Von ord. P ro f. Dr. rer. pol. H a n s G e h r i g , Dresden.
Hi
Seit K riegsende haben wir auch eine studentische soziale F ra g e : außer o b j e k t i v vorhandenen w irtschaftlichen M ißständen, die auf einer großen (und immer zahlreicher werdenden) M enge lasten, verbreitet sich immer intensiver das G efühl, daß es so nicht w eiter gehen kann, wenn nicht eine für die deutsche Kultur höchst gefährliche P roletarisieru ng oder Piutokratisierung des akadem ischen N achwuchses sich ausbilden soll. Das ' ^ zu verhüten, ist Ziel eines je tzt allgem einer werdenden S treb en s; hierm it
ist ein Fortschritt gegenüber dem Stande von noch vor zwei Jahren erreicht,
” ^ wo nur das s u b j e k t i v e Bew ußtsein der zunächst betroffenen Stu dierenden und einiger Professoren, die dem tätigen Idealism us einiger studentischer Fü h rer helfen w ollten, Fro nt m achte gegen die U ngunst der b e i Zeit, deren N ot zu energischem und system atischem H andeln zwang. Bei
den auf Abwehr von A ngriffen eingestellten Kriegstudenten w ar solche aktive Einstellung auf Bekäm pfung der sozialen N otlage ihrer Komm ilitonen und zum T eil ihrer selbst auch erklärlich. Es erg ab sich so ganz organisch, daß der auf dem ersten allgem einen d eu tsch st Studententag zu W ürzburg und
— bei folgenden Zusamm enkünften glücklicherw eise geeinten Deutschen S tu dentenschaft auch w irtschaftliche A ufgaben zugew iesen wurden. A nder
seits wurde an verschiedenen O rten durch statistische Erhebungen der . U m fang d er N ot erm ittelt. Aus den Erhebungen seien hier nur zwei
bezeichnende Beispiele erwähnt. An der U niversität Fran kfu rt hatten nicht zwei Drittel der Studentenschaft die M ittel zur Bestreitung des E x i
stenzminimums. Eine (im Ja h re 1921 bereits w iederholte und einer allg e
meinen Statistik aller H ochschulen D eutschlands im Som m ersem ester 1922 zum Vorbild dienende) Erhebung der Studentenschaft der T echnischen H o ch schule Dresden ergibt unter anderm, daß von 865 m ännlichen Studierenden, die über ihr W echseleinkom m en Angaben m achten, in einer Zeit, wo die Kosten des Existenzm inim um s bescheiden und unter Zugrundelegung aner
kannter M aßstäbe auf 683 M für den M onat errechnet wurden, 699 nur über einen W echsel bis zu 450 M verfügen konnten — ein Ergebnis, das (m it den ändern: z. B. 207 hatten nur bis 2 5 0 M !) auch dann außer
ordentlich zu denken gibt, wenn beachtet wird, daß von diesen 177 N atural- Zuschüsse hatten.
A ber diese und zehntausende anderer Studenten beißen die Zähne zusammen , tragen ihre »Soldatenkluft« so lange es geht, und — streben weiter. In der Überzeugung, daß die alte Form der Individualunterstützung gegenüber der G röße der A ufgabe unzureichend sei, in dem G efühl, daß Almosen eines Studenten nicht würdig, daß Selbsthilfe der bessere W eg sei, daß dieser aber nur nach gem einsam er Beratung und unter ständigem R at von erfahrenen älteren Kommilitonen beschritten werden könne, entstanden aus schönem Gem einschaftsgefühl und w irtschaftlicher Überlegung, wie das ökonom ische Prinzip: m öglichst hoher N utzeffekt mit m öglichst geringem Aufwand, auch hier erreichbar sei, O r g a n i s a t i o n e n , d. h. w irtschaftlich
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leistungsfähige R echtsp ersönlich keiten , die allein eine Kontinuität der A rbeit gew ährleisten, ln gew issem G rade stellen solche K örper schon die Vor
aussetzung aus deren S tab ilität dar und sind auch deshalb notw endig, weil die einzelnen M itw irkenden, Studenten oder P ro fessoren , ja g a r nicht das R isiko übernehm en können. O b wie in D resden eine eingetragnene Ge
nossenschaft mit besch rän kter H aftpflicht, oder ob ein ein getrag en er Verein wie in T übingen oder eine V erbindung von dieser Fo rm mit einer Gesellschaft mit besch rän kter H aftung wie in M ünchen g ew äh lt wurde, ist gleichgültig.
Im m er m ußten die gen ossen schaftliche Ü berzeugung, daß Selbsthilfe zur Bekäm pfung der N ot der in g leich er L eb en slag e die akadem ischen Lehr
jah re »D urchhaltenden« nötig und akad em ische P flich t sei, das Eintre
ten einzelner für viele, die Ü bernahm e der V eran tw ortun g auch seitens der Studierenden und daher auch deren tätige M itw irkung bei der Leitung solcher rechtsfäh igen W irtsch aftsk ö rp er sich durchsetzen. Die Grundsätze w aren: keine A rbeit für Studierende nach altem oder neuem Patro
nats- oder w ohlw ollendem Begönnerungsprinzip auf der einen Seite, kein B ettelstudententum auf der ändern, keine H ilfe, die bei der vorhandenen Überfüllung vieler akad em ischer B erufe einzelnen und Kreisen, die wirk
lich nicht zu ihnen »berufen« sind, g efäh rlich en Anreiz- zum Hochschul
studium gibt, und »nichts für Studenten, w obei diese, weil mitverantwort
lich für die A rbeit, nicht auch a n d e r e n Leitung in w eitem U m fang mitbe
teiligt sind«.
D ieses Prinzip kam auch zur A nerkennung, als im F rü h jah r 1921 in der lokalen A rbeit einzelner, d. h. der oben genannten H ochschulen, er
fahren e P ro fesso ren und Studenten als Zusam m enfassung aller wirtschaft
lichen studentischen B estrebu ngen die » W i r t s c h a f t s h i l f e d e r D e u t s c h e n S t u d e n t e n s c h a f t « (in T ü b in g en ) gründeten, die außer den beiden Elem enten auch das dritte, für G elingen der g ro ßen sozialen Aufgabe unentbehrliche, en th ält: die Freund e der S tu d entenschaft in unserm Wirt
schaftsleben . W ird doch die E in sich t im m er allgem einer, auch bei denen, die nicht ein akad em isches Studium durchgem acht haben, daß eine wei
tere intensive P fleg e der W issen sch aften , und zw ar der G eistes- wie der N atur- und technischen W issen sch aften , und damit ein Eintreten für die diese W issenschaften Studierenden eine B ed ingung für D eutschlands wirt
schaftliche Erholung ist. D er N otg em einschaft der D eutschen Wissen
sch aft entspricht also die gen annte mit der »D eutschen Studentenschaft (G ö tting en ) natürlich durch A rbeit und auch durch Organisationsmaßnahmen eng verbundene N otgem einschaft von D ozenten- und Studentenschaft und deren Freunden und F ö r d e re rn 1), w elche durch positive M aßnahm en die Erhaltung einer gesunden deutschen Stu d entenschaft erstreb t, die grund
legende örtliche A rbeit an den einzelnen H ochschulen an reg t und fördert, also solche keinesw egs d iktatorisch lenken, vielm ehr zu im m er höherem W irku ng sg rad führen will und — kann, da sie bereits beach tliche Erfolge
! ) S ie h a t ih r e n Sitz in D resd en 24, M ü n ch e n e r S tr . 15, w o S atzu n g und aus
fü h r lic h e B e ric h te — z. B . in W irtsc h a ftsso n d e r n u m m e r n d es N a c h r ic h te n b la tte s der D eu tsch en S tu d e n te n sc h a ft — , ü b e rh a u p t alles a u f w ir ts c h a ftlic h e studentische A rb e it b ezü g lich e M aterial e r b e te n w erd en k a n n .
aufzuweisen hat. Zurzeit bestehen 26 W irtschaftskörper, die 39 deutsche Hochschulen umfassen.
Eine praktische Lösung der zentralen Aufgaben der studentischen W irt
schaftshilfe und Fü rsorge, die Schaffung der dazu erforderlichen Einrichtun
gen, die gerechte V erteilung der von inländischen und ausländischen Freunden, z. B. den Q uäkern oder der ihr großartiges W erk in schönster W eise fo rt
setzenden am erikanischen »Europahilfe«, die nicht w eniger als l l1/*Mill. M für w irtschaftliche (insbesondere Ernährungs-) Zw ecke den Studenten Deutschlands zur Verfügung stellten, eine ökonom ische Verw endung so gegeben er M ittel kann aber natürlich nur gelingen bei völliger poli
tischer N eutralität und Verbannung auch aller konfessionellen oder W eltanschauungsgegensätze aus der positiven W irtschaftsarbeit. Daß von dieser Anschauung stets die »W irtschaftshilfe« durchdrungen war, hat ihre Arbeit erw iesen; es kann auch gesagt werden, daß solch t e n d e n z i ö s e s W irken ebenso für die ihr angeschlossenen W irtschaftskörper b e
zeichnend ist. Mir als Dozenten ist es eine Freude, immer wieder zu beobachten, wie die Einstellung auf das große soziale Ziel auch einzelne jüngere Kommilitonen von politischen oder gar parteipolitischen B eein flussungen oder Vorurteilen befreit, wie anderseits die konkrete W irtsch afts
arbeit sich auch hier als das beste H eilm ittel gegen U topien bew ährt und die früher vielfach vorhandenen G egensätze zwischen K orporations- und Nichtverbindungsstudent ganz unbekannt sind. Beide Gruppen arbeiten g e meinsam, vielfach auch — allerdings noch nicht überall in ausreichendem M aße — von den alten H erren auf die N otw endigkeit der solidarischen Aufgabe hingewiesen, die gegenw ärtige Krisis der deutschen Stud enten
schaft zu überwinden.
Dazu ist notw endig: 1. eine V erbilligung der Lebenshaltung während des Studiums, 2. eine Erhöhung der Einnahm en durch E igenarbeit bezw.
Arbeitsvermittlung, 3. eine V orsorge für die Zeit, wo der Studierende nicht in der Lage ist (durch Exam envorbereitung, durch K rankheit oder andere Behinderungen oder durch andere positive Gründe wie besondere w issen
schaftliche B efähigung), sich durch solches unter 2. angedeutetes »W erk- studententum« M ittel zur Fortsetzung oder Beendigung des Studiums zu verschaffen.
Solches W e r k s t u d e n t e n t u m wird je tzt allgemein als notwendig an
erkannt. Schon wegen der günstigen sozialen W irkungen auf den S tu dierenden, der nun allgem ein ein Erlebnis leben kann, wird es begrüßt.
V or dem Kriege war es im großen ganzen den Besuchern der T e c h nischen Hochschulen Vorbehalten — wobei ja auch jenes Fabrik -sv olon - tariat« sich vom jetzigen W erkstudententum schon durch die R e g e lung der Lohnfrage unterscheidet. Bei den m ehreren H underten, die dem auf dem Erlanger Studententag 1921 geprägten B eg riff des W erkstudenten zustimmten, und bei den vielen Tausenden, die den Gedanken in den ak a
demischen Ferien in die T a t um setzten, ergab sich, daß im allgem ei
nen ein Drittel des Verdienstes von drei M onaten zur Bestreitung eines T eiles der Kosten des nächsten Sem esters verw endet werden konnte. Daß viele auch ihr Studium für ein oder m ehrere Sem ester unterbrechen müssen und über die Ferien hinaus als W erkstudenten in B erg G e h r i g : Wirtschaftliche Selbsthilfe der Studentenschaft 279
w erken oder F ab rik en , auf Bauten, in K ontoren, in landwirtschaftlicher oder B au ingen ieu rtätigkeit sich soviel erarbeiten müssen, um w eiter studieren zu können, ist bekannt. Erfreulich ist, daß die w eitaus überwiegende M ehrzahl der A rbeitg eb er ein seh r gü nstiges U rteil über die Bewährung des G ed ankens der w erkstudentischen A rbeit abgibt, die ja besonder?
auch nach ihren sozialen Einflüssen und ihrer pädagogischen W irkung zu w erten ist. Ein V e rtrete r d er G ew erkschaften, die Einsicht in die Not
w endigkeit und den tieferen Sinn der studentischen »W erk arb eit« bewiesen haben, m e in te 2), daß damit das ingenium in die deutsche A rbeit zuritck- kehre.
Im m er m ehr unserer m ännlichen und w eiblichen Studierenden werden durch eigene k ö rp erlich -geistige A rbeit ihren B lick erw eitern können und ihre Einnahm en verm ehren m ü s s e n , wie anderseits durch Maßnahmen der W i r t s c h a f t s k ö r p e r s c h a f t e n die Kosten des Lebensunterhalts w ährend des Studium s herabzum indern sind und auch ganz ansehnlich in den m eisten H ochschulen bereits h erab g esetzt wurden. D er Ausgangspunkt für solche V eran staltun gen, die wohl noch an keinem O rt die völlig m ö g l i c h e Ausdehnung erreich t h a b e n 3), w ar m eistens der akadem ische Mittags
tisch, dem sich oft ein A bendtisch, m anchm al (Leipzig kann da vorbildlich sein, wenn eine organische V erbindung mit dem e i n h e i t l i c h e n W i r t s c h a f t s k ö r p e r h erg estellt w ird) auch ein b eson d erer K rankentisch anschlossen.
G en o ssen sch aftlich er W arenb ezu g hat bei A nschluß an zentrale Einkaufsmög
lichkeiten od er an die neue W arenv erm ittlun gsstelle der W irtschaftshilfe der D eutschen Stu d entenschaft (bei d er U niversitätsw irtschaftsgenossenschaft F ran kfu rt) und bei vorw iegend ehren am tlicher Leitung und A rbeit von Hoch
schu langehörigen aus D ozenten- und Stud entenkreisen, w obei auch die Beam
ten der H ochschule b eteiligt sein können, den billigen B ezu g mancher Nah
rungsm ittel, Anzüge, W äsch estü cke zur F o lg e g eh ab t. D ieser V orteil ist ins
besondere auch für K o llegh efte, Z eichenpapiere und anderes erreicht — an
genehm in einer Z eit, w o die V erteu erun g beispielsw eise von Zirkel oder R ech en sch ieber um das sechsundd reißig- bis vierzigfache zum Teil auf u n gerech tfertigte K leinhand elsaufschläge zurückzuführen ist. Ein solcher W irtsch aftsk ö rp er kann den M ittelpunkt auch für andere Selbsthilfem aß
nahm en a b g e b e n ; er wird bei gu ter L eitung z. B. gem einsam mit einer Leih
bücherei arbeiten, die dem Ü belstand, daß in unseren H ochschulbibliotheken gerad e die teuersten L eh rb ü cher bestenfalls in einigen Exem plaren vor
handen und nur für einige W och en ausleihbar sind, dadurch begegnet, daß hier die im m er schw erer ansch affbaren unentbehrlichen literarischen H ilfsm ittel m indestens auf ein S em ester in m ehreren E xem plaren ausleihbar sind. Zur Förd eru n g dieses G ed ankens haben gerad e in letzter Zeit maß
geb end e V erlagsfirm en ihre U nterstützung zugesagt.
2) Auf d em E r la n g e r S tu d e n ten ta g , d essen B e s c h lü s s e und Zielsetzungen eben so le se n sw e rt sin d w ie ein e Z u sam m en stellu n g von U rte ile n von U n tern eh m ern , w e lch e d ie T ü b in g e r S tu d e n te n h ilfe vo rg en o m m en h a t, d ie a u c h a u f d ie sem Gebiet in b e s o n d e re r W eise fü r ein e S c h u lu n g d e r S tu d ie re n d e n b e m ü h t ist
3 ) In d e r v ie lfa ch v o rb ild lic h e n D re sd e n e r G en o sse n sc h a ft k o m m en zu den A b te ü u n g e n : L e b e n sm itte l, S tu d ie n b e d a rf, B ü c h e r v e rm iltlu n f: m en sa ira d e m irn B e k leid u n g n o ch w e itere, z B fü r W ä sc h e , h inzu .
280 O e l i n g : Wirtschaftliche Selbsthilfe der Studentenschaft
Und zur Verw irklichung des dritten oben aufgeführten Ziels steht die tatkräftige M itwirkung der deutschen Industrie und Bankw elt in sicherer Aussicht — dank der selbstlosen uneigennützigen Förderung der Ziele der »W irtschaftshilfe« durch einige H erren ihres V erw altungsrates, die für den Gedanken, daß die deutsche V olksw irtschaft eines gek räftig ten akad e
mischen Nachwuchses nicht entbehren kann, daß bei der Förderung dieser nationalen und kulturellen Aufgabe jed och andere als eben diese all
gem ein gültigen nationalen und kulturellen Erw ägungen völlig auszuschließen sind, auch w eitgehendes Verständnis bei ihren Berufskollegen finden. Außer mit dem Reichsverband der Deutschen Industrie, von dem m aßgebende Fü hrer ihre Unterstützung nicht nur zugesagt, sondern auch schon bekundet haben, sind mit der deutschen Bankw elt und der deutschen Landw irtschaft die V e r
handlungen so weit gediehen, daß bald eine O rganisation in W irksam keit treten wird, die den Schlußstein in dem wohldurchdachten, auf einem System von realisierbaren Vorstellungen und erprobten K leinarbeitzielen ruhenden Gesam tbau studentischer W irtschaftsarbeit bilden kann. D er Plan wird geförd ert u n t e r B e t e i l i g u n g d e s V e r b a n d e s d e r d e u t s c h e n H o c h s c h u l e n (dessen Hauptausschuß einstim m ig den P lan zu unterstützen beschloß, wie der H allesche D eutsche H ochschultag die »W irt
schaftshilfe« als erfreulich und förderungsw ürdig begrüßte) und d e s R e i c h e s (das die W irtschaftshilfe bereits geförd ert hat und bei den V e r
handlungen des Reichstages bezw. H auptausschusses im M ärz größere K re
dite fü r studentische Sozialpolitik den A nträgen aller Parteien gem äß in Aussicht stellte).
Auch bei einer solchen V o r s c h u ß - o d e r D a r l e h n s k a s s e muß der genossenschaftliche G eist anerkannt sein und sich durch tätige M itarbeit der solidarisch für den Gedanken und die Komm ilitonen eintretenden Studenten äußern. Die Deutsche Studentenschaft und ihre einzelnen T eile an den H ochschulen haben deshalb der Erhebung eines laufenden Sem ester
beitrages (für den Kopf in jedem Sem ester 10 M ) zugestim m t. Freilich, der größte T eil der Einlagen der nach w irtschaftlichen G esichtspunkten gemeinnützig arbeitenden V orschußkasse kann nur von den Gruppen und Einzelpersonen unseres W irtschaftslebens stammen, die natürlich hier kein kaufmännisches Erw erbsunternehm en gründen (was im G egenteil durch das Statut ebenso ausgeschlossen ist, wie durch dieses auch die R ü ck
sichtnahm e auf konfessionelle, politische und andere nicht-sachliche G e sichtspunkte verboten w ird), vielm ehr durch H ingabe ihrer M ittel und ihres Rates mit der »W irtschaftshilfe« durch die D arlehensorganisation b e währten Studierenden die M öglichkeit zur Beendigung des Studiums bieten wollen. H ierbei erscheint der Grundsatz der Rückzahlungspflicht, im allg e
meinen vom fünften Jah re ab, einerseits durchaus durchführbar, anderseits ist er auch zur ständigen Fortsetzung eines W erkes, das a l l e n künftigen studentischen Jahrgängen zugute kom men soll, notwendig. Die hier g e währte H ilfe kann auch in N aturalbezügen gew ährt werden durch die W irtschaftskörperschaft der betreffenden H ochschule, die mit der örtlichen Zw eigstelle der V orschußkasse Zusammenarbeiten kann, w obei aber auch hier die Einzelausgestaltung nach dem gesunden Grundsatz der Selbst-G e h r i g : Wirtschaftliche Selbsthilfe der Studentenschaft 281
282 G e h r i g : Wirtschaftliche Selbsthilfe der Studentenschaft
V e r w a l t u n g den örtlichen V erhältnissen anzupassen bleibt. Überhaupt bleibt auch dieser T e il der studentischen Sozialpolitik zu ergänzen durch individuelle M aßnahm en — die aber allein, auch bei noch so starker Be
nutzung der alten W ege, wie z. B. des H onorarerlasses od er des Stipendien
w esens, schon w egen der U nzulänglichkeit dieser M ittel bei der heutigen G eldentw ertung geg en ü ber der G rö ß e der A ufgabe versagen. Individual
unterstützung soll und kann die Bestrebu ngen ergänzen, die zunächst die Selbsthilfeorg anisationen stärken w ollen, und es ist hervorzuheben, daß sich in dankensw erter W eise im m er m ehr P ersonen um die einzelnen be
mühen. Einige charitative Z entralorganisationen, deren schöne Verdienste die Stud entenschaft d ankbar anerkennt, arbeiten auch in diesem Sinne mit der
»W irtschaftshilfe« zusam m en. A ber den E in zelstellen steh t nicht immer die genügende Ü bersicht über die W ü rd igk eit und die Zweckm äßigkeit der erbetenen oder angebotenen H ilfe, die im m er nur eine Stärku ng des S elbsthilfew illens sein sollte, zur Seite. Von diesem M angel wird eine gem einsam e A rbeit von D ozenten und Studenten und Freunden der Stu
d entenschaft freigehalten w erden können, wenn die W i r t s c h a f t s k ö r p e r s c h a f t , der sich das A rbeitsverm ittlungsam t (wenn nicht form ell, so doch tatsächlich) angliedert, mit der örtlichen V o r s c h u ß k a s s e enge Fühlung hat. Da diese den H auptteil ihrer M ittel von der Gesam tdarlehenskasse erhält, wird sie sich bei deren Einzelverteilung natu rgem äß an die von allen drei Gruppen der B eteiligten gem einsam aufzustellenden Richtlinien halten.
Die A rbeitsfähigk eit solcher O rganisationen ist naturgem äß sehr ver
schieden und vom W ech sel der studentischen M itarb eiter sehr beeinflußt.
D eshalb ist es ein Erziehungsproblem , auch hier für einen Nachwuchs zu sorgen, der der K leinarbeit m it ihrer Mühe und E ntsagun g gew achsen ist.
Dem sollen technische A rbeitsbesprechungen d ienen ; erfolgreich war in dieser H insicht auch eine Ende April 1922 in M arburg in großem Umfang, d. h. unter H inzuziehung aller L eiter stud entischer W irtsch aftsk ö rp er ver
anstaltete Schulungsw oche. Jed en falls sind der w eiteren Entw icklung der studentischen W irtsch aftsh ilfe W ege gew iesen, die sich als gan gbar für die G esam th eit der D eutschen S tu d entenschaft g e ze ig t haben, wie das, w as die K om m ilitonen oder P ro fesso ren in D arm stadt, D anzig, Hannover, M arburg, den oben genannten und anderen O rten leisteten , sich bereits ebenfalls als fruchtbringend erw iesen hat. Eine U nterstützung dieser Arbeit durch erfahren e M änner und Frauen, insbesondere die F ü h re r unseres W irtschaftlebens, erb ittet die Stud entenschaft selbst. fissil