• Nie Znaleziono Wyników

lichen polnischen Litteratur. 1364—1622

W dokumencie Geschichte der polnischen Litteratur (Stron 27-95)

i . D ie A nfänge der polnischen L itteratu r unter den Jagiel- lonen bis zu den ersten Drucken in polnischer Sprache.

Z u s ta n d d e r p o ln is c h e n S p ra c h e .

ie polnische Sprache, obgleich sie ein weitausgebreitetes Ländergebiet umfasste, wurde also bisher weder im am t­

lichen Verkehr, noch in der Litteratur angewandt. Auch die römische Kirche stand ih r immer noch abwehrend gegenüber. Die Erstlinge polnischer religiöser Dichtung hatten sich indes, wie w ir gesehen haben, schon gegen das Ende der Piastenzeit gezeigt; in der Epoche der Jagiellonen begann die Sprache des Landes auch hier und da schon in prosaischen Schriften ihre K ra ft zu versuchen.

Die Polen nahmen sich darin die Böhmen zum Vorbilde, welchen die Lehre des Huss den ersten Antrieb zur Ausbildung ihrer Muttersprache gegeben hatte.

In Polen wurde der Gebrauch der Landessprache zunächst für den herrschenden Adel notwendig, und deshalb übertrug man schon im 15. Jahrhundert die Gesetze ins Polnische. Manche Schwierigkeiten mussten indes noch überwunden werden, das alte cyrillische Alphabet war in Vergessenheit geraten, und das latei­

nische reichte zur Bezeichnung sämtlicher Laute nicht aus. J a k o b

20

P a rk o s z , Krakauer Kanonikus und im Jahre 1440 Rektor der dortigen Akademie, bewies die Notwendigkeit besonderer Nasal­

buchstaben, wie 4 und <j u. s. w. Seit seiner Zeit wurden die polnischen Schriften lesbarer als bisher.

D ie K r a k a u e r A k a d e m ie .

Die Krakauer Akademie wurde von Kasim ir dem Grossen nach eingeholter Erlaubnis des Papstes im Jahre 1364 nach dem Muster der Bolognaer Universität gegründet, trat aber erst 1400 thatsächlich ins Leben. Verschiedene Privilegien erhöhten ihre Bedeutung, und sie war viele Jahre hindurch eine der besuchtesten Hochschulen Europas, wenn auch die Zahl der an ih r Studieren­

den vielfach übertrieben worden ist. Sie galt während des 15. Jahr­

hunderts als Centralpunkt der Wissenschaft für das ganze nörd­

liche Europa. N ich t nur Polen studierten d o rt, sondern auch viele Deutsche, Schweizer, besonders aber Niederländer, Schotten, Franzosen, Schweden und Italiener. Die Frequenz war manchem Wechsel unterworfen. Im Jahre 1439 betrug die Zahl der Zöglinge wegen der in Krakau herrschenden Seuche nur 800, im Jahre 1500 nur 506. Die Einrichtung dieser alma mater war in der ersten Zeit, namentlich bis 1508 eine wesentlich andere als heute. Bevor der Schüler in das grosse Immatrikulationsbuch eingetragen wurde, musste er m it einem feierlichen Eide geloben, stets dem Rektor gehorsam zu sein, das Beste der Universität im Auge zu haben, persönliche Beleidigungen niemals zu rächen, sondern in solchen Fällen die Entscheidung des Rektors anzurufen, und endlich: sich nie zur Lehre des verdammten Ketzers Huss zu bekennen. Im 16. Jahrhundert erhielt dieser T eil des Schwurs noch einen Zusatz und lautete nun: item quod opinionem Huss heretici dam nati, s i m i l i t e r L u t e r i et sequacium ejus non

ser-vabo! Erst nach Ableistung dieses Eides wurde der neue Student als wirklicher Schüler der Universität betrachtet. E r zahlte ein sehr geringes Eintrittsgeld, das in Ermangelung barer Münze auch m it einem Fässchen Bier oder W ein, einem Frühstück für den Magistrat, einem halben Stein Wachs oder dergl. abgelöst werden konnte. U nter den Rektoren des ersten Jahrhunderts lesen wir viele in der Wissenschaft hervorragende Namen, grösstenteils aus der theologischen und juristischen Fakultät. A lle ausgezeichneten Gelehrten, Schriftsteller, Diplomaten und Kriegsmänner jener Zeit waren Zöglinge der Anstalt gewesen, und die Register derselben enthalten die Namen aller späteren Bischöfe, Kanzler, Wojwoden und Kastelane. Aus dieser Schule gingen G re g o r aus S a n o k , D l u gosz und K o p e r n ik u s hervor.

Der Einfluss der Krakauer Akademie war nicht nur in poli­

tischen Angelegenheiten bedeutend, sondern er erstreckte sich auch auf die Kirche. W ährend indes schon im westlichen Europa die Blütezeit der scholastischen Philosophie vorüber war, pflegte Polens Hochschule, als Feindin der neuen Aufklärung, sie noch lange Zeit, indem sie dieselbe f ü r , eine Festung und einen Schild der katho­

lischen Kirche hielt. In diesem Irrtu m befangen, vergeudete sie die Kräfte des Verstandes und verdunkelte das Licht einer ge­

läuterten Forschung durch vermeintliche aristotelische Weisheit, wie sie auf den Universitäten der spanischen Araber m it Vorliebe gepflegt wurde.

Gegen die Fehler dieser Lehre trat zuerst ein Mann auf, welcher, frei von V orurteilen, an gesunder Intelligenz sein Jahr­

hundert weit überragte. G r e g o r aus S a n o k war nach längerem Aufenthalt in Deutschland nach Krakau zurückgekehrt, wo er zu­

erst durch öffentliche Erklärung der Bucolica Virgils, dessen Namen man bis dahin in der Akademie noch nicht gehört hatte, die Auf­

merksamkeit auf sich lenkte und auch durch eigene Dichtungen einen günstigen Umschwung in der lateinisch-polnischen Poesie anbahnte. E r tra t gegen die scholastische Philosophie und D ialek­

tik in die Schranken und nannte sie „e in Träumen m it offenen Augen“ . N ur die E th ik liess er gelten, die Poesie rühmte er als die beste Nahrung für den jugendlichen Geist. E r allein vielleicht

22

in ganz Polen fühlte und begriff schon damals die Bedeutung der humanistischen Idee, welche bald darauf, im 16. Jahrhundert, die allgemeine Losung für die geistige Bewegung werden sollte. Es ist zu bedauern, dass die Schriften dieses ausgezeichneten Mannes, unter denen sich auch Lustspiele befanden, welche er dem Plautus nachgebildet hatte, nicht auf die Nachwelt gekommen sind. Er starb als Erzbischof von Lemberg im Jahre 1479. Als Kanzel­

redner erwarb er sich durch schönes Organ, eindringlichen und fliessenden Vortrag und würdevolles Äussere einen so vorteilhaften Ruf, dass die Zuhörer in Scharen ihm zuströmten. Von Gregors W itz zeugen einige Aussprüche, welche K a llim a c h uns auf­

behalten hat. So verglich er z. B. einen Undankbaren m it dem M eere, welches, obwohl es das süsse Wasser aller Flüsse und Quellen verschlingt, dennoch nicht seinen bitteren Geschmack ver­

liert. Gelehrte, denen die Gabe der Rede fehlte, nannte er eine Laute ohne Saiten. Zu dem wortkargen Sohn einer geschwätzigen M utter sagte er: „D u hast deine Zunge offenbar in der M utter zurückgelassen.“ Als er einen M ann bemerkte, der durch den T ru n k seine Habe verloren hatte und nun Wasser in der Stadt austrug, sprach er zu ihm : „H ättest du Wasser v e rtra g e n können, dürftest du es jetzt nicht a us tragen.“ Einen lahmen Verleumder strafte er m it den W orten: „Es wäre besser, du lahmtest m it der Zunge als m it den Füssen.“

L a t e in is c h - p o ln is c h e S c h r if t s t e lle r .

Aus dem I 5. Jahrhundert besitzen wir eine lateinisch ge­

schriebene Geschichte Polens von J o h a n n D łu g o s z , genannt Longinus (geb. 14x5), welche von den ältesten Zeiten bis zu seinem, 1480 erfolgten Tode reicht. Es giebt in der polnischen Litteratur kaum eine würdigere Gestalt als Długosz. Sein ganzes Leben war dem Dienst des Vaterlandes geweiht, Gesandtschaften,

Friedens-23

Unterhandlungen und die Erziehung der Söhne des Königs Kasimir Jagiełło nahmen fortdauernd seine Thätigkeit in Anspruch, und dennoch hinterliess er eine Reihe höchst schätzbarer Schriften. In jener Epoche, wo die Magister der Krakauer Akademie sich m die D oktrinen des frühesten Mittelalters vertieften und aller V er­

bindung m it dem nationalen Leben entsagten, suchte Długosz, obgleich ein Zögling dieser Schule, alles dasjenige auf, was sein Vaterland nahe anging, und schrieb es sorgfältig in besserem Latein als bisher für die Nachwelt nieder. Auch die deutschen Chroniken Hess er sich übersetzen und lernte die ruthenische Sprache, um den Chronisten N e s to r (1056— 1125) zu verstehen. Zwar bietet der erste T e il seines „Chronicon, sive annalium regni Polomae L ib . X I I “ eigentlich nur ein mühsam aus den verschiedenen, oft einander widersprechenden Angaben seiner Vorgänger zusammen­

gestelltes B ild der vorchristlichen Zeit und enthält viele Irrtü m e r, auch den beiden folgenden Teilen fehlt noch die geschichtliche Unterlage. Dagegen dürfen die anderen, namentlich die vier letzten Bücher, welche die Zeit von 1386 bis 1480 behandeln, als eine reiche und wertvolle Quelle der polnischen Geschichte betrachtet werden, und die A rt ihrer Abfassung stellt den Autor in die Reihe der ersten Historiker des 15. Jahrhunderts. N ur gegen das Ende seiner Chronik verfällt er in die geschwätzige Weitläufigkeit des höheren Alters. Długosz war zuerst Kanonikus in Krakau, musste dann, beim Könige in Ungnade gefallen, für einige Zeit das Land verlassen und begleitete, nachdem er zurückberufen war, den einen seiner Zöglinge, Władysław, welcher zum König von Böhmen erwählt war, nach Prag, nahm jedoch das ihm angetragene I rager Erzbistum nicht an, weil es ihm „zu schwer wurde, fern von seinem Volke zu leben“ .

Nächst Długosz ist der Ausländer P h ilip p K a llim a c h B u o n a c o r s i einer der bedeutendsten historischen Schriftsteller jener Zeit. In Ita lien 1437 geboren, verliess er nach dem Tode seines Gönners Pius I I . sein Vaterland, durchwanderte fast die ganze alte W elt und kam endlich nach Polen, wo er in Lemberg Gregor aus Sanok kennen lernte. E r wurde darauf von König Kasim ir zum Lehrer seiner K inder berufen, während Długosz die

Ober-2 4

aufsicht und Leitung der Erziehung anvertraut blieb. Leicht ver­

stand er es, sich die königliche Gunst zu erwerben und Einfluss auf die Regierung zu gewinnen. Dieser Einfluäs stieg noch unter dem folgenden Könige Albrecht, welchem er rie t, die Freiheiten des Adels zu beschränken und die M acht des Thrones zu erweitern und zu stärken. Durch diese, an Macchiavells „ I I Principe“ erinnern­

den „Geheimen Ratschläge“ zog er sich viele Feindschaften zu.

W ir führen einige derselben an:

Männern aus hoher Familie zeige dich wohlgeneigt, scherze m it ihnen versprich ihnen deine Gnade. Verleih ihnen grosse, aber wenig einträgliche Wojwodschaften, dass sie dadurch arm werden, aber gieb ihnen nichts, womit sie sich bereichern können.

Die Hofämter vergieb nicht an schlaue, sondern an schlichte Männer an solche, die du lenken kannst, wie du willst.

Gieb kein A m t umsonst fo rt; halte treue Diener, die damit handeln; wer am meisten giebt, sei vor dir der W ürdigste; solches Geld aber halte fest unter deinem Verschluss.

Sei Herr in deinem Königreich und lasse die Gewalt der Päpste nicht zu.

Die Bistümer gieb gelehrten Männern, aber nicht aus alten und vornehmen Häusern, denn solche würden dich beherrschen wollen.

Schaffe die Landboten ab, denn sie sind noch nicht lange aufgekommen und zwar nur zur Bewilligung der Abgaben. Jetzt eignen sie sich alles zu, damit es nach ihrem W ille n gehe, und dich möchten sie nachher nur noch zum Schein behalten.

U nter den in lateinischer Sprache verfassten Werken K a lli- machs zeichnet sich die meisterliche Lebensbeschreibung Gregors aus Sanok aus. Nächstdem schrieb er einige historische Monographien.

Einer der begabtesten Humanisten, K o n r a d C e lte s , geb. 1459 in Deutschland, und von dessen Kaiser zum lateinischen D ichter gekrönt, besuchte zu seiner Ausbildung verschiedene Städte Italiens und liess sich dann eine Zeit lang in Krakau nieder. D o rt schrieb er lateinische Poesien, in denen er polnische Gegenstände besang, und übte einen grossen geistigen Einfluss, indem er den Geschmack an klassischer L itteratur weckte. E r starb im Jahre 1508. Nach seinem Vorgänge trat eine ganze Reihe lateinisch-polnischer Dichter auf, deren bedeutendste w ir in einem folgenden Abschnitte kennen lernen werden.

25

2. D ie g o ld e n e Ä r a d e r n u n m e h r e n tw ic k e lte n L it te r a t u r .

D ie e r s t e n D r u c k e .

D ie Erfindung der Buchdruckerkunst hat vielleicht nicht ein einziges Genie m e h r ins Leben gerufen, aber, indem sie eine F lut von Bildung unter die Menschen ergoss, leistete sie Unberechen­

bares. Die Buchdruckerkunst war die tausendarmige Brunnen­

leitung, durch welche der bewegende, geistesfrische Lebensstrom in alle W elt ausging. Als sie sich in der zweiten Hälfte-des 15. Jahr­

hunderts in Europa verbreitete, kamen auch nach Krakau Buch­

drucker vom Auslande her m it transportablen Pressen und begannen ihre Thätigkeit. Die ersten dort von ihnen gedruckten Werke waren in lateinischer Sprache abgefasst und dienten nur religiösen Zwecken.

D ann liess sich ein deutscher Seidenheftler, Namens S w e ib o ld F i o l , der zugleich eine Buchdruckerei besass, in Krakau nieder.

E r w ird gewöhnlich als geborener Franke bezeichnet, ein Miss­

verständnis, welches durch den Namen seines Setzers F r a n k auf den T ite ln hervorgerufen ist. F iol druckte in den Jahren 149°

und 91 mehrere Werke in ruthenischer Sprache m it cyrillischem Alphabet, e rlitt aber, wenn auch nicht wegen der Begünstigung des griechischen Kultus in diesen Schriften, so doch wegen seiner mündlichen antikatholischen Äusserungen mannigfache Verfolgungen.

Als er dann nach Ungarn übergesiedelt war, gab es in Krakau lange Zeit gar keine Buchdruckerei, und erst im Jahre 1503 eröffnete ein Kaufmann J o h a n n H a l l e r wieder eine solche m it H ilfe des Druckers K a s p a r H o c h f e d e r aus Metz. Aber an den Druck polnischer Bücher dachte noch niemand.

Endlich unternahm es der aus Liebenthal in Schlesien ge­

bürtige Buchdrucker H i e r o n y m u s W i e t o r , das Eis zu brechen, und scheute keine Kosten — wie sie namentlich die Herstellung geeigneter Lettern erforderte — sein Ziel zu erreichen. Nachdem

2 6

er sich 1515 in Krakau niedergelassen hatte, entfaltete seine Druckerei unter seiner und später unter seiner Witwe Leitung eine sehr erspriessliche Thätigkeit. Aus dieser Werkstatt gingen die ersten Bücher in polnischer Sprache hervor. Einzelne polnische Bruchstücke waren zwar schon hier und dort in lateinischen Werken gedruckt, wie z. B. das V a t e r U n s e r in den Statuten der Bres­

lauer Bischöfe, Breslau 1475, d i e E r z ä h l u n g v o m P a p s t e U r b a n , lateinisch, deutsch und polnisch, 1505, u. s. w. Aber das erste durchweg in polnischer Sprache gedruckte Buch erschien 1521 bei Hieronymus W ietor in Krakau unter dem T ite l: U n t e r r e d u n g e n des k l u g e n K ö n i g s S a lo m o n m i t d e m g r o b e n u n d a b ­ s c h e u li c h e n M a r h o l t . Dieses Ereignis pflegt als der Ausgangs­

punkt des „Goldenen Zeitalters“ der polnischen Litteratur betrachtet zu werden. In den vom Herausgeber H. W ietor selbst dem Werk vorangestellten Zueignungsworten an die Kastelanin Anna Wojnicka spricht er sich darüber aus, dass er seit seiner Übersiedelung nach Krakau sich m it dem Gedanken an Herausgabe polnischer Bücher getragen, aber dabei m it sehr grossen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt habe. Endlich durch H erren aus dem Gefolge der Frau W ojnicka überredet, habe er das Werk „m it grosser Begierde“

unternommen und, um zuerst etwas Kurzweiliges zu veröffentlichen, die Unterredungen Salomos m it M arholt in polnischer Übersetzung von Johann aus Koszyczki am Dienstag vor dem heiligen Apostel Thomas im Jahre des H errn 1521 im Druck erscheinen lassen.

In derselben Druckerei erschien im Jahre 1522: „ E c c l e s i a s t e s o d e r d i e B ü c h e r S a l o m o n i s , w e l c h e g e w ö h n l i c h d i e P r e d i g e r b ü c h e r g e n a n n t w e r d e n ; denn dieser weise Pre­

diger Salomon lehrt uns durch nachstehende Bücher diese eitle W elt verachten. W enn w ir sie daher fleissig durchlesen, werden w ir daraus keinen geringen Nutzen und Trost ziehen.“ In dieser zweiten Publikation, obgleich kaum durch den Zeitraum eines Jahres von der vorhergenannten getrennt, bemerkt man schon einen nicht unwesentlichen Fortschritt in der Ausarbeitung der Sprache und der äusseren Schriftzeichen, wenn deren Gebrauch auch im V erlauf des Werkes selbst noch manchen Schwankungen unter­

worfen ist. In demselben Jahre erschien bei W ietor „ D a s L e b e n

27

d e s H e r r n C h r i s t u s , ins Polnische übersetzt von B a l t h a s a r O p e c , D oktor der heiligen Theologie. M it Holzschnitten und einer Vorrede“ .

Diese drei Bücher eröffnen die Reihe polnischer Druckwerke, deren Zahl sich von nun an schnell vermehrte. Auch in andern polnischen Städten, ja sogar in D örfern, wurden Druckereien eröffnet, ein Beweis für das in der damaligen Litteraturbewegung herrschende frische Leben.

L a t e i n i sch- p o l n i s c h e D i c h t e r .

U nter Kasimirs IV . (t 14Q2) Regierung erlangte Polen einen grossen R uf, der Reichtum des Volkes hob sich und der Ge­

schmack an den Wissenschaften wurde allgemeiner. Die Bildung durchdrang alle Gesellschaftsschichten, und daraus ging eine Gene­

ration hervor, welche dem Lande zum Ruhme gereichte. W ie im übrigen Europa trug auch in Polen das Studium der klassischen L itte ra tu r treffliche geistige Früchte. Angelockt durch ihre Schön­

heiten begann man sich aus der scholastischen Dunkelheit und den Fesseln des Aristoteles zu befreien. Die Klassicität legte den ersten Grundstein zur polnischen Poesie. Allerdings schrieben die ersten Dichter in lateinischer Sprache, welche während der ganzen Re gierung Sigmunds I. ( 1 5 0 6 - 1 5 4 8 ) die herrschende blieb. Die p o l n i s c h e Poesie erhob am Anfänge des 16. Jahrhunderts nur schwach ihre Stimme in der Kirche oder sie barg sich m der niederen Hütte. U m diese Zeit wurde in der philosophischen Fakul­

tät der Krakauer Akademie der erste Lehrstuhl für lateinische Dichtkunst errichtet. A u f diesen berief man P a u l aus K r o s n o , der nicht nur in Polen, sondern auch in U ngarn, wohin er im Jahre 1508 vor der Pest geflüchtet war, als Dichter in hohem Ansehn stand. E r verfasste anmutige Elegien, witzige Epigramme und ernste Gedichte.

2 8

A n d r e a s K r z y c k i schrieb in Prosa und in Versen, und zwar — ausser einem kleinen Fragment in schlechtem Polnisch — nur lateinisch. Seine Poesien sind gewandt und witzig, aber ohne dichterisches Feuer, sie besitzen indes das Verdienst, eine Menge historischer Thatsachen auf die Nachwelt gebracht zu haben.

K rzycki wusste sich die Gunst des Königs Sigmund und seiner Gemahlin Barbara Zapolia aus Ungarn zu erwerben und benutzte, sein Talent verkaufend, die Poesie zur Erlangung von Ehrenstellen.

Im Jahre 1535 zum Erzbischof von Gnesen und Primas von Polen ernannt, starb er im Jahre 1537- W ir geben hier eine Stelle aus einem von ihm im Namen der K önigin Barbara an Sigmund I.

geschriebenen Briefe, nach errungenem Siege 1514:

W ie nach dem Gatten in des W ipfels Laube M it W itwegirren ruft die scheue Taube, M it solchem Seufzer, solcher W itweklage Ersehn’ ich bangend dich bei Nacht und Tage.

A ls Mars dich abgerufen in die Weite, V erlor Ich, was mich schützte, mich erfreute;

O H err! ich wusste ja so sicher nicht, Ob dir die Kriegsfahrt auch gelingen werde.

Doch deine Briefe von des Schlachtfelds Erde E rfüllten m ir das Herz m it Zuversicht:

M it tapfern Händen, die den Sieg errangen, Nahmst Fürsten du und Hetmane gefangen.

Nun flieht die Sorge, die mein Sein vergällt, Ich fühle meine Ruhe wiederkehren

Und bringe opfernd Dank dem Herrn der W e lt, Der durch das Glück getrocknet meine Zähren.

W ie sandte ich Gebete ohne Zahl In Tagesglut empor, in nächt’ger Qual!

Der Ehre Glanz, das stolze Purpurkleid Vermehrten nur der Ahnung Bitterkeit.

Und wie ich schwarz mein trauernd Haupt umwand, Nahm ich von meinem Hals das Perlenband, Zum Misston ward dem Ohr der Harfe K la n g , Zuwider war m ir Fest und Speis’ und Trank.

„S ei stark“ , so sagten sie und rieten gut,

„D e r königlichen Brust geziemt der Mut.

Dein V o lk ist brav und weiss m it dir zu fühlen, Drum lass die Hoflnung eingehn in dein Herz.“

2 9

Leicht trösten so die Weisen, denn sie zielen A u f den Verstand — tief innen bleibt der Schmerz!

Doch jetzt w a llt freudiger als je mein B lu t, Denn Gott ersetzte m ir die Thränenflut, Ich lausche jetzt m it W onne deinem Ruhme, W ie du m it hoheitvollem Heldentume

Dem Feind entgegengingst — denn jeder Mund Macht deinen M ut und deine Weisheit kund.

W ir wissen schon; wie angsterfüllt der Feind D ir Lager und Standarten überlassen;

Man spricht hier schon davon in Haus und Gassen U nd segnet Gott, zum Dankgebet vereint.

Krzycki scheint übrigens das Gleichnis der Bergpredigt vom Splitter und Balken nicht beherzigt zu haben, das beweist ein von ihm verfasstes lateinisches Distichon auf seinen damaligen E rz­

bischof J o h a n n L a s k i , auch a Lasco genannt. Diesem, durch diplomatische Gesandtschaften und durch seine Sammlung p olni­

scher Gesetze berühmten Primas von Polen, geboren 1457, ge­

storben 1531, spendet er in den beiden künstlich geformten Versen scheinbar grosses Lob, dasselbe schlägt aber in das Gegenteil um, wenn man das Epigramm W o rt für W o rt von hinten nach vorne liest, wobei ebenfalls ein Distichon herauskom m t.

Eximium decus hoc fecit te scandere regni, Lascie Joannes, laus tua, non tua fraus.

Umgekehrt w ird ein hämischer Tadel daraus:

Fraus tua, non tua laus, Joannes Lascie; regni Scandere te fecit hoc decus eximium. —

Deutsch wäre dies etwa so wiederzugeben.

Tugendverdienst, nicht Falschheit, schuf weithinragende Ehren, Herrliche, Laski dir, Sonne Sarmatias dir!

Rückwärts gelesen lautet dies D istichon.

D ir, Sarmatias Sonne, dir, Laski, herrliche Ehren,

Weithinragende, schuf Falschheit, nicht Tugendverdienst.

W dokumencie Geschichte der polnischen Litteratur (Stron 27-95)

Powiązane dokumenty