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DIE GRUNDLAGEN UND WIRKUNGEN AMERIKANISCHER W IRTSCHAFTSW EISE

Von EMIL SCHIFF, Grunewald.

D er „A m erikanism us“ hat sich zu einer G e fa h r fü r unsere K ultur a u sg e ­ w achsen, die sch w erer w iegt als die B edrohung u n serer w irtschaftlichen Stellung au f dem W eltm ärkte durch das A nschw ellen d e r am erikanischen G ü tererzeu g u n g , als selb st die nicht zu unterschätzende G efah r d e r A bhängigkeit unseres R oh­

sto ffb ezu g es von am erikanischer W irtsch a ft und — w as schlim m er ist — am erikanischer W irtschaftsw illkür. Die S ug g estiv k raft d e r g ro ß e n Zahl, die N eig u n g des h öheren und niederen P öbels, das G oldene Kalb anzubeten, dazu d er Bluff g ro ß e r W o rte und sch ein b ar g ro ß e r T aten am erikanischer D ollarkönige, die einen T eil d er rücksichtslos erb eu teten Schätze als w altendes Schicksal w ied er auszuteilen belieben, — das alles hat zu einer g ro ß e n Ü berschätzung am erikanischen W esens g efü h rt. D iese Ü berschätzung, g e n ä h rt durch die Schreiberei von U rteilern, denen es an technisch-w irtschaftlicher Sachkunde fehlt, droht, edlere T rieb k räfte, k raft d eren das deutsche Volk allen gesch ich t­

lichen H em m nissen zum T ro tz engem Raum und ein er kargenden N a tu r E r­

fo lg e ab g eru n g en hat, zu ersticken. Es ist darum m it F reu d en zu b egrüßen, daß ein w irtschaftlich und technisch u n terric h teter K enner d eu tsch er und n o rd ­ am erikanischer V erhältnisse es unternom m en hat, die G rundlagen am erikanischer W irtschaftspolitik, ihre treibenden K räfte und ihre W irkungen in ein g eh en d er D arstellu n g zu beleuchten, um d arau s Lehren fü r das deutsche V aterland abzu­

le ite n 1). M ancher L eser dürfte d adurch zu einer w en ig er blinden B ew underung des „L an d es d e r unbegrenzten M öglichkeiten“ — das ich schon frü h er ein Land d e r unbegrenzten A usbeutungsm öglichkeiten g en a n n t h abe — veranlaßt, m anchem die üble G ew ohnheit, A usländisches u n g ep rü ft ü b er V aterländisches zu stellen, ersch ü tte rt w erden. Es b ed arf keiner B etonung, daß dam it dem C h au ­ vinism us — w ollte dieses F re m d w o rt dem D eutschen doch stets einen F rem d ­ beg riff um schließen! —■ nicht das W o rt g e re d e t und tüchtige frem de Leistung nich t h erab g esetzt w erden soll. K om m t es doch vielm ehr d a ra u f an, das o b er­

flächliche V ergleichen von Z uständen, die auf verschiedenen G rundlagen ruhen und E ndp u n k te durch au s an d erer E n tw icklungsgänge sind, durch ein b io ­ logisch-geschichtliches U rteilsverfahren zu ersetzen.

D iesen W eg g e h t D r. Ju n g e, indem er zunächst die w irtschaftspolitischen G ru n d lag en , die E inw anderung, die R assenfrage, das V olksgefüge, den sozialen G edanken und die Z ustände d er G esetzgebung, R echtsprechung und a u sfü h ­ ren d en G ew alt in den V ereinigten S taaten untersucht. — W enn w ir dem d ran g ­ vollen politischen und w irtschaftlichen W erden d eu tsch er V olkseinheit, w ie es durch natürliche und geschichtliche U m stände b ed in g t w ar, die reiß en d e E n t­

w icklung des nordam erikanischen M ischvolkes g egenüberstellen, dem ein ab-x) D ie V eranlassung zur vorliegenden A rbeit g a b das W erk „A m erikanische W irtschaftspolitik. Ihre ökonom ischen G rundlagen, ih re sozialen W irkungen und ihre L ehren fü r die deutsche V olksw irtschaft.“ V on Dr. Franz Erich Junge, N ew York. (Berlin 1910, Julius Springer). — Die A bhandlung verbindet den B ericht üb er die A rbeit Dr. Ju n g es m it selbständigen B etrachtungen.

gesch lo ssen er W eltteil ungem essenen Spielraum und jeden n atürlichen R eich­

tum bietet, oh n e ihm die L ast än g stlich er G ren zb ew ach u n g aufzulegen, halten w ir den Schlüssel zum V erständnis u n au sg leich b arer U ntersch ied e schon in H än d en . D er g ro ß e natürliche R eichtum N o rd am erik as un d die vielseitige E r­

g ieb ig k eit eines L andes, das alle K lim ate aufw eist, dazu ein g ro ß e r, v e rb ra u c h s­

k räftig e r B innenm arkt g e sta tte n eine sta rre w irtschaftliche A b sch ließ u n g nach a u ß e n ; das F eh len eines inneren völkischen B andes u n d d am it des G efühles fü r gem einsam e Z w ecke lä ß t auf d e r G ru n d la g e ein er d em o k ratisch en V er­

fassu n g jede A rt Individualism us aufs ü p p ig ste e m p o rw u ch em , u nd d e r M angel üb erk o m m en er ideeller L eb en sw erte h a t die alleinige H e rrsc h a ft d es D ollars zur F o lg e. Die Ü bertreibung des Individualism us g e h t so w eit, daß selb st ka­

pitalistische A u sb eu tu n g lieb er g e d u ld e t w ird, als d aß m an dem S taate die G ew alt verleiht, zum N utzen d e r G esam th eit d u rch zu g reifen . So w ird die M acht d e r D ollarkönige schließlich g ro ß g en u g , um G ese tz g e b u n g u n d au s­

fü h ren d e G ew alt u n tertan zu m achen, un d w ir erleb ten das S chauspiel, daß selb st d er vielgew andte, tatk räftig e und volkstüm liche R o o sev elt v o r T ru st u nd po litisch er V erd erb th eit die S egel streichen m u ß te ; ja sein K am pf g eg en die w irklichen B eherrscher d e r V ereinigten S taaten w u rd e von diesen m it d e r In­

g a n g setzu n g eines solchen W irtsch aftsch reck en s b e a n tw o rte t, d aß kaum jem and m eh r eine F o rtse tz u n g des K am pfes g eg e n die T ru ste w ü n sch te. S o m it b esteh t einstw eilen kein H indernis, d aß die R au b w irtsch aft an B odenschätzen, die vielleicht das echteste K ennzeichen am erik an isch er G ü te rg e w in n u n g ist, fo rt­

g esetzt w ird un d d e r Ü bergang d e s K apitales in den Besitz w e n ig e r u n au fg eh alten fortschreitet.

W elchen S chritt die A u sb eu tu n g d e r N a tu rg ü te r a n g en o m m en h at, m ögen einige A ngaben bezeichnen. D ie Ja h re sg e w in n u n g vo n B odenschätzen ist in w eniger als drei Jah rzeh n ten um 470 vH im W erte g e s tie g e n 2). D er K ohlen ver­

brauch b e tru g

in dem Jah rz e h n t 1816 bis 1825 rd. 330 000 t

„ „ „ 1856 „ 1865 „ 172 800 000 t

„ „ „ 1876 „ 1885 „ 850 000 000 t

„ „ „ 1896 „ 1905 „ 2 833 000 000 t

D er K ohlenverbrauch in jedem Jah rzeh n te seit 1816 kam m in d esten s d e r Sum m e des V erb rau ch es aller v o rh erg e g a n g e n e n Ja h rz e h n te g le ic h ; h äu fig ü b ertraf er ihn um ein V ielfaches. Z u d em a b e r ist d e r A b b au infolge ein er u n g ezü g elten privatkapitalistischen R au b w irtsch aft u n d w egen d er zu ih rer D u rc h fü h ru n g n ö ­ tigen V erw en d u n g m in d erw ertig er A rb eitsk räfte so m an g elh aft, d aß n ach C a r­

negie einer b ish er g e fö rd e rte n K ohlenm enge von 5000 M illionen t eine v er­

g e u d ete M enge von 9000 M illionen g e g e n ü b e rs te h t3). D er A b b au ist m e ist so rücksichtslos, daß die sp ä te re F ö rd e ru n g d e r g ro ß e n u n g e fö rd e rt zurü ck ­ bleibenden M engen unm öglich w ird. D as in A m erika erfu n d en e V erfah ren , die H o h lräu m e m ittels eines R ohrnetzes m it Schlam m auszufüllen, um die so n st

2) Die V era n tw o rtu n g fü r die Z ah len an g ab en d ie se r A b h an d lu n g m uß, so w eit nicht auf andere Q uellen verw iesen ist, H errn Dr. Ju n g e ü b erlassen b leib en ; leid er sind am erikanische S tatistik en o ft seh r u n g en au .

3) Ähnliche A ngaben finden sich, w ie ich nach träg lich erfahre, in d e r A b­

h an d lu n g von W alter G i e s e n : „D ie V e rg e u d u n g d e r natü rlich en H ülfs- quellen in den V ereinigten Staaten von N ordam erika“ (T. u. W . 1910, H eft 2).

A M E R I K A N I S C H E W I R T S C H A F T S W E I S E 407 n ö tig en K ohlenpfeiler m it abbauen zu können, w ird bei uns w eit m ehr a n g e ­ w en d et als in den V ereinigten Staaten.

A ußerordentlich unsparsam ist auch die V erw ertung d er B rennstoffe; das g ilt so w o h l m it Bezug auf die unm ittelbare V erbren n u n g d e r Kohle zur E rzeu­

g u n g von E nergie w ie von ihrer m ittelbaren V erw ertung. M an schätzt, daß bei den am erikanischen B essem er-H ochöfen G ich tg ase im jährlichen G leichw erte von 2 M illionen PS ungenutzt bleiben. „U n g lau b lich e“ M engen von L eucht­

g a s, N itro g en im W erte von M illionen D ollars w erden v ersch w en d et; die G ew in n u n g d er ko stb aren N ebenerzeugnisse aus d e r Steinkohle — die bei uns schon h eu te eine d er E rzeugung von L euchtgas eb en b ü rtig e Rolle spielt

— lieg t noch fast ganz im A rg e n 4).

D er E isenverbrauch v erdoppelte sich ebenfalls von Jah rzeh n t zu Jah rzeh n t;

er b etru g im letzten Jahrzehnte des vorigen Jah rh u n d erts u n g efäh r 200 M il­

lionen t und in den ersten sieben Jah ren d e s neuen Jah rh u n d ertes ü b e r 270 M il­

lionen t. T rotz dem ungeh eu eren ursprünglichen Reichtume der V ereinigten Staaten an Eisenerzen ist nach C arnegie bereits in einigen Jahrzehnten K napp­

heit u nd lange v o r A blauf dieses Jah rh u n d ertes völliger A ufbrauch zu erw arten.

N icht viel b esser w erden die A ussichten fü r Kohle und andere w ichtige B oden­

schätze beurteilt. U ngeheuerlich ist auch die V erg eu d u n g bei d e r G ew innung von P etro leu m und N aturgas, h o chw ertigen Stoffen, die m an durch rücksichtslose A rbeitsverfahren und, um die P reise künstlich hochzuhalten, in M assen u n g e­

nu tzt entw eichen läßt.

Auch die A u sbeutung des B odens b ew eg t sich in spekulativen Bahnen, da sie nicht w ie bei uns im w esentlichen von einer eingeborenen, seß h aften L and­

bevölkerung, sondern von einem w echselnden Strom e von K olonisten, die sich m öglichst schnell b ereichern w ollen, dann ab er zum g ro ß en T eil ins A usland zurückw andern, betrieben w ird. Auch besteht, von den Südstaaten m it vo r­

w ieg en d er N eg erb ev ö lk eru n g abgesehen, N eigung zur B ildung von G roßbesitz a u f kapitalistischer G rundlage, w obei m eh r und m ehr P äch ter an Stelle von E ig en tü m ern treten, eine Entw icklung, die w ed er d e r L andw irtschaft zuträglich ist no ch im allgem einen völkischen V orteile liegt. Zum T eile b e ru h t diese E n t­

w icklung au f einer G esetzgebung, die A ckerbürger ins Land ziehen und die U r­

b arm ach u n g w ü ste r Landstriche erreichen w ollte, näm lich auf dem H om estead- G esetz und dem desert-land-law , auf G rund deren u n g eh eu ere L ändereien fast versch en k t w urden. L eider w a r die W irk u n g dieser G esetze nicht n u r die b eab sich tig te, so n d ern sind auf diese W eise auch riesige L ändereien auf U m ­ w eg en in die H än d e von S pekulanten g e ra te n ; s ta tt w ü ste r L andstriche w urde h ierb ei auch viel fru ch tb arer Boden w eggegeben. V ersuche d er B undesregie­

ru n g u nd d e r Einzelstaaten, solchen M ißständen abzuhelfen, bleiben ebenso erfo lg lo s w ie die B estrebungen, eine sachgem äße F o rstw irtsch aft und einen v erstän d ig e n A bbau im B ergw erkbetrieb ein z u fü h re n ; sie scheitern sow ohl an einem übertrieb en en Individualism us, der, auf den B uchstaben d er V erfassung g estü tzt, auch n o tw en d ig e B eschränkungen d er F reih eit des Einzelnen ablehnt, w ie an d e r Schw äche, Z e rrü ttu n g und A bhängigkeit d e r V erw altung. D iese ist so rückständig, daß noch nich t einm al eine V erm essung zur A bgrenzung staatlichen und privaten L andeigentum es je stattg efu n d en hat.

4) V ergl. Dr. Ju n g e „D ie rationelle A usw ertung d er K ohle“ (Berlin 1909), o d e r Schiff, E T Z 1909, S. 777 u. 778,

W ie die In d u strie so kennzeichnet auch die am erikanische L an d w irtsch aft die M assen leistu n g bei einer ins B reite g eh e n d e n W irtsch aftsw eise. D er la n d ­ w irtschaftliche G e sa m te rtra g d e r V ereinigten S taaten stieg von 9,2 M illiarden M im Jah re 1880 auf 32,34 M illiarden im Jah re 1908. In d e r N u tzb arm ach u n g w issenschaftlicher V erfahren ist die L andw irtschaft jedoch w eit h in ter u n se re r zu rü ck ; d ieser E ntw icklungsstufe e n tsp ric h t es auch, d aß e tw a zw ei D rittel d e r g ew altig en G e treid eau sfu h r d e r V erein ig ten S taaten u n v ered elte R o h erzeu g n isse darstellen, die keine h o h en P reise erzielen u n d v on an d eren L än d ern zum g ro ß en T eile nich t zur m enschlichen N ah ru n g , so n d ern zur V erb esseru n g ih rer eigenen, m it A m erika in W e ttb e w e rb tre te n d e n W irtsc h a ft v e rw e rte t w erd en . V on d e r A u sfu h r am erikanischer F arm erzeu g n isse, die 1908 etw a 4,2 M illiarden M b etru g , entfielen 1,84 M illiarden auf B aum w olle, 903 M illionen au f G etreid e un d 823 M illionen a u f B ü ch sen w aren ; h ierv o n b ez o g D eu tsch lan d e tw a 18 v H , Fran k reich 6 v H u n d E n g lan d 45 vH .

D er sch ein b ar u nerm eßliche W a ld b e sta n d d e r V erein ig ten S taaten ist im verflossenen Ja h rh u n d e rte d u rch die v ersch w en d erisch e W irtsc h a ft in einer W eise zu rü ck g eg an g en , die sch w ere B esorgnis w eckt. G e tre u dem G rundsätze

„ N ach uns d ie Sintflut“ ist an eine g e n ü g e n d e A u ffo rstu n g n ich t g e d a c h t w orden, un d auch jetzt v e rsa g t leid er d e r E influß d e r R egierung. D er H olzverbrauch in den V ereinigten S taaten ist tro tz dem R eichtum an K ohle u n d E isenerzen u n d tro tz d er neuzeitlichen B auw eise vergleichw eise sechsm al so g ro ß w ie in D eutschland, d e r E rtra g im V erh ältn isse zu r F läche a b e r n u r ein D rittel.

In d reiß ig Ja h re n m ü ß te d em nach n ic h t n u r die A u sfu h r au fh ö ren , sondern s o g a r im L ande M angel eintreten. D a die H o lzfrag e eine W e ltfra g e ist — die V ereinigten S taaten sind allerdings sch o n je tz t kaum m e h r als A u sfu h r­

land fü r H olz zu b etrach ten —, so m u ß d iese S ach lag e dem D eu tsch en den W u n sch n o ch re g e r m achen, daß d e r H olzreichtum , den einige u n se re r K olonien, b eso n d ers K am erun, aufw eisen, a u sg e n u tz t w e r d e 5). Im G eg en ­ sätze zu r B aum w olle, w o N e u p flan zu n g un d län g eres A b w arten n ö tig ist, kann hier, sobald e rst die n ö tig en E inrichtungen, b e so n d e rs E isen b ah n e n , gesch affen sind, g e e rn te t w erden.

D ie g ew altsam e A u sb eu tu n g d er N a tu rg ü te r, die m it d e r am erikanischen g ro ß k ap italistisch en W irtsch aftsw eise v erb u n d en ist, h a t die b eisp iello se Stei­

g e ru n g des V olksverm ögens von etw a 29,4 au f 450 M illiarden M w ä h re n d eines halben Ja h rh u n d e rts h e rb e ig e fü h rt; zum V ergleiche des h eu tig e n S tan d es sei erw äh n t, daß das d eu tsch e V o lk sv erm ö g en auf e tw a 200 M illiarden M g e ­ schätzt w ird 6). D er g ro ß e W o h lstan d A m erikas k o m m t jed o ch im w esentlichen n u r ein er g erin g en Z ahl zugute. D enn die Z u sam m en zieh u n g d es K apitales ist so w eit fo rtg esch ritten , daß nach den W ealth Statistics fo r th e T e n th C en su s 20 vH des V olk sv erm ö g en s E ig en tu m v on 0,03 v H d e r B e v ö lk eru n g u n d 51 vH in H än d en von 8,97 vH sind, w o g e g e n die ü b rig en 91 v H d es V olkes zusam m en n u r 29 v H d es V o lk sv erm ö g en s besitzen. In D eu tsch lan d sind h in g eg en n ach Schm ollers S ch ätzu n g n u r etw a 2 vH d es V o lk sv e rm ö g e n s im Besitze d er oberen K lassen, 54 vH in H än d en d e r m ittleren Schichten und 44 vH E ig en tu m d e r u n teren K lassen. N ach S e n a to r la F o le tte b eh errsch en

5) V ergl. Schiff, W ie bessern w ir u n sere K o lo n ialw irtsch aft? (M ünchen 1909).

6) S teinm ann-B ucher sch ätzt n eu erd in g s das d e u tsch e V o lk sv erm ö g en so ­ g a r auf 350 M illiarden M.

A M E R I K A N I S C H E W I R T S C H A F T S W E I S E 409 w en ig er als h u n d e rt M änner alle Industrien d er V ereinigten Staaten, und von diesen sind w iederum die m eisten von d er S tandard O il-M organ-G ruppe a b h än g ig .

D er G rund, w eshalb eine so einseitige V erschiebung von Kapital und M acht b isher keine nachdrückliche U m sturzbew egung gezeitigt hat, ist in e rster Reihe, d aß d e r g ro ß e R eichtum und die dem okratische V erfassung des Landes im m er­

hin noch den m eisten E rw erb und die Hof f nung auf B ereicherung bieten, und daß d e r Z usam m enschluß der A rbeiterschichten sich infolge d er starken V erschie­

d en h eit von Rasse und K ulturstand schw er vollzieht. W enn aber erst durch die V e rg eu d u n g der N a tu rg ü te r und die fortschreitende K apitalhäufung in den H änden w eniger den M assen der E rw erb w esentlich erschw ert sein w ird, w enn d e r schon heute unentbehrliche Z ustrom frem drassiger, niedrig steh en d er Ar­

beiterm assen, die dem L ande fo rtg esetzt g ro ß e K apitalien zugunsten ihrer H eim at entziehen, die sozialen und völkischen F rag en — deren älteste, die N egerfrage, ungeschw ächt fo rtb e ste h t — auf die Spitze g etrieb en haben w erden, stehen den V ereinigten Staaten R iesenkäm pfe bevor.

G e g e n ü b e r den an g ed eu teten Z uständen w ird man die regelnde G ew alt eines kräftigen S taatsw esens, wie sie bei uns fühlbar ist, w irtschaftlich und sozial segensreich em pfinden m üssen und m anche B eschränkung, die sich aus ü b erkom m enen V erhältnissen erklärt, in Kauf nehm en können. Ja d er tiefer U rteilende w ird leicht erkennen, d aß im Leben des V olkes wie des einzelnen g e ­ rad e die H indernisse die sittliche und g eistig e Entw icklung anregen, daß Überfluß auf die D auer die T atk ra ft lähm t, und daß unbeschränkte F reiheit nützlich w irkende H em m ungen beseitigt. D aß die N ot die g rö ß te Lehrm eisterin ist, bew eist auch die E ntw icklung der V ereinigten Staaten, denn die g ro ß e und beso n d ere technische E ntw icklung dieses L andes ist deutlich auf g eg eb en e W iderstände, näm lich auf die g ro ß en E ntfernungen und auf die K nappheit der A rbeitskräfte, zurückzuführen. So erklärt sich die rasche und g ro ß e Entw icklung des V erkehrsw esens, d er F örderm ittel für M assen g ü ter und des W erk zeu g ­ m aschinenbaues. Im übrigen ab er ist die am erikanische Industrie und ü b e r­

h a u p t die am erikanische W irtschaft in e rster Reihe nicht durch die H o ch w ertig ­ keit, sondern durch die M assenhaftigkeit d er E rzeugung g ekennzeichnet; sie stre b t nicht nach D ifferenzierung, sondern nach V ereinheitlichung, nicht nach hohem W irk u n g sg rad e, sondern nach g rö ß te r Leistung. H ierin liegt d er H a u p t­

unterschied g e g e n ü b e r den B estrebungen u n serer T echnik und den L eistungen u n serer W irtschaft, die nicht im Ü berfluß an N a tu rg ü tern w urzelt, sondern mit Z u gem essenem rechnen m uß, und die im A ustausche des W eltverkehrs zum eist nicht m it R ohstoffen, sondern m it A rbeit — und, dem S tande unserer K ultur und u n serer B edürfnisse entsprechend, zum eist m it h o ch w ertig er A rbeit

— bezahlt. D em gem äß fü h rt Amerika zum eist R ohstoffe aus, w ährend bei uns d er S chw erpunkt in d er A usfuhr von Feinerzeugnissen liegt.

N icht m inder rücksichtslos als die A u sbeutung d er N aturschätze ist die A u sb eu tu n g der m enschlichen A rbeitskraft in den V ereinigten Staaten. D urch zahlreiche A rbeitskäm pfe sind allerdings einzelne Erleichterungen durchgesetzt w orden, auch bestehen in m anchen Staaten gesetzliche B eschränkungen der A rbeitszeit und an d erer A rbeitsbedingungen, es fehlt aber an einer planm äßigen un d im ganzen Lande gleichen sozialen G esetzg eb u n g ; es fehlt vor allem auch an der ersten V o rb ed in g u n g hierfür, an dem sozialen Em pfinden, das ein

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tren n b arer T eil u n serer K ultur g ew o rd en ist. Die Lage d er A rbeiter in den V ereinigten Staaten ä h n e lt daher, w o es nicht an A rbeitskräften m angelt, so n ­ dern au slän d isch er E rsatz zur V erfü g u n g steht, vielfach d er S k lav erei; W ohl und Leben des einzelnen w erden h äufig gleich nichts geach tet. B erücksichtigt m an die g eringere Kaufkraft d es G eldes, den w eit g rö ß eren U m fang d er w irt­

schaftlichen Stockungen, die m angelnde staatliche F ü rs o rg e im H inblick auf B etriebsunfälle, K rankheit und A rb eitsu n fäh ig k eit, so ist die Lage unseres A rbeiters auch bei ziffernm äßig g e rin g e re r E n tlo h n u n g im D u rch sch n itt sicher g ü n stig e r als die des am erikanischen. Z udem sind die L öhne in m anchen Be­

rufszw eigen, b eso n d ers im B ergbau, in d e r H au sin d u strie und im S traßenhandel, niedrig.

Die B estrebungen der am erikanischen A rbeiter, ihre L age aus eig en er Kraft zu verbessern, sind d em g em äß auch verh ältn ism äß ig schon alt. Die V ersuche, O rg an isatio n en zu schaffen, haben bereits E nde des 18. Ja h rh u n d e rts begonnen.

Im Jah re 1878 setzt eine g ew altig e A rb e ite rb e w e g u n g ein, die von dem im Jah re 1869 g e g rü n d e te n G eh eim b u n d e d er „K n ig h ts of la b o r“ g e tra g e n w ird. Im Jah re 1886 e n tste h t die noch jetzt fü h ren d e A m erican F e d e ra tio n of L abor. Innerhalb d er O rg an isatio n d er A rbeiter kom m en jed o ch versch ied en e G ru n d sätze zum A usdruck; ein T eil e rstreb t die G ru p p ieru n g nach Ind u striezw eig en , d e r andere, d er die g ro ß e M asse bildet, die V ereinigung d e r A n g eh ö rig en eines jeden Be­

rufes. Als politische A rb eiterp artei tritt heute jedoch n u r eine kleine sozialisti­

sche G ru p p e hervor, die nichts g eg en die beiden g ro ß e n p o litischen P arteien , die republikanische und die d em okratische, auszurichten v erm ag . N atürlich ist

sche G ru p p e hervor, die nichts g eg en die beiden g ro ß e n p o litischen P arteien , die republikanische und die d em okratische, auszurichten v erm ag . N atürlich ist

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