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Theologisches Literaturblatt, 1. September 1933, Nr 18.

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Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h lre ic h e r V e rtre te r d er th e o lo g is c h e n W is s e n s c h a ft und P rax is

herausgegeben von

Dr. theol. E rn st S o m m e rla th

Professor in Leipzig.

Nr. 18. Leipzig, 1. September 1933. L1V. Jahrgang

Erscheint vierzehntägig Freitags. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter sowie vom Verlag. — Inland-Bezugspreis: Rm. 1.50 monatlich.

Bezugspreis für das Ausland vierteljährlich: Rm. 4.50 und Porto; bei Zahlungen in fremder Währung ist zum Tageskurse umzurechnen. —Anzeigenpreis: die zwei-

?espaltene Petitzeile 40 Goldpfennige. — Beilagen nach Uebereinkunft. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königstr. 13. Postscheckkonto Leipzig Nr. 62873.

Klingbeil,Waldemar, Dr., Kopf-und Maskenzauber in der Vorgeschichte und bei den Primitiven.

(Lehmann.)

Hylander, Ivar, Der literarische Samnel-Saul- Komplex (I. Sam. 1—15) traditionsgeschicht­

lich untersucht. (Caspari.)

Schweitzer, Albert, Dr. theol. (Dr. phil. etDr.med.),

„D ie psychiatrische Beurteilung Jesu“ Dar­

stellung und K ritik. (March.)

Archiv für Elsässische Kirehengeschichte.

(Theobald. 1

Rauscher, Julius, D. Dr. (Stadtpfarrer in Stutt­

gart-Berg), Württembergische Visitations­

akten. Band I. (Gussmann.)

Frör, Kurt (Inspektor am Predigerseminar in Nürnberg), Evangelisches Denken und Ka­

tholizismus seit Schleiermacher. (Schmidt.) Kiefer, Robert, Dr. theol. (Pfarrer), Die beiden

Formen der Religion des Als-Ob. (Jelke.) v.Tiling, Magd., D., Grundlagen pädagogischen

Denkens. (Bodenstein.)

Quittschau, Ewalt, Das religiöse Bildungsideal im Vormärz. (Eberhard.)

Vogel, Heinrich, Gottes Hoffnung am Sarge.

(Lange.)

Wlssmann, Erwin (Liz. theol.), Katechismusunter­

richt. (Eberhard.)

Ulmer, Friedrich, Professor D. Dr., Was wird aus unserer Kirche? (Priegel.)

v. Schubert, Hans, Grosse christliche Persönlich­

keiten. (Priegel.)

Heitmann, Ludwig, D. (P. in Hamburg), Krisis und Neugestaltung im Erziehungswerk.

(Eberhard.) Zeitschriften.

Klingbeil, W aldem ar, Dr., Kopf- und Maskenzauber in der Vorgeschichte und bei den Primitiven. Berlin 1932, CoUigiion. (X II, 144 S. 8.) 6 RM .

D er Verf. untersucht auf Grund eines reichen M aterials die Einschätzung des K opfes und Schädels des lebendigen

u n d v o r a lle m - d e s v e r s t o r lb e n e u M e n s c h e n (g © Ie ig e m tlio h

auch des T ieres) in der Vorstelllungiswelt des prähistorischen und gegenw ärtigen prim itiven Menschen. Er zeigt mit Recht, w ie tief in der religiösen Anschauungswelt prim i­

tiver V ö lk er gerade die Bewertung dieses Teils des K ö r ­ pers eingebettet ist, was im Totenikult und in der Ahn en ­ verehrung in den mannigfachsten Form en zum Ausdruck gelangt, w orüber man sich durch des V erf. Wenk ganiz g e ­ wiss gut orientieren kann. Jedoch kann man nur mit Mühe des V erf. eigene Stellung und d ie von ihm befü rw or­

tete Lösung der in Frage kommenden Problem e dem T e x te entnehmen, da er die ändern Meinungen in einer recht um­

ständlichen W eise disikutiert, d ie den Eindruck, den man vom angezogenen M aterial her gewinnt, w ied er verwischt.

Auch w erden im T e x t gar nichit die oft wiederum recht ausführlichen Materialbeschreibungen (etw a durch k lei­

neren Druck) von der theoretischen Diskussion unter­

schieden, w ie sich (bei einem solchen Thema überhaupt d er M angel an Bildbeigaben sehr fühlbar macht. Zum m inde­

sten hätte der V erf. am Schlüsse seiner A rb e it die E rgeb­

nisse seiner Untersuchung zuisammenfassen müssen, damit man mit Sicherheit sehen (kann, w orauf er hinauswill, während es so nur schwer zu erkennen ist. Jedoch das W ichtigste scheint mir zu sein, daiss der A rb e it d ie ent- widklungapsycholoigische T ie fe fehlt. H ier w eist demnach auch das Literaturverzeichnis erhebliche Lücken auf. Der Verf. berücksichtigt w eder W . Wundts V ölkerpsych ologie (Bes. Bd. 4), noch scheint er F e lix Scherke: „U ber das V e r ­ halten der Prim itiven zum T o d e “ (Langensalza 1923) zu kennen; mit beiden W erk en hätte er sich unbedingt ausein­

andersetzen müssen. Ferner erwähnt er zw ar im Literatur- 273

Verzeichnis F ritz Krause: „M aske und Ahnenfigur: Das M o tiv d er Hülle und das Prinzip der F o rm " (in „E thno­

logische Studien“ , Bd. I, H alle 1931, S. 344 ff.), aber in der Darstellung ist es nicht verw endet. G erade aus diesem Aufsatz hätte der V erf. für eine psychologische Durch­

dringung ides M aterials hinsichtlich des Mas'kenwesens viel gewinnen können. Des V erf. A rb e it scheint mir in ent- witiklungspsychologischer Hinsicht an dem M angel zu le i­

den, dass in ihr zwischen animistischer und präanimistischer Auffassungsweise der Prim itiven nicht geschieden wird, so- dass als einzige psychische Grundlage der Schädel-Ver­

ehrung und des Maskenwesens der Ahnenkult erscheint, der mit zauberischen M otiven durchsetzt ist, obwohl auch nach der Darstellung des V erf. oft das Magische, w ie er es einfach nennt, d. h. eben der nichtanimistische und nicht- manistische Glaube an besonderen Stoffen und Formen innenwohnenden K räften eine selbständige R o lle spielt.

Im übrigen behandelt d er V erf. gewiss sehr w ichtige und auch für den Th eologen interessante Problem e, w ie etw a: Sinn der Hockerbestattung, Einbettung des L eich ­ nams und im besonderen des K opfes in ro ter Erde oder roter Farbe (w ozu der V erf. hätte F. von Duhn, R ot und Tot. A rc h iv f. R el.-W . Bd. 9, S. 1 ff. und W . Wundt, Völ'kerpsych. 4, S. 96 ff. heranziehen können), Befragung von Totengeistern und Totenschädeln, Trinkgefässe aus Schädelkalotten, Götterstatuen in Form von Köpfen, Zauberköpfe, insbesondere in Form des fliegenden V am pyr­

kopfes (w ozu noch H. Neverm ann: „D er fliegende K opf.

Ein K a p itel aus dem Geisterglauben der Indonesier.“ D er W eltkreis, Bd. II, 1931, H. 9/10, S. 1 ff. hätte herangezoigen w erden können).

F. R u d o 1 f L e h m a n n , Leipzig-Gohlis.

Hylander, Ivar, Der literarische Samuel-Saul-Komplex (I. Sam. 1— 15) traditionsgesc'hichtlich untersucht. Dis-

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sertation. Leipzig, Harrassowitz in Kommission. (X V I, 336 S. 8.) 15 RM .

Die nach bestem schwedischen Herkom m en monumen­

tale Inaugurail-Dissertation enthält eine persönliche V o r ­ rede, die an Stelle der üblichen vita des Prom ovenden dienen kann, und auf 8 Seiten eine mythologische, dann in 6 Einzelabschnitten einen analytischen und, zusammenfas­

send in 3 Kapiteln, einen synthetischen Hauptteil, den eine lite ratu rg esch io h tlich e Skizze sowie eine tabellarische genaue Darstellung der Ergebnisse beschliessen. Das Buch ist gleich ausgezeichnet durch rastlosen Fleiss, eindrin­

genden Scharfsinn und feinfühliges sorgfältig begründetes U rteil. Es ist der deutschen alttestam entlichen W issen­

schaft, von w elcher der V erf. Anregungen empfing, zur Auseinandersetzung zugedacht und 'bereichert sie, indem es sie zugleich in umfassende Beziehung zur ausserdeut- schen W issenschaft setzt. T ro tz kleiner Versehen, z. B.

„verschuldigen“ , transitives „erh ellen “ , beherrscht Verf.

dabei die deutsche Sprache in bewundernswertem Grade.

Beispielmässig lässt sich vielleicht an den, Saul gewidmeten, Ausführungen S. 252— 274 zeigen, was Vf. will. Eine verhältnis­

mässig einfache These über die Ä ra Sauls ist sonst die, dieser Charismatiker habe sich so gewissenhaft an die Pflichten und Schranken des Charisma gebunden, dass er den werdenden Staat, so weit von einem solchen schon die Rede sein darf, in eine Krise stürzte und an ihr seinen persönlichen Untergang fand. Ich glaube auch, dass diese These nicht verbraucht ist und Grosszügiges zum Verständnis seiner Wirksamkeit leistet. Der deutlichste Gegensatz zum Charisma, welches alles Erforderliche im Bedarfsfalle impro­

visieren muss, sind Institutionen. Nicht geleugnet werden kann, dass die Erzählungen, aber vor allem die ausserhalb des vom Vf.

bearbeiteten Teils in I, 16— 28 stehenden, Institutionen voraus­

setzen. Sie h a n d e l n von Saul, sind aber D a v i d-Erzählungen.

Auch der Vf. scheint sie in Übereinstimmung mit der herrschen­

den Ansicht zu beurteilen. Niemanden w ird es wundern, wenn hier Saul in seiner Eigenschaft als König gelegentlich mit davi- dischen und nachdavidischen Institutionen umgeben würde, dieseine W ürde veranschaulichen sollen und doch seinem Z. A . noch ge­

fehlt haben. Trotzdem befriedigt den Vf. die angeführte These nicht, und er setzt ihr die andere entgegen, Saul sei vom Charisma notgedrungen abgegangen, in die W e lt der politischen und w irt­

schaftlichen W irklichkeiten hinabgestiegen, und das hätten seine besten Anhänger ihm nicht verziehen; s o sei er gestürzt. Prüfen lässt sich die These nicht hier; ihr Gegensatz zu der vorigen er­

läutert sich selbst. Sicher ist es eine zunächst anziehende W endung der historischen Einzelerkenntnis, die hier versucht wurde.

Die Begründung dieser w ie anderer „synthetischer“ E r­

gebnisse besteht in der K ritik an den Stoffen der Erzählun­

gen und an den Gestaltungen dieser Stoffe. Die bisherige Literarkritik w ird nicht grundsätzlich bekäm pft, aber teils von ihren Prämissen, teils auf ergänzenden W egen vervollständigt, die bis jetzt hauptsächlich aus der Evan­

gelienkritik bekannt sind. D er V erf. sucht die Phase der noch variablen Erzählung, sowohl d er einzelnen, als kleiner Reihen von Erzählungen, zu ergründen und erinnert hier­

bei an Gem oll, Grundsteine, den er übrigens nicht gerade­

wegs benützt.

Aus psychologischen Gründen — die in Auseinandersetzungen mit dem gleichfalls nicht g e n a n n t e n A . Jeremias öfters entwickelt worden sind — kann der Ersterzähler den ihm Stoff gebenden Vorgang nicht angemessen berichten; denn diese A ufgabe würde eine gründliche Erziehung zur Objektivität der Darstellung, eine geradezu wissenschaftliche Forschung voraussetzen, die man von ihm nicht verlangen darf. Der Erzähler assoziiert das Erlebnis (oder was sonst sein Stoff ist) mit Darstellungen analoger Vorgänge, welche der Eigenart des Einzelstoffs A bbru ch tun, je mehr sie schon verbreitet sind. Die Analogie ist immer irgendwo schief;

eine korrekte Parallele gibt es nicht. So wird der Bericht einer Schematisierung unterworfen, welche öffentlich anerkannten Ideen folgt und den Stoff irgendwie zum Ausdruck einer solchen oder mehrerer zurichtet. Diese Ideen können jünger sein und treffen dann sicher nicht das W esen des Stoffs, oder sie können so viel

älter sein, dass der Vorgang selbst nicht mehr von ihnen beh errscht war. So kann die Darstellung den Vorgang in eine reaktionäre Beleuchtung rücken oder ihn modernisieren, in beiden Fällen muss man die mehr oder weniger stoff-fremde Beleuchtung abzustellen suchen, um den historischen Kern in die Hand zu bekommen.

Grundsätze wie diese sind anerkannt und gegen sie wird nicht viel eingewendet werden. Verwickelt wird ihre Anwendung, wenn Hylander gleichen Gesetzen wie den Erst-Erzähler auch die Pfleger seines Erzeugnisses unterstellt, die sich auf Jahrhunderte verteilen

— soll doch der vielerörterte Abschnitt I 2, 27— 36 während des Exils geschaffen worden sein, als die Jahwe-Gläubigen wirklich andere Sorgen hatten. Die Pfleger verfahren unter dem Einflüsse politischer und dogmatischer Lehren, der ihre, nur mittelbare, Fühlung mit dem Stoffe so weit lockert, bis d e r geradezu unzu­

treffend aussieht. Dabei kann der Bericht unbedenklich aus B e ­ richten über andere Vorgänge bereichert werden, und so wird die Quellenscheidung, ohne ihre alten stilistischen M erkmale auf­

zugeben, mit einem neuen G e i s t e erfüllt. Die Zutaten, die P a ­ rallelstücke, folgen S o n d e r gedanken, die sich von benachbar­

ten Teilen der Reihe, der Einzelerzählung, abheben. A lle diese Arbeit heisst T r a d i t i o n s g e s c h i c h t e .

Der w ohlfeilste Einwand gegen Hylanders A rb eit, den er aber durch sein w iederholtes Zugeständnis: „Darüber wissen w ir w en ig“ herausfordert, geht aus dem Skeptizis­

mus hervor.

Der nächste geht von Bräuchen aus, ohne w elch e sel­

ten eine erzählte Begebenheit vo r sich geht, Bräuche ent­

standen mal aus Ideen, wissen davon aber nichts mehr.

Darum wenn Saul seine Truppe drittelt, so mag das stereo­

typ sein, im berichteten E in zelfalle nicht stattgefunden haben, soll ihn aber zum erfahrenen K riegstechniker stem­

peln. Fängt man erst an, in dieser A ngabe eine l i t e ­ r a r i s c h e Beziehung zu suchen, die den Bericht in ein Abhängigkeitsverhältnis zu anderen und natürlich ausge­

rechnet zu solchen, d ie w ir noch haben, stellt, so ergeben sich w eitläufige, aber nicht imm er zuverlässige, Folgerun­

gen.

Gewiss ist mehr erzählt worden, als w ir vor uns haben.

Eine andere Sache aber ist es, w enn sich Hylander die Erklärung, die am w e n i g s t e n auf Ergänzungen ausgeht, nachdem er zuvor die U nvollständigkeit e r k a nnt haben w ill. Ohne Zuhilfenahme von Logik geht es dabei nicht alb;

w ie w eit kann sich der abendländische Forscher an m or­

genländischen Geisteserzeugnissen auf sie verlassen? Nach meinen Erfahrungen ist, auch aus anderen Gründen, gegen Ergänzungen, w ie in der T e x tk ritik gegen die vom Verf.

oft bevorzu gte lectio amplior, die grösste Vorsicht ange- zeigit. H ier ist Skepsis eine notw endige Schulung, D i e Erklärung die am w e n i g s t e n auf Ergänzungen ausgeht, befindet sich in einem methodischen V orteil.

U nter Hylanders K riterien bem erkt man lautliche A n ­ klänge. Er hat eine geiwisse V o rlieb e für eine A r t Q o r 'a , V ersteckte Hinweise auf ihn sollen u. a. durch das V erb a 9 a r angebracht sein. Schon länger beachtet w ar auch eine Beziehung von I, Saim, 1 auf „S au l“ , durch das V erb s a o 1. Man könnte innerhalb I, Sam. 1 einen Nebentrieb ansetzen, der für dies V erb aufkäme, und w eitergehende Folgerungen wären erspart. D er Nam e komm t in Sam.

42 mal vor. W as soll man daizu sagen, dass sogar aus dem regulären inf. als. s a ' o l II 24, 18 der Nam e Saul w erden soll? E rw eiterte Anwendung dieses Verfahrens könnte nur zu seiner W iderlegung dienen; z, B, 10 j e s in Sam,, zu schweigen von j a s ae, j a s a 1 oder l s , als H inw eise auf Isaj, namentlich I. Sam, 9, 12!

Überhaupt ist es um den öffentlichen Hintergrund der Erzählungen während ihrer Entstehung und während der Pflege ihrer noch unalbgeschlossenen Gestalt anders b e­

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stellt als z. B. um das synoptische Evangelium. Sucht man in letzterem Volkserzählungen, w ie jetzt öfters geschieht, so ist doch zu den Samuel-Erzählungen unter V olk etwas von Grund aus anderes zu verstehen. Nicht unbeaufsich­

tigtes Wachstum bedeu tet hier die Anteilnahm e der Öffentlichkeit an der Erzählung, sondern einen Einschlag von Beharrung, den die K ritik nicht unterschätzen sollte.

Ich schweige davon, dass auch die gegenw ärtige Geistes­

verfassung nicht einer Fortsetzung der M ethode Hylanders am A lte n Testam ent günstig ist. Einen Forscher, d er sich seines rechten W eges w ohl bewusst ist, dürfte das Hinder­

nis nioht abschrecken. Schon mancher hat sich in der Dornenhecke der Unverstandenheit gewunden, aber des Verfassers Leistungsfähigkeit steht und fällt nicht mit seiner diesmaligen Methode.

W i l h e l m C a s p a r i , Kiel.

Schweitzer, A lb ert, Dr. theol. (Dr. phil. et Dr. med.), „Die psychiatrische Beurteilung Jesu“ Darstellung und Kri­

tik. Z w eite, photomechanisch gedruckte A uflage. T ü ­ bingen 1933, J. C. B. Mohr. (V II, 46 S. 8.) 1.50 RM . D ie vorliegen de Untersuchung des grossen Bachfor­

schers, Th eologen und U rw aldarztes, die hier in zw eiter A u flage erscheint, bildete seine medizinische D oktor-D is­

sertation. Ausgerüstet einerseits mit theologisch-textkri- tischemWissen, andererseits ebenso mit m edizinisch-psy­

chiatrischen Kenntnissen — wissenschaftliche Voraus­

setzungen, die kombiniert den bisherigen Verfassern psy- chopathologischer Untersuchungen der Person Jesu feh l­

ten — erweist Schw. die wissenschaftlich nicht belegbare Schlussfolgerung, Jesus sei in irgendeiner Form „geistes­

krank ‘ gewesen.

V ielleicht lag es ausserhalb der A u fgabe dieser Disser­

tation, d o c h e m p fin d e t m a n e s a ls e in e L ü c k e , d a s s S c h w .

nach der Ablehnung psychiatrischer Diagnosen uns nicht s e i n e p e r s ö n l i c h e W ertung der Person Jesu er­

kennen lässt. Immerhin zeigt die Person Jesu doch einzig­

artige Züge genug, die auch von einem Psychiater, und nun gar von einem theologischen Psychiater, der sich mit ihrer psychiatrischen Beurteilung beschäftigt, eine persönliche Auseinandersetzung und eine Äusserung nun d e r p e r ­ s ö n l i c h e n Stellungnahme erw arten lassen könnte.

Dr. med. H. M a r c h , Nervenarzt, Berlin.

Archiv für Elsässische Kirchengeschichte. Im A u ftrag der Gesellschaft für Elsässische Kirchengeschichte heraus­

gegeben von Joseph Brauner. 8. Jahrgang 1933, F re i­

burg i. Br., Herder. (V III, 463 S. gr. 4.) 10 RM .

Von den im deutschen Sprachgebiet erscheinenden Z e it­

schriften für territoriale Kirchengeschichte dürfte diese den grössten Umfang aufweisen: Jedes Jahr ein Band von über 400 Seiten grossen Formats. Auch hinsichtlich der A u s­

stattung dürften ihr wenig andere gleichkommen. In w elch schlichtem Gewände zieht zum Beispiel die Zeitschrift für bayrische Kirchengeschichte einher! D ie Elsässer Druckerei, die das ,,A rc h iv “ herstellt, besitzt grosse Leistungsfähigkeit und guten Geschmack. Jedem Bande sind treffliche R e ­ produktionen, manchmal besondere Tafeln, beigegeben.

Könnte freilich von einem periodischen kirchengeschicht­

lichen Organ sonst nichts gerühmt werden, so w äre das kein Ruhm. D er Inhalt ist das entscheidende. Ihres Inhalts w egen muss diese Zeitschrift besonders gerühmt werden.

Die Zahl der M itarbeiter ist verhältnismässig gering. Es

sind nur oder fast nur Theologen, in der Hauptsache Eisass- Lothringer. Zw ei sind Professoren am bischöflichen G ym ­ nasium St. Stephan in Strassburg, Barth und Pfleger, beide als Historiker weithin bekannt. D er Schwerpunkt der B ei­

träge liegt im M ittelalter. Charakteristisch ist das H ervo r­

holen auch der entlegensten Quellen. In den meisten Untersuchungen w erden Fragen, die für die ganze Kirchen ­ geschichte von Bedeutung sind, für Elsass-Lothringen g e ­ löst oder zu lösen versucht. Selbstverständlich ist das G e ­ präge bestim mt konfessionell. Auch konfessionelle P o le ­ m ik ist da. G egen ersteres erhebt niemand Einwand.

L etztere würde manche Einschränkung vertragen. Dieser Jahrgang wird, w ie drei seiner Vorgänger, lange und ein­

gehend benützt w erden w egen der Forschungen Pflegers zur Geschichte des Pfarrinstituts. Diesmal untersucht er die Einnahmequellen, Kirchengut, Zehnt, Oblationen, Stol- gebühren (S. 1— 118). Das G ebiet der Oblationen ist im grossen und ganzen Neuland. W as Pfleger beibringt, dürfte Inhabern von Landpfarreien, in denen alte Besoldungs­

gebräuche noch bestehen, gute Dienste zum Verständnis derselben liefern. Aus seinen reichen Kenntnissen zur m ittelalterlichen Kirchen- und Kulturgeschichte hat Pfleger in diesem Jahrgang noch mehr m itgeteilt. H ier w erd e nur noch der A u fsatz angeführt „Sühnewallfahrten und öffent­

liche Kirchenbusse im Eisass im späten M ittela lter und in der N e u zeit“ (S. 127— 162). Vermisst w ird dabei das Ein­

gehen auf Sühnekreuze. Oder sollte es die in Elsass- Lothringen nicht gegeben haben? A ls besonders bedeut­

sam w ird aus dem übrigen Inhalt noch gestreift: 1. ,,Dr. Jo­

hannes K reu tzer (gest. 1468) und die W iederherstellung des Dominikanerinneniklosters E ngelporten" von M edard Barth (S. 181— 208). 2. „D rei Predigt- und Seelsorgsbücher von Konrad Dreuiben, einem elsässischen Landpfarrer aus der M itte des 15. Jahrhunderts“ von Florenz Landmann (S. 209 bis 240). K reu tzer und Dreu'ben sollten auch von evange­

lischer Seite Untersuchungen gew idm et w erden. V ielleich t stellt sich dann heraus, dass der erstere unter die soge­

nannten V orreform atoren einzureihen ist. D ie Schriften des letzteren aber würden zeigen, nicht dass, sondern was, und darauf kommt es an, gegen Ausgang des M ittelalters gepredigt wurde. Dreubers Predigtbücher liegen in der evangelischen Konsistorialbibliothek zu Colmar, die des ersteren in Berlin. 3. „B riefe von Joseph Guerber an den jungen Carl Marbach, den späteren W eihbischof von Strassburg, aus den Jahren 1859 bis 1871“ , herausgegeben von Joseph Brauner, D irektor des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek zu Strassiburg, dem L eiter dieser Z e it­

schrift (S. 371— 448). Guerber wurde als elsässischer Reichstagsabgeordneter w eiteren Kreisen bekannt. Durch das Lesen der B riefe w ird manches aus der Psyche der Elsässer dem Fernerstehenden klarer. A b e r trotzdem, so oft der Leser einen Jahrgang dieser Zeitschrift, die eine so reiche kirchliche und kulturelle Vergangenheit auf hellt, die auch die Schönheit des Landes jenseits des Rheins empfinden lässt, aus der Hand gibt, ergreift ihn Wehmut.

W orü b er? W em sollte man das sagen müssen?

T h e o b a l d , München.

Rauscher, Julius, D. Dr. (Stadtpfarrer in Stuttgart-Berg), Wiirttembergische Visitationsakten. Band I: (1534) 1536— 1540. Enthaltend die Ä m ter Stuttgart, Nürtin­

gen, Tübingen, Herrenberg, W ildberg, Urach, Blau­

beuren, Göppingen, Schorndorf, Kirchheim, H eiden­

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heim. W ürttem bergische Geschichtsquellen. Heraus- g eg eben von der W ürttem bergischen Kommission für LamdesigeschiChte. Band X X II. Stuttgart 1932, W . K o h l­

hammer. (X LI, 601 S., gr. 8.) P reis 10 R M .

Ein Werik, das iwohl kaum 'das Lich t 'der Wellt erblickt hätte, wenn seine Inangriffnahme nicht schon vo r dem Ausbruch des W eltk rieg s beschlossen w orden w äre. In­

zwischen ist die grosse W en d e der Zeiten eingetreten und hat auch die W issenschaft erfasst. Der Historizismus mit seinem W ühlen im Staube der Vergangenheit ist dahin.

A n d ere Au fgaben drängen in den Vordergrund, G egen­

w artsfragen von riesigem Ausmass, die eine iganz neue geistige Atm osphäre schaffen. Trotzdem behält die dan­

kenswerte, mit v ie l Fleiss und zuverlässiger Sachlichkeit zusammengetragene Sammlung ihren bleibenden W ert. Sie bietet ein anschauliches, bis ins einzelnste gehendes Bild von den ersten Anläufen der Reform ation in W ürttem berg.

Kaum w ar H erzog U lrich nach der siegreichen Schlacht von Lauffen, 1534, in seine Erblande zurückgekehrt, so ordnete er sofort die Einführung der reinen Lehre in allen seinen Ä m tern an. Seine Vertrauensmänner waren, w ie bekannt, Ambrosius Blarer für das Land ob d er S teig und Erhard Schnepf für das Land unter der Steig. Neiben ihnen spielten die ^weltlichen Beamten von Anfang an ein e w ichtige R olle.

Denn der H erzog hatte die Hand auf die Kirchenkleinodien gelegt, liess ihren Bestand in den einzelnen Gemeinden aufnehmen und befahl, alles W e rtv o lle re zum Einschmelzen in die Münze nach Stuttgart zu verbringen. D ie T ä tigkeit der Visitatoren stiess auf grosse Schw ierigkeiten, weshalb immer neue Stockungen eintraten. Auch an eigenmächtigen Eingriffen von seiten des A d els w ie der Städte feh lte es nicht, bis das Ganze durch die Kirchenordnung von 1536 w ie die Kastenordnung vo n dem selben Jahr auf eine feste gesetzliche Grundlage gestellt wurde. D ie A k te n umfassen drei Stufenreihen. Die erste stellt die Zahl der Geistlichen fest, die g e w illt waren, der neuen Leh re anzuhangen. Die zw eite beschreibt die einzelnen Pfründen mit ihrem 'beweg­

lichen und unbeweglichen Besitz, ihren Rechten, ihren Ein­

künften und ihren Verpflichtungen. D ie dritte gib t die Kirchenvisitation im eigentlichen Sinn des W ortes w ieder, zählt die neugläubigen Priester auf und beurteilt ihre p er­

sönlichen Verhältnisse w ie ihre amtlichen Fähigkeiten in Kirche, Schule und Gem einde. Rauscher konnte sich auf manche ältere und neuere V orarbeit stützen. Von diesen nennen w ir bloss d ie gründlichen Untersuchungen von V. Ernst über „d ie Entstehung des württembergischen K ir- chenguts‘ ‘. A bgeseh en hiervon gelang es ihm aber, eine ganze Zahl bisher nicht bekannter Visitationsakten zu ent­

decken und dadurch das Gesam tbild d er reform atorischen A nfänge im Herzogtum W ürttem berg ebenso zu erw eitern Wie zu bereichern. Zu ihrem näheren Verständnis dient eine umfangreiche Einleitung, die sich durch sichere Lin ien ­ führung, glückliche Zusammenfassung der einzelnen V o r­

gänge und klare Herausstellung der in Frage kommenden Problem e auszeichnet. Ein zw eiter Band soll in Bälde nachfolgen. Er w ird sich m it der eigentlichen Gründung der württembergischen Landeskirche durch H erzog Chri­

stof und seinen geistlichen Berater, Johannes Brenz, b e ­ schäftigen. Hoffentlich w ird er so rechtzeitig erscheinen, dass er für das vierhundertjährige R e fo rm a tio n s ju b ilä u m unserer Landeskirche im nächsten Jahre bereit liegt.

D. W i 1 h. G u s s m a n n , Stuttgart.

Frör, Kurt (Inspefktor am Predigersem inar in Nürnberg), Evangelisches Denken und Katholizismus seit Schleier- macher. (Forschungen zur Geschichte und Leh re des Protestantismus V, 2.) München 1932, Chr. Kaiser.

(261 S. gr. 8.) 6 RM , Subskr. 4.50 RM .

Die umfassende Geschichte der neueren T h eologie ist bekanntlich trotz Frank und Seeberg noch nicht geschrie­

ben. iEs ist deshalb ein .grosses Verdienst der Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus, dass sie immer w ieder Bausteine dazu liefern. D er Beitrag Frörs erstreckt sich so m öchte man den T ite l schier Uml­

ändern — auf die Geschichte des konfessionellen Problem s seit Schleiermacher. Abgesehen von den Problem stellun­

gen der Einleitung b ietet F rör durchweg Geschichte; auch im Schlussalb schnitt ,,Zur W esensbestimmung des K a th o li­

zismus ', w o er die ihm offenbar am nächsten stehenden Theologen d er neuesten Zeit zu W o r te kommen lässt. Der erste G riff in das grosse G ebiet (das V erzeichnis d er zitier­

ten Literatur umfasst über 160 Nam en) konnte naturgemäss noch «keine eigentliche Entwicklungsgeschichte bringen.

A b e r eindringlich w ird der Kam pf des romantischen Indi­

vidualismus, des idealistischen Evolutionismus, des re li­

gionsgeschichtlichen Historismus gegen die reform atorische Haltung geschildert. M it unermüdlicher D ialektik und un­

bestechlichem Scharfsinn geht der Verfasser den m erk­

würdigen Verbindungen nach, die bei so vielen Denkern des 19. Jahrhunderts von der U nfähigkeit zu letzter bib ­ lischer Entscheidung zur protestantischen K ritik hinüber­

führen (dieser letz te re B egriff w ä re an zahlreichen Stellen dem B egriff ,,reform atorische Haltung“ vorzuiziehen). B e­

sonders überzeugend sind die Ausführungen über S chleier- macher, der sich auch auf diesem Gelbiet als ein rechter ,,Schleier “ -M acher bew ährt (vergl. S. 41), dann über Schelling, über Troeltsch. Unanfechtbar ist die K ritik an Seeibergs Versuch, das konfessionelle Problem mit Völkerpsycholo<gie zu meistern. — D er L ese r d er G egen ­ w art w ird audh b ei diesem Ausschnitt aus dem kirchlichen Denken des vorigen Jahrhunderts erschrecken über die Knochenerweichung des Wahrheitslbegriffes, die in unserer K irche damals aufkam, und sich freuen über die prinzipielle Besinnung, d ie die neuere Zeit gebracht hat und aus d er auch F rör schreibt. Das Buch ist lehrreich und verarbeitet viel sonst nirgends herangezogenen Stoff.

W i 1 h e 1 m F. S c h m i d t , W echingen.

Kiefer, Robert, Dr. theol. (Pfarrer), Die beiden Formen der Religion des Als-Ob. (Bausteine zu einer Ph ilo­

sophie des A ls-O b. Neue Folge, H eft 4.) Langensalza 1932, H. B eyer & Söhne. (155 S. 8.) 6 R M .

Es ist das Problem des Fiktionalismus, d. h. der A n ­ nahmen, die w ir zu bestimmtem (theoretischem oder prak­

tischem) Zw ecke machen, und seiner Bedeutung für die Theologie, dem unser Buch im Anschluss an Vaihingers Als-O b-Philosophie nachgeht. D er Verfasser unterscheidet eine m ildere und eine radikalere Form von A ls-O b- Religion. D ie erstere w ill den Glaubensaussagen zw ar keinen eigentlichen Erkenntniswert zubilligen, w ill ihnen aber doch ihre Beziehung auf R ealität nicht bestreiten; die letztere, die viel konsequenter ist, lässt d ie Glaubenswelt eine bewusste Selbsttäuschung des 'Gläubigen sein. Die erste lässt er an D e W ette , die zw eite an O verbeck orien­

tiert sein. Recht interessant ist w e ite r das, w as der V e r ­ fasser als populäre R eligion des A ls-O b bezeichnen möchte, wenn er darunter die m oderne Christlichkeit versteht, die

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ihm im V ergleich mit dem Urchristentum als A b fa ll er­

scheint.

D er Verfasser selbst w ill sich auf den Boden der mil­

deren Form des religiösen Fiktionalismus stellen. Nun ist sicher richtig, dass der Sym'bolcharalkter vieler religiöser Aussagen gewisse fik tive M om ente niemals verleugnen kann. A b e r dieses F ik tiv e darf niemals zum Prinzip er­

hoben werden, w ie es doch auch die m ildere Form des Fiktionalismus tut; denn damit ist jede G renze gegenüber dem radikaleren Fiktionalismus und d. h. doch gegenüber jeder im Grunde areligiösen Einstellung verw ischt.

R o b e r t J e 1 k e , H eidelberg.

v. Tiling, Magd., D., Grundlagen pädagogischen Denkens.

Stuttgart, Steinkopf. (240 S. 8.) Kart. 4.20 Rm.

D ie Auswirkung der dialektischen T h eologie auf das G ebiet der Erziehungslehre ist hier form vollendet zur D ar­

stellung gebracht. Das Buch w ird von der Frontstellung gegen die bisher massgebende idealistische Auffassung vom Menschen beherrscht. Es w ird als der Irrtum schlechthin angesehen, dass bei ihr der Mensch an und für sich, als der einzelne in seiner Freiheit, mit der M öglich keit der selbständigen Entscheidung für „Das G u te“ , in den M itte l­

punkt gestellt wird. Diese Auffassung führt an der W ir k ­ lichkeit, die zum methodischen Grundsatz gemacht wird, vorbei. D ie W irk lich k eit zeigt den Menschen in ständiger Bezogenheit auf andere Menschen. Es ist mit G ogarten zu sagen: dass der Mensch nur existiert als der sein Sein vom anderen Nehmende. In den „Ordnungen“ (Ehe, Fam ilie, Schule, Handwerk und als höchste, alle anderen Ordnun­

gen umfassende, der Staat) ist das Zueinandergehören b e ­ stimmter Menschen vorgezeichnet und festgelegt. H ier muss ein ganz bestim m tes Tun, das W erk , getan w erden; hier ist A u to ritä t n o tw e n d ig und möglich; hier muss einer dem anderen geben, was ihm gebührt, seine Ehre; hier spricht, wenn der Sinn der Ordnungen gefährdet wird, das G ew is­

sen. Das letztere ist keine im Menschen von Natur aus vorhandene, ein U rteil bildende Fähigkeit, also nicht etw a der göttliche Funke, sondern es ist erst auf Grund eines:

das tut man oder das tut man nicht, zu einer solchen heran­

gebildet worden.

Im V e rfo lg dieser Grundansichten w ird Erziehen als das W e rk betrachtet, das in der Seinsverbundenheit von E r­

ziehern und Kindern gefordert w ird und w ird dahin gehend gekennzeichnet; ©s sei ,,alles, was in der Verbundenheit von E rzieher und Zögling dazu dient, vom Erwachsenen her auf die Person des Kindes, auf seine Gesam tentw ick­

lung und Entfaltung bestimmend einzuwirken, mit dem Ziel, das Kind seiner eigenen G esetzm ässigkeit entsprechend, in der Richtung des Erwachsenwerdens zu fö rd ern “ (S eite 133).

Es handelt sich dabei um Tatbestände, die allen Menschen zugänglich sind, sofern sie bereit sind, -unter V erzich t auf Ideen und Ideologien die eigentliche W irk lich k eit des Menschen zu bejahen. Es w ird A u fgabe der K irch e sein, „in der Predigt des Gesetzes, indem sie den Schöpferw illen G ottes und die Übertretung desselben vo r den Menschen stellt, diese W irk lich k eit des Menschen in seiner existen­

tiellen Verbundenheit mit dem anderen Menschen aufzu­

decken “ (Seite 210). Darüber hinaus w ird evangelische E r­

ziehung die A u fgabe der Verkündigung haben, die vo n dem Anspruch Gottes an den Menschen als an sein Geschöpf und vo r dem Nichterfüllen des Anspruches des anderen Menschen als Sünde gegen G o tt (sonst nur als „S töru n g“

erfahren) und von der Vergebung in Jesus Christus redet.

Diese Verkündigung w ird ihre Bedeutung für den E rzieher haben, der sein W e rk nur unter der Vergebung, aber dann auch aus ihr heraus ganz getrost tun kann. Für das Kind und den Jugendlichen hat die Verkündigung die Bedeutung, dass sie zum Glauben an G ott führen w ill, sie muss zeigen,

„dass es in der Glaubensfrage nicht um weltanschauliche Auseinandersetzungen, sondern um eine Entscheidung für oder gegen G ott ist, auch eine Entscheidung für oder gegen den Bruder ist“ (Seite 237). Dabei ist aber zu beachten, dass die Entscheidung des Kindes und des Jugendlichen an die Menschen gebunden bleibt, die ihm A u torität sind.

Darin unterscheiden sich Kind und Jugendlicher vom E r­

wachsenen. dass sie „in keiner W eise imstande sind, ihr eigenes Sein selbst zu halten, zu tragen, zu erfüllen“ , sie sind darauf angewiesen, von den Eltern und Erwachsenen getragen zu w erden (S eite 100).

H ier w ird nun freilich ein Bedenken nicht zu unter­

drücken sein. Ist die Begriffsbestimmung von Kind und E r­

wachsenem, die, w ie oben schon erwähnt wurde, für den Erziehungsbegriff Frau v. Tilings massgebend ist, nicht eine sehr w illkürliche? Ist sie auf dem W e g e der W irk lich k eits­

erfassung gewonnen oder steht hier nicht vielm ehr eine doch dem Idealismus entstammende Entwicklungsan­

schauung im Hintergrund? B leiben denn nicht in der W ir k ­ lichkeit vie le Menschen zeit ihres Lebens in einem G etra ­ genw erden etw a durch ihre Klasse, durch ihre Partei, durch ihre K irch e? Und w ird nicht andererseits auch schon dem Kind und noch w eit mehr dem Jugendlichen w irklich selbständige Entscheidung oft a'bzuverlangen sein? Frau v. Tilin g kennzeichnet den Erwachsenen dahin, dass er selbständig und in eigener Verantw ortung die Seinsverbun­

denheit übernehmen kann und muss. Es w ird von ihr dabei zw ar ausdrücklich gesagt, dass diese Selbständigkeit nicht die des schöpferischen und selbstherrlichen Menschen oder, besser gesagt, der freien Persönlichkeit sei, aber er muss doch „für sich selbst einstehen". Diese Erkenntnis und A n ­ erkenntnis auch w irklich herbeizuführen und gleichzeitig zu verhindern, dass darüber die Gebundenheit der Existenz an den anderen ihm gegenüber gestellten Menschen v e r ­ gessen w ird, ist doch auch A u fga b e der Erziehung. H ier kann z. B, von Pädagogen w ie Künkel manches gelernt werden. Es ist damit überhaupt an die Frage gerührt, ob nicht nun, als Reaktion gegen die idealistische Vergötzung der freien Persönlichkeit, in dieser hier vertretenen R ich ­ tung der evangelischen Pädagogik das Pendel zu sehr nach der anderen Seite ausschlägt. Ist w irklich mit der „ E r ­ ziehung zum Stehen in seiner Ordnung“ alles gesagt? Es ist z. B. auch bezeichnend, w ie deshalb in dem K a p itel „D ie Führung des Jugendlichen zum Erwachsensein“ die nicht gegebenen, sondern freigew ählten „Ordnungen“ der Freundschaft und der Jugendgruppe entschieden zu kurz kommen und für die Bedeutung der Zucht, w ie sie etwa beim Sport zutage tritt, w enig Verständnis vorhanden ist.

Eine Anm erkung auf Seite 190, die davon redet, dass es auch in dem mit der Existenz gegebenen Verhältnis zur Natur ein Erfüllen und V erfeh len des Seins gibt, lässt er­

kennen, dass die Verfasserin hier selbst eine gedankliche W eiterführung für notwendig hält. A nsätze dazu liegen aber auch in dem, was sie in K a p itel 2 über die Geschlechter schreibt. Zw ar w ird auch hier alles aus der Bezogenheit der beiden G eschlechter zueinander entwickelt. Es ist aber hier offenkundig die Bezogenheit eine andere als w ie bei den Ordnungen, nämlich nur eine grundsätzliche, nicht eine in der W irklich keit festgegebene, denn das würde hier doch

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nur die Ehe sein. Um die Eigenart der beiden Geschlechter darzutun, verw en d et sie eine Psychologie, die nun doch w ieder den Menschen für sich nimmt und ein In- und M it­

einander von Leib, Geist und S eele verm erkt, w ob ei bei dem Mann das geistige, bei der Frau das seelische Leben vorschlagen soll (S eite 63). W as dann darüber im Einzelnen ausgeführt wird, reizt zu einer w eiteren Durcharbeitung und w ird v ie l Stoff zum Durchdenken des gerade jetzt w ieder in den Vordergrund der Erörterung tretenden G e ­ schlechterproblem s geben. A b e r all dies gehört doch v ie l­

mehr in das G ebiet der individuellen Ichgestaltung, der

„B ildung” , von d er Frau v. Tilin g auch in einem Kapitel, wenn auch unter Vermeidung dieses Ausdruckes, aber doch ganz positiv w ertend spricht, und sollte nicht in das Sche­

ma der Bezogenheit gepresst werden. — Das A und 0 des Buches bleibt freilich und tut bei der gegenw ärtigen Lage auf dem G ebiet der Erziehungswissenschaft recht daran, dass die Seinsverbundenheit mit den anderen Menschen — und zw ar nicht die freigew ählte, sondern die verordnete, vor allem die Urordnung M utter-Kind, Eltern-Kind — als der Ausgangspunkt alles rechten pädagogischen Denkens, als die eigentliche Grundlage efkannt und ausgewertet und jeder isolierten Betrachtung der menschlichen P e r­

sönlichkeit nachdrücklich begegnet wird.

B o d e n s t e i n , Dresden.

Quittschau, Ewalt, Das religiöse Bildungsideal im V or­

märz« Ein Beitrag zur Geschichte des Seminarunter­

richts in Preussen. Gotha 1931, L. K lotz. (V III, 333 S.

gr. 8.) 10 Rm,

Das Buch, aus besten archivalischen und anderen Quellen (s. den Anhang S. 271— 330) erwachsen, führt unter dem religiösen Sehw inkel die Forschungen w eiter, die Gunnar Thiele, K a d e u. a. für die Zeit der grossen preussischen Schulreform veröffentlicht haben. Es bringt aus den A k te n des Staatsarchivs, des Hausarchivs und des Kultusministeriums für die Z eit von 1817— 1840, die Qu.

mit dem Nam en „Restau ration“ erfasst, einen Beitrag zu der Frage nach dem Ziel der Lehrerbildung, und die E r­

gebnisse sind gleich interessant als Bild einer zw ar v e r ­ gangenen, aber in ihren Nachwirkungen noch deutlich spürbaren Epoche w ie als Richtgebung für die Lösung der Problem e „Volksbildu n g“ und „Leh rerbildu n g“ in der G egenw art. Gärung w ar damals w ie heute die Signatur, und wenn man aus den Käm pfen jener Zeit eine Lehre ziehen darf, zu der die Durchschau Anlass gibt, so ist es die, dass die M öglich keit echter evangelischer Erziehung nicht an der äusserlichen Sättigung des Religionsunter­

richts mit Stoff, Stundenzahl, lehrhafter oder erbaulicher Behandlung hängt. W e il jener Zeitabschnitt des eigentlich religiösen Grundcharakters oder wenigstens der impuls­

stark die Lebensgebiete gestaltenden religiösen K rä fte ent­

behrte, darum konnten auch die Seminare, trotz der b e­

tont zentralen Stellung des Religionsunterrichts, kein klarer, christliches Bildungsziel enthalten oder verfolgen.

Selbst keine religiöse Bewegung sondern eine kom plexe geistige Erscheinung, bediente sich die Restauration der neu erwachten Glaubenskräfte als eines M ittels zur E r­

reichung ihrer übergreifenden staats- und kulturpolitischen Zw ecke und fand in der Erziehung zum „Gehorsam und zur Demut als dem Lehrerethos den Sinn des R.-U.s im Seminar. Gewiss ist die „restaurative Päda gogik ’ nicht denkbar ohne das Elem ent strenger Bibelgläubigkeit, aber die Vermischung dieser Rechtgläubigkeit mit sozialpädago­

gischen Interessen, um nicht zu sagen mit der Staatsräson, bricht dem Bemühen dieser Epoche um ein neues, einheit­

liches, religiös bestimmtes Bildungsideal das Rückgrat und verm ag dem neuandrängenden Geist der Aufklärung und der W eltlich k eit nicht zu wehren. W ie denn auch diese Entwicklung zuletzt in den Geist der R egu lative aus­

mündet. Von hohem Interesse, zum T e il auch von neuer Schau ist die Zeichnung einer R eihe zeitgenössischer V o r­

gänge und Personen aus den Stücken: so die Käm pfe um Harnisch, um Diesterweg, die W irksam keit Fr. L. Zahns, die Konversion Beckedorffs, das Verhältnis von Schule und Kirche oder Pfarrerstand und Lehrerbildung. M eth o ­ disch w äre es für das Verständnis des Durchschnittlesers wohl leichter gewesen, wenn der Sinn des Sam m elwortes

„Restauration“ nicht erst in dem drittletzten K a p itel „D ie weltanschaulich-religiöse Z eitla g e“ gedeutet wäre, da die Unterscheidung der Reform - und der Restaurationsepoche innerhalb der preussischen Schulgeschichte die geistige Haltung des Buches von vornherein bestimmt. Der Ü ber­

sicht und der Durchdringung des reichen und anziehenden Stoffes würden Sperrdruck und Sachregister dienstlich sein. Der Verfasser hat es verstanden, aus der Fülle des M aterials das bew egte Bild jener Zeit lebendig zu machen, und hat damit einen Baustein zugerichtet für eine A llg e ­ meingeschichte der preussischen Lehrerbildung.

0 . E b e r h a r d - Hohen-Neuendorf bei Berlin.

Vogel, Heinrich, Gottes Hoffnung am Sarge. Eine W e g ­ weisung für den Prediger. (Kirche und Gegenwart, herausg. v. D. H. R endtorff u. D. E. Stange, Lieferung 15.) Dresden 1932, C. Ludw ig Ungelenk. (116 S. 8.) 4.50 RM .

W ie ein W irb e l sturm fährt die tem peram entvolle Schrift von V o g el in die Praxis der Leichenreden, w ie sie weithin geübt wird. Die Gefahr ist für die R ed e am Sarg immer gross, dass sie zur „religiösen Leich en red e“ wird, dass sie ins Psychische abgleitet, anstatt Botschaft von Christus zu sein. V o gel erschöpft sich aber nicht nur im Kritisieren,

— w ob ei er allerdings kein e Schonung kennt — , sondern gibt auch praktische Winike, w ie die Botschaft von Chri­

stus angesichts der M acht des Todes zu verkünden ist. Die Christologie und Soteriologie, die in diesem Buche ent­

w ick elt werden, gehören zu seinen besten Stücken. In dem K ap itel „nicht Fortleben, sondern Auferstehung, nicht Unsterblichkeit, sondern ew iges L eb en “ bestreitet der Verfasser jegliche Kontinuität zwischen dem Erdenleben und dem künftigen Leben in der E w igk eit und w a gt sich bis zu Behauptungen vor, bei denen der von ihm schwer angegriffene D. Schow alter in H eft 9 der Pastoralblätter 1932 ihm hart zusetzen kann.

Die Schrift ist insofern bem erkenswert, als sie den Versuch einer konsequenten Anwendung der Gedanken der dialektischen Theologie in Bezug auf die Fragen b e­

treffs Zeitlichkeit und Ew igkeit, T o d und Auferstehung

darstellt. L a n g e , Dresden.

Wissmann, Erwin (Liz. theol.), Katechismusunterricht nach Luthers K leinem und Grossem Katechismus (1.

bis 3. Hauptstück) unter Wahrung d er Forderungen der Arbeitsschule, der Jugendpsychologie und einer Pädagogik des Glaubens. Giessen 1932, Töpelmann.

(XII, 175 S. gr. 8.) Kart. 4 Rm,

Der Katechismus als Hilfsbuch der Jugendunterweisung befindet sich seit seinem Jubiläum (1929) in aufsteigender

Cytaty

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geschrieben hat. Über das A lte r und die Herkunft dieser benutzten lateinischen Übersetzung ist uns aber keinerlei Nachricht erhalten, und rätselhafterw eise