens Ginnimmt und die M agnetisierbarkeit bei hohen F eldstärken v e rrin g e r.

Diesen letzteren Nachteil bringt auch, sogar in er­

höhtem Maße, ein beträchtlicher Mangangeha.lt m it sich, und doch muß dieser empfohlen werden, da einerseits Mangan im Gegensatz zum Silizium die Abscheidung von Kohlenstoff aus der Lösung beim E rkalten verhindert und anderseits selbst dem Eisen eine höhere K oerzitivkraft verleiht, also Eigenschaften besitzt, die gerade für die perm anenten Magnete von besonderer W ichtigkeit sind.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Bei dem für Dynamogestelle usw. bestim m ten Gußeisen em pfiehlt sich ein m öglichst geringer Kohlenstoff- und M angangchalt, aber ein m äßiger Siliziumgehalt sowie langsames A bkühlen; bei dem lür perm anente Magnete bestim m ten Gußeisen: ein Kohlenstoffgehalt nicht über 2 % , ein M angangchalt von vielleicht 1 bis 2% , aber kein oder wenig Silizium. Ob es möglich soin wird, diese theoretischen Bedingungen praktisch zu verwirklichen, ohne die H erstellung wesentlich zu erschweren, m uß ich dahin­

gestellt sein lassen; imm erhin würde es sich für die E isenhütten lohnen, auf dem angegebenen Wege einige praktische Versuche anzustellen.

A eußere und innere Spannung in E isen- und Stahlguß und ihre B eseitigung.

Von Professor B e r n h a r d O s a n n in Clausthal.

(Mitteilung aus dem Eiseuhüttenmännisehcn Institut der Kgl. Bergakademie zu Clausthal.) 1—< s gibt Spannungen, die wir „äußere“ nennen

■*—' wollen, welche sich durch Reißen und Krum m ­ werden offenbaren, und „innere“ Spannungen, von denen m an nur etwas erfährt, wenn durch Glühen oder Tem pern besseres Bruchgefiige, bessere Festig­

keitseigenschaften und nam entlich größeres Deh­

nungsvermögen erzielt wird. W ir werden sehen, daß m an in vielen Fällen beide A rten zu berück­

sichtigen hat. Vorläufig soll hier kurz von äußeren Spannungen die Rede sein. Sie siqd einzig und allein auf die Schwindung zurückzuführen.

Diese ist bekanntlich verschieden. Das Schwind­

maß w ächst m it steigendem Schwefel- und Man- gangehalt und fällt m it steigendem Siliziumgchalt.

Aber auch Einflüsse physikalischer N atu r haben Wirkung. Schnelle A bkühlung erhöht, langsame A bkühlung erniedrigt das Schwindmaß. Dem ­ nach schwinden Stäbe m it starkem Q uerschnitt weniger als solche m it schwachem Q uerschnitt.

H artg u ß , d. i. abgeschreckter G uß, h a t die grüßte Schwindung. Man nim m t gewöhnlich 1 ,5 % an.

(5)

20. Dezember 1913. Aeußere und innere Spannung in Eisen- und Stahlguß. Stahl und Eisen. 2137 Gerade die Eintli'isse physikalischer N atur inter­

essieren uns. Deshalb seien in Zahlentafel 1 einige Schwindungsziffern bei verschiedenem Q uerschnitt und verschiedenen A bkühlungsverhältnissen genannt.

Zahlentafel 1. S e h w in d u n g b e i v e r s c h ie d e n e m S t a b q u e r s c h n it t (K o ep ). *

S ilizium

%

S tab qu e rs clin i

1

1 13 m m Q J 25 m m

% ; %

51 m m

%

.

7(1 m m Q

%

102

m m

0

%

i 1,52 1 1.32 1,08 0,94 0,S5

2,0 1,32 1.11 0,87 0,71 0,62 j

2,5 1,22 | 1,01 0,77 0,61 0,50

Von anderer Seite aus ergibt sich die Verschieden­

heit der Schwindung aus dem k ü n s t l i c h e r z i e l t e n G le ic h m a ß d e r S c h w in d u n g b e i v e r s c h i e d e ­ n e m S t a b q u e r s c h n i t t (K eep ).

Um eine Schwindung von ’/s Zoll auf 1 Fuß (1 ,0 4 % ) zu erzielen, muß m au setzen: bei

y2

Zoll 1 Zoll 2 Zoll 3 Zoll 4 Zoll □ 3,25 % 2,75 % 2,25 % 1,75 % 1,25 % Si.

Man sieht, daß die Beeinflussung der Schwindung durch physikalische Einflüsse sehr groß ist. Die er­

zielten Schwindungsziffern verhalten sich bisweilen wie 1:2. Ehe Schlußfolgerungen hieraus gezogen werden, soll darauf hingewiesen werden, daß sich die Schwindung eines Stabes gewaltsam, durch an­

gehängte Gewichte, unterdrücken läßt. E s ist dies in Versuchen durch W est nachgewiesen.**

W e s t berichtet auch von einem solchen Falle aus der P raxis: E s handelte sich um einen großen P uinpenköqier, dessen Modell m it dem üblichen Schwindmaß hergestellt war, der aber größer ausfiel als das Modell. Die Ursache w ar, daß der durch guß- und schmiedeiserne Stäbe gestützte Kern sich infolge der Erw ärm ung ausdehnte und einen solchen D ruck auf die halberstarrten Massen ausübte, daß sie den Zustand beibehielten, den ihnen die Aus­

dehnung gegeben hatte.

An sich braucht das Schwinden nicht m it Span­

nungserscheinungen v erknüpft zu sein. N ur dann, wenn der Schwindung irgendein Hemmnis entgegen­

tr itt, das sich nicht durch ein Krum mwerden aus­

gleicht, treten diese auf. Die Moleküle lagern sich nich t so, wie es ihren A nziehungskräften entspricht, sondern im Sinne gespannter Federn, die nur auf den Augenblick w arten, in dem sie ihrer S pannkraft folgen können. D ann kom m t es zum Reißen, oft aus geringfügiger Ursache und zuweilen von einem K nall begleitet. E in Sonnenstrahl, ein Regentropfen, eine leichte Berührung m it einem H am m er können genügen, gerade so wie bei katalytischen Vorgängen ein an sich unwesentlicher Vorgang die Einleitung zu einer vollständigen chemischen Umsetzung bildet.

* Vgl. O sa n n : ICceps Schwindungskurven,.St. u. K.

L907,' 18. Doz.. S 1843.

** Vgl. O sa n n : Dio Metallurgie des Gußeisens nach dem Lehrbuch von Wost; St. u. E, 1907, 8. Mai, S. 652.

Im Sinne der oben erörterten Schwindungsvor- gänge liegt es, daß fast niemals ein ganz spannungs­

freies Gußstück erfolgen wird; denn kleine Quer­

schnittsunterschiede werden wohl immer vorhanden sein. Alsdann vollzieht sich der Vorgang in folgender Weise, ganz gleich, ob wir an Eisenguß- oder S tahl­

formgußstücke denken.

Wird z. B. der Q uerschnitt durch eine starke und eine schwache Leiste gebildet, die im rechten Winkel aneinander geheftet sind, so e rsta rrt und schwindet die letztere eher, und es kann der F all eintreten, daß sie sich gewaltsam dabei von dem stärkeren Quer­

schnitt trennt. Das Gußstück reißt noch innerhalb der Form. Dies kom m t selten bei Eisengußstücken, aber häufig bei Stahlform gußstiicken vor. Man spricht von „W arm risson“ , weil sie im Gegensatz zu

„K altrissen“ im warmen Zustande auflreten und durch Anlauffarben gekennzeichnet sind.

K om m t es nicht zum Reißen, so holt die stärkere Leiste schließlich die schwächere ein, aber sie bleibt länger als die andere oder will es wenigstens sein, und nunm ehr en tsteh t Spannung, wenn nicht ein K rum mwerden eintritt, wobei der schwächere Quer- sclinut cue Sehne des Bogens bildet. Jo fester die Formmasse, je verwickelter das G ußstück gestaltet, und je kräftiger es in sich versteift ist, um so m ehr neigt es dazu, seine äußere G estalt beizubehalten, also den Ausweg des Krum mwerdens zu vermeiden und Spannung auzunehmen. Diese entsteht auch bei einfachen Teilen, wenn die Festigkeit der Formmas.se oder die Reibung oder auch ein falsch hergcstcllter Kern die freie Schwindung gehem m t hat.

Sie kann dann, ehe m an es verhindert, zu „ K a lt­

rissen“ führen. K om m t es nicht dazu, so weiß m an niemals, ob nicht eine außergewöhnliche Bean­

spruchung oder ein Zufall später den Riß herbei­

führt. Man denke an ein großes Zahnrad, bei dem die Verschiedenheiten des Arm-, Kranz- und N aben­

querschnittes oft solche Spannung verursachen, daß an den Sprengblechon ein zw eiter Riß klafft. Bei Stahlform guß m it seinem erheblich höheren Schwin­

dungskoeffizient (3,7 bis 2 ,0 % ) ist die Gefahr noch größer. H ier k ann m an aber durch Glühen die Spannung beseitigen. Man-muß nur acht geben, daß das Stück in den Glühofen gelangt, ehe der Riß ein­

getreten ist. Um dies zu erreichen, und um die Spannung m öglichst einzuschränken, wendet m an die bekannten M ittel an.

Zunächst m uß richtig konstruiert worden. Bei dem Zahnrade müssen allzu große Unterschiede der einzelnen Querschnitte vermieden und durch H ohl­

kehlen m it großem Radius sanfte Uebergänge her- gestellt werden. D a aber das Ziel niemals ganz erreichbar sein wird, so m uß man beim Guß die AbkUhlungszcitcn der einzelnen Teile regeln durch Fioim achen, Bioßlcgen, W asserkühlung, Schreck- platten und im äußersten Falle durch Einlegen von D rahtgeflecht, das aufgeschmolzen wird.

Auch auf nicht zu festes Stam pfen kom m t viel an. In der Stahlform gußtechnik h a t man bekannt-

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2138 Stahl und Eisen. Aeußere und innere Spannung in Eisen- u n i Stahlguß. 33. Jahrg. Nr. 52.

licli große F o rtsch ritte gem acht, indem m an n u r eine dünne Schicht feuerfester Masse bestehen lä ß t und m it alter Masse, welche elastisch ist, hinterstam pft.

Auch die Verwendung von K ernen, die unm ittelbar nach dem Guß zerfallen, gehört hierher.

Bei Stahlform guß muß m an den G ehalt an Phosphor, Schwefel, K upfer um so m ehr herunter­

drücken, jo größer die Gefahr des Reißens ist (weicher Stahlguß neigt ganz besonders dazu). Auch soll der M angangchalt nicht zu niedrig sein.

Durch diese: Maßnahmen beseitigt m an die Ge­

fahr der Warmrisso und gleicht auch die Verschieden­

heit des Schwindmaßes m ehr oder m inder aus.

Man kann näm lich einen dicken und dünnen S tab um den gleichen B etrag schwinden lassen, wenn m an bei dem ersteren durch Beschleunigung der A bkühlung nachhilft. Theoretisch lä ß t sich also die E ntstehung von Spannung gänzlich verhindern.

In W irklichkeit ist cs natürlich anders. Die Aus­

gleichung verschiedener Schwindung wird durch die folgende M itteilung verständlich werden

N e u f a n g * h a t einen hohlwandigen Gasmaschi­

nenzylinder von 850 mm 1. W. und 4 m Länge nach dem Gusse beobachtet:

Nach 2 t st war der äußere Zylinder um 7 mm, der innere um 2,5 mm geschwunden;

nach 36 st war der äußere Zylinder um 15 mm, der innere um 10 mm geschwunden;

nach 80 st war der äußere Zylinder um 26 mm, der innere um 23 mm geschwunden.

E s w ar am Schlüsse ein U nterschied von 3 mm ge­

blieben, der unbedingt einen Spannungszustand bewirken m ußte. Um ihn m öglichst zh vermeiden, h a t m an in der Folgezeit den Kern nach einer be­

stim m ten Zeit herausgenommen und dadurch den inneren Zylinder stärker abgekühlt, so daß er gleichen S ch ritt m it dem äußeren hielt und keine Spannung entstand. E s kom m t vor, daß sich äußere Spannung erst beim Bearbeiten zeigt. W ird eine Schicht lier- untergehobelt, so wird das W iderstandsm om ent kleiner, und das Gußstück krüm m t sich.

Wie w irkt das G lü h e n ? Man findet die A n t­

w ort, wenn m an die Erscheinung des Fließens bei einem in die Zerreißmaschine eingespannten Probe­

stabe beobachtet. Man sieht, daß das Eisen vorüber­

gehend die Eigenschaft von Blei oder W achs an­

nim m t und diese Eigenschaft erst wieder verliert, wenn es dadurch eine starke Läugezunahme erfahren hat. Bei gewöhnlicher T em peratur liegt dieses Fließen etw a in halber Höhe der Zerreißlast; bei hoher Tem peratur genügt aber eine ganz geringe Last. D arin liegt die K unst, die Tem peratur im Glühofen so einzustcllcn, daß die geringste In a n ­ spruchnahm e, wie sie durch die überall am Stück angreifendon Spannungskräfte gegeben ist, genügt, um Verlängerungen auszulösen. Das Eisen setzt dabei keinen W iderstand entgegen; es ist wie Wachs.

Der Zufall kann es ja wollen, daß das Gußstück formgerecht und gerade den Glühofen v erlä ß t; dann

* St. u. E. 1008, 8. April, S. 513.

h a t sich Plus- und M inus-Spannung oder Zug und D ruck ausgeglichen, aber es ist das wahrscheinlichere, daß ein Verziehen eintritt, was m an in den Kauf . nehmen muß.

Bei Gußeisen kennt m an kein Fließen, nicht einm al eine nennenswerte Dehnung am Ende des Zerreißversuchs. H ier lassen sich also keine Gli'ih- vorgänge ausführen, obwohl m ancher Gießer wohl schon Umschau gehalten h at, um zu erfahren, was gegen das Reißen eines großen Zahnrades oder einer Riomscheibo oder einer Kollergangsplatte zu machen sei. Vielfach h at dieser Ausblick dazu geführt, s ta tt Gußeisen Stahlfonnguß anzuwenden. Dem Eisen­

gießer bleibt also nichts anderes übrig, als die oben­

erw ähnten Hilfsm ittel anzuwenden. Gußeisen setzt allerdings auch einen viel größeren W iderstand dem Reißen entgegen als Stahlformguß. W enn eben gesagt wurde, daß Eisengußstücke n ich t geglüht werden können, so ist dies nicht im vollen Umfange richtig. Tem perstahl- und schmiedbare Gußstücke werden geglüht. H ier handelt es sich allerdings um eine chemische Umwandlung, welche zur Tcmper- kohleausscheidung, auch zu einer Verminderung des Kohlenstoffgehaltes fü h rt; aber unzweifelhaft kom m t es auch bei diesem Glühen zu einer Verminderung oder Beseitigung der Spannung, welche bei dem weißen Bruchgofüge und der hohen Schwindungs­

ziffer sehr groß ist und sich bei unvorsichtiger H and­

habung des Betriebes sogleich in einem Reißen äußert, Mit der Temperkohleausscheidung werden wir uns hernach noch zu beschäftigen haben.

Noch eine andere Ausnahme b esteht: Die am erika­

nischen Eisenbahnwagenräder* werden unm ittelbar nach dem Guß ganz oberflächlich vom Saude gereinigt (die Eingüsse sind vorher abgeschlagen) und in Tempergruben zu 10 Stück aufeinandergetürm t. Die Grube 'wird m it einem Deckel dicht geschlossen.

Diese aus feuerfesten Steinen gem auerten kreis­

runden Gruben nehmen, ebenso wie Durcliweichungs- gruben, die ausgestrahlte W ärme der rotglühend ein­

gesetzten R äder auf und geben sie später wieder ab, wenn die R äder kälter geworden sind.

Man kann den Vorgang auch in folgender Weise darstellen: die R äder sind im Innern noch flüssig, außen bereits kalt. N unm ehr wird dio Ausstrahlung durch die Gegenwärmestrahlung der W ände der Gruben gehemmt, und es findet ein W ärmeausgleich zwischen außen und innen sta tt. Die R äder bleiben v ier bis fünf Tage in den Gruben und sind dann kalt.

K urz nach dem Einsetzen beobachtet m an ebenso wie bei Stahlblöcken ein Aufleuchten der Oberfläche.

Die R äder sind nunm ehr befähigt, die außer­

ordentlich scharfen Abnahmeprüfungen zu bestehen.

E s werden einige R äder herausgegriffen und so, wie sie sind, m it Roheisen umgossen. Sie dürfen dabei nicht springen. D ann worden Schlagversuche unter einem Fallwerk angestellt, bis die Zertrüm m erung

* Vgl. O sa n n : D ie Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen 1906, Abhandlungen, S. 198/221.

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25. Dezember 1913. Aeußcre und innere Spannung in Eisen- und Stahlguß. Stahl und Eisert. 2139 erfolgt. Ein Glühen in dem oben beschriebenen

Sinne ist es nicht, aber m an kann sieh vorstellen, daß die Abkühlung auf diose Weise streng geregelt wird und nicht einige Teile des Gußstücks früher, andere später abkühlen und doshalb verschieden schwinden.

Sind nun die Querschnittsformen und Abrun- dungskurvon von vornherein m it der peinlichsten Sorgfalt und nach Ergebnissen großer Versuchs­

reihen entworfen, so kann man sieh denken, daß tatsächlich keine äußere Spannung im Rade besteht.

Aber die R äder haben ganz hervorragende Festig- keitsoigonschaften durch das Glühen erhalten. Man könnte ja sagen: weil eben jede Spannung ver­

schwunden ist. Aber es ist wahrscheinlich, daß im Inneren Veränderungen eingetreten sind, bei denen sich Gefügebestandteile, vielleicht unter Zerlegung chemischer Verbindungen, ausgeschieden haben und dadurcli eine Gleichgewichtslage geschaffen ist;

dann ist auch die innere Spannung beseitigt. Nun­

m ehr soll uns diese beschäftigen. Wir müssen zu­

nächst den Begriff der „U nterkühlung“ heranziehen.

B ekanntlich kann m an Wasser u nter den Gefrier­

p u n k t abkühlen, wenn m an jede E rschütterung forn- hält. Bei der geringsten E rschütterung tr i t t aber E is­

bildung plötzlich durch die ganze Masse hindurch ein.

Das Eis sieht aber dann anders aus wie dasjenige, welches langsam entstanden ist. Es ist ein am orpher Körpor und läß t ebensowenig wio Glas Kristalle er­

kennen. Allen so plötzlich erstarrten Körpern wohnt eine S p a n n u n g inne. Die Moleküle sind in einer Zwangslage, gespannten Federn vergleichbar, fest- gehalten. Ein Stoß geringfügiger A rt fü h rt oft eine vollständige Trennung herbei.

Lösungen oder Schmelzen neigen in verschiedenem Maße zu U nterkühlungen. Flüssiges Roheisen neigt m ehr zur U nterkühlung als Flußeisen. Solches, das viel Mangan enthält, neigt außerordentlich dazu.

Es lä ß t sich tief u n te r den Schm elzpunkt kühlen und ersta rrt dann plötzlich, ohne Zeit zu finden, seine Gofiigebestandteile in Kristallen spannungslos an- zuordnen. Solches Eisen — es handelt sich also um weißes graphitfreies oder graphitarm es Eiseil — ist spröde und reißt leicht. W ird der Mangangehalt etwas höher, so ist es infolge dieser Spannung über und über m it Rissen durchsetzt, in welche der Sauer­

stoff der L uft eindringt und Oxydschichten erzeugt.

So sind dio Anlauffarben bei allen weißen Rohoisen- gattungen zu erklären, dio besonders g u t bei Stahl­

eisen, Spiegeleisen und Ferrom angan ausgeprägt sind. Bei Ferrom angan besteht zuweilen die eigen­

tüm liche Erscheinung, daß es zu P ulver zerfällt, wenn m an es nicht u n te r Dach aufbewahrt. Sonne und Regen müssen abgehalten werden — w arum ? — weil Spannungen vorhanden sind. Es bedarf nur eines leisen Anstoßes, um sie in W irkung treten zu lassen. Als Anstoß genügt aber die geringe Tem pera­

turänderung infolge eines Regentropfens. Ander­

seits lä ß t sich ein Gußstück aus Spiegeleisen durch Verschleppung der Abkühlung zu einem außer­

ordentlich festen, dabei sehr harten Gußstück um ­ gestalten. Dem Verfasser* gelang es, indem er den Sclimelztiegel im Ofen, u nter Zugabe von B raun­

kohlenbriketts, ganz langsam erkalten ließ, dio E r­

starrung so zu verschleppen, daß ein spannungs­

freier Eisenkörper erfolgte, dessen Oberfläche m it abgeschiedenem G arschaum graphit bedeckt w ar, und das auch im Bruchgefüge starke G raphits abscheidung zeigte. H ier h atte die Absebeidung des Graphits zu der natürlichen Lagerung der Moleküle geführt. Das Gußeisen w ar außerordentlich fest und zähe. Tatsächlich wurde auch ein Fallbär, u nter Benutzung der verschleppten E rstarrung, aus m angan- reicher G attierung m it bestem Erfolg in einer holländischen Gießerei hergestellt.

D er Schmelzversuch ist außerordentlich lehrreich.

Es sind Spannungen beseitigt, die wir als innere be­

zeichnen müssen, und die m it den äußeren S pannun­

gen infolge von Schwindungserscheinungen nichts zu tu n haben.

D enkt man an schmiedbaren Guß, so gelangt m an auf diesem Wege zu einer E rklärung des Um­

standes, daß durch das Tempern Gußstücke erzielt werden, die frei von jeder Sprödigkeit sind, ja noch mehr, eine Verschiebung der Moleküle gestatten, ohne ihren Zusammenhang zu verlieren, d. h. dehnbar und schm iedbar sind. Das für ihre H erstellung ver­

wendete weiße Roheisen neigt zur U nterkühlung;

durch Glühen wird sie wieder beseitigt, indem gleichzeitig der Kohlenstoff in d ie Zustandsform gelangt, welche dem spaimungslosen und dehnungs­

fähigen Zustande entspricht, d. h. in die Form der Temperkohle. Auch wenn es sich nicht um die Roh- eisenzusammerisetzung handelt, wie sie dem schmied­

baren Guß entspricht, kann doch etwas Temperkohle durch Glühen ausgeschieden und die Sprödigkeit ge­

nommen werden. ( W ü s t gelang es, das Einguß- stiiek eines Dampfzylinders zu schmieden.) Tempcr- kohle wird zweifellos auch neben G raphit bestehen können, wenn auch dio Technik des Tem perstahl­

gusses ein graphitarm es oder nahezu graphitfreies Gußeisen v e rla n g t

Leider scheitern alle Untersuchungen auf dem Wege zur Temperkohle an der Unm öglichkeit, Temperkohle und G raphit durch chemische H and­

griffe zu trennen. W ir tappen deshalb im Dunkeln und können n ur Vermutungen aussprechen. W ir sagen imm er „ G rap h it“ und m üßten von Rechts wegen „G rap h it + Temperkohle“ sagen.

W ir wissen, daß die Graphitausscheidung etwas unterhalb der E rstam m g stem p eratu r einsetzt und bald ihren Abschluß erreicht, die Temperkohle­

ausscheidung in viel niedrigerer T em peratur und viel langsam er vor sich geht, und daß Temperkohle viel feinkörniger als G raphit ist. Vielleicht g ib t der G ehalt an Temperkohle bei einigen Gußstücken die E rklärung für ihre 'ausgezeichneten physi­

kalischen Eigenschaften.

* St. u. E. 1907, 23. Okt.. S. 1529; 1910, 4. Nov., S. 1018.

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2140 Stahl und Eisen. Aeußere und innere Spannung in Eisen- und Stahlguß. 33. Jahrg. Nr. 52.

D azu gehören auch die erwähnten E isenbahn­

w agenräder aus H artguß. E s kann unmöglich Zufall sein, daß solche G ußstücke ganz oder zum großen Teil aus Holzkohlenroheisen hergestellt werden.

Liegt die Sache vielleicht so, daß im Holzkohlen­

roheisen der Kohlenstoff in einer anderen Form gelöst ist, die leichter zur E ntstehung von Temperkohle fü h rt? D as wäre nicht unmöglich. Die T em peratur ist im Holzkohlenhochofen viel niedriger, und Holz­

kohle v erhält sich beim Zementieren auch ganz anders wie Koks. Auch nim m t das ELsen im Holz­

kohlenhochofen bei gleicher chemischer Zusammen­

setzung tro tz der niedrigeren T em peratur viel m ehr Kohlenstoff auf. E s zeigt auch einen feinkörnigen Bruch, wie er bei Koksroheisen für Gießereizwecke n u r bei Ansfalleisen b e s te h t Das alles d eu tet auf große Unterschiede bei den Kohlungsvorgängen.

W ir wissen ja nicht, in welcher Form oder Verbin­

dung der Kohlenstoff in flüssigem Eisen gelöst ist.

Die Behauptung, daß es Eisenkarbid sei. ist nach H e y n , dem wir den Nachweis der Graphitausschei- dung nach der E rstarrung verdanken, durch nichts bewiesen. B ejaht m an die obige Annahm e, so h ä tte man die E rklärung für die Ueberlegenheit des Holz­

kohlenroheisens, nach der wir imm er s u c h e n / Hochofenleute, welche den alten Holzkohlen­

hochofenbetrieb auf Gußwaren kennen, werden imm er seltener, und so kom m t es, daß es schwer fällt, diese Vorzüge den F achleuten klarzumachen.

W enn m an aber an die amerikanischen H artguß­

räder, an gußeiserne Geschützrohre, an H artguß­

walzen für edle Zwecke, auch an Stahlwerkskokillen aus Holzkohlenroheisen denkt, so kann m an sich doch einen Begriff davon machen. Bei den H artguß­

stücken ist eine sehr große Oberfiäehenhärte m it großer mechanischer Festigkeit gepaart.

E ine bem erkenswerte Tatsache ist noch zu be­

richten: Als m an einmal die mehrfach erwähnten amerikanischen H artgußräder* in überhitzten Gruben glühte, wurde die Tem perkohleausscheidung so stark, daß die Eigenschaft der D ehnbarkeit und Schmied­

barkeit zutage tra t. Dieser Vorgang gab Veranlassung zu E r'in d u n g des H erstellungsverfahrens der Biack- heart-G ußstüeke, d. h. in Sandpaekung geglühter G ußstücke besonderer Zusammensetzung. So weit braucht und darf es für gewöhnlich nicht kommen, aber es kann doch in den Glühgruben so viel Tem­

perkohle ausgeschieden werden, daß das Gleich­

gewicht hergestellt oder, m it anderen W orten, die

„innere S pannung“ beseitigt ist. Die Zusammen­

setzung der H artgußräder p a ß t auch ganz gut, denn es ist wenig Silizium und Mangan vorhanden.

Auch gußeiserne G eschützrohre und die edelsten H artgußw alzen haben geringen M angangehalt, und wenn diese Teile auch nicht geglüht werden, so wäre es imm erhin denkbar, daß die schon während des langsam en Abkühlens erfolgende Temperkohleaus- scheidung dadurch begünstigt würde.

-* VgL O sa n n : Ueber Feistigkeit des Gußeisens.

St u. t L 1902, 15. Not., S. 1236, ~

L äß t man Gußstücke in der Form erkalten oder verzögert ihre Abkühlung in anderer Weise, z. B.

durch Einstellen in die in der G utehoffnungshütte eingeführten L o e h n e rs c h e n Trockengruben, so er­

fahren sie eine Gefügeverbesserung, die sich gerade bei Stahlwerkskokillen bem erkbar m acht. Sind bloß äußere Spannungen beseitigt? Auch bei so ein­

fachen Teilen wie Stahlwerkskokillen kann durch beschleunigte A bkühlung an der Außenfläche stärkeres Schwindmaß entstehen und zu äußerer Spannung führen. Aber es ist auch denkbar, daß die K ristalle Zeit haben, sich in einer ungezwungenen Lage anzuordnen. Vielleicht scheidet sich auch Temperkohle aus oder der ausgeschiedene G raphit ist feinkörniger und gleichmäßiger im Q uerschnitt verteilt; dann wäre ein Teil der Gefügeverbesserung auf die beseitigte innere Spannung zurückzuführen.

Bei Stahlform guß und Schmiedestücken h a t man sehr viel m it der Beseitigung innerer Spannung zu tun. Dies äußert sich darin, daß man beim Glühen nicht allein die äußere Spannung entfernt, sondern auch das Gefüge verbessert. Um ersteres zu tun, genügt wohl meist schon eine T em peratur von 600° G oder wenig höher, aber um die innere Spannung zu beseitigen, m uß m an höher erhitzen.

E s besteht eine Beziehung zum Kohlenstoff und M angangehalt im Zusammenhänge m it den kritischen P unkten des Eisens. Nach O b e r h o f f e r* kann m an den P u n k t Ac* (den obersten H altepunkt) zu­

grunde legen, um die G l i i h t e m p e r a t u r f ü r S t a h lf o r m g u ß s tü c - k e zu finden, m uß allerdings berücksichtigen, daß M angan und andere Körper den H altepunkt erniedrigen. Man kom m t z. B. bei einer Zusammensetzung von 0,27 % C, 0,88 % Mn, 0,28 % Si atif 846“ C. Tatsächlich h a t der Ge­

n annte bei 8 5 0 0 C die gleichmäßigste und feinste F e r r i t k o r n b i l d u n g gefunden. Glühte man bei ge­

ringerer Tem peratur, so bestand noch grobkörniges, martensrtisches Gußgefüge (sich kreuzende Nadeln).

Glühte man bei höherer Tem peratur, so bestand auch wieder gröberes Korn.

1 Nach H e rro n * * soll die G lühtem peratur etwas oberhalb des H altepunkts hegen, und zwar bei einem Kohlenstoffgehalt unter

0,12% bei 875 bia 9 25° C, 0,12 bia 0 ,2 9 % „ 840 „ 870° C, 0,30 „ 0,49 % „ 815 „ 840° G.

Diese Tem peraturen gelten für gewöhnlichen M angan- gehalt. Bei höherem M angangehalt soll die Glüh­

tem peratur niedriger sein.

Die von Oberhoffer m itgeteilten Gefügebilder lassen deutlich erkennen, daß das Gußgefüge voll­

ständig verschwunden und einem gleichmäßigen K om gewichen sein muß. Aeußerlich drückt sich dies durch Verbesserung der Festigkeitseigenschaften aus. Oberhoffer fand v o r und nach dem Glühen bei 850* C und nachfolgendem langsamem Abkühlen ohne

* VgL S t. n. E. 1912. 30. Mai, S. 889.

** VgL S t u. E. 1912, 7. März. S. 407.

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2.7. Dezember 1912. A eußere und innere Spannuns/ in Eisen- und Stahlguß. Stahl und Eisen. 2141 Sprung) eine Zerreißfestigkeit von vorher 47, nach­

her 52 k% Fließgrenze 23 bzw. 28 kg/qm m , Dehnung

8 bzw. 22 % , K ontraktion 14 bzw. 29%. Das Bruch­

gefüge w ar dem des sehnigen Schmiedeisens gleich.

Die in der Praxis genannten Temperaturzahlen widersprechen sich vielfach, was auch nicht über­

raschen kann, da die gewöhnlichen Anforderungen m eist schon bei weniger sorgfältig geführtem Glühen erreicht werden. Auch greifen oft Werke zu höheren Tem peraturen, um ein schnelleres Eindringen der W ärme in das Innere der Gußstücke zu begünstigen, also um an Glühzeit zu sparen. Aber man kann aus einer Zusammenstellung der verschiedenen W erte doch schließen, daß die meisten Werke 800 bis 1000° C für die richtige Tem peratur halten. Die höchste angew andte T em peratur ist 1050° C. Bei h ärte re r Beschaffenheit gilt eine Tem peratur, die der unteren Grenze näher liegt. Wahrscheinlich ist 850° C u nter gewöhnlichen Verhältnissen das Richtige, "j

Bei allen diesen Glühverfahren ist es sehr wichtig, daß auch der kleinste Luftzug abgehalten wird.

Eine gute Sandabdichtung ist unerläßlich. Jede Zug­

luft, die durch einen S palt eindringt, kann Spannung und Gefügeveränderung im Gefolge haben. B ringt man die Stücke noch gußwarm in den Ofen, so kann man an Glühzeit sparen, in einem Falle ergab sich eine G esam tdauer von 28 S tunden s ta tt 80 Stunden.

H a t m an sehr schwierige Abnahmebedingungen zu erfüllen, so m uß m an „ V e r g ü t e n “ , d. h. Ab­

schreckverfahren unter nachträglichem Anlassen, einführen. Bei S c h m i e d e s t ü c k e n hält man auf eine bestim m te, vorher genau zu erm ittelnde Tempe­

ra tu r; dann wird in Oel oder W asser abgeschreckt und u n te r Zugrundelegung einer wiederum genau zu regelnden A nlaßtem peratur geglüht. Schließlich läßt man das S tück im Ofen erkalten.

Dieses Verfahren ist nicht für G u ß s tü c k e üblich.

Wan begnügt sich m it einem Tem peratursturz im Glühofen. Ein W erk v erfährt dabei folgender­

m aßen: Man öffnet den bis auf 820° C gebrachten Glühofen und läß t die T em peratur auf 550" C fallen.

D ann schließt man den Glühofen und läßt die weitere A bkühlung in gewohnter Weise erfolgen. Wenn es irgend angeht, wird dabei das Stück aus dem Glüh­

ofen herausgezogen und der Tem peraturabfall durch ein Le-Chatelier-Pyrometer, das ohne Umhüllung in ein vorher gebohrtes Loch eingesetzt wird, abgelesen.

Inzwischen ist auch der Ofen so behandelt, daß er auf 550° C abgekühlt ist. N unm ehr bringt man das Stück wiederum in den Ofen und lä ß t es in gewöhn­

licher Weise erkalten.

W ürde man die Abkühlung bis zum E rkalten außerhalb des Glühofens vor sich gehen lassen, sowürde man w ieder äußere Spannungen hineinbekommen;

denn an der Außenfläche erfolgt schnellere Abkühlung und deshalb stärkere Schwindung als im Inneren.

Die W irkung solcher Verfahren zum Vergüten der Gußstücke wird verständlich, wenn m an sich folgende Erscheinungen vergegenw ärtigt: E rh itzt man Eisen lange Zeit über 900° C hinaus, so wird es spröde.

Man h at das Eisen überm üdet. Kesselbleche können dadurch so spröde werden, daß man eine Ecke m it dem H am m er abschlagen kann. Gegen diese Sprödigkeit hilft entweder Erhitzen auf 1000" C und starke mechanische B earbeitung oder Erhitzen auf hohe Tem peratur und Abschrecken. In unserem Falle h a t das langsame Abkühlen der Gußstücke in der Form eine solche U eberm üdung bew irkt und das Gefüge nachteilig beeinflußt, was bei sehr hohen Anforderungen an das M aterial zur Geltung kom m t.

Wie dem auch sei, man m uß durch ein Abschrecken den Molekülen einen Stoß versetzen, dam it sie sich, aufgerüttelt aus ihrer Trägheit, so lagern, wie es die Anziehungskräfte zwischen ihnen wollen.

Eine auffallende Tatsache besteht insofern, als Schmiedestücke von vielfach gleicher chemischer Zusammensetzung eine ganz andere Behandlung beim Vergüten erfahren müssen wie Gußstücke. Man erhitzt erstere nur so weit, bis der unterste H alte­

p unkt Aci erreicht ist, besser gesagt, bis der Perlit vollständig verschwunden ist, schreckt dann u n ­ m ittelbar in Oel oder W asser ab und lä ß t an. Die A nlaßtem peratur ist sehr verschieden und rich tet sich ganz nach den zu erzielenden Eigenschaften und der N atu r der Schmiedestücke.

N äher auf diese Vorgänge einzugehen, ist hier nicht sta tth a ft. E s sei nur auf die Einw irkung mechanischer Bearbeitung hingewiesen, welche n atu r­

gemäß eine ganz andere Anordnung der Moleküle im Gefolge haben muß.

Es ist auch zu beachten, daß Oberhoffer nicht ein eigentliches Vergüten ausgeübt h at, er hat „ohne S prung“ abkühlen lassen. Leider ist es bis je tz t nicht au'g ek lärt, was der obere H altepunkt m it der Gefügeveränderung zu tu n hat. W ir müssen uns hier an die Erfahrungsergebnisse halten.

Zum Schluß sei noch ein Hinweis gegeben: Be­

ansprucht man Eisen- und Stahlgußstücke bei ihrem Gebrauch durch Erw ärm en und noch m ehr durchTem - peraturwechesel, so werden sich äußere und innere Spannungen ganz besonders bem erkbar machen.

Ich b itte die M änner der Praxis, darüber nachzu­

denken, ob man nicht in den angedeuteten R ich­

tungen bei der H erstellung solcher G ußstücke zu F ortschritten gelangen kann.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Aeußere Spannung tr i t t auf, wenn die Schwindung gehem m t wird oder in verschiedenen Teilen des Q uerschnitts verschieden ist. E s werden die Gegen­

m aßnahm en besprochen. Innere Spannung besteht, wenn die Moleküle nicht so gelagert sind, wie es dem inneren Gleichgewicht entspricht. Die Aus­

scheidung der Temperkohle, des G raphits, die Ge­

fügeverbesserung durch Glühen, gegebenenfalls u n te r Anwendung eines Tem peratursturzes, kennzeichnen die Beseitigung innerer Spannung.

E s wird auf G rund des Gegensatzes zwischen Tem perkohle und G raphit eine H ypothese zur E r­

klärung der hervorragenden Eigenschaften des Holzkohlenroheisens aufgestellt.

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2142 S tä h l u n d B isen. D ie W erihtrvjinuw j i n Oießtrtiviv.*n. %%. Jahrg. Fix. 52,

D ie W ertberechnu ng im G ieß ereiw esen .

Von F abrikorganisator R i c h a r d D ö ll in Köln,

( S c h l u ß von Seite IS ßii)

W

ir wollen nnn die Aufteilung der U nkosten (ygl. Zahlentafel 1 au f S. 1966 7) näher be­

trachten, H ierbei spielt nicht n u r die möglichst rich­

tige V erteilung, sondern auch die Reihenfolge eine wichtige Bolle. Kein B etrieb darf auf Kosten oder zugunsten eines anderen B etriebes verbilligt oder v erte u ert werden.

Ich verfolge in meiner P ra x is die hier w'ieder- gegebene Beihenfolge:

Zuerst wird die A r b c i t e r v e r s i c h e r u n g v erteilt und dann die einzelnen Posten, wie sie in der Tafel nacheinander aufgeführt sind. H ier findet sich u n te r „W eih un d H andel“ ein G esam tbetrag von 26 000 »ft, in dem die A rbeiterversicherung m it 3300 »ft angeführt i s t Diese 3300 »ft werden nun auf die einzelnen B etriebe v erte ilt, u n d zw ar im V erhält­

nis zum Lohn.

D ie K osten für D a m p f k e s s e l setzen sieh zu­

sammen aus A bschreibungen, unproduktiven Löhnen usw. Vom D am pf wird ein Teil für die Heizung, ein anderer fü r die K ra ft v e rb ra u c h t D er U nterschied der Kohlenbosten von W inter und Som m er ergibt, roh genommen, das V erhältnis fü r die Heizungskosten.

N atürlich lassen sich diese auch genau festst eilen.

Ich habe in der Tafel 7628 .ft auf K ra ft und 650 .ft auf die H eizung v e r te ilt

Bei der K r a f t a n l a g e m üssen die K osten für die Transm issionen und die Riemen mitbeTficksxch- tig t werden, und nun werden die O esam tbosten der K raftanlage nach 3faßgabe der für jeden Betrieb gebrauchten K ra ft, also P ferdekräfte x Verbraoehs- stunden, v e r te ilt W ichtig Ist, daß m an sich War­

m acht, daß diese V erteilung stets den wirklichen Ver­

hältnissen entsprechen m uß. D aß dies nicht im m er leicht ist, zeigt folgender F a ll: E in B etrieb sei in v ier Abteilungen gegliedert, von denen A bteilung A 25, B 30, C 35, D 10 Anteile verbraucht. J e tz t soll der B etrieb D m it zehn Anteilen ausfallen, wie es z. B. in einer chemischen F abrik der Fall w ar, die ich bear­

beitet habe. W as m nß nun geschehen ? Sollen die übrigen B etriebe diese K raftkosten m it übernehm en?

D a weigern sie sich m it R ech t; sie sagen: „W arum sollen wir je tz t te u re r arbeiten als frü h e r?“ Man m uß in solch einem F alle den AnsfaD als V erlust buchen. Im übrigen em pfehle ich, stets fü r die ein­

zelnen B etriebe die K ra ft zn indizieren. D urch das Abschätzen werden häufig sehr große F ehler begangen.

In unserer Tafel seien die K osten der K raftanlage m it 9605 M angenommen. D ie VerteOnng « fo lg t, wie angegeben, m it 2500 JC für Schmelzen», 1000 Jt für Sandauffeeiritong usw.

In gleicher Weise m uß der V erbrauch fü r die B e l e u c h t u n g verteilt w erden. W ird d er Strom von einem Bernden K raftw erk bezogen, dann • er­

scheinen die Aufwendungen u n te r „B efriebam aterial“ , D o rt erscheint auch die U nterhaltung der Beleuch­

tungskörper, dagegen U n terhaltung der Leitungen und die Kosten der R eparaturen u nter „R epara­

tu ren “ . N atürlich müssen die Anzahl d er Lam pen und die B renndauer der Lam pen genau festgestellt werden. Die Kosten d er B eleuchtung erreichen den B e trag vo n 3750 »ff. Nach dem G rundsatz, daß jeder B etrieb so belastet werden soll, wie sein wirklicher Anteil daran sich stellt, ergibt sich nach den vor­

stehend entwickelten G rundsätzen für die Verteilung, daß 50 »ff auf die Schmelzerei, 50 »ff fü r die Sand­

aufbereitung, 1000 »ff für die Form er, 100 ,ff für die K ernm acher. 100 »ff für die P u tzer, 250 .ff für Tischlerei, 1600 J f für M aschinenfabrik, 50 .ff für K raftanlage, 1000 .ff auf allgemeine Fabrikations- Unkosten, 150 »ff für L ager un d 300 .ff für K ontor zu nehmen sind.

Bei der H e iz u n g rich tet m an sich am besten nach deT Boden fläche. Aber auch die verlangte T em peratur spielt eine Rolle. D ie F ab rik wird nich t so s ta rk ge­

heizt zu w erden brauchen wie die Bureaus. Im all­

gemeinen wird aber schon die F läche einen hin­

reichend guten M aß-fab für die V erteilung ergeben.

N un kom m t eine A rt d er U nkosten, die ich als

„ U n k o s t e n a u f d a s G e w ic h t“ bezeichne; das sind die K osten des E ntladens u n d des Verladen?. H ier­

u n te r fallen auch F uhrw erk, Geschirr, Fraehiauslagen u n d Löhne für den T ra n sp o rt Je d e W are m uß für die F ra c h t, die für die Herbei-chaffung erforderlich ist, b elastet werden. E? ist durchaus falsch, d aß m an ein allgem eine1 F raeht-U nkorfenkonto führt. Man soll such bei den Oewichfekosten berücksichtigen, daß W erkstätten, die ungünstig liegen, riefet m it den GewicfetstranspOTtkosten belastet werden, die Wegfällen w ürden, wenn der B etrieb einen günstigeren P la tz erhalten würde. D enn schließlich m uß doch in jedem W erke ein Betrieb ungünstiger liegen als die anderen. F ü r diese m der N a tu r der Anlage be­

gründete Verschiedenheit d arf ich ab e r diesen Be­

trie b nich t ungünstiger stellen. H ieru n ter fallen auch die Kosten fü r K rane und Hebezeuge. Diese Maschinen sind nich t dazu da, den Betrieb zu ver­

teuern. sondern sie sollen ihn verbilligen. E in Meines S tü ck wird vielleicht verhältnism äßig höhere Beför­

derungskosten beanspruchen als ein größeres S tück.

D as k ann m an aber nich t so haarscharf auseinander- haften. Ich gehe so vor, daß ich einen S atz erm ittle, der außer F rachtkosten au f die ankom m enden W aren unm ittelbar beim E inkauf aüfzureehnen ist. D ieser B etrag wird dem gesam ten Kostenbetrag; des Betriebes v orab schon gutgeschrieben. W enn also z. B . eine W arenkosienrechinrng em länft, dann sage ich, die W are_kosiet la u t R echnung so und se

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