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Deutsche Volksbildung, Jg. 4. Dezember 1928, H. 2.

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Moll und Musik

MitBeiträgenvon

Dr. KerlchensceinerJ Dr. v.Baeckmann J Dr. v.panåer Dr. ZentnerJ Dr.HereleJ HcherlJ Hcherer

DieLlageinHäåtirol von Dr. Mumeller

4.Jahrg.Ulr.e Dezember1928

Zweimanatsschrist,herausgegebenvon GeargKerlchensteineru.Karl Alexander vMiiller

Merlagvon R.OldenbaurgsMünchenund Berlin

ZåhtlithM.z.— EinzelheftM.o.75

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BayerifcherVolksbildungs-Verband, gegr. Im Dem Landesverband für freie VolksbildunginBayernangeschlossen.

Geschäftsstelle:München,Adalbertftr. 15-l, Fernruf24177. Poftscheckkonto4330.

1.Vors.;Geh. Oberstudienrat, Univ.-Prof.Dr.GeorgKerschensteiner, München.

Stellv. Vorsitzende:Generalintendant Clemens Frhr.v.Franckenstein undUniv.-Prof.

Dr.KarlAlexanderMüller,München.

Vorstandsmi:DieVorsitzendenundSenatspräsidentDr.Ernst Müller-Meiningen, Staatsministera.D.-Univ.-Prof·Dr.KaupXBürgermeisterDr.O.Mainerx Oberlehrer Dr.AdolfStrehler XHauptlehrerF.Wahl,München. Juristischer Beirat: Ober- landesgerichtspräsidentM. Hahn-Nürnberg Pressebeirat: Prof. P.N.Coßmann, HauptschriftleiterDr.Mündler, dieSchriftleiter P. Ehlers, C.Freund, H. Maier, A.Noelte,Dr.O. v.Pander undDr.W.Zentner. Schriftführer: Hauptk. Gg. Hauns schildundHauptk. Zwißler. SchatzmeisterJDr.Alfr. Rudolph, München, Bayer.

Vereinsbank, Promenadestr.14.

Abteilungen: 1.Volkstümliche Kunftpflegez Münchener Opernbühne: Hauptlehrer Wahl,VorsitzenderderLandesstelle für VolksbildungdesBayer.Lehrervereins, München, Harlachingerftr 38;Tel.42567; Postscheckkonto23077.

2.Volks- undJugendbiichereicn, Schundliteratnrbekämpfung: Hauptlehrer Ell, HauptlScherlundDr.Prestel, Südd.Lehrerbücherei,München,Rosental 7,Tel.20869.

3.Körperlicheundstaatsbürgerliche Erziehung: Grafv.Luxburg, Dr.Gertraud Wolf,OberftudienratDr.Kemmer, München, Gabelsbergerstr41.

4.Bild-undWerkkunft: KunstmalerDr.Quante, München, Ysenburgstr. 2,Tel. 61348.

WanderkunstausstellungemOberlehrer Freytag, München, Winthirschule. Lichtbilderund Lehrfilme: Oberlehrer Buckler,München, Albanistr.2.

5.VolkstümlicheHeimatpflege:Dr.O.Mainer, München,Leopoldstr·27,Tel. 36 0043, Arbeitsgemeinfchaftenbestehen a) fürdasWanderbüchereiwefen mitder Beratungsstelle fürVolksbüchereien an derBayer.Staatsbibliothek, München, Ludwigstr. 23, b) fürdiePflege des Kultur- und Spielfilms mit derBayer.

Landesfilmbühne, München,FranzJosefstr.41,Tel· 360426. Leiter:D1-.Joh. Eckardt, c)fürWanderlehrgänge mitderVolkshochschuleMünchen (Direktor Bohl).

BeifitzerxMin.-Rat Dr.Bauerschmidt; Landtagsabg. Oberstudiendirektor Burger, Ludwigshafen;Jntendant Kurtv.Boeckmann; Reg.-Schulrat Bogenftätter; Arnold Element; Dr.Dolles, Lauingen; Professor Fritz Erler; ProfessorOskarGraf; L.

Frühauf; Dr.M.Hartig, Päpstl. Hausprälatu.Domkapitular;Stadtbibliothekdirektor Held;Oberreg.-RatHeydel; Prof.Dr.H. Hilpert, M. d.L.;Geh. Kommerzienrat Kammerecker (Wirtschaftsbeirat);Sanitätsrat Dr.Lunckenbein, Ansbach7 Oberbürger- meister Knorr; Pfarrer Langensaß; Reg.-RatDr.Leibig; Exzellenzv.Mülmann;

KommerzienratArtur Riemerschmied; Dr.RobertRiemerschmid; Stadtrat Ritzer, Etlangen;Geh.Komm-Rat Röckl; AbtAlban Schachleiter; Oberregierungsrat Schultheiß; L.-Abg. Städele; G. C.Steinicke; Dr.Stiebe, Deutscher Gesandterin Riga;Reichsministera.D.Dr.K.Stingl; Direktor KarlThiemig; Reichsbahnpräs Geh.Rat Ritter von Völcker; StadtschulratWeigl, Amberg;Univ.-Prof.Dr.Zahn;

Min.-Rat Dr.Ziegler undStadtrat Zuber, München.

Vertreter angefchloffener Verbände tmGesamtausfchußx GräfinBaudissin; Staats- ministera.D.Dr.vonBrettreich, RotesKreuz; VerlegerStadtrat Bosse,Regens-barg;

Carry Brachvogel, Schriftstellerinnenverein;Prof.Dr.Büttner; Regierungsdirektor Deg- mair,Landshutx Obervermessungs-und Stadtrat Deisenberger, B.Sängerbund; Studien- ratO.Döbereiner, Nürnberg; Franz Efinger; RegierungsdirektorEymann, B.Be- amtenbund;Prof.Dr.Fehn,Bamberg;Geh.RatProf.Fleischmann, Erlangen; Haupt- mann Frank, B. Kriegerbund;Dr.Friedrich, Schrift-s’teller-Schutzverband;Dr.Gebhart, Lindau; Schulrat Gierfter, Lands-but; Graphiker PanGlaß; Prof. Gößler, Augsburgz Dr.Gofferje, Ochsenfurt; Univ.-Prof.Dr-Gallinger; Geheimrat Prof.D1-.Hans Grässel, Kunstgewerbeverein;Joh. Grom, Frankenverein; Jnspektor Grötsch, Oberpfälzerverein;

Prof.Gschwind,Freising; HofratGutleben; Geh.RatD1-.Hammerschmidt, Deutscher Sängerbund; Pfarrer Haf fner,Altdorfb.Nbg.; Geh. RatD1-.Halm,Heimatschutz; Haupt- schriftleiter F. Hartmann, Neustadta.H.;Buchdruckereibes. Heber,Augsburg;Schul- direktorHeld;Frhr.vonHerman, Gesellschaft f. Leibesübungen;BankdirektorHertlein, Max Flieget-Gesellsch; Frl. Hocke, Künstlerinnenverein;Amtmann Hölzlmeyer,Bürger-

(FortsetzungS.50)

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DeutscheVolksbildung

NachrichtenblqttdesBayeriskhen Volksbildungsverbanöes

Schriftleitung: Kurt Trampler, München, Galeriestr. 15JIII. Fernruf:29292.

4.Jahrgang e.Heft Dezember1928

Vom musikalischenErleben

Von

GeheimratProfessorDr.GeorgKerschensteiner.

Indemwir dasWortaussprechen ,,eine Musik verstehen«,kommen wir zu einer Grundbedingung desmusikalischenMenschen,diefreilich geradevon denKünstlernundnicht bloßvonMusikernalleinbestrittenwird. Diemeisten meinen darunter, daßderHörendeoderSpielendeüber denthematischen Auf- baudesWerkesintellektuelle Klarheit besitzt.Obersie besitzt,bemerken wirbeiReproduzierendenleichtinihrerArtderPhrasierung. Siekannnie- malsganzeindeutiginZeichenniedergelegt werden, sonstwäreeineBülow- AusgabederBeethovenschen Klavierfonaten mit allenihren Anmerkungen überPhrasierung einhöchstüberflüssiges Beginnen.

Meinen wiraberunter »verstehen«nur intellektuelle Klarheit überden formalen Bau eines Gebildes,so istesfür mich noch sehr fraglich,obdieses Verstehen genügt,denZuhörermitfortzureißen.Einen Menschenverstehen heißt erheblich mehr,alsintellektuelle Klarheitübersein geistiges Wesenbe- sitzen.Esheißt zugleich, sichinihn hineinfühlen,mitihm für Augenblicke seelischEins zuwerden. Ja ich glaube,wirkönnen ohne starkeEinfühlungs- fähigkeitbeiallerintellektuellen KlarheitüberdasDenken und Tun eines Menschen ihngarnichtinseinem wahrenSinne »verstehen«. Denken, Reden, Tun,sindnur dieZeicheneinesinnerlich SeelischenoderGeistigen.Sosind eswohl auchdieLinien undLinienführungeneiner Radierung,dieTon- bewegungund Harmonisierung eines Liedes. Man kann Fugen bauen, Ornamente zeichnen,in»CorbussierscherSachlichkeit«Gebäude hinstellen,in HölzelscherMathematikdesGoldenen Schnittes Bilder malen,mit voller Klarheitdes formalen Aufbaus,aber ohne eine Spur von seelischer Vewegung. NurderVerstand führtdieHandundbautglänzendeEispaläste.

Esgibt gewiß Menschen,dieanihnenwarm werden können,weilsie nichts suchenalsdenWert derformalen VollendungdesTechnischenoderwiesie sich auchausdrücken,derSchönheit,derBewegungundLinienführung.Es gibtaber andere Menschen,die inihnenfrieren,weilsiedasheißeBluteines Schaffendenvermissen,denen MaßundZahl,Gesetzlichkeitund Sachlich- keitnicht Selbstzweck sind, sondernnur Mittel,dasglühendeLebeninSchran- ken zuhalten. Esgibt Tausendevon Kompositionen,die mitsolchem Herzblut geschrieben sind,die wierauschendeStröme ausderTiefeeineraufgewühlten Seele hervorbrechen, nichtweilsie gewollt werden, sondernweilsie hervor- brechen müssen,wenn sie nichtdieBrustdesSchaffenden zersprengen sollen.

KeineKunst ist so seelischwie dieKunstderMusik.Nurausderunergründ-

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lichen TiefedesSeelischen quilltderinnere Zusammenhangallerbewegten Form. Sieist nichtsanderes als derSpiegelderjeweiligen Gemütsbewegung, janoch mehrdesganzen schaffenden Herzens,wieesdasSchicksaldesLebens gehämmert hat. In jedem wahren Kunstwerktritt dieTotalität desSchaffen- den indieErscheinung.AberdasWunderbare, jadasMystis cheist, daß diese aus demGemüt erblühteineinem bündigenWerkeingeschlosseneWeltder Tönefür den,dersichinsie einfühlen,d.h.die ganze Gemütsbewegungmit- erleben kann, auchdannzusprechenvermag, wenn erkeineTheoriedesmusika- lischenBaues kennt,wenn ernichtin allenEinzelheitendasSpielderMotive verfolgenkanninihren Bewegungen undGegenbewegungen,inihrerimmer

neuen Harmonisierung usw. Ia esmuß so sein,wenn anders auchdieKunst

derMusikwie die anderen Künste letztenEndesnichtsanderes als derbündige objektiveAusdruck eines seelischen Zusammenhanges undnichtderAusdruck fürdasErgebniseinesrechnendenundberechnenden Geistes ist. Ichbinweit entfernt davon,in Abrede stellenzuwollen, daßdietheoretischeKenntnis des Musikalischenimallgemeinen unddertiefeEinblick inden gesetzlichenBau einesbestimmtenWerkes imBesonderen, alsodie intellektuelle Erfassungdes Schaffensprozesses den Genußam Werke bedeutend erhöhenkann. Aller rationale EinblickindieWerkstättedesGeistes ist reizvollinderWissenschaft so gutwie in derKunst.Aberob derso Geschulte auchin die Seeledesmusika- lischenWerkesund damit indenUrquell seines Schaffens eindringt,esalso imtieferenSinne »versteht«,dashängtdavon ab,oberzugleich jene Aus- wühlbarkeit des Gemütes besitzt, ohne welchedieEinfühlungindie tönenddargestellte Gemütsbewegung ihm versagtbleibt. Ich fürmeine Per- son habetechnisch musikalischeStudien erst begonnen,alsichdenGrund der ungeheuren WirkungBeethovenscher Klavier- und Triosonaten auf mich erfahren wollte, eine Wirkung,die ichvielseltenerbeidenMozartschen Sonaten empfand. Immer istmirdieFrage aufgestiegen,warum michdie einen mehr ergreifenalsdieandern,bisichzurAntwort kam,esmußin der inneren NotwendigkeitderEntwicklungihrer FormenundSätze liegen,eine Notwendigkeit,die neben derallgemeinenGrammatik desMusikalischender individuellen GesetzlichkeiteinesüberreichenGemütes entspricht.Aberlange bevor ichdenWegdertheoretischen Einsichtin denAufbauderSonatensätze ging,konnte ich,um nur einBeispiel anzuführen,niemals die Tränen zurück- halten,wenn ichindem großenB-Dur-Trio Beethovens (0p. 97..) zum Seelensrieden desAndante kam,mitdessenVariationen ichin immer höhere undreinere Regioneneiner ewigen Seeligkeit aufstieg. Immer begleitete michdabei das SchicksalsbilddesMeisters, derdiesenhimmlischen Gesang schrieb. Ich fühlte seine zeitliche Erlösungvon allemLeid,wieersie unendlich vieltiefer gefühlt habenmag, da dieTöneihmaus derFeder quollen.

Gewiß isteinsolcher Seelenrapport keineIdenditätsbeziehung.Erkann esgarnicht sein,weilderStrom derGemütsbewegungausdenunmeßbaren Tiefender Totalität einerPersönlichkeitbricht,derenjede eigen-undeinzigartig ist.AberdieLogikinderEntwicklungderGefühle, gemäßwelcher sie anwachsen undverebben,sich sublimieren und vergeistigen, sich verschmelzenundvon- einander loslösen, sichverwandeln undineinander umschlagen, sich mischenund wieder entmischen, ist wohlin allenMenschendiegleiche, so daßes nur aufden Reichtum,dieReinheit, BeweglichkeitdesGemüts ankommt,damit diestarke Kraftder SeeledesKomponistendieschwache KraftdesHörersmitsichempor- 32

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reißenkann, KeinGefühl isteinstatischerZustand, jedes ist dynamischim Schaffen sichselbstinduzierendundverwandelnd. Nicht daraufkommtesan,daß einAndante Andacht, Sehnsucht, Ehrfurcht,Liebeatmet,einAllegroMunterkeit, Freude, froheSicherheit, Wanderlust,einPrestostürmischeLeidenschaft,aus- gelassenen Jubel,trotzige Entschlossenheit,einAdagio Entsagung, Wehmut, Sehnsucht, Andacht,Demut, Zerknirschung, Trauer,stille Seeligkeit, Erlösung undwieallediese Gefühle heißen mögen, sonderndarauf, daß diese Gefühle, vondenen keinessichvom andern scharfgenug abgrenzenläßt,vondenen jedes

nur inseinem Kulminationspunkt sichklarbezeichnen läßt,in derTonbewegung wachsen, abnehmen, sich verbinden, sich mischenodervöllig verschmelzen, sich vergeistigenundauflösenkönnen. Wenn MusikdenMenschenzuveredeln vermag wiedasPlatounddie alten Griechen glaubte, sokanndiese Möglich- keitnur imLäuterungsprozeßderGemütsbewegung liegen.

Esist sehr schwerzubeweisen,obsieeskann,denn Veredelungbedeutet eineZunahmederReinheitdesGemütes. Aberwer nicht ohnehin schonein reines Gemüt hat,wirdaus denTonwerken Beethovens dieReinheit seiner Gemütsbewegungschwerlicherleben können. AlleKunst:dieliterarische,die bildende,diemusikalischevermag nur dendurch ihren Inhalt emporzuführen, derinihrein,wenn auch noch so schwaches Echo seiner eigenenSeele erlebt.

Der Satz, daß böse MenschenkeineLieder haben,derdochnur so gemeint seinkann, daß siekeineedlen Lieder besitzen, spricht wohleine instinktive Erkenntnis derebenberührten Tatsacheaus.

Somöchte ich diese Betrachtungen mitderBemerkungschließen,daßdie höchstemusikalische Veranlagung nicht bloßdiephysiologischen Grundlagender Befähigung für Rhythmus, Tonhöhe, Klangdifferenzen und nicht bloßein Minimum von Tongedächtnis besitzen müssen, sondernneben derFähigkeit, dieThematik desmusikalischenGebildes zuerfassen, auchdieFähigkeitder innerlichen AufwühlbarkeitundderEinfühlungin diedurchdieTonbewegung ausgedrückte Gemütsbewegung. Allediese Eigenschaften lassen sichüben bisaufdieletzte.Werauch sie besitzt,magsich glücklichpreisen. Jhmerschließt sich erstganz derungeheureReichtumderabendländischen Musik.

Wir habeneineReihevonPersönlichkeitenderVolksbildung gebeten, uns ihreGedanken zuPctFrage »Volkund Musik« mitzuteilen, ins- bxspndckesichdazuzuaußera,wie dieübermittlung guter Musikvon raumlichen und wirtschaftlichen Schranken befreit werden können.

Die Schriftleitung.

Musikund Volks-gemeinschaft

Volk: Bewußtsein unauflösbarer, wurzelverflochtener Schicksalsgemein-, schaft.Einerihrer stärkendsten,bis zu des Baumes höchstemWipsel steigenden Nährsäfte:dieKunst, Musikvor allem. Denn siewendet sich nichtan den Jntellekt, heuteeinSchlachtfeld unzähligerweltanschaulicher,politischeroder ästhetischerGegensätzlichkeiten;sie dringt tieferbis zumunzerspaltbaren Kern Ullfekes Wesens-Tzum Herzen. Solche Gemeinsamkeittrennt undentfernt nicht, sie führt zusammen.

Dies ausklingende Jahr(unddaswar einer seiner köstlichstenGewinne) hatuns einwundervolles Gleichnis dafür gespendet,wietief geradedie

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Musikdaslatente Bewußtsein menschlicher Gemeinsamkeiten zuweckenbe- rufenist. FranzSchubert undseinWerk:sie sindzumüberwältigendenSinn- bildeines geistigen ZusammenschlussesdergesamtendeutschenNation ge- worden,einQuell derZuversichtundKraft,eineBeseligung sondergleichen.

VonderWeihe seinesLiedes überleuchtet gabesnichts Trennendes, nichts Widerstrebendes mehr;man empfand sichnur mehralsSproßeines Bodens, aus dessenSchollenmarkdasholdeWunder des»Lindenbaums« aufgeblüht war. Mit Stolz. Mit Erhebung. Mit einem warmen Anhauchvon Liebe zuallen,in denen Schubertsunsterbliche Weisen gleichen Widerhallweckten.

Eswar inderTat ein Gleichnis. Und dies Gleichnis, sinntman ihm bis zum Grunde nach, faßt eigentlichallesinsich,was zu demKapitel,,Volk undMusik«zuäußernwäre. Worte zerbrechen hierinOhnmacht. Esisteine durchaus metaphysische Angelegenheit. Dr.Wilhelm Zentner-

DieMusikdemVolke!

Erstunter demEindruck derseelischen Not,anderunserVolkleidet, hat man sichernstlichmitdemProblembefaßt, Heilmittelzufinden.Um dieSeele gesundzumachen, mußman ihr Werte zuführen,dieihreVitalität heben,in ihrneue Lebensenergien wecken. Diewichtigsteundwertvollste Medizinaber istdieKunst.Esist längsterkannt worden, daß sie nicht bloßeinGenußmittel ist,einLuxusobjekt. Undvon all den Schwesterkünsten istesdieam meisten entmaterialisierte, dieMusik,derdiestärkstenWirkungen zukommen. Sieist esauch, fürdie unter allenKünstendieSeele desVolksdiegrößte Empfäng- lichkeit besitzt.

Undüberalltritt nunmehr folgerichtigdasBestreben zutage, dem Volk Musik nahezubringen. Unddas muß auch oberster Grundsatzbleiben:

möglichst viel,undzwar nur wertvolle Musik der großen Masseganz besonders auch derer,die denZentrenentrücktsind, darzubieten. Unddabei kommt esvielmehr aufdieQualität alsausdieQuantität an. Nurwirk- liche, wahre Kunst darfgegeben werden,wenn damit etwas erreichtwerden soll. Unsere zeitgenössischeProduktionkommtdabeinur soweitinFrage,als sieethische Werte birgt, nicht eben bloßder Ausdruck dieser Zeit der Qual ist,einGärungsproduktallder gegeneinanderwirken- denKräfte.Siedarf nichtderAbklatschdesLebens sein,wenn sie nützen soll.

Esistabernicht so einfach,diegroßeKunst überallhinzutragen, woman sie ersehntunderwartet. Hier liegt vielleichtdiewesentlichste AufgabederVolks- bildungsverbände. Dazuaber müssen sievon alldenSeiten,diedafürin Frage kommen,vor allem auchmateriell unterstütztwerden. Mit welchem Jubelin derProvinz auch anspruchsvolle Kost ausgenommen wird,wenn sie einekünstlerischhochwertige Wiedergabe erfährt,daskonnteman beidembis- hermeines Wissens erstenundeinzigen VersuchinKaufbeuren erleben,wo auch Orchesterwerke großenStils vorgeführtwurden.

Zweiweitere Faktoren,dieauf diesemGebiete Wunder wirken können, sindnachmeinem Dafürhalten SchuleundKirche.Siesind gewissermaßen bodenständiginjedem kleinsten Orte,sindan dieengen Grenzen ihresWir- kungskreisesgebunden. HatdieSchulevorallemeineaufbauendeBedeutung, sokommt derKircheeineArtvon konservierender Wirkungzu. FürdieVer- 34

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breitungeiner wahrenmusikalischenKultur istdieguteKirchenmusik schon ausdem Grunde wertvoll,weil sieeinen festen Platz, ich möchte fast sagenim Tagesprogramm desEinzelneneinnimmt. JnKircheund Schuleaberist derLehrerdereigentliche Propagator fürdieMusik.Unddarin scheintmir einHaupterfordernis derkünftigen Lehrerbildungzuliegen, diesem Umstande Rechnungzutragen. Der Lehrer mußzum »Volkskunstwart«werden.

Sein Können muß ihmdieMöglichkeit verschaffen, aufalleZweigedespro- vinzialen Musiklebens Einflußzunehmen, von derOrganisationvereinz- mäßiger Musikpflege,bisherabzu einerberatenden undanleitenden Funktion beihausmusikalischer Betätigung.DieVorbildung auf musikalischemGebiete muß also wesentlich universalerwerden alsbisher. Auchindenprimitivsten Verhältnissenlassen sichWerte schaffen,die demVolkenützen. "

f

Dr.Karl Herele.

Volk und »neue Musik«.

Von Dr.Oscarv.Pandet(Mllnrhen).

DieKlage darüber, daßdie schöpferischeMusik heute nicht mehrden notwendigen Kontakt mit derbreiten Masse des Volkes hat, istall- gemein. DergrößteTeil derzivilisierten Menschheitwird durch Sportund seichteUnterhaltung inanderer Weisefast vollständig absorbiertund viele von denfrüher Jnteressierten sind auch durchdie NotderZeit nicht mehrin derLage sichden,,Luxus«derMusikausübungzugestatten.Diejenigen aber, welche nachdesTagesArbeit Zerstreuung suchenundgernenochder,,holden Kunst«dienen würden, sindinden Mußestunden aufdie oberflächlichsten Surrogate derMusik, auf Jazzundähnliches angewiesen, weildie»neue Richtung« sichzuweitvonihrem Empfinden entfernt hat.

DieFolgedavon ist bekanntlich, daß Konzerte, mitAusnahmederer einiger zugkräftiger Stars, leersindundnur noch dazudienen Agenturenzu unterhalten anstattdas Publikum, daßdieOper von ihrer hohenkultur- fördernden Missionzueinem Geschäftsinstitutzum ZweckedesAmüsements vonTheaterorganisationen herabsinkt,und hierwie dortdas Gespenstder RentabilitäteineEinstellungdesgesamtenBetriebes nicht aufdaskünstlerisch wirklich WertvollsteundJnteressanteste, sondern auf gangbarsteWare und dieNachfrageeines breiten Durchschnittsgeschmacks erzwingt.

Tatsache ist, daßdieUberproduktionvonKonzertenweitüber denBedarf durchdieersichtlicheUnzweckmäßigkeit,füreinPhantom unnützeAusgabenzu machen,allmählichkorrigiertwird. Dievielenjungenundteilweise begabten Künstler,diemeinten durchden Schrittin dieOffentlichkeit»bekannt«zu werden undschnellen Ruhmzuernten, unddeshalb ihre Visitenkartein den KonzertsälenderKulturzentren abgaben, beginnen ihren Jrrtum einzusehen, undeinAbflauenderKonzertflut ist daherunausbleiblichundwünschenswert.

Tatsache ist auch, daßdiemeisten Operninstitute DeutschlandsdieEinsicht gewonnen haben, daßes ohneeinen engen Kontaktmit demschaffenden Musiker aufdie Dauer doch nicht gehtunddiePflichteneiner Opernleitung

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sich nicht bloßimmehroderwenigergelungenen Abspielenvon Standard- opern erschöpfen. Tatsache istesaberauch, daßunter den»Neutönern« sich endlichdieErkenntnis Bahnbricht, daßman sichmit demSchreiben von Musik,die keiner (außer Musikern) versteht,ineine Sackgasse verläuft,in der dieMusik ihre eigenen Belangegarnicht mehrzurGeltung bringenkann.Der Schrei nacheiner zeitgenössischenMusikalsAusdruck unseresindenletzten Dezennien so sehr umgestalteten Lebensinhalts, dieabervon allen ausge- nommen undverstandenwerden kann,ist berechtigtundhatweiten Widerhall.

Die einzige Möglichkeitden verlorenen Kontakt mit derzeitgenössischen Musik wiederherzustellen scheintin einerweitausgebreiteten Pflege derselben imHausezuliegen.DerRiß zwischendeminrapider Entwicklungvoraus- geeilten Musikerunddem imGeschmackdes19.Jahrhunderts behaglichver- weilenden Durchschnittspublikum kann nur überbrückt werden,wenn die zweifellos ungesunden Extremeder radikalen Musikproduktion aufeinenatür- liche verständlicheEbene zurückgeführt werden, und andrerseits dieMusik- liebhaberwenigstensmal den ernstlichen Versuch machen, sich selbstindas Neue und fürviele nicht sogleich Zugänglicheder jüngeren Komposition einzuleben. Das kann aber nur inder Hausmusik geschehen,undAnläufe dazumachen sichüberallbemerkbar. Wiehäufigkannman jetztschonmoderne Quartette undLieder ingutenAusführungen durchDilettanten hören.Es kommt demsehr entgegen,daßdiebestensWerkeder neuen Richtunginder Kammermusik zufinden sind. Natürlich müssen sieerarbeitet werden und gebensich nicht so leichtwieSchubertlieder undHaydnquartette. Aberman vergesse nichtmit welcherRatlosigkeit nochbekannte Kammermusikvereini- gungen inderMitte desvorigen Jahrhunderts vorden letzten Beethoven- auartetten standen, lange nachdem Tode desgroßen Meisters.

Förderndindiese BestrebungenkönnenvorallemSchule,KircheundVer- eineeingreifen. Jn derSchule hat sich glücklicherweiseimGegensatzzu denletztenVorkriegsjahren dieErkenntnis Bahn gebrochen, daßdieMusik nichteinebelanglose Nebensächlichkeit,sonderneinwichtiges Erziehungsmittel ist. Inderpraktischen Ausführung dieser Jdee derMusik wirklicheinen ihrencharakterbildendenFähigkeiten würdigen Platzim Erziehungsplan zu verschaffen scheintman nochüberall sehrweitzurückzusein.Vielwird neuerdingsvonderKirche getan.Dieaußerordentlich große Zahl vorzüglicher Organisten undKirchenchorleiter,deren sich Deutschland rühmen kann, ist javon sichausschonimmer bestrebtdemzeitgenössischenSchaffenBoden zu gewinnen, weilunter ihnen selbsteine Mengeausgezeichneter Tonsetzerzu finden ist.LeidersinddieMittel,dieihnenzur Verfügung stehen, meist so gering, daßeingroßerTeilihrer idealistisch gerichteten Pläne nichtzurAus- wirkungkommen kann.Auchinderzahlenmäßig riesigen Massevon Gesang- vereinen machen sichfruchtbare Versuchebemerkbar mitdemMusikempfinden derZeit Schrittzuhalten,wenn auchdiemeisten noch,demGesetzderTräg- heitfolgend,beim »Rehlein«undbeim »grünenWald« verweilen. (Siehe Kreneck »Das geheime Königreich«.)

DieHauptsache ist, daßallean derMusik Jnteressierten dieunglückselige Parteibildung inAnhängerderalten undderneuen Schuleeinmal auf- gebenundwirklich prüfen,ob.nicht dochimNeuland dermodernen Musik manches schöne bisher nicht Dagewesene vorhandenistundobnichtander- seitsimStreben nach ungewohnten Klängenund Kombinationen mancher 36

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Komponist ungangbare Wege eingeschlagen hat. Ich habe schonvieleein- geschworene Feindemoderner Musik nachdem Anhöreneines Werkes dieser Richtungsagen hören: »Ja,das ist jagarnicht so schlimm,aber...« Und ichhabe auch schonbeivielen Neutönern nacheiner gewissenSturm- und Drangperiode ein Zurückgehen aufweit gemäßigtere Bahnen beobachten können. Jedenfalls hat diese Parteibildung bereits hundertmal mehr Unheil imMusikleben angerichtet,alsalleDissonanzenundKakophoniender radikalen Gruppe zusammengenommen Heute,wosich dieseVerhältnissezu klärenbe- ginnen, unterliegteswohlkeinem Zweifel mehr, daßdievon allen sehnlichst erwartete kommende große ,,Musik unserer Zeit« nicht mehr aufdieErgebnisse der»neuen Richtung«wirdverzichtenkönnen. Aber ebenso sicher istes,daß dieBasis, aufdersie stehen muß,der Boden,aus demsie erwachsen wird, noch nicht völligvorbereitet ist. Jnderrelativ kleinen ,,Partei«der»Moder- nen«ist nochvielzuvielKampf, Opposition, BewußtheitundKonstruktivis- mus. Erstwenn dieheutedurch schöpferischeElemente gelegten Keime Wurzel geschlagen habenwerden undeinnatürliches WachstumimUrboden desVolkes möglich sein wird, erstdann werden auchdieBlüten ewigkeits- wertiger KunstwerkederMuttererde entsprießen.Bisdahinwirduns nichts übrigbleibenals dieZeitderGährungunddes Wartens möglichstnutzbringend anzuwenden. Mitreinem Rückwärtsschauen istdabei weniggetan. Hoff- nungsvollesVertrauen aufdieunaustilgbaren künstlerischenJnstinkte unseres gottbegnadeten deutschenVolkeswirduns auchin derJrrnis problematischer

Perioden einsichererWegweiser sein. s

GlücklichdasLand unddieStadt,diesichdabeiauchinmusikalischer Hin- fichteines wahrenFührers erfreuen kann,einesFührers, der, seiner hohen Missionund Verantwortlichkeit bewußt,den»Wahn« feinlenken kannund will,und erhaben über Parteibetrieb und Eliquenhader den Strom der Meinungen zum allgemeinen Bestenzuleiten bestrebtundfähig ist. Nicht aus virtuoseSpitzenleistungenkommtesjetztan,so erfreulich dieseim Moment auch sein mögen, sondern aus bodenständigeKulturarbeit, aufdas stetige undzielbewußteWirken innerhalbeines Kreises,indem schwer bedrohte GüterdesVolkes erhaltenundgefördertwerden sollen. JndiesemSinne stehtdie bescheidene Tätigkeiteines künstlerischhohe Ziele verfolgenden Vereinsleiters oderOrganistenweitüberden glänzenden Triumpheneines herumreifendenundnirgends recht verwurzelten Stars. Unbeschreiblicher Nutzenkanngestiftet werden,wenn einFührer,undseiesauchimkleinsten Rat)men,mitderklarenEinsichtin daszuErstrebendedieTatkrafteszuer- reichenunddurchzusetzenverbindet. Hier liegendieZellen,dieorganisch sich vergrößerndundauslebend den Grund legenzumEmporwachsenverborgener künstlerischerTriebe. Und,um esnochmalszubetonen,dienatürlichsteUr- zelle dafür istdasHaus,in demdieMusikmitdemallgemeinenLeben des Menschen auchdieengste Verbindung eingehenkann. DieZwanglosigkeit undSelbstverständlichkeit,mitdersich gute MusikimHeim darbietet,ver- fehltnieihre Wirkungundist für AußenstehendemanchesMal verblüffend.

UndauchdiemerkwürdigeTatsache, daßDissonanzenundKraßheitenneuer MusikimHausenicht so schmerzhaft empfunden werden,wie beiDarbietungen

vom Podium aus,erklärtsich durchdenintimen undausgleichendenRahmen, der alleBeteiligten, SpielerwieHörer,in einen näherenKontaktbringt,als diesimKonzertsaal möglich ist.

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