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Das Zeitalter des Wiederaufblühens bis zu Mickiewicz

W dokumencie Geschichte der polnischen Litteratur (Stron 131-200)

Das Zeitalter des Wiederaufblühens der polnischen Litteratur bis zu Mickiewicz

IV. Das Zeitalter des Wiederaufblühens bis zu Mickiewicz

A l l g e m e i n e r Ü b e r b l i c k ü b e r d a s 18. J a h r h u n d e r t .

¡TOgMjir haben die folgenschweren Einflüsse des Zelotismus auf g ^ » | l Erziehung, Litteratur und soziales Leben kennen gelernt.

Es giebt keinen grösseren Zwang, als das geistliche Im p ri­

m atur; in einem Lande, wo beinahe alle litterarischen Produkte des Verstandes und des Herzens untersagt und die Einfuhr von Büchern, die nicht einmal das eigentliche Dogma berühren, ver­

boten ist, kann sich kein Genie entfalten.

Der Rückschritt machte sich auch auf politischem Gebiete bemerkbar. Das polnische V o lk , zu den aufgeklärtesten Europas zählend, verlor m it der Freiheit des Gewissens und der Lehre auch jene Tugenden, auf denen die K ra ft des Staates beruhte.

Durch die an den Dissidenten geübte Gewalt wurde auch m sonst duldsamen Gemütern ein fanatischer Hass erzeugt, der sich nicht nur in einer verderblichen W ort-Polem ik, sondern auch in blutigen Kämpfen äusserte. Nichts aber ebnet dem äusseren Feinde mehr die Wege, als innerer Parteizwist: duobus litigantibus tertius gaudet!

D ie Magnaten waren durch panegyrischen Weihrauch über­

mütig geworden und kümmerten sich kaum mehr um das Wohl des Vaterlandes. Der übrige Adel folgte mehr oder weniger ihrem Beispiel. E in Geist der Lüge und Charakterlosigkeit beherrschte alle Sphären der Gesellschaft. Alles wurde verkäuflich, sogar die

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Feder des Schriftstellers, dessen Gerät, die Sprache, m it in die allgemeine Verderbnis hineingezogen war. Ein Schmaus, ein T rin k ­ gelage folgte dem andern; wer nicht trinken wollte oder konnte, wurde allgemein, ja im eigenen Hause verachtet. Einige haben sich sogar als Säufer einen Nachruhm erworben. Manches ist indes jedenfalls übertrieben dargestellt worden — auch darf man nicht vergessen, dass das achtzehnte Jahrhundert nicht blos in Polen solche traurigen Früchte zeitigte. Andere Länder waren von einem ähnlichen Geiste der Entartung ergriffen. W ir erinnern nur an den schmachvollen Menschenhandel Friedrichs von Hessen, an die Orgien des Regenten Philipp von Orleans, an die französischen Hofintriguen und an die cynischen Zeiten Ludwigs des X V . und X V I. E in ähnliches Bild, nur in weniger grellen Farben, zeigt uns das damalige England. Polen hat unzweifelhaft viele Übel, die seinen gesund aus sich selbst aufgebauten Organismus unterwühlten, vom Auslande empfangen. In dem allgemeinen Niedergange arteten auch die durch Jahrhunderte bewährten Staatseinrichtungen in Missbrauche aus. Jedes Interregnum, jede Königswahl bot fortan die erwünschte Gelegenheit, zu zeigen, was der Einzelne vermochte, die freien Stimmen wurden um Geld und Geldeswert an den Reichsten und Mächtigsten verhandelt. D er Adel hatte seine Traditionen und den Blick in die Zukunft verloren, der Magnat nannte den niederen Edelmann nur dann noch „H e rr Bruder“ , wenn er ihn zu einer Verschwörung gegen oder für den König gewinnen wollte. Das wahre Verdienst, die echte Bürgertugend musste oft vor der Macht des Geldes und der Protektion im W inkel stehen. Polen war stark und gefürchtet, so lange die Brust jedes Edelmanns eine Festung gegen den Feind bildete und der Adel e in e grosse Familie m it dem K önig als Vater war. In dem Masse, wie die Achtung vor diesem ihrem Haupte und die Gleich­

heit der M itglieder der grossen Familie schwand, wankte auch das Gebäude der Republik und ging nach dreimaliger Erschütterung unter, zumal auch das geringe stehende Heer, nach dem U rteil sachkundiger Zeitgenossen nur ein Bild mangelhafter Kriegskunst und völlig gelöster D isciplin darbot. Die bewaffnete Macht stand in der T ha t unter dem Niveau jeder K ritik und glich eher allem anderen als einer Armee.

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Das liberum Veto, die Vernichtung eines Reichstagsbeschlusses durch den Einspruch eines einzigen Landboten, verdient vielleicht nicht ganz den T adel, welchen die an heutige parlamentarische Formen Gewöhnten darauf häufen; oft sehen w ir auch in unserer hochaufgeklärten Zeit den Verstand bei der zufälligen Minderheit, und das verbietende W o rt eines Weisen und Wohlgesinnten aus dieser M inorität würde dann gewiss von unendlichem Nutzen sein und wohlthätig hemmend in das Rad der vielgeschäftigen Gesetz­

mühle eingreifen. Zudem lag die Sache in Polen wesentlich anders, als in unseren heutigen konstitutionellen Staaten. Polen war ein föderierter Staat m it der grössten Autonomie der einzelnen Landes­

teile. Die Protestation eines Landboten erfolgte auf Grund ge­

schriebener Instruktionen, die ihm aus seinem Heimatsbezirk erteilt worden waren und sich auf das, alle Gegenstände der künftigen Verhandlungen enthaltende „Commissorium“ bezogen, durch wel­

ches der König zur W ahl der Landboten aufgefordert hatte. Man zählte im Reichstage nicht die Stimmen, sondern suchte zwischen den Instruktionen der einzelnen Landboten die bestmöglichste Transaktion zu erzielen. V on Parlamentarismus war in Polen nicht die Rede, denn die ■ M inister wurden auf Lebenszeit ernannt, konnten nicht einmal vom Könige abgesetzt werden und kehrten sich an den Reichstag nur wenig. Allm ählig rissen Missbrauche ein, das liberum Veto wurde aus selbstischen Rücksichten immer häufiger geltend gemacht und dadurch zuletzt jeder Reichstag unter­

brochen, so dass während der Regierung der beiden Sachsenkönige keine Session ganz beendigt werden konnte.

U nter denjenigen Fehlern, welche das Unglück des Landes vorbereiteten, war die einseitige Auffassung des Begriffs eines

„Staatsbürgers“ nicht der geringste. Ein solcher Obywatel war nur der Edelmann, während die m it der ganzen Steuerlast bedrückten Städtebewohner und die als eine A rt substantia incom­

pleta vegetierenden Bauern von jedem Einfluss auf die inneren und äusseren Angelegenheiten des Staates vollständig ausgeschlossen blieben. W ir wollen einer zu weit getriebenen Freiheit und soge­

nannten „A ufklärung“ der niederen Volksschichten nicht das W ort reden. W ohin würden w ir gelangen, wenn der gemeine M ann

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sich mehr m it P olitik als m it häuslichen Arbeiten beschäftigte, der Ackersmann lieber die Zeitung oder Darwin-Häckels T ie r­

märchen als den Pflug zur Hand nähme und jeder Schuster dichten wollte, wie Hans Sachs. Andererseits empört es aber jedes Gefühl, einen unschuldigen Menschen von der Geburt an rechtlos der W illkür seines Nebenmenschen preisgegeben zu wissen. Und das war damals nicht blos in Polen das Los der Bauern, sondern bis zur Aufhebung der Erbunterthänigkeit auch in anderen Ländern.

Diese hatten aber wenigstens an dem hochbedeutsamen Bürger­

stande der Städte eine mächtige Stütze.

Leibnitz schrieb über die polnischen Zustände: persona rei- publicae in nobilitatis personam translata est. U nd in der That ist der polnische Adel eine durchaus eigentümliche, unter keine alte oder neue Form zu summierende E inrichtung; der Ritterstand war kein Stand, sondern das Volk selbst. Die alten Polen liebten es indes, sich m it den Griechen oder Römern zu vergleichen und nannten ihre Regierungsform eine Republik. M it einer interdictio in adjecto und doch nicht ganz unzutreffend bezeichnet sie ein Schriftsteller als eine „demokratische Aristokratie“ . W ährend des Mittelalters boten im übrigen Europa die Verfassungen der unter Lehen stehenden Länder nur insofern eine gewisse Ähnlichkeit, als die höheren Vasallen und die Geistlichkeit ebenfalls für ihre Vorrechte und Freiheiten kämpften, ohne die niederen Stände zu berücksichtigen.

Polens H orizont verdüsterte sich mehr und mehr. Es wäre noch Rettung möglich gewesen, wenn man ernstlich an die Be­

seitigung der erwähnten Missstände gedacht, das Los der L eib­

eigenen verbessert, der zügellosen Freiheit und Anarchie entsagt und bei Zeiten die Urheber der geistigen Verkommenheit aus dem Lande gejagt hätte. Endlich wäre noch der siebenjährige K rieg eine gelegene Zeit für Polen gewesen, sich zwischen den streiten­

den Mächten eine selbständige Stellung und somit Einfluss und Bedeutung innerhalb des europäischen Staatensystems zu sichern.

Aber es liess diese Gelegenheit vorübergehn, ohne sich zu irgend einer That zu entschliessen.

Die innere Zerrüttung war durch die religiöse Unduldsamkeit

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noch unendlich vermehrt worden. Diese erstreckte sich nicht blos auf die Protestanten, sondern auch auf die Angehörigen der griechischen Kirche. Schon um die M itte des 17. Jahrhunderts sollten die Kosaken, diese treue und unüberwindliche Vormauer Polens gegen Türken und Tataren zur Annahme der römisch- katholischen Religion gezwungen werden. In wahnsinnigem Be­

kehrungseifer verweigerte man den griechischen Bischöfen Sitz und Stimme auf den Reichstagen, die griechischen Kirchen wurden von polnischen Heeren an Juden verpachtet, denen für die Schlüssel eine Abgabe entrichtet werden musste, und eine Festung, Kudak, wurde zur besseren Bewachung der Kosaken erbaut. Endlich empörten sich diese unter Anführung des polnischen Edelmanns Bohdan Chmielnicki. Czapliński, Unterstarost von Czechrin, einem der bekanntesten historischen Punkte der U kraine, hatte sich m it Gewalt des, Chmielnicki gehörigen Dorfes bemächtigt, seine Frau entführt und seinen Sohn zu Tode prügeln lassen. Chmielnicki suchte Gerechtigkeit bei den Tribunalen, doch ohne Erfolg, obgleich König Władysław ihm wohlwollte und zu ihm gesagt haben soll:

„hast du keinen Säbel?“ Das bestimmte ihn, sich m it den Tataren und Kosaken zu verbinden. A n der Spitze der letzteren eroberte er Kudak und sandte an Władysław ein Schreiben, in welchem die Klagen der Kosaken nebst den Forderungen freier Ausübung ihrer griechischen Religion niedergelegt waren. Aber Władysław, der die unterdrückten Kosaken zu begünstigen schien, war eben (1648) gestorben. Während des Interregnums machte Chmielnicki sich dem gegen ihn ins Feld gerückten Adel so furchtbar, dass derselbe, ohne eine Schlacht zu liefern, entfloh. Chmielnicki zer­

störte nun alle adeligen Sitze bis Lemberg. Jede Nacht rötete sich der Him m el von den Flammen angezündeter Städte und Dörfer. Endlich wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Johann Kasimir, zum König von Polen gew ählt, sandte an Chmielnicki den Hetmanstab; weil jedoch die Forderungen der Kosaken

— Ausweisung der Jesuiten und Juden aus ihrem Gebiet, Frei­

heiten und Privilegien für sich — vom Reichstage nicht bewilligt wurden, begannen die Feindseligkeiten von Neuem, m it wechseln­

dem Erfolg. Sechs Jahre dauerte der durch Grausamkeiten von

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beiden Seiten bezeichnete Verheerungskrieg. V on Johann K asim ir ab, unter dem das Lan d zugleich durch Kriege m it Russland und Schweden litt, geht Polen schon langsamen Schrittes seiner A u f­

lösung entgegen. Noch e in m a l, unter Johann Sobieski ( f 1696}

flamm t der alte Heldengeist wieder auf, um jedoch bald w ieder zu ermatten.

Die nämlichen Ursachen, welche die geschilderte Kosaken­

erhebung veranlasst hatten, trieben ein Jahrhundert später die unterdrückten Bauern der Ukraine zu einem allgemeinen A u f­

stande, welcher in dem entsetzlichen Blutbad von H um an (1768}

seinen Gipfelpunkt erreichte. Städte, Schlösser wurden zerstört, und Edelleute, katholische Geistliche und Juden bluteten unter dem Messer der entmenschten Hajdamaken. D e r Seher Wemyhora,.

dessen Gedächtniss in der ganzen Ukraine verehrt wird und dessen Prophezeiungen noch in aller Munde leben, bemühte sich, Russ­

lands Wünschen entgegen, die Bauern auf jede Weise zu beruhigen, und wurde deshalb von Katharina I I verfolgt. E r starb in der Ukraine um das Jahr 1770.

So war denn Polen durch religiöse Verfolgungen und leiden­

schaftliche Parteikämpfe im Innern zerrissen, nach aussen hin machtlos durch seine nach Verlust der Seeküste höchst unglück­

liche Lage, durch das Zurückbleiben hinter anderen Staaten in Bezug auf Kriegskunst und stehende Truppenzahl und durch den Mangel jeder selbständigen Politik. Stanislaw August (Poniatowski) war zu schwach, um dem Inlande wie dem Auslande gegenüber die Zügel der Regierung m it fester H and zu führen. E r ver­

mochte sich nicht zum Heroismus emporzuschwingen, sondern war allzuleicht bereit, die gute Sache zu verlassen, wenn nur der äussere Schein seiner Würde gewahrt blieb. Jeder Zoll an ihm war der feine, philosophisch angebildete Lebemann des achtzehnten Jahrhunderts, der Cavalier der französischen Schule, Voltairianer und Roue zugleich. Als blosse Puppe liess er sich von der H and einer Frau auf den Thron heben und wieder hinabstossen. Dabei war er stets sehr ängstlich um die M einung der Höfe von Berlin und Petersburg besorgt. „Sehen Ew. Majestät nicht immer nach Norden und Süden“ , sagte ihm ein alter Hofm ann, „m an w ird

doch endlich von beiden Seiten m it uns Kegel schieben, und bei diesem Spiel w irft man meistens nach dem Könige.“ Derselbe Vertraute soll dem Monarchen, als er einst in der Gesellschaft eingeschlafen war, die W orte zugeflüstert haben: „W achen Sie doch a uf, Sire, man spricht ja schon überall davon, dass Sie s c h la fe n “ .

M an brachte Stanislaw August kein Vertrauen entgegen, weil man wusste, dass er, wenn es entschiedenes H andeln galt, alle verständigen Erwartungen durch Sinnesänderung täuschte. E r besass indess auch manche Vorzüge, es fehlte ihm nicht an höherer Ausbildung und schönen Fähigkeiten, er liebte Künste und Wissenschaften und beförderte sie. Deshalb blühte unter seiner Regierung die Litteratur wieder auf, und eine neue1" fruchtbare Grundlage der Bildung wurde gelegt, nachdem die Herrschaft der lateinischen Sprache gebrochen war. E r war auch der Be­

gründer des ersten Nationaltheaters in Warschau.

Freilich machten sich nun vielfach französische Ideen m it ihren galanten und zugleich satirischen Tendenzen in Lehre und Schrift geltend, welche zu einer gewissen, die volkstümliche Entwickelung benachteiligenden Pseudo-Klassicität führten. Bei Vielen hatte die neue Civilisation — m it Slowacki zu reden — etwas „Papa­

geienhaftes“ , sie war nur eine Sache der Mode, etwa wie Perrücken und Haarbeutel. Deshalb lassen die meisten Schöpfungen dieser Epoche Tiefe und Selbständigkeit der Auffassung vermissen. Alle Schriftsteller derselben kommen jedoch in dem Streben überein, die Verirrungen der massgebenden Gesellschaftsschichten zu be­

kämpfen, L ic h t in das Dunkel zu bringen und das falsche Ideal zu zerstören, welches das polnische V o lk sich selbst geschaffen hatte. Diese Litteraturperiode hat trotz der schon berührten Mängel dennoch Manches m it der Ära der Sigmunde gemein:

die Vorliebe für den Klassicismus, das Vorwiegen des V e r­

standes über die anderen Seelenkräfte, vor Allem aber die Freiheit des Denkens.

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----Nitschmann, Gesch. d. poln. Litt. 9

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U m s c h w u n g in L i t t e r a t u r u n d E rz ie h u n g .

W ie die Familienähnlichkeit oft erst in den Enkelkindern wieder zu Tage tritt, so sieht man auch eine vorübergegangene Epoche erst wieder in einem dritten Zeiträume, und nachdem inzwischen gewissermassen ih r Kontrast in sich fertig geworden, zur Abklärung und lebendigen Geltung gelangen. Es war ein grosses Verdienst der Schriftsteller dieses Zeitalters, dass sie der Sprache ihre frühere Reinheit Wiedergaben, indem sie sie von den parasitisch wuchernden Makkaronismen befreiten. W ar die litterarische Bewegung auch weniger lebhaft, als zur Z eit eines Kochanowski, artete sie auch oft in Ueberschwänglichkeiten aus, so muss sie doch im Vergleich m it der panegyrischen Epoche be­

deutend genannt werden. Die polnische Sprache, welche so lange hintangesetzt war, hatte sich immer noch in ihrer echten Gestalt im Innern des Hauses, im Munde der Frauen und des Volkes erhal­

ten, und dadurch wurde Denen, welche sie wieder in die Öffent­

lichkeit einführten, ihr W erk erleichtert. Nichts muss einer N ation wichtiger sein, als die Ausbildung und Pflege der Muttersprache;

wo es daran fehlt, wo man wie m it geborgtem Gut wirtschaftet, ist man nur die Zugabe eines anderen Volkes und trägt im besten Fall zu dessen Ruhme bei.

Die Reinheit des Gedankens und seines Ausdrucks wirkten jetzt harmonisch zusammen, um eine Reform auch im Erziehungs­

wesen anzubahnen. Es war eine unausbleibliche Folge, dass der schwülstige T o n der Schriften des dritten Zeitalters auf die ihrem Wesen nach einer mehr einfachen Ursprünglichkeit, einem reineren Aufschwung zugethane Nation eine nachteilige W irkung üben musste.

In der Reihe derjenigen Schriftsteller, welche bestrebt waren, die Fehler ihrer Vorfahren zu verbessern, den verirrten Geschmack wieder in die richtigen Geleise zu lenken und durch Förderung der Aufklärung die politischen Vorurteile zu besiegen, steht S ta n is la w K o n a r s k i voran. In der Krakauer Wojwodschaft i 700 geboren, wurde er von seinem Vater, welcher Kastelan von Zawichost war, in den Grundsätzen der Religion und Moral erzogen. E r empfing dann seine fernere Ausbildung von den

Piaristen in Petrikau, deren Orden sich hauptsächlich dem unent­

geltlichen U nterricht der Jugend widmet und, obwohl durch seine Regeln dem Jesuitenorden sehr nahestehend, doch darin vorteil­

haft von ihm ab weicht, dass seine Methode der Volkserziehung nicht auf Ertötung des Gedankens hinzielt, und dass er niemals die politische Gewalt an sich zu reissen versucht hat. Im sieb­

zehnten Lebensjahre wurde Konarski M itglied des Piaristenordens und demnächst als Professor der Litteratur an das Kollegium des­

selben zu Warschau berufen. Nachdem er dann vier Jahre in Rom m it gelehrten Männern Umgang gepflogen hatte, reiste er nach Paris, der damaligen Metropole des Geschmacks. E r schloss Freundschaft m it Fontenelle und war m it Erfolg bemüht, sich m it dem Lehrgänge der dortigen Universität vertraut zu machen.

Nach anderthalbjährigem Aufenthalt in Paris kehrte Konarski in sein Vaterland zurück, von dem heissen Wunsche beseelt, sich demselben nützlich zu machen. Sein erstes W erk war eine voll­

ständige Sammlung der zerstreuten Gesetze und Reichstagsstatuten in 6 Foliobänden unter dem T ite l Volum ina legum. Sodann zeigte er in dem fünf bändigen W erk „V o n der Methode erfolgreicher Beratungen“ die unglücklichen Folgen des freien Veto und drang auf dessen Abschaffung. Die Erfüllung dieses seines sehnlichen Wunsches erlebte er indes nicht m ehr, denn erst fünfzehn Jahre nach seinem Tode wurde dieses Vorrecht aufgehoben. Er hatte sich durch dieses Buch viele zu Feinden gemacht und deren Zahl durch die Schrift „V o n der Religion der rechtschaffenen Leute gegenüber den Deisten (1769)“ noch vermehrt. Die Jesuiten, denen er schon lange ein Stein des Anstosses war, verklagten ihn wegen der angeblich darin niedergelegten atheistischen Grundsätze in Rom. Pabst Klemens X IV . aber, derselbe, der vier Jahre später den Jesuitenorden aufhob, lobte das in lateinischer Übersetzung ihm vorgelegte W erk und empfahl seine Verbreitung. Im Todes­

jahre Konarski’s, 1773, erschien noch von ihm „U nterhaltung eines Landmannes m it seinem Nachbar über die Unglücksfälle des Vaterlandes.“

Das Unterrichtssystem, welches er in den von ihm als Pro­

vinzial geleiteten Schulen und in dem von ihm gestifteten

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gium nobilium einführte, bewährte sich so , dass auch die W i­

dersacher ihm ihre Anerkennung nicht versagen konnten. Als polnischer Schriftsteller d arf Konarski nicht nach heutigen Begriffen beurteilt werden. W ir müssen eben m it seiner Zeit rechnen.

Seine eigene Erziehung fiel in eine Periode, in welcher die Sprache noch durch Latinismen entstellt war, und er vermochte sich des­

halb niemals ganz davon freizumachen. Der Schwerpunkt seines Schaffens liegt aber auf Seite des verständigen Inhalts, der heilsamen Lehren und echt patriotischen, kühn ausgesprochenen Ideen in seinen Werken. E r nahm die ihm mehrfach angetragene Bischofswürde nicht an, entsagte auch allen sonstigen Auszeich­

nungen. Stanislaw August, der keine andere Belohnung für ihn ausfindig machen konnte, liess, um ihn zu ehren, eine goldene Medaille prägen, m it der Inschrift: sapere auso (dem, der gewagt hat, weise zu sein). — E in bisher noch ungedrucktes Drama K o- narski’s: „Epaminondas“ erscheint jetzt im Buchhandel.

E r hatte von der Stille des Klosters aus eine neue Epoche geschaffen, sein W o rt war blitzschnell durch das Land gedrungen.

Obwohl seinem Jahrhundert voraneilend, blieb er nicht, wie oft grosse Männer, ein Prediger in der Wüste. Gaben sich doch seine Lehren als das Echo dessen, was schon die Herzen und Gedanken aller Gutgesinnten bewegte. Die schönsten Früchte seines W irkens offenbarten sich noch nach seinem Hinscheiden.

Am 17. Juli 1773 setzte der Reichstag auf den Antrag des U nter­

kanzlers von Litauen, Joachim Chreptowicz eine Edukations-Kom- mission ein und übertrug ihr die Aufsicht über die öffentliche E r­

ziehung. Aus der M itte derselben ging dann noch eine Gesell­

ziehung. Aus der M itte derselben ging dann noch eine Gesell­

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