• Nie Znaleziono Wyników

Paulusbriefe als Diskurs : zur pragmalinguistischen Analyse der paulinischen Texte

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Paulusbriefe als Diskurs : zur pragmalinguistischen Analyse der paulinischen Texte"

Copied!
34
0
0

Pełen tekst

(1)

Urszula Topczewska

Paulusbriefe als Diskurs : zur

pragmalinguistischen Analyse der

paulinischen Texte

Collectanea Theologica 71/Fasciculus specialis, 67-99

(2)

C o lle c ta n e a T h e o lo g ic a A 71. F a sc . sp e c ia lis 2001 URSZULA TOPCZEWSKA

PAULUSBRIEFE ALS DISKURS. ZUR PRAGMALINGUISTISCHEN ANALYSE DER PAULINISCHEN TEXTE

D ie briefliche K om m unikation hat eine weit in die A ntike h ine­ inreichende T radition. D ie T radition entwickelte sich in zwei R ich­ tungen: Einerseits fand der B rief allmählich im m er größere A n ­ w endung als G ebrauchstext (in F unktion von Petition, M em oran ­ dum, Em pfehlungs-, M ahnungs-, Anweisungs oder M itteilung­ stext, selbst verschiedene H andelsvertäge sind als Briefe ver­ faßt worden), andererseits etablierte sich die B riefform bei solchen A utoren wie Platon, Epikur, H oraz und Seneca zu ein er literari­ schen G attung. Briefe bildeten aber im G runde genom m en eher eine R anderscheinung in d er schriftstellerischen Tätigkeit der m ei­ sten A uto ren d er vorchristlichen A ntike; erst bei frühchristlichen A utoren kom m t d e r Briefform eine besondere Stellung zu.

D ie christliche B rieftradition beginnt eigentlich m it dem A p o ­ stel Paulus1, der sich ausschließlich der Briefform bediente, wenn er seine G edanken schriftlich verfassen wollte. E r fing m it der für das A ltertum im allgem einen unkonventionellen Anw endung der brieflichen K om m unikation an, indem e r die Briefe zur V e r­ breitung religiöser Inhalte und zum Teil auch zu einer religiösen Polem ik nutzte. Zw ar w urden im griechischen K ulturkreis bereits früher Beispiele für eine A nw endung von Briefen in einer ideologi­ schen oder politischen A useinandersetzung bekannt, wie es der Fall von A ristoteles’ Briefen zeigt2, doch im Prinzip w aren Briefe in

1 Stow ers w eist d a ra u f hin, indem e r b e to n t: „Paul, the H ellenistic Jew , provided th e m ost im p o rtan t m odels for C h ristian letters un til G regory o f N azianzus and Basil b eco m e th e m ost im itated le tte r w riters in th e B yzantine ch u rch ”, S.K. S t o w e r s , Letter Writing in Gre­

co-Rom an A n tiq u ity , P h ilad elp h ia 1986, S. 41

2 N äh eres zu r E n tsteh u n g sg e sch ich te d e r u n s b ek an n ten aristotelischen B riefe vgl. H. K o s k e n n i e m i , Studien zu r Idee U nd Phraseologie des griechieschen Briefes bis 400 n.

(3)

der hellenistischen K ultur als A usdruck freundschaftlicher Bezie­ hungen zwischen B riefabsendern und -em pfängern angesehen3. Zugleich ist aber festzustellen, daß, w ährend sich der Brief als selbständige literarische G attung durchsetzte, er nicht nu r ver­ schiedene form ale A usprägungen erfuhr (als Epistel, Briefgedicht, Briefrom an oder M innebrief), sondern daß sich auch die pragm ati­ sche Funktion der Brieftexte änderte. D am it w urden sowohl neue B riefarten wie auch neue Typen brieflicher Diskurse erzeugt. E iner von ihnen begann gerade m it den Paulusbriefen, deren funk­ tionale B esonderheiten im folgenden e rö rtert w erden sollen.

D e r D iskurs-Begriff ist hier w eder im philosophischen Sinne (wie z.B. bei H aberm as) noch im literaturw issenschaftlichen Sinne (etwa als auktorialer Diskurs) gem eint, sondern als ein durchaus genuin sprachwissenschaftlicher Term inus b ed eutet er hier jed e Form d er sprachlichen Interaktio n (also nicht nur die m ündliche - wie es in den konversationsanalytischen A rbeiten häufig beh aup tet w ird), die sowohl im privaten als auch in einem institutioneilen B e­ reich au ftreten kann4. D e r Diskurs läßt sich somit als die V erw en­ dung von Sprache in einer sozialen Interak tio n definieren, wobei auch jed e potenzielle interaktive Sprachverwendung (wie etwa ein M onolog) hier m itgem eint ist.

W enn D iskurse genauso wie Texte auf alle m ündlichen als auch auf die schriftlich fixierten Spracherscheinungsform en angewendet w erden, b ed eu tet dies nicht, daß die beiden Term ini in der Lingu­ istik synonymisch oder abwechselnd gebraucht w erden können. D e r entscheidende U nterschied zwischen ihnen liegt in verschiede­ n en U ntersuchungsperspektiven, die sie im plizieren. D ie Texte k önnen auch isoliert untersucht (die sog. textim m anente Analyse) o d er aus dem Standpunkt eines historischen bzw. eines intertextu- ellen Sprachvergleichs erforscht w erden. D er D iskurs-Term inus fo rd ert dagegen im m er das Einbeziehen eines kom m unikativen R ahm ens in die linguistische Analyse. D en kom m unikativen R a h ­ m en eines Textes bildet zum einen d er soziokulturelle Kontext, in

3 F ü r D e m e t r i u s , d e r in D e elocutione libellus, S tu ttg a rt 1967, S. 223-235 seine b rief­ th e o re tisc h e n Ü b erleg u n g en g e ä u ß e rt hat, ist B rie f im m er ein F reu n d sch aftsb rief.

4 Z u versch ied en en A nsätzen e in e r D iskurslinguistik vgl. G . B r i i n n e r , G . G r a e f e n ,

Einleitung: Z u r Konzeption der F unktionalen Pragm atik, in: ders., Texte u n d Diskurse. M etho­ den und Forschungsergebnisse der Funktionalen Pragmatik, O p lad en 1994.

(4)

dem der Text entstanden ist, d.h. seine Intertextualität im breite­ ren, auch kulturellen Sinne5 sowie das soziale R ollenverhalten6 des Textproduzenten und seiner R ezipienten; andererseits gehört hie­ rzu der situative K ontext (d.h. die zeitlich-räum liche Situiertheit) der durch den Text hergestellten K om m unikation7. N eu bert kon n­ te daher vom Diskurs als textueller Kom m unikation (d.h. K om m u­ nikation m ittels Texte) sprechen8 und ihn die höchste linguistische Einheit nen nen 1’, als e r diesen m ethodologischen U nterschied zwi­ schen einer Diskursanalyse und Textanalyse (ferner zwischen D i­ skurs- und Textlinguistik) explizit zum A usdruck bringen wollte.

Indem die D iskursforschung Strukturen und O rganisations­ prinzipien der sprachlichen K om m unikation in ihrem breiten kon- textuellen Z usam m enhang untersucht, zielt sie auf die Feststellung von konventionalisierten R egularitäten und w iederkehrenden sprachlichen M ustern (D iskursarten), die in den jeweiligen Sprech­ handlungen (D iskurstypen) verw endet w erden. E ntsprechend geht es im vorliegenden A ufsatz um eine D arstellung der in d er helleni­ stischen A ntike vorkom m enden Brieftypen (und zwar un ter Berücksichtigung eines b reiten soziokulturellen H intergrunds), um dann den kulturellen E rfahrungshorizont Paulus zu skizzieren und die paulinischen Briefe m it den dam aligen konventionellen M u­ stern brieflicher K om m unikation zu konfrontieren.

Die Epistolographie im griechisch-römischen Mittelmeerraum In der griechisch-röm ischen W elt w aren Briefe das einzige M it­ tel d irekter K om m unikation zwischen entfernt voneinander leben­

5 Z u m a l eigentlich in je d e m T ext (in d e r F o rm wie auch im In h alt) k u ltu re lle E rfa h ru n ­ gen seines A u to rs zum A u sd ru ck kom m en.

6 U n te r sozialer R o lle ist h ier die aus dem sozialen S tatus ein er P erson resu ltie re n d e , im gegebenen K o m m u n ik atio n sak t für je d e n K o m m u n ik atio n sp artn er jew eils n e u ak tu alisierte soziale P o sitio n (wie etw a V a te r, G esch äftsm an n , L e h re r u.ä. - je n ach d em , m it wem und u n ter w elchen B e dingungen die K o m m u n ik atio n sta ttfin d e t) zu v erstehen. A u f die soziale R olle lassen sich z.B. m an ch e variable (eben ro lle n g esteu erte) A u sp räg u n g en d es individu­ ellen Stils zu rü ck fü h ren .

7 In d e r historisch-kritischen E xegese w u rd en diese k o m m u n ik atio n srelev an ten F a k to re n als „Sitz im L e b e n ” ein ig erm aß en erfa ß t.

8 Vgl. A . N e u b e r t Diskurs über den Diskurs. N eue D enkanstöße in der Sprachwissen­

schaft oder zu r G egenstandbestim m ung in der Linguistik, B erlin 1987, S. 8.

(5)

den Personen, und wie die reichen F u n de von Briefen auf Papyrus beweisen, war der Briefwechsel bereits vom Beginn der hellenisti­ schen Z eit an keine Seltenheit. D ie ältesten Papyri bezeugen so­ wohl die Geschäfts- und A m tskorrespondenz als auch die private B riefkom m unikation10. E inen regen Briefverkehr brachte aber wohl erst die hellenistische Zeit.

A uch in den u n teren sozialen Schichten gehörte dann die briefli­ che K om m unikation zur gewöhnlichen Alltagspraxis. A nlaß zum B riefschreiben gaben selbst die einfachsten Bedürfnisse des L e­ bens wie H andelsgeschäfte, A ngelegenheiten des Privathaushalts, Sorge um abwesende A ngehörige u.ä. Briefe w urden geschrieben, weil sie von A dressaten gewünscht w aren oder sie entstanden aus eigenem W illen des Briefschreibers, um dem A dressaten eine N achricht, einen R a t oder eine Belehrung zukom m en zu lassen11.

D en Privatbriefen12 gegenüber stehen die sogenannten offenen o der öffentlichen Briefe, die von Staatsm ännern, Philosophen oder R h e to re n an eine m ehr oder weniger b reite Ö ffentlichkeit (m ei­ stens an die Städte) geschrieben w urden und die aktuellen öffent­ lichen A ngelegenheiten zum T hem a hatten. Sie w aren von Anfang an nicht n u r für ihre A dressaten, sondern für einen größeren Em pfängerkreis bestim m t und da sie sich dem konventionellen R ahm en der B riefkom m unikation entzogen haben, w urden sie von D eissm ann13 auch „unechte Briefe” genannt (im U nterschied zu den „echten” Privatbriefen).

E ine d ritte G ruppe der antiken Briefe bilden die literarischen Briefe (auch K unstbriefe oder Epistel genannt), die hauptsächlich im H inblick auf eine mögliche bzw. beabsichtigte V eröffentlichung entstanden (z.B. die lebendigen, aber auch bewußt stilisierten

10 Vgl. dazu H . К о s к e η η i e m i, Studien zu r Idee Und Phraseologie des griechieschen Brie­

fes, S. 18.

11 Vgl. H . P r o b s t , Paulus u n d der Brief, T üb in g en 1991, S. 102).

12 M it dem T e rm in u s w erden m eistens alle G eschäfts-, F am ilien-, ab er auch A m tsb riefe g en an n t, weil sie d ie K o m m unikation zwischen E in z elp erso n en au sm achten. D a z u zählt m an auch d ie sog. philosophischen B riefe (von P hilo so p h en an ih re S chüler b etr. v ersch ie­ d e n e r U n te rrich tsan g eleg en h eiten geschrieben), die ihrem p rim ä ren p rag m atisch en Zw eck nach auch im R a h m e n e in er solchen K o m m unikation ste h en , vgl. D . T r o b i s с h, Die Entste­

hung der Paulusbriefeansammlung. Studien zu den A nfänger christlicher Publizistik, G ö ttin g en

1989, S. 85.

15 Z u r U n te rsc h e id u n g von P riv a tb rief u n d öffentlichem B rief vgl. A. D e i s s m a n n , P ; o -

(6)

Briefe Senecas, Plinius oder H eroides). Zu einer literarisch b e­ nutzten Form w urde der B rief bereits in der hellenistischen Zeit und m ußte sich auch im folgenden einer gewissen Beliebtheit e r­ freuen, w enn sogar philosophische A bhandlungen in Form der K unstbriefe geschrieben w urden (das bekannteste Beispiel dafür stellen A d L ucilium epistulae morales von Seneca dar). Eine A bart literarischer Briefe bilden die sogenannten fiktiven Briefe (oder Fälschungen), die im A ltertum (aber auch später) u n ter dem N am en einer berü hm ten historischen Persönlichkeit verfaßt und m eistens auch an fiktive A dressaten gerichtet w orden sind 14.

Bei der U nterscheidung dieser drei oben genannten B rieftypen15 bedient m an sich eines funktionalen Kriterium s, das zum einen auf die B edingungen d er jeweiligen kom m unikativen Situation zurückgeht (Privatbrief m ußte wesensmäßig verschickt w erden; of­ fener B rief konnte vom Schreiber dem A dressaten auch persönlich überreicht w erden, ohne daß die Funktion des Briefes dadurch geändert wurde; bei K unstbriefen war die Ü bergabe unwichtig, wenn auch nicht sogar unm öglich16), und zum anderen sich auf die A rt d er im B rief verm ittelten Inform ationen bezieht (die v o rü ber­ gehend bedeutsam en und für Einzelem pfänger bzw. für einen b e­ grenzten E m pfängerkreis gültigen Inform ationen kennzeichnen den Privatbrief, die überzeitlichen und ganze G enerationen ange­ henden T hem en sind d en K unstbriefen oder E pisteln eigen, und die Schnittstelle dazwischen ist den offenen Briefen zuzuweisen).

W as die binäre Unterscheidung zwischen Privatbrief und Epistel anbelangt - so wie sie von Deissmann vorgeschlagen wurde - wird sie heutzutage meistens abgelehnt17. Bereits W endland hat darauf auf­ merksam gemacht, daß die Grenzlinie zwischen „echtem B rie f’ und Epistel nicht zu scharf gezogen werden dürfe18. Thraede wirft

Deis-14 D ie F ik tiv ität w ird in d e r m o d e rn e n L iteratu rw issen sch aft ein d eu tig zu d e n L iterari- zitätsm erkm alen gezählt.

b D ie U nterscheidung geht a u f O. R o 11 e r, Das Formular der paulinischen Briefe: Ein B ei­

trag zu r Lehre vom antiken Brief, S tu ttg a rt 1933 zurück, w obei R o ller noch ein e v ierte G ru p ­

pe d e r in B riefform ab g efaß ten U rk u n d e n von a n d eren G esch äftsb riefen abgrenzt. 16 Vgl. d azu D . T r о b i s с h, D ie Entstehung der Paulusbriefeansammlung, S. 87.

17 Vgl. ih re kritische D a rste llu n g aus exegetischer Sicht in W. G . D о t y, Letters in Primiti­

ve Christianity, P h ilad elp h ia 1983, S. 183-192.

18 Vgl. P. W e n d 1 a n d, Die hellenistisch-römische K ultur in ihren Beziehum gen zu Judden-

(7)

smann vor, er werte als Mischform und „Entartung des Briefes” gera­ de das ab, was in der Antike als „Epistolographie im eigentlichen Sin­ ne galt: den Freundschaftsbrief, der weder „rein” literarische Form noch „rein” sprudelnde Natürlichkeit” ist19. Kritikbedürftig sind je­ doch vor allem Kriterien, nach denen Deissm ann seine U ntersche­ idung durchführen wollte: D er Privatbrief sei rein persönlich, unlite­ rarisch, unkünstlich, „wirklich”, spontan geschrieben, um konkrete Inform ationen mitzuteilen; Epistel sei unpersönlich, literarisch, künstlich, konventionsmäßig und für die Nachwelt geschrieben2". Ko- skenniemi hält diese Gegenüberstellung von antiker Epistel und anti­ kem Privatbrief für inadäquat, weil sie eben in der Antike so gut wie unbekannt war. Im A ltertum sollen die G renzen zwischen privatem Schriftstück und Literatur viel fließender gewesen sein als in den Z ei­ ten des Buchdrucks. Folglich sind nicht alle an die Öffentlichkeit ge­ richteten Episteln auch veröffentlicht worden, und um gekehrt wur­ den rein „private” Briefe berühm ter A utoren zu ihren Lebzeiten oder nach ihrem Tode herausgegeben. G erade bei solchen A utoren wie Platon, Aristoteles, Epikur oder Plinius entstanden viele, eindeut­ lich als Epistel klassifizierte Briefe ursprünglich als „echte” und „persönliche” Briefe, und erst durch ihre Veröffentlichung, d.h. durch ihre H erausnahm e aus dem ursprünglichen kommunikativen Kontext, erhielten sie den Status literarischer Texte. Andererseits war der Gedanke einer Veröffentlichung der sogenannten privaten Briefe den gebildeten Schichten bereits in der hellenistischen Zeit nicht m ehr frem d21, und daher konnte es durchaus möglich gewesen sein, daß auch die tatsächlich geführte K orrespondenz sorgfältig stili­ siert, d.h. literarisch, kunstvoll und nicht zuletzt auch für die Nachwelt geschrieben wurde22.

19 K. T h r a e d e, E inheit - Gegenwart - Gespräch. Z u r Christianisierung antiker B rieftopoi, B onn 1968, S. 11.

211 Vgl. A . D e i s s m a n n , L ich t vom Osten. D as N e u e Testam ent u n d die neuentdeckten T e­

x te der hellenistisch-römischen Welt, T üb in g en 1923.

21 Vgl. H . К о s к е η η i e m i, Studien zur Idee und Phraseologie des griechieschen Briefes, S. 27. 22 K oskenniem i vgl. ebd. S. 90, gibt noch folgende E rk läru n g für die auffällige L iterari- zität d e r sonst „ e ch ten ” B riefe: „N un ist es (...) jed em , d e r die S am m lungen d e r (...) E pisto- lo g rap h en liest, klar, d aß sie auch (und verm utlich so g a r zum g rö ß ten T eil) B riefe e n th a lte n , die ursprünglich „w irkliche” B riefe w aren, w enn es auch nicht m öglich ist, in je d e m E inzel- fail den Sachverhalt g enau festzustellen. B ei solchen h o c h literarisch en P ersö n lich k eiten fließen Privates und Ö ffentliches in ein an d er, u n d auch in ih ren B riefen verw ischt sich die G ren ze zwischen N atü rlich k eit u n d Im ita tio n ”.

(8)

K oskenniem i h at eine eigene Klassifikation antiker Briefe vor­ geschlagen, indem er zwischen sachlichem B rief (ledigliche N ach­ richtenm itteilung), sachlichem Brief m it persönlichen E lem enten (N achrichtenm itteilung einschließlich E rhaltung einer F reu n d ­ schaftsbeziehung) und persönlichem B rief (nur zur E rhaltung freunschaftlicher Beziehungen zwischen den B riefpartnern) u n te r­ scheiden wollte. D er U nterscheidung hegt die G egenüberstellung von der sachlichen und persönlichen K orrespondenz zugrunde (die dritte Klasse stellt n u r eine M ischform dieser beiden dar) und inso­ fern liegt sie nahe einer Brieftypologie, die von Belke23 aufgestellt wurde: „Idealtypisch b etrach tet kann sich der Briefschreiber dem Partner, dem G egenstand o d er sich selbst vorrangig zuwenden. D araus ergibt sich die M öglichkeit des partnerbezogenen appella- tiven Briefes, des sachbezogenen M itteilungsbriefes und des au to r­ bezogenen B ekenntnisbriefes”.

Belke differenziert noch w eiter - im Vergleich zu K oskenniem i - innerhalb der persönlichen, d.h. auf die K om m unikationspartner bezogenen K orrespondenz, indem er zwischen autorenbezogenen und partnerbezogenen Briefen unterscheidet. Diese Spezifizierung entspricht dem G rundm odell zwischenm enschlicher K om m unika­ tion und als solche stellt sie einen w eitergehenden pragm atischen Klassifizierungsansatz dar. D abei m uß aber auch Belke die T atsa­ che einsehen, daß auß er den von ihm erfaßten Typen brieflicher K om m unikation in der W irklichkeit viel häufiger verschiedene M ischform en Vorkommen.

Im U nterschied zu den hier vorgestellten, funktional ausgerichte­ ten Klassifikationsversuchen von Briefen gab es - und zwar bereits in der A ntike - die allein auf intentionalen K riterien beruhenden Typologien, die in B erger dargestellt worden sind. D ie Typologien sind auf die Erfassung der einem Brief zugrundeliegenden Illoku- tionen (d.h. der Senderintentionen) ausgerichtet und unterscheiden z.B. zwischen em pfehlenden, tadelnden, zurechtweisenden, trösten­ den, scheltenden, lobenden, gratulierenden usw. Briefen. D erartige Einteilungen der Briefe und somit der Typen brieflicher Diskurse haben sich besonders ergiebig für die rhetorischen Analysen briefli­ cher Schem ata und Topoi erwiesen. Ergebnisse der rhetorisch

(9)

orientierten U ntersuchungen lassen sich gut in die pragm atische Textanalyse integrieren (vgl. unten), aber allein sind sie nur im b e­ grenzten M aße imstande, der G esam theit von jeweils typisch au­ ftretenden kom m unikativen Bedingungen Rechnung zu tragen24.

U nabhängig von ihrer Einteilung weisen die überlieferten anti­ ken Briefe eine relativ einheitliche form ale G estaltung auf. D ie in jedem B rief vorhandenen Strukturelem ente sind: Präskript m it an­

geschlossenem G ruß, B riefhauptteil und Briefschluß25. Indikatoren für die einzelnen Briefteile sind geprägte Ü bergangsw endungen wie G ruß- und D ankform el am Anfang des Briefes, M itteilungs-, Bestätigungs-, M ahnungs-, Eid- bzw. V ertrauensform el im B rief­ hauptteil, Schlußgrußform el (und ggf. G rußaufträge, Briefbitte oder Besuchswunsch) im Schlußteil26. D ie konventionellen F o r­ m eln sollten dazu beitragen, daß der Stil des Briefes zum einen ele­ gant wirkt, zum anderen aber eingängiger erscheint als eine allzu erlesene G elehrtensprache. H in ter dem form elhaften und nicht gehobenen Sprachstil sollte auch die feststehende, inhaltliche G lie­ derung des Briefes deutlich erken nb ar sein. Im folgenden w erden die einzelnen Briefteile kurz besprochen:

D as P räskript diente zunächst dem praktischen Zweck, A us­ kunft über A bsender und E m pfänger zu geben. D ie dazu ge­ brauchte, in d er 3. Person au ftretende Form el (ό δείνα τώ δεΐνι) geht au f den ursprünglichen K ontext brieflicher K om m unikation zurück, als d er B rief als schriftliche M itteilung einer m ündlichen Botschaft sich die sprachliche Form el adoptierte, die sonst fü r die Z itierung m ündlicher Aussagen gebraucht wurde. Selbst durch die

24 E in z eln e von d en a u f diese W eise au fg estellten D iskurstypen k önnen nicht n u r in rech t u n te rsch ied lich en kom m unikativen S itu atio n en V orkom m en, so n d e rn auch in einem einzi­ gen B rief m ite in a n d e r verb u n d en au ftre te n . D a h e r ist es ä u ß erst schw ierig selbst d en k ü rze­ ste n ü b e rlie fe rte n P au lu sb rief an P h ilem o n ein d eu tig einem d e r einundzw anzig bzw. e in u n d ­ vierzig solchen B rieftypen (vgl. A . J. M a 1 h e r b e, A n cien t Epistolary Theorists, A tla n ta 1988, S. 8-11) zu zu o rd n en ; vgl. W S c h e n k , D er B rief des P aulus an Philem on in der neueren For­

schung (1945-1987), in: A ufstieg u n d N iedetgang der R öm ischen Welt II, Bd. 25.4, B erlin-N ew

Y o rk 1987, S. 3439-3495, in sbesondere S. 3446-3450.

25 D ie D reiteilu n g des Briefes schließt nicht eine w eitere, viel differenziertere U n tersch e i­ du n g d er konventionell geprägten und jeweils m it festen F orm eln eingeleiteten B riefteile aus.

26 E in e e in g e h e n d e B eschreibung d e r k o nventionellen F o rm e ln im griechischen an tik en B rief geben F . E x 1 e r, The Form o f the A n cien t Greek Letter o f the Epistolary Papyri. A Study

in Greek Epistilography, W ashington 1923 u n d J. L. W h i te , Light fro m A n cien t Letters, P h ila­

(10)

spätere Einführung der Briefinskription, die ebenfalls eine A us­ kunft über A bsender und Em pfänger zu geben verm ochte, ist die Eingangsform el erhalten geblieben, obwohl ihre gram m atikalische M otivierung nicht m ehr transparent war27.

Seit der hellenistischen Z eit erscheinen im Präskript im m er öfters G rüße, die aber erst im 1. Jh. v.Chr. zur Selbstverständlich­ keit in B riefen aller A rt gehören28. G egrüßt wird im m er der B rie­ fem pfänger, aber auch andere Personen außer ihm können in den G ruß eingeschlossen w erden, wobei in fam iliären Briefen die P e r­ sonen häufig nicht m it N am en genannt, sondern kollektiv e r­ faßt w erden. In den Fam ilien- oder Freundschaftsbriefen w aren die G rüße häufig zusätzlich m it G esundheits- oder W ohlerge­ henswünschen bzw. D ankgebeten für die glücklich verbrachte R ei­ se verbunden.

D e r B riefhauptteil konnte je nach B riefart relativ frei und u n ter­ schiedlich gestaltet w erden, wobei die anscheinend spontane und u nreflektierte G edankenführung auch eine geplante argum entato- rische Vorgehensw eise verrät. Selbst in relativ kurzen Privatbrie­ fen au f den Papyri sind folgende, regelm äßig w iederkehrende G liederungselem ente im H auptteil festzustellen: Einleitung, Schil­ derung des Problem s, Folgerung (z.B. eine Anweisung, eine Bitte u.a.). E in solches argum entatorisches G rundschem a kann im Brief auch m ehrm als Vorkommen, falls m ehrere A ngelegenheiten e rö rtert w erden sollen. D an n beginnen auch die jeweiligen H a u p t­ teilselem ente m it entsprechenden konventionalisierten Form eln.

D e r Briefschluß zeichnete sich wie der Briefanfang durch seine relative K ürze und Form elhaftigkeit aus. Als der form ale Abschluß eines Briefes diente ein Schlußgruß oder - wünsch, dem sich auch andere Personen außer dem B riefsender anschließen konnten. Falls d er B rief von einem Schreiber und nicht vom Sender selbst niedergeschrieben wurde, konnte die Schlußklausel eigenhändig zu geschrieben werden, um dadurch den B rief zu beglaubigen oder persönlicher zu m achen.

27 Vgl. d azu auch G .A . G e r h a r d, Untersuchungen zu r Geschichte cles griechischen Briefes, Philologus 64 (1905), S. 27-65.

28 Z u r sprachgeschichtlichen E ntw icklung v ersch ied e n er A n fan gsgrußform eln im griechi­ schen B rief vgl. H . К о s к е η η i e m i, Studien zu r Idee u n d Phraseologie des griechischen Brie­

(11)

N ach B ü n k er w ar die G estaltu n g des antik en B riefes (vor al­ lem d er als literarisch a n e rk a n n te n B riefe und d a ru n te r - was B ün k er zu bew eisen versuch t - auch d er P aulu sb riefe) notw en­ digerw eise E rgeb n is an tik er B ildung. A uch P ro b st stim m t B ü n k er zu, indem er feststellt, daß wie die A nw endung d er R h e ­ to rik, so auch die A n w endung d e r th eo retisch - fo rm alen B rief­ m erkm ale von hellen istisch er A usbildung abhängig sein m ußten. Z w ar v erfügte nicht je d e r B riefsch reib er ü b e r eine en tsp rech en d h o h e A u sbildung29 u n d desw egen w ollte D eissm ann aufgrund d er jew eiligen stilistischen u n d form alen G estaltu n g des B riefes die soziale H e rk u n ft des B riefschreibers erschließen; doch bil­ d e te das B riefeschreiben norm alerw eise ein Teil d er hellen isti­ schen A llgem einbildung und die H elle n e n le rn te n es b e re its im S ch u lalter3".

Schreiben w urde damals natürlich als eine sekundäre R edeform angesehen und daher hing es stilistisch und strukturell stark von der gesprochenen R ed e ab31. Som it stand also auch die Textsorte B rief u n ter einem starken Einfluß der antiken R hetorik, indem: „The rules for certain types o f speeches, (...), w ere adapted for use in corresponding letter types. So, for example, a lette r of consola­ tion w ritten by a person with rhetorical training may m ore or less follow th e form of the consolatory speech”.

D am it erklärt Stowers auch die Tatsache, w arum die größten R h eto ren - besonders lateinischer Sprache - zugleich die größten Briefschreiber w aren und w arum sich d er sogennante literarische Brief von den Papyrusbriefen so deutlich u nterscheidet32.

N N ach S. K. S t o w e r s , Letter Writing in G reco-R om an A ntiquity, S. 34 w ar es n u r eine

extrem k leine S ch reib erelite, d ie sich im B riefsch reib en nach d en klassischen ästhetischen M a ß stä b e n richtete.

50 S chreiben d e r B riefe w u rd e von d en antiken R h e to re n als ein w ichtiger E le m e n t rh e to ­ rischer Schulung angesehen. D ie B riefform eig n ete sich vorzüglich für diese Ü bungszw ecke nicht zu letzt w egen ih rer vielseitiger A nw endung. Im R a h m e n so lc h er „literarisch en ” Ü b u n ­ gen ist ein e M e n g e von fiktiven B riefen in d e r A n tik e e n tsta n d e n , vgl. A .J. M a 1 h e r b e, A n ­

cient Epistolary Theorists, S. 13.

31 E rs t aus h e u tig er P erspektive w erden d ie b eid en R e d e a rte n als zwei rech t u n te rsc h ie d ­ liche V o rk o m m en sfo rm en d e r S p rach e angesehen.

32 A uch nach K oskenniem i d a rf m an an n eh m en , d aß „w ann auch im m er je m a n d , d e r eine g rü n d lich e rh eto risch e S chulung genossen h a tte , (...) zu r F e d e r griff, d an n kan n auch «der reinste» P riv a tb rief in gewissem G ra d e ein e m a n ie rie rte F ä rb u n g e rh a lte n ”; FI. K o s k e n ­ n i e m i , Studien zu r Idee und Phraseologie des griechischen Briefes, S. 90.

(12)

Soziokultureller Hintergrund der brieflichen Kommunikation zu Pauluszeiten

D em klassischen B rieftheoretiker D em etrius nach liegt dem In ­ halt, dem Stil und der Form des antiken Briefes die Idee der Freundschaftsbeziehung (φιλοφρόνησις) zugrunde. D e r Brief dient laut dieser Idee dazu, die Beziehung zwischen F reu n d en auf­ rechtzuerhalten, indem er ein Zeichen des gegenseitigen A nei­ nander-D enkens und ein Ersatz für das aus irgendwelchen G ründen auch im m er unm ögliche Z usam m ensein ist. Relativ schnell hat sich d er philophronesische G edanke als ideeller H in­ tergrund jeglicher, also nicht nur der u n ter den F reun d en geführten, K orrespondenz durchgesetzt, so daß d er Freundschafts­ gedanke auch außerhalb der privaten Briefe zur K onvention w urde und selbst in den offiziellen Briefen eine Rolle spielte33.

Aus der ideellen B egründung der brieflichen K om m unikation ergeben sich antike Stilanforderungen an diese K om m unikations­ form: D er Briefstil sei ein dialogischer Stil, d er aber gepflegter und kunstvoller als alltägliche G espräche wirken soll34. Im B rief sollen jedoch keine philosophischen oder naturw issenschaftlichen Fragen betrachtet w erden (wie in P laton’s Briefen); vielm ehr soll den persönlichen A ngelegenheiten die A ufm erksam keit geschenkt w erden. Ebenso sind allerlei Streitigkeiten zu verm ieden, dam it die Intention der brieflichen K om m unikation nicht gestört wird. A n ­ sonsten fo rdert D em etrius für die sprachliche A usform ulierung des Briefes K larheit, K ürze und Schlichtheit, w odurch den E in ­ druck eines u nm ittelbaren G esprächs erweckt w erden soll35.

Selbst wenn nicht alle antiken Briefe sich auf die Freundschafts­ briefe zurückführen lassen36 und die ideelle Begründung d er b rie­

35 Vgl. ebd. S. 202-204.

34 Vgl. D e m e t r i u s, D e elocutione, S. 223-224.

33 E ine solche Motivierung der brieflichen Kommunikation in der Antike spiegelt sich nach Ko-skenniemi auch in d er form alen G estaltung des Briefes wider: „G erade die Gleichsetzung der Brie­ fsituation mit einer persönlichen Begegnung macht es verständlich, daß es beispielweise nicht dazu gekommen ist, daß der N am e des Absenders als Unterschrift an den Schluß des Briefes gesetzt wur­ de”; H. K o s k e n n ie m i, Studien zur Idee und Phraseologie des griechieschen Briefes, S. 168.

30 B e reits ein A m tsb rie f e n tz ie h t sich deutlich einem wie oben g eschilderten p ersönlichen

V e rh ältn israh m en zw ischen d en B rie fp a rtn e rn . Solche m öglichen A u sn ah m en sie h t auch D e m e triu s selbst, indem er ein e h ö h e re F o rm e lh a ftig k eit u n d einen g e h o b en eren Stil in b e ­ stim m ten B riefen aus A ch tu n g g eg en ü b er A d ressaten postuliert.

(13)

fliehen Kom m unikation bei späteren B rieftheoretikern seltener zu treffen ist37, können jedoch die allgemeingültigen R egeln des B rief­ schreibens in einer G rundidee freundlicher Beziehungen einge­ faßt w erden. D er griechische B rief sollte in jedem Fall die G ele­ genheit einer sim ulierten Begegnung zwischen den entfernten P e r­ sonen bieten, und m it ihm w urden nicht nu r N achrichten verm it­ telt, sondern er setzte auch eine „psychische”, durch den T em pus­ gebrauch suggerierte38 A nw esenheit d er abwesenden Person vo­ raus. D a aber in einer solchen Im itation der face-to-face-Kom m u- nikation tatsächlich sowohl zeitliche wie auch räum liche K opräsenz der K om m unikationspartner fehlte, spricht Probst in diesem Z usam m enhang von einer „Als - ob - U nm ittelbarkeit” der Begegnung zwischen den ko rrespondierenden Personen und von ihrer „Als - ob - G egenw art”. U m eine „Als - ob - U nm ittel­ b ark eit” der Begegnung zu suggerieren, versteht der E m pfänger des Briefes das erhaltene Schreiben als „G espräch m it dem Freund. Ebenso versucht der B riefschreiber durch den Topos der „Als - ob - G egenw art” die V orstellung zu nähren, er sei in dem M om ent bei dem räum lich getren n ten Brieffreund anwesend, in dem dieser den B rief lese”39.

Z u beachten sind auch unterschiedliche Freundschaftsauffassu­ ngen im A ltertum im V ergleich zur m odernen Zeit. W ährend Freundschaft heute in die Privatsphäre des Lebens hineingehört, w ar sie zu jen e r Z eit eine Basis, auf der die sozial-öffentlichen K ontakte aufgebaut wurden. Zugleich um faßte selbst der enge Freundschaftsbegriff nicht nur die rein partn erh aften B eziehun­ gen, sondern im gewissen M aße auch die fam iliären (ohne w eiteres hierarchisch aufgebauten) R elationen.

Stowers spricht von drei G rundtypen der sozialen R elationen in d er Antike:

” K oskenniem i h a t a u ß e r D em etriu s noch folgende A u to ren analysiert, die sich z u r B rief­ th e o rie g e ä u ß e rt haben: P h ilo strato s (L ieb esb riefen au to r), A rte m o n (d e r E d ito r a risto te li­ sc h er B riefe u n d m öglicherw eise B ezu g sau to r für D e m e triu s’ T h eo rie), G reg o r von N a- zianz, „P roklos” (u n te r diesem N am en w u rd e verm utlich im 6. Jh. n.C hr. ein b e d e u te n d e r B riefsteller verfaßt).

18 D e r Tem pusgebrauch im griechischen (und noch öfters im lateinischen) B rief weicht oft von dem sonst in d er L iteratu r usuellen ab, indem d er B riefautor als Sprechzeit nicht den Schreibensm om ent, sondern die Brieflesezeit an nehm en konnte. Z u Beispielen vgl. ebd. S. 190.

(14)

1. hierarchische R elation zwischen dem V orgesetzten und U ntergeordneten;

2. Freundschaftsrelation zwischen den Gleichgestellten;

3. familiäre R elation zwischen den Hausmitgliedern®, die sich einerseits auf die hierarchische Einordnung der Mitglieder stützte, andererseits aber Freundschaftsbeziehungen zwischen ihnen aufwies. F ür das Briefschreiben spielt dies insofern eine Rolle, daß die so­ ziale Beziehung zwischen dem B riefautor und dem A dressaten in der hellenistischen M editerranw elt für die schriftliche K om m uni­ kation m aßgebend war. M an legte viel W ert auf die U nterschei­ dung des sozialen Status und die entsprechende V erehrung der Bezugsperson, und nicht zuletzt w ar die persönliche A uto rität des Briefschreibers o der -em pfängers von Bedeutung.

D en paulinischen Briefen soll nach Stowers der d ritte R elatio n ­ styp zugrunde liegen, weil Paulus zum einen seine A postelauto­ rität beto nt (z.B. 1 Kor 16,21f; G al 5,2f.; Phlm 19), zum anderen aber auf eine auch affektive V erbindung mit seinen B riefadressa­ ten verweist (z.B. 1 Thess 2,8; Phil 1,7; Phlm 7)41. Eine w eitere Begründung, m it d er Stowers seine These unterstützt, bezieht sich auf den Inhalt der Paulusbriefe: „The church is often described as a household. Paul builds and m aintains this family through his let­ ters. H e aids in governing mostly by giving advice and setting di­ sputes. H e articulates norm s o f self - definition and behavior. H e teaches and shares in w orship through his letters.”

Die von Paulus gerne und schöpferisch gebrauchte Haushalts-M e­ tapher hält also Stowers für den roten Faden zur Erschließung der sozialen Relation zwischen Paulus und seinen Adressaten42.

40 Z u ihnen zäh lte m an nicht n u r E lte rn u n d K inder, so n d e rn auch d ie Fam ilien, d ie von den S ö h n en g e g rü n d et w u rd en u n d auch d ie Sklaven, D ien er, d ie im H a u se leb en d en G ä ste und die m it dem H a u s v erb u n d en en freien (d.h. freigelassenen) B ürger. In n e rh a lb e in e r sol­ chen „F am ilie” k o n z e n trie rte n sich die ö k onom ischen A ktivitäten d e r H ellen en , w äh ren d die F re u n d sch aftsb e zieh u n g en m eh r ein e Basis für die politische A ktivität w aren , vgl. S.K. S t o w e r s , L etter Writing in G reco-R om an A ntiquity, S. 30.

41 Ä hnlich - w enn auch au fgrund a n d e re r Indizien - b e h a u p te t B erger, d aß dem V erhältnis zwischen A p o ste l u n d christlichen G em ein d en das soziologische M odell V a ­ ter/K in d er zugrundeliege.

42 D a h e r will S. K. S t o w e r s die Paulusbriefe als Fam ilienbriefe einordnen. K. B e r g e r ,

Hellenistische Gattungen int Neuen Testament, in: Aufstieg u n d Niedergang der Römischen Welt,

Berlin-New Y ork 1984. sieht dagegen viel g rö ß ere A ffinität zwischen Paulusbriefen u n d B rie­ fen, die von Philosophen an S tädte geschrieben w urden, also den öffentlichen Briefen.

(15)

E in anderes wichtiges M erkm al der brieflichen K om m unikation zur Z eit des Paulus ist in der T atsache zu sehen, daß die h eu tzu ta­ ge als geschriebener Text fu nktionierenden Briefe als gesproche­ n er Text entstan d en sind. Bei der schriftlichen A usfertigung des Briefes bediente sich der A u tor häufig d er H ilfe eines professio­ nellen Schreibers43, dessen N am e im B rief m anchm al auch erw ähnt wird (z.B. T ertius im R ö m erb rief - R öm 16,22). D er B riefautor sollte dem Schreiber jeweils den B riefinhalt diktieren, wobei die form ale G estaltung des Briefes m anchm al auch einer B earbeitung des Schreibers unterliegen k o n n te44. So reichten die K om petenzen des Schreibers vom N iederschreiben bis zum A u s­ form ulieren o d er sogar V erfassen des Briefes, doch galt der Schreiber nie als A u to r des Briefes45.

Auch die Briefadressaten em pfanden die Briefe als gesprochene Texte, indem Briefe im m er laut gelesen oder vorgelesen wurden. Im Falle der Paulusbriefe wurden die Texte anläßlich der gemeinsamen Treffen vor ge tragen, wobei selbst die längsten Briefe imm er voll­ ständig vorgelesen w erden sollten. Das V orlesen der geschriebenen Texte war übrigens eine für das A ltertum typische Praxis. Damals war ja das stille Lesen eigentlich völlig unüblich, wenn nicht unbe­ kannt46. A ußerdem erlaubte gerade der gesprochene Text eine sug­ gestive Vorstellung der transzendenten Kommunikation.

D a die briefliche K om m unikation trotz einer m ehr oder weniger starken affektiven Beteiligung d e r K om m unikationspartner nur eine indirekte Begegnung zwischen dem A u to r und dem A dressa­ ten des Briefes erm öglichte, kam in dem K om m unikationsakt in der A ntike dem Briefboten eine besonders wichtige Rolle zu. E r war nicht nur ein Briefzusteller, sondern zugleich ein V erm ittler zwischen den kom m unizierenden P ersonen und m eist auch der au­ torisierte A bgesandte, um die im B rief nicht ausgedrückten

Bot-15 A ls m ögliche U rsach e n für den E in satz des S ch reib ers n e n n t E . R . R i с h a r d s, The Se-

cretaiy in the Letters o f Paul, T üb in g en 1991, S. 15-23, p ro fessio n elle A rbeitsteilung, g eh o b e­

n er finanzieller S tatu s u n d A nalphabetism us.

44 D ie letzte M öglichkeit wird von den F o rsch ern v.a. für viele a u f Papyri e rh a lte n e P ri­ v atbriefe ang en o m m en . M an ch e E xegeten w ollen d am it auch d ie E n tste h u n g d e r h eu te gew öhnlich als nach p au lin isch e B riefe an g en o m m en en n eu testam en tlic h en Schreiben erklären.

43 Vgl. E . R . R i с h a r d s, The Secretaiy in the Letters o f Paul, S. 53. * Vgl. A u g u s t i n u s , Confessiones, V I, 3. O xford 1992, S. 354.

(16)

schäften zu überm itteln. Im Röm ischen R eich fiel diese Rolle im Falle der am tlichen K orrespondenz den extra für solche Missionen bestim m ten Staatsbeam ten zu. D agegen w urde die Privatkorre­ spondenz durch spezielle B oten oder durch V ertrauenspersonen, die auf R eisen gingen, überreicht47. D ie zweite Überm ittlungsw eise soll im Falle d er Paulusbriefe stattgefunden haben.

Paulus’ Bilinguism us und Bikulturalität

D ie paulinische E pistolographie w urde grundsätzlich durch zwei Sprachen und zwei K ulturkreise geprägt: einerseits durch die grie­ chische Sprache und den Hellenism us, zugleich aber durch die hebräische Sprache und den Judaism us. Das H ebräische ist zwar seit dem babylonischen Exil einer w eitgehenden A ram äisierung unterzogen w orden und w urde bereits im ersten Jah rh u n d ert vor Christus vorwiegend nur als eine K ultussprache verw endet (als V olkssprache herrschte in Palästina zu jen e r Z eit das lokal gefärbte - jüdische oder galiläische - A ram äisch), doch besteht ge­ rade im Falle Paulus kaum Zweifel darüber, daß er des H ebräischen m ächtig war und darü b er hinaus auch über eine Kenntnis des A ram äischen verfügen konnte.

In d er Linguistik wird der alternative G ebrauch zweier oder m ehrerer Sprachen Bilinguismus genannt48. Völlig unwichtig ist dabei der B eherrschungsgrad der jew eiligen Sprachen, d.h. allein der gegebene Sprachgebrauch entscheidet darüber, ob eine P e r­ son als bilingual klassifiziert w erden kann. E rst für die bei bilingu­ alen Sprechern au ftreten d en Interferenzen ist es entscheidend, ob m an m it „koordiniertem ” oder „nicht k o o rd in iertem ” Bilingu­ ismus49 zu tun hat. D e r k oordinierte Bilinguismus (ein eher selte­ ner Fall) kom m t dann vor, wenn die zwei oder m eh rere Sprachen

47 Z um P o std ien st in d e r hellenistischen Z e it vgl. E .E . H u d e m a n n , G eschichte des

römischen Postwesens während der Kaiserzeit, V aduz 1985 (N achdruck); W . R i e p l , Das N a c h ­ richtenwesen des A ltertum s, H ildesheim -N ew Y o rk 1972 (N achdruck); J.G . W i n t e r , Life and Letters in the Papyri, A n n A rb o r 1933.

48 M a n ch e F o rsc h e r (z.B. J.F. H am ers, M .H .A . Blanc) u n tersch eid en dabei noch zwi­ schen Bilinguism us als sozialem P h än o m en (bilingualism ) u n d B ilingualität als individueller zw eisprachiger K o m m unikationsfähigkeit (bilinguality).

45 D ie T erm in o lo g ie g eht a u f W einreich zurück; vgl. U . W e i n r e i c h , Language in Con­

(17)

im gleichen M aße b eherrscht w orden sind. In der Regel ist jedoch die K enntnis der M uttersprache größer als die der zweiten, und deswegen ist auch die E rstsprache gegenüber der Zw eitsprache dom inant. U n ter U m ständen kann es aber zu einem „spezialisier­ ten G eb rau ch ” der Sprachen kom m en: „M any bilinguals are accu­ stom ed to discuss som e topics in only one of their languages or to use only one language on given occasions.” W einreich beto nt d a ­ bei, daß gerade bei solchen Sprechern die sprachlichen In te rfe ­ renzen besonders häufig Vorkommen. Z u w eiteren F aktoren, die den Sprachgebrauch von bilingualen Sprechern bestim m en, zählt W einreich extralinguale B edingungen d er sprachlichen K om m u­ nikation wie z.B.: soziale und politische B eziehungen zwischen den bilingualen und m onolingualen G esellschaftsgruppen, sozia­ ler Status d er bilingualen S precher und sozialer R ang von ge­ brau ch ten Sprachen.

Paulus als A ngehöriger zweier verschiedener K ulturen und zu­ gleich als Sprecher zweier Sprachen kann vom soziolinguistischen G esichtspunkt h e r sowohl eine bikulturelle als auch eine bilinguale Person genannt w erden. Spätestens w ährend seines A ufenthalts in Jerusalem hat er in einer bi- o der sogar trilingualen Gesellschaft gelebt. Sevenster kom m t in seiner Analyse archäologischer B efun­ de bezüglich der Sprachverwendung im Palästina des 1. Jh. n. Chr. zum Schluß, daß auf diesem G ebiet zu jen e r Z eit nicht nur A ram äisch, sondern in m anchen K reisen auch H ebräisch und von der geistigen Elite Griechisch gesprochen und geschrieben w urde50. A ram äisch w urde von Ju d en in den östlichen Provinzen des R öm i­ schen Reichs seit dem babylonischen Exil gesprochen; allerdings gab es D ialektunterschiede zwischen dem palästinensischen A ram äisch und dem der babylonischen D iaspora. W as das H ebräische anbelangt, verm utet Sevenster noch gegen E nde der hellenistischen Periode für bestim m te Gesellschaftskreise eine nicht nur schriftliche, sondern auch m ündliche V erw endung dieser

R o sé n nim m t auch fü r die u n te re n S o zialsc h ic h te n in P alästin a d ie K e n n tn is des G riech isch e n an . E r w eist d a ra u f hin, d a ß die K e n n tn is d e r griech isch en S p ra c h e m it d e r g riech isch en B ild u n g n ich t g leich g esetzt w erd en d arf. D ie g riech isch e S p ra c h e sei selbst vom e in fach en V o lk g e b ra u c h t w o rd en : „ G riech isc h sind D o k u m e n te auch von F isch e rn , G o ld sc h m ie d en , S c h u h m ach ern u n d a n d e re n G e w e rb e tre ib e n d e n ”; H .B . R o s é n , Die

Spracheituation im röm ischen Palästina, in: D ie Sprachen im R öm ischen Reich der Kaisetzeit,

(18)

Sprache51. E indeutig sprechen dagegen die gefundenen Q uellen (etwa griechische Texte aus Q um ran, aus der W üste Juda und nicht zuletzt die vom Archiv in E lephantina) für die verbreitete V erw en­ dung des G riechischen in dem röm ischen Palästina52. D as G riechi­ sche hat sich selbst u nter den ultraortodoxen Juden durchgesetzt, was beispielweise die Briefe von B ar Kochba bestätigen m ögen53.

D er G ebrauch des G riechischen (besonders im G eschäftsleben) war durch den Status dieser Sprache als offizieller R eichssprache (neben dem Latein) gefördert54. Das Koinegriechisch blieb nämlich im R öm ischen R eich nicht nur eine U m gangssprache, sondern auch die zweite A m tssprache, was der am tliche Schriftverkehr im O sten bezeugt. In R om w urde sogar eine griechische K anzlei ein ­ gerichtet. Zugleich h atte G riechisch u n ter den R öm ern den Rang einer Bildungssprache erhalten55.

D ie Ju d en h ab en das G riechische b ereits m it der L X X -Ü ber- setzung als die zweite K ultussprache anerkannt. D an n hab en nach

51 „A pparently it was n o t only th e religious-official language, bu t was also used in ordinary letters, for exam ple”, J.N . S e v e n s t e r , D o yo u know Greek? H ow m uch Greek could the first

Jewish Christian have know n? L eiden 1968, S. 176. Ä hnlich bew erten den dam aligen Status des

H ebräischen P. W . S к e h a n, The Languages o f Palestine in the First Century A .D ., T h e Catholic Biblical Q uarterly 32 (1970), S. 501-531; J.A. E m e r t o n , The Problem o f Vernacular Hebrew in

the First Centuiy A .D . a n d the Language o f Jesus, T h e Journal o f Theological Studies 24 (1973),

S. 1-23; Ch. R a b i n , Hebrew and Aram aic in the First Centuiy, in: C om pendium rerum Iudaica-

n u n ad N o v u m Testam entum , B d 1.2, Assen 1976, S. 1007-1039. D agegen J.A. S о g g i n, Bilinqu- ismo о trilinquismo nell’ebraismo post-esilico: il caso dell’aromaico e del greco, in: In bilinquismo degli antichi: X V III giom ate filologiche genovesi, G enova 1991, S. 88 vergleicht die R olle des

H ebräischen zu je n e r Z eit mit d er R olle des Lateins im M ittelalter und in d er R enaissance. 32 „It is now know n to be a fact, th a t m any Jew s in th e Jew ish land and as well as in the d iasp o ra w ere c ap ab le o f w riting a le tte r in G reek . It is evident from n o t only the arch eo lo g i­ cal d ata, b u t also sc a tte re d sta te m e n ts o f Jo sep h u s th a t a certain basic know ledge o f G re e k may b e assum ed am o n g m any Jew s o f P alestin e, sufficient to en ab le th em to sp e ak th e la n ­ guage and, m o reover, com pose fu n era ry inscriptions and ord in ary private le tte rs dealing with various su b jects” ; J.N . S e v e n s t e r , D o yo u kn o w Greek?, S. 190.

'Ί Vgl. J.A . S o g g i n , B ilinquism o о trilinquism o n ell’ebraismo post-esilico, S. 90.

34 D as L a tein isch e k o n n te sich nicht in den östlichen R eichsprovinzen b e h a u p te n . Z um einen stieß es a u f das h ier b ereits fest verw urzelte G riechische, zum an d e re n fehlte dem L a ­ teinischen auch d as k u ltu re lle Prestige g eg enüber d en an d e re n herköm m lichen Sprachen, die „A usdrucksm ittel e in er m eh r als tau sen d jäh rig en L ite ra tu r w a re n ”; H .B. R o s é n , Die

Sprachsituation im röm ischen Palästina, S. 215.

33 Vgl. d azu auch K. T r e u , Die Bedeutung des Griechrischen fü r die Juden im Röm ischen

Reich, K airos 15 ( 1973), S. 124, u n d m e h re re B elege bei R . S с h nr i 11, Die Sprachverhältnisse in den östlichen Provinzen des R öm ischen Reiches, in: A ufstieg u n d Niedergang der Röm ischen Welt II, B erlin-N ew Y ork 1983, S. 559, A nm . 10.

(19)

Schm itt die lebhaften K ontakte zwischen Ju d en in Palästina und denen in der D iaspora w ährend d er hellenistischen P eriode dazu geführt, daß G riechisch und „Jüdisch-Palästinensisch-A ram äisch” gleicherm aßen zu geläufigen und v erbreiteten U m gangssprachen in Palästina w urden. Z u Paulus’ Z eit war die K enntnis des G rie ­ chischen zum L ernen und L ehren der Schriftexegese für die grie­ chischsprechenden Im m igranten in den Synagogen Jerusalem s, wo d er A postel vor seiner B ekehrung tätig sein sollte56, schon unentbehrlich.

Z u erst aber weiß m an im Fall von Paulus eigentlich nicht, w el­ che Sprache seine erste und welche die zweite war. Es ist nicht ausgeschlossen, daß er schon bilingual aufgewachsen ist. In der alltäglichen K om m unikation k on n te e r sich genauso gut der grie­ chischen U m gangssprache koinP bed ienen wie auch des A ram äischen. L aut d er A postelgeschichte 21,37-22,2 hält ihn der röm ische K om m andant in Jerusalem für einen Ä gypter und w un­ d ert sich, daß er G riechisch kann. A uf das V olk dagegen m acht es E indruck, daß er es aram äisch an redet. H engel in terp retiert den lukanischen Bericht folgenderm aßen: „Lukas stellt ganz b e ­ w ußt die souveräne B eherrschung d er griechischen u n d aram äischen Sprache ebenso unverbunden n eb en einan der wie den B ürger des kilikischen Tarsus und das H eranw achsen in J e ru ­ salem . E r d em onstriert dam it d en sprachlich kulturellen D o p p e l­ ch arakter seines H eld en (...), w obei bezeichnenderw eise das G rie ­ chische v o ran steh t”.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß G riechisch in der A ntike eine Prestigesprache im V ergleich zum A ram äischen w ar57. H e n ­ gel nim m t es auch als Paulus’ M uttersp rach e an. Es soll allein die H äufigkeit, m it der die L X X -Z itate bei Paulus auftreten, dafür sprechen, daß das G riechische für d en A postel nicht n u r eine A npassung an seine H ö re r od er Leser, sondern schon ein

Te-36 Vgl. M. H e n g e 1, D er vorchristliche Paulus, in: Paulus u n d das antike Judentum , T ü b in ­ gen 1991, S. 292).

57 Im O s te n g alt es n ach w ie v or als lingua fra n c a . V gl. d azu z.B. M . H e n g e l , J u d e n ­

tu m u n d H ellenism us, T ü b in g e n 1969, d e r an z a h lre ic h e n B e isp ie le n zeigt, d a ß G rie ­

c h isc h k e n n tn iss e e in e V o ra u sse tz u n g fü r k au fm ä n n isc h e , lite ra risc h e u n d p o litisch e K a r­ r ie re in d e r h ellen istisch en W e lt w aren ; sc h lie ß lich w aren sie au ch A u sd ru c k „ e in e r sozial h ö h e re n S tu fe , b e sse re r B ild u n g u n d s tä rk e re r K o n ta k te m it d e r W e lt” .

(20)

il seiner Bildung58 gewesen ist. Dies m ögen nicht zuletzt seine h e r­ vorragenden rhetorischen F ertigkeiten bestätigen. D arü b er h i­ naus w urde Paulus laut der A postelgeschichte in einer damals sehr b edeu ten d en hellenistischen Stadt T arsus59 in Cilizien gebo­ ren (Apg 21,39; 22,3), und zwar nicht nur als Jude, sondern auch als röm ischer und tarsischer B ürger“ . Folglich konnte ihm die griechische Sprache und die griechisch-röm ische K ultur jen e r Z eit nicht frem d sein. Selbst sein lateinischer N am e scheint davon zu zeugen, daß sich seine Fam ilie in die griechisch-röm ische W elt eingelebt h a tte 61.

Paulus w ar aber zugleich ein aram äischsprechender Jude. D a ­ rau f verweist er selbst direkt in seinen Briefen: Ε β ρ α ίο ς kann nämlich in 2 K or 11,22 o der Phil 3,5 kaum etwas anderes b edeuten als einen A ram äisch sprechenden Palästinajuden62. Zw ar war P a u ­ lus einer d er in d er D iaspora geborenen Juden, doch verm ochten auch diese die Bindung zu ihrer Fleimat zu bewahren. D e r Jeru sa­ lem er Tem pel blieb nach wie vor ein Bezugspunkt für ihre Religio­ sität, wovon ihre (nicht selten regulären) Pilgerfahrten zur H eili­ gen Stadt zeugen. In Jerusalem wollten sie oft - insofern es ihnen

58 N eb en e in er religiösen A usbildung bei G am aliel I. nim m t m an häufig bei P au lu s auch eine griechische Schulausbildung an. D iese m u ß te nach M. H e n g e l , D er vorchristliche P a u ­

lus, S. 186, n ich t u n b ed in g t in T arsu s sta ttfin d en , so n d e rn auch Je ru salem , ein e auch h ellen i­

stische G ro ß sta d t, k ä m e h ier in Frage. D a s P roblem läßt sich ab er schw er lösen. N ach G. B o r n k a m m , Paulus, B erlin l9 7 7 , S. 32, w eisen d ie P au lu sb riefe a u f ein e jü d isch -h ellen i­ stische in d e r D iasp o ra erw o rb e n e B ildung hin u n d v.a. G al 1,22 schließe ein en län g eren A u ­ fenthalt des A p o ste ls in Je ru salem vor se in er B e k eh ru n g aus. D em g eg en ü b e r sieht K.W. N i e b u h r , H eidenapostel aus Israel. D ie jüdische Identität des Paulus nach ihrer Darstel­

lung in seinen Briefen, T üb in g en 1992, S. 47, d en besten Beleg d afü r, daß P aulus noch vor se ­

iner B e ru fu n g län g ere Z e it in P alästin a g elebt hab en m üsse, g erad e darin, d aß er zum P h a ­ risäer w urde, u n d für d ie E xistenz d e r P h a risä e r in d e r D iasp o ra g eb e es keine Belege.

55 T arsu s w u rd e schon im 3. Jh. v.C hr. ’Α ν τ ιό χ εια π ρ ό ς тф Κ ύ δν φ g en an n t. N ach d er Schlacht von P hilippi 42 v.C hr. e rh ie lt die S tad t den S tatus ein er civitas libera u n d A b g a b e n ­ freiheit. Z ugleich w u rd e auch a u f K o ste n a n d e re r S täd te ihr S tad tg eb iet w esentlich v ergrößert. Z u P au lu s’ Z e ite n e rfu h r die S tad t ihre B lü te nicht zu letzt w egen d e r günstigen Lage für V e rk e h r u n d H a n d e l zwischen östlichem u n d w estlichem Teil des R ö m isch en Im ­ perium s. L ite ra tu r dazu bei M. H e n g e 1, D er vorchristliche Paulus, S. 189.

“ Z u P a u lu s’ B ü rg e rre c h te n vgl. ebd., S. 189-208.

“ D ie D o p p e ln a m e n w aren se it d e r hellenistischen P erio d e keine S elten h eit bei d en J u ­ den. D ie S itte h a t sich z u erst in D iasp o ra, d an n auch in P alästina angenom m en: „Im V e r­ kehr m it d en G riech en u n d a u f R e isen tru g m an einen griechischen, zu H a u se und u n te r S e­ m iten einen S em itischen N a m e n ”; M . H e n g e 1, Judentum u n d H ellenism us, S. 115.

1,2 Vgl. A. D e i s s m a n n , Licht vom O sten, A nm . 7, d er sich a u f H i e r ο n y m u s, De viris illu­

(21)

auch die m aterielle Lage erlaubte - eine jüdische Bildung erhalten und selbst aus Babylonien kam en Juden, um in Jerusalem T ora zu studieren“ . Schließlich entrichteten sie jedes Jah r eine T em pel­ steuer64: Sie verstanden sich nämlich als D iaspora, womit sie die bleibende Zugehörigkeit zu ihrem M utterland und eine Erw artung der künftigen Rückführung in dieses m einten“ . D ie von Paulus gepflegten, vielseitigen K ontakte zu Jerusalem w ären also eine Selbstverständlichkeit. Hengel verm utet aber, daß bei Paulus zusätzlich in Frage die Tatsache käm e, daß seine V orfahren (möglicherweise auch E ltern) aus Palästina stam m ten und von ih­ n en der A postel seine A ram äischkenntnisse erw orben hat.

Mit dem Status des bilingualen Sprechers ist bei Paulus seine V er­ trautheit mit den zwei recht unterschiedlichen Kultur- und W elt­ anschauungssystem en H ellenism us und Judaism us eng verbunden. D ie Frage, welcher K ultur Paulus im größeren M aße angehörte, bleibt in der heutigen Bibelforschung nach wie vor unbeantw ortet. V on einigen Forschern w erden die jüdischen Einflüsse in den V o r­ dergrund gestellt. Sie sehen häufig in Paulus den hellenistischen Juden (vgl. z.B. Stowers); andere sind der M einung, daß Paulus au­ fgrund seiner sozialen H erkunft und vielseitigen Schulung sowie seiner L ebenserfahrung eindeutig als jüdischer H ellenist zu klassi­ fizieren ist (vgl. z.B. Bornkam m , H engel). U nabhängig davon, wie die A kzente gelegt w erden, b etrach tet m an in den m eisten A rbei­ ten zu Paulus’ B iographie im m er öfter die beiden K ulturen als m aßgebend für die geistige Bildung des Apostels, zumal es nach N iehbuhr auch keine sicheren K riterien gibt, um seine Prägung durch die hellenistisch-jüdische D iaspora von der durch palästi­ nensisches Ju d en tu m abzugrenzen: „Das jüdische Palästina war zur Z eit des Paulus erheblichen hellenistischen Einflüssen u n ter­ worfen und um gekehrt bestanden zwischen Jerusalem und der D iaspora lebhafte K ontakte”“ . Es gibt zwar im m er noch Forscher, die die jüdischen Einflüsse als wichtiger für die apostolische T ätig­ keit Paulus halten, aber selbst diese m üssen anerkennen, daß

“ Vgl. ebd. S. 232.

64 Vgl. J. M a i e r, Z w ischen den Testamenten: Geschichte u n d Religion in der Z eit des zw ei­

ten Tempels. W ü rzb u rg 1990, S. 178

“ Vgl. G . D e 11 i n g, Die Begegnung zw ischen H ellenism us u n d Judentum , in: A ufstieg und

Niedergang der R öm ischen Welt Π, B erlin-N ew Y o rk 1987, S. 5, A nm . 4.

(22)

schon allein m ittels der von Paulus sehr oft zitierten Septuaginta“ die judeogriechische K ultur in seinem religiösen Leben eine nicht geringe Rolle spielte“ .

Geschichtlich gesehen w ußten die Ju d en trotz ihrer Teilnahm e am hellenistischen K ulturgut ihre Id en tität zu bew ahren. Paulus als P harisäer h at sich sogar bewußt für eine konsequente jüdische Lebensweise entschieden und selbst nach d er B ekehrung zum C hristentum verstand er sein „Leben in C hristus” als Erfüllung der in d er jüdischen O ffenbarung versprochenen und von den J u ­ den erw arteten R echtfertigung (vgl. Gal 3,21-29). M an kann also höchstens sprachliche In terferenzen in seinen Schriften feststel­ len. D iese resultieren aus d er gegenseitigen Beeinflussung von verschiedenen Sprachsystem en, die Paulus in seiner M issionstätig­ keit benutzte. D ie Sprachkontakte64 w urden noch dadurch gesteu­ ert, daß, w ährend viele „from m e” Ju den (und zu solchen zählte Paulus) die hellenistische K ultur als G efahr für ihre R eligio­ sität sahen, sie eine größere A ufgeschlossenheit der griechischen Sprache gegenüber zeigten. D avon zeugt zum einen die häufige Ü bern ahm e griechischer N am en selbst von den P alästina-Juden7", zum an d eren das E indringen von griechischen Frem dw örtern in die R abbin ersp rach e71 und nicht zuletzt die LX X -Ü bersetzung,

M D ie S e p tu ag in ta ste llt - w ie es D eissm an n zu treffen d g e n an n t hat - „nicht b loß eine form ale, so n d e rn auch ein e (...) m ateriale H ellen isie ru n g des jü d isch en M o n o th e ism u s” dar; A. D e i s s m a n n, L ich t vom O sten, S. 69.

“ H engel ist sogar d e r M einung, P au lu s’ „U m gang m it dem T ext d e r griechischer Bibel ist so souvären, d aß m an a n n e h m e n darf, d aß e r m it ihr aufgew achsen ist” ; M. H e n g e 1, Der

vorchristliche Paulus, S. 33.

“ D as „ In -K o n ta k t-T re te n ” v ersch ied e n er S prachsystem e u n d die dabei au ftre te n d e n linguistischen P h ä n o m e n e w urden ein g eh en d von R. A p p e l , P. M u y s k e n , Language con­

tact a n d bilingualism, L o n d o n 1987, S. 117-186 dargestellt.

711 Z u B eleg en für G e b ra u c h bei d en Ju d e n ein es h eb räisch e n bzw. aram äisch e n und eines griechischen N am en s fü r d ie g leiche P erso n , vgl. G . D e l l i n g , D ie Begegnung zw i­

schen H ellenism us u n d Judentum . S. 25. D ellin g stellt d ab ei fest, d a ß b eso n d ers gern e d ie in

den b eid en S p ra ch en ähnlich klin g en d en N am en b e n u tz t w u rd en , z.B. S ym eon/Sim on, J e ­ sus (Jo sch u a)/Jaso n usw.

D ie griechischen N am en w aren selbstverständlich nicht unbedingt A usdruck hellenistischer W eltanschauungen. Dies soll in vielen Fällen eher als eine M o detendenz in terp retiert w erden, doch für viele Forscher ist es zugleich ein Z eichen einer H ellenisierung jüdischer Gesellschaft.

71 Vgl. dazu S. K r a u ss, Griechische u n d lateinische Lehnwörter in Talmud, Midrasch und

Taigum, Teil I-II, H ildesheim 1964. D ie S prache d er m ischnischen u n d talm udischen L iteratur

spiegelt zwar das A ram äische einer sp ä teren Z eit wider, doch in ihrer E n tsteh u n g reicht sie nach M. H e n g e l , JW enii/m u n d Hellenismus, S. 113, weit in die vorchristliche Z eit zurück.

(23)

die den Bedürfnissen der G riechisch sprechenden G em einden entgegenkam .

Pragm alinguistische Besonderheiten der brieflichen Kommunikation im Falle der Paulusbriefe72

Die Briefe des Apostels Paulus, die auf den ersten Blick in der griechisch-röm ischen Brieftradition stark verankert erscheinen, weisen bei der näheren B etrachtung eine Vielzahl von A bw eichun­ gen vom hellenistischen Briefform ular auf und lassen dabei eine gewisse Spannung zwischen b eibehaltenen K onventionen und den vom A u tor eingebrachten individuellen V ariationen erkennen. D ie originellen Züge in der K orrespondenz sind zum einen auf die spe­ zifische kom m unikative Situation, in d er die Briefe entstanden und funktionierten, zurückzuführen; zum anderen hängt die individuell geprägte G estaltung der Briefe m it der in ihnen jeweils m itgeteil­ ten Botschaft eng zusam m en. A uf die beiden F aktoren w erde ich im folgenden näher eingehen.

D ie P aulusbriefe sind aus k o n k rete n p asto ra le n B edürfnissen d e r von Paulus g e g rü n d eten G em ein d en erw achsen. W egen der U nm öglichkeit, sich m it seinen A d re ssa te n direkt zu treffen, rich tet Paulus an sie Briefe, die ein E rsatz für das feh len d e persö n lich e A u ftre ten des A postels sein sollen. D ie B riefe w en­ den sich grundsätzlich an eine G em ein d e in ih rer aktuellen , k o n ­ k rete n Situation. Sie d ienen dem G ed ank en au stausch , d e r B e­ lehrung, dem T rö sten o d er d e r E rm ah n u n g d er G em eind e und dadu rch d er Festigung d e r G em einschaft zwischen dem B riefau ­ to r und B riefad ressaten . In diesem Sinne sind sie sta rk situ ­ ationsbezogen und trag en deutlich e rk en n b are Z üge e in e r priva­ ten K orrespondenz. F ü r D eissm ann b ild eten sie d a h e r ein e in ­ deutiges Beispiel d e r „ ech ten ” B riefe, die für k o n k rete A d ressa­ ten und nicht für die Ö ffentlichkeit o d e r N achw elt geschrieben w ord en sind.

72 U n te r P aulusbriefen v ersteh e ich h ier die so g e n an n ten pro to p au lin isch en B riefe des

Corpus P aulinum (R ö m , G al, 1-2 K or, 1 T hess, Phil, Plilm ), die gem einhin als au th en tisch

an e rk a n n t w erden. A u ß e r A ch t lasse ich dagegen die m eistens als d eu to ro p au lin isch e b e ­ tra c h te te n S chriften (E p h , K ol, 2 T hess), d ie p a sto ra le n B riefe (1-2 T im , T it) u n d den H eb räerb rief.

(24)

D ie von D eissm ann aufgestellten K riterien zur D eutung von Paulusbriefen reichen jedoch nicht aus. Zum einen m uß m an mit Stowers anerkennen, daß die von D eissm ann untersuchten Papyri aus Ägypten nur einen Teil der brieflichen Kom m unikation in der A ntike darstellen, zumal: „The papyri show us the life and culture of som e small provincial towns in Egypt. In certain respects these towns w ere rath er rem ote from the life of the great centers of H el­ lenistic culture such as the cities of Paul. If we could examine the papyrus rem ains of a trash heap or private archive from E phesus or C orinth, we would probably see a somewhat different and m uch m ore complex picture of ancient epistolography. T herefore it is of the utm ost im portance to include th e evidence of letters preserved by literary trasm ission w hen we study early Christian letters.” Zum anderen, selbst w enn die Paulusbriefe m indestens zum Teil wie eine tatsächliche K orrespondenz funktionierten, m uß m an m it Trobisch auch die T atsache sehen, daß die überlieferte Endgestalt der Paulusbriefe „Ergebnis einer R edaktion ist, die versucht hat, aus der u n l i t e r a r i s c h e n V orlage eine für die Ö ffentlichkeit ge­ eignete A usgabe zu schaffen”. A u f der E bene der R edaktion w ur­ den also in Paulusbriefen diegleichen B earbeitungstechniken ein­ gesetzt wie in den literarischen Briefsam m lungen73.

U nabhängig davon, inwieweit eine gegebenenfalls spätere R e­ daktion in den von Paulus stam m enden Text eingriff, unterliegt es keinem Zweifel, daß m indestens einigerm aßen auf Paulus selbst die künstlerisch-literarische Verfassung seiner Ideen zurückzuführen ist. D a Paulus m it seinen Schriften alle erreichen wollte und für die G riechen wie ein G rieche, für die Juden dagegen wie ein Ju de (vgl. 1 K or 9,21) sein wollte, greift er zu den besten literarischen M u­ stern (die er offensichtlich gut kennt) der beiden K ulturen, in de­ nen er aufgewachsen ist, und bearbeitet sie je nach den F o rd eru n­ gen der zu überm ittelnden Inhalte.

Paulus’ Briefe stellen som it nicht nur eine beeindrückende, en­ gagierte „fam iliäre” K om m unikation zwischen ihm und seinen A d ­ ressaten dar, sondern sie sind auch als literarische Kunstwerke zu betrachten, insofern aus den Briefen die rhetorische K unstfertig­

13 Z u r R e d ak tio n stech n ik en d e r B riefsam m lungen in d e r A n tik e vgl. D . T r o b i s c h Die E ntstehung der Paulusbriefsam m lung S. 97. A nschließend versucht T robisch die E n ts te ­

(25)

keit des A utors durchscheint. D ie E igenart des paulinischen Schre­ ibstils b eru h t dabei gerade darauf, daß er sich keinen rhetorischen M ustern verpflichtet fühlt und sich je nach Bedürfnis sowohl der dialektischen als auch der em otional-m itreißenden oder der freien, antiklassischen (sog. asianischen) A rgum entationsw eise bedient. In dem Sinne bleibt er im m er noch dem antiken epistolographi- schen K anon treu, denn nach dem B rieftheoretiker D em etrius se­ ien im B rief starre form ale R egeln d er D ialektik völlig unerw ünscht und m an sollte sich eher der offenen epideiktischen R hetorik zuw enden74.

Paulus verfaßt seine Briefe in der dam aligen W eltsprache, w el­ che eindeutig die U m gangssprache K oiné in d e r hellenistischen Z eit ist. Paulus zeigt dabei „ein gutes, bisweilen gewähltes V ulgärgriechisch”75. E r weiß verschiedene E rrungenschaften der griechischen R h eto rik zu schätzen und sie entsprechend seiner Z iele in seinen Diskurs zu integrieren. M eh rere Beweise dafür, daß Paulus m it der griechischen R h eto rik sowie m it K onventio­ nen hellenistischer Epistolographie gut v ertrau t war, bringt seine K orintherkorrespondenz. H ier gebraucht er n eben den direkten oder redew endungsartig p arap h rasierten Z ita ten d e r griechischen Klassiker (wie z.B. in 1 Kor 15,33) vor allem zahlreiche M eta­ phern, die au f die hellenistischen Lebensverhältnisse und L ebens­ bedingungen anspielen (Sport-, Rechts-, M ilitär- und H andelsm e­ taph ern ); er b edient sich d er bei Stoikern b eliebten triadischen Form el (z.B. ,,επι - δια - εν” in E p h 4,6), d e r A lliteration (z.B. 2 K or 6,3), des Oxymorons (z.B. 2 K or 6,9 und 8,9b) und ähnlicher stilistischer M ittel; er nützt dabei gerne dialogische Stilfiguren (z.B. Scheinfragen und -antw orten, die zu Stilelem enten der po- pularphilosophischen D iatribe gehören) aus. D arü b er hinaus schreibt er sowohl nach den G esetzen d e r forensischen (v.a. im G alaterbrief, d er auch eine A pologie in Briefform genannt wird), als auch d er sym buleutischen (besondes im Philem on- und im P hi­ lipperbrief) sowie der epideiktischen (z. B. 1 Thessalonicher- und R öm erbrief) R hetorik. Im Prinzip wird jedoch Paulus nicht

74 Vgl. D e m e t r i u s, D e elocutione, S. 225.

73 F. B l a s s , A . D e b r u n n e r G ram m atik des neutestam entlichen Griechisch, G öttingen 1979, S. 19.

Cytaty

Powiązane dokumenty

, z otworów "Edward II", "Kamień Pomorski IG- 1" i "Józef' do oznaczenia składu izotopowego obejmującego izotopy stabilne wodoru i tlenu oraz

Takim obszarem, który na terenie Polski sprzyjał wymianie mi ę dzykulturowej, handlowej, gospodarczej, edukacyjnej oraz przenikaj ą cym inne aspekty ż ycia społecznego

Du o kolonii tych bakterii wyst pi- ło tak e w glebie ryzosferowej fasoli zwykłej w kombinacji do wiadczenia, gdzie zastosowano Biosept 33 SL (tab. Skład gatunkowy

a) reakcji dekarboksylagi, prowadzącej do połączeń o charakterze eterów, np.. chlorofcnol lub inne fenole w zależności od wyjściowego substratu. Proces ten dobrze

Prawa własność przemysłowej to szczególny rodzaj praw powiązanych z wyłączno-

The shoreline response numerical model : (a) takes an input specification for wave height , wave period, and wave direction at the seaward boundary; (b) refracts, diffracts, and

5) Relacje między Bogiem a człowiekiem Biblia porównuje także do zaślubin, w których Bóg czynnie oddaje się człowiekowi, a człowiek biernie przyjmuje Boże działanie.

Spherical harmonic analysis of satellite gradiometry / Reiner Rummel .... Case studies of sradiometric eIIqI