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Stahl und Eisen, Jg. 36, Nr. 50

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Leiter des wirtschaftlichen Teiles

Generalsekretär Dr. W. B e u m e r, GesdiäitsfGhrer der Nordwestlichen Gruppe

des Vereins deutscher Eisen- und Stahl-

industrieller.

TAHL uro eis

Z E IT S C H R IF T

Leiter des technischen Teiles jD r.-Jng. fl. P e te r s e n ,

stellvertr. Geschäftsführer des Vereins deutscher

Eisenhüttenleute.

FÜR DAS DEUTSCHE EISENHÜTTENWESEN.

Nr. 50. 14. D ezem b er 1916. 36. Jahrgang.

Werner von Siemens und die Eisenindustrie.

(Zu seinem 100. Geburtstage, 13. Dezember 1916.) V on O t t o V o g e l in D ü sseld orf.

„ N ich ts Schöneres k a n n u ns in unseren A rb e itsjah ren beschert w er­

den, als im A nfang ein er neuen E n t ­ w icklung zu ste h en u n d u ns d afü r einsetzen zu dürfen, d a ß sie in der G eschichte d e r M enschheit m it E h ren g e n an n t w erde.“

(Professor A. B i n z.)

W

er Werner von Siem ens nur aus dessen treff­

lichen „Lebenseiinncraugen“ kennt, der wird sieb leicht eine falsche Vorstellung von dem W esen dieses vielseitigen Mannes m achen, w eil Siem ens nicht gern von seinen industriellen Unternehmungen sprach und sich überhaupt „m ehr als Gelehrter und Techniker w ie als Kaufmann betrachtete und fü h lte“.

R echt kennzeichnend in dieser H in sich t ist jene Stelle aus seinen „Lebenserinnerungen“ , wo er über die A b­

lehnung des sonst so vielbcgchrten K om m erzienrats­

tite ls berichtet1).

E inen erschöpfenderen E inblick in die gesam te wissenschaftliche und praktische L ehenstätigkeit dieses großen Mannes geben uns die bei Julius Springer in Berlin erschienenen beiden Bände „W issen­

schaftliche und technische Arbeiten von Werner S ie­

m ens“ , w ährend das breit angelegte W erk von R ieh . E h r e n b e r g : „D ie Unternehmungen der Brüder Siem ens“2) uns zeigt, daß Werner Siem ens auch ein großer Geschäftsmann war, dessen Eigenart „eben in der Personal-Union m it dem Gelehrten und Techniker bestand“. Leider ist von dem Werk Ehrenbergs bisher nur der erste Band erschienen, der die Siem ensschen Unternehmungen bloß bis zum Jahre 1870 schildert.

E in um so verdienstvolleres Unternehmen war es daher von Professor C. M a t s c h o ß in Berlin, aus Anlaß des 100. Geburtstages Werners von Siem ens eine um fang­

reiche Auswahl aus dessen Briefen in Buchform herauszugeben und so einem großen Leserkreise zu­

gängig zu machen. Erst aus diesen Briefen3) erkennen w ir so recht die Bedeutung des Mannes, auf den Eisen

1) „L ebenserinnerungen“ , 10. Auflage, B erlin: Ju liu s

»Springer 1916, S. 277.

2) .Jena: G u stav Fischer 1906.

3) Sie w erden d em n äch st bei J u l i u s S p r i n g e r i n B erlin erscheinen. W ir sprechen H e rrn P rof. M a t s c h o ß auch an dieser S telle fü r d ie freundliche U eberlassung

■eines F ah n en ab zu g s u n seren verb in d lich sten D a n k aus.

und Stahl zwar nicht die gleiche m agnetische A nzie­

hungskraft ausübten w ie auf seine Brüder W ilhelm und Friedrich, der aber, w ie im folgenden gezeigt werden soll, doch auch unserem Sonderfach stets ein w eit­

gehendes und reges Interesse entgegengebracht hat.

In welcher W eise aus den bescheidenen Werk­

stätten des ehem aligen A rtillerieleütnants Siem ens eine W eltfirma geworden ist, die auf elektrotech­

nischem Gebiete eine führende Stellung einnim m t, das hat uns vor kurzer Zeit F r i t z H a n s e n in seinem A u fsa tz1): „ E in Bahnbrecher auf dem Gebiete der E lektrotechnik“ in anschaulicher Form geschildert.

Werner Siem ens besaß aber neben seiner aus­

gezeichneten N eigung für das elektrotechnische Fach m it seinen unverm eidlichen Tüfteleien auch einen weitschauenden B lick und eine eigenartige Vorliebe für das B e r g - u n d H ü t t e n w e s e n . Zunächst dachte er, und zwar schon im Jahre 1861, an die Erwerbung von Kupfergruben in Ohrdruff im Thüringer W alde, und schrieb darüber am 18. September genannten Jahres an seinen Bruder Karl: „D as kann noch m al w as für unsere Jungens werden. Berg- und H ü tte n ­ bau unter soliden und günstigen Verhältnissen ist doch immer die xVristokratic der Industrie.“ — Obwohl die erhofften schönen Erfolge hier leider ausgeblieben sind, so war doch der Wunsch nach eigenem Gruben­

besitz nun einm al in ihm rege, und dies führte ihn einige Jahre später zum A nkauf der bekannten Kupfer­

gruben in Ivedabeg (Kaukasus). Schon am 3. Dezember 1863 schrieb Werner w iederum an seinen Bruder Karl in St. Petersburg: „ le h m e in e , w ir m üssen dahin stre­

ben, einen Erzhandel zu etablieren, der v iel Geld einbringen kann. . . . D as Geld, das man anlegen w ill, muß man daher auf Bergbau, wenn nötig, ver­

wenden und nicht in H üttcnanlagen stecken.“

W endete Werner, w ie w ir gesehen haben, anfäng­

lich den K u p ferg ru b en seine Aufmerksamkeit, zu, so waren es im folgenden Jahrzehnt mehrfach E is e n er zbergwerke, die er zu erwerben trachtete.

Am N eujahrstag 1872 berichtete er seinem Bruder W ilhelm : „. . . Ich bin jetzt einem versoffenen Eisenbergwerk am W estabhang des Harzes (nicht

0 M agazin fü r Technik- u n d In d u striep o litik 1916, 21. F e b r., S. 271/6.

152

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1198 S tah l u n d Eisen. W e rn e r von S ie m e n s u n d d ie E is e n in d u s t r ie . 315. Ja h rg . N r. 50.

w e it v on K reiensen, G itte ld e ) au f d er S p u r. D asselbe is t d u rch seine ausgezeichnete E is e n q u a litä t b e rü h m t.

G ruson h a t fr ü h e r a ll sein E ise n zu H a rtg u ß daher bezogen, b is es a u ß er B e trie b k am . E s is t g em ein ­ sc h a ftlic h e r B esitz v on H a n n o v e r (also P reu ß en je tz t) u n d B raunschw eig, u n d dies d er G ru n d , w a ru m d ie au fzu w en d en d en K o sten fü r E n tw ässeru n g ssto llen odei W asscrh altu n g sm asch in cn n ic h t z u beschaffen w aren. W ah rsch ein lich is t die S ache sehr b illig zu er­

w erben. . . . N a tü rlic h so n d iere ic h e rst alle Ver­

h ä ltn is se g an z genau, ehe ich w e ite r a u f d ie Sache eingehe u n d D ir d ie Sache zu r B e u rte ilu n g vorlege.“

S iem ens tr u g sich aber m it noch v ie l w e ite r aus­

greifenden P lä n e n : „ W ill m an n ic h t selbst H ochöfen an leg c n ,“ sch rieb er a m 10. F e b ru a r 1872 an sein en B ru d e r W ilh elm in L o n d o n , „so k ö n n te m an d a n n m it ein e r an d eren G esellschaft ab sch ließ en u n d sich E isen u n d E rz fü r S ta h l V orbehalten. L e tz te re s m ü ß te m an w ah rsch ein lich am besten z u r R u h rm ü n d u n g (K o h len ­ rev ier) tra n s p o rtie re n u n d d o rt das S ta h lw e rk bauen.

E in e an d e re F rag e is t freilich d ie: B ei S ta d e is t nach Z e itu n g sn a c h ric h te n je t z t das v e rm u te te K o h len ­ flöz i n 400 F u ß T iefe e rb o h rt. W ä re es am E n d e n ic h t ric h tig e r, d o rt ein e S ta h lfa b rik a u f G ru n d spanischer oder norw egischer E rz e zu b a u e n ? “ —

W ie e rn s t es W ern er d am als m i t dem E rz g ru b e n ­ erw erb w ar, erk en n en w ir so ro ch t d eu tlich aus ein er R eib e v o n B riefen au s d er e rsten H ä lfte des Ja h re s 1872, d ie ü b e rh a u p t eine w ah re F u n d g ru b e fü r d ie In d u s tiie g e sc h ic h tc ieuer Zeit bilden.

D u rc h einen befreu n d eten hö h eren B erg b eam ten , den K gl. B ergm eistcr des W e tz la re r R eviers, R ie - m a n n , w u rd e die A u fm e rk sa m k e it der B rü d er Siem ens au f d ie E isenerzvorkom m en des L a h n b e z ir­

kes, v o r allem bei W etz lar, h in g e le n k t, u n d W ern er schrieb am 1. M ärz 1872 a n K a rl in M oskau:

„ . . . H e u te abend reise icli n ach W e tz la r in E is e n ­ angelegenheiten. N ach d em d ie A nlage eines W ilh eb n - schen S ta h lw e rk s in Sachsen u n d m it G ruson ge­

sc h e ite rt is t1), h ab e ic h d en H ü tte n d ire k to r F ö rs te r ausgeschickt, u m ein passendes E isen b erg w erk au s­

zu k u n d sch aften . E r h a t e in solches oder sogar m eh rere b e i W e tz la r g efunden u n d te le g ra p h ie rt, ic h m öge kom m en. E s is t ausgezeichneter E isen stein , a n E ise n ­ b a h n u n d in je d e r H in s ic h t g ü n stig . Ic h h a b e auch G r e g o r 2) h in b e s te llt u n d w erde d ie S ache abm achen, w enn die B edin g u n g en n ic h t u n g ü n stig sind. E ise n ­ stein lag er sin d je t z t sehr g esucht u n d w ertv o ll. A uch w enn W ilh elm sch ließ lich an d erer M einung sein sollte, w ird der A nk au f e in g u te s G eschäft sein, n a m e n tlic h je tz t, wo A k tien hoch ste h e n u n d besser v e rk a u ft w erden. . . . S o llte W ilhelm d ie Sache ü b e rh a u p t n ic h t ko n v en ieren , so k a n n ich das E isen w erk im m er le ic h t w ieder v erk au fen . E s is t doch eine F a m i l i e n - e h r e n s a c h e , daß w ir W ilhelm s große E rfin d u n g im E isenfache n ic h t g anz in frem de H ä n d e fallen lassen im eigenen V aterlan d e!“ . . .

*) W ir kom m en sp ä te r noch d a rau f zurück.

a) Ingenieur G. G r e g o r in Siegen w ar d e r V e rtre ter von W ilhelm Siemens.

I n einem langen B erich t W erners vom 4. M ärz 1872 an W ilh elm in L ondon h e iß t es: „ . . . A lle großen E isen w erk e in W estfalen, am R h ein u n d selbst im E lsaß suchen sich G ruben im W etz larsch en R ev iere zu sichern. S o h a t n a m e n tlic h K ru p p in le tz te r Z eit m eh rere G ruben an g ek au ft. D a der E rz re ic h tu m in W estfalen, Siegen usw. n u r g erin g is t, u n d d a d ie E rz e des L a h n ta lc s n o to iisc h d ie reich ste n u n d rein sten sin d , die ü b e rh a u p t in D eu tsch lan d V orkom m en, so ste ig t der W e rt der G ru b en ra p id e . So ko sten j e t z t d ie A n teile (96) d er W etz larer B ergw erksgesellschaft ca. 1000 T a le r das S tü c k , w ä h re n d sie noch vor drei J a h r e n 120 b is 150 T a le r k o steten . D ie E rz e be­

stehen zum g rö ß te n Teile aus R o teisen stein , zu m T eil aus B rau n eisen ste in . D ie R o teisen stein e sin d zum großen T eile so reich, d aß sie einen H a u p te x p o rt­

a rtik e l als M a te ria l für „ P u d d e lb ö d c n “ b ild e n D a alle gew onnenen E rze p er E ise n b a h n n ach W estfalen usw . e x p o rtie rt w erden, so verladet, m an n u r d ie g anz re in e n E rze. U nzw eifelhaft w ä re es viel ric h tig e r, die K ohlen au s W estfalen nach W etz lar zum E ise n zu bringen, w as w ah rsch ein lich au ch in n ä c h ste r Z eit e in tre te n w ird. So v iel is t unzw eifelhaft, daß der L a h n b e z irk m it dem Z en tru m W e tz la r das Z u k u n fts­

la n d fü r E ise n g ro ß in d u strie ist. D er E rz re ic h tu m ist w irk lic h g anz unerm eß lich groß. . . . W etzlar is t K n o te n p u n k t zw eier E isen b ah n e n , u n d eine d r itte is t p ro je k tie rt. E s w ird also fü n f A b fu h rstraß en h ab en ! A u ß erd em d ie L a h n . E in ig e M eilen d avon, n a h e G ießen, s in d große B rau n k o h len lag er, die ab er b ish er n u r fü r H a u sb e d a rf v e rw a n d t w erden. D ie B rau n eisen ste in lag er zeichnen sich d u rch großen M an g an reich tu m aus u n d w erd en deshalb so w e it v er­

fah ren ! Ic h glaube, D u w irs t n ach diesem m i t m ir e in v e rsta n d e n sein, daß cs k ein en gü n stig eren P u n k t fü r e in g ro ß artig e s E isen - u n d S ta h lw e rk geben k a n n , w ie W etz lar u n d v ielleich t W eilbürg, einige M eilen la h n a b w ä rts. . . . E s fra g t sich n u n , w as t u n ? D as G ro ß a rtig ste u n d dabei S ich erste w äre, dem F ü rs te n Solm s seine säm tlic h e n G ruben ab zu k au fen oder auf 99 J a h r e ab zu p ach ten . E s w ü rd e n ich t schw er fallen, h ier eine G esellschaft zusam m en zu b rin g en , w elche dem F ü rs te n eine M illion b a r u n d au ß erd em einen laufen­

den P a c h tz in s a n b ie te n k ö n n t e .. . . Im B esitze eines so m ä c h tig e n G rubenkom plexes k ö n n te d a n n ein g ro ß artig e s E isen - u n d S ta h lw e rk D e in e r A rt viel v o rte ilh a fte r b etrieb en w erden, d a m an alle d ie E rz e d a fü r verw en d en k ö n n te , w elche besonders geeignet s in d , u n d d ie ü b rig en v e rk a u ft. . . . G efällt es D ir n ic h t, so in s G roße zu gehen, so k ö n n te m a n v ielleich t vom F ü rs te n L a n d zur H ü tte u n d einige seiner, fü r den Zweck besonders geeigneten G ruben in P a c h t b ek o m m en .“

„ E in zw eiter W eg is t d ie E rw e rb u n g der G esell­

sch aft W etzlar. Von den 96 A n teilen sin d 27 zum V erk au f angeboten. Ich suche diese b is zu 1000 T a le r zu erw erben. Sie b e h a lte n im m er diesen W e rt. Is t m a n so M eistb eteilig ter, so is t es n ic h t schw er, nach u n d n ach alle A n teile in d ie H a n d zu be­

k o m m en .“

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14. D ezem ber 1910. II'ern e r v o n S ie m e n s u n d d ie E is e n in d u s t r ie . S ta h l und Eisen. 1199

„ E in e d r itte A ussicht eröffnet sich in W eilburg, d a h a t d er S ta a t noch b ed eu te n d e G rubenfelder, die v ie lle ic h t noch b illig zu erw erben sind. . . . E in e solche große Siem ensschc B erg- u n d H ü tte n g e s e ll­

sc h a ft, a n solchem P u n k te gelegen, m ü ß te j a b in n en k u rzem ein en g an z g ew altigen A ufschw ung nehm en, w enn D eine Prozesse au ch n u r zum T e il g ew ähren, w as sie v ersp rech en !“

W ilhelm , der gleich a m 6. M ärz a n tw o rte te , schien an d e re r A n sich t zu sein, d en n W ern er schrieb am 9. M ärz: „ D u fa ß t d ie A nlage in W e tz la r ab er w esen t­

lich an d ers auf, w ie ic h m ir d ach te. Ich h a tte m eh r ein d a u e rn d im B esitz der F a m ilie bleibendes, w esen t­

lich e ig e n e s W erk im A uge, wo D u im m er H e rr b ist u n d beliebig ex p erim en tieren k a n n s t. D u sch ein st die S ache w ie jed e an d ere A nlage aufzufassen. In diesem F a lle w ü rd e sie m ich auch n u r als M ittel, G eld g u t anzulegen oder d a m it zu v erdienen, in te re s s ie r e n .. . . Georg, der sich le b h a ft fü r d ie S ache in t e r e s s ie r t,. . . w ill die U n te rh a n d lu n g e n m it dem F ü rs te n führen u n d w ill au f G rube u n d W erk eine M illion H y p o th ek geben, so d aß w ir m it ein ig er O ekonom ie w ohl m it e in er M illion die gan ze Sache m achen k ö n n ten . D ie k ö n n te n w ir d an n selbst m it einigen F reu n d en au f­

b ringen, u n d die g u te Sache bliebe dann u nser P r i v a t­

e ig en tu m . E s m ü ß te doch m e rk w ü rd ig sein, w enn das W erk d a n n n ic h t b ald dem K ru p p sch en d ie W age hielte. D u k ö n n te s t d an n D einen gew öhnlichen K o n ­ t r a k t m i t dem G esam tgeschäfte m ach en u n d be­

h ie lte s t n a tü rlic h d ie obere L e itu n g .“

W enige Tage d a ra u f b e ric h te te W ern er aberm als an W ilh elm : „ . . . Zu den M inen gehören zw ei H ü tte n , von denen eine in schw achem B etrieb e, m it 30 bis 40 M orgen (also 10 acres) L an d . D ie an d ere lie g t aii einem im m ensen B erg ab h an g e m it E isensteingerölle fe in ste r Q u a litä t u n d m ü ß te zur W a sc h a n s ta lt ein ­ g e ric h te t w erden. D ie G egend ist h im m lisch schön, u n d ich w ä re au ch n ic h t abgeneigt, m ir d o rt eine S om m erfrische zu e tab lieren , w enn D u den Som m er d o it re sid ie rst! D ie S ache sch ein t sich ü b rig en s zu m achen. D er H a u p tte c h n ik e r des F ü rs te n is t fü r den P la n gew onnen u n d je t z t u n se r M ann! E s ist n u r noch 600 000 T aler P fan d sch u ld a u f den M inen.

D er R e st v on 300 000 is t b e re its d u rc h die E rträ g e d erselben g e tilg t. . . . D er F ü r s t h a t au ch noch ganz in d er N äh e vo n W e tz la r ein m äch tig es B r a u n ­ k o h l e n l a g e r , w as b ish er g a r k e in e V erw endung findet als fü r W etzlarsche S tu b en ö fen . W en n auch bei D ein er neuen M ethode d er g rö ß te K o h len v er­

brau ch als K oks im „ p e p p e i“ v e rw a n d t w ird , so is t die B rau n k o h le fü r R eg en erativ ö fen doch sein- w ich ­ tig ! Ic h w erde m i t dem G rubenerw erb ohne A uf­

sch u b v o rw ä rtsg e h e n !“

G anz so leich t g in g cs a b er doch n ic h t m it dem g e p la n te n G rubenerw erb, w ie w ir aus d er fo lg en d en ' M itte ilu n g an K a rl in L o n d o n ersehen:

B erlin , den 5. A p iil 1872.

„. . . M it dem F ü is te n sin d w ir noch n ich t v ie l w eiter. Solche H e rre n sind langsam v on E n t ­ schluß. Ich w erde F ö rs te r je t z t w ieder h in ­

schicken. E s is t auch ein E i s e n l a g e r b e i K a s s e l , der R egierung gehörig, zum V erkauf g e ste llt, w as er besehen soll. E s w ä re schade, w enn es m it dem b ü rs te n n ich ts w ürde. A n dieser A nlage w ü rd e m an neben der G ro ß a rtig k e it doch noch d ie F re u d e h ab en , d aß es ein bleibendes D en k m al der F a m ilie w ü rd e !“

D ie W etz larer G rubenangelegenheit zog sich leider im m er, m eh r u n d m elir in die L änge. E in B an k ier C o h n in H a n n o v e r, d er offenbar W in d v o n den S iem ensschen P lä n e n bekom m en h a tte , w a n d te sich m it einem g anz ä h n lich en K a u fa n tra g , w ie S iem ens selbst, an einen A gnaten des F ü rs te n , u n d W erner schrieb a m 8. A p ril 1872 a n seine B rü d e r W ilhelm u n d K a il in L ondon: „ . . . daß es je tz t, n achdem K on­

k u rre n z e in g etreten , w ohl das b este w äre, dem F ü rs te n den R a t zu geben, d ie G ru b en öffentlich zu m K a u f a n zu b ie ten ! W ie k o m m t n u n dieser Colin, ein a n ­ gesehener B a n k ie r in H an n o v er, d a z u ? S o llte t I h r n ic h t g an z d ic h t g eh alten h ab en u n d ein e N a c h ric h t v on unserem V orhaben n ach H a n n o v e r gekom m en sein ? V ielleicht a u f v erw an d tsch aftlich em W ege?

Ic h fü rc h te , diese K o n k u rren z w ird u n s w enigstens eine h alb e M illion k o sten , w enn sie die S ache n ic h t g a n z zu W asser m a c h t! N a tü rlic h w erden d ie w est­

fälischen H ü tte n b e s itz e r, K ru p p usw ., k e in G eld scheuen, u n s diese einzig g ro ß a rtig e G rundlage zu e n tzieh en , w en n sie h in te r unsere P lä n e kom m en oder b ereits d a h in te r gekom m en s in d W ir w erden ab er jed en falls sein M ax im u m v on 1 au f 1 % M illion erhöhen m üssen, w enn w ir noch A ussicht h aben w ollen. G u t verzin sen w erden d ie G ruben fü r sich allein auch diese größere Sum m e, das is t unzw eifel­

h a ft.“ —

„ D ie L eu te kom m en d a h in te r, w elchen S c h a tz sie in ih rem E ise n s te in h a b e n ,“ h e iß t es in einem Schreiben W erners v o m 21. A p ril an ‘W ilhelm , u n d schon a m folgenden T age b e ric h te te er seinem B ru d er F rie d ric h : „ D e r F ü r s t w ill d ie G ru b en erst ta x ie re n lassen u n d h a t L u st, sie in einzelnen K om ­ plex en zu v eräu ß ern . W ir h a lte n uns einstw eilen k ü h l ab leh n e n d dazu. F ü r alle F ä lle w ä re es gut., en tw ed er au f ein e E n d e dieses M onats bei K assel zu m V erkauf kom m ende S ta a ts g ru b e zu reflek tieren oder die P ir n a e r (D öhlener) S ache n ä h e r in s A uge zu fassen. B itte schreib m ir doch, w ie d ie S achlage eigentlich is t u n d u n te r w elchen B edingungen ein E isen- resp. S ta h lw e rk d o rt anzulegen w ä re .“

R e c h t lehrreich sin d d ie folgenden S c h riftstü c k e in S achen W e tz la r a n K a rl:

B erlin , d en 11. M ai 1872.

„ . . . D a die neue A lk o h o l-M eß ap p aratefab iik n un auch b e trä c h tlic h G eld b ra u c h t, u n d K edabeg u n d E u e r E ise n w e rk w ohl noch fortfressen w erd en , so w ird fü r das p r o j e k t i e r t e d e u t s c h e E i s e n w e r k n ic h t v iel ü b rig b leib en , u n d a n R ü c k z a h lu n g an H alsk e is t g a r n ic h t zu denken. U n te r diesen U m stän d en is t es am E n d e doch g u t, d aß d ie W etzlarsche A ngelegenheit sich in d ie L änge z ie h t, w ie aus dem einliegenden A n tw o rtsch rei­

ben des K a m m e rra ts an F ö rs te r h erv o rg eh t. D aß

(4)

1200 S ta h l und Eicen. W e rn e r vo n S ie m e n s u n d d ie E is e n in d u s t r ie . 36. Ja h rg . N r. 50.

d e r gegen eine i n d e n H a n d e l e i n g e s c h l o s s c n e B e t e i l i g u n g am E isen w erk e is t, w u ß te ich vo rh er, w o llte ih n m it dem A n trag e auch n u r m o b il erh alten . E in g ü n stig e r U m stan d is t, d aß K ru p p v o r k u rzem eine große, w esentliche S p a t eisensteingrube im Siegen- schcn fü r 2 y2 M illionen g e k a u ft h a t u n d in diesen T agen eine zw eite — u n d , w ie m an sagt, d ie le tz te — fü r, w ie es h e iß t, eine M illion. D a m it w ird der w ohl s a t t sein u n d n ic h t w e ite r in W e tz la r k o n k u rrie re n .“

B erlin , den 22. M ai 1872.

A n K a rl in L ondon.

„. . . W ie I h r aus dem w eiteren B riefe von R ie m a n n a n F ö rs te r erseh t, h a t d ie Sache in W e tz la r doch eine w enig befriedige] de R ic h tu n g bekom m en. N achdem K n ip p so kolossale S um m en h a t sp rin g en lassen, h aben sich d ie A nforderungen seh r gesteig ert, u n d ich glaube, es w ird dem F ü rs te n gelingen, fü r den ganzen G rubenkom plex a n s ta tt einer gegen 5 M illionen zu e rh a lte n . D as w ä re ein G eschäft gew esen, w enn n ic h t der E rb p rin z m i t der han n o v ersch en K o n k u rren z dazw ischen gekom m en w ä r e ! J e t z t fra g t es sich, ob w ir a u f ein bescheideneres G rubenfeld, w elches n u r fü r den W erk sb ed arf a u s­

re ic h t, fern er reflek tieren w ollen. Ic h h a tte F ö rs te r n a c h D resden geschickt, u m die d o rt disponiblen G ruben g en au er zu stu d ie re n , er h a t a b e r des F estes w egen n ic h ts m achen k ö n n en u n d k a n n erst E n d e des M onats w ied er h in g ch cn .“ . . .

B erlin , den 6. J u n i 1872.

„. . . Ic h habe F ö rs te r nach D resden geschickt u n d e rw a rte seine R ü ck k eh r. M it W e tz la r sch ein t es ohne große au fzuw endende M itte l n ic h ts mein- zu w erden.

M an d e n k t schon an 15 M illionen, d ie m an au s den verschiedenen L agern herausschlageu w ill!“ —

E s w ü rd e v iel zu w eit fü h re n , w o llten w ir noch n äh er au f die W etz larer V erhältnisse eingehen, die schließlich doch zu keinem E rg eb n is g efü h rt haben.

B ald d a ra u f erreg ten au ch die s c h w e d i s c h e n E r z ­ f e l d e r das In te re sse d er B riid er S iem ens. So schrieb W ern er u n te r dem 13. F e b ru a r 1874 a n W ilh elm in L ondon:

„. . . E b e n w a r S c h w a rtz k o p ii län g ere Z eit bei m ir. E r h a t (persönlich) große G robcnkom plexe in Schw eden erw orben, u n d z w ar e tw a 140 E ise n ­ g ru b en m i t kolossaler W asserk raft im In n e rn Schw e­

dens, doch so g ü n stig gelegen, d aß er fü r 2 bis 3 S ilb e r­

groschen den Z e n tn e r b esten E rz e s dem H afen (Gefle) zu fü h ren k a n n . S ein e E rz e sin d Schwefel- u n d p h o s­

p h o rfrei u n d , w ie er sagt, die denkbar- b esten E rze a lle r A lt, u n te r anderem n eben M agneteisenstein von e tw a 70 % au ch k a lk h a ltig e reiche E isenerze (G riin- kalk ), w elche den Z uschlag selbst e n th a lte n . E s sch ein t dasselbe H a u p tla g e r zu sein, dessen A us­

lä u fe r am M eere u n s (bei Gefle) ang eb o ten ist. F e rn e r h a t er große K o h len g iu b en in S ü d w esten (n eu auf­

geschlossen) a n sich g eb rach t. E r w ill n u n in Schw e­

den große E isen- u n d S tah lw erk e ein ric h te n u n d zu dem E n d e sp ä te r T eilnehm er aufnehm en. E r m e in t, m it 500 000 £ w ü rd e d ie ganze S ache gem acht sein.

B asieren m ö ch te er d ie Sache a u f D einen E rzprozeß u n d w o llte v o n m ir w issen, ob derselbe p ra k tisc h vo ll­

stä n d ig d u rc h g e fü h rt sei. D a ra u f k o n n te ich ih m n u n n ic h t a n tw o rte n , w eil ich se it vorigem S om m er ab so lu t n ic h ts v on D ir ü b e r die S ache erfahren habe. . . . A uf m ein e fernere F rag e, ob er auch E rz e v erk au fen w ü rd e, d a D u w ahrscheinlich fü r S w ansea a u f E rz z u fu h r aus Schw eden sp ek u lieren w ü rd est, m ein te er ja . E r w olle D ir sogar einige bestgelegene G ruben g anz a b tre te n , w enn D u das vorzögest, gegen G eld oder als E n tsc h ä d ig u n g fü r D eine A n lag en .“ . . . U nd am 18. J u li 1874 schrieb W ern er ab eim als an W ilhelm :

„ . . . D ire k to r F ö rs te r w a r eben b e i m ir u n d e rin n e rte , d aß n äch sten s der T e n n in abliefe, fü r w elchen d er schw edische M inenbesitzer sich v e r­

p flic h te t h ab e f ü r seine F o rd eru n g . Ic h h ab e ih m gesagt, D u fä n d e st d ie F ö rd e rk o ste n des E rz e s zu te u e r, ih r e rh ie lte t das E rz aus S p an ien usw . billiger.

E r so llte dem M anne abschreiben. A n L. S chw artz- kopff sch reib st D u w ohl d ir e k t einige Zeilen als A n tw o rt au f sein A n g eb o t.“ . . .

W aren es in den siebziger J a h re n die E rzg ru b en , die W ern er S iem ens a u f das leb h afteste in teressierten , so sp ielte in den ach tz ig er J a h re n der E rw e rb einer B r a u n k o h l e n g r u b e eine herv o rrag en d e R olle in seinem B riefw echsel. W elche w eitg eh e n d en P lä n e Siem ens dabei vei folgte, d as k o m m t in folgendem a n G e h e i m r a t W e d d i n g in B erlin g erich teten Schreiben vo m 18. M ai 1883 k la r zum A u sd ru ck :

„M ich in te re ss ie rt ein B rau n k o h len lag erin der N ähe B erlin s (K önigsw usterhausen). E s is t ein a lte s L ie b ­ lin g sp ro je k t v o n m ir, d e re in st die K ohlen am G ew in­

n u n g so rte zu v erb re n n e n u n d als B renngas in R öhren oder als elek trisch e E n erg ie in L eitu n g e n dem B e d ü if ti- gen zuzuführen. K ö n ig sw u sterh au sen w ü rd e dazu n och gerad e ric h tig f ü r B erlin gelegen sein. D as Vor­

kom m en is t m ir b illig angeboten, u n d ich bin geneigt, es m i t m einem B ru d e r F r itz in D resden zusam m en zu ü bernehm en. . . . Ic h b itte n u n , ü b e r d ie B ohrver- su ch slisten usw . m ir Ih re A nsicht zu sagen. F ern er, ob der S acliv erstän d ig en b erich t w ohl g la u b h a ft ist.

I s t dem so, so fü rc h te ic h n u r die W a sse rh a ltu n g im m ärkischen durchlässigen B oden. D er sch ein b ar ganz zuverlässige S teig er b e h a u p te t m it v o ller E n tsc h ie d e n ­ h e it, d aß keine G efahr in dieser H in sic h t v o rh an d en sei, d a u n te r der K o h len sch ich t noch an d ere tie fe r lie­

gende, m i t L ctten -Z w isch en sch ich t v o rh an d en seien.“

L e id e rz e ig te sich, d aß d er N ic h tfa c h m a n n f e r n e r S iem ens m it seinen B efü rch tu n g en dem „zuverlässigen S te ig e r“ g egenüber R e c h t b ehielt. So sclirieb er am 5. O k to b er 1884 a n ein e n H e rrn S c h w i e g e r in K öln:

„ . . . W ie Sie w issen, h ab e ich bei einem B ia u n - k ohlenw crke in der N äh e B e rlin s die v o n P o e t s c h ' vorgcschlagene G e f r i e r m e t l i o d e z u r D urcliteu fu n g des m ä c h tig en T rieb san d es, w elcher ü b er dem K ohlen­

flöze lieg t, in A nw endung g eb rach t. N ach d em etliche S ch w ierig k eiten b e se itig t w aren , g e h t die Sache sehr g u t. D er gefrorene S a n d lä ß t sich sehr le ic h t m it der P ik e h erau sh au en , so daß der S ch ach t täg lich

(5)

14. D ezem ber 1916. IKcr«er v o n S ie m e n s u n d d ie E is e n in d u s t r ie . Stahl und E isen. 1201 Y> b is 1 m n ied erg eb rach t w ird . D ie G efrierm eth o d e

lä ß t sich a u ß e ro rd en tlich vereinfachen, so d aß es m ir g a r n ic h t schw ierig ersch ein t, einen G raben, den m an im G rundw asser anlegen w ill, fo rtlau fen d frie re n zu lassen .“ . . .

D iesem S chreiben folgte schon w en ig e T age sp ä te r (am 12. O k to b er 1884) ein zw eite s: „ . . . W ir h ab en g e ste rn den S c h a c h t d u rch e tw a 20 m schw im m endes G ebirge bis au f das K ohlenflöz g lü ck lich d urchge­

b ra c h t. J e m eh r ich m ir d ie S ache überlege, desto au ssichtsvoller ersch ein t sie m ir .“ . . . U n d am 20. O k to b er 1884 k o n n te W ern er an K a rl in S t. P e te rs ­ b u rg b e ric h te n : „. . . I n S chenkendorf sin d w ir je tz t i n schöner, fester, g an g reich er B rau n k o h le. D as fa st u n b e g re n z te F lö z is t 5 m m äch tig . E s is t der S ch ach t (35 m) m i t H ilfe der Poetsclisclien G efrierm ethode d u rch 20 m schw im m endes G ebirge (T riebsand) nied erg eb rach t. Ich fü rc h te n u r, daß der Schacht;

(H o lzk o n stru k tio n ) d u rc h den W asserd ru ck zu­

sam m en g ed rü ck t w ird , w enn d ie F ro s tm a u e r a u f t a u t ! D as w ä re dum m . Ic h h ab e m it F r i tz zusam m en 70 K u x e (von 100) ü bernom m en. G elin g t d ie Ge­

schichte, so w ollen w ir B erlin m it K ohlen versorgen u n d vielleicht auch E le k tr iz itä t d o rt erzeugen u n d n a c h B erlin leiten. E tw a 3 % M eilen w e it! “

A ber auch liier tra fe n W erners B efü rch tu n g en ein , wie aus folgendem Schreiben zu ersehen is t:

„ C h a rlo tte n b u rg , den 25. D ez. 1884.

A n K a rl in S t. P e te rsb u rg . . . . M it dem B ra u n ­ k o h len w erk e bei K ö n ig sw u sterh au sen g eh t es m ir u n d F r i tz schlecht! D ie G efrierm ethode h a t sich zum N ied erb rin g en des S chachtes d u rc h das schw im m ende G ebirge (S an d ) zw ar rech t g u t b e w ä h rt, ab er die S ch w ierig k eiten tr e te n ein , w enn der E ism a n te l au f­

t a u t u n d d er D ru c k des W assers e in t r itt . So is t der S ch ach t, obgleich w ir schon in der K ohle saßen, doch w ied er m i t W asser u n d S a n d a n g e fü llt! Ic h v e r­

suche je t z t einen ganz n euen W eg, n ä m lic h m i t H ilfe g roßer A b essin ier-B ru n n en das T e rra in erst e n t­

w ässern u n d d a n n d en S c h a c h t fe rtig m a c h e n ! W ollen sehen, w ie sich das m a c h t. E s schien so n e tt, ein großes B rau n k o h len lag er so d ic h t bei B erlin , daß m an G a s 1) sow ohl w ie elek trisch en S tro m v o n d o rt n a c h B e rlin fü h re n k ö n n te ! N a tü rlic h hochgespannte S trö m e in K ab eln . F r itz w o llte d ie K o m b in a tio n : K ohlen, G lassand u n d N ähe B e rlin s b e n u tz e n .“

U m sich h in s ic h tlic h des D r a l i t b e z u g e s fü r neu zu e rric h te n d e T e leg rap h en leitu n g en v on frem den W erken u n a b h ä n g ig zu m achen, tr u g sich W ern er Siem ens schon E n d e der fü n fzig er J a h re m it dem G edanken d er A nlage eines eigenen D r a h t w e r k e s in R u ß l a n d . E r sch rieb d a rü b e r am 2. O kto b er 1857 an K a rl in S t. P e te rsb u rg : „. . . Ic h denke d ah er, w ir v erlieren den F a d e n n ic h t ganz, b au en ein kleines P u d d e l- u n d W alzw erk m it D ra h tz ie h e re i u n d sp ä te r K a b e lia b rik a tio n . D ie A n fertig u n g von D rah tseile n fü r Schiffe u n d B ergw erke m u ß d o rt ein re n ta b le s G eschäft w e rd e n !“ . . .

*) G ep lan t w ar eine Anlage zur W assergaserzeugung.

A uch s p ä te r b ra c h te er den P la n , e in ru s si­

sches D ia h tw e rk zu g rü n d en , m eh rfach zu r S prache.

So ric h te te er a m 30. D ezem ber 1869 folgende A nfrage a n K a rl in L o n d o n : „ N u r noch k u rz eine w ich tig e F ra g e : W ollen w ir eine D ra h tz ie h e re i in P e te rsb u rg oder G orodok an leg e u ? D er Zoll au f D ra h t is t 1 y2 R u b e l p e r P u d , a u f E ise n w enig. E s h a t sich n u n H e g e n s c h e i d in W arsch au e ta b lie rt, im p o rtie rt E isen u n d zie h t D ra h t — m it b rilla n te m E rfolge! Ic h bin sehr dafür. O hne dies re d u z ie rt sich u nser russisches G eschäft au f e in einfaches A p p a ra tg e s c h ä ft.“

V orübergehend tru g er sich auch m it der A b sich t,

„ e in M etall-(M essing ) G ie ß -u n d W alzw erk anzulegen, w o m it noch v iel zu v erd ien en ist, w ie w ir in p ra x i gesehen h a b e n “ . (B rief an W ilh eh n vo m 3. J u n i 1861.)

Schon frü h h a tte n W ern er u n d seine B rü d e r die B e d e u tu n g der d am als m e h r u n d m eh r in d ie E rsc h e i­

n u n g tre te n d e n S t a h l e r z e u g u n g e rk a n n t. D em ­ gem äß schrieb W ern er u n te r dem 2. M ärz 1860 an K a il in S t. P e te rsb u rg : „ . . . S ta h lfa b rik a tio n is t insofern ein g u tes G eschäft, als sie e rs t an fä n g t, sich zu en tw ick eln , u n d noch g an z u n g e a h n te D im ensionen an n eh m e n w ird . M an w ird k ü n ftig alles au s S ta h l a n s ta tt S chm iede- u n d G ußeisen m achen, w as fest sein soll.

A uch T eleg rap h en d räh te! H a s t D u L u s t zu d er S ache, so schreib es u m g eh en d .“ . . .

A us den B riefsch aften des folgenden J a h r e s is t zu en tn eh m en , d aß sich W ern er au ch fü r d ie G e ­ s c h ü t z f a b r i k a t i o n le b h a ft in te re s s ie r te , doch d ab ei, w ie im m er in solchen D ingen, sehr v o rsich tig zu W erk e ging. „. . . H alsbrecherische S ach en “ , schrieb er am 1. M ai 1861 a n K a rl in S t. P e te rs ­ b u rg , „w erd en w eder ich noch W ilhelm u n te rn e h m e n , w enn auch der augenblickliche S chein so sein m a g l W ird denn aus dem S t a h l k a n o n e n p r o j e k t n ic h ts ? D as h a lte ich fü r ein sehr solides U n tern eh m en u n d fü r eine g u te G eldanlage.“ . . .

In einem sp ä te re n B riefe an K a rl, vom 24. M ai 1861 h e iß t cs: „. . . D en H au p tg e w in n m ü ß te m an d a ra u s zu ziehen suchen, d a ß m a n S ta h lk a n o n e n usw . m it dem H olze u n d der ganzen E in ric h tu n g m ach te, v ielleich t auch sp ä te r E isen- oder G las­

in d u s trie . M ir sc h e in t n u r eine große G efahr dabei zu sein, n äm lich die russische F in a n z fra g e .“ . . .

Seine u rsp rü n g lich e A bsicht, eigene B erg- u n d H ü tte n w e rk e zu besitzen, k o m m t im m e r u n d im m er w ieder in W erners B riefen zum A usdruck. So e rw ä h n t er in einem B rief vom 8. J a n u a r 1872 a n W ilhelm , der sich d am als gerade au f seiner ita lien isch en R eise be­

fa n d : „ . . . In diesem F rü h ja h r w ird das neue K önig­

lich e E ise n h ü tte n w e rk u n d d ie M aschinenfabrik M a l a p a n e bei O ppeln in Schlesien m e istb ieten d v er­

k a u ft w erden. W ah rsch ein lich sehr b illig zu hab en . Ich lasse genaue In fo rm a tio n ü b er E isen lag er (soll g u t sein) einziehen. W ü rd e D ir das ev tl. gefallen?

K ohle is t d o rt b illig er als irgendw o in der W elt.

E ise n b a h n d u rch d ie F a b rik .“ . . .

(Schluß folgt.)

(6)

1202 S tah l und Eisen. O ffe n e G ü te rw a g e n m it S e lb s te n tla d e e in ric h tu n g . 3 ft. Ja h rg . N r. 50.

Offene Güterwagen mit Selbstentladeeinrichtung.1)

V om E is e n b a h n - O b e r s e k r e tä r W i l l ) . J ö s c l i , F r a n k f u r t (M ain).

| - < c i der B eu rteilu n g v o rsteh en d er F ra g e m üssen alle n ich t im W esen des S e lb ste n tla d e rs b e g rü n ­ d e te n V o rteile ausschciden. H ie rh in gehören z u n äch st das hohe L adegew icht des S elb sten tlad ers, sein u n te r B erücksichtigungrdieses h ohen L adegervichts v e rh ä lt­

n ism äß ig geringes E ig en g ew ich t, sowie der U m stan d , d aß die S elb sten tlad ew ag en w egen ih re r B eförderung in eigens fü r sie e in g erich teten G ü terzü g en b ereits zu m großen T eil m it durch g eh en d er B rem se au s­

g e rü s te t sin d ; dies sin d E ig en sch a ften , d ie den ge­

w öhnlichen offenen N orm alw agen auch gegeben w erden k ö n n en , w enn m a n von der derzeitigen R egel­

b a u a rt abw eichen will. S cheidet m an also alle diese P u n k te aus, so b leib t als V o rteil des S e lb ste n tla d e ­ w agens lediglich d ie S elb sten tlad em ö g lic h k eit ü b rig , die m a n allerdings u n te r gew issen V oraussetzungen ziem lich hoch v eranschlagen k an n .

Im E ise n b a h n d ire k tio n sb e z irk F ra n k f u rt (M ain) w erden seit einer R eihe v on J a lu c n S e lb sten tlad e­

w agen fü r die regelm äßige Z u fuhr der R ohstoffe (E is e n ste in u n d K alk stein ) zu den H ochöfen des L aim -, D ill- u n d Sieggebietes b e n u tz t. D ie W agen w erden d u rch d ie E ise n b a h n v e rw a ltu n g beschafft u n d den V erk eh rtreib en d en gegen Z ahlung der ta r if ­ m äß ig en F ra c h te n u n te r d er B edin g u n g gestellt., daß m it ihnen tä g lic h e regelm äßige S end u n g en a u sg efü h rt w erd en , bei denen die W agen in n e rh a lb 24 S tu n d e n m in d esten s einen vollen U m lau f zurücklegen k ö n n e n ; d ie W agen laufen tä g lic h nach einem b estim m ten U m la u fp la n zw ischen denselben S ta tio n e n u n d m üssen in n e rh a lb 24 S tu n d e n beladen, n ach der E m p fan g s­

s ta tio n b efö rd ert, d aselb st e n tla d e n u n d n a c h der B elad estatio n z u rü ck b efö rd ert w erden. Infolgedessen sin d sie als „S pezialw agen“ d er betreffen d en V ersand­

s ta tio n e n bezeichnet.

D er z w e ia c h sig e W agen b e ste h t aus dem U n te r­

gestell u n d dem au f diesem unbew eglich a n g eb rach ten K asten . D ie K asten w än d e sin d sch räg gestellt , so daß die d a rin a n g e b rach ten E n tla d e k la p p e n sich u n te r

*) im M ärz 1913 erließ der V erein fü r E isen b ah n k u n d e in B erlin folgendes P reisausschreiben:

„ U n te r w elchen U m stä n d en b ieten S elb sten tlad e­

wagen fü r Seiten- u n d B odenentleerung bei der B eförderung von M assengütern, wie K ohlen, K o k s u n d E rzen, V orteilo zu g u n sten d er V erkehrtreibenden u n d der E isen b ah n v er­

w altung gegenüber den offenen N orm ahvagen des d e u t­

schen S taatsb ah n w ag en v erb an d es ?“

Von den hierauf eingegangenen 28 A bhandlungen w urdo der n achstehend in erheblich beschränktem U m ­ fang abgedruckten d er höchsto Preis z u erk a n n t. D ie E in ­ teilung des Stoffs e n ts p ric h t den d e r P reisaufgabe b ei­

gegebenen E rläuterungen.

Vgl. a u c h : V erhandlungen des Vereins fü r E isen b a h n - kundo zu B erlin 1914 (V ersam m lung vom 10. N ovem ber, S. 56 u. ff.): „ B e tra c h tu n g e n ü b e r dio 1913 g e stellten 3 P reisau fg ab en d es V ereins für E isen b ah n k u n d e, b e:on- ders über die A ufgabe 1.“ Von W irkl. Geh. O b erb au rat S chürnm nn.

dem D ru ck der L ad u n g s e lb s ttä tig öffnen, sobald sie von dem b e n a c h b a rte n W agenende aus m itte ls H ebels freigegeben w erden. D ie S elb ste n tla d u n g erfolgt je n a c h E rfo rd e rn is en tw ed er nach einer be­

liebigen S eite oder gleichzeitig nach beiden S eiten der Gleise. Z um Schließen w erden die K lap p en zu­

g e d rü c k t; sie fangen sich vo n selbst. D ie V erschluß­

e in ric h tu n g is t sehr einfach u n d von sicherer W irk u n g . U n b eab sich tig tes O ffenschlagen der E n tla d e k la p p e n ist ausgeschlossen. D ie B ed ien u n g ist einfach und ungefährlich. D ieser zw eiachsige S e lb s te n tla d e r ste llt die einfachste A rt solcher W agen d a r ; er h a t au c h k ein höheres L adegew icht als die derzeitigen gew öhnlichen 20-t-W agcn. S eine B a u a rt lä ß t w ohl ein L adegew icht v on 20 t z u ; d a jedoch das E ig en g ew ich t fü r die W agen m it B rem se m eh r als 10 t b e trä g t, so m u ß te das L adegew icht z u r V erm eidung ein er U eberschrei- tu n g des h ö ch st zulässigen R a d d ru c k s au f IS ,5 t u n d die T rag fäh ig k eit a u f 19 t h erab g esetzt w erden.

D as is t schon ein u n erw ü n sc h te r Z u s ta n d ; die B e­

la d u n g eines W agens m it einem solch ungew öhnlichen L adegew icht k a n n u n te r U m stän d en Schw ierigkeiten b ereiten . B ei der E in fü h ru n g des W agens en tsch ied m a n sich fü r einen zw eiachsigen W agen m i t n u r 20 t L adegew icht, w eil h ie rd u rc h A enderungcn a n den Be- u n d E n tla d e a n la g e n n ic h t n ö tig w aren. D ie B e­

lad u n g erfolgt zw ar m eisten s au s F iillrü m p fe n (Silos), in die der E ise n s te in aus den G rubenw agen aufge­

nom m en w ird , sie is t ab e r auch — w as n am en tlich bei der V erlad u n g k lein erer M engen g eschieht — au f einfachste A rt d u rch E in k a rre n m itte ls H a n d ­ w agens (w ie bei d en gew öhnlichen N orm alw agen) m öglich. A uf den H ü tte n erfolgt die E n tla d u n g m eist au f freiliegenden H ocligleisen in die tiefer liegenden V o rratstasch en . Solche H ochgleise u n d tiefer lie­

gende V o rratstasch en sin d w ohl bei allen H ochofen­

anlagen v o rh an d en , so d aß es a u c h h ier der E in ric h ­ tu n g besonderer A nlagen z u r E n tla d u n g d er S elb st­

en tla d e r n ic h t b ed u rfte. D ie G leitfläche, ü b e r die der W a g e n in h a lt bei d er E n tla d u n g g le ite t, lieg t z w i s c h e n den beid en A chsen, eine v erb esserte B a u ­ a rt, die sich erst bei der A usprobe des u rsprünglichen W agens als zw eckm äßig ergab. B ei den erste n V er­

suchsw agen e rs tic c k te sich diese G lcitflüchc ü b e r die g anze L än g e des W ag en k asten s, d ab ei die Achsen u n d F e d e rn v erdeckend. H a tte sich n u n in beladenem Z u stan d e der W ag en k asten g esenkt, so w a r ein Schm ieren der L ag er n ic h t m öglich; au ch w aren S ch äd en a n dem U n te rg e s te ll, d ie w äh ren d der F a h rt le ic h t a u ftre te n k ö n n en , k a u m zu erkennen. F e rn e r w u rd e bei dem W agen v erb esserter B a u a r t eine U n te r­

teilu n g der E n tla d e k la p p e n v o rg en o m m en ; bei den ersten V ersuchsw agen w aren diese K la p p e n einteilig.

W esentlich zw eckm äßiger als die zw eiachsigen S elb sten tlad er erscheinen die dreiachsigen Selbst­

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14. D ezem ber 191 G. O ffe n e G ü te rw a g e n m it S e lb ste n tla d e e in ric h tu n g , S tah l und E isen. 1203 entlader m it 25 t Ladegewicht und die vierachsigen

Selbstentlader m it 37,5 t Ladegewicht, wie solche bei den Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen ver­

wendet werden. Sie sind ebenfalls beide für Seiten- cntlcerung (nach Wahl nach einer beliebigen Seite oder auch gleichzeitig nach beiden Seiten) eingerich­

tet. Der dreiachsige Wagen ist für eine Tragkraft von 30 t gebaut; das Ladegewicht mußte jedoch zur Vermeidung einer Ueberschreitung des höchst zu­

lässigen Raddrucks auf den Strecken, auf denen die Wagen regelmäßig verkehren, auf 25 t herunter­

gesetzt werden. Aus dem gleichen Grunde mußte das Ladegewicht des vierachsigen Wagens, das 50 t beträgt., auf 37,5 t heruntergesetzt werden. Beide Wagenarten sind übrigens noch m it durchgehender Bremse versehen; die geschlossenen Züge, in denen sie regelmäßig laufen, werden m it Luftdruckbremse gefahren.

Die Be- und Entladung dieser drei- und vier­

achsigen Wagen erfordert allerdings schon besondere Einrichtungen, namentlich wenn gleichzeitig eine größere Anzahl solcher Wagen be- oder entladen werden soll. Sie werden zur Beförderung größerer regelmäßiger Eisensteinsendungen von den lothringi­

schen Gruben nach den H ütten des Saargebiets ver­

wendet und verkehren in geschlossenen Pendelzügen, die nur Selbstentladewagen führen, zwischen Algringen und Völklingen, zwischen Entringen und Dillingen sowie zwischen Entringen und Neunkirchen oder Ueckingen1). In diesen Verkchrsverbindungen sind die täglichen regelmäßigen Beförderungsmengen so groß, daß sich die Einrichtung geschlossener Züge für die Beförderung der Selbstentladewagen wohl lohnt.

Die großen Vorteile, die den Empfängern durch die Verwendung dieser Wagen erwachsen, rechtfertigen schon die Einrichtung besonderer Ladeanlagen, die die Be- und Entladung der Wagen binnen kürzester Frist —- unter Umständen auch während der Nacht — ermöglichen. • Die Eisenbahnverwaltung stellt diese Wagen nur in solchen Verbindungen, in denen sie innerhalb 24 Stunden mindestens einen vollen Um­

lauf machen können, wobei wieder Voraussetzung bleibt, daß die Ladefristen — sowohl für die Be- als auch für die Entladung — grundsätzlich nicht mehr als eine Stunde betragen. Diese Frist wird nur dann unwesentlich verlängert, wenn eisenbahnbetriebliche Gründe (Falrrplan) einen längeren Aufenthalt auf der Be- oder Entladestation bedingen. Die Lade­

anlagen auf den lothringischen Versandstationen sind so eingerichtet, daß der ganze, aus 8 bis 12 vier­

achsigen Wagen bestehende Zug unter die in ent­

sprechenden Abständen angelegten Fiillrümpfe ge­

schoben wird und hier die Wagen dann gleichzeitig beladen werden. Die Vorratstaschen für die Aufnahme des Eisensteins auf den Entladestationen sind eben­

falls entsprechend eingerichtet, so daß an jede Tasche ein Wagen zu stehen kommt. Auf diese Weise ist es möglich, den ganzen Zug gleichzeitig in der kurzen J) Vgl. „ D a s d eutsche E isenbahnw esen d e r Gegen­

w a rt“ , Bd. I, S. 172.

zur Verfügung stehenden Zeit zu entladen. Für die dreiachsigen Wagen, die bis zu 18 Stück in einem ge­

schlossenen Zuge laufen, ist allerdings eine Ver­

schiebung des Zuges während der Be- und Entladung nötig, um die Wagen richtig unter die Verladeein- richtuhgen oder an die Vorratstaschen der Entlade­

anlagen zu bringen (da diese auf die längeren vier­

achsigen Wagen eingerichtet sind).

Alle hier beschriebenen drei Arten von Selbstent­

ladewagen können wegen ihrer Bauart in Freilade­

gleisen in bereitgestellte Straßenfuhrwerke nicht ent­

laden werden, das Ladegut würde hierbei wegen der sehr tief gehenden Abgleitflächen auf die Ladestraße fallen; die Entladung dieser Wagen ist deshalb nur in tiefliegende Ladetaschen möglich, wie sie bei Hoch­

ofenanlagen aber überall zu finden sind. Aus diesem Grunde verbietet sich auch die Freizügigkeit des Selbstentladewagens (Verwendung in jeder belie­

bigen Stationsverbindung, Beladung m it jedem be­

liebigen Gute); der Wagen kann vielmehr nur für die Bewältigung eines regelmäßigen Verkehrs zwischen zwei oder mehreren bestimmten Stationen dienen, wobei immer noch Voraussetzung ist, daß sich das zu befördernde Gut für die Selbstentladung eignet (Schüttgut). Infolgedessen ist die Verwendungs­

möglichkeit der Selbstentlader eine verhältnismäßig sein beschränkte. Regelmäßige und größere Massen­

sendungen zwischen zwei Stationen sind auf den deut­

schen Bahnen ziemlich selten. Zweckmäßig ist der Selbstentlader auch nur in solchen Verkehrsverbin­

dungen, in denen sein Hauptvorteil — schnelle Ent- lademüglichkeit — in einem bestimmten Zeitraum (etwa in 24 oder 48 Stunden) möglichst oft ausgenutzt werden kann. Da er bei seiner Bestimmung (Be­

dienung eines regelmäßigen Massenverkehrs zwischen zwei bestimmten Stationen) stets leer nach der Be­

ladestation zurückkehren muß — Rückfracht in der gleichen Stationsverbindung oder nach einer auf dem Rückweg gelegenen Station wird wohl nie vorhanden sein — , steht jedem Vollauf ein gleich langer Leerlauf gegenüber, während sonst das Verhältnis der Leer­

läufe zu den Gesamtleistungen der Güterwagen auf den deutschen Bahnen kaum 30 % beträgt (im Jahre 1911 nur 28,76 %)*)• Soll die Verwendung des Selbstentladers wirtschaftlich sein, so muß dieser Nachteil durch rascheren Wagenumschlag ausge­

glichen werden, bei dem aber stets darauf Bedacht genommen werden muß, daß der eigentliche Vorteil des Wagens — schnelle Entlademöglichkeit — oft ausgenutzt werden kann. Aus dem Siegerländer Eisensteingebiet werden z. B. von verschiedenen Stationen täglich etwa 500 t Eisenstein nach Ober­

schlesien verfrachtet; es wäre natürlich höchst un­

wirtschaftlich, für diese regelmäßigen Sendungen Selbstentlader zu verwenden. Obgleich diese Wagen in einem eigens für diese Sendungen eingerichteten geschlossenen Zuge befördert werden, beträgt die Reisedauer dieses geschlossenen Zuges auf der ganzen

U Vgl. „ G esch äftlich e N ach rich ten d e r preußischen S taatseisen b ah n Verw altung“ (A usgabe 1913, S. 55).

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1204 S ta h l u n d E isen. O ffe n e G üterw agen, m it S e lb ste n tla d e e in ric h tu n g . 36. Ja h rg . N r. 50.

Beförderungsstreckc rd. 65 Stunden (damals!); die Rückbeförderung der leeren Wagen würde im günstigsten Falle auch mindestens 65 Stunden be­

anspruchen. Es würde somit der Vorteil des Wa­

gens — schnelle Entlademöglichkeit — höchstens alle 5 54 Tage einmal ausgenutzt werden können, wobei außerdem noch der SOprozentige Leerlauf auf der mehr als 800 km langen Strecke Ober­

schlesien—Siegerland mitzuveranschlagen wäre. Für diese Sendungen verwendet man deshalb zweck­

mäßiger gewöhnliche 20-t-Wagen, die nach der Ent­

ladung in Oberschlesien auf den H ütten ohne Auf­

wendung von Leerläufen wiederbeladen werden können.

Kann der Selbstentlader aber innerhalb 24 Stun­

den einen vollen oder innerhalb 48 Stunden mehr- als zwei volle Umläufe machen, so ist seine Verwendung derjenigen der gewöhnlichen 15- und 20-t-Wagen sowohl im Interesse der Eisenbahnen'als auch ganz besonders im Interesse der Versender und Empfänger unbedingt vorzuziehen. Der der Eisenbahn er­

wachsende Vorteil liegt in dem außerordentlich günstigen Wagenumschlag; besser stehen sich bei der Verwendung der Selbstentlader die Empfänger und teilweise auch die Versender. Ein Hochofen im Lahn­

gebiet beschäftigt etwa 36 bahneigene Selbstentlader m it 20 t Ladegewicht; diese 35 Wagen bringen dem Hochofen täglich 700 t Eisenstein von etwa 8 bis 10 Versandstationen. Für die Entladung von 10 t Eisenstein aus gewöhnlichen offenen Wagen sind bei den damaligen Lohnverhältnissen mindestens 1,20 J l zu veranschlagen; die tägliche Ersparnis an Entladelöhnen beläuft sich bei diesem Hochofen demnach auf 7 0 x 1 ,2 0 = 84 J l , d. s. im Jahre bei 300 Arbeitstagen 25 200 J l, da Entladekosten bei der Entladung von Selbstentladern fast nicht ent­

stehen; es bedarf zur Entladung eines solchen Wagens nur eines Hebelgriffs. Wenn man nun trotzdem hierfür eine besondere Arbeitskraft veranschlagen würde — e in e volle Kraft wird für die 35 Wagen, die zu verschiedenen Tagesstunden zu entladen sind, mehr als ausreichend sein — , so betrüge diese Er­

sparnis immer noch 24 000 J l . Hierzu sind noch zu rechnen die Ersparnisse an ZustellungsgebüIrren, die für jeden nach dem Anschluß verbrachten Wagen mindestens — je nach der Entfernung — 0,50 J l

betragen, und zwar ohne Rücksicht auf das Lade­

gewicht des zuzustellenden Wagens. Diese Gebühren sind deshalb bei der Zustellung von ausschließlich 20-t-Wagen geringer als bei der Verwendung von 15-t-Wagen (für 35 Wagen m it je 20 t Ladegewicht sind täglich 17,50 J l Zustellungsgebühren, für 47 Wagen m it je 1 5 1 Ladegewicht, die die gleiche Menge

— 700 t — befördern, dagegen 23,50 J l zu zahlen);

es tritt also eine weitere Ersparnis von täglich 6 J l ,

d. s. im Jahre 300x 6 = 1800 J l , ein. Die gleiche Er­

sparnis wird noch erzielt, wenn — was vielfach üblich ist — die Wagen bahnseitig verwogen werden; die ermäßigte Wiegegebühr beträgt nach dem Neben­

gebührentarif ebenfalls 0,50 J l für den Wagen, ohne

Rücksicht auf sein Ladegewicht. Ferner bleiben noch die Kosten der für die Entladung der gewöhnlichen Wagen nötigen Entladegeräte (Schaufeln usw.) zu veranschlagen; diese sind bei der raschen Abnutzung, der diese Geräte bei der Schwere des Ladegutes unterliegen, nicht unbedeutend.

Die Vorteile, die aus der Verwendung von Selbst­

entladern entstehen, treten am besten in die Erschei­

nung, wenn die tägliche Beförderungsmenge zwischen zwei Stationen so groß ist, daß sich die Einrichtung geschlossener Züge hierfür lohnt; derartige Verhält­

nisse sind allerdings selten. Sie liegen jedoch vor bei der Beförderung regelmäßiger Eisensteinsendungen von den lothringischen Gruben nach den Hochöfen des Saargebiets; hierfür werden die oben beschrie­

benen drei- und vierachsigen Selbstentlader ver­

wendet. Dabei ist cs z. B. möglich, m it acht Selbst­

entladern zu je 37,5 t Ladegewicht auf eine Ent­

fernung von 66 km täglich zwei volle Umläufe zu er­

zielen. Jeder Zug befördert 8 x 3 7 ,5 = 300 t, zu­

sammen 600 t in 24 Stunden, für deren Entladung aus gewöhnlichen offenen Wagen 6 0 x 1 ,2 0 = 72 J l

zu zahlen wären. Hierzu kommen noch die Erspar­

nisse an Zustellungsgebühren, die für die 16 Wagen zu 0,50 J l zusammen 8,00 J l — auf der Versand- und Empfangsstation — betragen. Würden gewöhn­

liche 20-t-Wagen verwendet, so betrüge die Zu­

stellungsgebühr für die erforderlichen 30 Wagen, die täglich nur einen vollen Umlauf machen könnten (längere Be- und Entladefristen), zusammen 15,00 M

auf der Versand- und Empfangsstation. Noch günstiger gestalten sich die Verhältnisse auf einer anderen Strecke, auf der sich auf eine Entfernung von sogar 85 km täglich zwei volle Umläufe mit Selbstentladern ermöglichen lassen; auf dieser ver­

kehren täglich zwei geschlossene Zugparks je zweimal;

der eine besteht aus 12 Wagen zu je 37,51 Ladegewicht und einem Wagen m it 2 5 1 Ladegewicht und befördert bei jeder Fahrt demnach 475 t Eisenstein, der zweite Park besteht aus 20 Wagen m it je 25 t Ladegewicht und befördert 500 t bei jeder Fahrt, zusammen also täglich 1950 t in dieser Stationsverbindung. Hierfür wären an Entladelöhnen (1,20 J l für 10 t) 1 9 5 x1,20

= 234,00 J l täglich oder bei 300 Arbeitstagen 70 200 J l jährlich zu zahlen. Die 33 Selbstentlader werden auf jeder Station täglich zweimal zugestellt, wofür bei jeder Gestellung 3 3 x 0 ,5 0 = 16,50 J l , zu­

sammen also 33 J l Zustellungsgebühr täglich zu zahlen sind. Bei der Verwendung gewöhnlicher Wagen wären e forderlich:

a) 1950 t : 20 = 97,5 W agen zu 20 t L adegew icht, o d er

b \ 1950 t : 15 = 130 „ „ 15 t

Im Fa ° a ) wären für 97 Wagen (tägl < h einm aliger Umlauf) 48,50 J l , im Falle b) für 130 Wagen 65 J l

Zustellungsgebühren — und zwar auf der Versand- und der Empfangsstation — zu zahlen. Dieser Vor­

teil erwächst jedoch — wie hier ausdrücklich betont werden muß — nicht aus der Bauart und dem Wesen des Selbstentladers selbst; derselbe Vorteil würde auch entstehen, wenn man gewöhnliche offene Güter­

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14. D ezem ber 1916. O ffe n e G ü te rw a g e n m it S e lb s te n tla d e e in rich tu n g . S tah l und Eison. 1205

wagen mit 25 und 37,5 t Ladegewicht bauen und ver­

wenden würde.

In einer dritten Stationsverbindung ist es auf eine Entfernung von 114 km möglich, innerhalb 48 Stun­

den einen dreim aligen vollen Umlauf bei der B e­

förderung von Selbstentladern in geschlossenen Zügen zu erzielen; hier werden zwei Zugparks m it je 8 Wagen zu 37,5 t Ladegewicht verwendet. Jeder Park be­

fördert demnach in 48 Stunden 3 x 8 x 3 7 ,5 t = 9 0 0 1, beide Parks demnach 1800 t oder täglich (in 24 Stun­

den) 900 t. Die Entladekosten würden bei der Ver­

wendung gewöhnlicher offener Wagen (1,20 J l für 10 t) 9 0 x 1 ,2 0 = 108,00 J l täglich oder 1 08x300

== 32 400 J l jährlich betragen. Hierzu kämen zu­

nächst noch die Ersparnisse an Ladegeräten, die bei einer Menge von täglich 900 t Eisenstein schon recht beträchtlich sind. Ferner bleiben noch die oben aus­

führlich berechneten Ersparnisse an Zustellungs­

gebühren zu bewerten, die aber nicht als durch die Selbstentlader erzielter Vorteil in Anrechnung ge­

bracht werden dürfen.

Aus dieser ziffernmäßigen Berechnung der den Empfängern aus der Verwendung von Selbstent­

ladern erwachsenden Vorteile geht wohl zur Genüge hervor, daß diese die finanziellen Opfer sehr gut bringen können, die für die Einrichtung ihrer Lade­

anlagen auf die Verwendung der Selbstentlader er­

forderlich sind.

Natürlich zieht auch die Eisenbahn aus dem günstigen Umschlag der Selbstentlader in den vor­

erwähnten Fällen erhebliche Vorteile; zunächst tritt durch die ausschließliche Verwendung solcher Wagen in den betreffenden Verkehrsverbindungen eine außer­

ordentliche Entlastung der Versand- und Empfangs­

bahnhöfe und vor allem der zu berührenden Ver­

schiebebahnhöfe ein; eine Behandlung der geschlossen durchzuführenden Züge ist auf letzteren überhaupt nicht nötig.

Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Ueber- legenheit der Selbstentlader ist es gleichgültig, ob der Wagen für Seiten- oder Bodenentladung eingerichtet ist. Für die Entladung ist jedoch dem Wagen m it Seiteneutladung der Vorzug zu geben, da bei dieser Bauart der Laderaum der Entladeanlage vorteil­

hafter ausgenutzt werden kann. Bahneigene Selbst­

entlader sollten jedenfalls nur für Seitcnentladung eingerichtet sein, da sie kaum dauernd für dieselben Sendungen in derselben Stationsverbindung benutzt werden können, vielmehr häufiger zwecks Verwen­

dung in anderen Verkehrsverbindungen umstatio­

niert werden müssen. Ein für Bodenentladung ein­

gerichteter Wagen könnte dann nur auf solchen An­

schlüssen entladen werden, die die erforderlichen An­

lagen für die weniger gebräuchliche Entladeweise (vollständig freiliegende Hochgleise) besitzen. Daß die Industrie für die Beförderung von Massengütern auf ihren Anschlüssen vielfach Selbstentlader m it Bodenentladung beschafft, liegt eben daran, daß sie die für diese Entladeweise nötigen Anlagen besitzt und daß die zu beschaffenden Wagen dauernd ein und

L .,8

demselben Zweck dienen (eine Umstationierung dieser Wagen kommt nicht in Frage). Deshalb ist cs der Industrie auch vielfach möglich, eigene Selbst­

entlader m it hohem Ladegewicht zweckmäßiger und unter Umständen billiger bauen zu lassen; die Eisen­

bahn muß sich bei einem hohen Ladegewicht aber auf einen solch hohen Fassungsraum einrichten, daß der Wagen auch zur Beförderung leichterer Massengüter einen ausreichenden Kasteninhalt besitzt. Den Ein­

wendungen der Eisensteinversender und -empfänger gegen die außergewöhnliche Höhe und sonstige, für ihren Betrieb nicht ganz zweckmäßige Einrichtung der bahneigenen Selbstentlader muß hiermit begegnet werden.

Bei den für die Eisenstein- und Kalksteinsen­

dungen nach den Hochöfen des Lahn-, Dill- und Sieg­

gebiets bis jetzt in Betrieb genommenen zwei­

achsigen Selbstentladern m it 20 t Ladegewicht hat man m it Rücksicht auf die sonstige starke Bean­

spruchung und die einfache Einrichtung der Lade­

anlagen der Versender und Empfänger besonderen Wert darauf gelegt, den ganzen Wagen möglichst kurz zu halten. Er kann auf allen Anschlußgleisen, auch solchen m it veralteten Einrichtungen (kurzen Dreh­

scheiben) ohne weiteres be- und entladen werden;

einer Abänderung der Ladeanlagen bedurfte es in keinem Falle. Auch für die Eisenbahn sind die in den Zügen des öffentlichen Verkehrs zu befördernden Selbstentlader besonders zweckmäßig; sie bean­

spruchen die Verschubgleisc auf den Bahnhöfen nicht so stark und vermindern vor allem die Zuglänge, was im Interesse der Betriebssicherheit anzustreben ist.

Für die kleinen 20-t-Selbstentlader genügen im all­

gemeinen die für die Be- und Entladung der Normal­

wagen von 15 und 20 t Ladegewicht vorhandenen Ladeanlagen (Rampen); besondeie Ladeanlagen (Füll- rümpfe oder Silos) sind nur da nötig, wo der tägliche Versand sein- stark ist oder Selbstentlader m it höherem Ladegewicht verwendet werden. Diese sind dann aber auch schon nötig, um die in größerer Zahl zu stellenden Selbstentlader in möglichst kurzer Zeit beladen zu können. Silos müssen aber bei stärkerem und regelmäßigem Versand zweckmäßig schon aus anderen Gründen angelegt werden; sie sind dann schon nötig, um beim Eisensteinversand sowie beim Massenversand von Kohlen bei etwaigen Störungen im Grubenbetrieb stets einen ausreichenden Vorrat an versandfertigem Material zu haben und um eine gleichmäßige Durchführung des Grubenbetriebs bei stoßweisem Abruf der Rohstoffe durchfüliren zu können; in solchen Fällen kann dann eine größere Menge der Förderung in den Silos auf Vorrat genom­

men werden.

B ei der B e fö r d e r u n g der Selbstentlader er­

geben sich im Vergleich zu den gewöhnlichen 15- und 20-t-Wagen folgende Verhältnisse:

Ein Güterzug darf nach der Bau- und Betriebs­

ordnung für die Eisenbahnen Deutschlands höchstens 120 Achsen stark sein; abzüglich des zweiachsigen Packwagens können deshalb in einem solchen Zuge

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