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Die Zukunft, 14. Juni, Bd. 39.

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Berlin, den H. Juni 1902.

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Die Buren.

GroßeWortewerdenimneuen Deutschland so oftbeiwinzigstemAnlaß

« ,gebraucht, daßderNüchternesichbeinahe schonschämt,pathetischzu reden.Dennoch muß GroßbritaniensSiegüber die beidensüdafrikanischen NcpublikeneinweltgeschichtlichesEreignißgenanntwerden. DasReichdes KönigsundKaisersEduard istdasgrößte,vondemdieuns bekannteHi- storie jeKundebrachte;esistdreimalgrößeralsEuropa,umfaßtdenfünften TheilderErdoberflächeundzähltein ViertelderMenschheitzuseinenBür- gern.Naher Verfallwardihm längstvorausgesagt.Nunhates,inein paar Jahren,dasRiesengebietdesSudans erobert,dasseineHerrschaftüber Egypten für unabsehbare Zeitdauer verbürgt,unddieanBodenschätzenun- ermeßlichreichenLänderderSüdafrikanischenRepublikunddes Oranje- Freistaates,derenFlächenumsangnichtviel kleineristalsderdesDeutschen Reiches,alsKolonienfeinemBefitzeinverleibt. DerWunschCecilsRhodes, vonCapetownbisKairo denUnionJack flatternzusehen, ist fast schon erfüllt. DieseMachtstellungscheintdenBriten,die nieunter derBe- scheidenheitderLumpen litten,nur derAusdruckeinesihren politischen Tugenden gebührendenErfolges. Was Augustinusvon denRömern sagte, sagtoderdenktjeder echteSohnAlbionsvondemWeltreichderBriten:

dieVorsehung habe siezurHerrschaftüber derMenschen Geschlechterbe- rufen,um ihrehoheWeisheit,ihreunbeirrteBeharrlichkeitundstraffeSelbst- zuchtzubelohnen.Einso starkesundstolzesHerrenvolhdem dieImperial

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414 DieZukunft.

Federation LeagueunddieVorkämpferdesGreater Britain neueZiele gezeigthatten,konnte denzähenWiderstandeineskleinen,nachden Begriffen unserer Jndustriekulturreaktionären Bauernstammes nicht gelassenhin- nehmen, nichtum diejungenBurenstaateneinenBogen machenundsich mit derThatsacheabfinden, daßindieser bäuerischenOligarchiederEng-

,länder,derihren Wohlstand geschaffenhat,einBürger zweiterKlasseist.

... Doch nichtvondenSiegern solltehier heute gesprochenwerden, son- dernvondenBesiegten.DieKornburen, Weinburen, Viehburen,Trek- burenhatten ruhig, nachder VäterWeise,gelebt,bis imSchoßdervonihnen inlangem KampfdenKaffern abgerungenenErdeGoldschätzegefundenwur- den undeineJndustrie entstand,die denMutterboden derenglischenGentry umpflügteundauf dieWährungpolitik,auf dieBesitzverhältnisseund diesoziale SchichtungdergrößtenReicherevolutionirendwirkte.DieBuren nütztenden neuen GeschäftsvortheilklugundohneUebermuthaus;fürdieindustrielleLeit- ung und Arbeitwaren sie nicht gerüstet,mochtenvonmodernerEntwickelung undsolchemTeufelszeuginihrem frommenPaganenthum auchnichts hören, freuten sichaber der überallesErwarten großenGeldsummen,diesieoft für ein StückLandeinstreichenkonnten. So, dachten sie,könneesweitergehen:

siewürdenreichwerdenunddennochdie alte Sittebewahren. Zäh wehrten siesichgegendieZumuthung,diein anderenLänderngescheitertenExistenzen inihreGemeinschaftaufzunehmen,SpekulantenundSpielern Bürgerrecht undBürgerehrezugönnen.Sie wolltenfür sichbleiben,ausderneumodischen Wandlungnur denProfit ziehenund das dumpfe Bauernmißtrauen nicht opfern,dasin demFremden,dem Städter denFeind sieht. Nichtden ausfernen VorstellungweltenkommendenBritennur haßtensie: auchvon demHolländer,dersie mitderBiedermannszärtlichkeitdesnah Verwandten umarmenwollte,rücktensiemitfrostigemLächelnweg.DieFrage,ob ein

großerTheilderOberschichhobnur da unddorteinenichtimmune Seele vonderaus keinemGoldland zu bannenden Korruptionergriffen wurde, mag immerhinunbeantwortet bleiben.Zwei so verschiedeneKultnrformen, wir erlebenseben inPreußen,können mit einandernicht hausen;dieInter- essensindzuverschieden.DieBritenbrauchteneinennach angelsächsischer Modelackirten Jnduftriestaat,indemsiesichfrei bewegenkönnten ;dieBuren saßenwarm inihren Privilegienundwollten denagrarischenZuschnittder Republikenum keinenPreisändern.AucheineArbeiterfrage tauchte auf.

TrotzihrerChristenfrommheit,diesiezwingen sollte,injedem Menschen dasEbenbildGottes unddie Krone derSchöpfungzuachten, istden

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DieBitten 415

Buren derFarbige,was erdochnur demnaturwissenschaftlichDenken- den,aneinemählicheEvolution deszweizinkigenGabelthieresGlauben- densein dürfte:einWesenniederer Art,ein alsSklave,zum Sklaven Geborener. DerBurwolltedieKafferninHörigkeithalten,derBrite ihnendasRechtunddieBildungmöglichkeitgewähren,ohnedie derJn- dustriearbeiter nichtmit demwünschenswerthenNutzenzuverwenden ist«Der alteGegensatzzwischenLandwirthschaftundIndustrie,derauch beiuns immer sichtbar wird,wenn dieGrundbesitzerSozialistengesetze fordernoder einZufallsstrahldieLageostelbischerLandarbeiter erhellt.Kein Berständigerkonntejezweifeln,welcheKulturforminSüdafrikaschließlich siegenwürde;wolltedieBauernoligarchiesichunveränderterhalten,dann mußte siedieMinen sperren,deraufblühendenIndustriedieWurzelab- schneiden.DasthutkeinBauer; selbstin derhitzigstenWallungbedenkter deneigenenVortheilundwägt,wasihm nützen,wasschadenkann. Wäh- rend des ganzenKrieges habendieBurcn nichteinenAugenblickernstlich andieZerstörungderMinengedacht.SiehättendenKrieg überhauptnicht begonnen,wenn sie nichtGrundgehabt hätten,aufeinenstarkenSchützer imKampfgegen denBedrängerzuhoffen.HatteWilhelm derZweite nicht dasDeutscheReicheineihnen befreundete Macht genannt,anderenHilfesie appellirendürften?Englands Kraft, Englands Reichthumkonntensienicht ermessen;derZurufdesKaisersabergab ihnendieGewißheit,daßsie,wenn eszumAenßerstenkäme,nichtalleinfechtenwürden.Nnrdiese Zuversichthielt sievoneinemKompromißzurück,dasaufJahrzehnte hinaus ihrenationale Selbständigkeitrettenkonnte.ZweiunddreißigMonate langtrotztensie,als eineGuerilla,derenRuhminderKriegsgeschichtenicht verblassenwird,dem anTruppenzahlundRüstungüberlegenenFeindund immer wieder wurde dieverglimmende-Hoffnungangefacht:morgenführteineeuropäischeJnter- ventionunszumSieg.DieArmen,vonthörichtenundgewissenlosenDi- plomaten Getäuschtenwußtennicht, daßdieZeitdesvonAndrewCarnegie verkündetenEmpireof business längstgekommenistund demReichsten die Weltgehört.AlssiedannendlichvondemWahn scheidenmußten,irgend eineeuropäischeRegirungwerdefür sieeinenFinger rühren,alszuerstdie BotschaftdesholländischenMinisterpräsidentenKuyperundspäterKirche- nersklugeBeredsamkeitdasLügengewebezerriß,dasihrenBlickso lange getrogen hatte, darettetensieschnell,wasnochzurettenwar,undkapitulirten.

EuropaistmitdiesemAusgangderSachegarnichtzufrieden.Eu- ropahattevoneinemHeldenvolkgeträumt,daslieber bis zumletztenMann

ZP

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416 DieZukunft.

in den Todgehenalsaus seine Unabhängigkeitverzichtenwürde. Undnun leben dieDewet,Botha, Delarey, SchalkBurger nichtnur,nein:siezeigen sichsogarArmin Arm mitbritischen Generalen, feierndenViseount Kit- chenerinfeurigenReden undforderndieLaudsleute auf,EduarddemSieben- teninzuverlässigerTreueunterthanzusein.DieselbenMänner, diesichmit Handschlagverpflichtethatten,vorjederEntscheidungdenRathdesgreifen Krüger einzuholenundohne seineZustimmungkeinenFriedens-vertragzu unterzeichnen, habennun, ohnedenangeblich vergöttcrten Ohm Paul auchnurzufragen, kapitulirtundnennen denNamen desfrüherenPrä- sidenten nichtmehr. Europa stehtvoreinemRäthsel. Jst Paul Krüger dennnichtdergrößteStaatsmann, der nebenundnachBismarek lebte, derDoktor Leyds nichteinDiplomatengenie,dasjeder Großmachtzu wünschenwäre?GleichennichtalleBurendenmythischenHeroen,diesich von blankenJdealen nährenundderenFelsenherzen Menschenschwachheit nie übermannenkann? NochvorwenigenWochen hießes, dieLageder Buren seivielgünstigeralsamAnfangdesKrieges, Kitchenerkommenicht vom Fleckundnur ein Wunderkönne dievölligeNiederlagederEngländer hindern·AlsdieBurenkommandanten nach Vereeniging reistenundder einfachstepolitischeInstinktwittern mußte, daßdie Stunde desbitteren Endes baldschlagenwerde,wurdeinUtrechtdieParole ausgegeben:Die Bürgers benutzengerndie guteGelegenheit,um sichüber dieFortführung desFeldzugeszuverständigen, undder dumme Sirdar, demnur im Kampfgegen WildeLorberreisen konnte, gehtblind in dieFalle.DerText derKapitulationwarschonunterschrieben,alsnochimmermitunerschütter- licher Gewißheitbehauptet wurde,dasGerüchtvoneinemnahen Friedens- schlußseieinefrecheenglischeLüge.Und Alleswurde,selbstdiealbernste Mär, willig geglaubtundjedezurVernunft mahnendeStimme über-brüllt.

DieBurenhattenzusiegenoder zu sterben.Europa sahmitangenehmem NervenkitzeldemKanipfspielzu undwarbereit,dieHeldenihresTraumes polliceverso, wieniedergerungene Gladiatoren,in denTod zuschicken.

Zu solchemEndehattendieBurenkeineLust.Wersie gerechtbeur- theilen will, dars nicht verwehtenKlängenalterHeldenliedernachträumen, sondern mußsichwachenSinnes erinnern,wie inseiner eigenenHeimath, wie inallenZonenderBauer lebt undstrebt, fühltundtrachtet.DerMann, derinharterArbeitdenAckerbestellt,geduldigdasVieh wachsenundfallen, dieFrucht reisen,dieHoffnungeinesJahresvon WindundWetter ver- nichtetsieht,ist siir metaphysischeanealismus nichtzuhabenundwirdsich

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DieBut-en 417

mit klaremBewußtsein selten entschließen,für unirdische,nichtmitHänden greifbareGüter dasschwersteOpferzubringen.Sein Wunsch langtüber die enge Welt der Realitäten nicht hinausundgesunder Menschenverstand schütztihnvorderheroischenSchwachheit,die Allesaufs Spiel setzt,Haus undHof zerstören,Weib und Kind hinxnordenläßt,umeinemPhantom nachzujagen,dasdenabstrahirenden, assoziirendenGeistdesKulturmens schenwerthvollerdünken mag als allezeitlicheHabe.Wennderschwerfällige Bauersichwafsnet, kämpfternicht für-Begriffe,fiirFreiheit,Menschenrecht und Verfassung,sondern suchteinenDruck abzuschütteln,der seinen Schaffensdrang lähmt, schlechterBehandlung ledigzuwerden,dieihnan LeibundGut geschädigthat.SolchenBauernkrieg habendieVurengeführt.

Siefühltensichinihren Besitzrechtenbedroht,vonwindigenEinwanderern mißaehtet,sie hofften auf Deutschlands Hilfe, aufdieWirkungdesHasses, dersichandieErobererschrittederBriten geheftethat,undzogen aus,-um einemdreistenRäuber einenlehrreichen Denkzettelzugeben.Jeder nahm eingutes,imGeländeheimischesPferdundeineerprobte Flinte,aberauch einenRegenschirm mit;dennimdurchnäßtenKittelschwindetdie Wider- standsfähigkeitdesstärkstenMannes. SiemiedenunnützlicheGrausam- keit, lachten diefremdenOssiziereaus,diesieeuropäischenDrillundTreffen- geckereilehren wollten,und richteten ihreStrategienachdenbewährten RegelnderBauernschlauheit. Wozu sollten sie englischeSoldaten undHeer- sührertöten,wenndchchuszulver nichtnöthigwar? Vieleinfacherwars, ihnendieKhaki-Uniformauszuziehen,dieman imtrainlosenBurenheer brauchen konnte,MunitionundLebensmittelwegzufangenundTommynur da,aussicherer Stellung,wie ein Stück Wildabzuschießen,wodieNothzu blutiger Wehrzwang. Mancher Europäer hat ihnenMangelanMuth nach- gesagtund über dieBurenhäuflein gespottet,dieerhinterhastiggebauten Schanzen hockensah. Freilich: sie setztensich,wenn sies irgendvermeiden konnten, nichtdenseindlichenKugelnausundniewäreihnen,wie ganzen SchaarenenglischerOffiziere,der Einfallgekommen,blind,imGefühleiner demvaterländischenRuhmschuldigenPflichhin den Tod zustürmen;Pflicht schienihnen vielmehr, jedes einzelne Lebendem Vaterlande so langewie möglichzuerhalten.Dann kam derTag der Erkenntniß. Jederweitere WiderstandkonntedieEntscheidungausschiebeu,nichtabwenden. Nocheinen WinterimFeld? NocheinJahr ohneSaatundErnte? Die Farmenver- wüftet,FrauenundKinderimElend,dieZukunftdesStammes gefährdet,

—- undAlles umsonst?GuteBehandlung, Ersatzdesverlorenen Gutes,

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418 DieZukunft.

einbehaglichesLebenunter Englands mächtigemSchutzward ihnenzuge- sagt;undsielernten,alssienachlangerTrennungeinander wiedersahen,die Aussichtlosigkeitihres Kampfesklar erkennen undwußtengenau,wasihnen bevorstand,wenn siediesmalsprödblieben. Sollten sieihren Präsidenten, dessenJrrthumdenKrieg heraufbeschworenhatte,umRath fragen?Der faß,miteinemgroßenVermögen,weitvom SchußinEuropa,kannte ihrLeidnichtundhatte gutreden.Garsoherrlichwaren ja früher,unter der Klüngelthrannei,dieZuständeauch nichtgewesenundamEndeließsichmit denEngländernganzgutauskommen. DieZähne zusammengebissenund unterschrieben!..Das war nicht heroischzwar,aberbäuerischgehandelt.

DieBurenlegendeist nichtmehrzu retten. Jetzt aber-, gerade jetztist esZeit,diegesundeTüchtigkeit,diemuthigeEnergiedieserMännerzurühmen.

NichtwieleichtfertigeKnabensindsie zufrischem,fröhlichemKriegins Feld gerückt,umAbenteuer, Ehren und,wenns nichtanders sein kann,einen effektvollen,Nachruhm sicherndenTod zusuchen. Im Kampf haben sieder TapferkeitdieVorsichtalsWächterbestellt,alsdie Stunde desschwersten Entschlussesgekommenwar,bedachtig zuerstdasWohldesStammes er- wogenund, umihmdieKeimkraftzuwahren,denGlanzdeseigenen Namens gemindert. Nicht hellenischeMhthenhelden sind sie,aberwackere, aufrechte Bauern,derenrauheTugend durchdieBegrenztheit bäuerischer Vorstellungenbedingt ist.Niemand hat für sieEtwas gethan.Deralte Krüger nicht, der, trotzdemunkeuschzurSchau getragenenGlauben an einedenFrommen schützendeVorsehung, seinLeben undseinen Besitzfrüh inSicherheit brachteunddesseneigensinnigeKurzsichtfürdenUntergang derNation verantwortlich bleibt; nichtHerrLeyds,dervondemPatrioten- recht,inKriegszeitendasBlauevomHimmelzulügen,nutzlosenGebrauch gemachthatzund erstrechtnichtdiealte,geile Europa, diestetsbereitist, jedem ZahlungfähigendieGrimassederZärtlichkeitzuverschachern.Jhr hhste- risches GekreischhatdenBuren Hoffnungenvorgegaukelt,die, seitdie Leiter derdeutschenPolitikdenungeheuren, unverzeihlichenFehler machten, Eng- lands Siegzuverbürgen,nieerfülltwerden konnten. DieVettelmöchte dasBauernvolk jetztinneue Gefahr hetzenznoch seinicht allerTageAbend, greint sie,und über ein Kleineskönne einemBurenaufstanddasGlück günstigsein.Dieguten Europäer,dieihreMeinung nichtausSchwarzen Küchenbeziehen,solltendemUnfugeinEndemachenunddafür sorgen, daß diesüdafrikanischenBauern ungestörtfortandenWeg gehen können,den dienüchterneVernunftund derwachsameRasseninstinktihnen weist.

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Berliner Sezessiotr 419

Berliner Sezession.

Munalsowollenwirden»Laokoon«aus dendunkelsten Tiefendes

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Bücherschrankeshervorsuchenundeine Debatte Über dieGrenzender Malerei undPoesie beginnen. Lessingsvon allenmodernen Tendenzlern grenzenlos verachteteAefthetikkommtwiederzuEhrenunddasscharfäugige Geniedes ineinerKleinstadtdesachtzehntenJahrhundertslebendenBiblio- thekarskannsichderGroßstadtkunstdeszwanzigstenJahrhunderts gegenüber nochmals bewähren-.DieEntwickelungunserermodernen Malerei inder Weise,wie dieAusstellungderSezession sie sichtbarmacht,war längstfällig;

dennochkommt nun dieBestätigungoft ausgesprochenerProphezeihungen überraschendund erwecktalte Hoffnungen.Liebermann,derFührerder BerlinerSezession,dessenintellektuellerEinfluß aufdasjunge Malergeschlecht nichtleicht überschätztwerdenkann,hatineinemseinerneuen Bilder eine dramatischeSzene gemaltund damit, indieser Tüchtigkeit,alsErsterder deutschen JmpressionistendasGebiet deskriptiverLandschaftlyrik verlassen.

Undsogleichauch hörtman dieStimme unseres größtenKunstrichtersüber dieEntfernungeinesereignißreichenSäkulums herüber-schallenund sieht staunend,wiedievor deriantiken, theoretischüberschätztenLaokoongruppe klar erkanntenGesetzekünstlerischenEmpfindensvoneinemunendlichrevolutio- närenMaler unserer Tage bewußtoderunbewußtbefolgtwordensind.Dieser VorgangwirdfürdenphilosophischenBetrachterzumclouder ganzen Aus- stellung,dennerbezeichneteinenwichtigenWendepunktderdeutschenMalerei.

EsistvielvonderEntdeckungderLandschaft fürdieMalereigeredet worden;man hatgeglaubt, hier thue sicheinidealesGebietfürdasallzu bewußteEmpfindender modernenSeeleauf;nur dieLandschaftkönneErsatz fürdieStoffebieten, diefrüherderReligion-und derStaatsgeschichteent-

nommen wurden. Der Jrrthum lag nahund konnteleicht entstehen,weil

dieMenscheninihrem gegenwärtigenZustand stetseinenAbschlußerblicken, erblickenmüssen,um nur ruhiglebenzu können. Niemand istsichbewußt, imUebergangzustehen;daderBlickimmer nur aufderVergangenheit ruht,dieZukunft nichtsvon ihrenGeheimnissen preisgiebtund wie eine dunkleMauer voruns aufsteigt, isteinstarkes Resultatbewußtseinunent- behrlich.Sohältman in derMalereibisheutedieStudie fürdenAbschluß, denWeg fürdasZiel. Diese Kunst zeigtdie lehrreicheErscheinungvon

derWechselwirkungäußererund innerer Erkenntniß Zuerstwurde das FarbenspielderAtmosphäreentdecktundmitwissenschaftlichemEiferimBilde registrirt.Unter demEinflußdesSehenswandeltesichdann balddas Empfindemdaswiederaufdie Art, dieDinge anzusehen, entscheidendzurück- wirkte. Auf diesem WegewurdedieLandschaftmalereiganzlogischzu einer

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420 DieZukunft-

lyrischenStimmungskunst.Jn derLyriklerntderKünstler sichkennenund dereigenenArtvertrauen, indiesem egoistischenSpielderGefühleentfalten sichdieKräfte zu«reiferem, männlicheremThun. AlleJugend, selbstdie heroische,übt dieFlügelkraftindenRäumen derLyrik· In derMalerei wurden dieStimmungenderLandschaft,die demAugeneue Erscheinung- formendesLichtesgezeigthatten,zuTrägernunklardrängenderEmpfindungen gemacht;das-WetterderSeele bespiegeltesichindenbuntenFarbengläsern derWitterung, jede gemalte Landschaftwar einGedichtundinersterLinie eineMilieuschilderungderWohnstättenewiger Mysterien.Die Maler riefen:

Schaut,wieichessehe,wie»persönlich«meineAugenzubeobachtenwissen!

JmGrundewurdeunsnichtdie Naturdargeboten,sondernein inAtmosphären:

töneundinplein airumgesetztesGefühl.Ausdieser nochimmerso genannten naturalistischenMalerei gehtdie alteLehre deutlich hervor, daßalleKunstvomMenschen fürdenMenschen gemachtwird,daßdie artiftische»Wahrheit«nureinReflexdermitphysiologischdeterminirten Organen nachAusdrucktastendenSeeleist.Aberje größerdasVerlangenwar, die empfindsamenGedanken sie laufen fastalleaufVerzweiflunginirgend einerForm hinaus—- mitzutheilenundsiemöglichstvollkommen auch im Betrachterzuerwecken,umsonöthigerwurde eineneue allgemein giltige Kunstsprache,eineanerkannte Stilkonvention Alle Mittel derVerständigung entstehenjedoch langsam;undsoerlebenwir,daßdieneue Kunstsprache einenähnlichenWerdegangdurchmachtwieeinstdieBuchstabenschrift,nämlich den überdieBilderschrift.DieLandschaft,deren Wiedergabe-Selbstzweck schien,botdenMalern fürdieDauerdesUebergangesundstattmangelnder Stilsormen ihren reichenMotivenfchatz.

Liebermanns merkwürdigesBild beweistnun,daßdielyrischeJugend- periodeder modernen Malerei ihrem Abschlußnah ist.Er,alsderkon- sequentestedeutscheKünstlerderGegenwart,alsdergeistvollsteSelbsterzieher, ist zuerstzuResultaten gekommen.Als Lyriker hatersicheigentlichnie gegeben;vonAnfanganwar seiner kühlen kritischenNatur Etwas von jener Objektivitäteigen,die,aufGrund genauerSelbstbeobachtung,mitden eigenenEmpfindungen architektonischzuwirthschaften weiß.Erhatteden epischenZugundwar darum, vielmehralsAndereseiner Tendenz, sozial beobachtenderKünstler-.Eine höhereStufederMalerei istaberdasauf dieFläche projizirte Dramatische;unddahin hatersichmitseiner neusten Leistung erhoben.EsistGrund zur«Genugthuung, daß endlicheinmal-ein modern empfindenderMaler zujener HöhederSelbstentwickelunggelangt ist,zu derReifedesUrtheilsüber dieeigenen,von lähmendenTraditionen freienEmpfindungen,um hintereinengroßenStoff, hinterein Werk, das für sichselbstspricht,zurücktretenzu können.Bishermußteman stetsPsycho-

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Berliner Sezession. 42 l

logietreiben, dasSpiegelbilddesKünstlersensoriumsausdemWerkeablesen, wenn man feinsten Kunstgenußwünschte. JetztkommteinmalsolcheAn- strengungdemStoffezuGutundman danktdemMaler,indemman ihn imAnschauenfeinesWerkes vergißt.Voreinergemalten Landschaftistes anders. Entweder man siehtinderlyrischen StimmungdenKünstleroder erfreut sicham Gegenständlichen.Jmersten Falltreibt man Seelenkunde und weiterhin KulturphilofophiezimzweitenFallistdieAnschauung- weiseganzunkünstlerisch.Dem großenPublikum gefällteineLandschast nieaus Gründen artistischerErkenntniß, sondernessuchtund sindetdas gegenständlichJnteressante.DerWunschwirdihm lebendig,indergemalten Gegend spazirenzugehen,imSonnenschein behaglichzuruhen,über klare Gewässerzufahren, durch den FarbenrauschderBlumenfelderzu wandern, undderKünstlerdientdiesenBetrachtern eigentlichnur sowie derJllustrator desBilderbuchesdemKinde. DaalldasJnteressante,wiees,inedelster Form,inden Waldinterieurs Flickels, in denromantischen Naturansichten derAchenbachszumAusdruck kommt, denLandschaftenderJmpressionisten fehlt,danur diereineErkenntnißdiesem lyrisch-symbolischenNaturalismus« beikommenkann,wirddie moderne Malerei nievolksthümlich.Nureinem Dichterwie Böcklinistesgelungen,dasJnteressanteimBildesozuerheben, daßeszueinerhöherenErkenntniß,zurPoesiewird. DasmachtdieGröße seinerKunstaus. DieJmpressionistenmögensich,ausGründenihrer Tendenz, zuso starkenStilisirungen,indenenwerthvolleNuancen aufgeopfertwerden müssen,nicht entschließen;da demAnschauendenaberihre unbestimmteLand- schaftsymbolikaufdieDauer nicht genügt, sehensie sichvorderAufgabe,das Stoffgebiet poetischzuerweitern. BesondersderdeutscheMaler, demdie LeichtigkeitdesfranzösischenTemperamentes fehlt, dessenBildern nichtdie Fülle lebendigerSinnlichkeit eigenist, kannunmöglichinseiner lyrischen, immer etwas kleinlichenSelbstherrlichkeitbeharren, sondern muß feinenbe- sonderen Anlagen Rechnungtragen.FürihnkannderFortschrittnur darin liegen,mitdemvon neuen Erkenntnissenrevolutionirten Gefühlslebenund aufGrund derResultatedesJmpressionismus große poetischeStoffezu bewältigen.DerFranzose mußnun aus demSpielbleiben. Hier istder Punkt,wodieRassentemperamentesich scheiden.DieErkenntnißkenntnicht nationale Grenzen.DerAusgangspunktwar fürAllegemeinsam;dochdie Entwickelungmußnun nachdenGesetzenderbesonderenVolksart erfolgen,

wenn demnatürlichenEmpfinden nichtGewalt angethanwerdensoll.

Von solchemGesichtspunktaus istLiebermanns Beispiel besonders werthvoll.SeinBild könntevoneinemmodernen Franzosenso nicht gemalt sein.Esweist aufdiegroßeniederdeutscheTradition,aufRembrandt, und zeigt so, daßderKünstlernieängstlichzusein braucht, ohne Ueberlieferung

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422 ieZukunft.

infeiner Zeitzustehen.DielebendigeTradition erbtsich unbewußt fort, lebt inderEmpfindungweiseimmer wiederaufundwirdzueinerneuen Kraft,um so mehr,je konsequentereinePersönlichkeitsichselbstbetont. Es thut nichtszurSache, daßLiebermann,seiner Abstammungnach,demnieder- deutschenGeistfernzustehen scheint:diekunftgefchichtlicheEntwickelung wählt ihre Instrumente nacheinerLogik,die aller kleinlichenBerechnungen spottetundindiesem Fall ziemlichklarzuerrathen ist.

Das Bild —- Simsonund Delila mußalsErftling betrachtet werden; GrößeundUnzulänglichkeitsindzugleichenTheilendarinenthalten·

Niemals hätteman demMomentbeobachtereineso konzentrirteLinienführung, solcheornamentale Gewaltzugetraut. PsychologeimEinzelnenistLiebermann nicht;erkanneinSeelenleben nicht physiognomischwiederspiegeln. Schein- barweißeres, dennerverzichtetstets darauf;undauchhier charakterisirter denVorgang durch äußereZüge: durch eindringlicheSilhouettenundeine jähindenRaum schießendeBewegung,diegegendenetwas formlosen FleischknäueldesschlafendenSimson seltsam hellund kreischendabsticht.

Die Farbeunterstützt,in allerTrockenheit,dieAbsichtundbringtdiephrasen- lofeRoheitdesgeschlechtlichenMomentes, denRealismus derAuffassung, derdenStoffallesbiblischenFarbenlackesentkleidet, diekluginsProfane gezerrteund dochzusymbolischerKraft gesteigerteSituation vortrefflichzur Anschauung.Ueber dieHäßlichkeitder Delila ist großerLärmgemacht worden. Das liegt aber- wohl mehran derAuffassungderHerrenvon Frauenschönheit.Diesistgenau dasWeib, worauf Simsonnaturenhinein- fallenzinihrerklugen, rassigenMagerkeit ist sie begehrenswerthfür Jeden, denestreibt, mit brutaler Männlichkeiteinestolze, sichempörtwehrendeund Rachebrütende Seelezuüberwältigen.

Wohl läßt sichderStoffzweifellosgrößergestalten.DieRoheitkann unerbittlicher,dieGemeinheittragischergegeben,aufdemWegederkonsequenten Steigerungderhier gewähltenAuffassungkönnte dasEinzeer mehr durch- gebildetwerden« Der dramatischeRealismus istim Stilgedanken nicht untergegangen,sondernpoetischerftarkt.Dasist viel;abernun galtes, mit derFarbe bewußtzucharakterisiren,deneinfachenAkkordvon Fleifchtönen undGrauhundertsachzu variirenund dieAbsichtpsychologisch,nichtdekorativ, sozuspezialisiren, daßalleNuancen aufdenZielpunktderIdeeredend hinweisen.Von Rembrandtistzu lernen, wie einstinkendwahrerNaturalismus inderglitzerndenApotheoseeinesbunten Juwelenfeuerszuverklären und zugleichzuunterstützenist. NichtdieMittel Rembrandts sollen empfohlen sein dieMühe,eigenezuerlangen,wirdunsererMalereija schwergenug—,

sonderndieKraft seiner künstlerischenDisposition.

WiesehrLessingmitseinerAesthetikimKerndasRechte getroffen

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