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Zeitschrift für den Physikalischen und Chemischen Unterricht, 1939 H 6

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ZEITSCHRIFT

FÜR DEN PHYSIKALISCHEN UND CHEMISCHEN UNTERRICHT

52. JAHRGANG 1939 HEFT 6

Biologische Quantenersclieiimngen.

Von P. Jordan in Rostock.

D ie neuere E n tw ic k lu n g der P h y s ik hat uns eine in n e rh a lb bestim m ter Grenzen e r s c h ö p f e n d e K e nn tn is der S tru k tu r- und Reaktionsgesetze der M aterie verschafft.

Z w a r geben uns die R eaktionen d er A t o m k e r n e sowie die Erscheinungen an E le ­ m entarteilchen von so ungeheurer Energie, w ie w ir sie in d er H ö h e n s t r a h l u n g finden, im m e r noch tiefe ungelöste Rätsel auf. A b e r alles, was sich in und an den E le ktron en hü lle n der Atom e abspielt, und was in den Gesetzen d er C h e m i e oder in den p hysikalische n Eigenschaften von Gasen, F lüssigke ite n und festen K ö rp e rn zum A u s d ru c k k o m m t — einschließ lich auch der w eiten Erscheinungsgebiete der m etallischen L e itu ng , der K ris ta llb ild u n g und überhaupt a lle r physikalischen V orgänge und Zustände, in denen k e i n e U m w andlungen von A tom kernen oder Elem entarteilchen geschehen ■— , alles dieses is t g ru nd sätzlich beherrscht von Naturgesetzen, die w ir vo llko m m en kennen und erschöpfend verstehen. Jedoch haben die Gesetze der „ M i k r o p h y s i k “ w esentlich anderen C ha ra kte r als die Gesetze der „ M a k r o p h y s i k “ , w ie sie das V erhalten großer K ö rp e r und großer, viele g le ich a rtig e Atom e und M oleküle um fassender Substanzmengen bestimmen. Man kann inn erh alb m ik ro p h y s ik a lis c h e r Dim ensionen k e i n e „ M a s c h i n e “ b a u e n . Das wesentliche Kennzeichen der Maschine, d er fest bestim m te V e rla u f ih re r F unktionen, setzt ja voraus, daß das eindeutige Bestim m ungsverhältnis zwischen U r s a c h e u n d W i r k u n g , welches die ganze „M a k ro p h y s ik “ beherrscht, zuverlässig in K r a ft b le ib t. F ü r jeden T e il der Maschine muß eine zw angsläufige, eindeutige Be­

s tim m th e it seines F nn ktion ieren s in A b h ä n g ig k e it von den auf ihn e in w irke nd en K rä fte n g ew äh rle istet sein. W ir wissen aber heute, daß derartige s n u r d a n n gew ährleistet ist, w enn die Maschine, vom Standpunkte der A to m p h y s ik betrachtet, ein ganz grobes Gebilde ist: auch ih re feinsten T eile — w ie etw a ein ganz fe in e r Elektrom eterfaden -—

müssen im m e r noch so groß sein, daß sie ko m p akte Anhäufungen von ungeheuer viele n gleichen Atom en oder M olekülen darstellen. Denn sonst g ib t es keinen im voraus berechenbaren Gang der Maschine m ehr. W ü rd e n gewisse fu n k tio n s w ic h tig e T e ile der Maschine n u r noch aus e i n z e l n e n M o l e k ü l e n bestehen, dann w ürde jene s t a t i s t i s c h e U nb estim m the it ih re r R eaktionen eintreten, welche kennzeichnend fü r die M ik ro p h y s ik im Gegensatz zu r M a k ro p h y s ik ist: die R eaktionen eines einzelnen Atom s oder M oleküls sind n i c h t m ehr durch die geschehenden E in w irk u n g e n eindeutig- ursächlich bestim m t, sondern es bieten sich dem einzelnen M olekü l jew e ils eine Reihe verschiedener R eaktionsm öglichkeiten z u r „A u s w a h l“ d a r — und die „ W a h l“ geschieht m it bestimmten, naturgesetzlich festgelegten W a h r s c h e i n l i c h k e i t e n .

Is t ein lebender O rganism us eine Maschine? Die Ergebnisse der Q uantenphysik ergeben ganz neue G esichtspunkte fü r die B e u rte ilu n g dieser so u m s tritte n e n F ra g e W ir sehen, daß es v o r allem d arau f ankom m en w ird , ob w ir den Organism us auflösen können in Strukturelem ente, die jedes in sich ein homogenes Substanzstück darstellen, und die noch so groß sind, daß sie jew e ils aus zahlreichen M olekülen bestehen und som it „m a k ro p h y s ik a lis c h “ reagieren. Die andere, entgegengesetzte M ö g lic h k e it w äre die, daß der lebende Organism us n i c h t aus „m a k ro p h y s ik a lis c h e n “ S trukturelem enten besteht — daß jedes Stück lebender Substanz, das uns bei einem gewissen Schärfe grade der Beobachtung als homogen und u n s tru k tu rie rt erscheinen mag, bei nochm

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Oitjtcbc'b

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218 P. Jo r d a n: Bio l o g is c h e Qu a n t e n e r s c h e in d n g e n. Z e itschrift fü r den physikalischen Zweiundfünfzigster Jahrgang.

erhöhter Beobachtungsschärfe neue, feinere S tru ktu re n erkennen läß t — , bis w ir schließlich an die äußerste Feinheitsgrenze a lle r m ate rie lle n S tru ktu re n gekommen s in d : zu den M olekülen und Atom en selbst.

Das also is t die A lte rn a tiv e , deren fundam entale Bedeutsam keit w ir jetzt, nach den L eh re n der Quantentheorie, erkennen. W ir d ürfen aber heute bereits sagen, daß diese A lte rn a tiv e e x p e r i m e n t e l l e n t s c h i e d e n i st .

D ie Entscheidung hat sich ergeben in erster L in ie aus s t r a h l e n b i o l o g i s c h e n Untersuchungen. Die S t r a h l e n b i o l o g i e befaßt sich dam it, den biologischen W irk u n g e n k u rz w e llig e r S trahlungen nachzugehen; U ltra v io le tt; R öntgenstrahlen; a-, ß-, y-S trahlen ; K athod en strah len ; N eutronenstrahlen; —■ auf G rund des quantenphysikalischen „D u a lis ­ m us“ von W ellen und K o rp u ske ln dürfen w ir ja alle diese S trahlungen als „k u r z w e llig “ bezeichnen. Es han de lt sich h ie r um ein naturw issenschaftliches Grenzgebiet, das gleich enge Beziehungen zu M edizin, B iologie u nd P h ysik besitzt. W enn einerseits die O b j e k t e der Bestrahlungsuntersuchungen biologische sind, und die pra ktische A nw endung und A usw ertung der Forschungsergebnisse in erster L in ie der M edizin zugute kom m t, so is t doch andererseits die M ita rb e it des P hysikers u nentbehrlich auf G rund der A u s fü h rlic h k e it, m it d er die physikalischen Eigenschaften und Gesetzmäßig­

keiten der angewandten S trahlungen in den E xp erim e n ten und in ih re r theoretischen V e ra rb e itu n g ausgenutzt w erden müssen. So m ag es — auch abgesehen von der hohen allgem ein-naturw issenschaftlichen Bedeutung dieses Gebietes — b erech tigt sein, in e in er der P h y s ik und Chemie gew idm eten Z e its c h rift ein w en ig auf die strah len ­ biologischen Forschungen und ih re in den letzten Jahren erzielten F o rts c h ritte einzugehen.

E in charakteristisches, im G runde sehr einfaches und zugleich bedeutungsvoll aufschlußreiches E xp e rim e n t is t folgendes (Wy c k o f f). M an b estrahlt Zellen von B acterium co li m it u ltra v io le tte m L ic h t und zä hlt später aus, w ieviele d er bestrahlten Zellen noch h in te rh e r zu r V erm ehrung durch T e ilu n g geschritten sind, und w ieviele infolge der Bestrahlung ih r Teilungsverm ögen ve rlo re n haben. Bei V e rgleich un g der noch te ilungsfähigen erw eist sich, daß (abgesehen von schwächeren Nebeneffekten, die uns je tz t nichts angehen) n u r zw ei scharf getrennte M ög lich keite n vorhanden s in d : eine einzelne der bestrahlten Z e lle n is t e n t w e d e r te ilu ng sun fä hig geworden, getötet, o d e r aber u n b e e i n f l u ß t geblieben. Es w ird also n i c h t etwa eine von F a ll zu F a ll stetig abstufbare S c h ä d i g u n g erzeugt, als deren E x tre m fa ll sich v ö llig e T ö tu n g e rg ib t, sondern die h ie r beobachtete T ötun g is t ein p lö tzlich e r, unstetiger und u n te il­

b arer V o rga ng . Noch v ie l deu tlich er erkennen w ir dies aus dem Vorhandensein eines einfachen m athem atischen Gesetzes in der A b ste rb e sta tistik der bestrahlten Z e lle n : bei ko nsta nter In te n s itä t der S trahlung n im m t die A n zah l der Überlebenden e x p o ­ n e n t i e l l m it d er Bestrahlungsdauer ab (also ganz analog der ebenfalls exponentiell verlaufenden zeitlichen A b k lin g u n g eines Haufens von R adium atom en); bei V e rgleich un g verschiedener angew andter In te nsitä ten zeigt sich überdies, daß es (bei gegebener W ellenlänge der S trahlung) n u r auf die insgesam t angewandte S tra h le n -D o s is ankom m t, einerlei, ob diese Dosis schnell oder langsam (oder auch in te rm ittie re n d ) a p p liz ie rt w ird .

W as bedeuten diese Tatsachen? N ic h t w eniger, als daß jede T ötun g herbeigeführt w ird d u r c h j e e i n e i n z i g e s L i c h t q u a n t hv. Z w a r han de lt es sich keineswegs darum , daß j e d e s im B a kte rie n le ib absorbierte hv tö d lic h w ir k t — im Gegenteil a bso rb iert jede Zelle im D u r c h s c h n i t t M illion en von Lich tq ua nten , bevor der eine tötende „ T r e ffe r “ e rfo lg t. A b e r diese M illio n e n von Absorptionen sind in Bezug auf den uns h ie r beschäftigenden E ffe k t v ö l l i g w i r k u n g s l o s — die T ö tu n g selber ko m m t a l l e i n durch e i n e e i n z i g e A r-A b s o rp tio n zustande, die o ffe nb ar eine besondere photochemische V e rän de ru ng eines ganz besonderen M oleküls d er Zelle herbe ifüh rt.

Denn die exponentielle Abnahm e ungetöteter Zellen m it w achsender Strahlendosis bedeutet ja gerade, daß die W a h rsch ein lich keit, ein bestim mtes, zunächst noch lebendiges B a k te riu m durch A p p liz ie ru n g einer gewissen Dosis zu töten, u n a b h ä n g i g davon

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und chemischen U nterricht.

1939. H e ft 6. P . Jo r d a n : Bio l o g is c h e Q c a n t e n kr s c h e inu m; k n . 219

ist, w ie v ie l S trahlung das B a k te riu m schon v o rh e r über sich ergehen lassen m uß te 1;

es g ib t also n ic h t etwa eine a llm ähliche A k k u m u l i e r u n g k le in e r Schädigungen bis zur schließlichen A btötung, sondern n u r eine p lö tzliche T ötung, deren Zustandekom m en ganz unbeeinflußt b le ib t von den nebenher bzw. v o rh e r geschehenden unschädlichen Absorptionen.

Dieser B efund is t so überraschend, daß er gew iß k e in V e rtra ue n finden w ürde, w enn er n ic h t durch eine beträchtliche Zahl v e rw a n d te r Befunde —■ in ähnlichen E xperim enten — gestützt u nd bestä tigt w ürde. W ir w erden einige davon hernach noch b e rü h re n ; a u g e n b lic k lic h w ollen w ir n u r festhalten, daß das soeben gewonnene E rgebnis tro tz seiner M e rk w ü rd ig k e it als sichere Tatsache bew ertet w erden muß • so daß w ir uns auch m it allen F olgerungen, die daraus logisch zw angsläufig zu ziehen sind, auf sicherem G runde befinden.

T ro tz ih re r m ikroskopischen K le in h e it is t die lebende Zelle, m it der w ir h ie r arbeiten, ein vo m S tandpunkte des A tom physikers aus gesehen r i e s i g e s Gebilde — sie e nthält etw a 1011 Atom e. T ro tzd em sehen w ir, daß ein einziges hv — also ein G ebilde, dessen E nergie in den Vorgängen, die den P h y s ik e r gew öhnlich beschäftigen, gerade dazu ausreicht, ein einzelnes A tom bzw. M olekül, in dem es a bsorbiert w ird , abzuändern — an diesem ganzen ungeheuren K o m p le x von Atom en eine tie fgreife n de V e rä n d e ru n g h erbeiführen ka nn . N ä m lich die einschneidendste V eränderung, die es biologisch überhaupt g ib t, den Ü be rg a ng vom lebenden Zustand in den getöteten, w oraus sich w e ite rh in m it der A u flö su n g des O rganism us die d enkbar verschiedenste chem isch-physikalische F o rte n tw ic k lu n g des ganzen K om plexes von 1011 Atom en e rg ib t gegenüber dem, was eingetreten wäre, wenn das eine tötende L ic h tq u a n t die Zelle n i c h t e rre ic h t hätte.

O ffenbar müssen ganz besondere physikalisch-chem ische S tru ktu rve rh ä ltn isse in der lebenden Zelle vorhanden sein, um zu erm öglichen, daß ein einzelner quanten­

physikalische r E lem entarakt, w ie die A b sorp tion eines A r, zu d erartige n, eine ganze Zelle erfassenden A u s w irk u n g e n gelangen kann. D er P h y s ik e r ke nn t aus seiner L ab o ra to riu m s e rfa h ru n g gewisse experim entelle A nordnungen, die es g le ic h fa lls e r­

m öglichen, aus einem V orgänge von „m ik ro p h y s ik a lis c h e r“ F e in h e it eine „m a k ro ­ p h ysika lisch e “ A u s w irk u n g hervorgehen zu lassen. Es h a n de lt sich da, w ie beim GEiGERschen S p i t z e n z ä h l e r oder bei der Wi l s o n- K a m m er, um Anordnungen, in denen eine hochgradige I n s t a b i l i t ä t besteht, d erart, daß ganz g e rin g fü g ig e Störungen (wie z. B. eine e i n z e l n e Io n isie ru n g ) l a w i n e n a r t i g a n s c h w e l l e n d e Vorgänge auslösen können. A llg e m e in pflegen w ir von „ V e r s t ä r k e r a n o r d n u n g e n “ zu sprechen, w enn grobe, m it erheblichen Energieum setzungen verlaufende V orgänge ausgelöst und som it g e s t e u e r t w erden von w esentlich feineren. W ir können sagen, daß auch die lebende B a cte riu m -coli-Z e lle auf G run d d er obigen Befunde als ein „V e rs tä rk e r“

höchster W irk s a m k e it anzusprechen i st : sie m acht das E in tre te n eines bestim m ten quantenphysikalischen E lem entaraktes durch einen „m a k ro p h y s ik a lis c h e n “ E ffe k t •—

Absterben einer ganzen Zelle — erkennbar.

W ie diese hochgradige V e rs tä rk e rw irk u n g zustandekom m t, is t eine Frage, über die w ir n a tü rlic h aus den obigen E xperim enten zunächst n u r w en ig erfa hre n k ö n n e n ; sie gehört in den allgem eineren P ro blem kreis der biochem ischen und biophysikalischen Feinheiten der Lebensvorgänge und geht d a m it w e it über den Rahmen dessen hinaus, was h ie r betrachtet w erden soll. S icherlich spielen k a t a l y t i s c h e (enzym atische usw.) V orgänge dabei eine entscheidende R olle — w ie ja überhaupt chemische K a ta lyse n u nd insbesondere K e t t e n r e a k t i o n e n die reichsten M öglichkeiten zu la w in e n a rtig e n Prozessen geben können. Ü brigens hat die neuere physiologische Forschung w underbare

1 Das Gesetz N (D ) = N(o)e~kD (m it k = const ) fü r die Anzahl der Überlebenden als F u n k­

tio n der angewandten Dosis D, oder die dam it gleichbedeutende Form el dN/dD = — kN besagt offenbar, daß A pplizierung der kleinen Dosis dD m it der W abrscbeinlicbkeit M D tö d lich w irk t, un­

abhängig von der schon vorher applizierten Strahlendosis.

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220 P. Jo r d a n: Bio l o g is c h e Qu a n t e n e r s c h e in ü n g e n. Z e itschrift fü r den physikalischen Zw eiundfünfzigster Jahrgang.

Beispiele la w in e n a rtig e r Auslösungen entdeckt. E rw ä h n t seien n u r die A u x i n e , Horm one, welche das pflanzliche W achstum fö rd ern , indem sie die S treckung der Zellw ände erleichtern. In einem noch n ic h t ganz d u rch sich tig gewordenen V organg, d er vom A u x in (welches dabei ve rb ra u ch t w ird ) k a ta ly tis c h beschleunigt w ird , und bei welchem übrigens auch A tm ungsvorgänge m itspielen, w erden die V erbindungen d er „ M i z e l l e n “ der Z ellw an d gelockert, so daß eine D e h n u n g m ög lich w ird . Anschließend w ird ein E inbau neuer Substanz in die W and vollzogen. Man h a t in einem speziellen F a ll e rm itte lt, daß fü r jedes verbrauchte A u x in m o le k ü l ung efä h r 300000 Glukosereste als Bausteine der Zellulose eingebaut w erden. A uch dies is t ein e in d ru c k s v o lle r Beweis fü r die im organischen Leben auftretenden hochgradigen V erstärkungs- und Steuerungs­

w irku ng en .

A m B eispiel d er Strahlentötung von K o liz e lle n haben w ir nun gesehen, daß die d o rt vorliegenden V e rs tä rk e r W irkungen es geradezu m ög lich machen, daß ein einziger q uantenphysikalischer E le m e ntarakt entscheidend fü r F ortbestand oder V e rn ich tu n g der ganzen Zelle w erden ka nn . D ieser Befund steht aber n ic h t a lle in : ähnlich, wenn auch zum T e il in etwas ko m p liz ie rte re n Form en, finden w ir eine d e ra rtig e „ S t e u e r u n g “ einer ganzen lebenden Zelle (unter Um ständen sogar m e h rz e llig e r O rganism en) durch einzelne m ik ro p h y s ik a lis c h e E lem entarakte auch in allen anderen Beispielen, die bisla ng ausführlich genug untersucht w orden sind (da ru nter eine Reihe anderer B a k te rie n ; H e feze lle n ; F rühstadien von Insekteneiern und m ancherlei andere). Es muß offenbar ein ganz besonderes S tru ktu re le m e n t d er Zelle sein, dessen durch einen einzelnen E le m e ntarakt herbeizuführende Schädigung die L e b en sfä higke it d er Zelle so e in ­ schneidend b e e in trä ch tig t. Dieses S trukturelem ent, das selber von m ik ro p h y s ik a lis c h e r F ein he it sein muß, ka nn passend als „S teuerungszentrum “ der Zelle bezeichnet werden.

Eine q u a n tita tiv e D iskussion der Resultate verschiedener T ötungsexperim ente an Bacterium c o li — insbesondere auch die T ö tu n g d urch R öntgenstrahlen is t h ie r u nter Anw endung verschiedener W ellenlängen sehr a usfü hrlich untersucht — hat es erm öglicht, die G r ö ß e dieses Steuerungszentrum s angenähert zu bestim m en: es han de lt sich um ein Gebilde, das im m e rh in noch etwa 107 Atom e enthält, d a m it aber schon n ic h t m ehr größ er ist, als die größten heute bekannten M oleküle. Es hat sich g lü c k lic h getroffen, daß dieses aus der theoretischen A nalyse d er strahlenbiologischen E xperim ente e r­

schlossene G ebilde — das m an in naheliegender W eise als eine A r t Z e l l k e r n auf- fassen w ird — k u rz d a ra u f auch m it ganz anderen Methoden nachgewiesen w erden konnte. Es w a r m ehrere Jahrzehnte ungew iß und u m stritte n, ob B a kte rie n ebenso w ie die größeren Z ellen Z ellkern e besitzen; V e rfein erun ge n der m ikroskopischen Methoden (insbesondere auch das E l e k t r o n e n m i k r o s k o p ) haben jedoch neuestens die E xistenz eines den Z ellkern en g rö ß erer Z ellen analogen und in seiner Größe den erw ähnten theoretischen Vorhersagen entsprechenden K örperchens in d er K o liz e lle (und entsprechend bei anderen B akterien) d e fin itiv sicher gestellt.

Jedoch is t zunächst noch n ic h t entscheidbar, ob dieses Steuerungszentrum der K o liz e lle aus einem einzigen sehr großen M olekül oder aus m ehreren verschiedenen großen M olekülen besteht. Die größten heute bekannten, w ohldefinierten M oleküle haben w ir durch die V iru s- und Bakteriophagenforsehung kennen g elernt. Sehr b e t r ä c h t l i c h e M olekulargew ichte liegen ja bei a l l e n E iw e iß kö rp e rn v o r. V iele d er E iw e iß k ö rp e r gehören a lle rd in g s zur Klasse der Substanzen m it langen K e t t e n m o l e k ü l e n ; bei d e ra rtig e n Substanzen g ib t es ke in k la r definiertes M oleku large w icht, und e igentlich überhaupt k e in definiertes M o le k ü l: die aus k e tte n fö rm ig e r A n ein a n d e rre ih u n g k le in e re r A tom gruppen entstehenden „M o le k ü le “ einer solchen Substanz haben in regelloser V e rte ilu n g in d iv id u e ll verschiedene L ä n g e n , und die „m iz e lla re “ Bündelung dieser K etten durch p a ra lle le Zusam m enlegung e rg ib t zw a r eine gewisse k ris ta llin e Ordnung, läß t aber auch m annigfachen in d iv id u e lle n Verschiedenheiten der A u sb ild u n g Raum.

Zu diesem T y p gehören a lle diejenigen Eiweißsubstanzen, welche in fester, faseriger oder g a lle rta rtig e r F o rm im T ie rk ö rp e r auftreten. Dagegen zeigen die in den K ö rp e r-

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und chemischen U nte rricht.

1939. H e it 6.

P . Jo r d a n : Bio l o g is c h e Qc j a n t e n e r s c h e in u n g k n. 221

flüssigkeiten in w i d r i g e r LBsung (als „K o llo id e « ) auftretenden EiweiBsubstannen durchw eg w ohldefinierte M oleküle von ganz bestim m tem M oleku large w icht. Viele dieser M oleküle sind annährend k u g e lfö rm ig . E ine ganze A n zah l dieser Substanzen haben M olekulargew ichte, die etwa 30000 bis 35000 b etrag e n; z. B. Pepsin und In su lin . Andere M olekü larte n sind noch w esentlich größ er und erreichen M olekulargew ichte von einigen M illion en . Man v e rd a n k t die K enntnis dieser Verhältnisse zum wesentlichen T e il den bahnbrechenden U ntersuchungen Sv e d b e b g s m it seiner w underbaren U l t r a ­ z e n t r i f u g e “ , durch welche selbst diese ungeheuren M oleku large w ichte noch einer sicheren Bestim m ung zugänglich gem acht w urden.

D ie höchsten bislang bekannten W e rte des M oleku large w ichts w erden e ire ic h t bei den Virussubstanzen. Die aufsehenerregenden U ntersuchungen St a n l e y s und Wy c k o f f s haben z. B. die Substanz des T a b a km o sa ikviru s als eine E iw e iß a rt erwiesen, die ebenfalls w ohldefinierte M oleküle besitzt (von lä n g lic h e r Gestalt, etwa 10 m al so Jane- w ie d ick) und dabei das M ole ku la rg e w ich t 17 000000 zeigt. Die Substanz eines gewissen vo n No k t h b o p studierten Bakteriophagen (also eines B a kte rie n angreifenden V iru s ) h a t w ahrscheinlich ebenfalls w ohldefinierte M oleküle, aber m it dem R eko rd ­ m o le ku la rg e w ich t von etw a 200000000. Das entsp rich t schon einem In h a lt von m ehr als 10’ Atom en im M olekül, is t also von gleicher Größe w ie das Steuerungszentrum der K o lize lle . T rotzdem is t es v ie lle ic h t geboten, in diesem K o liz e llk e rn eher eine kle in e G r u p p e vo n M olekülen als n u r ein einziges M olekül zu ve rm uten ; denn die A na ogie zu den Z ellkern en g rö ß erer Z ellen w ürde gerade dadurch noch enger werden.

Die Z ellkern e größ erer Z ellen sind uns ja h in s ic h tlic h ih re r w un de rba r feinen und hochentw ickelten S tru ktu rve rh ä ltn isse heute recht ausführlich b ekannt — dan den A rb e ite n der V e r e r b u n g s f o r s c h e r . W ir wissen, daß in den Chromosomen der Z ellkern e p e rls c h n u ra rtig a neinandergereiht d ie m a te rie lle n T rä g e r der „ i - fa k to re n “ , die G e n e , sitzen. Ä h n lic h w ie beim obigen Beispiel der K o liz e lle sind w ir bislang erst andeutungsweise d arüb er u n te rric h te t, w ie die Gene einer K e im ze lle es fertio- b ring e n die E n tw ic k lu n g des aus der Zelle entstehenden E m bryos in feinsten E inzelheiten zu steuern. A b e r jedenfalls wissen w ir, d a ß diese Steuerung besteht;

und an dem bestuntersuchten Beispiel, der F lie ge D rosophila, können w ir heute schon fü r eine ganze Reihe ve re rb b a re r Eigenschaften sehr genau den O rt angeben, wo das zugehörige, die E n tw ic k lu n g gerade dieser Eigenschaft bestimmende Gen seinen Sitz in einem der Chromosomen hat.

Eine in einer K e im ze lle stattfindende V e rän de ru ng eines Gens bedeutet da sie sich bei der T e i l u n g des Chromosoms in beiden Tochterchrom osom en w ied erfind et und fo rtla u fe n d auf alle daraus durch w eitere T eilun g en entstehenden Zellen ü b e rträ g t — eine M u t a t i o n ; b eka nn tlich ste llt die (m it der V ererbungsforschung unlöslich v e r­

bundene) M utationsforschung einen der aktuellsten, m eistbearbeiteten Zweige der h e u ti­

gen B iologie dar. Insbesondere is t die (von Mu l l e e entdeckte) E r z e u g u n g v o n M u t a t i o n e n d u r c h R ö n t g e n s t r a h l e n Gegenstand sehr eingehender U ntersuchungen gew orden; unsere heutige B e urte ilu ng dieser V orgänge is t v o r allem d urch bedeutsame experim entelle und theoretische Untersuchungen von Tim o f e e f f-Re s s o v s k y, De l b e ü c k

und Zi m mEB gefo rm t worden.

Zunächst is t s o rg fä ltig k la rg e s te llt w orden, daß die m utationauslösende W irk u n g der Röntgen strahlen d i r e k t geschieht, n ic h t etw a erst über k o m p liz ie rte physiologische U m w ege° Infolgedessen ist, w enn m an die M ethoden der G enetik betreffs der quan­

tita tiv e n E rm ittlu n g und statistischen A u sw ertu ng von „M u ta tio n sra te n “ einm al beherrscht, die ganze „ S t r a h l e n g e n e t i k “ sozusagen ein re in physikalisches Gebiet gew orden:

Es handelt sich darum , u nte r v a riie rte n B edingungen die strah len ind uzie rte n R eaktionen der Chromosomen und Gene festzustellen, und daraus Rückschlüsse betreffs der p h y ­ sikalischen S tru k tu r der Gene zu gewinnen. D ie dabei im einzelnen anzuwendenden experim entellen Methoden und theoretischen G esichtspunkte sind fü r die S trahlengenetik im P rin z ip dieselben, die auch bei der Strahlentötung (oder Strahlenschädigung)

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222 P . Jo r d a n: Bio l o g is c h e Qu a n t k n e r s c h k in u n g e n. Zej tech n ft lür.den^physikalischen

_______________________ Zweiundfunfzigster Jahrgang.

von Z ellen anzuwenden sin d : in sehr w eitem U m fange ka n n behauptet werden, daß diese T ötungen (oder Schädigungen) ebenfalls jew e ils am Z e l l k e r n angreifen — denn n u r durch Störung eines h och grad ig als S t e u e r u n g s z e n t r u m w irk e n d e n S tru k tu r­

elements der Zelle kann m an die hochgradigen V e r s t ä r k e r w i r k u n g e n erzielen, die erfahrungsgem äß ü b e ra ll m it den strahlenbiologischen R eaktionen v e rk n ü p ft sind.

Ohne h ie r auf E inzelheiten einzugehen, verzeichnen w ir als das grundsätzliche Re­

sultat der strahlengenetischen U ntersuchungen, daß auch eine M u t a t i o n nichts anderes als ein e i n z e l n e r q u a n t e n p h y s i k a l i s c h e r E l e m e n t a r p r o z e ß ist; auch fü r das Gen is t also m i k r o p h y s i k a l i s c h e F e i n h e i t zu erweisen. Man ka n n danach geradezu sagen, daß das einzelne Gen nichts anderes ist, als e in e i n z e l n e s M o l e k ü l — w oh l von ähnlicher A r t w ie die V irus-R ie se nm ole küle, die w ir bereits berührten.

Dieser letztere V e rg le ic h is t auch deshalb in der neueren L ite ra tu r des Gegen­

standes v ie lfa ch gezogen w orden, w e il Gen und V iru s m o le k ü l in einer fundam entalen Eigenschaft durchaus p a ra lle l gehen: n äm lich in der F ä h ig k e it zu „ a u t o k a t a l y t i s c h e r “ V e r m e h r u n g . Die ganzen Vererbungserscheinungen beruhen ja d arauf, daß bei T e ilu n g eines Chromosoms zw ei i d e n t i s c h g l e i c h e Tochterchrom osom en entstehen.

W ir dürfen uns angesichts der m ik ro p h y s ik a lis c h e n F e in h e it d er Gene übrigens diese

„ T e ilu n g “ n ic h t etw a zu sehr nach A n alo gie des „m a k ro p h y s ik a lis c h e n “ V organgs der Z e llt e ilu n g denken; die sinngemäße V o rs te llu n g is t die, daß ein neu entstandenes Chromosom a llm ä h lic h ein ihm identisch gleiches — gleich in allen seinen einzelnen Genen! — neben sich auf baut; nach Abschluß des Aufbaus e rfo lg t schließlich eine T re n nu ng . Jedes einzelne Gen baut dabei also ein ih m gleiches Gen auf — und n u r in A nw esenheit eines Gens ka nn ein neues Gen, als sein A b b ild , entstehen.

Dieselbe a uto katalytisch e V erdoppelung haben w ir uns aber bei den V ire n vorzustellen, wo ebenfalls keine Spontanentstehung, sondern n u r die „V e rm e h ru n g “ m ö g lich ist.

F aß t man die V e rm e h ru n g s fä h ig k e it als w ichtigstes, entscheidendes K rite riu m des L e b e n s aut', so hat m an die V iru s m o le k ü le noch den lebenden O rganism en anzu­

reihen, obw ohl alle sonstigen charakteristischen Lebensvorgänge h ie r schon verschwunden sind — auch einen Stoffwechsel im eigentlichen Sinne g ib t es n ic h t m ehr, da n u r die V erm ehrung, n ic h t aber die E r h a l t u n g dieser G ebilde S toffzufu hr e rfo rd e rt.

Jedenfalls aber muß die o ft fo rm u lie rte Frage,, ob die V ire n noch belebt oder unbelebt seien, als sinnlos betrachtet w e rd e n ; es is t le d ig lic h eine Sache d er D efin itio n und d er T erm in olo gie , ob m an sie den Lebewesen zuzählen w ill oder n ic h t; und die zweckm äßige, sinngemäße E in o rd n u n g is t w o h l die, daß m an diese Riesenm oleküle als Ü b e r g a n g s f o r m e n oder Zwischenstufen zwischen O rganism en und gew öhnlichen M olekülen bezeichnet.

W ir haben aus den grundsätzlichen Ergebnissen der S tra hle nb io log ie erfahren, daß die eigentlichen P rim ä rv o rg ä n g e des Lebens — vo n denen die gröberen g e ­ s t e u e r t w erden — von m ik ro p h y s ik a lis c h e r F e in h e it s in d ; daneben zeigen uns die Ergebnisse der V iru sfo rsch u n g noch e in m a l eine Tatsache, die w ir auch aus den strahlenbiologisch begründeten Erkenntnissen entnehmen und folgenderm aßen fo r ­ m ulieren k ö n n e n : T ro tz der tiefen K lu ft, die zwischen P h y s ik und Biologie, zwischen Anorganischem und Lebendem zu bestehen scheint, g ib t es eine Berührungszone, wo P h y s ik und B io lo g ie in e in a n d e r übergehen. A b e r i n d i e s e r B e r ü h r u n g s z o n e g r e n z t d i e B i o l o g i e n i c h t a n d i e M a k r o p h y s i k , s o n d e r n a n d i e M i k r o ­ p h y s i k . Jeder Versuch, d arüb er nachzudenken, w ie w e it m an von der P h y s ik aus die Erscheinungen des organischen Lebens — bis in seine höchsten E ntfa ltun g en h in e in — verstehen könnte, is t also v e rfe h lt, solange der B etrachtung die klassische M a k ro p h y s ik zugrunde gelegt w ird , statt der fundam ental andersartigen M ik ro p h y s ik .

W ir haben schon in der E in le itu n g die w eitreichenden F olgerungen angedeutet, die sich ergeben w ürden, wenn dasjenige zu beweisen w äre, was w ir nunm ehr ta t­

sächlich als bew eisbar — und bereits bewiesen! ■— e rk a n n t haben. Es w äre noch

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und chemischen U nterricht.

1939. H e ft 6. Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. 223

manches h ie rü b er zu sagen; doch sind die Schlüsse, zu denen w ir von h ie r aus in Z u k u n ft kom m en dürfte n, heute sowieso noch g a r n ic h t in v o lle m Ausmaß abzusehen.

Begnügen w ir uns also fü r je tz t m it der Feststellung, daß die G egenüberstellung von O rganism us und Maschine, m it der m an bis v o r kurzem das V e rhä ltnis (und den inneren Gegensatz) von Biologischem und Physikalischem ausdrücken zu können glaubte, heute n ic h t m ehr als das W esentliche kennzeichnend a ne rka nn t w erden d a rf:

die gegenüber der M a k ro p h y s ik und ih re n V o rstellungsform en so gru nd sätzlich neu­

a rtig e Q uantenphysik scheint uns h ie r -die Ü b e rw in d u n g b ish e rig e r Gegensätze in e in er höheren E in h e it in A ussicht zu stellen.

V on seiten biologischer T h e o re tik e r sind ja in neuerer Z eit lebhafte Anstrengungen gem acht w orden, die spezifischen E ig en tü m lichke iten des organischen Lebens in ih re r a u ffä llig e n Verschiedenheit vo n allem M akrophysikalisehen b e g rifflic h bestim m ter zu erfassen. B e kan n tlich steht der B e g riff der „G a n z h e it“ im M itte lp u n k te dieser Be­

strebungen. Es w ill uns scheinen, daß auch in dieser H in s ic h t die Ergebnisse der m ik ro p h y s ik a lis c h e n A nalyse d er Lebensvorgänge — obw ohl zunächst scheinbar in eine ganz andere S ic h tu n g gehend — zu einer deutlicheren V o rste llu n g sb ild u n g * zu fü hren geeignet sind. D enn diese A nalyse hat uns den B e g riff der S t e u e r u n g von Lebensvorgängen in seiner fundam entalen Bedeutung erkennen lassen. Die E i n h e i t und G a n z h e i t eines O rganism us d ü rfte aber letzten Endes nichts anderes bedeuten, als die e i n h e i t l i c h e S t e u e r u n g seiner R eaktionen.

K lein e M itteilungen.

Ausdehnung der Flüssigkeiten durch Wärme.

E in B e itr a g z u r D id a k t ik des p h y s ik a lis c h e n U n te r r ic h ts . Von D r. Wilhelm Bahrdt in B erlin-Lichterfelde.

1 Die Durchnahm e messender Versuche über W ärm eausdehnung von F lü s s ig ­ ke iten im U n te rric h t und im P ra k tik u m bie te t größere S c h w ie rig ke ite n als bei festen und gasförm igen K ö rp e rn ; denn erstens sind die Ergebnisse vo n dem verw endeten H ilfs m a te ria l, m eistens Glas, abhängig, ob es sich nun um W ägungs- oder A u ftrie b s ­ ve rfa hre n h an de lt; eine einzige Ausnahme b ild e t das V e rfa h re n der verbundenen Gefäße (Du l o n g und Pe t it), das seinerseits eine sehr um fangreiche Versuchsanord­

nun g b e d in g t; ein zw eite r G rund lie g t in der Tatsache, daß der Volum enausdehnungs­

k o e ffiz ie n t von F lü s s ig k e ite n m it w achsender T em p eratu r sta rk ansteigt, was fü r feste K ö rp e r n u r in sehr geringem Maße z u tr iff t; b e k a n n tlic h b ild e t h ie rb e i das Q uecksilber eine Ausnahme, denn seine V olum envergröß erung v e rlä u ft fast p a ra lle l d er des L u ftthe rm o m e te rs. Da es also n ic h t m ö g lic h ist, einen festen Z ah len w ert fü r den Ausdehnungskoeffizienten vo n F lüssigke ite n anzugeben, so b eg nü gt m an sich im U n te rric h t g ew öh nlich m it der M itte ilu n g ihres abnorm en V erhaltens und v e r­

zichtet auf messende Bestim m ung d er Ausdehnung. B eim W 7asser te ilt m an m it, daß es sich zwischen 0° und 4° C zusam menzieht und ze ig t w o h l auch d urch einen Versuch, daß W asser von 4° C besser trä g t als W asser von 0 °; b ei Q uecksilber m iß t m an nach dem V e rfa h re n von Dttlong und Pe t it oder nach d er P yknom eterm ethode den Ausdehnungskoeffizienten.

Im ü brig e n v e rzich te t m an auf messende Versuche. D ie m eisten L e h re r wissen g a r n ich t, daß sie sich h ie rb e i eine A n z a h l schöner Messungen entgehen lassen die le ic h t und m it b illig e n H ilfs m itte ln d urchzu fü hren sind, bem erkensw ert genaue Ergebnisse lie fe rn und sich wegen dieser V o rzüg e besonders g u t fü r S chüler­

übungen eignen. K a um ein anderes K a p ite l der P h y s ik bie te t so gut w ie dieses die M ö g lic h k e it auf G rund em pirisch e rm itte lte r Tatsachen m athem atische A b h ä n g ig ­ ke iten abzuleiten. U m g eke h rt w iederum k a n n m an d urch A nw en du ng der L eh re n

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224 Kl e i n e Mit t e i l u n g e n. Z e itschrift fü r den physikalischen Zweiundfünfzigster Jahrgang.

der In fin ite s im a lre c h n u n g a u f diese Gesetze neue p h y sika lisch e A b h ä n g ig k e ite n und Zusammenhänge gew innen. In den folgenden D arlegungen w ird d er Leser diese Q uerverbindungen zwischen P h y s ik und M ath em a tik erkennen. D ie neuzeitlichen F orderungen, den Sinn fü r Zusammenhänge und A b ­ h ä n g ig k e ite n bei den Schülern zu e ntw ickeln , w erden d urch solche le ic h t anzustellenden Versuche über Zusam menhang zwischen Tem pe­

ra tu r und Volum en V ergröß erung ein er F lü s s ig k e it e rfü llt. W issen­

sch aftlich bedeuten die U ntersuchungen n ich ts w esentlich Neues, doch d id a k tis c h stellen sie eine B ereicherung des p hysikalische n und m athem atischen U n te rric h ts dar.

2. V e r s u c h s a n o r d n u n g (Fig. 1). E ine k u rz h a ls ig e H a lb lite r­

flasche w ird m it d er zu untersuchenden F lü s s ig k e it g e fü llt; durch die d re i Stopfenbohi'un gen gehen ein T herm om eter, eine G lasröhre m it einer angeklebten M illim e te rp a p ie rs k a la und ein unten zugeschmelztes G lasrohr, das zu r R eg ulieru ng d er a nfä ng lich e n Flüssigkeitshöhe d ie n t; das letztere R ohr is t n u r notw e nd ig , w enn die m it Skala v e r ­ sehene M eßröhre sehr eng ist, beispielsweise bei d er U ntersuchung des Wassers zwischen 0° und 8°. Die H alb lite rflasch e w ird in ein weites M antelgefäß gesetzt, das m an entw eder m it Eis oder m it W asser g e fü llt hat. M it einem T auchsieder ka nn das M antelw asser e rw ä rm t werden. D ie K a lib rie ru n g d er M eßröhre e rfo lg t in be­

k a n n te r W eise durch W ägung der leeren und der m it W asser ge­

fü llte n Röhre und durch Abm essung der Län ge des Wasserfadens.

Ic h habe d re i verschieden w eite G lasröhren benutzt, deren Q u e r­

schnitt und lic h te r D urchm esser aus dem beistehenden Schema e r­

sic h tlic h sind.

A ls T herm om eter dienten m ir zur Tem peraturm essung d er F lü s s ig k e it in n e rh a lb d er Flasche m eist Stocktherm om eter, die in 1/1C° C e in g e te ilt w aren. D ie T em p eratu r

im Schutzgefäß w urde m it T herm om etern in 1/1° C gemessen. In fo lg e d er T rä g h e it des F lü s s ig ­ keitstherm om eters d au er­

ten . einige Messungen m ehrere Stunden, einer F lü s s ig k e it inn erh alb

F i g . l . F lü s s ig k e it s ­ th e r m o m e t e r .

A r t d e r R ö h re

M a sse d e r R ö h r e i n g

L ä n g e des W a s s e r fa d e n s

i n c m

Q u e r ­ s c h n i t t i n c m 2

L ic h t e r D u rc h m e s s e r

i n c m le e r m i t W a s s e r

g e f ü ll t

eng 9,95 12,40 54,3 0,0451 0,240

m i t t e l 35,9 45,85 73,2 0,136 0,416

w e i t 47,3 65,9 68,0 0,2735 ■ 0,590

3. D a s V e r f a h r e n , eines T em peraturbereiches

U m die R aum veränderung

zu untersuchen, m iß t man zu d re i Tem peraturen f,, t, und t3 die zugehörigen Flüssigkeitshöhen h 1, h 2 und h3. D urch die d re i P unkte P lt P 2 und P 3 le g t m an eine P arabel (Fig. 2). U m ih re G leichung in der d enkbar einfachsten F o rm zu bekomm en, w ä h lt m an einen dieser Punkte, etwa P v aus und leg t d urch ihn das K o o rd in a te n kre u z. Die P arab elgle ichu ng lau te t dann

y = a x - j - b x 2;

die unbekannten K o effizie n ten a und b berechnet m an aus folgenden beiden G leichungen

h2 hi = a (£2 — fi) + b (f2 — f i) 2,

^3 h1 = a (<3 — + b (t3 — Q)2.

(Aa hj) (¿3 ■ tx)2 — (h3 — hj) (t2 — tx)2 Man fin d e t hieraus a

& = '

(^2 f l) (fß h ) (^3 f 2)

b \ ) ( h h) — (h3 — h x ) (i2 — ij) (<2 h) (¿3 —- fl) (f3---i2)

Nach zahlenm äßiger A usrechnung von a und b b ild e t man den ersten D iffe re n tia l­

quotienten y' = a - \ - 2bx. Aus dieser line aren F u n k tio n g e w in n t m an durch einige

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und chemischen U nterricht.

1939. H e ft 6. Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. 225

einfache Ü berlegungen die gewünschte zahlenm äßige A b h ä n g ig k e it des F lü s s ig k e its ­ ausdehnungskoeffizienten von d er T em p eratu r. F ü r die sehr kle in e T e m p e ra tu r­

erhöhung d t von t a u f t + d t steigt der W e rt d er Flüssigkeitssäule vo n y um d y a n ; das bedeutet ein Volum enanwachsen um Ttr2 ■ d y cm 3, w enn Ttr2 d er Q uerschnitt der. M eßröhre ist. N un möge das Volum en d er ganzen Flüssigkeitsm enge in der Flasche v cm3 sein; bei einer T em peraturerhöhung um d t n im m t dieses F lü s s ig k e its ­ volum en um v - y - d t zu, w enn y den Volum enausdehnungskoeffizienten der F lü s s ig k e it bei f° bedeutet; zugleich aber dehnt sich das Glasgefäß u i a v - d - d t aus, w enn (5 dei kubische Ausdehnungskoeffizient von Glas ist. Die m it der M eßröhre

Volum enzunahm e der F lü s s ig k e it u n te rlie g t som it d e r G leichung:

v ( y — b) d t ■= n r 2 ■ d y . H ieraus fin de t man

y = b - ■y oder

n r

v -2 6(if — Q)

4. V e r h a l t e n d e s W a s s e r s z w i s c h e n 0° u n d 8° u n d M e s s u n g d e s A u s d e h n u n g s k o e f f i z i e n t e n d e s G l a s e s . Man benutzt die engste d er d re i R öhren. U m die T e m p e ra tu r auf 0° zu b ring e n, u m g ib t m an die Flasche m it einem M antelgefäß, das m it Schnee oder Eisstücken g e fü llt ist, und s te llt dieses w ied erum in einen m it Eis g e fü llte n E im er. Dieser, doppelte Schutz gegen W ä rm e ­ e in strah lun g is t notw endig, w e il die genaue E in s te llu n g des T h e rm o ­ meters auf 0° lange Z eit dauer-t und eine B ild u n g vo n Schmelzwasser

im M antelgefäß, das le ic h t eine höhere T e m p e ra tu r a n n im m t als 0°, u nb ed in g t v e r­

m ieden w erden m uß ; denn der H a u p tte il d er V o lu m en verm in d erun g des Wassers im In te rv a ll 0° bis 4° fin de t gerade in der Nähe von 0° statt. E in Versuch ergab

F ig . 2.

P a r a b e l a ls E r - s a tz k u r v e f ü r d ie W ä rm e a u s d e h -

n u n g e in e r F lü s s ig k e it .

nebenstehende W e rte :

Setzt m an diese W e rte in die Parabelgleichung ein, so e rh ä lt m an:

— 2, l l = a - 4 , 02 + 6 - 4 , 022,

— l , 3 5 = a - 8 + ö - 8 2.

T e m p e r a t u r p © O O 4 ,0 2 ” C !8 ,0 0 ° C

Höhe y der Wassersäule in cm 14,65 12,54 13,30

Aus diesen beiden G leichungen berechnet m a n « = — 0,9595 und b = + 0,08946.

Im In te rv a ll 0° bis 8° is t also y = — 0,9595 t + 0,08946 t2. D urch D iffe re n z ie re n fo lg t hieraus y' = — 0,9595 + 0,17892f. Da der R öhrenquerschnitt 7 t-r 2 = 0,0451 cm 2 und das Volum en der Flasche v = 496,3 cm 3 ist, so e rg ib t sich die G leichung

y = <5 + • ( - 0 ,9 5 9 5 + 0,178921) .

Setzen w ir nun die Tatsache als bekannt voraus, daß W asser bei 4° C seine größte D ichte hat, so bedeutet dies, daß fü r 4° C y = 0 ist. AYir erhalten dann eine G leichung, aus der m an b als U nbekannte berechnen kann. Es w ird

b = -lg g '3- (0,9595 — 0, 17 89 2 . 4) = 0,0000222.

( Gr i m s e h l g ib t fü r Jenaer Glas den W e rt 0,000021 und K o h l r a u s c h- He n n i n g den W e rt 0,0000243 an).

Man k a n n noch die Frage beantw orten, fü r welche T e m p e ra tu r die Parabel ih r M in im u m hat. F ü r diesen P u n k t muß t/' = 0 sein. Diese B e din gu ng is t e r­

f ü llt bei < = 5 , 4 ° . E n d lich k a n n m an noch die A usdehnungskoeffizienten fü r alle T em peraturen im In te rv a ll 0° bis 8° berechnen. M an fin de t z. ß. y 0 — — 0,000065 und y 8= + 0,000065.

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226 Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. Zeitschrift fü r den physikalischen Zweiundfünfzigster Jahrgang.

5. A u s d e h n u n g des W a s s e r s z w i s c h e n 10° u n d 60°. A usgangspunkt fü r die Berechnung sind die folgenden d re i V ersuchsdaten:

Die zugehörige P arabelgleichung --- lau te t

T e m p e r a t u r I 9,0° C 3 3 ,5 ° C ; 61,9° C

--- y = 0,3515 * + 0,01602 x 2 64,4 und die A b le itu n g

y' = 0,3515 + 0,03204 z.

Höhe y der Wassersäule in cm j 1,20 19,5

D er Q uerschnitt der Röhre w a r n r 2 = 0,136 cm2; das Volum en der Flasche betrug tic= 496,3 cm3. H ieraus e rg ib t sich

y = s + [°>3515 + ° ’03204 ( i - 9 >0 ) J •

Nach dieser F orm el is t die folgende kle in e T abelle berechnet worden. Die untere Reihe e nthält die aus Ko h l b a u s c h entnommenen K o n tro llw e rte .

A b h ä n g ig k e it des A u s d e h n u n g s k o e ffiz ie n te n des W a s s e rs v o n d e r T e m p e ra tu r.

Temperatur 20° 30° 40° 50°

Ausdehnungskoeffizient | aus Versuch

0,000

22 30 39 48

des Wassers j nach Ko h l r a u s c h 21 30 38 47

6. A u s d e h n u n g a n d e r e r F l ü s s i g k e i t e n d u r c h W ä r m e . Ich habe noch A lk o h o l (Brennspiritus) und Petroleum untersucht. D ie Versuchsergebnisse

fü r A lk o h o l seien h ie r angegeben.

D ie hieraus berechneten G le i­

chungen sind

y = 1,925 x + 0,00202 x 2 und y ' = 1,925 + 0,00404 an D er R öhrenquerschnitt w a r n r 2 = 0,2735 cm 2 und das Flaschenvolum en 496,3cm 3.

H ieraus e rg ib t sich

y = <5 + t 1’925 + 0 ’00404 - 9’3)] •

T e m p e r a t u r 9 ,3 0 °C 18,95" 0 37,26" 0

Höhe y der Alkoholsäule i n cm 2,13 20,91 57,50

D a m it berechnet m an z. B. y 18 = 0,00110, und dieser W e rt stim m t m it dem von Ko h l­

b a u s c h angegebenen genau überein.

Zum Schlüsse sei noch erw ähnt, daß das behandelte K a p ite l g u t geeignet ist fü r die S tellung e x p e rim e n te lle r Aufgaben bei d er R eife prü fun g. L e id e r ist, w ie der F ach ­ m ann weiß, die Zahl dieser A ufgaben sehr beschränkt. Sie dürfen ja n ic h t einfach W ie derholungen aus dem Stoffgebiete des P ra k tik u m s sein, sondern müssen der S e lb sttä tig ke it des P rü flin g s Raum lassen. Die Aufgaben sollen dem P rü flin g e keine erheblichen expe rim en telle n S c h w ie rig keite n darbieten, dabei aber sollen sie ihm fü r eine m ehrstündige B e arb eitu ng ausreichenden S toff geben. E n d lic h sind die S ch w ie rig keite n der experim entellen V o ra rb e it des Fachlehrers auf ein e r­

trä g lich e s Maß herabzudrücken. A lle diese F ord erun ge n w erden nun durch die Messungen d er Volum enausdehnung vo n F lüssigke ite n durch W ä rm e e rfü llt. Die A p p a ra tu r läß t sich in m ehrfacher A u s fe rtig u n g aus den Beständen jed er Schule ohne besondere Kosten und erhebliche V o ra rb e it zusammenstellen. D er experim entelle T e il der S chülerarbeit is t einfacher A r t und beschränkt sich auf einige W ägungen und Therm om eterablesungen. Die gedankliche A rb e it is t bei a lle r E in fach h eit recht v ie l­

s e itig : K a lib rie ru n g einer Röhre, Bestim m ung einer Parabel durch d re i feste Punkte, A u flösu n g von G leichungen m it 2 U nbekannten, B ild u n g des D iffe re n tia lq u o tie n te n einer quadratischen F u n k tio n und graphische oder tabellarische D a rste llu n g einer line aren F u n ktio n .

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und chemischen U nterricht.

1939. H e ft 6. Kl e i n e Mit t e i l u n g e n. 227

Bas Verfahren der gekreuzten Prismen.

Von A. Köhler in Jena.

Die an m ich gerichtete Frage, wie die VersuchsanOrdnung e inzurichten sei, um Ne w t o n s E xp erim e n tum crucis m it H ilfe des V erfahrens d er gekreuzten Prism en im U n te rric h te v o rfü h re n zu können, hat m ich ve ra nla ß t, die folgenden H inw eise der Z e its c h rift zu r V e rfü g u n g zu stellen.

E in P ro je k tio n s a p p a ra t fü r Spektren enthält, w enn w ir von dem üblichen A u f­

bau eines Spektroskops m it F e rn ro h r ausgehen, außer dem Spalt n u r den K o llim a to r und das Prism a. D er Spalt w ird jedoch so w e it v o r dem B re n n p u n k t des K o lli­

m ators angeordnet, daß ihn dieser n ic h t im U nendlichen, sondern auf dem w e it e n t­

fernten Schirm a bbildet. Auch dann is t der S trahlengang im Prism a noch nahezu

„te le z e n tris c h “ . Das Prism a sollte im M in im u m der A b le n k u n g stehen, etwa fü r die S trahlen m ittle re r W ellenlänge. Man e rh ä lt so a lle rd in g s n ic h t die größ tm ögliche D ispersion, aber eine gleichm äß igere Schärfe über das ganze S pektrum . U m die M in im u m e instellun g zu erleich te rn , habe ich das P rism a oder den P rism entisch, um eine senkrechte Achse d re h b a r gemacht, die durch die M itte der ersten P rism e n ­ fläche geht.

Is t das O b je k tiv — w ie m an den K o llim a to r in diesem F a lle besser nennt — achrom atisch, so w ird das S pektrum dann g le ichm äß ig scharf auf dem Schirm , w enn dessen Fläche senkrecht auf dem jenigen S trahle steht, d er auf der Achse des K o lli­

m ators v e rlä u ft und das P rism a im M in im u m d er A b le n k u n g d urchla ufe n hat. D er ganze V e rla u f dieses Strahls von d er S p altm itte bis zum S chirm lie g t bei d er A n ­ ordnung, von der ich ausgehe, in einer waagerechten Ebene. Ic h w ill diesen Strahl k u rz den A c h s e n s t r a h l nennen.

W ill m an nun das E xp e rim e n tu m crucis ausführen, so muß m an zunächst den S palt durch eine kle in e runde oder quadratische Ö ffnu ng a u f d er Achse des O b jektivs ersetzen, w ie das auch Ne w t o n getan hat. Sow eit ich weiß, h a t erst Wo l l a s t o n

einen feinen S palt ben utzt und zuerst im Sonnen Spektrum FEAUNHOEERSche L in ie n gesehen.

Das zw eite P rism a muß m an dann in Bezug auf den A chsenstrahl d ic h t h in te r dem ersten folgenderm aßen anordnen. Seine brechende K a n te soll w aagerecht liegen und den aus dem ersten P rism a austretenden Achsenstrahl senkrecht kreuzen. D ieser S tra hl soll die erste Fläche des Prism as in d er M itte tre ffe n und es ebenfalls im M in im u m der A b le n ku n g d urchla ufe n. Es muß sich daher das zw eite P rism a auch um eine durch die erste Fläche gehende, aber w aagerechte Achse drehen lassen, d a m it m an le ic h t das M in im u m d er A b le n k u n g finden ka nn . D urch dieses zw eite P rism a v e rlä u ft unser A chsenstrahl in e in er senkrechten Ebene. D er A b sta n d des Schirmes, auf dem nun das S pektrum aufgefangen w ird , setzt sich aus folgenden Stücken des Achsenstrahls zusammen, w enn w ir vom Scheitel des O b je k tiv s ausgehen:

1 dem Stück zwischen dem Scheitel und d er ersten P rism enfläche;

2. dem Stück in n e rh a lb des ersten Prism as;

3. dem Stück zwischen den beiden P rism en;

4 dem Stück in n e rh a lb des zw eiten Prism as;

5. dem Abstand des Schirm s vom zw eiten Prism a.

D ie Summe dieser fü n f Stücke soll g le ich dem A bstande sein, in dem das O b­

je k t iv ohne die Prism en ein scharfes B ild des Spaltes oder der Ö ffnung e n tw irft.

Die Stücke inn erh alb der Prism en sind m it ih re m L u ftw e rt in Bechnung zu setzen.

D er Schirm sollte senkrecht zu diesem letzten Stück des Achsenstrahls g e rich te t sein.

Das S pektrum muß dann scharf a bg eb ild et w e rd e n ; es lie g t aber n ic h t w aagerecht, w ie das vom ersten Prism a entw orfene, sondern das blaue Ende is t s tä rk e r gehoben.

So is t die Versuchsanordnung z w a r theoretisch e in w a n d fre i, aber sehr unbequem u nd fü r den Beobachter u nü be rsich tlich . D ie verschiedene Lage der S pektren lä ß t

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228 Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. Z e itschrift fü r den physikalischen Zweiundfünfzigster Jahrgang.

sich n u r übersehen, w enn beide hin re iche nd scharf auf denselben, senkrecht stehenden S chirm p ro jiz ie rt w erden können.

Das geht aber n u r, w enn m an d a ra u f v e rz ic h te t, daß Schirm ebene und Spalt- ebene — oder Blendenebene — streng k o n ju g ie rte Ebenen sind, sich also m it einer scheinbar scharfen A b b ild u n g begnügt. Es is t nun z w a r w ünschensw ert, daß das erste P rism a eine große D ispersion b e s itz t; die des zw eiten ka n n aber k le in e r sein.

L ie g t das vom ersten P rism a entw orfene S pektrum R 1Vi etwas über Tischhöhe auf dem Schirm , dann genügt es, wenn das vo n beiden Prism en entw orfene Spektrum R 2F 2 so v ie l höher ist, daß die N eigung, das A nsteigen von J?2 nach V 2, g u t zu e r­

kennen is t (siehe die F ig u r). D a m it aber beide Spektren, ohne daß m an die E in ­ ste llu ng des O b je k tiv s zu ve rä n d e rn braucht, h in re iche nd sch arf — vom H örsaa l aus — erscheinen, muß m an zunächst eine m ittle re E in s te llu n g w ählen. Es is t k la r, daß die Unschärfe dann um so w en ige r m e rk b a r ist, je spitzer die ab­

bildenden S trahlenkegel sind.

Man beleuchtet nun zw eckm äß ig den Spalt bei diesen Versuchen so, daß m an die L ic h tq u e lle d urch eine nahe v o r dem Spalt — der Blende — stehende Sam m ellinse in die Ö ffnu ng des O b je ktivs oder auch in eines d er Prism en a bbildet, die ja nahe am O b je k tiv stehen sollen. Dieses B ild der L ic h tq u e lle is t die gemeinsame Basis der abbildenden Strahlenkegel. Sie w erden, je k le in e r dieses B ild ist, um so spitzer und um so k le in e r w erden die Z erstreuungskreise, die bei unscharfer E in ste llu n g auftreten.

Dieses B ild is t aber auch fü r die H e llig k e it des p ro jiz ie rte n Spektrum s maßgebend.

Is t F die Flächengröße dieses B ildes der L ic h tq u e lle , 33 die Leuchtdichte der L ic h t­

quelle, s* der A bstand des Schirm s von dem B ild und E die B eleuchtungsstärke am O rt des Schirm s, so g ilt u n te r V e rnachlässigung d er V erluste durch R eflexion und A bsorption

*, *

L a g e des v o m e r ­ s te n P r is m a a lle in e n tw o rfe n e n S p e k ­ t r u m s z u d e m m i t b e id e n P ris m e n

e rh a lte n e n .

E = F33

W ill man also tro tz k le in e r Fläche F ein helles S pektrum , so muß m an L ic h t­

quellen groß er L eu chtd ichte w ählen. W ie in a lle n F ä lle n , wo d ie abbildenden S trahlenkegel entw eder der N a tu r der Sache entsprechend n u r sehr kle in e Ö ffnungs­

w in k e l haben können — bei d er M ik ro p ro je k tio n — oder haben dürfen — bei V e r­

suchen ü be r Beugung, z. T . auch In te rfe re n z — , so w ird man auch h ie r zw eckm äßig z u r Bogenlam pe g re ifen . Hohe S trom stärke b ra uch t m an n ic h t; diese ve rg rö ß ert bei R einkohlen-B ogenlam pen n u r die K ra terfläch e , ohne deren Leuchtdichte zu erhöhen.

W as man fü r die in Rede stehende Versuchsanordnung also braucht, außer den überhaupt fü r die P ro je k tio n eines Spektrum s nötigen Teilen, is t ein Prism a m it m äßiger D ispersion, m it w aagerecht lieg en de r K a n te und d re hb ar um eine waagerechte, in der einen Fläche liegende Achse. Diese Achse ka n n auch in die brechende K ante fa lle n . E n tw irft m an das B ild der L ic h tq u e lle auf die erste Fläche dieses zweiten Pi'ismas und s te llt dieses höher, so daß n u r die obere H ä lfte des B ildes der L ic h t­

quelle auf das P rism a fä llt, die untere aber d a ru n te r lieg t, so entstehen g le ich ze itig auf dem Schirm e die beiden S pektra R ^ V i und d arüb er i?2F 2. Bei dieser Lag e ist das B ild d er L ic h tq u e lle aber auf dem zweiten P rism a schon zu einem unreinen S pektrum in querer, w aagerechter R ichtu ng auseinandergezogen. Dem entsprechend is t das zw eite P rism a ausreichend groß —■ in der R ichtu ng der brechenden K a nte — zu w ählen;

andernfalls treten Störungen in fo lg e der V ig n e ttie ru n g auf.

D ie A n o rd n u n g im Raume w ird n a tü rlic h einfacher, wenn eines oder beide Prism en g e ra d sich tig sind. In solchen g eradsichtigen Prism en sind aber die Lich tw eg e im In n e rn lä n g e r als bei einfachen P ris m e n ; bei g le iche r Größe der E in tritts - und A u s­

trittsflä ch e n is t daher die G efahr, daß störende V ig n e ttie ru n g e n Vorkom men, größer.

(13)

and chemischen U nterricht.

1939. H e ft 6. Be r i c h t e. 229

Aus der gegebenen D a rs te llu n g w ird e rs ic h tlic h sein, daß eine Beschreibung des E xperim entum crucis, die zugleich eine brauchbare A nw eisung fü r den A u fb a u der Versuchsanordnung geben soll, den Strahlengang und die Strahlenbegrenzung in dem optischen A p p a ra t p e in lic h eingehend behandeln muß. So sind die gemachten A u s ­ führungen n u r als e i n e m ögliche Lösung der aufgew orfenen F ra g e aufzufassen, n ich t aber als d ie Lösung schlechthin. Denn es ka nn ka um eine Lösung vorgesehen werden, die u nte r den verschiedenen R aum verhältnissen, die w ir bei dem Bau solcher A pparate in B etracht ziehen müssen, s t e t s einigerm aßen b ra uch ba r erscheint.

Berichte.

1 . A p p a r a t e u n d V e rs u c h e . Der Lloydsclie Interferenzversuch und die Ver­

wendung von Linsenrastern bei Schiilcriibungcn.

Von Joh. Rademacherin B erlin-H erm sdorf.

1. In Lehrgängen über O p tik p flegt als grund­

legender Versuch zum Nachweise der W ellennatur des Lichtes der FRESNELsche Interferenzversuch ausgeführt zu werden. W enn man hierzu ein Biprism a verwendet, so is t der Versuch § I zwar stets ohne Schwierigkeit auszuführen, man h a t aber den N achteil, daß während ^ des Versuches der Abstand der beiden L ic h t- ^ ^ quellen, von denen das zur Interferenz ge­

langende L ic h t ausgesandt w ird , n ich t ver­

ändert werden kann. Bei Benutzung eines Interferenzspiegels fä llt dieser N achteil weg; die käuflichen Spiegel m it veränderlicher Neigung sind aber verhältnism äßig teuer und die Selbstanferti­

gung, die nach zahlreichen Angaben im S chrifttum recht einfach is t, erfordert doch im m er eine gewisse Z e it zur Vorbereitung. Diese Z e it w ird recht groß, wenn man den Versuch in den Schülerübungen von einer größeren Anzahl von Schülern ausführen lassen w ill. D ie Abänderung, die H . Lloydfü r diesen Versuch angegeben h a t, eignet sich fü r diesen Zweck wesentlich besser und läß t sich m it äußerst geringem Aufwande von M itte ln durch­

führen (vgl. H. Hahn : Physikalische Freihandver­

suche I I I , S. 321, N r 647). Bei der Anordnung von

Lloydw ird n u r e in Spiegel S benutzt, und zwar dient hierzu ein Streifen (unbelegten) Spiegel­

glases von etwa 5 cm B reite und 25 bis 30 cm Länge. Dieser S treifen w ird so aufgestellt, daß das L ic h t einer punktförm igen Lichtquelle L streifend auf fä llt (siehe die F igur).

W enn man an dem Spiegel entlang zur L ic h t­

quelle b lic k t, sieht man dann d ic h t neben der L ic h t­

quelle L ih r Spiegelbild L ’ in fast der gleichen H e llig ke it. D ie Lichtstrahlen, die von diesen beiden Lichtquellen herkommen, gelangen in einer bestim m ten Zone zur Interferenz.

Glasstreifen, die sich fü r diesen Versuch eignen, erh ä lt man bei jedem Glaser; da sie sich als A b fa ll ergeben, is t die Beschaffung einer größeren Anzahl solcher S treifen recht b illig . F ü r die D urchführung des Versuchs m it einer größeren Anzahl Schüler­

gruppen bei subjektiver Beobachtung hat sich folgende Anordnung bew ährt. Jede Gruppe erh ä lt einen Glasstreifen und s te llt ih n so auf eine U n te r­

lage (Tischchen, D reifuß), daß m it der Fläche auf eine Glühlampe (4 V o lt, Taschenlampenbime)

gezielt w ird , die auf dem Versuchstisch aufgestellt is t. F ü r alle Gruppen genügt eine einzige Lam pe;

sie soll n ic h t zu nahe bei der Spiegelfläche stehen;

daher w ird sie vorn auf dem Lehrertisch aufgebaut, während sich die Schüler m it ihren Spiegeln mög­

lich st w e it hiervon e n tfernt befinden. D ie Schüler

Interferenzanordnung nach Ll o y d.

werden angewiesen, alle an derselben Seite ihres Spiegels entlang zu zielen, z. B. an der linken, und den Spiegel so auszurichten, daß d ich t neben der Lichtquelle ih r Spiegelbild erscheint. Bei der E n t­

fernung etwa 3 m zwischen Lichtquelle und Spiegel soll der Abstand zwischen Lichtquelle und ihrem Spiegelbild ungefähr gleich der D icke eines B le i­

stiftes erscheinen. J e tz t schiebt der Schüler, ohne seine B lickrich tu n g zu ändern, eine Lupe vo r das Auge (Fadenzähler, etwa 2 cm Brennweite). Das Gesichtsfeld is t nun in der M itte durch einen hellen Streifen in zwei Gebiete eingeteilt. Der helle S treifen is t die Zone, in die L ic h t sowohl d ire k t von der Lichtquelle als auch vom Spiegel her, also von der zweiten Lichtquelle, fä llt. E r is t von senk­

rechten dunklen Streifen durchzogen. W enn je tz t die Lampe etwas se itlich verschoben w ird , so ändert sich das Aussehen der Streifen. W ird sie so verschoben, daß der Abstand Lampe—B ild kleiner w ird , so w ird die helle Zone schmaler, und gleichzeitig rücken die Interferenzstreifen, von denen sie durchzogen is t, w eiter auseinander.

Beim Verschieben der Lampe in entgegengesetz­

te r R ichtung w ird die helle Zone b reiter, die Anzahl der Interferenzstreifen wächst und ih r Abstand voneinander w ird kleiner. Es is t ein großer V o r­

te il, daß alle Schüler gleichzeitig die gleiche Be­

obachtung machen. B ei dem Versuche braucht der Raum n ich t verdunkelt zu werden. W ill man den Versuch zur rohen Messung der W ellenlänge des Lichtes benutzen, so w ird gleichzeitig m it der Be­

obachtung der interferenzstreifen ein 1/10-mm- Meßstab betrachtet, m it dem man den Abstand zweier benachbarter L inien m iß t. D er Abstand der Lichtquellen voneinander w ird m it unbewaff­

netem Auge durch A ufstellen eines Maßstabes

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