• Nie Znaleziono Wyników

Theologisches Literaturblatt, 21. Dezember 1900, Nr 51.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Theologisches Literaturblatt, 21. Dezember 1900, Nr 51."

Copied!
8
0
0

Pełen tekst

(1)

XXI. Jahrgang. Nr. 51. L e i p z i g , 21. Dezember 190(X

Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegebeD von

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

Erscheint jeden F reitag. Expedition: Königsstrasse 13.

Abonnementspreis vierteljährlich 2 Jt>. 50 Insertionsgebühr pr. gesp. Petitzeile 30 /$ .

D river, S. K., T h e Book o f Daniel with intro­

duction and notes.

Heinrici, Dr. C. F . Geo., Der zweite B rief an die Korinther.

Chajes, Dr. H . P ., Markus-Studien.

ReinJte, Dr. J., Die W e lt als That.

Döring, P . Paul, Morgendämmerung in Deutsch- Ostafrika.

Koetsveld, C. E. van, Ernste Novellen.

B eecher-S tow e, H arriet, Des Predigers Braut­

werbung.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Eingesandte Literatur.

Um ungesäumte Erneuerung des Abonnements ersucht die Verlagshandlung.

D riv e r, S. E. (Dr. Theol., Regius Professor of Hebrew in the University of Oxford), T h e B o o k o f D a n ie l w ith in tr o ­ d u c tio n a n d n o te s (The Cambridge Bible for schools and Colleges). Cambridge 1900, at the University Press (CVI, 215 p. kl. 8); gebunden 2 sh. 6 d.

Eine Publikation von Driver anzuzeigen, ist allemal ein Vergnügen. Denn jede zeigt die zuverlässige Solidität seiner Gelehrsamkeit und die nüchterne K larheit seines Urtheils in immer neuem Lichte. Dies ist auch bei der jetzt von ihm vorgelegten Arbeit im vollsten Masse der Fall, obgleich sie in den Rahmen eines grösseren literarischen Unternehmens, der sogen. „Cambridger Bibel“, eingefügt ist.

Denn was alles h at er schon in der „Einleitung“ seiner A rbeit zu bieten verstanden! Da werden z. B. die biblischen nnd nachbiblischen Nachrichten über Daniel bis zur Erzählung des Eenjamin von TufleTä reproduzirt, der um 1160 die Stadt Susa besuchte und dort eine Gemeinde von 7000 Juden mit 14 Synagogen und dem Grabe Daniel’s fand. Dieses ist auch auf einem anschaulichen Bilde der Umgebung von Susa nach der Zeichnung von Loftus (1857) vorgeführt. W eiterhin ist die Abfassung des Buches Daniel nach allen Seiten beleuchtet und mit allen Kautelen beurtheilt. Endlich ist in der Ein­

leitung mit besonderer Genauigkeit über Gottesreich, Aufer­

stehung, Engel und A ntichrist gehandelt. — Die Einzeler­

klärung ist selbstverständlich schon deshalb in allen ihren Theilen wichtig, weil sie von einem solchen Kenner der sprach­

lichen Wissenschaft stammt, wie der „Regius Professor linguae hebraicae“ in Oxford bekanntlich ist. Es war ihm aber nicht genug, den Text zu übersetzen und betreffs aller Einzelheiten grammatisch und historisch zu erläutern. E r hat auch noch acht Exkurse eingeschaltet. Unter ihnen ragen folgende ganz besonders hervor: über die Bezeichnung „Chaldäer“ ; über die vier Reiche von Dan. 2 und 7; über den Ausdruck „einer gleich eines Menschen Sohn“ (7, 13); über die Ruinen von Susa (8, 2); über die W eissagung von den 70 Jahrwochen (9, 2 4 —27) und über den Ausdruck „der Greuel der Ver­

w üstung“ (9, 27; 11, 31; 12, 12; 1 Makk. 1,54; Matth. 24, 15).

Ein Anhang über eine pergamenische Inschrift und reich­

haltige Indices schliessen das Buch, und auch wir lassen hiermit unsere Besprechung geschlossen sein, so verlockend es auch ist, das eine oder andere Thema herauszugreifen und

weiter auszuführen. p j

H e in ric i, Dr. C. F. Geo. (K. P r. K onsistorialrath, o. Prof. d.

Theol. a. d. Univ. Leipzig), D e r z w e ite B rie f a n d ie K o r in th e r , mit einem Anhänge: Zum Hellenismus des Paulus (kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament VI. Abthlg.). Göttingen 1900, Vandenhoeck

& Ruprecht (VIII, 463 S. gr. 8). 6. 20.

Bei der dritten Bearbeitung der Korintherbriefe in der Fortsetzung des alten M e y e r schenkt uns je tz t H e i n r i c i ,

vier Jahre nach seiner E rklärung des ersten, eine neue Arbeit über den zweiten. Ref. bediente sich soeben des Wortes

„schenken“ in vollem E rnste, da H e i n r i c i uns nicht eine durchgesehene Wiederholung der 1890 und 1883 erschienenen sechsten von seiner Hand gelieferten Abtheilung des Hand­

buchs M e y e r ’s, sondern ein in vielen Abschnitten neues und sorgfältiges W erk bietet, gleichsam den gemeinsamen Erben der M e y e r ’schen Arbeit und des von ihm (Berlin, Hertz) 1887 herausgegebenen Kommentars zu diesem Briefe.

Die Vermehrung des Umfanges dieser neuen Ausgabe von 417 bis auf 463 Seiten würde dem Ref. dies Urtheil nicht abzulocken vermögen. Denn das immer weitere Hinausfluthen der einzelnen Abtheilungen des ursprünglichen M e y e r über seine früheren Grenzen ist bedenklich. Bei seinem früheren Umfange eigneten sich seine meisten Abtheilungen zum Hilfs­

mittel bei der für Studirende dringend nothwendigen Durch­

arbeitung des gesammten Neuen Testaments. Seine derartige Benutzung ist mit jeder neuen Auflage unmöglicher geworden.

Und zur Vorbereitung auf Predigten reicht diese A rt von Kommentaren nach ihrer Anlage und ihrem Zweck nicht a u s;

wer da mit ihnen durchzukommen w ähnt, der dürfte bald erfahren, dass er selbst bei einigem rhetorischen Fonds volle Kirchen leer zu predigen Gefahr läuft. Nun ist H e i n r i c i aber in den erklärenden Partien seiner Arbeit mit den E r­

weiterungen sehr haushälterisch gewesen, und zu denen in den exkursartigen Anmerkungen, in der Einleitung (S. 1— 58) und im Anhänge (S. 43 6 — 458), w ar er durch die wissenschaftliche Lage genöthigt. W as darin und auch sonst von ihm hinzu­

gefügt ist, macht aber diese neue Ausgabe für jeden, der sich mit dem zweiten Korintherbriefe beschäftigt, werth voll. Da werde zunächst auf einige Kleinigkeiten aufmerksam ge­

macht. H e i n r i c i gibt auch seinen exegetischen Arbeiten ein Register über die in ihnen besprochenen Materien (S. 4 5 9 —461) und des in den einzelnen Briefen vorliegenden Wortschatzes (S. 461/63) bei. Seine beim Anfang jedes neuen Abschnittes sich findenden textkritischen Anmerkungen liefern im Unter­

schiede von B. W e is s ’ Arbeiten auch Beiträge zur Feststellung des von den Unzialen unabhängigen Textes, wie sich das immer mehr als eine unabweisliche Pflicht der Textbearbeitung heraus­

stellt. Diese Bemerkungen würden aber falsch verstanden werden, wenn sie Leser zu der Vermuthung verleiten sollten, die im engeren Sinne exegetischen Abschnitte verdienten, auch nur in geringerem Grade, den Dank der Leser und des Rezensenten. Vielmehr wird in allen Theilen die Treue und Sorgfalt bemerkbar, mit denen H e i n r i c i seit Jahren an diesem apostolischen Sendschreiben gearbeitet hat. Die folgende Be­

sprechung vermag nur auf Einzelnes einzugehen.

Die Leser mögen verzeihen, wenn dieselbe aus didaktischen Gründen bei dem Anhänge über den Hellenismus des Paulus einsetzt. Sein polemischer, bereits im August 1898 niederge­

schriebener Theil (S. 436— 450) enthält eine schneidige nnd

(2)

596

völlig begründete Abweisung des Greifswalder Philologen E. N o r d e n , der in seinem Buche: Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance (1898, 2 Bde.) sich ohne Kenntniss aller bezüglichen Ver­

öffentlichungen H e i n r i c i ’s allein auf Grund flüchtigen Ein­

blicks in dessen schon oben erwähnte E rklärung des zweiten Sendschreibens des Apostels Paulus an die Korinther über des Theologen Versuch, die geistige Atmosphäre der Briefe Pauli auf ihre Berührungen mit dem Geistesleben des Altevthums zu untersuchen, sehr von oben herab geäussert hat. Dass in diesem Streite das Recht völlig auf Seiten H e in r i c i ’s ist, wird auch der anerkennen müssen, der diesem sachlich nicht durchweg zuzustimmen vermag und dessen Anschauungen, wie die des Ref. sich, wenn auch nicht gerade aus dessen Gründen, vielfach denen E. N o r d e n ’s nähern. H e i n r i c i lässt nämlich nicht allein die griechischen Christengemeinden, besonders die zu Korinth, sich ganz in der A rt der Kultgenossenschaften Griechenlands ihr Leben gestalten, was sehr wahrscheinlich ist, sondern lässt auch den bekehrten Pharisäer Saulus sich in dem Grade dem Einfluss der hellenischen Sprache, Stilistik und Rhetorik hingeben, dass an ihm wenig vom Schüler Gamaliel’s zu merken übrig bleibt und z. B. der zweite Korintherbrief analog dem Gedankenaufbau und der Methode der antiken Mahn- nnd Vertheidigungsrede gestaltet sein soll (S. 441). Das dürfte doch zu weit gehen und der H a r n a c k ’schen Behauptung einer sachlichen Hellenisirung des urchristlichen Enthusiasmus durch Paulus ohne ein historisches Recht einen zu weitgehenden Untergrund liefern. Auch Ref.

h a t in seiner Neutestamentlichen Offenbarungsgeschichte den unwillkürlichen Einfluss der Akademiestadt Tarsus auf die Anschauungswelt des Paulus hervorgehoben und legt in hohem Masse auf dessen bewusstes Streben, den Griechen ein Grieche zu werden, auch als ein wesentliches Ferment seines Griechisch und seiner Redeweise, besonders seit seinem W irken in den Küstenstrichen des Archipelagus, Gewicht. Aber die Beiträge D e i s s m a n n ’s zur Spracheigentüm lichkeit der griechischen Bibel und die Benutzung eines Rhetors Tertullus selbst

seitens des jüdischen Synedriams in Cäsarea beweisen, dass zu jener ersten römischen Kaiserzeit das griechisch-römische Wesen den Juden bei weitem nicht in der Weise ein Tabu w ar wie nach dem Niederschlagen des Aufstandes Barkochba’s durch Hadrian. Vieles daher stammende wird deshalb der ge­

borene Tarsite unbewusster Weise selbst als Eiferer um das Gesetz in Palästina sich angeeignet und später bei seinem apostolischen Berufe unwillkürlich sich dienstbar gemacht haben.

Ein bewusstes Sichöffnen für die Einflüsse der hellenischen Kulturatmosphäre ist hingegen schon deshalb nicht anzunehmen, weil Paulus Griechen wie Juden gegenüber seine pharisäische Vergangenheit niemals verleugnet (Phil. B, 5; Apg. 21, 3) und er bei seiner inneren W ahrhaftigkeit das nicht hätte thun können bei gleichzeitigem Abstreifen selbst der äusseren nationalen A rt seiner israelitischen Brüder (vgl. Röm. 9, 1 ff.). Wem das Wesen des Heidenthums so klar vor Augen stand wie dem Paulus (vgl. Röm. 1, 18 ff.; 1 Kor. 8, 1 ff. und auch 2 Thess. 2), der musste sich dem Hellenenthum nicht weniger selbständig gegenüberstellen als dem Pharisäerthum. Und Paulus hatte in seiner christlichen Persönlichkeit, was H e i n r i c i nicht genug, wenn auch mehr als D e is s m a n n anzuschlagen scheint, die innere K raft dazu, bei allen Berührungen mit Griechen­

lands widergöttlicher K ultarw elt sich mehr neugestaltend als aufnehmend zu verhalten. W as nun speziell die formelle An­

lage des zweiten Korintherbriefs betrifft, so billige ich völlig die Ansicht H e in r i c i ’s , dass derselbe eine innere Einheit bildet und nicht aus lose zusammengefügten Theilen besteht, vermag aber dennoch in ihm kein Abbild einer juristischen Ver­

theidigungsrede zu erkennen. Derselbe scheint mir in zwei sich sehr natürlich ergebende Theile zu zerfallen. Zuerst Kap. 1— 7 schafft der Apostel durch Darlegung seines Ver­

haltens gegen die Korinther freie Bahn zwischen sich und diesen, und sorgt dann von Kap. 8 ab, dass er bei seiner be­

vorstehenden Ankunft in Achaja das frühere liebevolle Benehmen und Verhalten erneuern kann, indem er bei den Korinthern daräuf dringt, dass nun auch sie alles auf ihrer Seite beseitigen, was ihn darin zu stören vermöchte, die Säumigkeit in der

Kollektensache (Kap. 8, 9), die Duldung der ihn herabsetzenden Angriffe (Kap. 10— 12, 18) und einige sittliche Schäden 12, 19 — 13, 18, auf welche Dinge er bereits im ersten Theile hier und da vorausblickt. Diese Anlage ergab sich für den, der sich die Sorge für diese Gemeinde vom heiligen Geist be­

fohlen wusste (Ap.-Gesch. 20, 28), durch die naheliegendsten pastoralen Rücksichten ganz von selber.

In noch weit grösserem Masse kann Ref. der Einleitung H e i n r i c i ’s zustimmen. Sie erscheint ihm überhaupt als eine sehr brauchbare Darlegung der mancherlei beim zweiten Korintherbriefe obwaltenden isagogischen Schwierigkeiten. Nur muss ich infolge der von mir seit langem richtig befundenen chronologischen Ansätze (vgl. m. Ap.-Gesch.) den Brief früher, wenn auch nicht so früh wie H a r n a c k geschrieben sein und des Timotheus Sendung nach Korinth infolge seines Aufgehalten­

werdens in Makedonien durch den auf dem Seewege dort hin­

gesandten ersten Brief für unthunlich geworden und für nicht zur Ausführung gekommen mit B. W ieiss erachten. Deshalb lässt die Ap.-Gesch. 19, 22 dessen letztes Ziel ganz unerwähnt und schreibt den durch die, wie 1 Kor. 4, 17 zeigt, von dem Apostel nicht vorausgesehene W irkung des ersten Briefes (vgl.

2 Kor. 2, 3 u. 13) sich modiflzirenden A uftrag dem Titus zur Ausrichtung zu. Höchst beachtenswerth ist hier die Anmerkung (S. 51— 58), in der sich H e i n r i c i mit den allerneuesten Ge­

schichtskonstruktionen von B a s s e r m a n n , K a b is c h , K a r l , C. C le m e n , J. W e is s und besonders mit deren Extrem bei W e r n le auseinandersetzt. Diese suchen nämlich wie H e i n r i c i den Paulinism uB nach seinem Zusammenhange mit der K ultur­

lage des ersten Jahrhunderts zu begreifen, kommen aber zu ganz andersartigen Ergebnissen. Sie sehen in Paulus näm­

lich mehr oder weniger einen starren D oktrinär mit welt­

fremden Stimmungen, der den jüdischen Kirchenbegriff ins Christenthum einführte und bei den W idersprüchen seines Systems ganz mit Unrecht zum Quellboden des Protestantismus wie des Katholizismus geworden ist. Diese Anmerkung dünkt dem Ref. deshalb aller Beachtung w erth, weil in ihr ein E x eg et, nach donoen Meinung die «tLiseh-aosoilieiatisclie Be­

wegung, welche sich zu Pauli Zeiten in der griechischen W elt gezeigt haben soll, einen gewissen Einfluss auf die Anschauungen des Apostels bei Ausgestaltung seiner Glaubensgedanken ge­

übt haben soll, jenen Aufstellungen entgegentreten zu müssen erklärt. Denn auch H e i n r i c i muss bei der Behauptung stehen bleiben, dass selbst in den divergirenden (Ref. würde sagen: zu divergiren scheinenden) Gedankenreihen die L eit­

motive nimmer bei Paulus fehlen, welche den Zusammenhang mit dessen Grundanschauungen sichern, und jenen Exegeten

V orhalten, dass psychologisch Unmögliches niemals als das historisch W irkliche erwiesen werden könne. —

Doch will es der Ref. mit diesen Bemerkungen zur Ein­

leitung bewenden lassen, weil er wenigstens auf einen Punkt der exegetischen Ausführungen H e i n r i c i ’s, auf den Schluss des „Höhepunktes des apostolischen Zeugnisses 2 Kor. 2, 14 bis 5, 2 1 “ eingehen möchte. H at nun auch die Auslegnng der Stelle keine wesentliche Abänderung nach Vergleich mit der, die H e i n r i c i 1890 gegeben h a t, erfahren, so kommt doch neben der Anmerkung über den Begriff der Trpeaßeia zu V. 20, in der die Beibringung mancher sprachlicher Parallelen schätzenswerth ist, aber nach des Ref. Urtheil in der Gleich­

stellung der Selbstschätzung mancher griechischer Philosophen und der der Apostel viel zu weit gegangen w ird, besonders die Erw eiterung der Anmerkung über das Wesen der xaxaXXayTj in Betracht. In ihr tr itt klar hervor, dass H e i n r i c i mit B e y s c h l a g und der R i t s c h l ’schen Schule (auf des Dorpater Exegeten A. S e e b e r g Erneuerung der H o fm a n n ’schen Um­

deutung der Stelle in dessen Schrift „Der Tod Christi“, Leipzig 1895, wird nicht Rücksicht genommen) und im Gegen­

satz zu den nach des Ref. Ansicht objektiver urtheilenden Auslegern, wie K lo e p p e r , S c h m ie d e l und H. H o ltz m a n n , auf die Auffassung der xataXKa^ij als einer Umstimmung der Sünder durch Gottes Thun hohen W erth legt (S. 2 1 3 — 16)- Den zuletzt genannten kritisch gerichteten Theologen aber bei diesem Punkte die V ertretung der ihm allein richtig dünkenden Auffassung, besonders auch von 2 Kor. 5, 18— 21 zu überlassen, das scheint dem Ref. unrathsam. Darum nimmt er hier Ge­

(3)

597 598

legenheit sich darüber zu änssern. Doch soll in den folgenden Bemerkungen nicht die Stelle überhaupt ausgelegt, noch auch die neutestamentliche Versöhnungslehre erörtert werden. Nur auf die Momente der genannten Stelle möchte Ref. hinweisen, welche das altkirchliche Verständniss der Stelle als berechtigt und als von der apostolischen Ausführung selber erfordert er­

scheinen lassen.

Von 5, 18 ab will Paulus genauer aussprechen, wodurch die V. 17 erwähnte neue W eltgestaltung (xaivrj xxtois), oder die Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch zu Stande gekommen ist. Darin hat C re m e r nämlich (Recht­

fertigungslehre S. 336 f.; im Bibi. W .B .8 s. v. xxiots S. 571 wird sein Verständniss nicht so deutlich) zweifellos recht, wenn er auch sonst dem biblischen Begriff der W iedergeburt keineswegs gerecht wird, dass 2 Kor. 5, 17 von einer sittlichen Umwandlung nicht die Rede ist. Von einer solchen zu sprechen lag für den Apostel im Zusammenhange g ar kein Anlass.

Kxiois bedeutet aber vor allem: Gründung, Einrichtung, Ge­

staltung; durch das Christwerden entsteht ein neues V erhält­

niss zu G ott, — für den Einzelnen wie für die Menschheit.

Nun konnte das TtapTjXOev und yiyove.v V. 17 in den Lesern die Vorstellung erregen, als ob die gänzliche Neugestaltung, welche das Verhältniss von Gott und Mensch durch Christus erfahren h a t, durch das Abthun der Sünde von Seiten der Menschen zu Stande gekommen sei. D e r Vorstellung will Paulus den Grund entziehen (öe V. 18). Darum betont er durch die nachdrückliche Voranstellung des xa ira v x a sofort, dass a l l e zu jener Neugestaltung dienenden Vorgänge aus Gottes Initiative und W irksam keit (ex #eou) stammen, und sein Thun allein auf ein yivea&ai auf Seiten der Menschen abzielt (V. 21, iva 7]|AeT<; xxX.).

Ist nun damit schon eine bedeutsame Direktive für die Auffassung des xaxaXXaooeiv im Folgenden gegeben, so ist es für diese nicht minder bedeutsam, dass V. 18 xou nur einmal vor den beiden durch xai verbundenen Partizipien xaxaXXa-

£avxo; und öouvxo? sich findet. Denn damit ist gesagt, dass beide damit benannten göttlichen Vornahmen nur gemeinsam jene Neugestaltung, von der V. 17 spricht, bewirkt haben.

Beide sind aber zunächst V. 18, wie das bei beiden gleicherweise

stehende Pronomen der ersten Person (Tjpof?, zeigt, nur auf die Menschen zu beziehen, bei denen jene xaivv) xxiaic bereits P latz gegriffen hat, und nicht etwa auf den xoojjlos, wie H e i n r i c i zu urtheilen scheint j auf diesen richtet sich des Apostels Blick erst V. 19. Nun kann aber von einem Zutheilwerdenlassen der Siaxovia XTjs xaiaXXaY'fjs, also von einer Darbietung der Versöhnung (vgl. zum Ausdruck das Siaxovia xtjs Sixaioauv/jc 2 Kor. 3, 9), wie sie auch V. 19 wieder erwähnt wird, nur in dem Falle die Rede sein, wenn das mit xaxaXXa£avxos be.

zeichnete göttliche Thun nicht unmittelbar auf die Menschen einw irkt, wie dessen Deutung von einem Umstimmen dieser durch Gottes Liebesdemonstration in der Sendung Christi an­

nimmt. Deshalb aber ist es unzulässig, das in der Profangräzität fremde xaxaXXaooeiv xiva x ivi (und gar eauxtS) von einem Einwirken auf die Siavota der Menschen seitens Gottes zu deuten. Dass diese Vorstellung dem Apostel aber fremd ist, beweist dabei Kol. 1, 22 völlig, weil dort bei vuvi 8e a7toxax7)XXa£ev (das Dekompositum ditoxaxaXX. h at gleichen Sinn mit dem Kompositum auoxaxaXX.) vor 8ta xou davaxou noch ev xii> atujxaxi ttj? oapxos auxou steht, selbst wenn seine Einschaltung, was zu bestreiten ist, sich allein aus Rück­

sicht auf doketisch Gesonnene erklärte (so E. H a u p t z. d. St.) Dasselbe kann neben 8ia xou davaxou allein die Sphäre an­

geben, in der die Versöhnung vollbracht wurde. Es bekundet also die Objektivität des Vollzuges der Versöhnung in dem Menschgewordenen und zur Zeit seines Wandeins ev 6[xoupjj.axt oapxos a|xapxia« (Röm. 8, 3), und beweist, dass Paulus in der Weise des Alten Testamentes die Versöhnung als durch D ar­

bringung des Leibes Christi als Opfer (vgl. Hebr. 10, 10) be­

w irkt ansieht. Bei der Korinther Bekanntschaft mit der a lt­

testamentlichen Opfertheorie (vgl. 1 Kor. 5, 7) brauchte Paulus das nur anzudeuten. Es für wenig gerathen zu finden, in solcher Weise des Apostels Gedanken auf alttestamentliche zurückzuführen, das kann man getrost einer willkürlichen Um­

formung biblischer Vorstellungen (vgl. B e y s c h l a g ’s Neutest.

Theol. II, S. 157) überlassen. Denn das Recht dazu liegt 2 Kor. 5, 18 ff. auf der Hand. Paulus nimmt nämlich V. 19 in dem jiY] Xo^tCofievo? xxX., da er dem ^ v --- xaxaXXaooiuv un­

m ittelbar zur Seite stellt, wörtlich Ps. 32, 2 auf. . Sonach wird das xaxaXXaooetv, dem nach ihm das jxtq \oyi£eiv zur Seite geht, in seinen Augen ein verwandtes göttliches Thun bezeichnen, wie in dem parallelismus membrorum von Ps. 32 das dort s ta tt des gemeinhin gebrauchten “ieo (bedecken) stehende iiss (vgl. zum Ausdruck 1 Mos. 37, 21 u. 20, 16) vor dem ihm folgenden sirn (Xo^tCetv). Seine W orte versetzen uns also mitten in die alttestamentlichen Opfer- und Sühnegedanken.

Dieser Annahme steht auch die von H e i n r i c i (S. 215) abermals betonte Vermeidung der Termini iXaojxo's, tXaoxeoOat (eSiiXaaxeaöai kommt nur bei LXX und in den Apokryphen vor) keineswegs entgegen. Sie stammt natürlich nicht aus einer blossen, von S c h m ie d e l fingirten, Abneigung des Apostels wider diese Wortsippe. Aber jene W orte stellen sich überall und auch im Neuen Testament nur als Bezeichnungen mensch­

lichen und priesterlichen Thuns, wie es 1 Joh. 2, 2; 4, 10;

Hebr. 2, 17 Christus beigelegt w ird, dar. Darum waren sie auf Gott überhaupt nicht anwendbar. Und das noch um so weniger, als Gott nach Paulus reich an Erbarmen ist (Eph. 2, 4, vgl. dazu das w ßado? irXouxou Röm. 11, 33) und schon im Alten Testam ent nur davon gesprochen wird, dass Gott im Augenblick des Zornes sein Angesicht verbirgt, seine Huld aber lebenslang dauert (Ps. 30, 6; Jes. 34, 7 u. 8). Von einem Sichgnädigstimmen kann bei Gott gar nicht gesprochen werden.

Wohl aber entspricht es der Tiefe seiner W eisheit (Röm. 11, 33 u. 34), in seiner Stellungnahme zu den Sündern und in seinem Verfahren mit der sündigen W elt eine Aenderung ein- treten zu lassen und durch solche Aenderung (wie sie das Simplex aXXaqoetv ausdrückt) der W elt eine neue Gestalt zu geben (xaiVY) xxtan; V. 17). Es bekundet nun die freie, souveräne Benutzung der griechischen Sprache zur Verknüpfung der verschiedensten Gedankenfäden, durch den Geist Pauli, dass er hier zur Verwendung des Aktivums des Verbums xaxaXXaooetv greift, um die A rt und Weise der von Gott in Christo bewirkten Aenderung des Verhältnisses der dem Zorne unterstehenden und durch den in ihren W erken bekundeten Sinn fern von Gott zu stehen gekommenen W elt zu ihm aus- zudrücken. Denn damit charakterisirt er zugleich diese Her­

stellung derselben deren innerem Wesen nach als einen Ver­

söhnungsakt. Dabei wendet er eine ganz ungewöhnliche Konstruktion: xaxaXXaooetv xtva xtvt an, und hebt schon V. 18, in noch auffälligerer Weise aber erst V. 19 durch das an das Ende des Satztheiles gestellte eauxtp hervor, dass Gott bei seinem die xatvr] xxiaic hervorrufenden Versöhnungsverfahren die zwiefache Funktion einer der zu versöhnenden Parteien und des Vermittlers zwischen diesen übernommen hat. Um die Möglichkeit davon sofort in Erinnerung zu bringen, schiebt er, ohne gerade den Ton darauf zu legen in den ohnehin mit allen Bedacht gewählten Ausdruck: ifv — xoojiov xaxaXXaoocuv das ev XPloT(? ein* Hierdurch tr itt es sofort vor der Leser Augen, wie das möglich war. Denn diesen w ar, wie sein Briefschluss 2 Kor. 13, 13 beweist, bekannt, dass er Christum dem Vater als einen anderen zur Seite stellt, und dass es dem Vater gefallen h a t, in diesem seine ganze Fülle wohnen zu lassen Kol. 1, 19, sodass von ihm doxologisch gesagt werden kann: o wv em rcavitov deo? euXoyTjxbc eU xou? attovac Röm. 9 ,5 . In ihm ward Gott zum Anssöhner mit sich selber.

In 2 Kor. 5, 19 schreibt Paulus rp xaxaXXaootov und ge­

braucht sta tt des Aorists [aiuo-] xaxTj'XXafjev Kol. 1, 21 die Conjugatio periphrastica, um sofort im Unterschiede von dem Betreiben des Xoyo? xifi xaxaXXaYrjs, das er sofort erwähnt, das, was Gott in Christo gethan hat, als eine vollendete T hat­

sache, wenn auch von dauernder Folge bei ihm selbst und von steter Bedeutung für den Menschen hinzustellen (vgl. Röm. 3, 25:

ov upoedexo o öeoc tXaox^piov einer- und andererseits:

1 Joh. 2, 2: auxos lXao|j.os eoxtv); dazu w ar nur die Conjugatio periphrastica brauchbar. Wie dies nun unverkennbar macht, dass Paulus V. 19 von einem abgeschlossenen Thun Gottes spricht, als welches eine die ganze W eltzeit fortgehende Um­

stimmung der Gott feindlichen Menschen durch die blosse Be­

kundung seiner Liebe in Christi Hingabe bis in den Tod

(4)

600

nimmer bezeichnet werden könnte, so auch die Artikellosigkeit des xo'ajxov, die A. S e e b e r g a. a. 0 . mit Eecht für nicht un­

bedeutsam erachtet. Das artikellose xoajxov weist auf die eventuelle Tragw eite der göttlichen Versöhnungsthat bin und bringt damit zum Ausdruck, dass sie aktuell noch nicht in ihrem ganzen Umfang wirksam geworden ist. Gottes Thun umfasst eine W elt, aber die Zahl derer, von denen der Apostel wie Y. 18 sprechen kann, ist nur ein Bruchtheil der­

selben. Doch entspricht deren Heilserfahrung nur dem, was Gott für die W elt gethan h at (1 Joh. 2, 2), wie das tu? oxl

am Anfang von V. 20 besagt, das H e i n r i c i richtig durch:

„wie denn“ wiedergibt, Eef. lieber durch „gemäss dem dass“

wiedergäbe.

Die beiden dem — xaxaXXaaotov folgenden Partizipien können ihrer Stellung nach nur Begleithandlungen namhaft machen, und es dürfte nicht korrekt sein, sie in der Ueber­

setzung durch „da er ihnen“ mit H e i n r i c i wiederzugeben. Zu beachten ist sicher auch, dass eins derselben ein P a rt. Präs.

eins ein P a rt. Aor. ist, wenn mir auch nicht ersichtlich ist, weshalb letzteres neben xaxaXXaaotuv dem verb fin. nicht gleichzeitig zu denken sein soll (so C r e m e r , Eechtfertigungs- lehre S. 429), da es doch etwas Vorangehendes unmöglich an­

geben kann. Offenbar nennt nun das P art. Präs. ein dauerndes, mit dem versöhnenden Verhalten verbundenes Verhalten, während das P art. Aor. auf eine nur einmalige Anordnung Gottes hinweist, das mit ihm in engstem Zusammenhang steht.

Die Abfolge beider weist darauf hin, dass die mit dem zweiten P a rt, angegebene göttliche Einrichtung, das Ergehen eines Xo^o? xaxaXXaYTjs unter den von seinem Schalle E r­

reichten (Tjjuv wie V. 18), dem mit dem ersten benannten Ver­

halten Gottes wider die mit der Thatsache der Ver­

söhnung noch nicht bekannt gewordenen Glieder des xoajxo?

(aöxoü nimmt dieses ersichtlich individualisirend auf) eine Grenze setzt, weil es, wo es immer ergeht, die Möglichkeit des xaxaXXayrjV Xafißaveiv und xaxaXXaYevxe? zu werden (Eöm 5, 10 u. 11) gewährt.

Bei dem jxyj XoYiCofievos ist man, wie wohl es zweifellos (jit]) nur von solchem verstanden werden darf, was einzig und allein bei Gott s ta tt h at — ich vermeide den Ausdruck: ein subjektiv göttliches Verhalten bezeichnet, lieber — an die Rechtfertigung im dogmatischen Sinne zu denken; H a u p t (z. Kol. 1, 21) lässt deshalb sogar xaxaXXaaaeiv und Sixaiouv Wechsel begriffe sein. Allein der Exeget hat stets zunächst von aller Dogmatik abzusehen und hier deshalb zu beachten, dass dies von Gott ausgesagte [X7] Xoyi^ea&ai der Verkündigung der Versöhnung zweifellos vorangeht und nicht erst wie alles rechtfertigende Thun Gottes em xfj moxei Phil 3, 9 (ex moxeu)?, Eöm. 3, 1) eintritt. Danach wird V. 20 die avo^T] xou

&eoö (Eöm. 3, 25) gezeichnet, in der Gott auch noch nach Christus alle die Glieder der versöhnten W elt träg t, an welche der \6yos xYj; xaxaXXa^% noch nicht herangetreten ist, die also die uTiaxoTj moxsax; zu leisten noch ausser Stande sind. Nicht ohne Grund setzt der Apostel V. 20 aber an statt des Sou« ^{xtv TTjv S ia x o v ia v xrfi xaxaXX. ein Olfievo; ev Tjjitv xov Xo^ov Xi]? xaxaXX. E r will ja V. 20 das göttliche Thun angeben, dem es entspricht (a>; oxi), dass den bereits zum Glauben Gelangten der Dienst der Versöhnung geleistet ist. Deshalb sieht er hier von der Dienstleistung, welche den Menschen dabei nach Gottes Willen (öovxo; V. 18) zufällt, ab, und ver­

weist nur auf das Gotteswort von der Versöhnung, das in die bereits entstandene Christenheit, die an Christum Glaubenden, als unvergänglicher Same eingepflanzt (Jac. 1, 21) und be­

gründet ist (defiEvo?). In dessen ununterbrochenen Ergehen setzt sich das die Versöhnung in Christo zueignende Thun un­

aufhörlich fort. Hier V. 20 an die zu verkündigende Heils­

thatsache der Versöhnung als etwas in die Seele des Ver­

kündigers zu weiterer Mittheilung niedergelegtes zu betrachten und Paulus bei dem rjfuv V. 20 im wesentlichen nur an sich selber denken zu lassen (so H e in r ic i) , erscheint mir als eine unrichtige Folgerung aus dem Zusammenhange. Selbst V. 20 bin ich um des V. 21 fortBtrömenden Gedankenflusses willen eher geneigt, den Apostel auch bei TrpsoßeoojjiEv und tqjxTv an die Christenheit, die ja sich allezeit bereit halten soll das Evangelium des Friedens zu treiben (Eph. 6, 13), im allge­

meinen denken zu lassen, als an die speziellen T räger der Siaxovta xrjs xaxaXXaY%.

Die dargelegte Auffassung erhält aber durch die Zeichnung der Berechtigung (V, 20) zu der Bitte, zu der Christi Erkenntnis«

alle drängen muss, xaxaXX aff) xe x<j) öeqi, noch eine Bestätigung.

Der Sinn dieser kann, wie die Vertauschung von xaxaXXaYTjjiev mit vuv xtqv xaxaXXayrjV eXaßop-ev Eöm. 5, 10 u. 11 beweist, kein anderer sein als: nehmt doch willig das im W ort von der Versöhnung euch angebotene, von Gott durch sein ver­

söhnendes Thun bereitete Heil an. An ein solches objektives Heilsgut ist auch Kol. 1, 20 f. offenbar allein gedacht, wie das Tcavxa zeigt, das auf die durch das xaxaXXaoaeiv herge­

stellte xatvrj xxi'ai? für alle K reatur mit einem alles um­

spannenden Blicke hinwinkt. Der Streit über den Sinn der e^dpa, für dessen Bestimmung die Einen sich mit ebenso viel Schein auf Eöm. 8, 7, wie die Anderen auf Eöm. 11, 28 be­

rufen, entscheidet sich eben erst durch die objektiven Anzeichen der richtigen Auffassung des versöhnenden Thuus Gottes. Dieses ist ersichtlich, wie C re m e r mit Eecht geltend macht (a. a. 0 . S. 429), in V. 21 angegeben. Hier ist nun aber, wie selbst B e y s c h la g anerkennen musste, ohne dem eine weitere Folge zu geben, von einem von Gott erst mit Eücksicht auf das, was die Menschen werden sollen, bewirkten Tausch die Eede (a. a. 0 . II. S. 160). Gott h at an Christus ein diesem ganz und g ar an sich nicht zukommendes Thun geübt, mit dem Ab­

sehen darauf, dass w ir zu der ihm Gott gegenüber eignenden Geltung seines Wesens als öixaioauvYj gelangen sollen. Das ist aber kein Tausch in der Sinnesweise, sondern in unserem Verhältniss zu G ott, den dieser bewirkt. Wo bliebe da ein Anlass von einer Umstimmung auf Seiten der feindlich ge­

sonnenen Menschen zu sprechen? — Deutlich liegt hier, wie auch H e i n r i c i S. 221 anerkennt, wenn auch nicht in dem formellen Ausdruck durch eine Präposition, so doch im ganzen Zusammenhange die Idee der Stellvertretung und empfängt damit das TjV ev ^piaxo) xaxaXXaaoiuv V. 19 und das orcep iravxtuv airedavev V. 13 seine abschliessende Deutung. —

Ein Kommentar, der durch seine H altung zu vielen der­

artigen Erwägungen an reg t, verdient, wie jeder anerkennen wird, den aufrichtigsten Dank aller Theologen. Nn.

C h a je s, Dr. H. P ., M a rk u s - S tu d ie n . Berlin 1899, Schwetschke & Sohn (VIII, 78 S.). 2 Mk.

Die Schrift will ein B eitrag zu der F rage nach der Ur- gestalt des schriftlichen Evangeliums sein. Sie widmet ihr nicht eine eingehende, alle Schwierigkeiten und Probleme er­

örternde Untersuchung, sondern trä g t nur Bausteine zu ihrer Beantwortung heran, indem sie durch Eückübersetzung mancher schwierigen Stellen ins Hebräische den Nachweis liefert, dass die Schwierigkeiten durch kleine Veränderungen im Hebräischen verschwinden. Nach des Verf.s Ansicht ist das aramäisch verkündete Evangelium, ehe es ins Griechische übertragen wurde, ins Hebräische übersetzt, um den Christen aus den Juden als heilige Schrift zu gelten. Die hebräische Niederschrift soll — nach einigen Stellen des Buches — schon wieder durch die Hände mehrerer Abschreiber hindurch ge­

gangen sein, ehe sie der Uebertragung ins Griechische zu Grunde gelegt wurde. Das letztere werden wohl nicht gerade viele sehr wahrscheinlich finden. Auch der andere Grund ist nicht stichhaltig, da die W orte Jesu für die erste Christenheit nicht eine altehrwürdige heilige Schrift w aren, die nur in heiliger Sprache verlesen werden konnte, sondern Gottesworte voll K raft und Leben. Der Verf., dem manche theologische Schrift über die Evangelien bekannt ist, hätte die Einwendungen Zahn’s gegen seine Hypothese beachten sollen. — Von den KoDjekturen des Verf.s sind manche, wie er selbst zugibt, recht kühn. W er an K onjekturalkritik Freude hat, wird sie gern lesen. Auch für weitere Kreise bieten sie manches Interessante. Um der Hypothese des Verf.s als Stütze zu dienen, dazu sind sie alle zu unsicher. Gerade die beiden, bei denen ihm das hebräische Original am deutlichsten zum Vorschein kommt, sind sehr gewagt. Die eine gibt er selbst

mit aller Eeserve und knüpft dann doch die Folgerung daran,

dass unseren Synoptikern derselbe hebräische Grundtext zu Grunde liegt. Dass gerade dem P aralytiker Sündenvergebung

(5)

601 602

zu Theil wird, will er daraus erklären, dass das aramäische zugleich lösen und Sünden vergeben bedeutet, ebenso wie das griechische Xueiv. Da nun in Mark. 2, 5 für Sündenver­

gebung acptevai steht, soll ein hebräischer Text zwischen dem aramäischen und griechischen die Zwischenstufe bilden. — Da nach seiner Ansicht ein Beten auf Kosten der Witwen nicht vorkam , soll in der hebräischen Vorlage von Mark. 12, 40 trssntti (fasten) in Disxnsi (Vorwand suchen) verschrieben sein.

— Von bemerkenswerthen Konjekturen erwähne ich noch folgende:

Die Verschiedenheit in Mark. 1, 7 und Matth. 3, 11 Xuaai und ßaaxaaai wird aus dem Unterschiede hebräischer und römischer Sitte und zugleich aus dem Gleichklang von Kiüb und Xuoat erklärt. Mark. 1, 17 soll Jesus s ta tt Glauben an das Evangelium gläubiges Festhalten an der Thora gefordert haben. V. 22 das tu? IJjoüaiav e^cuv biüaa soll ursprünglich

in Gleichnissform gelautet haben, e^laxrj in 3, 21 wird auf in Ohnmacht fallen zurückgeführt. 9, 49 steht ita?

■tt)*’« bo für m alles Feuer (der Leidenschaft). In 11, 13 ou yap TjV xaipos auxtSv ist ns für mit fctb eingesetzt ( = nicht mehr), 13,17 ist oaßßaxov für Sabbathjahr geschrieben, 14, 3 Simon der Aussätzige s n s sta tt siaa des Frommen.

In Matth. 10, 5 ist s ta tt o8o'<; (m x) x°*Pa CPX) zu lesen, in Matth. 16, 17 Teufel sta tt ■nsiü Thore, in V. 23 “jam Simon für pio Satan. — Ueberflüssige xou sollen öfter auf Dittographie von i beruhen, Differenzen der Evangelisten in einzelnen W orten auf zweideutigen hebräischen Ausdrücken oder kleinen Veränderungen im hebräischen Text (z. B.

Mark. 7, 28 toxiSiouv = enan, Matth. 15, 27 xopuov = D^n-i).

Es wird auf diese Weise eine schlecht bezeugte Lesart der Eecepta (7, 2) und zwei im Griechischen nicht ganz seltene Konstruktionen (5, 23 Tva = tax und el8e jxiq = *]B) durch ein hebräisches Original gedeutet. — Eigenartig sind die An­

sichten des Verf.s, dass Jesus ein Essener gewesen, der sich von manchen Gebräuchen der Sekte losgesagt h a t, und dass die Namen der Orte, in denen er gewirkt hat, an die Thätig- keiten anklingen, die er in ihnen geübt (Kapernaum Trost, Gerasener Teufelaustreibung m», Chorazin xrjpuaacü, vgl. auch Iskariotes Ja iru s, zwölfjähriges Mädchen m i‘3 wiederer­

wecken).

Sind auch viele Vermuthungen unnöthig und unwahrschein­

lich, so kann man doch bei einigen die Möglichkeit nicht in Abrede stellen. Es ist z. B. ganz wahrscheinlich, dass Boanerges in Mark. 3, 17 auf msi “’ra zurückgeht, dass [xex’

vpyrjs in Mark. 3, 5 durch die semitische Grundlage veran­

lasst ist u. a. m. Jedenfalls sind die Studien ein Zeugniss von grossem Scharfsinn und Gelehrsamkeit. Rabbinische und alt- testamentliche Parallelen werden häufig herangezogen; an Be-

\ legen aus der Zeitgeschichte fehlt es nicht. Mit Recht kann der Verf. von sich sagen, dass er ohne Tendenz und ohne Voreingenommenheit geschrieben habe: Man kann ihm das Zeugniss nicht vorenthalten, dass seine Studie im ganzen durchaus objektiv gehalten ist. Lic. Schultzen.

R e in k e , Dr. J. (ordentlicher Professor der Botanik an der Universität Kiel), D ie W e lt a ls T h a t. U m risse e in e r W e lta n s ic h t a u f n a tu r w is s e n s c h a ftlic h e r G ru n d la g e . Berlin 1899, Gebrüder Paetel (IV, 483 S. gr. 8).

In demselben Jahre mit Haeckel’s Buch „Die W elträthsel“

ist auch von einem anderen Naturforscher ein W erk erschienen, welches einen Ueberblick über das Gesammtergebniss der Naturwissenschaft eröffnen will. Aber welche Verschiedenheit der beiden Darstellungen!

Reinke bleibt auf dem Boden der Naturforschung stehen und gibt nur Folgerungen, die sich aus ihr für die Gesammt- auffassung der W elt ergeben. Haeckel macht gar kein Hehl daraus, dass er mit der Naturforschung die Philosophie ver­

bunden hat. E r sagt es gleich auf dem T itelblatt, dass er

„gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie“

darbieten will, und doch wird dies in der Beurtheilung von Haeckel’s Buch vielfach übersehen. Sein Inhalt wird, weil es von dem Inhaber eines Lehrstuhles für Naturwissenschaft ge­

schrieben ist, auch leicht für ein reines Resultat der N atur­

forschung angesehen.

Welche Verschiedenheit ferner in der D arstellungsart der beiden Bücher! Haeckel bezeichnet zwar, wie soeben erw ähnt wurde, auf dem T itelblatt seine Darlegungen als „gemein­

verständlich“ , aber dazu muss mehr, als ein Fragezeichen gesetzt werden. Denn die Gemeinverständlichkeit seines Buches wird schon durch die Übergrosse Menge von Fremdwörtern verhindert, die darin V o rko m m e n , und es sind nicht blos die unvermeidbaren Kunstausdrücke der Naturwissenschaft, die Haeckel häuft, sondern auch neue Bildungen von fraglicher Nothwendigkeit, wie z. B. „Ergonomie“ und „pyknotisch“, die beide auf Seite 281 begegnen. Ausserdem hat Haeckel oft­

mals nur Behauptungen aufgestellt und den Beweis blos ganz kurz angedeutet, indem er hinzufügte, dass er ihn schon in dem und jenem seiner früheren Biicher gegeben habe. Da­

gegen Reinke schreibt, obgleich er anerkanntermassen einer der gelehrtesten Forscher in seinem Gebiete ist, in einer so anschaulichen und erklärenden A rt, dass man sein Buch mit weit grösserem Rechte als allgemein verständlich bezeichnen kann. E r lässt es sich wirklich angelegen sein, die Beweise vollständig und eingehend zu führen. E r hält sich auch nicht bei abstrakten Begriffen auf, sondern gibt überall fassbare Gestalten von Fleisch und Blut. E r führt die Vorgänge des Naturlebens dem Leser durch naheliegende Beispiele klar vor die Augen. Um eine einzige Probe zu geben, führe ich eine Stelle von S. 357 an. E r behandelt da den darwinistischen Ausdruck „der Kampf ums Dasein“ und sagt: „Denken wir uns einen Acker, der ein paar feuchte Stellen enthält, mit Weizen bestellt, der durch Samen des Windhalm (Apera spica venti) verunreinigt war, so wird der Windhalm mit aufgehen, aber auf dem trockenem Boden durch den rascher empor­

wachsenden Weizen bald überholt und unschädlich gemacht werden. An den nassen Stellen dagegen gedeiht Windhalm besser, als Weizen. E r wird den letzteren vollständig über­

wuchern, und zur Zeit der E rnte gewinnt es den Anschein, als sei nur Windhalm an jenen Stellen ausgesäet worden.

Aus dieser Erscheinung entstand das Märchen der Verwand­

lung von Weizen in Windhalm, von Roggen in Trespe, über­

haupt der Kulturpflanzen in Unkräuter. Thatsache ist nur der verschiedene Erfolg des Kampfes ums Dasein zwischen beiden, und Aufgabe des Menschen ist es, den Boden so zu bereiten, dass die Kulturpflanzen dadurch im Kampfe gefördert werden und obsiegen“. Wie gut hat es also Reinke verstanden, den Begriff und die Bedeutung des neuerdings so oft gebrauchten Ausdruckes „der Kampf ums Dasein“ dem Leser durchsichtig und interessant zu machen.

Welche Verschiedenheit sodann in dem Ton, der von beiden Autoren da angewendet wird, wo sie auf die Religion zu sprechen kommen. Haeckel kann sich gar nicht genug darin thun, die Lehren und Uebungen der Religion als thöricht und verderblich darzustellen, und er hat ja leider in Bezug auf unseren Heiland die gehässigsten Aussagen der jüdischen Christusfeindschaft kolportirt, wie man sie aus Franz Delitzsch’s höchst instruktiver Broschüre über „Christenthum und Juden­

presse“ (1882) und aus Heinrich Laible’s gründlichem Buch

„Jesus Christus im Talmud“ (1891) sattsam kennen lernen kann. Dagegen in Reinke’s ganzem Buche wird man an Newton erinnert, der den Namen Gottes nicht aussprach, ohne sein Haupt zu entblössen (Tholuck’s „Vermischte Schriften grösstentheils apologetischen In h alts“, 2. Aufl. S. 68).

Welcher Unterschied endlich zwischen dem Gesammtergeb­

niss der beiden verglichenen Schriften! Haeckel langt in seinen Darlegungen beim Affen-Ursprung des Menschen, beim Atheismus, oder vielmehr bei der spinozistischen Gleichsetzung von Gott und W elt an und feiert ausdrücklich Spinoza als seinen Vorgänger, indem er auf S. 249 ausdrücklich sagt:

„Der erste Denker, der den reinen monistischen Substanz­

begriff in die Wissenschaft einführte und seine fundamentale Bedeutung erkannte, war der grosse Philosoph Baruch Spinoza . . . In seiner grossartigen pantheistischen W elt­

anschauung fällt der Begriff der W elt zusammen mit dem all­

umfassenden [er meint: pantheistischen] Begriff Gott; sie ist gleichzeitig der reinste und vernünftigste Monismus und der abgeklärteste und abstrakteste Monotheismus . . . Auf diese Grund Vorstellung von Spinoza kommt auch unser gereinigter

Cytaty

Powiązane dokumenty

Es berührt sich mit derselben nicht nur in zahlreichen Zügen, welche sich schon bei Ezechiel und anderen Propheten finden, sondern auch in solchen, die dort

seiner Gottverlassenheit am Kreuze treffen lässt, scheint die Lösung mit des Verf.s eigenen Vordersätzen nicht recht zu harmoniren; denn auf der einen Seite legt

Mirandula, Kalixtiner, Krell (wofür S. Aber für ein kirchengeschichtliches Lehrbuch sind dieselben doch nicht so ganz unwichtig. Von der revidirenden T hätigkeit des

gegebener Posten betrachtet wird. Zwar dass Israel in Aegypten oder vielmehr Gosen längere Zeit geweilt habe und unter Moses Führung siegreich von dort ausgezogen

wich, führt er den kräftig vorbereiteten, entscheidenden Schlag gegen ihre Echtheit, indem er ihren Inhalt kritisch untersucht. Es ist Thatsache, dass die Turiner

Sieht man sich aber die einzelnen Spruchreihen auf ihren Gedankeninhalt an, so zeigt sich, dass auch dieser nicht als Beweis für die vor­.. geschlagene

Dabei soll aber noch ausdrücklich hervorgehoben werden, dass auch diese Schlussabschnitte, wie die Abhandlung selbst, viele archäologisch werthvolle Notizen und

Der letztere wie der erste Abschnitt über die Bedeutung des Wunders für die Zeitgenossen beweisen aufs deutlichste, dass des Verf.s Wunderbegriff völlig in der