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Comenius-Blätter für Volkserziehung, 15 Februar 1905, XIII Jahrgang, Heft 1

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Monatsschriften der G. G. XIV. Band. Heft 2.

Comenius-Blätter

für

Volkserziehung.

Herausg*eg*eben von Ludwig* Keller.

I vw pJtoi,

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D r e i z e h n t e r J a h r g a n g 1 9 0 5

E rstes Heft.

' 1 - - *' *

‘r-tsr-r

Berlin 1905.

W e i d m a n n s c h e B u c h h a n d l u n g .

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(2)

Inhalt.

Seite

A ufruf zur Erinnerungsfeier für Friedrich Schiller am 9. Mai 1905 . . . 1

Franz Schulze, stud. phil. et rer. nat. Berlin, z. Z t. D essau-Jonitz, Die Studentenschaft und der Akademische Bund „E th o s“. Im A ufträge des V o r s ta n d e s ... 3

Dr. Ernst Devrient, Das Volkshaus zu Jena. Ein Erinnerungsblatt an E rn st A b b e ... 17

G. HamdorfF, D r. M athias Steenstrup. Diplom-M itglied der Comenius- G esellschaft ... ... 23

Deutsche Bildungs-Vereine im Ausland . ... 25

E rnst Abbe. Ein N a c h r u f ... 26

R u n d s c h a u ... 28

G esellsch a fts-A n g eleg en h eiten ... 30

P e r s ö n li c h e s ... 32

TBTerbeschriften der C. Gb.

die auf Anforderung, soweit der Vorrat reicht, kostenlos versandt werden:

Ludwig Keller, Der Humanismus. Sein Wesen und seine Geschichte. Festrede, gehalten zu Jena am 14. August 1904.

Joh. Gottfr. Herder, Comenius und die Erziehung des Menschengeschlechts. Neudruck aus den Briefen zu Beförderung der Humanität. 2. Aufl. 1903.

Ludwig Keller, Die Comenius-Gesellschaft. Ein Rückblick auf ihre zehnjährige Tätigkeit.

Berlin 1901.

Julius Ziehen, Ein Reichsamt für Volkserziehung und Bildungswesen. Berlin, 1903.

Ludwig Keller, Volkswohlstand und Volksbildung. Eine Denkschrift. 1904.

Wilh. Wetekamp, Volksbildung, Volkserholung, Volksheime. Berlin‘1901.

Ludwig Keller, Comenius. Sein Leben und sein Werk. 1904.

W. Wagner, Die Studentenschaft und die Volksbildung. Berlin 1902.

G. A. Wyneken, Die deutschen Landerziehungsheime. 1903.

W. Koch, Das erste deutsche Studentenheim 1903.

I. Yoelter, Zur Alkoholfrage.

Satzungen der Comenius-Gesellschaft. 1901.

Normal-Satzungen für Comenius-Kränzchen 1904.

Ziele und Aufgaben der Comenius-Gesellschaft.

Cofnenius. Festgedicht von Ahrens.

Klubhäuser und Bildungsklubs. Eine Denkschrift.

Schafft Volksheime!

Porträt des Comenius.

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XIII. Jahrg. Berlin, den 15. Februar 1905. Heft I.

Die C om enius-B lätter erscheinen im F ebruar, April, Juni, O ktober und Dezember. Die M itglieder erhalten die B lätter gegen ihre Jah res­

beiträge. Bezugspreis im Buchhandel und bei d e r P ost M. 4,—.

Einzelne Hefte M. 1,—. N achdruck ohne E rlaubnis untersagt

Aufruf

zur Ermnerungsfeier für Friedrich Schiller

am 9. Mai 1905.

Den T ag, an welchem vor hundert Jahren Friedrich Schiller seinem Volke und der W elt entrissen w urde, wird die gesam te deutsche Nation — das steh t schon heute fest — in freudiger und stolzer Erinnerung an ihren großen Dichter feierlich begehen.

Wenn der Vorstand der Com enius-Gesellschaft geglaubt hat, daß er auch seinerseits zu dieser Sache Stellung zu nehmen die Pflicht habe, so ist es in der Erw ägung geschehen, daß keine heutige Geistesrichtung, keine D enkart und keine W eltanschauung ein besseres Recht auf Schiller h a t als diejenige, die unsere Gesellschaft zu vertreten und zu verbreiten entschlossen ist, die W eltanschauung der H um anität und des Humanismus.

Kaum irgend ein anderer großer Denker, kein Philosoph und kein Dichter ist für die Durchsetzung der Idee der „ s c h ö n e n M e n s c h l i c h k e i t “ so wirksam eingetreten, wie es Schiller getan hat. Im Gewände der Dichtung, die am ehesten allen Lebens­

altern und allen Geschlechtern zugänglich is t, h a t er im P alast und in der H ütte Verständnis und Sympathie gerade für diejenigen Anschauungen, Grundsätze und Gedanken wach gerufen, die wir seitens der C. G. vertreten, und nicht etw a bloß einzelne dieser

C o m en iu s-B lätter fü r V olkserziehung. 1905. 1

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Gedanken, sondern das ganze, in sich festgeschlossene System der W eisheit h a t er im Gewände der Schönheit durch die S tärke seines Geistes der Mitwelt wie der Nachwelt verm ittelt.

Zugleich ist er, w eit entfernt, nur ein V e r k ü n d e r des W ortes zu sein, zugleich ein T ä t e r desselben gewesen: er h a t in seiner Person den Idealismus reiner M enschlichkeit in einer Vollendung zur Darstellung gebracht, die noch nach Jahrhunderten vorbildlich und nachahm ungsw ert bleiben wird.

Es hieße die Augen vor der W irklichkeit verschließen, wenn man nicht sehen wollte, daß die W ertschätzung des großen Vor­

käm pfers der H um anität in den letzten M enschenaltern durch R ichtungen entgegengesetzter Art starke Einbuße erlitten hat, und daß m anche, die heute in Anpassung an m ächtige nationale Ström ungen ihre Stim mungen zurückdrängen, dem Dichter wie dem Denker Schiller eine tiefe Abneigung entgegenbringen.

Möge allen diesen stillen und offenen Gegnern des deutschen Idealismus am 9. Mai 1905 die einm ütige, flammende und jubelnde Begeisterung der ganzen N ation die Tatsache vor die Augen führen, daß die Kräfte des Humanismus zwar zeitweilig schlummern, daß sie aber in dem Augenblicke, wo ein dringender M ahnruf ihre Vorkämpfer auf die Zinnen ihrer Sturm plätze ruft, im Kampf der Geister je tz t wie ehedem für die Ideale der Geistesfreiheit und der edlen M enschlichkeit einzustehen entschlossen sind.

So begrüßen wir denn den 9. Mai 1905 m it den W orten, m it denen wir den 28. März 1892 den dreihundertjährigen G eburtstag' des Comenius begrüßt haben:

S e i u n s g e g r ü ß t , du F ü r s t im R e ic h d e r G e i s t e r , D u u n s e r F ü h r e r , u n s e r h o h e r M e is te r !

G e s a m tv o rs ta n d d e r C . G.

■Vorsitzeruier:

Dr. Ludwig Keller, Geheimer Archiv-Rat in Berlin-Charlottenburg.

Stellvertreter des V orsitzenden:

Heinrich, Prinz zu Schönaich-Carolath, M. d. R., Schloß Arntitz (Kreis Guben).

Mitglieder:

D ire k to r D r. Begeniium, C h arlo tten b u rg . P a sto r Bickericll, L iesa (Posen) Prof. W. Bötticher, H a g en (W estf.).

G raf Stanislaus zu Doliim, D r. phil. u. H au p tm a n n a D. in B erlin. S ta d tb ib lio th ek a r Dr. Fritz, C h arlo tten b u rg . P ro fesso r (i. Hanitlorff, M alchin. Herrn. Heyfeliler, V erlag sb u ch h än d ler, F reib u rg i. Br. P rofessor Dr. Karl Hilty, B ern. P rofessor Dr. Holilfeld, D resden. W. J. Leendertz, P red ig er, A m sterdam . B an q u ier Rud. Molenaar, B erlin . P rofessor Dr. Fr. Nippold, Je n a . S em inar-D irektor Dr. Reber, Bam berg. D r. Rein,

2 Aufruf. Heft 1.

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1905. Schulze, Die Studentenschaft und der Akademische Bund „Ethos“. 3

P ro fesso r a n der U n iv e rsitä t Je n a . D ire k tio n sra t a. D. v .SchenckendorfT, M. d. A., G örlitz. W irk l. Geh.

O b e r-R e g .-K a t D r. Karl Schneider, B erlin. Geh. H o fra t Prof. Dr. ß . Suphan, W eim ar. U n iv .-P ro fesso r D r. von Tlindichuitl, T übingen. D r. A. Wernicke. D ire k to r d er städt. O berrealschule u n d Prof. d er techn.

H ochschule, B raunschw eig. W. Wetekamp, R ealgym n.-D irigent, B erlin -S ch ö n e b e rg . Prof. D r. W olfstieg, B ib lio th e k a r d. Abg.-H., B erlin. P r o f.D r .W y c llg ra in , D irek to r d. A ugusta-Schule, B erlin. Dr. Jul. Ziehen, Ober- S tu d ien d irek to r, B erlin-W ilm ersdorf. Prof. D. Zimmer, D ire k to r des E v. D iakonie-V ereins, B erlin-Z ehlendorf.

Stellvertretende ^Mitglieder:

L e h re r K. Aron,B erlin. J. G. Bertrand.R en tn er,B erlin -S ü d en d e. D r.W illi. B ode.W eim ar. D r.Gustav Diercks, B erlin Steglitz. Prof. H. Fechner. B erlin. Geh R eg ieru n g s-R at Gerhardt, B erlin. Geh. R egierungs-R at D r. MoritZ Heyne, P rofessor a n d er U n iv e rsitä t G öttingen. O berlehrer Dr. Rudolf Kayser, H am burg.

P a sto r D. D r. Kirniss, B erlin. C hef-R edakteur v. Kupffer, B erlin. D r. Loeschhorn. Sam ter (Posen).

P rofessor Dr. Möller, B e rlin -K a rlsh o rst. U niv.-Professor D r. Natorp, M arb u rg a. L . S ta d tb ib lio th ek a r D r. Niirrenberg, D üsseldorf. R ek to r RiHSUiann, B erlin. S tad tb ib lio th ek a r D r. Ruess, A ugsburg. Geh. Hofrat Dr. K. v. Sallwürk, O b ersch u lrat i.K arlsru h e. B ib lio th ek ar Dr. ErUHt Schnitze, H am bg. A rchivT atD r. Schuster, C h arlo tten b u rg . Slamenik, B ürg ersch u l-D irek to r, P rerau . D r. Hermann Tiirck, J e n a . V erlag sb u ch h än d ler Dr. Ki'liat V oliert, B erlin. Fr. Zollinger, S e k re tä r des Ilrziehungqw esens des K an to n s Z ü ric h , Zürich.

Die Studentenschaft und der Akademische Bund „Ethos.

Im Aufträge des Vorstandes von

F r a n z S c h u l z e , stud. phil. et rer. nat. Berlin, z. Zt. Dessau-Jonitz.

Ü ber alles G lück g eh t doch d er F reu n d , D er’s fü h len d e rst erschafft, d e r’s teile n d m e h rt

(S chiller.)

N ur nach hohen und edlen Dingen stand von je der Sinn des w ahrhaft deutschen Studenten. F ür alles W ahre, Gute, Schöne ist sein begeistert Herz erglüht. Treue Liebe zum Vaterlande, ritterliche Achtung vor der Frau, heißer W issensdurst und unerschrockener W ahrheitsm ut waren von je die Grundzöge seines Wesens und müssen sie auch bleiben.

Aber in unseren Tagen zehrt ein schleichendes Gift am Marke der deutschen Jugend, und selbst in der Studentenschaft beginnt der Idealismus von seinem hohen Fluge zu verlieren.

Die wachsende Verrohung des Geschlechtsverkehrs un tergräbt m ehr und m ehr das leibliche und seelische Wohl unseres Volkes, m acht jährlich Tausende von Jünglingen zu Sklaven ihrer Begierden. Gegen die um sich greifende höchst gefährliche Verwilderung der Anschauungen anzukäm pfen, h at sich der Akademische Bund Ethos zur Aufgabe gem acht. Satzungs- gemäß bezwecken wir die Forderung einer vertieften und ver­

edelten Auffassung des Geschlechtslebens, die Läuterung der sittlichen Ehrbegriffe und den Kampf gegen die geschlechtliche Ausschweifung.

1*

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4 Schulze, Heft 1.

Es würde uns übel anstehen, wollten wir uns zu S itten ­ richtern über unsere Altersgenossen aufwerfen. Doch wir haben die Klagen ernst denkender Männer und Frauen vernommen, und der tiefe Schm erz, der aus ihren W orten spricht, ist uns zu Herzen gegangen. Daher haben wir uns entschlossen, alle in der deutschen Studentenschaft schlum m ernden sittlichen K räfte zu wecken und zu einem großen Bunde zu vereinigen, um dem Y aterlande m it voller D eutlichkeit zu bew eisen, daß vorläufig noch niem and ein Recht habe, am gesunden Kern der akademischen Jugend zu verzweifeln, daß dagegen noch viel K raft und edle

Begeisterung in ihren Reihen herrscht.

W ir erachten es als ein dringendes Gebot, daß durch massen­

haften B eitritt aller gleichgesinnten Kommilitonen zum Akademischen Bunde Ethos eine begeisterte Kundgebung für die altgerm anischen Tugendideale veranstaltet werde. W ir glauben eine solche um so eher herbeiführen zu können, als wir uns von allen politischen, konfessionellen und parteistudentischen Bestrebungen gänzlich fern halten, und wir unsere Verfassung so lose wie irgend möglich gelassen haben. Es ist daher jedem Kom m ilitonen, der von irgend einem S tandpunkte aus unsere Forderungen v e rtritt, auch jedem , der nach einem festen R ückhalt sucht, um ein oft ver­

lorenes und ebenso oft wiedergewonnenes Ideal sich dauernd zu eigen zu m achen, Gelegenheit geboten, sich unserem Bunde an­

zuschließen, sei er K orpsstudent oder B urschenschafter, sei er freier S tudent oder Angehöriger irgend eines Verbandes. In unserem Bunde soll alles vergessen sein, was deutsche Studenten sonst unter einander trennen mag. Nur das wollen wir pflegen, was uns alle m it einander verbindet. Alle tragen wir in unserem Herzen die Liebe zu unserem großen, teuren Vaterlande, dem wir allerdings nicht durch leere W orte, sondern durch die sittliche T at helfen wollen. W ir wollen uns immer bew ußt bleiben, daß das große Ganze sich aus unzähligen Einzelgliedern zusammen­

se tz t, von denen jedes auch in sittlicher Beziehung seine volle Pflicht erfüllen m uß, wenn nicht der gesamte Organismus leiden soll. J a noch mehr! W ir wollen immer eingedenk sein, daß wir in dem gew altigen Bau des Deutschen Reiches dereinst nicht nur schlichte B austeine, sondern tragende Säulen werden sollen.

Möchten sich daher recht viele Kommilitonen einm al wieder von einer Flutw elle des Idealismus ergreifen lassen, dam it sie alle kleinlichen Bedenken hintenanstellen und freudigen Herzens ihren

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B eitritt erklären! Möchten sie auch erkennen, daß der Verkehr m it hochgesinnten Freunden von unschätzbarer Bedeutung ist für die G estaltung ihres Innenlebens, für den Erw erb einer gefestigten W elt- und Lebensanschauung und nicht zuletzt für die Erfolge ihrer besonderen wissenschaftlichen T ätigkeit!

W ir sind nicht so leichtfertig, daß wir uns m it einem uns etw a über N acht zugeflogenen Lieblingsgedanken an die Öffentlichkeit wenden. Nein, die Anschauung, die wir ver­

fechten, ist die jahrelange Erfahrung einer großen Zahl von Kommilitonen und das wissenschaftliche Ergebnis nam hafter Physiologen und Hygieniker. Ich kann es mir versagen, hier all die erm utigenden W orte anzuführen, welche die hervorragendsten A utoritäten über diese F rage geschrieben oder gesprochen haben.

Eine Zusam m enstellung solcher Urteile findet sich in Kornigs trefflichem Buche „D ie Hygiene der K euschheit“. Nur zwei A utoritäten will ich m it eigenen W orten reden lassen, Professor Dr. H e r z e n in Lausanne und Professor Dr. E u le n b ü r g in Berlin.

In seiner Schrift „W issenschaft nnd S ittlic h k e it“ sag t H e rz e n folgendes:

„Um sich die Anstrengung des W iderstandes zu ersparen, um nachzugeben, findet man gern Entschuldigungen. Man konsultiert den A rz t, und viele A erzte sind zu koulant in diesem Kapitel. W enn ein junger Mann zu ihnen kommt und sagt: Ich habe Kopfweh, Herzklopfen, ich schlafe schlecht usw., geben sie sich nicht die Mühe, ihn ernstlich zu untersuchen, sich zu vergewissern, ob er vielleicht zu viel W ein oder B ier, Tee oder Kaffee trin k t, ob er zu viel rau ch t, ob er eine sitzende Lebensart führt, oder ob andere Ursachen seines Uebelbefindens vorhanden sind; sie sagen ihm einfach: Sie müssen sich mit Frauen „abgeben“ ! Glauben Sie das nicht, meine H erren, und da ich Ihnen gesagt, daß ich niemand schonen werde, so sage ich zu diesen Kollegen, daß sie in diesen Fällen mit einem unverzeihlichen Leichtsinn handeln!

Die Enthaltsam keit ist möglich, meine Herren. Ich sage n ich t, daß sie immer leicht ist; sie ist manchmal schwer zu ertragen. Es hängt das viel von der individuellen Konstitution, von den äußeren Umständen und von der Lebensart ab. W ir essen im allgemeinen zu viel, und w ir nehmen ganz besonders zu viel erregende Stoffe zu uns. Mit ein wenig gutem W illen kann m an, wenn man will, das Bedürfnis beschwichtigen. Die vorzüglichsten Mittel sind eine mäßige Nahrungsweise, die Enthaltung von aufregenden G etränken, ernste geistige A rbeit und besonders körperliche Uebnngen.

Ich habe gesagt: wenn man will. A ber man muß leider gestehen, daß, trotz einiger schwacher Gewissensskrupel, welche diejenigen empfinden, die nicht ganz verdorben sind, 1905. Die Studentenschaft und der Akademische Bund „Ethos“. 5

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G Schulze, Heft 1.

und trotz der augenscheinlichen und sehr ernsten Gefahren, denen man sich aussetzt, wenn man nachgibt, die meisten Männer eben nicht wollen, weil sie in einer Luft erzogen sind, wo die geschlechtliche Lizenz für das männliche Geschlecht erlaubt ist und als eine ganz legitime Sache an­

gesehen wird. Diese Anschauungsweise ist aber nichts anderes als ein doppelter Atavismus — das Erbteil der barbarischen Zeiten und dasjenige des M ittelalters.“

Hören wir weiter Professor Eulenburg in seinem W erke

„N europathia sexualis virorum “ (1893). E r sagt:

„Hinsichtlich der Abstinenz stehe ich auf einem allerdings der hergebrachten Meinung, oder was sich dafür ausgibt, durchaus widersprechenden Standpunkte. Ich bezweifle, daß schon irgend jemand bei sonst vernünftiger Lebensweise durch geschlechtliche Abstinenz allein krank, speziell neurasthenisch oder sexualneurasthenisch geworden ist. Ich halte diese immer wiederkehrenden, phrasen re Lehen Behauptungen für völlig leeres und nichtssagendes Gerede, wobei es sich nur um ein gedankenloses Miteinstimmen in den allgemeinen Chorus oder, noch s-hlimmer, um ein bewußtes Kniebeugen vor dem mächtigen, all verehrten und überdies so bequem anzubetenden Götzen: Vorurteil handelt. Ein Ankämpfen gegen dieses Vorurteil ist aber notwendig geboten und bildet eine würdigere Aufgabe der Aerzte als das Mithelfen an den Irrwegen staatlicher Regelung und Beschützung der Prostitution.

Beides steht in einem fatalen Zusammenhange; denn eben jene im Laienpublikum außerordentlich beliebte und leider auch von de 1 Aerzten laut oder stillschweigend gebilligte Meinung von der unbedingten Schädlichkeit geschlechtlicher Abstinenz w irkt zumal auf die heranwachsende Ju?end verderblich; sie treibt diese dem illegitimen Geschlechtsverkehr, d. h. im wesentlichen der Prostitution geradezu in die Arme. Man kann also gar nicht laut und häutig genug dagegen opponieren/

Ferner haben sich stets energisch in unserem Sinne aus­

gesprochen u. a.: Prof. S o n d e r e g g e r in der Schweiz, Prof. J a m e s P a g e t , Prof. K r a f f t - E b i n g in Wien, L io n e l S. B e a le vom King’s College in London, Prof. F o r e l in Zürich, Prof. S y lv e s t e r G r a h a m , Amerika, das ganze Medizinal-Kollegium der U niversität C hristiania (also die Professoren N i c o l a y s e n , E. W in g e , L o c h m a n n , S. H e ib e r g , S. H j o r t , S. W o rm s - M ü lle r, E. S c h ö n b e r g ) , S. R i b b in g in Upsala, Prof. R u b n e r in Berlin, Prof. F ü r b r i n g e r in Berlin und Prof. G r u b e r in München.

W er nach dem wissenschaftlichen Zeugnis dieser Gelehrten, von denen viele einen W eltruf besitzen, noch immer an dem törichten Aberglauben festh ält, daß man infolge geschlechtlicher E nthaltsam keit krank oder tiefsinnig werde, dem wird

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schwerlich zu helfen sein. Er möge doch aber an die schlimmen K rankheiten denken, die sich fast jeder zuzieht, der sich einem vor- oder außerehelichen Geschlechtsverkehr hingibt. W enn es schon wahr w äre, daß wir durch einen reinen Lebenswandel diesen oder jenen gesundheitlichen Schaden erlitten, so würde dieser doch weit, weit hinter dem Elende Zurückbleiben, das fort und fort durch die G eschlechtskrankheiten verursacht wird.

Leider herrschen über diese Dinge auch in gebildeten Kreisen noch äußerst oberflächliche, ja geradezu leichtfertige Ansichten.

Diese Krankheiten sind gräßliche Ungeheuer, die m itten u nter uns weilen und zusehen, wen sie verschlingen. Nicht einmal der E nthaltsam e ist sicher, von ihr ergriffen und ins Verderben ge­

zogen zu werden. W er all die hoffnungsvollen Söhne an sich vorüber wandeln sähe, die einst der Stolz ihrer E ltern waren und nun durch diese K rankheiten an Leib und Seele gebrochen sind; wem wie uns das Schicksal eines Ehrenmannes vor Augen steht, der nach früh und glänzend abgoschlossenen Studien um die Hand eines geliebten Mädchens aulmlten w ollte, der sich aber auf der Stelle entschloß, für immer ledig zu bleiben, als er erfuhr, was die durch nur eine einzige Verfehlung erworbene Syphilis zu bedeuten h a t, wer das tiefe Leid dieses Mannes k en n t, das nun an seiner Seele n ag t, wer gesehen h ä tte , wie er nur durch die Aufopferung und W achsam keit seiner Freunde vom Äußersten abzubringen war, und wie er doch wieder zu gewissen Stunden m it allen Fasern seines Herzens am Leben hing, das er nicht m ehr für lebensw ert erachtete: der möchte zum Allmächtigen flehen, daß er ihm Flam m enworte verleihen m öge, um solch trauriges Schicksal von seinen übrigen Mitmenschen ab wenden zu können.

Nun aber geben bei der Entscheidung der F rage, ob ein Jüngling bei rechter Selbstbesinnung geschlechtlich enthaltsam leben müsse oder nicht, die hygienischen F aktoren keineswegs allein den Ausschlag. Im besonderen kann die F urcht vor K rankheiten wie alle F urcht nie und nimmer ein sittlicher Beweg­

grund sein. In der T at sind es außer der Vaterlandsliebe die uns innewohnenden treibenden Kräfte der R einheit und der Gerechtig­

keit, die unsere Bewegung ins Leben gerufen haben. Unser Leib soll ein Tempel des Geistes sein, der in uns heilige E hrfurcht erw eckt, wie wenn wir voll staunender Bewunderung vor einem herrlichen Bauwerk stehen. Und weiter: Entsprechen unsere Ehr­

1905. Die Studentenschaft und der Akademische Bund „E th o s“. 7

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8 Schulze, Heft 1.

begriffe, wie sie allgemein in geschlechtlich-sittlicher Beziehung gelten, den Forderungen der G erechtigkeit? Keineswegs. Der junge Mann darf im Sumpfe w aten, bevor er die Toga um seine S chulter schlägt. Von der Jungfrau verlangt man jedoch, daß sie bis zu ihrer V erheiratung ein Leben in Engelsreinheit führe. Wehe ihr, wenn sie nur einen einzigen F eh ltritt begeht! Sie wird von der guten Gesellschaft gemieden und verstoßen. Dem jungen Mann entschuldigt m an hingegen gern, wenn er Dirnen besucht oder sich Maitressen gehalten hat. W er in seiner Jugend bereits derartige Grundsätze habe, der sei, so sagt m an, überhaupt kein Mann, ln der Jugend müsse man sich die Hörner ablaufen; das sei die Vorbedingung zu einem soliden Eheleben, und was dergleichen R edensarten m ehr sind. Als ob sich männliche K raft darin zeige, daß m an in die Knechtschaft des Trieblebens g erät, und als ob das Schwäche sei, wenn jem and erst recht nun auch in geschlecht­

lichen Dingen, Selbstzucht zu üben versteht. Der übliche Einwurf, daß doch der Geschlechtstrieb des Mannes stärker als der des W eibes sei, vermag ebenfalls niemanden zu rechtfertigen. Dem Manne ist zwecks erhöhter Selbstbeherrschung auch ein größeres Maß von Energie verliehen. Auf dieses gegenseitige Verhältnis kom m t es an, und das wird wohl bei beiden Geschlechtern einigermaßen das gleiche sein. Man wolle nur aufrichtig sein.

Unsere doppelte Moral ist durch nichts zu entschuldigen. Sie ist und bleibt eine schreiende Ungerechtigkeit, die allen edel­

denkenden Frauen unerträglich sein muß. Sie tun deshalb recht daran, wenn sie sich gegen die Zügellosigkeit des Mannes em pören, und wenn sie in lauten P rotesten die gleiche Moral für beide Geschlechter fordern. In diesem Kampfe wird die Frauenbew egung stets auf unsere U nterstützung rechnen dürfen; denn die Frauenfrage ist uns in m ehr als einer Beziehung auch eine sehr ernste Männerfrage.

Noch m anch andere Überlegung, so die Anwendung des kategorischen Im perativs und der Gedanke an M ütter und Schwestern muß zu unserer Grundforderung führen. F ür einen deutschen S tudenten sollte es aber so vieler Erwägungen gam icht bedürfen, um erkennen zu können, was für ihn in diesen Dingen das Richtige sei. Ihm werden so viele Quellen des Edlen und Schönen, des w ahrhaft Großen und Erhabenen erschlossen, daß es eine Schmach für ihn w äre, wenn er all seine Anlagen an gemeine Dirnen vergeuden w ollte, oder wenn er’s übers Herz

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gewönne, durch verführerisches Ränkespiel ehrbare junge Mädchen zu Opfern seiner L ust zu machen.

Unsere Bewegung h a t in weiten Kreisen, besonders bei unseren Lehrern, freudige Zustimmung gefunden. Aber auch an Verdächtigungen h a t es ihr natürlich nicht gefehlt. So haben wir es leider nicht verhindern können, daß auch wir hier und da für eine frömmelnde Sekte oder für die Werkzeuge kirchlich­

politischer H interm änner gehalten wurden. Es bedeuten derartige Unterstellungen ungefähr das Schlim m ste, was m an einem akademischen Bürger antun kann. W ir müssen daher m it vollem Nachdruck erklären, daß wir pharisäisches Schein wesen und verlogenes Muckertum niemals in unseren Reihen dulden werden^

und daß wir stolz darauf sind, daß unsere Bewegung aus dem eigensten Antrieb der Studentenschaft selbst hervorgegangen ist.

Wenn man durchaus wissen will, wie uns der Glaube steh t, so frage man bei unseren großen D ichtern, Philosophen, G ottes­

gelehrten und Naturforschern an. Als werdende Menschen ver­

senken wir uns in ihre gewaltigen G eistesschätze, um voraus­

setzungslos die W ahrheit zu ergründen, und kümmern uns nicht darum , zu welchem Endergebnis wir gelangen. Wenngleich wir auf kein Dogma eingeschworen sind, so bekennen wir uns doch zu einer sittlichen W eltordnung, so halten wir doch am schlichten deutschen Gottesglauben fest und folgen wir der Losung, in der uns kein Geringerer als Ludwig Uhland vorangegangen ist:

Heilig achten wir die Geister, Aber Namen sind uns D unst;

W ürdig ehren wir die Meister, Aber frei ist uns die Kunst.

Nicht in kalten Marmorsteinen, Nicht in Tempeln dumpf und tot, In den frischen Eichenhainen

W ebt und rauscht der deutsche Gott.

Von diesem ziemlich selbstverständlichen Standpunkte aus müssen wir es beklagen, wenn man junge werdende Studenten auf religiöse und politische Bekenntnisse zu verpflichten sucht.

Mit derartigen Bestrebungen wird man in unserem Bunde kein Glück haben. Frei von allem Zwange suchen wir unsere E rkenntnis aus den Quellen des Lebens und der Erfahrung zu 19 0 5 . Die Studentenschaft und der Akademische Bund „E th o s“. 9

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10 Schulze, Heft l.

schöpfen und denen gleich oder doch ähnlich zu werden, die die vielgestaltigen Erscheinungen in N atur und Geistesleben m it hellen und klaren Sinnen geschaut haben, die nicht müde wurden, immer wieder nach kernfester Überzeugung zu ringen, und die sich niemals gescheut haben, vor jederm ann frei und offen die W ahrheit zu bekennen.

Vor allem wollen wir uns durch keine W eltentfrem dung den Jugendm ut verkümm ern lassen. So sehr wir auch vor zügellosem Genießen warnen müssen, so eindringlich erheben wir unsere Stim m e gegen jede klausnerische oder asketische Lebensauffassung.

L iegt doch eine gar zu tiefe und herzergreifende Tragik in einem der herrlichsten Gedichte Konrad Ferdinand Meyers! Möchte es sich jeder zu eigen machen und es jedem Jünglinge zurufen, der in seinen Blütentagen scheu und einsam seine Straße zieht:

Am Himmel w ächst der Sonne Glut, Aufquillt der See, das Eis zersprang, Das erste Segel te ilt die F lut,

Mir schwillt das Herz wie Segeldrang.

Zu wandern ist das Herz verdammt, Das seinen Jugendtag versäum t, Sobald die Lenzessonne flammt, Sobald die Welle wieder schäumt.

Verscherzte Jagend ist ein Schmerz Und einer ew’gen Sehnsucht Hort, Nach seinem Lenze sucht das Herz In einem fort, in einem fort!

Und ob die Locke Dir ergraut Und bald das Herz wird stille stehn, Noch muß es, wann die Welle blaut, Nach seinem Lenze wandern gehn.

W er diese wehmutsvolle Klage jemals einem unglückseligen Menschen nachem pfunden h a t, der wird sich m it allen Kräften w ehren, wenn man ihm nur ein Atom von Leben, Licht und F reiheit rauben wollte.

W ir wissens selbst, daß uns nichts weniger ziem t als alt­

kluges Moralistentum. W ir wissens auch, daß, nur wer ein rechter Jüngling gewesen ist, einmal ein ganzer Mann werden

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wird. Auch vor uns liegt die W elt im goldenen Glanze wonne­

trunkener Jugend. Auch wir wollen unsere akademische Freiheit, die blühende, goldene Zeit, m it vollen Zügen genießen. Aber wir wollen uns auch fragen, worin der rechte Lebensgenuß besteht, durch den wir uns bis ins Alter ein jugendfrisches Herz bewahren.

Und hierin muß jeder Student vom alten Schlage zu der Über­

zeugung kom m en, daß wir tro tz schäumender Lebensfreude auch fähig sein m üssen, in allen Lagen Selbstbeherrschung zu üben.

Er muß sich sagen, daß wir in keiner Schlaraffia leben, sondern daß unser Vaterland gerade in der jetzigen und vielleicht noch mehr in den kommenden Zeiten — wer w eiß, was sie uns bringen! — gesunde Männer und rüstig schaffende Kräfte braucht.

Darum wollen wir zwar nicht öde S treber, doch strebsam e S tudenten sein; darum wollen wir den alten Burschenschaftern gleich Fleiß und S ittlichkeit unsere obersten Grundsätze sein lassen; darum wollen wir durch gewissenhaftes Studium in unserem Berufe einmal Meister werden und uns tü chtig machen, dereinst auch im öffentlichen Leben, so gut wir es vermögen, für das W ohl des Ganzen wirken zu können.

N icht nur eine einseitige Fachbildung wollen wir uns erw erben, sondern den ganzen Menschen entwickeln. Unser Studium soll zugleich ein harmonisches inneres Wachsen sein.

Von der großen Sehnsucht nach w ahrer R eligiosität, die, G ott sei Dank, wieder durch die deutschen Lande geht, sind auch wir ergriffen. Darum sitzen wir nicht, wo die S pötter sitzen; darum sind wir nicht einem trostlosen Materialismus oder Atheismus verfallen; vielmehr suchen wir durch die Pflege der Schönheit m it der ewigen W eisheit in innige geistige Verbindung zu gelangen. All die erhebenden Gedanken und Gefühle, die wir Staubgeborenen m eist nur als schwachen W iderhall des G ött­

lichen in uns empfinden, wollen wir durch den geistigen Verkehr m it unserm Goethe und unserm Schiller, unserm Beethoven und Richard Wagner, sowie m it jedem gottbegnadeten Genius in uns zu S tärke und Innigkeit zu entwickeln trachten. — Es ist etwas W underbares um die M enschennatur! Lange vermag öder W issensdünkel das Heiligste in uns zu erdrücken, daß es fast erstorben scheint. Aber endlich, endlich kom m t es doch wieder m it ganzer Macht zum Durchbruch. Lang und w eit sind die Irrfahrten des menschlichen Geistes, aber endlich findet er sich wieder, und die Morgenröte einer neuen Zeit bricht an.

1905. Die Studentenschaft und der Akademische Bund „E th o s“. H

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12 Schulze, Heft 1. Darum soll es von uns nicht heißen: Auch ein „von des Gedankens Blässe angekränkeltes G eschlecht“. Nein, leben wollen wir, bew ußt, kraftvoll, schön und innig leben!

D aher suchen wir auch einen harm losen und freundlichen Verkehr zwischen beiden Geschlechtern anzubahnen. B raucht es doch kaum erw ähnt zu werden, daß nicht nur in den unteren, sondern auch in den oberen Schichten unseres Volkes w ahrhaft edle Geselligkeit im Abnehmen begriffen ist. Bei den nicht selten völlig kalten und schablonenhaften Umgangsformen der sogenannten besseren Gesellschaft müssen die Herzen leer ausgehen. Unser zum Teil recht gezwungenes und oberflächliches Gesellschaftsleben m uß notwendigerweise eine gewisse Entfrem dung zwischen beiden Geschlechtern zur Folge haben, und som it auf beiden Seiten zu ernsten Schädigungen des gesam ten Empfindungslebens führen.

In dieser Hinsicht muß W andel geschaffen w erden, und zwar muß die Jugend wiederum selbst Schritte tu n , um sich ihre heiligsten Rechte zu wahren. Wie wir uns eine solche Neu­

gestaltung denken, ist vorläufig eine nebensächliche Frage. Vorläufig genügt es, daß das Ziel fest ins Auge gefaßt ist. Durch nichts können unsere Grundsätze eine bessere Festigung erfahren als durch einen natürlichen und edlen Verkehr m it Frauen und Jungfrauen von G eistes- und Herzensbildung.

Unsere Bewegung ist noch jung; ihre ersten Anfänge in Deutschland fallen in den Februar des Jahres 1904. Eine kleine Zahl von Kommilitonen^ war damals von einer Stim m ung erfaßt wie von der, wenn draußen i^i W alde die Säfte wieder steigen, w enn sich ein brauner Hauch von schwellenden Knospen über die W ipfel legt, und vom höchsten Ast der Drosselruf die Gewiß­

heit des neuen Frühlings verkündet. Schon k eh rt sie wieder, diese schöne Zeit des Sehnens und Erw achens, und von unseren Hoffnungen ist inzwischen ein gu t Teil in Erfüllung gegangen.

Unser Bund zählt zu Anfang 1905 140 Mitglieder. D arunter sind 99 Studierende und 41 A ltfreunde, die ihr akademisches Studium beendet haben. Von den Studierenden entfallen 77 auf die O rtsgruppen an der Universität Berlin und den Technischen Hochschulen zu C harlottenburg, S tu ttg a rt und Dresden. Die übrigen 22 gehören allein dem Bunde an und verteilen sich auf verschiedene Universitäten und Hochschulen. Sie werden dort für unsere Sache Stim m ung zu machen versuchen und, sobald

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sich eine genügende Zahl von Anhängern gefunden h a t, dort ebenfalls zur Gründung von Ortsgruppen schreiten. So besitzen w ir vereinzelte Mitglieder in H a lle , M a r b u rg , G ie ß e n , M ü n s te r (Westf.), H a n n o v e r , K ie l, G r e if s w a l d , H e id e lb e r g , T ü b i n g e n , M ü n c h e n , W ie n und Ptfag.

Ehrenm itglieder unseres Bundes sind, vier M änner, die sich durch W ort und Schrift um unsere Bewegung hohe Verdienste erworben haben: 1. Dr. O tto v o n L e i x n e r in B erlin-G roß- Lichterfelde, 2. Prof. Dr. A le x a n d e r H e r z e n in Lausanne, der Verfasser der W erbeschrift „W issenschaft und S ittlich k eit“, 3. Prof. Dr. A l b e r t H e im in Zürich, der Verfasser der bedeut­

samen Schrift „Das Geschlechtsleben des Menschen vom Stand­

punkte der natürlichen Entw ickelungsgeschichte“ und endlich 4. B jö r n s t je r n e - B j ö r n s o n .

In Zürich besteht bereits seit einigen Jah ren ein von unserem Bunde unabhängiger akadem ischer Verein „E thos“, .dessen Grund­

sätze und Ziele in den wesentlichsten P unkten m it den unserigen übereinstim m en, und zu dem wir daher fortgesetzt freundschaft­

liche Beziehungen unterhalten

Mit den Erfolgen unseres Gründungsjahres können wir zu­

frieden sein. Denn es kam zunächst darauf an, erst an einigen wenigen Hochschulen Wurzel zu fassen und von diesen aus unserem Bunde eine gedeihliche Fortentw icklung zu sichern. Dies h a t im vergangenen Jah re geschehen können. Selten h a t eine studentische Bewegung m it so großen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt wie die unsrige. Daher bestehen unsere Erfolge auch weniger in dem, was wir äußerlich, jedem Auge sichtbar, erreicht haben, als vielmehr darin, was wir an fruchtbaren Keimen ausgestreut haben.

Im kommenden Bundesjahre gilt es daher, überall die keimenden K räfte zur Entfaltung zu bringen. Besonders hoffen w ir, daß zahlreiche Angehörige der akademischen T u r n e r s c h a f t e n sich unserem Bunde anschließen werden. Sie haben sich, wie wir, die Pflege deutscher Art zur Aufgabe gemacht. Auch wir wollen unser Volk w ehrkräftig, gesund und stark erhalten und treiben zu diesem Zwecke selbst eifrig S port und Leibesübungen. Nur in den Mitteln gehen wir einen Schritt w eiter, weil wir nicht anstehen, aus der Losung mens sana in corpore sano auch die letzte Konsequenz zu ziehen. Zu unserer Genugtuung haben wir beobachten können, daß viele Turnerschaften in diesem Punkte m it uns völlig einer Meinung sind. Es ist dies auch die Auf­

1905. Die Studentenschaft und d er A kadem ische Bund „ E th o s“. 13

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14 Schulze, Heft 1.

fassung der Begründer des deutschen Turnens gewesen. Man braucht nur einmal wieder an die herrlichen W orte F r i e d r i c h L u d w ig J a h n s zu denken, m it denen er uns das Bild F r i e d r i c h F r i e s e n s , dieses hochsinnigen deutschen Jünglings und Mannes, vor Augen führt:

„Friesen w ar ein aufblühender ManD, in Jugendfülle und Jugendschöne an Leib und Seele ohne F ehl, voll Unschuld und W eisheit, beredt wie ein Seher; eine Siegfriedsgestalt, von großen Gaben und Gnadeu, den jung und a lt gleich lieb h atte; ein M eister des Schwertes auf Hieb und Stoß, kurz, rasch, fest, fein, gewaltig und nicht zu ermüden, wenn seine Hand erst das Eisen faßte; ein kühner Schwimmer, dem kein deutscher Strom zu breit und zu reißend; ein reisiger Reiter, in allen Sätteln gerecht; ein Sinner in der T urnkunst, die ihm viel verdankt. Ihm w ar nicht beschieden, ins freie V a te r­

land heimzukehren, an dem seine Seele hielt. Von welscher Tücke fiel er bei düsterer W internacht durch Meuchelschuß in den Ardennen. Ihn hätte auch im Kampfe keines S terb­

lichen Klinge gefällt. Keinem zuliebe und keinem zuleide:

— aber wie Scharnhorst unter den A lten , ist Friesen von der Jugend der größeste aller Gebliebenen.“

Jeder echte deutsche Turner, besonders jeder turnende deutsche S tudent und m it ihm jeder Kommilitone vom Bunde „E thos“

trä g t das Bild dieses begeisterten Freiheitshelden in seinem Herzen. Ihm gleich oder doch ähnlich zu werden, ist sein Streben. Nun denn, ihr deutschen Turner und Studenten, suchet alle insgemein das Wesen eures Helden auch nach der sittlichen Seite voll zu erfassen, dam it der „A lte im B arte“ , falls sein Geist einmal herniederstiege, von euch allen sagen könnte: „An Leib und Seele ohne Fehl, voll Unschuld und W eisheit!“

Doch nicht allein die akademischen Turnerschaften, sondern fast säm tliche studentischen Verbände lassen es sich angelegen sein, in ihren Reihen vaterländische Gesinnung zu pflegen, wenn sie dies auch nicht alle ausdrücklich auf ihre Fahne geschrieben haben. Som it hoffen wir, daß auch Angehörige der Korps, der Burschenschaften, der Landsm annschaften, der Sängerschaften, des Vereins deutscher S tudenten, der vielen wissenschaftlichen Vereinigungen u. s. w. künftig in noch w eit größerer Anzahl unserem Bunde beitreten werden, als dies bisher geschehen ist.

Es liegt uns gänzlich fern, den S treit um das Keuschheitsprinzip wieder in die Burschenschaften hineinzutragen. In keiner Korporation wollen wir den inneren Frieden stören. Doch können wir uns der augenfälligen Tatsache nicht verschließen, daß, wie

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in unserem ganzen Volke, so auch in der Studentenschaft die Besserung der geschlechtlich-sittlichen Zustände zur dringenden Notwendigkeit geworden ist. Da wir ferner wissen, daß in vielen K orporationen Kommilitonen von unseren Grundsätzen zu finden sind, die diese auch nach außen hin betätigen m öchten, so glaubten wir einem bereits längst fühlbar gewordenen Bedürfnis zu entsprechen, wenn wir den Akademischen Bund Ethos m it möglichst loser Verfassung ins Leben riefen. Unsere Satzungen verpflichten äußerlich zu so geringen Leistungen, daß wir vom vaterländischen Geiste der verschiedenen Korporationen erwarten, daß sie nicht etw a durch kleinliche F orm alitäten ihren M itgliedern den Z u tritt zu unserem Bunde erschweren oder unmöglich m achen werden. Dazu handelt es sich fürw ahr um eine zu wichtige und ernste Sache. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. W ir w üßten nicht, daß die Ziele irgend einer honorigen Korporation durch die unserigen beinträchtigt würden. Im G egenteil, durch unsere Bestrebungen werden die der m eisten ihrem eigentlichen Sinne nach nur gefördert.

Um den Kampf gegen den schlimmsten Feind der aka­

demischen Jugend m it nachdrücklichem Erfolge führen zu können, bedarf es vor allem einer gesicherten m ateriellen Grundlage. Die U nterhaltung eines eigenen Heims, die Errichtung einer Bücherei, die Verbreitung von W erbeschriften, sowie die Entsendung von Rednern an die deutschen U niversitäten und Hochschulen erfordern nicht unbeträchtliche Mittel. Daher richten wir an alle Menschen­

freunde die herzliche Bitte, uns zu unterstützen, sei es durch die Bekanntm achung unserer Bestrebungen, sei es durch Überweisung bedeutungsvoller W erke und Schriften jeder Art, oder durch pekuniäre Zuwendungen. Auf keinem Gebiete können Geld­

m ittel nutzbringender angelegt werden, als auf dem der Erziehung und besonders auf dem, wo es sich um eine Einwirkung der Jugend auf die Jugend handelt. N icht, daß wir uns von besserem Holze dünkten als unsere übrigen Kommilitonen. Dies war ja einer der Fehler der alten Burschenschaften, denen wir uns sonst so innig verwandt fühlen. W ir sind alle irrende, ringende Menschen. Aber wir m einen, daß das Maß von sitt­

licher K raft, das dem Einzelnen zu teil wurde, bei Verschiedenen verschieden stark ist, und daß in einer Gemeinschaft, in der eine hohe ideale Gesinnung gepflegt wird, auch ein schwaches sitt­

liches Empfinden zu hoher E ntfaltung gebracht werden kann.

1905. Die S tudentenschaft und der A kadem ische B und „E th o s“. 15

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Und som it sind wir w eiter der Überzeugung: Wenn m an m utigen deutschen Studenten, die als ihr höchstes G ut die innere Freiheit schätzen, die äußeren Bedingungen schaffen hilft, ihre Ideen in positive W erte um zusetzen, so wird ihre Begeisterung für alles W ahre, G ute, Schöne nie erkalten, so werden sie später als Männer die Jugend im Sturm e m it sich fortreißen und so einen Segen stiften, dessen W irkung in ferne Geschlechter zu verspüren ist. Das V aterland, für das unser Herz in treuer Liebe schlägt, mag stolz und unerschrocken in die Zukunft schauen, wenn sich seine Söhne einen kräftigen und gesunden K örper, einen klaren Geist und vor allem einen hohen Idealismus bewahren. Möge es uns bald beschieden sein, daß auch wir alljährlich zu Pfingsten oder im August über eine große Zahl von Bundesbrüdern eine Heerschau halten können, daß wir dann von Nord und Süd, von W est und Ost an einem lieben, alten , deutschen O rt zusammen­

ström en, wo uns eine herrliche N atur um fängt und ein hehres, geschichtliches Denkmal von großen entschwundenen Zeiten raunt, wo wir uns als die Söhne eines großen, starken Vaterlandes fühlen, wo wir uns an den Reden unserer Lehrer, unserer teuren Altfreunde und lieben Bundesbrüder begeistern werden, wo wir die Bande der Freundschaft fester knüpfen und uns Treue um Treue bis in den Tod geloben werden! L aut soll dann der Sang in die Lande schallen:

Schwört bei dieser blanken W ehre, Schwört, ihr Brüder, allzumal:

Fleckenrein sei unsre Ehre Wie ein Schild von lichtem Stahl.

W as wir schwuren, sei gehalten Treulich bis zur letzten Ruh.

H ört’s, ihr Jungen, h ö rt’s ihr Alten, G ott im Himmel, hör’s auch du!

Freiheit, d u ft’ge Himmelsblume, M orgenstern nach banger Nacht!

Treu vor Deinem Heiligtume S teh ’n wir alle auf der W acht!

Was erstritten unsre Ahnen, H alten wir in starker H ut:

Freiheit schreibt auf eure Fahnen, F ür die F reiheit unser Blut!

16 Schulze, Die Studentenschaft und d er A kadem ische B und „ E th o s“. Heft 1.

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1905. D evrient, D as V olkshaus zu Jena. 17 Vaterland, du Land der Ehre,

Stolze B raut m it freier Stirn!

Deinen Fuß benetzen Meere, Deinen Scheitel krönt der Firn.

Laß um deine Huld uns werben, Schirmen dich von unsrer Hand;

Dein im Leben, dein im Sterben R uhm bekränztes Vaterland!

Schw enkt der Schläger blanke Klingen, H ebt die Becher, stoßet an!

Unser Streben, unser Ringen, Aller W elt sei’s kund getan.

L aßt das Burschenbanner wallen, H altet’s hoch m it starker Hand, Brausend la ß t den Ruf erschallen:

Ehre, Freiheit, Vaterland!

(Rud. Baumbach.)

Anm erk u n g . Zur Beantwortung etwaiger Anfragen ist die Geschäfts­

stelle des Bundes, Charlottenburg, Schlüterstr. 70, gern bereit. Auch können von dort Satzungen und Leitsätze und gegen vorherige Einsendung des Betrages und Portos folgende empfehlenswerte Schriften bezogen werden:

Wissenschaft und Sittlichkeit (Prof. Dr. Herzen) . . . 0,20 Mk.

Das Geschlechtsleben des Menschen vom Standpunkte der

natürlichen Entwicklungsgeschichte (Prof. Dr. Heim) 0,50 „ Die Hygiene der Keuschheit (Dr. med. Körnig) . . . . 2,— „ Die Hygiene des Geschlechtslebens (Prof. Di1. Max Gruber) 1,50 „

Das Volkshaus zu Jena.

Ein Erinnerungsblatt an E m st Abbe.

V o n

Dr. E r n s t D e v rie n t.

Bei dem Comenius - Tage am 14. August 1904, dessen V er­

sammlungen im Volkshause zu Jena stattfanden, hat der derzeitige Leiter der Karl Zeiß-Stiftung, Herr Dr. C z a p s k i, der an Stelle des auf Reisen befindlichen Begründers dieser Stiftung, des Herrn Prof.

Dr. A b b e , die Versammlung begrüßte, die Tatsache hervorgehoben, daß die C. G-. in einem Hause tage, bei dessen Gründung sie durch von ihr ausgegangene unmittelbare Anregung und Förderung gleichsam Pate gestanden habe. Wenn demnach irgend eine Gesell­

schaft, so hat die C. G. alle Veranlassung, dieser großartigen, der

C om enlns - B lä tte r fü r V olkserziehung. 1905. 2

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18 D evrient, Heft 1.

Volksbildung gewidmeten Einrichtung, die für andere Städte zum V o rb ild zu werden bestimmt ist, ihre besondere Beachtung zuteil werden zu lassen.

Es war im Jahre 1896, als auf Anregung der Comenius-Zweig­

gesellschaft und unter Mitwirkung der Gesellschaft für ethische K ultur in Jena unter mancherlei Schwierigkeiten und Anfechtungen eine ö f f e n tlic h e L e s e h a lle errichtet wurde. Da das Unternehmen von dem Begründer der Karl Zeiß-Stiftung, Prof. A b b e, wirksam gefördert wurde, so konnte es sogleich in jener großartigen, weitherzigen und praktischen Weise ins Leben treten, die an seinem Hauptwerk ganz Deutschland und das Ausland bewundern. In einem stattlichen P rivat­

haus am Untern Graben nahm die Lesehalle zuerst ein, dann zwei Stock­

werke ein. Sie wurde unterhalten vom Lesehallenverein unter der Leitung seines hochverdienten Vorsitzenden Prof. R o s e n th a l. Den größten Teil der Kosten bestritt die Karl Zeiß - Stiftung. Nach anfänglichem Widerstand schloß sich bald auch das „ L i t e r a r i s c h e M u se u m “ an, eine meist von Universitätsdozenten gebildete Gesell­

schaft, die seit vielen Jahren eine Reihe von Zeitungen und namentlich Zeitschriften gehalten hat. W er damals aus den kleinen gemütlichen, aber schwach beleuchteten und nur mit Lebensgefahr zu erreichenden Räumen des Museums im alten Kollegiengebäude in die neue Lesehalle kam, der konnte glauben, aus dem alten typischen Universitätsstädtchen der 70 er Jahre in eine aufstrebende Industriestadt am Ende des Jahrhunderts versetzt zu werden. Es fehlte auch nicht an ängstlich warnenden und klagenden Stimmen. Die Gemeindebehörden verhielten sich noch durchaus ablehnend. Den Lesern dieser Blätter und den Mitgliedern der C. G. brauchen jene Gründe für und wider nicht wiederholt zu werden: es sind dieselben, die auch bei Gründung der C. G. geltend gemacht wurden, sie werden stets gehört, wo Bestrebungen für das Gemeinwohl auf die egoistische Furcht bevorrechteter Klassen oder die patriotischen Bedenken ängstlicher Gemüter stoßen. Die Lesehalle gedieh aber und wuchs derartig, daß die Räume schon nach wenigen Jahren nicht mehr genügten. Wieder war es die K arl Zeiß- Stiftung, die neue Wege und Mittel schuf. In der Nähe des Zeißwerks wurde ein Grundstück für den Bau eines eigenen Lesehallengebäudes bestimmt. Der Plan wuchs sich aus zu dem eines großen V o lk s- h a u s e s , eines Mittelpunktes für die allgemeine Bildung. Im April 1901 begann der Bau nach einem Plan des Baurats Dr. R o ß b a c h in Leipzig.

Schon im Herbst 1902 konnte die Lesehalle, die im Jahre 1901 im alten Haus b8050 Bücher an 53R8 Leser verliehen hatte neben einem täglichen Besuch von durchschnittlich 300 Zeitungslesern, ihr neues Heim beziehen, das ihr am 20. September von der Stiftung überwiesen wurde. Das Lesehallengebäude oder, wie es jetzt im Hinblick auf die

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1905. D as V olkshaus zu Jena. 19 in ihm untergebrachten verschiedenen Bildungsanstalten heißt, das L e h r g e b ä u d e bildet den südöstlichen Flügel des Volkshauses. D er W estflügel, das S a a lg e b ä u d e , ist erst im H erbst 1903 fertig geworden, wie auch der im Zuge des Lehrgebäudes eingefügte Zwischenbau.

Eine breite T erra sse , auf der Gartenanlagen hergestellt w erden, schließt

"und öffnet das Ganze nach dem K arl Z eiß-Platz zu. W e r auf diesem P latz von verschiedenen Punkten aus das Volkshaus betrachtet, der muß seine Freude haben an diesen stolzen Mauern mit den hellen F enstern, heiteren E rkern und freundlichen T üren, an dem steilen D ach, dem hohen Turm und dem massiven Laubengang. Das Ganze zeigt Anlehnung an den Stil der deutschen Frührenaissance; namentlich das Saalgebäude erinnert an deutsche R athäuser des X V I. Jahrhunderts.

Und doch ist A lles unserer Z eit und dem Zweck entsprechend und auf das glücklichste der Umgebung eingefügt. Leider hat der M eister die Vollendung seines W erkes nicht gesehen. A ls am 1. November 1903 das Saalgebäude feierlich eröffnet w urde, w ar Roßbach nicht mehr unter den Lebenden.

Beginnen w ir die Besichtigung mit der Lesehalle! Ein w eiter V orplatz nimmt den Eintretenden auf, im W in ter mit gleichmäßiger W ärm e, im Sommer mit aDgenehmer Kühle. Die auf großen Betrieb angelegte und doch oft überfüllte Garderobe dient zugleich der Besuchs­

statistik. Links betreten w ir den großen Zeitungslesesaal. Lange Tische füllen den hellen, stets gelüfteten Saal. In der breiten E rk e r­

nische laden bequeme P olster zum A usruhen, gewähren kleine Tische Gelegenheit zum Schreiben. A n den W änden hängen mehr als 100 Zeitimgen aller politischen Richtungen aus allen Teilen Deutschlands, auch die bedeutendsten des Auslandes. Rauchern steht ein Neben­

zimmer zur Verfügung. Indem wir den V orplatz wieder durchschreiten, werfen w ir einen Blick in den schön geschmückten Raum , der fü r U nterhaltung der J u g e n d bestimmt ist. Die breite Treppe führt uns in das obere Stockwerk. H ier dient die Diele vornehmlich zur A b ­ wicklung des B ü c h e r a u s l e i h e g e s c h ä f t s , das an W ochentagen von 12—1 U h r mittags und von 5 —8/4 U hr abends, an Sonntagen von 11—12 U hr vormittags durch zwei breite Schalter erfolgt. Die Be­

amten arbeiten in einem mit L u ft und L icht reichlich versorgten Raum an den praktischsten Tischen, Pulten und Regalen. Daneben steht im B ü c h e r le s e z im m e r eine verständig ausgewählte H and­

bibliothek den Besuchern zur Verfügung. H ier liegen auch die K unstzeitschriften und die neu eingegangenen Broschüren auf. Über dem großen Zeitungssaal liegt hier der etwas kleinere Z e i t s c h r i f t e n - s a a l. Die Zeitschriften sind in starke Umschläge eingeklemmt und liegen teils auf langen Leisten an den W änden, teils in niedrigen offenen Fächern. Im ganzen bietet die Lesehalle mehr als 400 Zeit-

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