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In welcher Sprache muss der Religionsunterricht erteilt werden?

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Academic year: 2022

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A. SkowpoAski.

In welcher Sprache

muss der

Religionsunterricht

erteilt werden?

BEUTHEN 0 .=S.

D ruck u. V erlag des »Katolik«, Verlagsgesellschaft m. b. H.

1902

.

3

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LQ

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A. S k o w r o n s k i .

In welcher Sprache

muss der

Religionsunterricht

erteilt werden?

B E U T H E N 0.=S.

D ruck u. Verlag' des Katoiik , . Verlagsgesellschaft m. b. 11.

1902.

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f k t

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V O R W O R T .

Wenn ich mich entschlossen habe, meine diesjährige Conventarbeit drucken zu lassen, so folgte ich dabei dem eindringlichen R ate vieler H erren Confratres, welche sich von ihr einen grossen Nutzen für das religiöse Wohl un­

seres Volkes versprechen. Zw ar wird vorliegender Aufsatz bei dem jetzt herrschenden System und der servilen T a g e s­

meinung wahrscheinlich auf W iderstand und Anfeindung stossen, doch kann ich mich dadurch nicht abhalten lassen, diese Blumenlese von kirchlichen Dekreten und A ussprü­

chen hervorragender Männer der Öffentlichkeit zu über­

geben. D er feindlichen Tagesm einung gegenüber stütze ich mich auf den A usspruch Zimmermann’s, welchen S e ­ bastian Brunner in »W oher? Wohin?« IX pag. 14 5 citiert:

»Unmännliche Seelen und durch jeden Volksw ind hin und her getriebene K öpfe thun da keinen Schritt, ohne vorerst die grosse F ra g e zu untersuchen: W as werden die Leute dazu sagen? Ein sich selbst und seinem Gewissen über­

lassener K o p f lässt hingegen die Leute sagen, was sie wollen. W ahrheit und Recht auf seiner Seite machen ihn gleichgültig für den Beifall der Menge, die nie mit eigenen A ugen sieht, nie nach eigenen Einsichten handelt, keine festen Grundsätze hat, in ihrem Verhalten keinen festen Grundsätzen folget und immer blindlings sich unterwirft dem einmal herrschenden Volkston, der Tyrannei der Mode, der A llm acht des Beispiels«.

E l l g u t h - Z ü l z O .-Schl-.-, Jfer 1 7. Mai 19 0 2.

S k o w r o n s k i ,

Pfarrer.

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„D isputare contra id, quod universa ecclesia sentit, insolentissim ae infam iae

ost“ . St. Augustinus.

" W e n n wir die Antworten der preussischen Staatsm inister auf die Beschwerden des Centrums und der polnischen Fraktion, welche die natürlichen Rechte des polnischen Volkes gegenüber der vom Staate beliebten Unterdrückungspolitik verteidigen, mit Aufmerksamkeit lesen und auf ihren ethischen G ehalt prüfen, so werden wir finden, dass sie durchweht sind vom. heidnischen Geiste Hegelscher Philosophie, welche über göttliches und natürliches R echt zur Tagesordnung übergeht und nur im Staate die Quelle allen- Rechtes erblickt.

»Die Staatsraison verbietet es,« das ist die Schanze, hinter welcher die M inister stets Deckung suchen, wenn sie vor der moralischen W ucht der Verteidigungsreden katholischer Abgeordneten das Feld räumen müssen. D er französische Staatslehrer Bodin, dessen Staats- begriff dem Hegelschen sehr nahe kommt, kennt noch wenigstens in den leges divinae et naturae Schranken der Staatsomnipotenz, indem er ausdrücklich bemerkt: Quod summum in republica imperium legibus solutum diximus, nihil ad divinas aut naturae leges perti.net«.1)

Diese Schranken hat die Hegelsehe Staatstheorie niedergerissen.

Nach H egel ist der S taat die »absolute M acht auf Erden,«: er ist

»göttlicher W ille als gegenwärtiger, sich zu wirklicher G estalt und Organisation entfaltender Geist,« er ist »der wirkliche hienieden präsente G ott und hat das höchste R echt gegen die Einzelnen,

') Sir F re d eriek P ollock S taatslehre, lieclam pag, 48.

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deren höchste Pflicht es ist, Mitglieder des Staates zu sein«. E s ist klar, dass es neben diesem Staatsgotte keine fremden G ötter mehr geben kann, dass also der ewige, persönliche Gott und die von ihm gestiftete katholische Kirche zu Gunsten des neuen Emporkömmlings und seiner Omnipotenz abdanken müssen. »Hegel selbst lässt da­

rüber keinen Zweifel und spricht sich insbesondere gegen die katho­

lische Kirche in einer W eise aus, welche man wohl als Anticipation des modernen Kulturkampfes bezeichnen k an n«.1)

Bismarck war ganz vom Geiste Hegelscher Staatsomuipotenz- lehre durchdrungen, die preussisclie Regierung Hess auf den Univer­

sitäten die Hegelsche Staatstheorie vortragen und setzte sie endlich durch die Maigesetzgebung in Praxis um. Kein W under also, wenn der K ulturkam pf entbrannte, welchen der selige M allinckrodt in einer Rede am 25. April 1874 sehr treffend als einen K am pf des christlichen Glaubens gegen eine vom christlichen Boden losgelöste Philosophie charakterisierte. Das R esultat des Kampfes war die herrliche Auferstehung der katholischen Kirche in Deutschland, welche jedes katholische Herz mit heiligem Stolze und berechtigter Freude erfüllt.

Leider kann die Freude »der Sterblichen« darüber keine voll­

kommene' sein, weil die »verderblichen schleichenden erblichen M än­

gel« des Kulturkampfes noch nicht Vollständig beseitigt sind. W ir haben erst einen aditus ad pacem, nicht die pax selbst, wir leben leider noch in dem schleichenden und darum umso geiähiiicheren Kulturkämpfe. Ein verderblicher Ü berrest des Kulturkampfes ist die A i#echterhaltung der F a lk ’schen Schulerlasse, welche, wie Dauzeu- berg noch neulich in seiner Rede zum K ultusetat am i . März a. c.

richtig bemerkt hat, das Princip vertreten, der Religionsunterricht sei nicht Ausfluss des geistlichen Amtes, sondern eine Aufgabe des Staates, der von den von ihm berufenen Organen erteilt werde.

U nd doch unterliegt es keinem Zweifel, dass sowohl die Kirche wie die Familie ein R echt au f die Schule besitzen, insbesondere ein Recht auf den Religionsunterricht und auf die A rt und Weise der Erteilung desselben. »Die Kirche ist von Christus als vollkommene, selbständige religiöse Gesellschaft gegründet. Ih r ist der A uftrag erteilt, alle Völker zu lehren. Deswegen schulden ihr in religiösen

*) H aflner, Geschichte der Philosophie pag. 1006.

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Dingen alle Getauften Gehorsam und ist si« hierin vom Staate vollständig unabhängig«l)

Ihren A uftrag kann aber die Kirche nur dann vollkommen erfüllen, wenn ihr R echt auf die Erteilung und Leitung des Reli­

gionsunterrichts nicht geschmälert wird. Ebenso hat die Familie ein unleugbares R echt auf die Schule und insbesondere auf den Reli­

gionsunterricht. Von den Kindern sagt P ap st Leo X I I I . in seinem Rundschreiben „De conditione opificum“ : »Genau gesprochen gehören die K inder nicht durch sich selbst, sondern durch die Familie, in der sie geboren wurden, als Glieder zum Staate«. H ieraus folgt, dass die unmittelbare Sorge für die E rhaltung und Erziehung der K inder nicht Sache des Staates, sondern des Familienvaters is t.3)

D er Kindererziehung wesentlichster Bestandteil ist aber der Religionsunterricht und deshalb steht den E ltern auch die Controll©

über die A rt und W eise der Erteilung desselben zu.

D er moderne Staatsgott setzt sich aber sowohl über die Rechte der Kirche wie der Familie hinweg und schaltet absolut in der Schule. M it Übergehung der kirchlichen Behörden ordnet er in den polnischen Landesteilen die Erteilung des Religionsunterrichtes in deutscher Sj>rache an und ignoriert m it souveräner Verachtung P eti­

tionen und Proteste polnischer Familienväter, welche ihr natürliches R echt auf die Muttersprache vom Staate respectiert und geschützt wissen wollen. Die S taatsräson verlangt angeblich die Germa- nisation der Ostprovinzen, und deswegen muss diesem Zwecke auch der Religionsunterricht dienstbar gemacht werden. Die preussische Regierung stellt sich hier ganz auf den Standpunkt Macchiavelli's,

»dem Religion und Moral nur Werkzeuge in der H and des R e­

genten waren, nicht aber Lehrer, selbst nicht immer sichere F ührer, sondern brauchbare Diener und Beauftragte«.3)

N icht genug aber, dass die Schule, welche man dem Einflüsse der Kirche und Familie entzogen hat, im Religionsunterrichte ger­

manisiert, versucht man auch auf die Kirche einen D ruck auszuüben, damit auch sie eine Dienerin des germanisierenden Staatsgottes werde und sich dadurch selbst als göttliche Institution negiere. W eil

‘} K irchenlexikon, F re ib u rg H erder B and 11 pag. 682.

-) K irchenlexikon, F re ib u rg H erder Band 11 pag. 683, ') S ir F red. P ollock Staatslehre Reclam pag. 41,

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aber die Kirche kraft des göttlichen Elementes in ihr sich nie zu einer ancilla Agar, zur H andlangern; einer Nationalität degradieren lassen kann, versucht man wenigstens auf das menschliche Elem ent in ihr, auf die Priester, dahin einzuwirken, dass sie die Germanisa- tionsbestrebungen des modernen Staatsgottes unterstützen oder ihnen wenigstens kein Hindernis entgegensetzen. H ierauf ist die betrübende Thatsache zurückzuführen, dass sich Priester bei Bewerbungen um eine Pfarrei einem unwürdigen \u\d leicht zur Simonie führende»

Examen in der polnischen F rage vor Bürgermeistern, Landräten und Regierungspräsidenten unterziehen müssen, dass sonst einwandfreie Geistliche nur wegen ihrer korrekten H altung in der polnischen F rage trotz ihres Rechtes auf eine Pfarrei keine definitive Anstellung finden können. Noch trauriger aber ist es, dass Priester das "Wort des hl. Paulus vergessen: »fratres, non sumus ancillae filii, sed liberae. (Gal. IV . 31) und sich zu Dienern des germanisierenden Staatsgottes freiwillig erniedrigen, indem sie ohne N ot im Beicht­

unterrichte germanisieren. Deswegen sind in letzter Z eit die Spalte]) der polnischen Presse mit Klagen über Germanisation durch die Kirche angefüllt. Ohne die Berechtigung dieser K lagen zu unter­

suchen, will ich zum Beweise, dass wirklich selbst Geistliche sich dem verderblichen Einflüsse des germanisierenden Staatsgottes Hegels nicht verschliessen können, einige diesbezügliche Äusserungen von Priestern anführen, für deren W ahrheit ich mich verbürge. »W ir haben keine Verantwortung, sagte ein Priester, wenn wir germani­

sieren, es wird ja oben so gewünscht«. E in anderer P farrer sagte zu einem noch nicht investierten Confrater in Gegenwart des Lehrers und Organisten: »Germanisieren Sie, und ich werde' Ihnen eine gute Pfarrei verschaffen«. Über diese Äusserungen und ihren Geist verliere ich kein W ort. — N ur noch eine Äusserung will ich anfüh­

ren und hier näher beleuchten: »Merken Sie wohl,« sagte zu mir ein Geistlicher mit der Miene eines in die Mysterien der Regierung Eingeweihten, »die Regierung verlangt nicht vom Geistlichen die Förderung ihrer Bestrebungen in der Schule, sie is t vielmehr schon zufrieden, wenn er ihnen nicht entgegenarbeitet. Solche Priester hält die Regierung auch für geeignet zur Übernahme einer Local- schulinspektiou«. W ahrlich, eine betrübende sophistische Spitzfindig­

keit! W er da weiss, und welcher Geistliche sollte es nicht wissen, in welch’ intensiver W eise die Kreisschuliuspektoren und Lehrer

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auf unsere armen polnischen K inder einwirken, damit sie am deutschen Beiclitunterricht teilnähmen, dem muss es auch klar sein, welches R esultat diese Passiyität des Priesters im Beichtunterrichte zeitigen muss. D er Lehrer hat die Gesinnung eines solchen passiv veranlagten Pfarrers bald erkannt und bestimmt allmählich alle K inder ttir den deutschen Beichtunterricht. Diesen Bestrebungen setzt der P farrer natürlich kein Hindernis entgegen und — probatum est — durch den Lehrer h at die. Regierung erreicht, was sie wollte, scheinbar h at sie dem P farrer freie H and im Beichtunterricht ge­

lassen, in W irklichkeit aber ' ist der P farrer eine Null, der Lehrer und durch ihn die Regierung die H erren auch des Beichtunterrichtes,

»Devorant plebem meam sicut escam pänis«. (Ps. X II I.) — D er P farrer aber gelallt sich in der Rolle des canis miitus, er erhebt nicht seine Stimme, um die Vorschrift seiner Kirche bezüglich des Religionsunterrichts in der Muttersprache zur Geltung zu bringen.

W ürde man ihn fragen, ob er A nhänger Hegelscher Staatstheorie' sei., welche die Rechte seiner Kirche leugnet, er würde diese Z u ­ mutung mit Entrüstung zurückweisen., unbewusst aber zollt er dieser Theorie seinen Tribut, indem er durch Duldung der Germanisation im Beichunterricht die polnischen K inder den eisernen Arm en des modernen Staatsmolochs überantwortet; W as würde wohl aus der katholischen K irche und ihren Rechten in Deutschland geworden sein, wenn im offenen. Kulturkämpfe die W indthorst, Mallinckrodt und Ledöchowski solchen Ansichten gehuldigt, wenn sie zwar die Maigesetze des Staates nicht gefördert, ihnen aber auch keinen W iderstand entgegengesetzt h ätten ! Die Erteilung des Religions­

unterrichtes in einer anderen als der M uttersprache ist ein K u ltu r­

kampfgesetz, ein Eingriff in die Maclitsphäre der Kirche, — wer hier nicht mit der Kirche ist, ist wider, sie und ein. A nbeter des Hegelschen Staatsgottes.

Angesichts solcher exorbitanter Ansichten, welche sich als bedenkliche Symptome der von der Hegelschen. Philosophie vergif­

teten öffentlichen Meinung charakterisieren, kann eine Conventarbeit, welche den Religionsunterricht in der M uttersprache zum Thema hat, nicht unzeitgemäss und bedeutungslos sein. Ich will daher im fol­

genden untersuchen, was 1.) die hl. Schrift, 2.) die katholische K ir­

che und 3.) die Pädagogik über den Religionsunterricht in der Muttersprache sagt, damit es klar werde, 4.) welche Stellung der

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Priester als D iener Gottes und der Kirche in dieser jetzt brennend gewordenen F rage einzunehmen habe.

I.

Als im W reschener Schulprozesse der Richter die ungebildeten Angeklagten fragte, in welcher Sprache wohl der H eiland gesprochen hätte, antworteten sie, »wir glauben, in der polnischen«. M an lachte viel darüber und doch liegt in dieser A ntw ort eine tiefe W ahrheit, welche die Einfalt des Volkes instinktmässig erriet, näm lich, die W ahrheit, dass, wenn der H eiland vom Volke verstanden werden wollte, er auch in der Sprache des Volkes reden musste. In der T hat gebrauchte der Heiland, unbekümmert um »die Staatsraison«, bei seinem Volksunterrichte nicht die offizielle lateinische Staats­

sprache, nicht die hebräische Gelehrtensprache, sondern den chal- däischen Volksdialekt der Juden. »Bekanntlich War zur Zeit Christi nimmer das Hebräische, sondern das Chaldäische die U m ­ gangssprache der Israeliten und das Volk darum ausserstande, seine hebräisch geschriebenen hl. Bücher selbst zu lesen und zu verstehen«.1) Indem der H eiland in der Umgangssprache unterrichtete, h at er da­

durch seinen Jüngern ein Beispiel zur Nachahmung gegeben und das Naturgesetz, welches jedem die M uttersprache als heiliges Gut zu schätzen gebietet, anerkannt.

Noch feierlicher wurde dieses Naturgesetz sanktioniert durch das Pfingstwunder, indem bei der Sendung des hl. Geistes den ersten Lehrern der christlichen Heilswahrheiten die Sprachengabe verliehen wurde, damit sie jedes Volk in seiner Sprache belehren könnten. »Stupebant autem omnes et m irabantur dicentes, nonne ecce omnes isti, qui loquuntur, Galilaei sunt? et quomodo nos audivimus unusquisque linguam nostram , in qua n a t i s u m u s ? (Act. apost. c. I I v. 7, 8.). D er hl. Gregor d. Gr. meint, durch die Zungengestalt wollte der hl. Geist anzeigen, dass die Kirche, mit diesem Geiste erfüllt, alle Sprachen der Nationen reden werde.

D ie K irche als Reich Christi ist nicht von dieser W elt und darum auch nicht auf eine Sprache angewiesen. Dies zeigte sich schon bei der Kreuzigung Christi, ihres göttlichen Stifters. Als der

') G rimm, Geschichte der öffentlichen T h ätigkeit Jesu I pag. 19.

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H eiland auf seinem Kreuzesthrone erhöht wurde und seine Arme weit ausbreitete, um alle Völker an sich zu ziehen, da prangte über seinem H aupte die Inschrift: »Jesus Nazarenus, Rex Judaeorum «, und die hl. Schrift fügt hinzu: et erat scriptum hebraice, graece et latine. (Joan. c. X I X , 19, 20). »Ist aber Christus nur der König der Ju d en und nicht auch der H eiden?« fragt der hl. Thomas von Aquin in der catena aurea. Allerdings auch der Heiden, denn da er gesprochen (Ps. 2): Ich aber bin von ihm zum Könige gesetzt über Sion, seinen hl. Berg, setzte er hinzu: Begehre von mir, und ich werde dir alle Völker zum E rbe geben. Ein grosses Geheimnis«

sollen wir also unter diesem Titel verstehen«. »Die Aufschrift war abgefasst in der aramäischen Landessprache, in der römischen Ge­

richtssprache und in der griechischen W eltverkehrssprache, sodass jedermann, auch die Auswärtigen, sie lesen konnten. So wurde der Kreuzespfahl der erste Missionsprediger, der die Reichsherrlichkeit des Erlösers über alle Völker und Sprachen der W elt verkündete«.1) D urch die dreisprachige Inschrift wurde also angedeutet, dass die K irche als Reich Christi alle Völker umfassen, ihre Sprachen aber schonen sollte.

Dem Beispiele ihres Meisters und göttlichen Pädagogen, folgten die Apostel und verkündeten deswegen allen Völkern in ihrer M utter­

sprache die christlichen Heilswahrheiten. D er Völkerapostel Paulus giebt sogar im I. Cor. cap. X I V strikte Vorschriften über die U nter­

weisung in der M uttersprache, welche heute noch bindende K raft für alle Verkünder des Gotteswortes in gemischtsprachigen Gemeinden haben. »Gratias ago Deo meo, so schreibt er, quod omnium vestrum lingua loquor«. W arum denkt er also? W eil er sich den Korinthern in ihrer Muttersprache verständlich machen kann. D enn »in ecclesia volo quinque verba sensu meo loqui, ut et alios instruam, quam decem milia verborum in lingua« d. h. nach dem Kommentar des Menochius:

»Ich will in der Kirche lieber fünf W orte sprechen, dass ich ver­

standen werde und andere unterweise, als zehntausend W orte in einer für die Zuhörer unverständlichen Sprache«. D aher verordnet er, dass, wenn in einer andächtigen Versammlung in einer fremden Sprache geredet werden sollte, diese Ansprache auch sofort übersetzt würde, ut unus interpretetur. Si autem non fuerit interpres, taceat in eclesia,

*) B isping’s E rk lä ru n g des Job. Evangel. cap. X IX v. 19.

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d h. man soll lieber schweigen, als in einer unverständlichen Sprache unterweisen. A m Schlüsse des K apitels scliärft er noch einmal seine Vorschriften den Priestern ein, indem er schreibt: »Si quis videtur propheta esse aut spiritualis, cognoscat quae seribo vobis, quia D o­

mini sunt mail data. Si quis autem ignorat, ignorabitur. Itaque, fratres, aemulamini prophetare et loqui linguis nolite prohibere«. K ann es wohl eine schärfere Verurteilung der Germaiiisation durch den Reli­

gionsunterricht ' geben, als diese eindringlichen W orte des Völker­

apostels? Domini sunt m andata! D er H e rr und H eiland h at die Entnationalisierung durch den Religionsunterricht verboten. D aher qui ignorat liaec mandata, ignorabitur!

Als in der jungen christlichen K irche sich eine judaisierende Richtung bemerkbar machte und selbst der hl. Petrus ihr Konzessionen machen zu müssen glaubte, widerstand der hl. Paulus energisch dieser Richtung und tadelte den hl. Petrus. In faciem ei restiti, quia re- prehensibilis erat, Quomodo geiit.es cogis iudaizare? (Gal. c. I I 11. 14).

Ich weiss wohl, dass die. Nachgiebigkeit des hl. Petrus sich nicht auf die Sprache, sondern die opera legis bezog. Die A nhänger der ger­

manisierenden Richtung in Oberschlesien kann man aber mit Recht fragen: Quomodo iufantes cogitis germanizare? »Quicunque enim in Christo baptizati estis, Christum induistis? Non. est Judaeus, neque Graecus, omnes enim vos unum estis in Christo Jesu«. (Gal. I I I 27).

W er aber die Germaiiisation im Religionsunterricht sei es aktiv oder passiv fördert, um bei der Regierung gut angeschrieben zu sein, der möge die W orte Pauli bedenken: »An qiiaerö liominibus placere?

Si ad hüc liominibus placerem, Christi servus non essem«. (Gal. c. I, 10).

Soweit die hl. Schrift,

II.

Was sagt nun die katholische Kirche zum Religionsunterricht in der M uttersprache?

Als nach der Gründung des lateinischen Kaisertums nationale Streitigkeiten zwischen Griechen und Lateinern entstanden, dekretirte P apst Innoceuz I I I . auf der IV . Lateransynode im Ja h re 1215, die Bischöfe sollten zu Geistlichen idoneos viros wählen, welche die G läu­

bigen in ihrer M uttersprache unterweisen sollten. Dieses D ekret findet sich aufgezeichnet im Corpus iuris canonici cap. X IV . D e officio J u -

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clicis Ordinarii X , I. 3.1 und lautet also: Qnoniam in plerisque pal'- tibus intra eahdem civitatem atque dioecesim permixti sunt popidi diversarum linguarum, liabentes sub una fielt* variös ritus et mores, d i s t r i c t e p r a e c i p i m u s , ut pontifices huius modi civitatum sive dioecesimn providcant viros idoneos, qui secundum d i v e r s i t a t e s rituum et l i n g u a r u m divina illis officia celebrent, et ecclesiastica sacram enta administrent, instruendo eos verbo pariter et exemplo«.1) Gonzales Tellez giebt in seinen Commentarii quinque libroruni Decretalinm Gregorii IX . (herausgegeben in F rankfurt a. M. 1690) lib. I. pag. 788 folgende E rklärung zu diesem D ekret: »Tiros idoneos d. b. solche Männer, welche die Sprache derer kennen, welche sie auf himmlischen Triften weiden sollen. E s ist nämlich notwendig, dass der R ektor einer Kirche die Sprache seiner Gläubigen beherrsche, damit sie ihn. sowohl beim Spenden der hl. Sacramente, wie beim Verkünden des W ortes Gottes verstehen gemäss den Vorschriften des hl. Paulus an die K orinther cap. X IY . v. 26, linguam habet et inter- pretationem habet und v, 1.1, si ergo nesciero virtutem loci, ero ei, cui loquor, barbarus *— et qui loquitür, mihi barbarus«.1)

D er gelehrte Bischof Hefele (Konziliengeschichte B and Y. p. 789) erklärt dieses D ekret wie folgt: »W enn in einer Diöcese verschiedene Nationen m it verschiedenen R iten und Sprachen leben, so soll der Bischof taugliche M änner wählen, welche für jede Nation in ihrer

Sprache und nach ihrem R itus Gottesdienst halten«.2)

AVas folgt nun aus diesem D ekret der IY . Lateransynode, welche von 71 Prim aten und Metropoliten, von 412 Bischöfen und 800 Äbten der verschiedenen Sprachen und Riten besucht war? 1) dass die Kirche durch eine feierliche Entscheidung das R echt einer jeden Nation auf ihre Muttersprache und ihre Sitten anerkannt hat, 2) deswegen jede Entnationalisierung der Gläubigen, durch ihre Diener verbietet und 3) den Bischöfen und Geistlichen es zur Gewissenspfliclit m acht — districte praecipimus, ut secundum d i v e r s i t a t e s l i n g u a r u m divina officia populis celebrent et sacram enta ecclesiastica administrent instruendo eos verbo pariter et exemplo.

W enn wir dieses D ekret auf unsere oberschlesischen Verhältnisse an wenden, so ergiebt sich daraus die Vorschrift, dass unser polnisches

1 i Kuryer P oznaiiski Ja h rg . 1890 A pril.

a) K uryer P oznaiiski Jahrg-. 1890. A pril,

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Volk in seiner polnischen M uttersprache unterwiesen werden muss.

Zum polnischen Volke gehören aber nicht bloss die Erwachsenen, wie einige zu glauben, scheinen, sondern auch die Kinder, obwohl der moderne Staatsgott sie für sein ausschliessliches Eigentum ansieht und daher mit Übergehung der kirchlichen Behörden und Nichtbeachtung der Elternrechte eigenmächtig die Unterrichtssprache in der Religion bestimmen zu können glaubt. W er daher die polnischen K inder im Beichtunterricht, wo er noch freie H an d hat, gleichwohl deutsch unterrichtet, der widersetzt sich der klaren Vorschrift der Kirche, der anerkennt das usurpirte Recht des Staates, leugnet aber das göttliche R echt der Kirche, welcher er Gehorsam schul­

dig ist.

Noch präciser drückt das Tridentinum in der sessio X X IV . cap. V II. die Vorschrift der Kirche bezüglich des Religionsunterrichtes in der M uttersprache aus: »Damit das christliche Volk zum E m ­ pfange der Sakramente m it grösserer Ehrfurcht und Herzensandacht hinzutrete, verordnet (praecipit) die hl. Versammlung allen Bischöfen, dass sie nicht allein, wenn die Sakramente durch sie persönlich dem Volke gespendet werden, zuvor deren W irkung und Gebrauch nach der Fassungskraft der Em pfänger (pro captu suscipientium) erklären, sondern auch trachten, dass ebendasselbe von allen Pfarrern mit Frömmigkeit und Einsicht auch in der M uttersprache (etiam in lingua vernacula) wenn es nötig ist und füglich geschehen kann, beobachtet werde, nach der von der hl. Versammlung in dein Unterrichte für die einzelnen Sakramente zu bestimmenden Form, welchen die Bischöfe genau in der Volkssprache (in. vulgarem linguam) werden übersetzen und von allen Pfarrern erklären lassen; desgleichen sollen sie bei der Messfeier oder Abhaltung des Gottesdienstes an allen Festen oder Feiertagen die hl. Aussprüche und M ahnungen zum Heile in derselben Volkssprache (eadem lingua vernacula) erklären«. D as Tridentinum verordnet also, praecipit, dass nicht bloss die Predigt, sondern auch der Vorbereitungsunterricht auf den Em pfang der hl. Sakramente in lingua vernacula, vulgari, in der M uttersprache erteilt werden muss.

W elcher A rt aber flie M uttersprache eines Kindes ist, ob deutsch oder polnisch, darüber kann der Seelsorger nicht im Zweifel sein.

Nicht die dem Kinde in der Schule aufgedrungene Sprache, sondern die, welche das K ind zu H ause und im Umgänge freiwillig spricht, ist seine M uttersprache und in dieser allein ist auch der Vorbe­

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reitungsunterricht, auf den Em pfang der hl. Sakramente gemäss der Vorschrift der Kirche zu erteilen.

Die klaren Vorschriften der Kirche haben deshalb auch die Bischöfe stets befolgt und die Unterweisung der Diöcesanen in ihrer M uttersprache stets energisch verlangt und gegen Übergriffe verteidigt.

Als der hl. Augustinus die punische S tadt F assala dem Einflüsse der ketzerischen Donatisten entrissen, da sorgte er, um die Einwohner im Glauben zu stärken, auch für einen entsprechenden punisehen Seelsorger: »Aptiim loco illi congruumque requirebam, qui et punica lingua esset instructus«x). D araus erkennt man, dass dieser gelehrte Bischof die mangelhafte fremdsprachige Seelsorge für den Glaubens­

abfall der Fassaler verantwortlich machte und deswegen an erster Stelle für eine gründliche Unterweisung des Volkes in seiner puni- schen M uttersprache Sorge trug. E s wäre aber Blasphemie, wollte man annehmen, dass jener loco illi aptus sa 'erdos nach einer I n ­ tention des hl. Bischofs nur zu den E ltern punisch reden, ihre K inder aber latinisieren sollte.

In ähnlicher W eise erblickt das im bischöflichen Aufträge er­

scheinende »Sonntagsblatt« in der mangelhaften Kenntnis der deutschen Sprache seitens der böhmischen Geistlichen einen G rund für die »Los von Bom «-Bewegung unter den Deutschen in Böhmen. W as in Böhmen als schädlich für den Glauben anerkannt wird, sollte es in Schlesien harmlos sein? Sollte darum in unserer Diöcese der fremd­

sprachige, mangelhafte Religionsunterricht nicht ähnliche W irkungen hervorbringen und den Glauben unseres polnischen Volkes schwächen?

Der oberschlesische K lerus m it seinem Hochwürdigsten Bischof an der Spitze bejaht einstimmig und entschieden diese Frage, indem er in der Petition vom Jah re 1899 an den preussischen Kultusm inister aus­

drücklich bemerkt: »W ir unterbreiten Ew. Excellenz nur deshalb diese Petition, weil wir es täglich mit tiefem Schmerze und steigen­

der Besorgnis ansehen müssen, wie bei den jetzigen oberschlesischen Schulverhältnissen unser oberschlesisches Volk in seiner religiösen A us­

bildung zurückgeht, was dem Staate ebensowenig frommt, wie unserer Kirche. U nd dass die mangelhafte Unterweisung des Volkes in seiner Muttersprache auch in unserer Diöcese den G rund zu einer »Los von Bom« -Bewegung vorzubereiten geeignet ist, erkennt man aus den für

L) K uryer P oznanski Ja h rg . 1800 A pril.

:

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die Polen aufgestellten Grundsätzen des »Dziennik BerM ski«, Dieses radikale Blatt druckt in No. 189 vom 18. A ugust 1001 vier solcher Grundsätze ab, deren vierter lautet: »Das massenweise A ustreten aus der »Kirche in Deutschland« wird empfohlen«.1)

Man verkenne die Gefahr nicht. D as polnische Volk wird von den Hakatisten in unerhörter Weise chikaniert und fast zur V er­

zweiflung gebracht; wenn es nun noch in den Priestern willige H a n d ­ langer der Germaiiisation erblicken muss, dann kann es leicht Gehör schenken den »Los von Rom« - Hetzern und Socialdemokraten, zumal infolge des hakatistisclien Druckes sich bereits eine radikale Strömung im polnischen Volke bemerkbar macht. E he es darum zu spät wird, befolge m an den praktischen Wi nk des hl. Augustinus und unterrichte das Volk und die K inder in ihrer polnischen Muttersprache.

E s liessen sich noch viele Beispiele von Bischöfen (Valerius, Fulco, P apst P aul VI., Petrus de Orosco, Theofil Dantresal) anführen, welche die Vorrehriften der Kirche bezüglich des Unterrichts in der Muttersprache selbst befolgten und auch ihren untergebenen Priestern zu befolgen einschärften. Auch kann es keinem aufmerksamen P rie­

ster entgangen sein, dass unser Hoch würdigster Fürstbischof die Ger- manisation durch Priester verurteilt’. Ich will darum nur noch ein Beispiel aus der neuesten "Zeit anführen, weil gerade dieses die an- gemasste ünm ipotenz des Kultusministeriums in religiösen Angelegen­

heiten in ihre Schranken zurückweist und dem Priester die V or­

schriften der Kirche bezüglich des Religionsunterrichtes in der M uttersprache in heilsame Erinnerung bringt. A m 23. F ebruar 1873 erliess der Hoch würdigste Bischof von P osen, Cardinal - Prim as Ledöcliowski an die geistlichen Religionslehrer der Gymnasien ein Cirkular, in welchem er ihnen untersagt, in den niederen und m itt­

leren Klassen der Gymnasien den K indern den Religionsunterricht deutsch zu erteilen, weil »die A rt und Weise, wie der katholische Schulunterricht katholischen Kindern erteilt werden solle, in der k a­

tholischen Kirche nicht von den Civil-, sondern von den geistlichen Behörden festgesetzt und bestimmt wird; denn der 'H e ila n d hat die Pflicht des Lehramts im Glauben seinen Aposteln und ihren N ach­

folgern, den Bischöfen übertragen, nicht den Laien, da er sprach:

»Gehet hin und lehret alle Völker«. W ir unterrichten, h e is s t, es

x) Polenstim m en, W agnel'-Vosberg1 1902.

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weiter in diesem Cirkular, die K inder in der Religion, damit sie die Religion erkennen, nicht um durch diesen U nterricht die Erlernung der deutschen Sprache zu erleichtern. E s wäre ein Sakrileg, wenn wir diesen U nterricht für ein solches Ziel missbrauchen w ollten...

E s ist unsere Pflicht, diesen U nterricht in der für die Begriffe des Menschen fasslichsten (pro captu suscipientimn sagt das Tridentinum, Anm. des Verfassers) und für seine Gefühle empfänglichsten W eise zu erteilen, namentlich aber ist fü r K inder der Gebrauch der M utter­

sprache beim Unterricht wichtig des Verständnisses halber«1).

W ir haben nun gesehen, dass die Kirche als B rau t ihres ewig sich gleich bleibenden Stifters auch stets sich gleich geblieben ist;

von den ältesten Zeiten bis in die Neuzeit wacht sie mit grösser und gerechter Sorgfalt darüber, dass der Religionsunterricht gemäss der Intention ihres göttlichen Bräutigam s in der allein verständlichen M uttersprache erteilt werde, damit einerseits das H eil der Gläubigen gefördert, andrerseits nationale Zwistigkeiten vermieden würden. E s ist deswegen keinem Priester als D iener der Kirche erlaubt, in die­

sem Punkte eine andere Ansicht zu haben und sie praktisch durch fremdsprachigen Religionsunterricht zu bethätigen. H ier kann die Kirche die W orte Christi auf sich an wenden: »Qui non est mecum, contra me est, et qui non colligit mecum, dispergit«. (Luc. X I, 2S).

H ier gilt das W ort des hl. Augustinus: »Disputare contra id, quod universa ecclesia sentit, insolentissimae infamiae est«. N icht die W ünsche des modernen Hegelschen Staatsgottes müssen dem Priester bei der Erteilung des Religionsunterrichtes vorschweben, sondern die Vorschriften der Kirche. D e r Priester ist nicht filius A gar — in servitutem generantis — sondern filius liberae, quae est m ater nostra.

Quid dicit scriptura? »Ejice ancillam et filium eius, non enim heres erit filius ancillae cum filio liberae«,. (Gal. IV , 30).

III.

Betrachten wir jetzt den Religionsunterricht in der Muttersprache vom Standpunkte a) der gesunden Vernunft und b) der vom

Hakatismus noch nicht angekränkelten Pädagogik.

a) »W er noch nicht durch politischen und religiösen Fanatismus, durch Strebertum und Anbetung der herrschenden Tagesmeinungen

') Polnische Oorrespondenz Ja h rg . II. 1888, No. 6.

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dazu gebracht worden ist, der Stimme der Vernunft und des natür­

lichen Rechtsgefühls sein Ohr zu verschliessen, den müssen eigen­

tümliche Gedanken beschleichen, wenn er im Osten die (modernen) Pädagogen an der A rbeit sieht«, meint die »Kölnische Volkszeitung«.

U nd in der That, der gesunde Menschenverstand genügt, um die U nnatur und Verwerflichkeit eines Unterrichts in einer fremden Sprache einzusehen. Ich lasse hier einige U rteile des gesunden Menschenverstandes folgen: »Religion und Sprache sind die höchsten -Heiligtümer einer Nation, in denen ihre ganze Gesinnungs- und B e­

griffs weise gegründet ist. Eine Obrigkeit, die diese anerkennt, achtet und schätzt, darf sicher sein, die Herzen der U nterthanen zu gewin­

nen; welche sich aber gleichgültig dagegen bezeigt, oder gar Angriffe darauf erlaubt, die erbittert oder entwürdigt die Nation und schafft sich ungetreue oder schlechte Unterthanen. W er aber etwa glauben wollte, dass es zur Bildung der polnischen Nation wesentlich beitragen würde, der möchte sich in einem grossen Irrtu m befinden. Die Bildung eines Individuums und einer Nation kann nur vermittelst der M utter­

sprache bewerkstelligt werden; nur in derjenigen Sprache, in welcher der Mensch denkt, ist auch seine Anschauung und Begriffsweise und folglich das eigentümlichste und lebendigste Elem ent seiner Bildung gegründet; er kann in fremden Sprachen viel erlernt und gesammelt haben, was er aber wirklich weiss und versteht, das weiss und versteht er nur in einer Sprache, nämlich in der, worin er denkt, also in der Hegel in seiner M uttersprache; ihm diese und somit seine ganze Vor- | atellungsweise nehmen und statt deren ihm eine andere, fremde künst­

lich beibringen zu wollen, würde ein ganz verkehrter W eg der Bildung schon beim Individuum sein, geschweige bei einer ganzen Nation, selbst wenn diese nicht eine so reiche, eigentümliche, ausgebildete und grammatisch vollendete Sprache besässe, als es bekanntlich die pol­

nische ist. W ill man fü r die Bildung der polnischen Nation wirklich erfolgreich sorgen, so wird dies immer am sichersten vermittelst ihrer eigenen Sprache geschehen«1). Die wirklich unanfechtbare Ansicht finden wir wörtlich ausgesprochen — man staune — in einem Res­

kript des preussischen Ministeriums A ltenstein-H ardenberg an die Posener Regierung im Ja h re 1822.

'■) P o ln isc h e C o rresp o n d en z J a h r g . I. 1882, No. 21.

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W ie haben sich seitdem die Zeiten und Ansichten geändert!

Freilich wusste man damals noch nichts von Hegelscher Staatsonmi- potenz, welche jetzt die damals anerkannten »grössten Heiligtümer einer Nation, Religion und Sprache«, niederzureissen trachtet, um auf ihren Trüm mern das Idol eines alles verschlingenden Staatsgottes zu konstruieren. Allgemeine W ahrheiten aber bleiben immer wahr, und so ist es auch heute noch wahr, dass die Bildung jedes Indivi­

duums nur vermittelst der M uttersprache gefördert werden kann.

W as speziell den Religionsunterricht anbetrifft, so herrscht, unter allen, welche die Religion nicht nach dem Rezepte Macchiavellis zu politischen Zwecken missbrauchen, nur die eine Meinung, dass die Religion mit ihren abstrakten Begriffen und tiefen W ahrheiten nur in der M utter­

sprache erteilt werden kann, wenn sie das H erz des Kindes erwärmen und die Volksseele veredeln soll.

D arum schreibt in der »Christlichen W elt« in No. 2 ein pro­

testantischer Pastor: »Es scheint mir grausam und m it den G rund­

sätzen meines Christentums unvereinbar, die K inder in dem, was ihr innerstes Leben äusmachen sollte, in einer Sprache unterrichten zu lassen, die ihnen doch als eine fremde erscheinen muss.« U nd an einer anderen Stelle schreibt dasselbe B latt: »Im Nam en der Glaubens- und Gewissensfreiheit müssen wir fordern, dass der Religionsunterricht in der M uttersprache erteilt werde, damit die Quälerei polnischer Kinder durch deutschen Religionsunterricht auf höre.« Prof. Delbrück meint in den »Preussischen Jahrbüchern«: »Eine fremde Sprache in dieser W eise zu lehren, dass man die M uttersprache nach Kräften unterdrückt, ist ein Experiment, dem sich (allenfalls) ein gereifter Mann unterziehen kann, für die Seele des Kindes bedeutet es aber die Verwüstung seines Lebens.« D arum h at Roeren Recht, wenn er in seiner Rede zum K ultusetat vom 8. März 1902 meint, dass die pol­

nischen K inder aus der Schule ins öffentliche Leben als geistige Krüppel hineintreten und dass m an deswegen ein himmelschreiendes Unrecht an den unschuldigen Kindern begeht. D er socialpolitische Schriftsteller M ax Lorenz schreibt: »Das Beichten ist eine völlige Aufgabe der innersten Persönlichkeit, ein rückhaltloses Offnen der Seele, ein Uberströmen des Herzens. D ass aber das H erz einer Polin polnisch redet, wer wollte es nicht selbstverständlich finden?

Beichte im wahren Sinne aber findet nur dann statt, wenn das Herz offen redet, das Herz aber redet Iwonnesam und traut« nur in der

2*

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M uttersprache. Also wer dem Polen im Religionsunterricht die Sprache nimmt, nimmt ihm die polnisch-katholische Religion.« Des­

wegen fordern die 8t. Pet. Wiedomosti, das Organ des russischen F ürsten und Schriftstellers Uchtomski, alle Geistlichen aller Confes- sionen, welche sich der Heiligkeit ihres Berufes und der grossen Verantwortlichkeit vor G ott bewusst sind, zum allgemeinen Kampfe gegen den Religionsunterricht in einer anderen als der M utter­

sprache auf.

b) W as sagt nun die vorurteilsfreie Pädagogik zum Religions­

unterricht in der M uttersprache? »Es ist doch charakteristisch für unsere Zeit, dass man die Notwendigkeit des Religionsunterrichtes in der M uttersprache verteidigen muss. D ie Geister Pestalozzi’s und Diesterweg’s und aller grossen Pädagogen würden sich wundern, dass man Beweise für die Notwendigkeit eines solchen Unterrichts hier Vorbringen m uss«.1) — mit diesen W orten begann Monsignore D r. Stablewski und jetziger Bischof von Posen im Jun i 1883 eine seiner geistreichen Reden zur Verteidigung der M uttersprache im Religionsunterricht. Oberster Grundsatz eines jeden vernünftigen Pädagogen ist, dass jeglicher U nterricht nur auf dem Grunde der M uttersprache erfolgreich erteilt werden kann. W ollte man diesen Grundsatz durch Beispiele aus pädagogischen Schriften erhärten, so müsste m an die Ansichten aller Pädagogen anführen. Um den Vor­

trag aber nicht unnütz in die Länge zu ziehen, berufe ich mich hier nur auf einen Pädagogen, welcher unser oberschlesisches Volk wie kaum ein anderer gekannt hat, auf den W eihbischof und Schulrat Bogedain.

D er Wirkliche Geheime Oberregierungsrat D r. Brüggemann bezeichnete ihn als den grössten Pädagogen und kompetentesten B e­

urteiler des katholischen Schulwesens, besonders im Regierungsbezirk Oppeln, Geheimer Regierungsrat H um bert stellt Bogedain (in seinen

»Erinnerungen« pag. 12) das Zeugnis aus, dass er »den Charakter des oberschlesischen Volkes polnischer Zunge gründlich studiert hat.«

Dieser für unsere oberschlesischen Verhältnisse gewiss kompetente Beurteiler und Pädagoge schrieb an seinen F reund und Amtsgenossen, den katholischen Schulrat und berühmten Pädagogen Kellner, welcher ihn in der Sprachenfrage um R a t anging, also: »Es ist unpädago­

l) P o ln isc h e C orresponclenz, J a h r g . II. 1883, No. .10.

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gisch, unpolitisch und unausführbar, einem Volke seine M uttersprache nehmen zu wollen. Die Sprache ist ein legitimes Eigentum des Vol­

kes und an ihr hängen Religion, Sitten und Gebräuche. Heisst nicht

»die Sprache rauben« alle F äden durchschneiden, mit welchen das Volk an sittliche Prinzipien gebunden ist? M it der aufgedrungenen Sprache geht die Innigkeit der religiösen Vorstellungen, Sitten und Gebräuche verloren. Die Schule ist eine religiös-sittliche Menschen- bildungs- und keine blosse Dressieranstalt. Die M uttersprache ist in ihr die Lebensatmosphäre.«

W ahrlich, das sind goldene Worte, welche dem Weihbischot und christlichen Pädagogen nur seine tiefe Religiosität, seine gründ­

liche Kenntnis der polnischen Volksseele und seine unerschrockene W ahrheitsliebe in die Feder diktieren konnten. Als er diese W orte schrieb, da hat er nicht geahnt, dass nach m ehr als vierzig Jah ren ein W eib aus dem Volke seine Stimme erheben und einen herrlichen Kommentar zu diesen seinen W orten liefern würde. Als nämlich im W reschener Schulprozesse der Vorsitzende die Angeklagte Gadzinska fragte: »W arum thut E uch das H erz so weh, dass E uer Sohn die Religion deutsch lernen soll? Is t denn, das nicht ganz gleich?« D a antwortete die brave M utter ganz im Sinne Bogedain’s:

» 0 nein, denn die K inder verstehen die Religion in deutscher Sprache nicht, wie ich mich an meinen eigenen K indern überzeugt habe. Die Religion ist für uns arme Leute unsere ganze Freude, unser ganzes Glück, unser Reichtum, unser alles, unsere ganze Hoffnung auf eine bessere Zukunft! Als man früher die Religion polnisch lehrte, da wusste ich, was meine K inder lernen, und ich hatte meine grösste Freude daran, wenn ich abends m it meinen K indern das, was sie in der Schule aus dem Katechism us und der biblischen Geschichte lern­

ten, auch besprechen konnte. D as Herz schwoll mir vor Freude, denn die K inder verständen es sehr gut und ich auch, — heute ver­

stehen es weder die Kinder, noch ich.« D as Protokoll bemerkt:

Hier bricht die Zeugin in lautes Schluchzen aus, Avas grossen E in ­ druck und allgemeine Bewegung im Gerichtssaale verursacht. *)

Man klagt allgemein, dass das innige Verhältnis zwischen H aus und Schule sich gelockert hat, man jammert und ringt die Hände, dass die Jugend in ihrer religiösen Ausbildung zurückgeht — und

‘) W reschener Schulprozess, Posen, „D ziennik P oznanski“ . 1902.

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leider ist dies nur zu wahr — ; was ist aber schuld an dieser bekla­

genswerten Thatsache? Die Aussage der Gadzinska giebt uns die Antwort darauf und vox populi — vox Dei! M an h at durch den fremdsprachigen U nterricht das B and zerschnitten, welches das H aus mit der Schule verknüpfte, das H aus versteht die Schule, die Schule das H aus nicht mehr! — M an hat durch einen fremdsprachigen Religionsunterricht die F äden zerrissen, durch welche das Yolk an sittliche Principien gebunden ist.

Doch nicht genug des Jam m ers, m an geht in geradezu wahn­

sinniger Verblendung, ohne die Zeichen der Z eit zu beachten, noch dazu über, auch die F äden zu zerreissen, welche das polnische Yolk mit der Kirche verknüpfen. W as soll m an dazu sagen, wenn in einer stockpolnischen Pfarrei am Tage der ersten heiligen Kommunion die polnischen K inder das Glaubensbekenntnis in deutscher Sprache ab- legen und der Pfarrer an sie eine deutsche Ansprache hält? Kein F est ist durch sein W esen so geeignet, um die Herzen der Kinder, der E ltern und Seelsorger so erglühen zu lassen und in Liebe mit einander fest zu verketten, wie gerade der hehre F esttag der ersten heiligen Kommunion. I n diese himmlische Herzensharmonie bringt man aber die schrillste Dissonanz, wenn man deutsche Saiten an­

schlägt, welche doch weder in den H erzen der polnischen K inder noch ihrer polnischen E ltern einen W iederhall finden können. H eisst dies nicht, das Herz des Kindes, welches vor dem A ltäre kniet, von dem Herzen der M utter reissen? H eisst dies nicht, die Herzen der E ltern sich entfremden? Muss nicht die Germanisation in einem so heiligen Augenblick auf die Herzen der K inder und E ltern wie Frost auf erblühende Knospen wirken? K ann m an sich da noch wundern, wenn das gekränkte Vaterherz seinen K um m er und sein Leid der polnischen Presse klagt? So schreibt aus einer Parochie ein be­

kümmerter V ater an den »Dziennik Sl^ski« (No. 59): »W ährend sonst die erhebende F eier der ersten hl. Kommunion jährlich die Herzen aller V äter und M ütter auf jubeln liess, erfüllte sie dieses J a h r das Herz eines jeden gutgesinnten nnd in die Zukunft blickenden Katholiken mit W ehmut. F a st alle K inder hat der H err P farrer deutsch unterrichtet, auch, die Ansprache an sie war deutsch und die K inder legten das Glaubensbekenntnis in deutscher Sprache ab. Bei dieser Gelegenheit konnte m an schon erkennen, dass die K inder nicht deutsch seien, sondern nur wie Papageien sprechen, was sie gelernt

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haben. Schon die Aussprache der W orte des Glaubensbekenntnisses verriet, dass sie nur weniges gut verstehen.«

M an nenne mir ein Volk auf Gottes Erdboden, welches man so zu behandeln wagte, wie das polnische Volk in Oberschlesien!

Selbst die Indianer und Neger forderte Se. Königliche H oheit Prinz Heinrich bei seinem Besuche in Am erika auf, ihre Muttersprache und ihren Volksgesang zu pflegen, unser polnisches Volk aber wird schlim­

mer behandelt wie die Indianer, man drängt sogar in dem heiligen Augenblick der Erstkommunion die polnische M uttersprache zurück.

In fremden Lauten soll das arme polnische K ind seinem göttlichen Kinderfreunde bei dessen erstem Besuch in seinem Herzen entgegen­

stammeln. W as Prinz Heinrich von den Negern nicht fordern wollte, das verlangt man von den polnischen K indern — die Verleugnung ihrer an der M utterbrust erlauschten und erlernten Sprache. Man wundere sieh nicht über die schon jetzt in die Erscheinung tretenden Folgen einer solchen Vergewaltigung. D er Klerus im Hüttenbezirk ringt bereits vor Verzweiflung die H ände und blickt mit steigender Besorgnis auf die schwarzen Wolken, die sich über Oberschlesien zu­

sammenzuballen beginnen. Man tritt die heiligsten G üter des Volkes mit Füssen und daher verliert auch das früher so innig gläubige Volk immer mehr die A chtung vor dem Heiligen und beginnt zu verwildern und zu verrohen. W ie sagt doch Bogedain? »Mit der aufgedrun­

genen Sprache geht die Innigkeit der religiösen Vorstellungen, Sitten und Gebräuche verloren.« Die Religion in deutscher Sprache ist ein exotisches Gewächs, das verkümmern muss, weil es im polnischen Kinderherzen keinen heimatlichen Nährboden finden kann. Darum klagt der bekümmerte V ater sein Leid dem »Dziennik Slaski,« darum schluchzt die arme M utter Gadzinska bei den AVorten laut auf:

»Heute verstehen weder die K inder die Religion, noch ich.« Ihre Aussage ist ein Verzweiflungsschrei des unterdrückten polnischen Volkes, welcher laut hinein gellt in den K am pf um die M uttersprache im Religionsunterricht und uns den einzig sicheren W eg noch angiebt, auf dem das H eil der katholischen Kirche in Oberschlesien zu finden ist. Bogedain und Gadzinska, Bogedain als Repräsentant des ka­

tholischen Klerus, Gadzinska als V ertreterin des unterdrückten pol­

nischen Volkes müssten sich auf einem Monumente die H ände reichen und darunter müsste in goldenen L ettern die Inschrift prangen: »In hoc signo salus! In hoc foedere victoria!«

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W ' . 2 4

Jawohl, nm’ in der Gesinnungseinheit des K lerus m it dem Volke liegt die Bürgschaft für den. Sieg in dem schweren Kampfe, welchem Volk und Klerus in Oberschlesien leider entgegen gehen. Zurück zu den G rundsätzen Bogedain’s und das Volk wird uns verstehen, uns anhangen, und nicht gewissenlosen Hetzern .nachlaufen! Die prote­

stantische 'Regierung, nach deren Gunst jetzt manche lechzen, wird dem K lerus einen F usstritt versetzen, sobald sie gemerkt hat, dass der Klerus ein Generalstab ohne Heer, ein Eührer ohne Volk ist. D arum : F est zum Volke, hin zum Volke! H ier sind die W urzeln unserer Kraft, hier der G rund und die Quelle unseres Ansehens! Aber ehr­

lich, wirklich ehrlich müssen wir es mit dem polnischen Volke meinen.

W ir dürfen nicht mit der Hechten die H and des H akatisten ver­

traulich schütteln und die Linke dem polnischen Volke reichen, — eine solche Politik müsste uns m it Hecht um die Achtung beider Parteien bringen, — sondern wir müssen dem Volke beide A rm e ent­

gegenstrecken, wir müssen ihm ganz angehören, ganz auf seiner Seite stehen, und: P ortae inferi non praevalebunt adversus nos!

IV.

Stellung des Priesters zum Religionsunterricht in der Muttersprache.

D ie logische Gedankenfolge h at uns von selbst zum vierten . Punkte dieses Vortrages geführt: W elche Stellung hat der Priester in dieser jetzt brennend gewordenen F rage des Religionsunterrichts in der Muttersprache einzunehmen? In dem bisher Gesagten liegt bereits die A ntw ort auf diese Frage. Christus als göttlicher Lehr­

meister h at die Heilswahrheiten in der Umgangssprache des Volkes gepredigt, die Kirche schreibt vor, ut sacerdotes secundum diversitates linguarum populis ecclesiastica sacramenta administrent und die vor­

urteilsfreie Pädagogik betrachtet als obersten Grundsatz, dass die Bildung eines Individuums nur vermittelst der M uttersprache bewerk­

stelligt werden kann. D araus ergiebt sich mit zwingender Notwen­

digkeit für den Priester als L ehrer des Volkes der Grundsatz, dass er den .Religionsunterricht nur in der M uttersprache den Kindern erteilen soll. W as den schulplanmässigen Religionsunterricht anlangt, so entzieht sich derselbe leider seinem Einflüsse, sodass er die U nter­

richtssprache nicht bestimmen kann. Die Priester müssen aber das Recht der Kirche auch auf die A rt und W eise der Erteilung des

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Religionsunterrichtes in der Schule stets energisch verteidigen, wie sie es durch ihre Petition vom Ja h re 1899 gethan haben und worin sie noch neulich bei den D ebatten zum K ultusetat von katholischen Abgeordneten in vortrefflicher W eise unterstützt wurden.

D er Vorbereitungsunterricht auf die hl. Beichte und Kommunion untersteht aber ganz dem Einflüsse des K lerus und durch ihn muss er retten, was noch zu retten ist. D e r K lerus darf sich durch In ­ konsequenz nicht zum Gespötte der Minister und des Volkes machen,

indem er Petitionen um Religionsunterricht in der M uttersprache unterschreibt, gleichzeitig aber im Beichtunterricht die polnischen K inder deutsch unterweist. E r muss streng den Grundsatz durch­

führen: Kinder, welche zu H ause polnisch sprechen, müssen polnisch, welche deutsch sprechen, deutsch unterrichtet werden. D adurch wird keinem Kinde ein U nrecht zugefügt und die Vorschrift der Kirche gewissenhaft beobachtet.

E s ist bekannt, dass sich bequeme, furchtsame oder gar der Germanisation geneigte Priester gern damit entschuldigen, dass die E ltern aus Pflichtvergessenheit ihre K inder nicht in den polnischen Beichtunterricht schicken, ja man sucht sogar den Anschein zu er­

wecken, als ob die E ltern und K inder den Priester zur Germani­

sation drängten. D rei F aktoren sind also im Beichtunterricht von grösser W ichtigkeit 1) die Eltern, 2) die K inder und 3) die Persön­

lichkeit des Priesters selbst. Betrachten wir diese Faktoren etwas näher.

1) E s giebt ohne Frage pflichtvergessene Eltern. K ein Priester wird aber, wenn er eine schlechte Erziehung der K inder wahrnimmt, sein Gewissen damit beruhigen, dass die Eltern, denen an erster Stelle die Kindererziehung obliegt, allein die Verantwortung zu tragen haben er wird sich vielmehr im Gewissen verpflichtet fühlen, die E ltern auf ihre F ehler in der Kindererziehung aufmerksam zu machen und sie in geeigneter W eise zu belehren. Sollte er nun schweigen, wenn die Eltern, sei es aus Eitelkeit oder Affenliebe, ihre K inder in den deutschen Beichtunterricht schicken, an welchem die K inder zum Nachteil ihrer Seele nicht mit Erfolg teilnehmen können? D er Priester ist die forma gregis, ist er entschieden Gegner des Beichtunterrichtes in einer fremden unverständlichen Sprache, wie es ihm die Kirche zu sein, gebietet, so werden es auch die E ltern sein. D er Priester darf der Pflichtvergessenheit der E ltern nicht Vorschub leisten, sondern muss sie an die Vorschrift der Kirche erinnern, welche als die älteste

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2 6

M utter aus ihrer beinahe zweitausendjährigen Erfahrung am besten weiss, dass der Religionsunterricht und die Seelsorge in einer fremden Sprache den Glauben und das Seelenheil ihrer K inder untergräbt.

Im Bewusstsein seiner priesterlichen Pflicht erklärte daher der deutsche P farrer Floren (im F ebruar 1901) auf einer Versammlung seiner pol­

nischen Parochianen in Sodingen-Börring folgendes: »Ich halte es für meine priesterliche Pflicht, die Bemühungen der Polen um E r ­ langung einer besseren Seelsorge in ihrer polnischen M uttersprache zu unterstützen. Deswegen habe ich während der A ndacht vor dieser Versammlung inbrünstig zu Gott gebetet, er möge E ure Bemühungen segnen und ich wünsche E uch auch von dieser Stätte den besten E r ­ folg. Ich freue mich, dass meine polnischen Parochianen sich um eine bessere Seelsorge in polnischer Sprache kümmern, denn ich erkläre es offen, dass ein Pole, welcher gleichgültig dagegen ist, dass er keine Seelsorge in seiner M uttersprache hat, in meinen A ugen kein guter Katholik mehr ist und schon 3/ i seines Glaubens preisgegeben hat.

E s kann auch niemand von einem Polen verlangen, dass er in deutscher Sprache beichte, denn es handelt sich hier um eine wichtige Sache, um sein ewiges Seelenheil.«1) So und n ic h t anders muss ein seeleneifriger Priester handeln. E r darf das Gewissen der E ltern nicht einschläfern, sondern muss es wecken, er muss ihnen zum B e­

wusstsein bringen, dass sie nicht blos das Recht, sondern auch die Pflicht haben, die polnische Seelsorge und insbesondere den polnischen Religionsunterricht ihrer K inder zu fordern, weil sie sonst leicht Gefahr laufen, s/a '^ires lluc^ ihrer K inder Glaubens preiszugeben.

2) Ebenso darf der P riester die Trägheit und den Leichtsinn der K inder nicht unterstützen. Die K inder lernen in der Schule den deutschen Katechismus. Vor Beginn des Beichtunterrichts wieder­

holen die L ehrer oft absichtlich die Sakramentenlehre, um den K in ­ dern einreden zu können: »Ih r könnt jetzt alles* was der P farrer von E uch im Beichtunterricht verlangen wird, Ih r braucht also nicht mehr auswendig zu lernen, geht nur in den deutschen Beichtunterricht, dort werdet Ih r es leichter haben.« Häufig genug werden diesen E r ­ mahnungen noch Drohungen und sogar Strafen hinzugefügt. Eine solche Spekulation auf die Trägheit und den Leichtsinn der K inder ist natürlich immer von Erfolg begleitet und die K inder folgen dem

') N ow iny R aciborskie 1901, No. 19.

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27

W inke des Lehrers, wenn der P farrer ihrer Bequemlichkeit keinen Riegel vorschiebt und sie gegen den Einfluss der Schule nicht in Schutz nimmt. W enn man streng den Grundsatz beobachtet, dass Kinder, welche zu H ause polnisch sprechen, auch polnisch unter­

richtet werden müssen, geschieht dadurch keinem K inde ein U nrecht und der Beichtunterricht wird gewissenhaft nach der Vorschrift der Kirche erteilt. Nicht die Schafe führen den H irten, sondern der H irt die Schafe auf die ihnen bekömmliche W eide. N icht darauf kommt es an, ob das K ind den Stoff schon auswendig kann und ihm da­

durch der U nterricht leichter fällt, sondern darauf, ob es ihn auch versteht und aus ihm Vorteile fü r sein Seelenheil zu ziehen imstande ist. W enn der S taat die polnischen K inder durch acht Jah re Tag für Tag in allen Stunden deutsch unterrichten lässt, um sein Ziel, die Germanisation, zu erreichen, sollte da die Kirche, um ihr unendlich höheres Ziel, das Heil der Seelen, zu fördern, nicht darauf dringen dürfen, dass wenigstens der Beichtunterricht während einiger Monate und Stunden in der M uttersprache erteilt werde, zumal diese ihre Vorschrift auf göttlichem und natürlichem Rechte basiert? Gerade durch den polnischen Beichtunterricht wird das Verständnis des in der Schule in deutscher Sprache Gelernten geweckt und vertieft.

A ber selbst wenn das polnische K ind den deutschen Katechismus in der Schule verstanden hätte (was ich aus persönlicher Erfahrung entschieden bestreite, weil ich selbst das in der Elementarschule Ge­

lernte erst auf dem Gymnasium mit 14 und 15 Jah ren in der Quinta und Q uarta s p r a c h l i c h erfasste), so ist die Aneignung desselben Stoffes in dem polnischen Beichtunterricht nur geeignet, um dem Kinde ein besseres Erfassen und Eindringen in die Glaubenswahrheiten zu erleichtern. In diesem Sinne sagt das oben angeführte Reskript des Ministeriums A ltenstein-H ardenberg: »Der Besitz zweier Sprachen ist so wenig für einen Nachteil zu erachten, dass er vielmehr wie ein Vorzug betrachtet werden darf, da er in der Regel mit grösserer B e­

weglichkeit der Verstandeskräfte und einer leichteren Auffassungsgabe verbunden zu sein pflegt.« Jederm ann weiss aus Erfahrung, dass die Ü bertragung eines fremdsprachigen Stoffes in die M uttersprache nur das Verständnis des Stoffes fördert — diese Übersetzung nimmt das K ind im polnischen Beichtunterrichte im Geiste vor und dringt da­

durch tiefer in den Sinn des vorher deutsch auswendig Gelernten.

Ob nun das K ind den deutschen Katechismus verstanden h at oder

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28

nicht, in keinem Falle geschieht ihm also durch den polnischen Beichtunterricht ein U nrecht, im Gegenteil, ein 'solcher U nter­

richt ist aus den angeführten Gründen als eine W ohlthat an- zusehen,

Darum soll der P farrer nicht den unvernünftigen, oft von den Lehrern eingeschüchterten Kindern, sondern die K inder sollen seiner besseren Einsicht folgen und an dem polnischen Unterrichte teilneh­

men, welcher allein sowohl ihr Seelenheil, wie das W ohl der Kirche zu pflegen geeignet ist. Auch macht der Gebrauch der polnischen Sprache, welche in der Schule streng verboten ist, dem Kinde klar, dass es hier nicht für die Schule den Katechismus als gewöhnliches Pensum lernt, sondern zu seinem Seelenheile, wodurch seine Achtung vor dem Katechismus, den es früher fü r ein den übrigen gleichwer­

tiges Schulbuch und selbst oft als Marterwerkzeug angesehen hat, entschieden gehoben wird.

3) W as nun endlich den Priester selbst anlangt, so muss er zunächst himmlische Geduld m it den armen K indern im polnischen Beichtunterricht üben. Die K inder lernen leider in der Schule nicht polnisch lesen und daher fällt ihnen am Anfang der polnische U nter­

richt schwer. Von ihnen nun zu verlangen, wie dies thatsächlich ge­

schehen ist, dass sie mit den deutschen K indern gleichen Schritt halten sollen, ist nicht blos pädagogischer Unverstand, sondern auch eine Vergewaltigung, die sie notwendig in den deutschen U nterricht treiben muss. Unerlässliche Vorbedingung für einen polnischen Beich't- unterrieht ist es nicht (wie ungeduldige Priester meinen und deswegen nicht polnisch lesende K inder einfach dem deutschen U nterricht zu­

weisen), dass das K ind schon vorher polnisch lesen gelernt habe, denn die fides kommt nicht ex legendo, sondern ex auditu. Quomodo cre- dent ei, quem non audierunt, ergo fldes ex auditu, auditus autem per verbum Christi. Böm. X , 14, sagt die hl. Schrift. D er mündliche Vortrag des K atecheten soll den Glauben in das Kinderherz pflanzen und nicht der tote Buchstabe, denn sicherlich wurden auch unsere Vorfahren in ihrer M uttersprache auf den Empfang der hl. Sakra­

mente vorbereitet und waren gute Christen, obwohl sie zum grössten Teile Analphabeten waren. Lässt man aber den K indern geduldig Zeit, so lernen sie gar bald polnisch lesen und man wird die W a h r­

nehmung machen, dass sie grosse Freude am polnischen, leicht ver­

ständlichen U nterricht haben.

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29

Endlich muss der Priester selbst seine eigene Bequemlichkeit bekämpfen und sich der schwierigen Aufgabe, die K inder polnisch zu unterrichten, freudig unterziehen. E s lässt sich nicht leugnen, dass der deutsche Beichtunterricht viel leichter und bequemer für den Priester ist, als der polnische. Die K inder haben den Unterrichtsstoff meist in der Schule schon gelernt, weshalb an die Bequemlichkeit des Priesters leicht die Versuchung herantritt, nur eine kurze Repetition anzustellen und die K inder schon nach einigen W ochen zur hl. Beichte und Kommunion zu führen. D er Bequemlichkeit des Priestei’s ist also mit dem deutschen U nterricht gedient, nicht aber dem Seelenheil des Kindes, dessen Geist und H erz bei einem solchen U nterricht leer ausgehen.

A u f der Diöcesan - Conferenz in Breslau (Octob. 1899) erklärte der fürstbischöfi. Kommissarius Pospiech-Bodland bei der Besprechung des Leitsatzes über den Empfang der hl. Kommunion, »dass fünf bezw. sechs Jah re hindurch der ganze U nterricht nur darauf hinziele, die K inder die deutsche Sprache zu lehren. Nach diesem Zeiträume verstünden sie allerdings deutsch, aber nichts von Religion.«1) Dass sie aber auch das Deutsche nicht so weit beherrschen, um die Reli­

gion in deutscher Sprache verstehen zu können, beweist die gewiss unverdächtige, weil hakatistische »Posener Zeitung«, welche in ihrer No. 114 von diesem Ja h re eine interessante und charakteristische Auseinandersetzung über den Stand der deutschen Sprache in den utraquistischen Schulen bringt. »Bei dem Vorherrschen polnischer Denkweise, schreibt sie, geht die Aufnahme und Aneignung der Unterrichtsstoffe in deutscher Sprache unter grossen Schwierigkeiten von sich. Interesselosigkeit und geringes Sprachverständnis sind die Ursachen, dass der Schüler sich mit einer mehr gedächtnismässigen Aneignung begnügt. D a das Gedächtnis aber höchst untreu ist, geht das Gelernte bald verloren. W ie wenig selbst gut durchgearbeitete Stoffe behalten werden, davon überzeugen spätere W iederholungen zum Leidwesen des Lehrers. Schon nach A blauf der Eerien, nach einer längeren Unterbrechung des Schulbesuchs durch Krankheit, haben polnische K inder ihren Sprachschatz stark eingebüsst, sie spre­

chen unbeholfen und hart. Ih r Sprachverständnis ist geringer ge­

worden.« Auch der Abgeordnete Erzpriester Glowatzki bewies bei

') P rotokoll dieser Diöcesan-Conferenn, pag. 11.

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