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DIE RECHENKUNST DER SCHIMPANSIN BASSO IM FRANKFURTER ZOOLOGISCHEN GARTEN

N EBST

B E M E R K U N G E N Z U R T IE R P S Y C H O L O G IE U N D E IN E M O F F E N E N B R IE F A N H E R R N K R A L L

VON K A R L M A R B E .

IN H A L T .

§ 1. D ie Schimpansin Basso und ihre Leistungen ... 135

§ 2. Die Rechenleistungen B a sso s... 140

§ 3. D er Reohenunterricht B assos... 144

§ 4. D ie S tiftu n g von Assoziationen bei Tieren und die w irtschaftliche Be­

deutung dieser A sso zia tio n e n 152

§ 5. Autom atisches oder w irkliches Rechnen, Gedankenlesen, un w illkü rlich e Zeichen oder S chw in d e l? ... ... 155

§ 6. Versuche über Gedankenlesen ... 158

§ 7. Bassos w irkliches Rechnen ... 161

§ 8. Über die Beobachtungsgabe der Tiere ...167

§ 9. Aufgaben fü r die T ie rp sych o lo g ie ... 172

§ 10. Z ur tierpsychologischen M e th o d ik ... 176

§ 11. Offener B rie f an H errn K r a l l ... 179

§ 12. S chlußbem erkungen... 184

§ 1. D IE S C H IM P A N S IN BASSO U N D IH R E L E IS T U N G E N . Im Zoologischen Garten zu F ra n k fu rt a. M. befindet sich eine Schimpansin, die wegen ihrer Leistungen und ihres menschenähnlichen Verhaltens das Interesse der weitesten Kreise erregt. Die Schimpansin, die auf den Namen Basso hört, ist schon o ft in Tageszeitungen erwähnt und auch in einem Büchlein von K n a u e r 1) kurz beschrieben worden;

K n a u e r , der Basso zu den berühm t gewordenen Menschenaffen rechnet,

!) F . K n a u e r , Menschenaffen, ih r F rei- und Gefangenleben. Leipzig (ohne Jahreszahl). S. 88 ff.

Fortschritte der Psychologie. I I I . Heft. IV . Band. 10

g ib t zwei Abbildungen von ih r aus dem Jahre 1912 wieder. Nächstens w ird sich, wie ich höre, auch H e rr Professor D r. H e c k in der neuesten Ausgabe von Brehms Tierleben über Basso äußern. Unsere beiden Abbildungen (Seite 137 und 138) wurden kürzlich vom D ire kto r des F ra n k fu rte r Zoologischen Gartens, H errn D r. K u r t P r i e m e i , photo­

graphisch aufgenommen.

Basso stam m t aus dem belgischen Kongogebiet und kam als Ge­

schenk der zweiten Inner-A frika-E xpe dition des Herzogs A d o lf Friedrich zu Mecklenburg in den Besitz des Gartens. Ih r W ärter, H e rr R ic h a r d B u r k a r d t , holte sie seinerzeit in einem K ä fig in Antwerpen ah und brachte sie am 24. August 1911 in den Zoologischen Garten. Ih r A lte r w ird gegenwärtig (Mai 1916) auf ca. acht bis neun Jahre geschätzt.

Nach der A n k u n ft wog sie 15 kg ; ihre Höhe betrug damals, wenn sie stand, 64 cm. Im Februar 1916 war sie 55 kg schwer und 119 cm hoch. Ihre erste Menstruation fand im Sommer 1915 statt. A m 26. A p ril 1916 war sie 54 kg schwer und 120 cm hoch.

In den W interm onaten befindet sie sich im m er in einem durch eine G itterw and abgesperrten Teil eines großen Zimmers. Das Publikum betrachtet sie durch die G itterw and. Doch darf sie auch bisweilen ihren Raum verlassen und dem P ublikum einen Besuch abstatten.

In den Sommermonaten le b t sie bei n icht zu schlechtem W etter tagsüber viel im Freien innerhalb einer Umzäunung im Garten, die sie jedoch gleichfalls gelegentlich, z. B. wenn sie m it dem Zweirad durch den

Garten fä h rt, verlassen darf.

Während ihres Aufenthaltes in F ra n k fu rt hat Basso infolge ge­

eigneter Dressur und wohl teilweise auch einfach infolge ihres Umgangs m it Menschen viel gelernt. Sie fä h rt auf dem Zweirad besser und sicherer als viele menschlichen Radfahrer, indem sie z. B. schwierige K urven zwischen aufgestellten Flaschen hindurch beschreibt. Auch m acht sie beim Radfahren allerlei Kunststücke : so fä h rt sie auf einem steilen B re tt in die Höhe ; wenn das B re tt infolge der Schwere Bassos und des Rades um gekippt ist, fä h rt sie, m it Eleganz ihren Weg fo rt­

setzend, vom B re tt wieder auf den Boden. Auch fängt sie m it Geschick während des Radfahrens Bälle auf, schwingt eine Fahne und tre ib t sonst allerlei Ergötzliches während des Fahrens. Aber n icht nu r als Radfahrerin leistet Basso Vorzügliches. Sie ist auch ein guter Seil­

tänzer. Sie geht auf dem fest gespannten Seil ohne Balanzierstange gelegentlich m it einem Sonnenschirm in der Hand vorw ärts und rü ck­

w ä rts; sie schaukelt auf dem lose gespannten Seil senkrecht zur R ich ­ tung des Seiles hin und her. Auch in der Parterregym nastik ist Basso

D ie Schimpansin Basso.

D ie rechnende Basso.

bewandert. So stellt sie sich m it ihren beiden Füßen auf zwei große stehende Flaschen, ohne das Gleichgewicht zu^verlieren. Basso weiß auch zu tanzen und am Trapez ausgezeichnet zu turnen. Sie iß t sitzend m it der Gabel, klin g e lt zuerst, deutet m it dem Finger auf die ih r vom W ärter gereichte Speisekarte, tr in k t aus einer Tasse nach A r t der Menschen, weiß den Würfelbecher zu handhaben und m it Spiel­

karten umzugehen. Sie zieht sich auf Befehl des W ärters aus, legt sich auch in ein Bettchen und deckt sich rich tig zu wie ein artiges K in d . Diese und andere Dinge werden zum größten Teil fast täglich vom W ärter dem P ublikum vorgeführt. Der W ärter redet hierbei m it Basso wie m it einem Menschen.

O ft scheint übrigens Basso wenig Lust zu haben, die vom W ärter in Aussicht genommenen Produktionen auszuführen. In den W in te r­

monaten, wo sie im Zim m er vorgeführt w ird, lä u ft sie, wie sie über­

haupt sehr neugierig ist, manchmal ans Fenster, um hinaus zu schauen;

bisweilen interessiert sie sich mehr fü r das P ublikum als fü r ihre K u n s t­

stücke, besonders wenn Bekannte erscheinen, die ih r schon Lecker­

bissen m itgebracht haben. In solchen und ähnlichen Fällen muß sie durch laute Zurufe und andere H ilfe n an ihre A rb e it erinnert werden.

Is t eine P roduktion zu Ende, so un te rstü tzt Basso den W ärter im Wegräumen der überflüssig gewordenen Gegenstände; auch räum t sie auf den Befehl des Wärters die Sachen allein weg, bisweilen auch ohne Befehl, und gelegentlich sogar zur Unrechten Zeit, wenn sie näm­

lich die L u st an der betreffenden A rbeit verloren zu haben scheint, b a llt ein Gegenstand um oder zu Boden, so w ird er von Basso wie von einem gut erzogenen K in d aufgestellt bzw. aufgehoben. Auch beim Kehren des Zimmers habe ich Basso dem W ärter helfen sehen;

wenn sie etwa beim Trinken etwas verschüttet und wenn ih r der W ärter dann ein Tuch gibt, so p u tzt sie den Tisch oder Boden sauber auf.

Wenn es erforderlich ist, ru ft der W ärter „Basso, putze die Nase!“

Sie schneuzt sich dann in ein ih r vom W ärter zugeworfenes Tuch.

Bisweilen h o lt auch Basso selbst das Schnupftuch, um sich dessen zu bedienen. Ihre N o td u rft verrichtet sie in ein zu diesem Zweck auf­

gestelltes Töpfchen.

Basso zeigt auch deutlich Äußerungen der Freude, des Schreckens und des Zornes. Wenn sie vom W ärter hart angerufen wurde und m it dem Stock oder einer Pistole, aus der der W ärter bisweilen Platzpatronen abschoß, bedroht wurde, und wenn ich mich m it ih r in demselben Raum befand, so kam sie zu m ir, um wie ein bedrohtes K in d bei m ir Schutz zu suchen.

10*

So ergötzlich alle diese Betätigungen Bassos sind und so viel Interesse sie beim P ublikum seit Jahren finden und verdienen mögen, so gehen sie doch teils nicht wesentlich über die Affenkunststücke hinaus, die man seit geraumer Zeit in Zoologischen Gärten, Menagerien und Varietetheatern sehen kann, teils bewegen sie sich im Bahmen dessen, was wissenschaftlich bekannt ist1). Auch ist es n icht schwer, solche Betätigungen psychologisch zu erklären, wenn man geneigt ist, Tieren ein gewisses, wenn auch nur sehr prim itives Denken zuzu­

schreiben, und wenn man erwägt, daß es durch U n te rrich t oder Dressur möglich ist, bei Tieren bestimmte Assoziationen künstlich zu stiften.

Über diese S tiftung von Assoziationen bei Tieren und das Denken der Tiere w ird später (§ 4) kurz gehandelt werden.

Während demnach die bisher m itgeteilten Betätigungen Bassos nichts geradezu Erstaunliches bieten, so erscheinen dagegen Bassos Leistungen im Rechnen bewunderungswürdig. Sie bilden denn auch fü r das P ublikum einen Hauptanziehungspunkt. Von ihnen soll in dieser S chrift ausführlicher gesprochen werden.

§ 2. D IE R E C H E N L E IS T U N G E N BASSOS.

Der W ärter Bassos setzt sich, wenn er ihre Rechenkunst demon­

strieren w ill, an einen kleinen Tisch, auf welchem zehn kleine H o lz­

tafeln (Brettchen) liegen, die auf der einen Seite schwarz lackiert sind und in weißer S chrift die Zahlen 1 bis 10 tragen. Die Tafeln liegen regellos durcheinander auf dem Tisch, jedoch natürlich immer so, daß die Zahlen ohne Umkehren der Tafeln sichtbar sind. Zur Linken des W ärters sitzt Basso. Der W ärter ste llt nun allerhand Fragen und Aufgaben, die Basso dadurch beantwortet, daß sie die den A ntw orten bzw. Lösungen entsprechenden Tafeln ergreift und aufhebt.

Der W ärter n im m t ih r die Tafeln dann jeweils ab und legt sie auf den Tisch zurück. Einzelne Aufgaben, die w ir indessen im folgenden der Kürze wegen gelegentlich gleichfalls als Rechenaufgaben, als Rechnen und ähnlich bezeichnen wollen, bestehen einfach darin, daß Basso eine bestimmte vom W ärter m it W orten bezeichnete Tafel auf- heben soll. Meistens löst aber Basso w irkliche Rechenaufgaben. Die Resultate dieser Aufgaben dürfen auch größer als zehn sein. In solchen Fällen setzt Basso die Resultate a d d itiv zusammen, indem sie z. B.

l ) V gl. das z itie rte Buch von F. K n a u e r und 0 . P fu n g s t, Z ur Psychologie der Affen. B ericht über den 5. Kongreß fü r experim entelle Psychologie in B erlin.

Leipzig 1912. S. 200 ff.

bei elf einmal die Tafel m it der In sch rift zehn und dann die m it der In sch rift eins aufhebt.

Während Basso die Rechenaufgaben lö s t,'b lic k t sie im m er wieder nach dem W ärter, wie etwa ein ängstlicher Schüler, während er in der Schule antw ortet, auf den Lehrer sieht, um den Eindruck, den seine A n tw o rt auf den Lehrer macht, zu studieren. O ft scheint Basso zu überlegen und zu schwanken, welche Tafel sie ergreifen soll. In seltenen Bällen wieder scheint sie die richtige Tafel zu ergreifen, ohne die Tafel vorher angesehen zu haben. Dieser Umstand brachte m ich auf die Idee, das indirekte Sehen Bassos zu untersuchen und eine Versuchs­

anordnung zu diesem Zwecke auszudenken. Im allgemeinen w ar die Sicherheit, m it der Basso rich tig reagierte, erstaunlich. Ich sah z. B.

Basso folgende Aufgaben lösen, die alle restlos ohne den geringsten Fehler gelangen.

1. Basso, hole die 10!

2. W ieviel ist fü n f und vier?

3. Neun weniger zwei! W ieviel bleibt?

4. Drei mal zwei?

5. Drei m al drei?

6. Fünfzehn und eins, das ganze geteilt durch zwei?

7. Welche Zahl geht vie r mal in vierundzwanzig?

8. Vierundzwanzig weniger sechs, der Rest geteilt durch zwei?

9. W ieviel ist sieben m al vier?

10. Wenn Du zu achtundzwanzig zwei hinzuzählst, welches ist da der sechste Teil?

10a. Der zehnte Teil?

10b. Der d ritte Teil?

N ich t im m er freilich gelingt es Basso, eine Aufgabe gleich aufs erste M al rich tig zu lösen. In solchen Fällen ru ft der W ärter, bevor er die Tafel auf den Tisch zurücklegt, „F a ls c h !“ Auch Ermahnungen wie „Basso, paß’ a u f!“ und dgl. erscheinen dem W ärter bisweilen nötig. Aber im m er gelingt es Basso bei den Vorführungen, wenn gelegentlich auch nach einigen Irrtü m e rn , das richtige R esultat zu finden. Auch wenn die richtige Lösung n ich t schon beim ersten V er­

such erfolgt, darf sie doch n ic h t als bloßer Zufall betrachtet werden.

Dies ergibt sich ohne weiteres, wenn w ir berechnen, nach wie vie l Fehlgriffen im D urchschnitt ein richtiges R esultat als zufällig ange­

sehen werden darf.

Die W ahrscheinlichkeit, m it einem G riff ein bestimmtes „rich tig e s“

R esultat zu erzielen bzw. eine bestimmte Zahl von 1 bis 10 aufzuheben,

beträgt — = 0,1000. Die W ahrscheinlichkeit, zuerst eine falsche und dann die richtige Tafel aufzuheben, beträgt: ~ . . _L — 0,0900.

Die W ahrscheinlichkeit, zunächst zweimal nacheinander ein falsches und erst zum d ritte n Mal die richtige Tafel zu ergreifen ist — • _ . JL

/ 9 \2 1 10 10 10

~ \1 0 / ’ jQ — 0,0810. Analog beträgt die Wahrscheinlichkeit, erst beim vierten Aufheben die richtige Tafel zu finden j ^ — Q 0729 usw. Hiernach ergibt sich folgende Zusammenstellung:

Die W ahischeinlichkeit, aus zehn Zahlen eine bestimmte zum ersten Mal beim n-ten Versuch herauszugreifen, beträgt fü r

n == i . . . . . . 0,1000 n = 2 • ■ . 0,0900 n = 3 . . . • • • 0,0810 n = 4 . . . ■ • • 0,0729 n = 5 . . . • • 0,0656 n = 6 . . . • ■ • 0,0590 n — 7 . . . • ■ • 0,0531

usw.

Hiernach ist die W ahrscheinlichkeit, eine bestimmte, der Lösung einer Aufgabe entsprechende Tafel rein zufällig entweder auf den ersten, zweiten, d ritten, vierten, fünften, sechsten oder siebenten G riff aufzuheben , gleich 0,1000 + 0,0900 + 0,0810 + 0,0729 + 0 0656 4- 0,0590 + 0,0531 = 0,5216.

Dagegen ist die W ahrscheinlichkeit, spätestens schon beim sechsten G riff die richtige Zahl aufzuheben 0,4685.

Hieraus sehen w ir, daß w ir erst, wenn das R esultat durchschnitt­

lich beim siebenten G riff oder später rich tig angezeigt w ird, m it einem Z ufall rechnen dürfen, da die W ahrscheinlichkeit, einmal zufällig die lich tig e Tafel aufzuheben, erst innerhalb von sieben oder mehr Griffen giößei als w ird. Nun habe ich, ganz abgesehen von den vorhin dargestellten glänzenden Produktionen Bassos im Lösen von Rechen­

aufgaben bei allen von m ir gesehenen Vorführungen niemals bemerkt, daß Basso später als beim vierten G riff die in Frage kommende Tafel ric h tig aufhob, mochte es sich nun um ein R esultat handeln, das ein­

fach im Aufheben einer der Zahlen 1 bis 10 bestand oder mochte die fragliche Tafel einen Summanden darstellen, der zur Bildung einer

größeren Zahl verwertet wurde. W ir dürfen also hiernach annehmen, daß die richtigen A ntw orten bei den Vorführungen Bassos nie oder nur selten auf bloßem Z ufall beruhen.

Als ich zum erstenmal die Rechenkunst Bassos kennen gelernt hatte, sprach ich sogleich den W ärter an. Ich tr a t dann in den um ­ gitterten Raum, in dem er und Basso sich aufhielten, ein und stellte sogleich einige Fragen (Additions- und Subtraktionsaufgaben) an Basso, wobei ich jedoch s ta tt der W orte „u n d “ und „weniger“ die W orte

„p lu s “ und „m in u s“ gebrauchte. Die A ntw orten Bassos waren hierbei fehlerlos. Während meiner Versuche behielt ich den W ärter, der in der oben geschilderten Weise, jedoch ohne Basso zu berühren, neben ih r am Tischchen saß, scharf im Auge. Es w ar m ir aber beim besten W illen nicht m öglich, zu bemerken, daß der W ärter irgendwelche Zeichen gab. E r nahm ebenso, wie wenn er selbst die Fragen stellte, die von Basso aufgehobenen Tafeln in seine Hand und legte sie auf den lisch zurück. Im übrigen verhielt er sich ruhig. Wie bei seinen eigenen Vorführungen starrte er auch bei meinen Versuchen, während Basso jeweils die Tafel aufzuheben sich anschickte, m it scheinbar parallel gerichteten Augenachsen, ohne einen P u n kt zu fixieren, über den Tisch hinweg in der R ichtung nach dem P ublikum . Man ver­

gleiche die Abbildung auf Seite 188.

Einige Tage später machte ich dem D ire kto r des F ra n kfu rte r Zoologischen Gartens, H errn D r. K u r t P r ie m e i, meinen Besuch und trug ihm die B itte vor, das Rechnen der Basso psychologisch untersuchen zu dürfen. H e rr D r. P r ie m e i kam allen meinen Wünschen bereitw illigst entgegen. E r begleitete mich dann zu Basso und dem W ärter, den er ersuchte, meine Angelegenheit nach M öglichkeit fördern zu helfen. Dies geschah denn auch in der T a t; der W ärter unterzog sich w illig allen meinen Versuchsanordnungen und gab m ir auf alle meine Fragen Auskunft.

Zunächst erfuhr ich, daß das Rechnen n icht zu Bassos Lieblings­

beschäftigungen gehört. In der T at habe ich auch später öfter erlebt, daß Basso m itte n in meinen Untersuchungen sich vom Stuhl erhol), vom Tisch weglief und allerlei A llo tria trieb, während ih r die anderen Arbeiten im allgemeinen weniger unangenehm schienen. Bisweilen legte sie auch einfach die Tafeln aufeinander und wollte sie vom Tische wegräumen, als wollte sie sagen, es sei nun genug des grausamen Spiels.

In solchen Fällen mußte sie wie ein unartiges Schulkind durch heftiges Anrufen von seiten des W ärters und andere M itte l wieder zur F o rt­

setzung des Rechnens bewogen werden.

Ferner teilte m ir der W ärter m it, daß Basso zwar die übrigen I loduktionen zur N ot auch unter Leitung eines Vertreters von ihm ausführe, daß jedoch niemand außer ihm selbst Basso zum Rechnen und zum Aufheben bestimmter gewünschter Tafeln bewegen könne.

E r müsse hierbei unbedingt neben ih r am Tische sitzen.

Endlich erklärte m ir der W ärter kategorisch, daß er keinerlei Zeichen gebe, welche die richtigen Lösungen der Aufgaben herbeiführen oder unterstützen könnten. E r hatte Basso nach gewissen allgemeinen Anweisungen des D irektors systematisch im Rechnen unterrichtet.

§ 3. D E R R E C H E N U N T E R R IC H T BASSOS.

Um den psychologischen Tatbestand, welcher den Rechenleistungen Bassos zugrunde liegt, noch näher zu ergründen, erkundigte ich mich zunächst nach der A r t des U nterrichts, den Basso im Rechnen ge­

nossen hatte. Der W ärter beschrieb m ir auf meine B itte hin den Gang dieses U nterrichts ausführlich.

Der U n te rrich t fand an dem schon erwähnten kleinen Tisch s ta tt.

Dieser Tisch hatte ca. 1 m Länge, 55 cm Breite und 62 cm Höhe. E r wurde auch bei den später m itzuteilenden Versuchen benützt. Bei diesen Versuchen saßen der W ärter und Basso ebenso wie bei den Vorführungen und beim U n te rrich t im m er an der Längsseite des 'lisches auf 84 cm hohen Stühlchen. Basso saß im m er zur Linken des W ärters. Der U n te rric h t zerfiel in eine große Anzahl von Übungen.

Jede Übung wurde mindestens so o ft wiederholt, als es dem W ärter er­

forderlich schien. Die Übungen, die Rechenleistungen darstellten, sowie diejenigen, die im Aufheben einer vorgeschriebenen Tafel he standen, w u r­

den, auch wenn sie von Basso tadellos ausgeführt wurden, nichtsdestowe­

niger im m er wieder von neuem angestellt. Schließlich können ja auch die dem P ublikum im m er wieder in gleicher oder ähnlicher Weise vorgeführten Lo'chenaufgaben als eine fortgesetzte Wiederholung von Übungen be­

trachtetwerden. Ich teile nun den Gang des U nterrichts iin einzelnen m it.

1. ÜBUNG.

Der W ärter stellt eine Flasche auf den Tisch. Dann ergreift er die rechte Hand Bassos, die er so zur Spitze der Flasche fü h rt, daß Basso dieselbe berührt. Während die Berührung sta ttfin d e t, ru ft er „E in s “ .

2. ÜBUNG.

Der W ärter stellt zwei Flaschen nebeneinander auf den Tisch.

E r lä ß t (wiederum Bassos rechte Hand führend) das Tier zuerst die

linke h laschenspitze berühren und r u ft: „E in s “ . Darauf läß t er Basso die rechte Eiaschenspitze berühren, indem er gleichzeitig „Z w e i“ ru ft.

3 ., 4 ., 5. Ü B U N G .

^ 6r ^ t*'r ^er stellt zunächst drei Flaschen nebeneinander und ver- ä r t analog wie bei der vorigen Übung. Dasselbe w ird m it vier und . ann Itte l Flaschen wiederholt. Hierbei werden die Flaschen immer von links nach rechts b e rü h rt; bei jeder Berührung ru ft der

W ärter die entsprechende Zahl.

6. Ü B U N G .

Diese Übung ve rlä u ft zunächst genau wie die 5. Ü bung: Der ar 1e r.S e 1 l'te f F laschen nebeneinander auf den Tisch, er lä ß t Basso von m s nach rechts deren Spitzen berühren, wobei er la u t „E in s,

™ e\ re1’ v *e(r ’ l |in l zäldt. Dann aber fä h rt der W ärter fo rt: „E in e ase h weg. Dann läß t er (Bassos Hand führend und deren Finger

“ Heei§neter Weise um den Flaschenhals herumdrückend) durch aSS0 eme der Flaschen fassen und sie vom Tisch entfernen. Darauf sagt er: „B le ib t Eins, zwei, drei, v ie r.“ Während der W orte „E ins, zwei, drei, vier läß t er Basso wiederum die Spitzen der Flaschen berühren ganz wie bei der Übung 4.

7., 8 ., 9. Ü B U N G .

Alle diese Übungen verlaufen im P rinzip genau wie die 6. Übung.

Doch geht der W ärter, s ta tt m it fü n f Flaschen anzufangen, bei der 7. Übung von vier, bei der 8. Übung von drei, bei der 9. Übung von nu r zwei Flaschen aus, von denen er jeweils eine entfernen läßt.

10. Ü B U N G .

Der W ärter ste llt wie bei der 6. Übung fü n f Flaschen neben­

einander auf den Tisch. Auch sonst ve rfä h rt er ganz analog wie bei der G. Übung. Aber er läß t je tz t n ich t eine, sondern zunächst zwei und dann nochmals zwei Flaschen entfernen, so daß er m it Basso zunächst zum R esultat „B le ib t eins, zwei, drei“ und dann zum R esultat

„B le ib t eins“ gelangt.

11. Ü B U N G .

Der W ärter stellt wiederum fü n f Flaschen nebeneinander auf den Tisch, verfährt p rinzipiell genau wie bei der Übung 10, läß t jedoch nu r einmal drei Flaschen entfernen, so daß er m it Basso zu dem R esultat ko m m t: „B le ib t eins, zwei.“

Bei denjenigen Übungen, in welchen Flaschen vom Tisch entfernt werden mußten, erfolgte die Entfernung nach einigen Wiederholungen, ohne daß der W ärter Bassos Hand führen mußte. A u f den Z uruf des

Bei denjenigen Übungen, in welchen Flaschen vom Tisch entfernt werden mußten, erfolgte die Entfernung nach einigen Wiederholungen, ohne daß der W ärter Bassos Hand führen mußte. A u f den Z uruf des

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