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Theologisches Literaturblatt, 5. Januar 1917, Nr 1.

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Theologisches Literaturblatt.

U nter Mitwirkung

z a h lre ic h e r V e r tr e te r d e r th e o lo g isc h e n W is s e n s c h a ft und P ra x is

herausgegeben von

Dr. t h e o l . L u d w i g I h m e l s

P rofessor der Theologie in Leipzig.

Nr. 1. Leipzig, 5. Januar 1917. XXXVIII. Jahrgang.

S n eh ein t Tierzehntägig Freitags. — Bezugspreis Jlhrlieh 10 J i. — Anzeigenpreis für die gespaltene Petitzeile 30 4. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königstr. 13.

Beckh, Dr. H erm ann, Buddhism us.

KOnfg, Dr. litt, scui., phil., theol. E du a rd , H er­

m eneutik des A lten Testam ents.

Schumacher, Dr. R udolf, Der A lexandriner Apollos.

Bergmann, Lorenz, „K irkehistorie“ II . Theologische A rbeiten aus dem rheinischen

W issenschaftlichen Prediger-V erein.

K irchliches Handbuch für das katholischeD eutsch- land.

Frohnmeyer, M issionsinspektor D. L. J . , Die Stellung der britischen Regierung zur Mission in Indien.

Schaeder, D. E., Theozentrische Theologie.

Heim, Karl, Leitfaden der Dogmatik.

Derselbe, Glaubensgewissheit.

Günther, E rnst, Die Entwickelung der Lehre von der Person Christi im 19. Jah rh u n d ert.

Hardeland, D. A ugust, Das erste Gebot in den Katechism en Luthers.

Kropatscheck, Dr. Gerhard, K irche und Schule.

Wiener, Harold M., M. A., LI. B. etc., T he date of the Exodus.

Haussleiter, Prof. D. Dr. Johannes, C hristentrost bei dem grossen Sterben der Gegenwart.

N eueste theologische Literatur.

Z eitschriften.

B e c k h , D r. Hermann (Privatdoz. an der Universität Berlin), B u d d h is m u s (Buddha nnd seine Lehre). Band 1. Ein­

leitung. Der Bnddha. Band 2. Die Lehre. (Sammlung GÖBchen. 147 u. 770.) Berlin und Leipzig 1916, G. J.

Göschen (147 u. 142 S. kl. 8). Geb. zus. 1. 80.

Aus dem einen Bändchen Buddha der Göschensehen Samm­

lung, das den bekannten Edm. Hardy zum Verfasser hatte, sind zwei Bändchen geworden, die den Berliner Privatdozenten Beckh zum Verfasser haben. Sie bieten dem alten Hardysohen Bändchen gegenüber nicht nur mehr Stoff, sondern auch eine viel gründlichere Behandlung. Das erste Bändchen beschäftigt sich nach einer Einleitung, in der die W irkung der Verkündigung Buddhas auf Indien, auf daB weitere Asien und auf das Abend­

land kurz beschrieben und eine für ein gründliches Studium wichtige Literaturübersicht gegeben wird, mit der Person Buddhas, und zwar zunächst mit dem Buddha der Legende. Es iBt be­

wundernswert, in welch grossem Umfange Beckh uns mit den hauptsächlichsten und wichtigsten Legenden bekannt macht.

Dass das die Anwendung eines sehr kleinen Druckes erforderte, nimmt man schon mit in den Kauf. In dem zweiten Teile des ersten Bändchens wird der Versuch gemacht, ein Bild von dem geschichtlichen Buddha zu zeichnen. Darin hat Beckh meines Erachtens recht, wenn er meint, dass die Legenden nioht bloss Phantasien enthalten, sondern dass vielfach an wirkliche T at­

sachen angeknüpft wird, aber auch darin, dasB es unmöglich ist, mit absoluter Gewissheit das Geschichtliche herauszusohälen.

E r erhebt deswegen auoh nicht den Anspruch, als sei das, was er über den geschichtlichen Buddha schreibt, ein sicheres Er­

gebnis der Wissenschaft. Am glaubwürdigsten hält er die Be­

richte bezüglich des Charakterbildes Buddhas. Sollte aber hier nioht eine weitgehende Idealisierung vorliegan?

Das zweite Bändchen hat die Lehre Buddhas zum Inhalt.

Beckh beschreibt sie im Anschluss an eine ausführliche Schil­

derung der einzelnen Stufen des achtgliedrigen Pfades, der zur Erlösung führen soll. E r erreicht durch diese Methode, dass der Buddhismus deutlich als das, was er ist, erscheint, nämlich als eine Religion, als etwas Praktisches, und nicht als eiue Philosophie, als etwas Theoretisches. Bei der Schilderung des Pfades zieht er sehr stark den Yoga des Patanjali heran, einmal,

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um die Abhängigkeit des Buddhismus vom (praktischen) Yoga, aus dem der (theoretische) Yoga des Patanjali erwachsen iBt, zu beweisen, und sodann, um die buddhistische Lehrmeinung deutlicher herauszuarbeiten. So interessant die Gegenüberstellung des achtgliedrigen Pfades Buddhas und des achtgliedrigen Pfades des Yoga auoh sind, so bezweifle ich doch, dass die fortwährende Mithineinziehung deB Yoga in die Darstellung die Lektüre und

daB

Verständnis für den Nicht-Fachm ann, für den das W erk doch vor allem bestimmt ist, sehr förderlich ist. Mit Nachdruck wird auf den nicht nur negativen Charakter des Nirvanam hingewiesen.

Reichlich kurz wird „die Gemeinde“ behandelt, am Ende des ersten Bändchens. Es wäre zu wünschen, Beckh würde noch ein drittes Bändchen „Die Gemeinde“ folgen lassen nnd darin auch nooh die Geschichte des Buddhismus behandeln.

Duroh einen solchen dritten Band würde das W erk ein ab­

gerundetes Ganzes werden, was es ohne dasselbe nicht ist.

Gerade weil ich die Arbeit Beokhs hoch schätze und seinen Bändchen weite Verbreitung gönne, kann ich den Wunsch nach der Ergänzung durch ein drittes Bändchen nicht unterdrücken.

Lic. theol. H. W. S chom erus-R endsburg.

K önig, Dr. litt, sem., phil., theol. Eduard, H e rm e n e u tik d e s A lte n T e s ta m e n ts . Bonn 1916, A. Marcus & E. W eber (VIII, 178 S. gr. 8). 6 Mk.

Naoh kurzem Referat über die Geschichte nnd den Begriff der Hermeneutik gibt König an lehrreichen Beispielen und hervorragenden Namen einen knappen geschichtlichen Ueber­

blick über die bisherige Auslegung deB Alten Testaments durch Juden und Christen und gliedert dann die Aufgabe, welche der Auslegung obliegt, nach den zwei Gesichtspunkten, wie der Ausleger beschaffen sein muss und wie das Alte Testament für die Auslegung beschaffen iBt. Darauf folgen Anweisungen für das richtige Auslegungsverfahren, ebenfalls nach einigen über­

sichtlichen Formalbegriff an systematisch geordnet. Es versteht sich von selbst, dasB ein Ausleger, der seine Lebensarbeit dem Alten Testament gewidmet hat, über Standpunkt und Methode der Auslegung Erfahrungen zum besten geben kann, die in der

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Fachwelt allen Anspruch auf Beachtung erheben dürfen. Ueber Grundsätze und Ziele setzt sich König mit Merx, Lemme und Vollmer auseinander, die, von verschiedenem Ausgangspunkte, in gewissen Forderungen Zusammentreffen, die eigentlich der gesamte ästhetisch-persönlich gestimmte Zeitgeschmack an die Interpreten stellt. Vom wissensehaftsBcheuen Pietisten oder Konventikler bis zum Modernen, der Kongenialität des In ter­

preten oder wenigstens eine Anlage zum Wieder e r z e u g e n fremder Gedanken verlangt, führt eine gerade, aber nicht un­

gefährliche, Linie; Tobias Beck und Gunkel stehen einander hierin näher, als man erwartet; aber das ist nur möglich infolge gegenseitiger Unklarheit. Es wäre ein zur Absperrung der Fernerstehenden von den Wohltaten der Religion führender circulus, wenn das Verständnis der Quellen der Religion den­

jenigen Vorbehalten bliebe, die bereits von deren Wahrheit über­

zeugt sind (S. 37); die Gegner würden sich mit Reoht beklagen, dass freie Verhandlungen über die Berechtigung von Berufungen auf die Quellen unter solchen Voraussetzungen nioht möglich wären. Die schlimmste geistige Monopolwirtschaft würde herauf­

beschworen gerade von Bolchen, die sich nicht befriedigt genug darüber aussprechen können, dass das dogmatische und theo­

logische Bibelmonopol beseitigt sei. UnveranlasBt ist eine skeptisch-agnoBtisch angehauchte Neigung der Gegenwart, die Denkweisen verschiedener Kulturen als gleichberechtigt hin- zustellen; wie dem Ref. scheint, rührt sie von einer zeitweiligen Benommenheit durch die überwältigende Fülle und Fremdartig­

keit des dort Gebotenen her, die sich nun um keinen Preis eine Erschütterung der Objektivität des eigenen Urteils nachsagen lassen will. Treffend führt König z. B. über die Qabala aus (S. 37 f.), dass ihre Elemente gar nioht so orientalisch-fremd vom Abendländer abliegen, wie gern zur Entschuldigung ihrer unverdaulichen F o r m gesagt wird; Bie sind vielmehr durch die selbsttätige Auslese der abendländischen Geistesentwickelung bei uns zurückgestellt und überholt; wenn sie nun seitab wieder auf einen Boden fallen, auf dem sie nochmals gedeihen, und dazu in einer Weise auf gefasst werden, die hinter der wissen­

schaftlichen Schulung und Zucht des Abendländern zugestandener- massen zurückgeblieben ist, bo ist das kein Grund, auf die Konsequenzen zu verzichten, die sich aus der Priorität deB Abendlandes für unser Urteil über die q a b a lis tis o h e Gestalt dieser Ideen ergeben; zu einer intellektuellen Selbstentäusserung nötigt das den Abendländer nooh nicht. So liegen die Dinge, wo das geschichtliche Verhältnis von Nehmen und Geben nooh festgestellt werden kann. Wo das nicht möglich ist, z. B.

gegenüber China und Japan, steht es da vielleicht ähnlich?

Man kann es jedenfalls dem entschlossenen Herbartianer nachfühlen, dass er für die r o m a n tis c h e n Anforderungen an die Interpreten wenig übrig hat. Ist es aber nioht vielfach eine Ueberschwenglichkeit des Ausdrucks, die ihn auf den Plan ge­

rufen hat? Wenn der Interpret deB Praxiteles von s e i n e r Kongenialität schwärmt und der Rezensent die „Isolde“ der berühmten Sängerin als eine neue Schöpfung der Wagnerischen Isolde feiert, so haben wir eben einige Schwätzer mehr gehört;

wenn sie es mit MeisBel und Notenpapier beweisen könnten, würden sie sich nicht mit Reproduzieren begnügen. E

b

iBt be­

greiflich, dasB eine philologische Interpretation, deren Führung an Archäologen und Kunsthistoriker übergegangen ist, sioh lieber eine Kunst als eine Wissenschaft nennen lässt; aber wenn nun einige theologische Ausleger das getreulich nach- sprechen, so besitzen sie nicht die Selbständigkeit, die aus der Eigenart des Objekts der theologischen Auslegung gewonnen

werden sollte. An der biblischen Literatur ist die künstlerische Einwirkung nur Nebenzweck. N a c h empfinden sei bescheiden gegenüber dem Erstempfinden! Berücksichtigt man den un­

überbrückbaren Unterschied zwischen Klang und Echo, bo bleibt naoh Abzug aller Uebertreibungen ein psychologisches Reoht in der Forderung naoh einer Wahlverwandtschaft zwischen Inter­

preten und Objekt, das schliesslich niemand wird in Abrede stellen mögen. Ausgezeichnete Wissenschaftlichkeit vermag bis zu einem gewissen Grade über den Mangel der Wahlverwandt­

schaft hinwegzuhelfen; aber der richtige Ausleger ist weder bo genial wie seine Vorlage*, noch überhaupt genial; er soll die produktive Anlage, die zum Wesen des Genies gehört, entbehren oder bekämpfen; darüber hinaus aber wird er reproduktiven Neigungen in bestimmter Richtung mehr als in anderer folgen, und diese Richtung ist ihm sehon lange vor seiner wissenschaft­

lichen Ausbildung nahegelegt worden. Kommt letztere nooh dazu, wird sie jene verwissenschaftlichen Anregungen wie eine ihr gegebene und der Pflege werte Anlage behandeln, die jenen zur Auslegung von Kunstwerken, diesen von Gesetzen, diesen von Gedichten, diesen, für die Bibel empfiehlt. Die nach­

folgende Ausbildung leistet Gewähr, dass nioht das Bewusstsein von einer solchen „Anlage“ zum Freibriefe des Dilettantismus wird, der statt Sprachkenntnis „Menschenkenntnis“ zu Hilfe nimmt, das Unausgesprochene am Original über das Gesprochene stellt, und was dergleichen romantische Rhetorik mehr zu sagen hat.

E

b

ist ein unleugbares Verdienst, Irrwege, die duroh methodologische Darlegungen freilich nicht gesperrt werden, gezeigt zu haben; wer etwa als Systematiker über die Bibel­

frage handelt, wird gleich dem Ausleger Königs Schrift zu Rate ziehen. Anregen wird sie ihn auoh da, wo er sich die eine und andere Ablehnung nicht ganz zu eigen machen kann. Aber auoh die eigentlichen Gegner, auf die es der Verf. abgesehen hat, werden die Kampfesweise der mannhaften und vielseitigen Schrift nicht unterschätzen. Der Preis sollte niedriger sein.

Dr. W ilh . C asp ari-B reslau .

S c h u m a o h e r, Dr. Rudolf, D e r A le x a n d rin e r A pollos. Eine exegetische Studie. Kempten und München 1916, Kösel (49 S. 8). 1 Mk.

Mit Recht bemerkt Schumacher in der Einleitung, dass neben den Aposteln die Männer zweiten Ranges in der Geschichte des Urchristentums mehr Beachtung verdienten, als sie meist finden.

Deshalb greift er die Aufgabe an, ein Bild des Apollos zu zeichnen. Er bespricht zunächst die Angaben der Apostel­

geschichte: Apollos ist Alexandriner, zur Sehule deB Philon ge­

hörig, griechisch gebildet und mit dem Alten Testament vertraut, in Alexandria mit Christen in Berührung gekommen und für ihre Sache gewonnen, ohne sich ihnen anzusehliessen, duroh einen Johannesjünger vielleicht sohon früher mit der Johannes­

taufe bekannt geworden, in Ephesus selbstverständlich getauft.

So deutet und ergänzt Schumaoher die lukanischen Angaben.

Bei der Besprechung der Nachrichten, die der 1. Kor. über Apollos bringt, betont Schumaoher stark, dass zwischen Paulus und Apollos kein sachlicher Gegensatz, sondern persönliches Vertrauen, nur Unterschied in der Art zu lehren bestand. Dis kritischen Einwände gegenüber dem lukanischen Bericht, sowohl

* UeberdieB urteilen manche Ausleger so deutlich über ihr Objekt,

dass man gar nicht wagen dürfte, sie demselben kongenial zu nennen,

ohne ihrem Werte zu nahe zu treten.

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die tendenzkritischen als die quellenkritischen, weist Schumacher als imbegründet zurück. Endlich berichtet Schnmacher über die Vermutungen, die Apollos zum Verfasser des Hebr. und des 4. Evangeliums machen; von der ersten hält er wenig, von der zweiten nichts.

Wertvoll an der SohumacherBchen Abhandlung ist die fleissige Zusammenstellung und sorgsame Untersuchung dessen, was über Apollos vermutet und behauptet ist. Das Apollosbild, das Schu­

macher gibt, ist auch nur sehr umrisshaft. Das eigentliche B&tsel des lukanischen Berichts: wie kann man genau von Jesus lehren, mit Eifer gegen die Juden angehen und doch nur die Johannestaufe kennen? löst Schumaeher auch nioht. An Eintragungen in den lukanischen Bericht fehlt es bei ihm auch nicht. Lukas spricht nur von alexandrinischer H e r k u n f t , Be­

redsamkeit und Schriftgelehrsamkeit, nicht von alexandrinischer B i l d u n g des Apollos. Es ist nicht ohne Grund, dass die Auf­

gabe vernachlässigt ist, Leute wie Apollos genauer darzustellen.

W ir wissen zu wenig von ihnen.

B ü o h s e l, zurzeit im Felde.

B e rg m a n n , Lorenz, „ K ir k e h is to r ie “ I I . 2. Ausg. Kopen­

hagen 1915, Lehmann & Stage (272 S. gr. 8).

Lorenz Bergmanns Kirchengesohichte, zweiter Teil, ist nun in zweiter Ausgabe erschienen. Es ist ein vortreffliches Lehr- buch zur Einführung in die Kirohengesohichte, besonders für Laien, aber auoh für die jungen Studenten. Dieser zweite Teil geht von der Reformation und bis in die allerletzte Zeit.

F ür deutsche Leser wird besonders der Abschnitt über Luther und die Schilderung der skandinavischen Kirohen- geBohichte interessant sein. Im grossen und ganzen ist der Verf. aber von der modernen liberalen Theologie beeinflusst.

Er sagt, wenn er Luther schildert: „Nicht der ganze Luther, sondern der reformatorische Luther hat bleibende Bedeutung“, und die Bedeutung und Tiefe der Abendmahlslehre Luthers hat er nicht sehen können. Die Schilderung der skandinavischen Kirohengeachiohte ist gründlich und sorgfältig. Mynster, Grundtvig, Martensen und Sören Kierkegaard sind eingehend behandelt. Vilhelm Beck und die eigentümliche dänische Innere Mission hätte er etwas genauer studieren Bollen; aus seinem Buch geht nicht hervor, dass Becks Innere Mission die kräf­

tigste und arbeitstüchtigste „Richtung“ innerhalb der dänischen Volkskirohe ist.

W er Dänemarks Kirohengesohichte in der neueren und neuesten Zeit kennen lernen will, muss Bergmanns W erk lesen.

D. A lfre d T h. Jö rg e n se n -K o p e n h a g en .

T h e o lo g isc h e A rb e ite n a u s d em rh e in is c h e n W is s e n ­ s c h a ftlic h e n P re d ig e r-V e re in , in Gemeinschaft mit den übrigen Vorstandmitgliedern Sup. Präses D. Hafner, Gen.- Sup. D. Klingemann, Geh. Kons.-Rat Lie. Mettgenberg, Pfarrer Theile, herausgegeben von Prof. D. Simona. Neue Folge, 16. Heft. Tübingen 1916, Mohr (Paul Siebeok) (VII, 120 S. gr. 8). 6 Mk.

Die Veröffentlichungen des rheinischen Prediger Vereins sind als hervorragend seit langem weithin bekannt, uns sind sie be­

sonders von Interesse, soweit sie sich auf

daB

kirchengesohioht- iiche Gebiet beziehen. Seit einst Krafft-Elberfeld zum grossen Teil in ihnen dan E rtrag seiner Studien niederlegte, gemessen tie ein verdientem Ansehen, nooh heute, hat er doeh seiner

würdige Naohfolger allezeit in der rheinischen Geistlichkeit gehabt. So enthält auch das 16. Heft schöne, geschichtlich«

Gaben.

P. B o ckm ühl-O denkirchen bringt zu dem bekannten Brief des Wassenberger Prädikanten Dionysius Vinne an Luther (S. 1— 40) eine wertvolle Ergänzung. So bekannt immerhin dieser Brief sein mag, Bockmühl ist in der Lage, zum ersten­

mal den ausführlichen S c h lu s s des Briefes mitzuteilen (S. 12 bis 14). Vinne, einer der sog. Wassenberger Prädikanten, hat später in den Münstersohen Wiedertäuferunruhen eine Rolle ge­

spielt und in Osnabrück ein gewaltsames Ende gefunden. In seinem Briefe warnt er Luther vor dem „Selbstverliebtsein, dem wilden Tier voll Täuschung, daB alle Menschen, besonders die Gelehrten und Ruhmsüchtigen beherrscht“. In dem Abend- m ahlstraktat, den Vinne mit seinen drei Gesinnungsgenossen (Roll, Kloprise, Sohlachtschaf) unterschreibt, zeigt er die spiri- tualistisohe Auffassung vom Abendmahl, wie sie in seinen Kreisen zu finden war. W er sioh mit den Täufern beschäftigt, wird hier manches finden, auoh den bekannten Sektenhoehmut.

Es ist dankenswert, daBS Bookmühl den T raktat hier mit jenem Briefe veröffentlicht.

P. R o d e w a ld -Irm e n ac h gibt „aus der Geschichte des 30jährigen Krieges in der hinteren Grafschaft Sponheim“ das

„Memoriale“ und die FriedenBpredigt des Tob. Nik. Artopoens, Inspektors zu Trarbach (S. 4 1 — 76). Das Memoriale ist die

„Gedächtnispredigt“ , die Artopoeus 1665 „über alles im 30jährigen Krieg entstandene Ungemach“ gehalten. Beide Predigten haben gerade unserer Kriegszeit viel zu sagen, und zwar nioht bloss den Gemeinden, sondern auch den Pfarrern, denen für ihre „Kriegßpredigten“ hier Muster vorgehalten werden, die zu recht intensiver Lesung empfohlen werden können. Besonders die FriedenBpredigt, die am 21. Mai 1652 über Zeph. 3, 14— 15 in Trarbach gehalten wurde, ist eine Evangeliumspredigt, die aus dem Ernst der Zeit geboren ist. — In der vom Verf. gegebenen Einleitung würden wir gern den Hinweis auf den „starren und engherzigen Geist“ (S. 43) des Lutheraners HunniuB entbehren. Solche Hinweise bezeichnen mehr den eigenen theologischen Standpnnkt als den sorgsam den geschichtlichen Gegensätzen gerecht werdenden Historiker.

P. R o tsc h e id t-M o rs gibt endlich (S. 106— 120) die Biblio­

graphie des JahreB 1916.

So kann auch daB 16. Heft der „Theologischen Arbeiten“

bestens empfohlen werden. R o th ert-M ü n ster i. W.

K irc h lic h e s H a n d b u c h f ü r d a s k a th o lis c h e D e u ts c h la n d . Nebst Mitteilungen der amtliehen Zentralstelle für kirchliche Statistik. In Verbindung mit Domvikar Weber, Prof. Dr.

Hilling, Generalvikar Prof. Dr. Selbst, Dr. Brüning, General­

sekretär Weydmann und Direktor Eitner herausgegeben von H. A. Krose, S. J. 5. Band: 1914— 1916. Freiburg i. Br.

1916, Herder (XX, 521 S. gr. 8). Geb. 8 Mk.

Der fünfte Band des Kirchlichen Handbuchs umfasst nenn Abteilungen: 1. Organisation der Gesamtkirohe (W eber-Trier);

2. Kirchenrechtliche Gesetzgebung und Rechtsprechung (Hilling- Bonn); 3. Die kirchliche Zeitlage und das kirchliche Leben in den Jahren 1913 — 16 (Selbat-Mainz); 4. Die katholische Heiden­

mission (Krose-Berlin); 5. Konfession und Unterrichtswesen

(Brüning-Trier); 6. Die karitativ-soziale Tätigkeit der Katholiken

Deutschlands (Weydmann-Strassburg); 7. Die Organisation der

katholischen Kirche in Deutschland (Weber-Trier); 8. Konfessions-

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statistik und kirchliche Statistik Deutschlands (Kroae-Berlin);

9. Mitteilungen der amtlichen Zentralstelle für kirchliche Statistik (Eitner-Cöln). Von diesen neun Abteilungen haben die vier ersten allgemeineren Charakter. Die erste und zweite Abteilung beziehen sich überhaupt auf die Organisation und Leitung der gesamten katholischen Kirche. Die dritte Abteilung erweitert den Blick über Deutschland hinaus. Und die vierte Abteilung, das Miesionswesen betreffend, konnte sich gar nicht auf deutsche Missionen beschränken. Dagegen die fünf letzten Abteilungen betreffen lediglich die katholische Bevölkerung Deutschlands.

„Die Abteilung über Konfession und Unterrichtswesen ist er­

weitert durch eine sehr eingehende Abhandlung über das höhere Mädchensohulwesen, die noch viel unveröffentlichtes und sonst schwer zugängliches Material enthält. Die Abteilung über die karitativ-soziale Tätigkeit der Katholiken Deutschlands zeigt, wie sich das katholische Vereinswesen während des Krieges trotz der ungünstigen äusseren Umstände im wesentlichen auf seiner Höhe halten konnte.“ Die siebente Abteilung, die in Zukunft von Eitner bearbeitet werden soll, bietet einen zuverlässigen Ueberblick über sämtliche deutsche Diözesen. Die achte Ab­

teilung, in der das konfessionelle Interesse besonders scharf heraustritt, ist bereichert durch „zwei Kapitel über Konfession und Muttersprache und über die Konfession der öffentlichen Beamten. DaB letztere behandelt das für die deutschen Katho­

liken so wichtige Paritätsproblem auf Grund deB von Grunen- berg veröffentlichten reichhaltigen statistischen Materials“. Die einschneidendste Veränderung, die das Handbuch eifahren hat, liegt in der neu hinzugekommenen neunten Abteilung, die einen amtlichen Charakter hat. Die Bischofsversammlung in Fulda vom 15. August 1915 hat nämlich beschlossen, eine amtliche Zentralstelle für kirchliche Statistik mit dem Sitz in Cöln zu errichten; diese iBt nun an die Stelle der bisherigen provisorischen Zentralstelle in Breslau getreten und übergibt im Unterschied von dieser die Ergebnisse der statistischen Erhebung der Oeffentlichkeit. Dadurch, dass das Jahrbuch zum Organ der Veröffentlichungen bestimmt ist, gewinnt es natürlich eine ganz neue Bedeutung. Für alle Protestanten, die interkonfessionelle Interessen haben, ist seine Kenntnis unerlässlich. Kirchenhistorikern und Symbolikern wird es zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel werden. Alle an der Kirchenleitung Mitwirkenden möchte ich — soweit das noch nötig ist — nachdrücklich auf das Handbuch aufmerksam machen. Auf die Fülle der Einzelheiten einzugehen, ißt hier natürlich ganz unmöglich. Aber der W ert mancher An­

gaben wird beleuchtet durch eine Bemerkung wie die S. VII:

„Die Statistik der Priester und Ordensleute ist im fünften Band ganz auf Grund kirchlicher Zusammenstellungen bearbeitet, wobei sioh bezflglich der Ordensleute ein von den staatlichen Zusammen­

stellungen erheblich abweichendes Ergebnis herausstellt.“ KroBe findet die staatlichen Angaben viel zu hoch; er hat die Novizen mitgerechnet, möchte aber eigentlich selbst diese von den

„Ordenamitgliedern“ unterscheiden. Mit Einschluss derselben zählt er in Deutschland in 5835 Niederlassungen 7001 männ­

liche und 61 792 weibliche Ordensmitglieder — was doch schon ein recht stattliches Heer iBt. Die OrdensstatiBtik zählt die Ordensleute nach Beschäftigungsarten auf. E

b

wäre aber sehr interessant, aus einer Statistik der Orden selbst zu erfahren, wieviel Jesuiten z. B. in Deutschland wirksam sind, wo und in welcher Tätigkeit, wie sich die Bettelorden verteilen usw.

Naturgemäss enthält ein solches Handbuch mit den tatsäch­

lichen Angaben auch Erwägungen und Betrachtungen. In diesen kommen teils allgemein kirchliche Gesichtspunkte zum Ausdruck,

die auoh uns Evangelische berühren, wie z. B. der Kampf gegen die konfessionslose bzw. religionslose Schule, teils der spezifisch römisch-katholische Standpunkt, der zum Widerspruch heraus­

fordert. Nur ein Beispiel der letzteren Art. Seit lange be- Bohwert Bich die ultramontane Partei über unzureichende Be­

rücksichtigung der Katholiken bei Besetzung der höheren. Be- amtenstellen; das Handbuch enthält eine Begründung dieser Klage über Preussen. Warum über Preussen? Warum nicht Über Bayern? Wie in Bayern die ultramontane Partei zur Herrschaft kam , setzte sie sofort die Entfernung evangelischer Minister durch. Ist das Parität in einem Lande, das etwa zu zwei Fünfteln evangelisch ist? Die Parität, die man fordert, muss man auoh gewähren. Nun ist aber die Bevölkerungsziffer gar kein Massstab für Parität in Beamtenstellungen. Die evan­

gelische Bevölkerung iBt bekanntlich in Bildung und pekuniärer Leistungsfähigkeit der katholischen weit überlegen. In Baden z. B. bilden die Katholiken fast zwei Drittel der Bevölkerung, aber nach den mir gemachten Mitteilungen leisten die Evan­

gelischen über zwei Drittel der Steuerlast. Will man Parität, warum fordert man nicht in Preussen, dass die Staatsbeiträge für die Kirchen den Steuerleistangen entsprechen? Hinsichtlich der Beamtenstellungen aber kommt in Betracht, dass ein paar Millionen Katholiken in Preussen Polen sind, die dem preussischen Staatswesen meist feindselig gesinnt sind, also für Beamten­

stellungen nur mit starken Einschränkungen geeignet sind. Und ist es nötig, an die „katholische Abteilung“ im preussischen Kultusministerium zu erinnern, die, weil sie nioht die Interessen des Staats, sondern die Interessen der Kirohe gegen den Staat vertrat, schliesslich aufgehoben werden musste? Jedenfalls ist das für die „Neuorientierung“ ausgegebene Programm: „Freie Bahn jedem Tüchtigen!“ das gerade Gegenteil eines mechanischen statistischen Bechenexempels. Aufreizung der Unzufriedenheit und Leidenschaftlichkeit sollte man unterlassen, wenn man als Ergebnis der Kriegserfahrungen (S. 295) die konfessionelle Ver­

träglichkeit nationalen Gemeingefühls fordert. Nichts einzu­

wenden ist aber gegen das katholischerseits eingesohlagene Ver­

fahren, begabte junge Leute in verstärktem Masse dem akade­

mischen Studium zuzuführen, wozu ja die Herdersche Verlags­

buchhandlung erheblich beiträgt. Lern me-Heidelberg.

F ro h n m e y e r , Missionsinspektor D. L. J., D ie S te llu n g d e r b r itis c h e n B e g ie ru n g z u r M issio n in In d ie n . (Flug­

schriften der Deutschen Evangelischen Missionshilfe. 6. Heft.) Gütersloh 1916, Bertelsmann (40 S. 8). 40 Pf.

Der Verf., der auf Grund langjähriger eigener Arbeit auf dem Missionsfelde der Baseler Mission in Südindien mit den Verhältnissen genau vertraut ist, gibt ingdiesem vor der Nieder- rheinischen Missionskonferenz in Düsseldorf gehaltenen Vortrage zunächst eine Schilderung der sehr allmählichen Wandlung, von der überaus feindseligen Haltung, die die Ostindische Kompagnie von 1600 bis 1833 allen Versuchen der Ausbreitung des Christen­

tums entgegensetzte, bis endlich in den letzten 20 Jahren dieser

Periode duroh missionsfreundliehe Beamte oder Regierungskapläne

und schliesslich durch Parlamentsakte Freiheit für die Mission

errungen wurde. Der zweite Abschnitt, die Zeit von 1833 bis

1857 umfassend, gibt eine Darstellung der starken Hindernisse,

die von der falschen Fassung „religiöser Neutralität“ auoh dann

nooh einem erfolgreichen Wirken der Mission entgegenstanden,

während der dritte Abschnitt die neue Zeit nach der Auflösung

der Kompagnie unter der Herrschaft der britischen Krone dar­

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stellt. Mit wohltuendem Gerechtigkeitsgefühl erkennt der Verf.

an, was anzuerkennen ist, auch die Förderung der Mission durch die englische Regierung, verschweigt aber auch nicht die grossen Missstände und Fehler, namentlich auch in der Behandlung des Schulwesens, die eine für die religiöse Atmosphäre Indiens ver­

hängnisvolle W irkung haben. Der gegenwärtige englische Minister Lord Curzon ist als Vizekönig von Indien aufs wärmste für die indischen Religionen eingetreten. Ein vierter Abschnitt schildert die Vertreibung der deutschen Missionare aus Indien und die gegenwärtige Lage der dortigen deutschen Mission. Alles zu­

verlässig nnd übersichtlich, darum sehr zu empfehlen.

D. v. S oh w a r tz-Querum.

S c h a e d e r, D. E. (Prof. der Theol. in Kiel), T h e o z e n tris o h e T h eo lo g ie. Eine Untersuchung zur dogmatischen Prin- zipienlehre. Erster, geschichtlicher Teil. 2., umgearb. u.

verm. Aufl. Leipzig 1916, A. Deichert (W. Scholl) (VI, 211 S. gr. 8). 4 Mk.

Ein erfreulicher Beweis ist es für die Regsamkeit des dog­

matischen Interesses, dass Schaeder den ersten Teil seines Werkes nun schon in zweiter Auflage erscheinen lassen konnte.

In der Hauptsache bringt sie natürlich die Ausführungen der ersten Auflage wieder. Ergänzt sind dieselben aber durch Aus­

dehnung der kritischen Betrachtung auf den religionsphilosophisohen Standpunkt Diltheys und auf den theologischen Aufriss Heims.

Dilthey betone zwar am Begriff Gottheit das Moment der un­

bedingten Macht, eine Folge des pantheistisohen Zugs seiner Religiosität. Aber Frömmigkeit und Sittlichkeit betrachte er doch als Erzeugnisse der autonomen Persönlichkeit. So versinke auoh hier die Herrlichkeit Gottes im Menschlichen. An Heim findet Schaeder charakteristisch den kühnen Versuch, den Gegen­

satz von Objekt und Subjekt aus der W elt zu entfernen, die Vorstellung von Gott als dem alle „Iche“ der Welt, die überall Seele iBt, in sich zusammenfassenden loh, die Gründung der Religion ausschlieaslich auf die Christustatsache, die Ablösung des Glaubens von aller rationalen Begründung und dessen Motivation aus der intellektuellen und sittlichen Not der Seele.

Gerade dies letzte Moment zeige aber, dass der Anthropozen- trismus auch hier nicht überwunden iBt. T rägt Schaeder mit diesen Ergänzungen dem Gang der Dinge Rechnung, so mag man sich darüber verwundern, dass er Schiatter unberücksichtigt gelassen hat. Er hätte doch wohl gut getan, die Ausführungen über ihn, wie sie als eine Art Nachtrag zu dem geschichtlichen Teile in dem zweiten systematischen Teile 1914 erschienen, jetzt in die neue Auflage des geschichtlichen Teiles zu über­

nehmen und hier vielleicht noch näher zu entwickeln.

Modifiziert bind in der zweiten Auflage die Ausführungen über Schleiermacher. Auch dazu war seinerzeit schon in dem systematischen Teil der Anfang gemacht. Ich glaube aber, dasB die frühere Beurteilung Schleiermachers richtiger war als die jetzige, die diesen dooh in jeder Hinsicht „anthropozen­

trischen“ Theologen nach der Seite des Theozentriamus hin­

schiebt. Am allerwenigsten kann ich mich der nunmehrigen Auffassung des § 30 der Glaubenslehre anschliessen.

Statt dies näher auszuführen, möchte ich aber lieber ein W ort zur Würdigung Hofmanns und Franks sagen. Beide nimmt Schaeder recht eigentlich als Typen anthropozentrischer Irrung. Dieser Beurteilung kommt freilich der Umstand zu- statten, dass der Begriff anthropozentrisch nach wie vor ganz dehnbar und vieldeutig bleibt. Abgesehen davon aber muss auf

folgendes hingewiesen werden. Schaeder behandelt die beiden Erlanger als wesentlich gleichartig: sie binden die Theologie an einen subjektiven Ausgangspunkt, die persönliche Erfahrung.

Dabei aber beachtet er nicht den bedeutenden Unterschied zwischen ihnen. Auf Frank nämlich trifft Schaeders Urteil zu.

Seine „Wiedergeburtstatsache“ ist wirklich etwas subjektives, immanentes, meinethalben sogar empirisch-immanentes. Aber Hofmann? Er beginnt seine Deduktionen mit der Aussage von der G e m e in s c h a f t zwischen dem Subjekt und G o tt. Hof­

mann hat sich über das Recht, so sich auszudrücken, nicht ge- äuBsert. Aber Gemeinschaft mit Gott — darin ist doch von Anfang die Aussage eines transsubjektiven, ja eines transzen­

denten Faktors enthalten. Denn Gott geht immer über das Empirisch-Subjektive hinaus. Man kann also Hofmann tadeln, dass er seine These nicht näher motiviert hat. Aber subjektiv­

empirisch im strengen, von Frank erstrebten und (eine Zeitlang auch wirklich) eingehaltenen Sinne ist s e in e These nicht.

Weiterhin sei darauf verwiesen, dass sich weder für Frank nooh für Hofmann die systematische Theologie in der Be­

arbeitung jenes Subjektiv-Empirischen erschöpft. Das kann man an Hofmann rascher naohweisan als an Frank. Für Hofmann ist die Aufgabe der systematischen Theologie erst dann ab­

geschlossen, wenn die aus der Analyse jenes Ursatzes gewonnenen Aussagen sich an der Bibel legitimiert haben. Die Bibel aber hat ihre Autorität vermöge ihrer Inspiration. Ist das nicht ein wesentlich theozentrisches Prinzip innerhalb des Ganzen? Drittens aber kommt in Betracht, dass Schaeder selbst in zahlreichen Aeusserungen einen subjektiv-anthropologischen Einschlag in der religiösen Gewissheit als unvermeidlich und unveräusserlich an­

erkennt, ja einen solchen geradezu fordert. Angesichts diesar Einräumung gerät die von ihm an Hofmann und Frank geübte Kritik tatsächlich in stärkstes Schwanken. In Prinzipienfragen kommt es ja nicht auf das Mass an, in welchem ein Prinzip zur Geltung gebracht wird, sondern auf ein Entweder — Oder.

Mit all dem soll aber nicht der Dank beeinträchtigt sein, der Schaeder, wie ich schon bei Besprechung der ersten Auflage bemerkte, für seine an Anregung und Antrieben so reiche Ab­

handlung durchaus gebührt. B ach m an n -E rlan g en .

H eim , Karl, L e itfa d e n d e r D o g m a tik . Erster Teil, zweite veränderte Auflage. Halle 1916, Niemeyer (97 S. gr. 8). 1.50.

D e rs e lb e , G la u b e n sg e w issh e it. Zur Lebensfrage der Re­

ligion. Leipzig 1916, Hinrichs (IV, 200 S. gr. 8). 3. 80.

Die grosae, immer wachsende „Heim“-Bewegung in unserer akademischen Jugend und über ihre Grenzen hinaus muss auch dem zu denken geben und eine Nötigung zu eindringender Auseinandersetzung mit ihrem Meister und seinem originellen Denken sein, der dessen theologischer Tendenz und Methode mit einiger Skepsis gegenübersteht. Die vorliegenden Bücher sind lehrreiche Dokumente. Lehrreich für die Stärke der Be­

wegung. Längst greift sie hinaus über die jungen Akademiker.

So hat Heim die zweite Schrift mit Bewusstsein im Blick auf

„nioht akademisch Durchgebildete“ verfassen können. Dass der Leitfaden aber, der in der erBten Auflage in seiner oft gar zu änigmatisohen sprunghaften Knappheit dem Leser selbst bei näherer Vertrautheit mit dem Verf. und Beinen früheren Ver­

öffentlichungen erhebliche Verständnisschwierigkeiten bietet, so bald ein Neuerschemen fordert, in dem er sieh auch gefälliger und lesbarer darstellt, gibt einen Eindruck von dem Um­

fang des Theologenkreises, dem diese neue Dogmatik lösendes

(6)

11

W ort ist oder werden soll. Wir verBtehen den Zauber, der von ihr ausstrahlt. Es ist der Z a u b e r deB D u a lis m u s , der der Wissenschaft alles geben will, waa sie fordern kann, und zugleich den Glauben in seiner Eigenart rein und sieghaft ver­

fechten, durch Zuspitzung nach beiden Seiten, durch Proklamierung radikaler Konsequenz des Denkens und gleich rückhaltloser Ent­

faltung der paradoxen Glaubensgewissheit in pietistisch-evan- gelistischer Färbung zur stärksten W irkung gebracht und eben in dieser Zuspitzung g e e in t m it d e m Z a u b e r d e r d e d u ­ z ie r e n d e n S p e k u l a t i o n , die die Einheit aufzeigt für das seiner Aufgabe gewachsene Denken. Wenn wir ganz kon­

sequent sind, dem Prinzip der Denknotwendigkeit uns einfach ausliefem — wie es die Theologie mit all ihren Kompromissen bisher leider nioht getan hat (G. 22 ff.) — , dann gerade dürfen wir sehen, wie das Erfahrungswisaen, in dessen Welt die Glaubensgewissheit eine Unmöglichkeit ist, einer Selbstauflösung verfällt, in der eben diese Gewissheit, befreit von dem Bann- spruch der Absurdität, der einzige rettende H alt ist. Das E r­

gebnis lässt sich praktisch sehr einfach aneignen; aber auch dann liegt auf ihm der Schein einer seltenen Denkenergie, die es in der Auseinandersetzung mit den modernsten Strömungen erarbeitet hat. Der eigenartige Typus tritt auch in den neuen Veröffentlichungen scharf beleuchtet heraus. Aber sie zeigen doch eine sehr bemerkenswerte Fortbildung, und dadurch sind sie vor allem lehrreich und interessant.

Eine F o r t b i l d u n g — oder sagen wir besser eine R ü c k ­ b ild u n g ? In der Anzeige der ersten Auflage (1913, Sp. 346 bis 350) habe ich vor allem gegen drei Punkte Einspruch er­

heben zu müssen geglaubt: 1. gegen den Anspruch der zwingenden Deduktion, der diese ausgesprochen rationale Apologetik kennzeichnet; 2. gegen ihre Zielbestimmung, dass nicht etwa die Gottesgewissheit als die ethisch-persönliche Be­

gründung des Lebens, die auch das Vertrauen in den Sinn des Denkens darreicht, sondern unmittelbar das Urfaktum der Person Jesu als das geforderte konkrete Absolutum den H alt für das Denken geben soll; 3. gegen die Konsequenz für die Dogmatik, die nach dieser rationalen Apologetik das eigentliche Tummel­

feld des Irrationalismus sein muss, als die Ausbreitung des

„Paradox“. Ueber den dritten Punkt wird erst wieder zu reden sein, wenn auch der zweite Teil in der Neubearbeitung vor­

liegt. In bezug auf den z w e ite n ist eine sehr bedeutsame R ü c k b ild u n g zu konstatieren. Der erste wird dadurch vollends zum entscheidenden Kriterium; aber auoh hier liegt vielleicht eia Neuansatz vor, der Heim auch methodisch an die Theologen näher heranbringt, mit denen er in der inhaltlichen Auffassung des Christentums wesentlich übereinstimmt.

Das Denkgesetz führt in einen schweren Zwiespalt. Die Erlösung bringt das Erlebnis des unbedingten Soliens mit der Gewissheit eines „ewigen Sinns“ unseres Daseins. Dadurch be­

kommt das Denkgesetz selbst seine Verankerung. Wird das Denkgesetz als absolut bejaht, so iat damit entschieden, dass das Wesen der Wirklichkeit frei ist von dem W iderstreit unserer Erfahrungsformen, und damit ist dann auoh für die Glaubens­

gewissheit die Bahn frei gemacht (vgl. L. 18 ff., G. 121 ff.).

Also die Christustatsache, so urteilen wir von L .1 her, ist in der kritischen Selbstbesinnung ersetzt duroh das unbedingte

„Du sollst“. Die Bestätigung gibt die demgemässe Umgestaltung der (speziellen) Apologetik, die dadurch klar hervortritt, dass dieser Teil im Unterschied vom grösseren ersten Abschnitt sonst nicht neugeschrieben ist (S. 80, 86 f., 97); überraschender viel­

leicht noch die „Glaubensgewissheit“, die den Christusglauben erst

in dem Ausblick des letzten Kapitels einführt, nachdem die apo­

logetische Denkarbeit mit dem Gottesgedanken ihr Ziel erreicht hat.

DaBS die ethische Gewissheit auf die Gottesgewissheit hinausgeführt und diese ihrerseits wieder erhoben wird aus der geschichtlichen Offenbarung des Christusglaubens, ergibt keine charakteristische Eigenheit. Man muss so zwar auch nach der zweiten Auflage noch sagen, dass erst die Offenbarung dem Leben einen ewigen Sinn sichert und damit das Denkproblem letztlich löst; aber das ent­

scheidende Mittelglied ist in seiner zentralen Bedeutung heraus­

gearbeitet: die ethische Lebensgewissheit oder vielmehr die sie tragende Gottesgewissheit. Die Argumentation hat an Klarheit gewiss gewonnen; an bestrickendem Zauber freilich vielleicht ebensoviel eingebüsst. Die AufgabeBtellung ist vertrauter ge­

worden. AlleB Interesse muss sich nun auf die Methode kon­

zentrieren, mit der der Fortschritt vom Denkproblem über die Mittelstufen zur Glaubensgewissheit des Christusglaubens erzielt wird. Der „Anstoss“ tritt in der zweiten Auflage insofern von Anfang an noch stärker hervor, als sie nioht wie die erste als Ausgangspunkt die positive Christustatsache voranstellt (L.1 7 f.), vielmehr mit dem Erwachen der religiösen Frage — „was ist der ewige Sinn meiner jetzigen Lage?“ — anhebt. Anderer­

seits freilich macht sich bei der einfach fortschreitenden Ent­

wickelung unabweislich und viel deutlicher — besonders die GlaubensgewiBsheit ist hier lehrreich — die Nötigung geltend, auf positive Gegebenheiten zurüekzugehen, ohne die alle De­

duktion in der Luft schwebt. Aber das C h a r a k t e r i s t i s c h e bleibt die D e d u k tio n . Ihr Anspruch verbindet Heim gegen­

über dem reinen Positivismus unBerer Erfahrungs-, Glanbens- und Offenbarungstheologie mit der spekulativen Dogmatik, so sehr er sioh auch sonst philosophisch duroh seinen entschlossenen Kritizismus und theologisch durch das Drängen auf den Durch­

gang duroh die enge Pforte und das Paradox des Christus­

glaubens in der Bahn Kierkegaards, des unerbittlichen Gegners der Spekulation, von ihr scheidet.

Die Deduktion hat einmal den W eg von dem „Du sollst“

zum Christusglauben zu führen. Am einfachsten dürfte die Aufgabe erscheinen, aus dem Erlebnis des Soliens den Gottes- glauben abzuleiten. Hier möchte man freilich vielleicht gerade Btrengere Entwickelung wünschen; der Uebergang von der un­

bedingten Verpflichtung zu der „ewigen“ Wirklichkeit (S. 23), d. i. dem „allgegenwärtigen Willen“, d. i. Gott (26) oder der

„unerschöpflichen Quelle von Wunderkräften“ (87), vom ethisch Absoluten zum metaphysischen Absoluten wird kaum als solcher empfunden, so selbstverständlich führt er sich ein. Um so charakteristischer offenbart sioh der Scharfsinn der Deduktion, wo es die Eigenart des christlichen Gottesglaubens zu erarbeiten gilt, in dem Nachweis der inneren Begründung der Antinomie des Gottesgedankens, die der notwendige Schutz ist gegen passives Anschauen und uninteressiertes Erkennen (L. 29, vgl.

57, 60), in der Ableitung der geschichtlichen Offenbarung, die mit ihrer greifbaren, vergangen-gegenwärtigen Tatsächlichkeit allein ein sicherer H alt sei für den widerspruchsvollen Ge­

danken (38 ff.), oder in dem religionsgeschichtlichen Beweis für das Christentum als d ie Religion (68 ff.) Man kann auch hier manche Einwände machen, dass die Gefahr der rein theoretischen Stellung doch schliesslich nicht minder bei der dialektisch-kritischen Gotteslehre vorliegt und dass der tatsäch­

liche Antinomiecharakter jedenfalls den Quietismus geschichtlich nicht gehindert h at, dass die Deduktion der geschichtlichen Offenbarung nur den Formalbegriff der Offenbarung als Mit­

teilung eines Vorstellungsinhaltes erreicht und dabei streng ge­

(7)

13 14

nommen nur auf den Zusammenhang mit „gesobichtüoher“

Wirklichkeitserfahrung, aber nicht auf die konkrete Wirklich­

keit des Christusglaubens führt, daBB die Religionskritik eine Entscheidung voraussetzt, die in der Erfahrung der „rettenden“

„Fandamentaltatsache“ gewonnen werden muss (s. 70!). Aber diese Deduktionen sind nicht das Zentrum von Heims Entwurf.

E r sucht und findet seine Stärke in der grundlegenden Aus­

einandersetzung mit dem „modernen“ Denken. Hier entfaltet sich recht eigentlich, blendend, anregend, aufweckend, ein- bohrend, entscheidungheischend das besondere Charisma seiner Denkerindividualität. Hier ist der Brennpunkt des Streites um

«eine Methode. Die Deduktion muss vor allem die M ö g lic h ­ k e i t d e r G la u b e n B g e w is s h e it, d ie D e n k b a r k e i t d a r ­ tu n , d e n W i d e r s p r u c h d e s E r f a h r u n g s w is s e n s n i e d e r ­ r in g e n , ja mehr, ihm zum Bewusstsein bringen, wie es seiner­

seits, duroh seine Widersprüche, die Gedanken hinlenken muss auf die Wirklichkeit des Glaubens.

Auoh in dieser grundlegenden Apologetik ist Heim natürlich nicht einfach schöpferisch. Immer wieder begegnen uns im einzelnen A n s ä tz e und G e d a n k e n , die uns v e r t r a u t sind.

Ich empfinde in der Aufnahme und Verwertung dankbar viel­

fache Verwandtschaft. Heim geht (bes. in G. 2 f.) aus von dem Problem des erkenntnistheoretisohen Subjektivismus, das er in seiner schärfsten Formulierung nimmt, in der W endung zum Solipsismus; er benutzt gern die Argumentation wider den Skeptizismus, dasa er seinen eigenen Standort untergrabe, unter Anpassung an die spezifisch moderne Form des psychologischen Determinismus oder historischen Relativismus (L. 25, 79, 91, in L.1 freilich nooh viel zentraler 13); er erkennt als die eigent­

liche Gefahr für alle Weltanschauung des Glaubens den ge­

schlossenen naturwissenschaftlichen Kausalzusammenhang (84 ff., vgl. u.); er knüpft zur Kritik an Kants Antinomien an (15, G. 116 ff.); er hat, besonders in der neuen Gewissheitslehre, die Fruchtbarkeit des alten und dooh wieder spezifisch modernen Gedankens der Kontingenz, d. i. der Irrationalität des Tatsäch­

lichen (133 ff.) sehr glücklich geltend gemacht. Alle diese Ge­

danken weisen die Apologetik in die gleiche Richtung; sie hat die Verteidigung durch Gegenoffensive zu führen, durch Kritik der Erkenntnis, von der die Kritik ausgeht. Das ist um so notwendiger ihr Weg, je mehr sie für den Paradoxiecharakter des Glaubens ein starkes Empfinden hat (vgl. 34, G. 114; L. 26 f.

die Antinomie des Gottesgedankens), wie es nicht anders Bein kann, wenn auch nur das Ewigkeitsproblem (18, 20 f.) und die Absolut­

heit der im unbedingten Sollen erlebten Wirklichkeit (vgl. 2 9 f.) mit allen Konsequenzen (vgl. 64, G. 173 f. der religiöse Determi­

nismus und die Autonomie, das Rätsel der Gottentfremdung der natürlichen Welt) in die erkenntnistheoretisohe Selbstbesinnung hineingenommen wird, vollends wo man die geschichtliche Offen­

barung Gottes in der konkreten menschlichen Erscheinung Jesu in den Mittelpunkt stellt (38 ff. „das Wesen des Christentums“).

Die Tatsächlichkeit des Lebens, die das Ewigkeitsproblem bereits in dem einfachen, dem abßoluten Gesetztsein in sich trägt, führt dabei Bohon über eine rein negative, rein „kritisohe“ Apologie hinaus, bietet einen positiven Ansatz. Die vielfache Anknüpfung bringt zum Bewusstsein, wie Heims Entwurf aus der geistes- geschichtliohen Lage hervorwächst. Aber seine Originalität ent­

faltet sich in der Verarbeitung. W ir können und wollen sie hier nioht auf ihre Einheitlichkeit im einzelnen prüfen. Unser Interesse konzentriert sich auf den m a s s g e b e n d e n G e­

d a n k e n z u g , in dem die M e th o d e sich dokumentiert.

Heims Apologetik erhebt unmissverständlich den Anspruch,

mit „ z w in g e n d e r G e w a lt“ über die Welt unserer Er­

fahrungsformen hinauszutreiben, der unsichtbaren Welt des Ewigen in die Arme. „DaB Gesetz der Denknotwendigkeit zwingt uns, in einer unsichtbaren Ordnung der Dinge Fuss zu fassen, die jenseits des Widerstreits liegt, der unsere An­

schauungswelt in ruheloser Brandung erhält“ (G. 118, vgl. 51, 113 ff.). Der zweite Abschnitt der speziellen Apologetik (* 59 ff., 2 77 ff.) entwickelt so als das „methodische Prinzip“ gegenüber dem „apologetischen Kompromissverfahren“ das konsequente VorwärtBtreiben durch den skeptischen Relativismus bis hin zur Anerkennung des konkreten, unbedingt gültigen Inhaltes, der dem Glauben gegeben ist. Aber wie vollzieht sioh dieBe Nötigung? Besonders in der „Glaubensgewissheit“ tritt der solipsistische Ausgangspunkt hervor. Bei ihm ist ©ine Gewiss­

heit des allezeit und überall Gültigen natürlich ein Unding, aber schliesslich jede über den augenblicklichen Bewusstseins­

inhalt hinauBgehende Gewissheit ausgeschlossen, woraus sich die Selbstzersetzung ergibt. Das Problem wäre zu unlöslich ge­

nommen und dabei zugleich doch wieder zu leicht gelöst. Heim leitet das Solipsismusproblem auch zum Glück in origineller Weise hinüber in ein anderes, d a s P r o b le m d e r z e i t l i c h - r ä u m lic h e n R e ih e , in die das erkennende Ich eingespannt is t Man erkennt leicht, dass es eine allgemeine Formulierung des P r o b le m s des geschlossenen im m a n e n te n K a u s a l ­ z u s a m m e n h a n g e s ist, eben darum wohl geeignet, dem reli­

giösen Bewusstsein den Fluch der Vergänglichkeit (G. 52 f.) und das Problem der Ewigkeit in der Zeit, d. i. der Offen­

barung nahezubringen. Der Bann dieser „exklusiven“ Reihe unserer Erfahrungsform muss durchbrochen werden. Wie ge­

schieht es? Indem dargetan wird, wie die „stetige Reihe“ mit dem D e n k p r in z ip des Widerspruchs in u n h e ilb a r e n W id e r ­ s t r e i t gerate, weil der eine Punkt von dem anderen zugleich unterschieden und dann doch wieder mit ihm zusammen- geschaut werden müsse, weil ein „Stehen und Weitergehen- müsaen“ zugleich verlangt werde (L. 14 ff., G. 55 ff., im Zu­

sammenhang damit auoh die Kantisohe Antinomie von Abschluss und unendlichem Fortgang 15). Der Widerstreit zwinge, wenn anders das Denkprinzip gelte, das „wahre Wesen der Wirklich­

keit“ von unserer Erfahrungsform frei zu denken. So wird ein „unmittelbarer Durchblick durch daB unendliche Ganze des Daseins“ (13) — wie ihn die religiöse Frage fordert — mög­

lich. Der Glaube scheint gesichert. Ist er bb wirklich?

Zunächst dürfte sich die S t r i n g e n z des Beweises a n ­ f e c h te n lassen. Von einem Widerstreit: Identität und Unter- schiedenheit läsBt sich doch schwerlich reden. Beschränkt sich die Irrationalität nicht einfach darauf, dass wir begrifflich den Uebergang nie fassen können, weil wir begrifflich eben fixieren?

Hier ist die Anschauung, gerade auch die sinnliche, dem Be­

griff überlegen, wirkliohkeitsnäher. Die Inadäquatheit unseres Begriffdenkens ist noch nioht die Selbstauflösung unseres Er­

fahrungswissens, auch wenn die Subjektivität der Ansohauungs- form hinzukommt. Uns scheint, dieser Beweis ist keine Rettung des Glaubens.

Nehmen wir ihn aber auoh einmal als stringent an, so er­

schöpft er unseres Erachtens die Aufgabe nicht. Einmal gibt er allein zu w e n ig . Er trifft im Grunde nur das natur­

wissenschaftliche Weltbild. Trotz eines sehr erfreulichen Neu­

ansatzes in der W ürdigung des Problems der historischen For­

schung (L. 54: Bedeutung der kongenialen Intuition, die vom

eigenen Erleben der unsichtbaren Realitäten bedingt ist) wird

in dem entscheidenden Gedankengang die G eB ch io h te in das

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Schema des naturwissenschaftlichen Weltbildes gezwängt, wie in der alten nenkantischen Apologetik. Der Anstoss ist die Reihe, einmal durch die zeitliche Trennung des Forschers von seinem Objekt (51 ff.), dann aber auoh durch die Geschlossen­

heit der Korrelation (56, 60). Doch Heim hat selber schon dargetan, wie das sittliche Bewusstsein diese geschlossene Korrelationsreihe zersprenge (25). Eine selbständige Geschichte kann sich nicht unter dies naturwissenschaftliche Axiom beugen.

Wie ihre Wirklichkeit darüber hinausragt, veranschaulicht eben die Aufgabe der Intuition! Nun aber geht heute gerade von der selbständigen Geschichtsforschung vielfach die Anfechtung aus. So gewiss sie zum Teil beeinflusst ist durch das natur­

wissensohaftliche Prinzip, bo gewiss ist sie damit doch nooh nicht abgetan.

Der Beweis ist jedenfalls nioht ausreiohend. Und man darf fragen, ob er nach seiner ganzen Anlage nicht eine G e f a h r darstelle. Man möchte von einem eigentümlichen L o g iz is m u s sprechen. Das Gesetz des Widerspruchs wird als der eine un­

fehlbare Gewissheitsmassstab proklamiert (G. 9 f., 113 ff.), der uns hineinweist in die unsichtbare Ordnung der Dinge; seine Befolgung ist der reine „kategorische Imperativ“ (162). Aber der Satz des Widerspruchs ist für sich ein rein formal-logisches Prinzip der Vergleichung von Inhalten; es ist lehrreich, wie Heim es in der grösseren Arbeit originell kombiniert mit dem erkenntniBtheoretischen Prinzip der „Selbstgewissheit des mir jetzt Gegebenen“ (9 f.). Und es hängt zusammen mit unserer Art des zergliedernd-isolierenden begrifflichen Denkens, verliert mit diesem diskursiven Denken, dem es als Hilfsmittel dient, seine Bedeutung. Es für Gottes Denken als kategorischen Imperativ zu veikünden, hat keinen Sinn. Die Schwierigkeiten, in die die eigentümliche Verabsolutierung hinein verwickelt, indem sie den Satz gewissermassen zum metaphysischen Prinzip erhebt, beobachtet man an der Bestimmung des Ewigen, des wahren Wesens der Dinge. Hier hat das Prinzip, weil die ihm widerstreitenden exklusiven Erfahrungsformen dahinfallen, un­

bedingte Geltung, das heisst: „ — ein Teil ist vom ändern Teil nnd vom Ganzen verschieden“ und doch zugleich „identisch mit dem ändern Teil und mit dem Ganzen“ (118, 113 ff , vgl.

L. 18 f.), das ist die „widerspruchslose Ordnung der Dinge“

(119)! Nun mag diese Verabsolutierung des Prinzips gleich­

gültig erscheinen, wenn es nur mit Recht seine Aufgabe er­

füllt, das Erfahrungswissen seiner Antinomien, d. i. seiner In­

adäquatheit uqd seiner Selbstauflösungstendenz zu überführen.

Allein ungestraft erhebt man es doch nicht auf solchen Richter­

und Herrscherthron. Logizismus ist I n t e l l e k t u a l i s m u s . Der Eindruck des Intellektualismus ist schon öfter laut geworden;

er muss sich auch bei den neuen Veröffentlichungen wieder regen, wenn etwa die religiöse Frage bestimmt wird als die Frage nach dem Sinn des unendlichen Ganzen der Wirklich­

keit ^L. 10), wenn das Ewige zunächst wesentlich nur er­

kenntnistheoretisch-formal gefasst (L. 11 ff., vgl. oben) oder wenn nachdrücklichst wieder die Gleichheit der theoretischen und praktischen Notlage betont wird (154 f.), — in diesem all­

gemeinen Zusammenhang aber auch bei der paradoxen These, dass die Grundformen der Erfahrungswelt in ihrem Wider­

spruch mit der absoluten Geltung des göttlichen Willens Gegen­

stand des Schuldbewusstseins seien (L. 30). Gewiss besteht ein innerer Zusammenhang zwischen dem erkenntniBtheoretischen und dem ethisch-religiösen Problem. Der neue Ansatz trägt meines Erachtens auch durchaus die richtige Verhältnissetzung in sich. Aber ebenso deutlich scheint mir zu sein, dass der

Logizismus mit seinem für die ganze Apologetik charakteristi­

schen Anspruch, durch denknotwendige Erledigung des Denk­

problems dem Glauben die Bahn zu bereiten, naoh der ent­

gegengesetzten Richtung drückt. — Dazu kommt nooh eine zweite Konseqenz. Oben sagten wir, der Beweis leistet zu wenig. Im Blick auf das Ziel leistet er zu v ie l. Die höhere Ordnung, die das Denkgesetz fordert, ist wie eine tabula rasa, eine Einheit, die alles Einzelne in gleicher Weise „aufhebt“.

Dieses Einzelsubjekt kann identisch sein mit allen Subjekten usw.!

(G. 113 vgl. L. 52). Man denkt an das Intelligible der K ritik der reinen Vernunft (vgl. auch noch G. 162 ff. die Erörterung des ethischen Problems, die für jede Wirklichkeit ihren ewigen Gehalt proklamiert und sich deshalb gegen die Beschränkung des kategorischen Imperativs in der praktischen Vernunft kehrt).

Ob dem christlichen Offenbarungsglauben wirklich mit diesem wahren Wesen der Dinge eine Basis gegeben ist?

Heim bietet, so dünkt mich, selbst die Antwort der W irk­

lichkeit, indem er von aller Deduktion sich zu der p o s itiv e n B a s is des Irrational-Tatsächlichen wendet. Besonders die

„Glaubensgewissheit“, so hoch sie auch zuerst greift in der Verabsolutierung (s. o.), lässt die Schranken des reinen Denkens doch schon im Aufbau hervortreten, indem sie den Nachweis der „Denkmöglichkeit“ (Teil II) scharf scheidet von der „W irk­

lichkeit der Glaubensgewissheit“ (III). Das reine Denken kann die andere Ordnung zwar fordern, „aber den Glauben an das Dasein derselben nicht selbst herbeiführen“ (154 vgl. 133, L. 19). Und dazu versagt es gegenüber der Frage nach dem Inhalt der ewigen Wirklichkeit, in der daB Leben verankert werden soll (153, 174). So müssen wir ausschauen nach der Offenbarung. Jetzt fällt unser Blick auf die I r r a t i o n a l i t ä t d e s T a ts ä c h lic h e n (133 ff.), die ganz ohne uns geschehene Festlegung des Jetzt, Hier und loh. Sie ist in ihrer irratio­

nalen Gesetztheit (vgl. auch L. 15 f.) ein Analogon zu der Irrationalität der Offenbarung, deren Gedanke von der De­

duktion noch erreicht wird. Sie bezeugt die von dem griechi­

schen Denken übersehene (179) Souveränität der Wirklichkeit gegenüber allem Denken, da sie ja ihrerseits Denken und Er­

fahren, d. i. auch die Denknotwendigkeit, erst möglich macht (145, 179, L. 19, 80). Aber mehr noch: sie wird direkt zur Basis für den Glauben an die höhere Ordnung, eben durch die a b s o lu te S e tz u n g . Die Gewissheit des unbedingten Sollens und das Bewusstsein dieses Gesetztseins, das über allem Denken steht, gehen einen natürlichen Bund ein. Sie sind verwandt (175), und sie gehören zusammen (L. 20). Das Aufleuchten der Lebensrichtung bringt der Erkenntnis der anderen Ord­

nung, die in jener Ursetzung ihre Tatsächlichkeit bekundet, auch den Inhalt, den wir suchten: den allgegenwärtigen Gottes­

willen (L. 80). Aub dem allgemeinen sittlichen Erleben aber erhebt sich das Erleben Christi, in dem der unentrinnbare Ge­

wissen seindruck, der das Kennzeichen jenes Erlebens ist, zur ungebrochenen Auswirkung gelangt (vgl. L. 12, 21, 45, 78).

Zuletzt ist ob also die Wirklichkeit Chriöti, erlebend angeeignet, die dem Glauben seine Gewissheit und seine Erkenntnis des

„Ewigen“ erschliesst, indem sie in ihrer einfachen gesohichtlich- übergesohiohtlichen Positivität als Lösung deB Lebensproblems uns überführend nahetritt (vgl. bes. L. 45, 87, G. 189 ff.)* Trotz aller Deduktion biegt auch Heim s c h lie s s lic h in die Bahn des P o s itiv is m u s .

W er die zwingende Deduktion als solche für aussichtslos hält, wird sioh von vornherein darauf beschränken, von der

„erfahrenen“ Wirklichkeit des ChristBBglaubens aus, die sioh als

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