• Nie Znaleziono Wyników

Das Buch Treue : Nibelungen - Roman.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Das Buch Treue : Nibelungen - Roman."

Copied!
360
0
0

Pełen tekst

(1)
(2)
(3)
(4)
(5)

£)as £>ud) Sreuß

(6)

©as beutftfje ®ert oon

Sßerner 3 a n f e n :

©as ® u d) ©reue TObelungenroman

©as 23 u rf) ßtebe

©ubrunroman

©as Bucf) ßeib enftfjaf t Slmelunflenroman

*

(7)

£>as 35 u d) S r e n e

Slibelungenroman non

Fetner Sanfen

88.—100. Taufenb

19 2 3

S e o r g SB e ft ermann

5Braunf(f)meig unbJamburg

(8)

2lHe SRetfjte oorbetjalten

Copyright 1916 by Alfred Janssen, Hamburg

Ctbruit bet ©eorg SBeffermann in tBraunfdjmeig Printed in Gennany

(9)

ies SBertmafjt ficf> nicht an, bas alte Such Sxeue juerfetjen ober fic£ ihmju vergleichen. Ss ftef>t auf benSchulternbes9libelungenliebes unb will, ohne ben Stoff ju entfremben, in ben Slusbrudsmitteln unferer Seit von ber alten Schönheit fünben. <£s willben fernen Spiegel bes ebelften©eutfchlanbs ber fdjmählich- ften Sergefjenheit entreißen unb unferem 93olE tvieber nahe rüden, bafj es mit Scham unb Stolj feines uner- fchöpflichen Reichtums gewahr werbe unb ihn ehre.

1815 tonnte bas Sibelungenlieb von Sluguft Seune als

„^elb- unb Settausgabe“ jum erftenmal voltstümlich be- forgt werben, „baoiele ßünglinge bas Sieb als ein Salla- bium in ben beoorftehenben (felbjug mitjunehmen wünfchten"; heute, nach hunbert (fahren, lege ich biefe Slätter als einen befcheibenen §>anf ben jüngften beut- fchen $oten auf bas ®rab — benn es ift ihr §elbentum, ihre £reue, bie aus bem 2tibelungenlieb auferftehenb emporflammten unb mir ben 9Kut unb bie ftreube jur enblichen Sollenbung meines SSertes gegeben haben.

Söülfrath (Sl;lb.), Serbft 1916.

(10)
(11)

©as erfte Shtd)

(12)
(13)

ie grauen finb jur Stub’ gegangen. ©er©uft non ihren Slleibern fliegt, ein truntener galtet, über golbene ©efäfee unb fjeifje Stirnen. <So ftill ift bie£uft biefes Somtnerabenbs, bafe bie Kienfpanflammen in ihren eifernen Slrmen tvie Schmetter fielen.

Sautet unb unrubvoller finb bie Herren am Sifdj. ©s ift bas Ebelblut von 93urgunb, S)elbennamen, betanntin aller SÖelt. ©untrer rief fie jumStat, barumfinb fiefcier in bet Heinen §alle. «Sie finb bem Könige jumeift ver- fippt, jum anberen Seil ftets in feinerStäbe; grofee Stüd- fidjten nehmenfie nid;t: fie jecbenunb bauen SSecber unb gäufte mit bei! unb b»! auf bie Eidjenbretter.

©as ift aud) ihr Stat. Einen beffeten buben fie nie ge­ launt: brauf! ©er ift turj, unb futj mufe er fein; benn tver bdlt gern lange Stehen am Eifd;, auf bem folche SUengen ©eflügel unb gleifcb fnufperig buften, vereint mit bem ©luttvein biefer gefegneten Stbeinberge!

Selbft Orttvin von SHefe, beffen eigene SRartfcbeiben von unaufhörlichen Stacbbareinfällen bluten, ift für ben Kampf mit biefem hergelaufenen Sliebetlänber, ber es tragt, fein 23ettelreicb an bie ©renjen Slltburgunbs ju Heben (benn fie nennen ibr junges Sleicb 2llt-23urgunb, biefe mafelos ftoljen Staubvögel von 93orgunbarbolm!

Silles ift ihnen Heimat, tvo ber §uf ihrer Stoffe ftampft.

SlberbiefeStebenbügelliebenfie)! — gulefetfc^iebt fogar Stumolb, ber Küd>enmeifter, feinen maffigen Seib vom Stuhl, bebt ficb unb ruft mit einemungefügen Cd;impf:

(14)

„$ucf> oerbrennt nochber©raten, fo lange jaubert if>r!

©er gute Sigmunb ift jur §el gefahren ofme Sproß unb Slnhang. Stimm bir feinen S^ron, Suntljer, folange er leer ift! 923er ift ber?!" Unb ftürjt einen©edjer 28eins, benn bies (Sprechen ftrengt an.

©ie §errenlachen, unb ©untrer tut unentfcfjloffen mit.

©a redt fid> neben tym einer, ber nichts für nod) roiber gefprocfjen, ein ©iefe oon fieben ©lannsfuß, fcbwarjem Sjaar unb ©art unb einem finfteren Slugenftem unter 2öetterbrauen; ben anberen jerfc^lug tym SBalter oon Spanienin alten Sagen, blutrot furdjtbie 2larbe oon ber Schläfe bis 3um Sifenfinn. ©as ift §agen oon Sronje, bes Königs ©heim unb ber gewaltigfte ©lann oon ©ur- gunb.

©er 2lusbrud feines Sefidjts oerliert nichts oon feiner Starrheit, nur bie ©lunbwintel jietjen ficf? herab; aber barin liegt eine ©erachtung, bie nichts über fich tennt.

©erfteinte Sjofceit. SBennerfpricfjt — unb nichts gefdneht in ©urgunb ohneihn I — oerftummt felbft Sunther, unb bie Sifdjgenoffen bulben fdjtoeigenb feine alles oerfchmä- henben 2öorte über fich.

21lit einem SSilbflügelläutet er an ben filbernenSeiler, feltfam flieht ber feine, jarte Klang oon feinem großen SDefen ab.

„Kumolb," ruft er, „©umolb, bu bift ein ©leifter bes Kapauns!“

„3a, was?" fchreit ber Küchenmeifter oerftört jurüd, benn oom Kapaunift feine ©ebe inbiefer Seit, bann neigt er fein behaartes ©hr jur Sinfen, wo er feinen ewig ju Seber j en aufgelegten ©erater weiß, unb wiberrebet ent- jüdt ben Spruch Sinbolts, bes Schenfen:

(15)

„Sei bu ein SReifier 2lieberlanbs, §agen!“

£jei! So träftig warb bem Rod) noch nicht jugeftimmt jeit feines Sehens, 23ed)er flirren, unb bas rote 23lut ber fonnigen 9U;einhügel fließt ftrßmenb; §agen alleinbleibt rut>ig unb betrautet unter t>albgefcf)loffenem Sib biefe aufgeregten Spiegelfedpter ber ©taatslunft.

„Rennft bu i£n benn?" fragt er fpöttifch, überfielt bie Sperren unb tutben £jauptfallmit bertüchenmeifterlichen Einfalt ab.

„Rennt ihn überhaupt wer?" jürnt ber 9Re^er ba- jwifd;en, „ben Orachentöter,ben§ornhäutigen, ben 2libe- lung!—2Das liegt baran? Oas iftein fjemanb, ein 23aum, ber an unferer Srenje alljufe^r in ben Schatten wächft.

SZlag er fallen!"

„Ober etwa," füfjlt Sunther oorfidjtig, „fürdjteft bu biefen fjrembling aus 9lirgenbheim?"

§agen ftraft ben Rönig mit einem §errenblid unb fpricht langfamen Sewid;ts:

,,3d) tenne «Sigfrib."

Schweigen. ©er warme, reife §auch ber fjulincxdjt tommt wieber gu feinem Kecht, einen Slugenblicf ver­

nimmt manbas Sefummber 9Hücfenvölterumbie(flam­ men. ©ann brichtfid) bas Staunenin einem Schrei:SBas ift bas?! §agen unb immer wieber §agen! Oer 2111- wiffenbe, 2lllbefahrene, bas Semirn 23urgunbs! hinter ben 9tunen feiner finfteren Stirn birgt fich Sigfrib unb wächft geheimnisvoll ins Ungeheure. Seit einem (fahr irrlidjtert fein 2lame im 23olt, 23äntelfänger, frembe unb hiefige, malen feine Säten an bie 2öanb ber einfamften Röhlerhütte, immer verfd)ieben, aber immer mit einer töniglichen §errlichteit ©as SJolt will feine gelben in

(16)

bes fterne haben, um fie ni$t ju vertieren; biefer eine Sigfrib wächft, je näher er tommt, in bie Siebe, wie nur ber §unnentönig inbie furcht. Sagen finb es, bie vor ihm herlaufen, lichte Stühlingsfagen. Sleich bem Son- nenftrahl ift er aus bem ©untel gebrochen, fein Sehen ift ein lachenber Siegeslauf. — Stun aber fte^t er an ben Srenjen SSurgunbs; bie Staubvögel tvittern ben Säger unb umtreifen raufchenb ihren §orft.

Seijt tut §agen mit einer §anbbewegung benSienen- fdjtoarm ab. S>er König jittert in feinem weichen, fell­

belegten Seffel vor Erregung unb fpielt mit feinem 3agb- hunb, um ficf> nicht ju verraten. §agenbefchämt ihn nicht unb fieht ben Sftarfgrafen Scfewart, bem bie Srenjwacht gen fjrantenlanb obliegt, fpöttifch an.

„Sagen beine Steiler noch im Soonwalb? — Sörtn’ ihnen Staft, Scfewart, gönn' ihnen SRaft! $>as Söilb ift entfprungen unb fteht vor bir. Stimm Urlaub, Sltartgraf, am beften heute noch, benn vorSteumonb haft bu belfere Slrbeit, als beines Sanbes Kanzler ju fangen."

®ann jum König:

„Sch tomme von Kanten, brei Sage unb Stächte im Sattel."

©er Stiefe fteht tvie ein 23ilb; fein verfchabtes, graues Slchfoller umfchliefct einen unbeugfamen, gewaltigen Körper, bie Spur bes Reimes flammt wie Starben an feiner Schläfen; breiSage, brei Slächteim Sattel: bas ift

§agenl

„©er König verleiht, bafj ich fonber Slbfdjieb verritt,"

fährt er fcfmell fort, ohne bie großen QSlicfe ju beachten,

„mich trieb Sorge um 93urgunb. S4> fuhr vermummt, allein, wie meine Slrt. 93on Köln an iftber Stheinlinter-

(17)

feits einSimeifenneft, Kähne ohne gahl, Leiter unb eilige Spilger jeben ®efchle<hts unb Sliters; unb wie ein «Sturj- bad) allesben Slieberlanben ju. 3$ trieb in einem «Strom na$ SCantenunbtarn gerabe recf>t jur Krönungbes neuen Styeintönigs."

Sobenb fpringen bie Herren vom £if<h, bajwifchen Sunthers gelles Sadjen:

„Sin gutesSRärlein, §agen! öahft bu ihn etwa auch?

SHit ber Krone?“

Unbbrofjenb:

„Satjft bu ben ^inbling mit ber Sigmunbsfrone?"

jagens SBilbbraue judt auf ben König nieber, beffen

§erj voll §ofm, Slngft unb §offart burch feine fdjlaffen 8üge pod>t, unb reifet ihn für einen Söimperfdjlag an feinem eigenen Stufewefen hoch»

„3<h war im «Saal,“ übertönter ben£ärm, „mitSllen- bogenlraft unb Solb fdpafft ficf>vieles;aber erreicht hätte id) nidjts ohne ben 23einer!— Schweigt! — Safet mich reben! — $<h ging unterm Sjelmfturj, grau im Such wie ein SHönd) unb unerkannt, wenngleich genug Herren unb greunbe vom §unnenhofe ber freier anwohnten. ©ur<h gufall, wie id) ahnte unb na«hbem erfuhr; nämlich bem 23erner warb Urlaub vergönnt, jwei gahre, für feine Slbenteuerei ober — ber SHann fieht nach grofeen Gingen aus, bas ift ein König!

Sinvielen§öfen war ichSoft, nie fah id) gröfeereFracht als jefet, ba ichungelaben tarn. Sin Saal ift gebaut, fchier fo weit als ber in Sfeelburg, von bem ich eud) erzählt habe; felbft bie Sdjäfee bes gewaltigen §unnen reichen nichtan ben Slanj bes Slibelungenhorts. geh gebe nichts um foldjes Sut, bies aber hat mich geblenbet; bahinter

(18)

fteht bie STladjt1 3<h fah ungezählte bitter aufjiehen, alle oon töniglidjer $anb aufs fcerrlidpfte gefchmüdt unb angetan, ich fah Knechte, wie §eere mächtig, alle von ber milben Süte biefes einen Cannes gefpeift unb ge- fleibet. 93on ben grauen ju fprechen ift nidjt meines Simts, hoch id) wellte, SJolter hätte biefen bunten

§immel gefehen!

©ajwifchen id), ärmerim 9to<f als ber fcfjleefjtefte Bett­ ler, benn felbft benen £at man bie Sump en eingetaufcfjt unb ihnen ein gutes Sewanb verliefen. 23is an ben Königstifch bin ich vorgebrungen, ba ereilten mid> ein

^aar rauhe Raufte —Sunther, um einfjaar ging’s, bann hätte man beinen Kanzler als <Sd?leid)fpälper ertappt!

Gin junger Sllilcfjbart wellte mir ben §elm gewaltfam löfen. 0ch »errentte ihm bie freche Sjanb; er fdjrie auf wie am «Spieß, unb im Slugenblid bin ich von brohenben Scannern umringt. ©er König felber (ertümmertfichum alles) tritt herju, noch ungetrönt, ihm ju feiten©ietrich een Q3ern. ©er 93erner — eurer einige lennen ihn — ift ein herrlicher ftelb, besgleidjen wenige. Sigfrib über- ftrahlt ihn. ftreube, Slnmut, Kraft, Frühling — bas ift Sigfrib! 2lber ihr werbet ihn fehen, fo ober fo. — 2öie eine «Sonne fteht er neben bem Soten, mir, bem 'Stern- ben, bem Ginbringling, bem fjeftftörer reicht er bie §anb unb ruft laut:

.QBilltommen, wer immer bu feift! Slber nicht mir, fonbern meinemSJolfegilt bie freier, barum bitte ich bid_>, unverhüllt an meinem$ifch ju fitzen.'

Gr wintt, unb ©iener tragen ein überreiches Kleib.

Seine Güteentwaffnet mich, bie §anb liegt mirfchonam

^elmbanb unb bas 23ort auf ber gunge: .Sunther von

(19)

©urgunb bietet bem neuen König §eil unb Stufe!' —

©od) i<# faffe mich —“

„Unb tateft recht baran! — ©iefem anmafeenben Star­

ren i“ fchreit ber Königjornerftidt. Sr ift aufgefprungen, polternb reifeter ben fd)werenCtuf)lhinter ficb unb trifft bie getigerte fjünbin in bie Qöeichen, bafe fie winfelnb entrinnt. §agen neigt fid; tief vor ihm, unbewegten Se- fid)ts, unb fährtin feiner barten, leibenfchaftslofen, toiber Söillen überjeugenben 2lrt fort:

„3<b faffe mich, benn id) will Suntber, unferm §errn, nid)t vorgreifen. ,®as forbere nid)t, Cigfrib, wenn an- bers id) beiner 921ilbe geniefeen foll!’ wiberrebe id) unb murre von einem ftrengen Selübbe; mit verteilter Stimme, benn ber©ernermuftert mid) fd>arf unb fcf>eint in feinem Sebädjtnis angeftrengt ju fud;en.

,2Qeld)er Sott mag Jolenes©erfprechen wollen?' fragt Cigfrib freunblicf), unb mir fällt bei, bafe er nod; ju ben altenSöttern fteht. ©a rettet mich ber ©erner unbmacht beinen Kanjler ju einem frommen ©ilgersmann, bei ber- gleidjen folche Cittennicht fremb. ©ie es hß*en, finb be­ ruhigt, benn biefes ©oll ift ohne 2lrg; Cigfrib felber fül;rt mich gelinbe bei ber§anb unb an feinen £ifd>; ber ©ei­ ner flüftert mit ihm, unb ich tomme ju St)ren unfern ben beiben. Slber meine ©rüfung ift noch nid)t ju Snbe.

©och »orerft bie Krönung; ba hot man im Sewoge feine 2ld)t auf mich, um fo mehr ich auf bas, was vor fich geht. Unb ich erfuhr basSBichtigfte: ©iefer Cigfrib mag ein Slbenteurer fein, aber fein Eroberer! ©lit bem ©al- mung hat erbie ^ranfennicht bejwungen, wohl aber mit feinem fonnigen ^erjen. Sh* unfet, er tarn mit §eeres- mad;t von ©orten, es hätte ibn einen ©ugenwinf ge-

(20)

foftet, unb bet alte, lebensmüde Sigmund wäre unter ben Srümmern feines morgen Steigs gelegen. Statt beffen £>at Sigfrib für it>n bie Saufen gefcblagen, bie über ben 9li)cm brandfdjaijten, unb fjat im Innern für if)n bas Septer gehalten als ein getreuer ©ienet. Sr f>at bas93olf jur Siebe erlogen, unb was meijtgilt, mit bem 93olt bie alte Königin Sigelinb. Sr ift baju geboren, bafj man it>n liebtI SBie er auf ben Sdjilben ftefjt unb bie Sreifin fid) bie Stufen f)inanmül)t, ifjn ju frönen, nimmt erber 9lüf>renben, gitternden übermütig ben Sigmunbs- reifen aus ber £janb unb brüdt it)n fid) ins §aar, ver­

wegen, aber anmutig, ftrafjlenb, föniglicf); ber Saal iftein Sturm ber Suft. ©ann fpridjt er; feine Stimme ift fein

§erj. Seine SBorte leudjten über alle Spracht, bis in bie fernften 2Binfel bringt il>r Klang, unb felbft bie, fo oor bem Sore gebrängt fielen unb feinen Sinn mel>r erfaffen fönnen, finb beglüdt. Sr fpridjt fo töricht unb fo weife, wie es eine begeifterte, fdjöne gugenb tut. Seine guten Sebanfen finb reif unb runb, feine fc^lecfjten aber wie Slüten,bunt unbverfüf>rerif<t>. ©iefer Knabefprid)t oon Heldentum, unb es fiefjt aus, alsob es — nid)t bas unfrige wäre! Sr rebet eine Sprache wie bie 23ögel bes §ains unb bie 23lätter an ben 23äumen — finb bie flug? Sind bie 23lumen flug? ©ie Siete bes SBalbes? — 2llfo ift Sigfrib I

Sr benft an alles. Sils es jur Safel gef)t, vergibt er miet)nid)t, und man fjäuft mir 23erge; Krüge ooll SBeins duften not mir. Sr trinft mir ju — einen Kelcf), fage id) eud), ber 9iumolb jum SBanfen brächte, unb id) mufj itjm 23efd)eib tun unb fc^lürfe, was fonft mein 3at)resmafj;

benn ber ferner läfjt mid) nicf)t aus ben Slugen, unb es

(21)

gibt wenige unter unferen Stämmen, bie gleich mir ben Srunf verachten.

,©en Schludlob'ichmir/ ruft berSotentönig überben Sifch, ,alfo gab es nur einen, ben ich fah“.

,Unb wer tat ben?“ reije id? itjn, ba id) ben Schlauen fchon auf falfd)er jährte meine. Sr aber fdjaut mich lädjelnb an unb fpricfjt:

,©aswar §err Söaltyer von Spanien,ber uns§iltgunb entführte.“

,llns!“ fagt er, aber ber König enthebt mid) ber Slnt- wort, fragt, aus welchem £anbeich fei; unb ich, noch in Sebanfcn bei bes 23erners Siebe, entgegne, bafj ich aus Spanien tomme, benn bies £anb, glaubte ich, tenne nie- manb aus ber Slunbe.

,2lus Spanien?“ ruft Sigfrib erfreut, ,fo tennft bu Söalther, ^ilgerim! — ichbitte bid), fe^’ bich neben mid) unb erjähle, benn ich l>öre gern von ben Säten ber Sap- feren.“

3hr glaubt mii/s, ich fannte ben Spanier gut! Stod;

heute fühle ich fein frummes §unnenfd)wert in meinem Sd)äbel brennen. Sjalb frohlodenb,halbim Sirger tomme ich fo als 23ärcnhäuter neben Sigfrib ju fiijen."

§ier tann fich Siumolbs tinblicher Sinn nicht mehr halten, unb neugierig fragt er bajwifchen:

„Oft es wahr? — 3ft er gehäutet mit unburchbring- lichem ©rachenhorn?"

„Ss ift wahr, buSor!" ruft§agen grimmig jurüd, „ge­ häutet ift er, breimal gehäutet mit martiger SHannes- traftl"

©ieHerren flauenbetreten unb finb froh, t>on ber Ein­

falt ihrer eigenen, brennenben fjrage enthoben ju fein.

(22)

Sie glauben bem Sronjernicht, ber anallem feinen §ohn hat unb nichts anerfennt, fo er nicht vor Slugen bat- gefdjehen manche Singe auf ber 2Qelt, bie unerforf<hli<h finb; warum feilte nicht einer in hörnerner §aut umher­

laufen? 3ft auf bie fahrenben Sänger auch tvenig 23 er- lafj, alles fann hoch nicht erlogen fein! Ober? — Slber gegen jagens Spottjunge fann niemanb; nur 23olfer ftreicht fich lächelnb ben fchimmernben Solbbart: tvie 9Hären tverben, bas weife ergut. gnbes fährt ber Sronjer mürrifch fort:

„Siefer (Jüngling hatmich ausgefragt trotj einem alten Nänfefdjmieb, SBalthers (Jluc^t unb unferenKampf--- tvirtarnen fehlest tveg, Sunther,aber Sigfrib nahm bich inSchuh unb — michauch! 9Ran wufete beffer, tvie es an­ gegangen ift, als id; erzählte, viel ju milbern gab es nicht, unb ich hörte Schimpf genug über 23urgunb, vornehmlich von ben Nibelungen, bie höhnten unfere elf Soten gegen ben einen tvegmüben Nlann. 3<h fiielt an mich, mühvoll genug! Snblich trofee ich bem ärgften Schreier, ob er nicht babei war, als bereine Sigfrib ihr ganzes§eer fchlug, ba halten fie Nuh’, aber 23urgunb brennt in aller §erjen!"

SieHerrenvonNurgunb, benen bieNieberlänber burch ihren Kanzler an bittere unb abgetane Singe rühren, haben ben Nlifemut fleifeig von ber Seele ju fpülen ver- fucht, barob ihre Natsfähigteit in bebentliches Schwanten gerät. SasSanberobem unb 23ölterfplagen iftihnen all- juleicht von ber §anb gegangen, fiewähnen, bie erprob­ ten Kämpfer im beutfehenSau ju fein, unb fie geftehen niemanb bas Ne<ht ju, fie, wenn auch aus ber gerne, ju reijen. Sie Sugenb ihreseigenen Neides — faum vor einem gahrjehnt finb fie von93ornhvlm her gefahren —

(23)

ift burch bas Uralter ihresStammes verwifcht; bieStieber­ länber finb hergelaufen, Selbfchnäbel ber Rriegstunft.

Silan fdjlägt fie; ba ift weiter nichts ju fagen. ©ies Sine aberbrüllenfiemitweinfrohen Rehlen tvie einen Sd;lad)t- gefang; nur SJolfer wirft einen fragenben 93lid auf ben Sronjer, bei bem noch immer §ilfe war. Qeboch auch t’W Rönigs ho<hfahrenbes 2Defen entbehrt ber SSeftimmtheit, unb es ift, als obUnruhe ihnbebrüde. Ss gibtetwas, bas ift gröfeer als fein Somauf bie fremben Schmäher, mäch­

tiger als feine Siebe juSurgunb:feine unerfättliche Sier nach Solb. Seine Sruhen finb leer wie bie Stoppel- felber, von ben gallifchen Slacfjbarn im SBeften ift wenig mehr ju holen als blutige Röpfe. ©a gibt es Rönige in ber Sßelt, bie an einem Sage mehr verfdjwenben, als je bie mageren RammernSunthers füllte: ber §eibe «Stjel;

ber ferner, ber fich arm gefchenft; biefer Smportömm- ling in Kanten. Silles ift ihnen in ben Schofe gefallen, fchierohneSHühe;SunthersSeben war ein ewiger Rampf, er hat fogar bie alten, waderen Sötter feines Säolfes ver­

laufen muffenum eine §anb voll fchwinbenben Standes.

©er Sleib träumt von bem blitjenben §ort ber Stibe- lungen, inbes bas Sefpenft bes fiegreichen Söalthers mit feinem fchafebehangenen Saumrofe im Slebel bes Söas- genwalbesverbämmert. Slber alles hängt an §agen.

Sunther ift es gewohnt, mit gewagter gertigfeit einen fturmumtobten ©hr°n im Sleichgewicht ju halten, unb feiner fann fagen, bafe er ohne SRut fei. Sin Sänge über­ ragt er §agen fchier um §anbbreite, an räntereichem Rampfvermögen befteht er neben ben23eften. Slber frühe SJerworfenheit, vielleicht in feinem mafelofen Shrgeij tvurjelnb, hat feinen Rörper verweichlicht unb bie guten

(24)

Kräfte feiner Seele erfdjlafft. Nun liegt ein Neidjtum ohnegleichen vor feinen Srenjen, fein mufj er werben, ober es jerfrifjt ihm bas §erj, bas jubelt fd)on bei bem Sebanten an fommenbe ^3runtmad;t. ©untle Säten laften auf ihm; er trägt fie leicht, ja, mit einer gewiffen verbrecfjerifcben Nnmut feines fünbenfdjönen §auptes.

8et}t färbt ihm 2Qmung tünftigen Nlateis bas Nntlitj mwty- felnb bleich unb rot, benn er fü£>lt, fo fpricf>t §agen oon einem, ber mitSöaffengewalt unbefieglich ift. gom über feine Ohnmacht wirrt ihn, unb er erglüht, ©em ju Srotj fdjielt er mit falber Hoffnung auf ben ©ronjer, ber ge- bulbig wartet, bis bie Meinungen oerftritten finb unb bie Semüter nüchterner an ber Staatsfrage [Raffen, bie ju löfen fie nidjt berufen finb.

„©ortjulanbe bentt man faft wie ihr," wirft er in bie junehmenbe Nuhe, „mit ähnlicher Ungebulb unb boppel- ter Kurjfichtigteit. ßrwägt: tommt es jum Kampf, fo entfcheibet mehr als bas Schwert bie Kraft eines ftolgen unb ungebrochenen §erjens. 23ir hoben fie nicht; wohl aber biefe reinen, rauhen Sefellen, bie Nibelungen. ©as beifeite. Vielleicht liegt ber Sieg bei uns, unb — was glaubt ihr Herren, mit welchen Opfern? Slaubt ihr, bies weite Neid? ferner holten ju tonnen mit einem fo jer- ftüctelten Fähnleinmüber Nlannen?—Sag’ offen, Ort­

win, bift bu nicht oielmehr hergetommen, um für beine bebrängte fjefte Seute ju erbitten, alsbeinen §eerhaufen

— unb bas ift ein ©ritteil unferer Stacht! — von ben Srenjen ju entlaffen?"

©er Nieder mufj bas unwillig jugeben, tnurrt aber bawiber, S)agen überfchätje bie Sewalt ber Nibelungen unb fchöbe auf bie lange Vant, was beffer Sache bes

(25)

morgigenSages. s£as frört bet banaler mit einem eifer­

nen Seficfrt.

bin nic£t umfonft oerritten," fcfrilt er jornig, „bie Herren finb jumLat berufen unb nicht, eine befefjloffene Cache julefet gutjuheifeen. 2Der fpricht benn überhaupt von Kampf? Jft etroa6 gegeben, bafe er fo nötig märe?

Sr fann vermieten werben, ohne bieQJurgunben ju alten SSeibern ju machen; ber Llann jenfeit ber Srenje tut uns nichts, unb was wir bem alten Sigmunb getan, ber Jefeen Lradjlanb über ber Llofel, ift ein ©recf! Such armen Jelbmäufen aber fticht ber pralle Libelungen- fädel in bieLafe, baroboergefet ihr alles. Jhr meint, bies golbene Llifeenvom Lieberrheinfäme nur imSchlachten­

bonner auf euch nieber — ba feib ihr betrogen! ®iefen Rinberherjenentlodt tein nod? fo gefctjliffener Stahl ihren Schafe, wohl aber bie SBeisheit überlegener Llänner.

Schaut hoch,“ — ber Ranjler fteigt aus feiner Unnah- barfeit, fefet fich leutfelig mit einem Schentel auf bas Sifch- enbe unb unterftüfet feine Söorte mit bem Jlug eines fiädjelns unb feiner mageren, fiegelberingten §anb —

„fo ein beginnenbes Jürftlein wirb fdmell mit ein paar billigen Lebensarten ju Jreunb gewonnen, biefer Jüng­

ling hat nod?nichts von berftaatstlugen Sinficht, barinnen wir erlogen."

„9Bir!" fagt er fcfrmeidjelnb, unb tut ben Dilblingen, was er ihnen ju tun vorfchlägt.

„Sigfrib wirb an Sunther einen älteren 23ruber haben, gegen ben er nicht fargt, bafür bürge ich. Ja, es gibt noch ftärtere Sanben, bavon fpäter ju reben.

Jft erft ber §err unfer, fo werben es bie ©iener mit Jreuben; benn ein blinber §afe, leichtlich oon einer

(26)

f4>le4>ten SBahljeit (jerrübrenb uni> jahrelang einfältig beibehalten, wie SKärjenfchnee vor einem rechten SBort. SBas aber büntt euch von einem waderen ©eit­ lem im ‘jßlattlanb, bas von fner aus ju leiten wäre?

3ft es nidjt in SBahrheit jehnmal befiegt unb gebunben?

Unb bann,"—blinjelnb hebter bieSltemlofen ju gleic£>- berechtigenbem ©erftänbnis — „es gefc£ie£t häufig, bafj Keifer, bie allju ftürmifch ins $olj warfen, vor ber Keife rafch bafcin muffen. $>a gibt es (fälle —“

fjierwirb bies arge «Spiel von einem gellen©lunb jäh­ lings jerriffen, aus ben tampfverfteinten §erjen fpringt ein Sebenbiger auf, eine braungelodte, frühreife gugenb.

Oas ift Sernot, bes Königs ©ruber.

„£>alt ein, Oheim," ruft er entfett, abwehrenb redt er beibe £jänbe gegen ben bunteln Sronjer, „folches rät ein lofer Sdjalt, aber nicht bui"

Oie SBorte verfagen ihm, aber er fleht ben Unerbitt­

lichen mit feinen treuen, warmen Slugen an.

Sine leidste ©ewegung geht burch bie Kitter, ein (froftfehauer in ber «Schwüle; manche erröten, wie über einem Oiebftahl betroffen. Oer Kanjler lächelt graufam füfj unb beeilt fich mit ber Kebe:

„©erfteh mich recht, mein guter Sernot! SBer tann gegen bas ©chidfal, bas an unferer SBiege fpann? Oent' bo«h an ben Sllepanber, von bem unfer ©ifc£>of fo viel ju erjählen weif;, unb ber fo balb auf ben (flammenftof;

gemußt, ober beffer an beinen eigenen ©ater, ber aus einem leuchtenben, ruhmerfüllten Seben gerufen warb, als bu noch, ein Knabe, auf meinen Knien fpielteft."

Sr beugt fich über ben Sif«h unb legt bem glühenbtn (Jüngling bie Cchwerthanb milb auf bie «Sd;ulter:

(27)

„Sernot, es iftbitter, ewigem Mißtrauen ju begegnen, wenn man ein ganzes £eben an Slüd unb Stern feines Zolles gegangen. ©ie 2öege eines Staatsmanns laufen nidjt immer in ber gellen Sonne, ja, bie Kotwenbigteit forbert juweilen eine verfdjattete Siefe. Slber es ift beffer, ber einjelne 92lann burdjreitet folcße Srünbe mit unbewegtem§erjen, ei) fein ganjes QJolf in ihrer ginfter- nis verblutet. Slber bies ift ber Kat eines lofenSdjalfs —“ Kad) biefen Söorten entfielt eine einbrudsvolle Stille, unb ber aufrechte, entwaffnete Sernot fentt befdjämt ben 23lid. Unter Weiterem, erlöfenbem ^Beifall bittet er ben Oßeim um SJerjeißung; freunblicß nidt ber Sronjer, aber im fjnnern ladjt er über ben leidsten Sieg, ber bie Sbeln ju unbewußten, aber nidjt minber gefährlichen QJerfdjwßrern macßt. ©as 2öert biefes Sages ift voll­

bracht, aud; Sunthers Klienen fcaben fich erhellt. Söas nun tommt,ift ein Kinberfpiel, unb jagens 2Sorte fallen mit angemeffener Säffigteit.

„Sur fchidlichen Stunbe bin id) entwichen unb ver- ritten — jwei spferbe gingen brauf, ©untrer, bie barf id) mir bei ©antwort wieberfwlen? — id) fjänge nocß im 93ügel, ba fprengen jwei Keiter in meine 93urg, 93oten oon Sigfrib, am regten Kßeinufer bei Knbrud) ber Krönung ßergejagt. Sie erfragen ben ftäßrmann unb wollen nad; QBorms, wie fie finb, in Staub, Q3lut unb ©ifen; benn bie SSege redds finb wenig fidjer.

3d> war h^rjlid) froh, baß mein Sronje allein von allen feften flößen 23urgunbs jenfeit bes Stromes liegt;

wären bie Keden nad; SBorms getommen unb vor bein Slngeficht, fo flammten ©nbe ber SBocfje bie fjeuer bes Krieges in unferm eigenen £anb. gcß fjabe fie reich be-

(28)

rvirtet uni> befdjenft, ifjre ©otj^jaft angenommen unb Antwort ausgefertigt; fie fjaben ben 2Beg längft wieber unter ben fjufen.“

„©as ift©errat!“ fcfjreit ber König, jum Crfdjreden bleicf), feine Sdjwertfdjeibe fauft mit ber ©reite fdjmet- ternb auf ben £ifdj, unb Sdjüffeln unb ©edjer ftürjen;

aber in ben verworrenen Tumult bonnert §agen:

„©errat ober nidjt ©errat! — $d) tva&> bas Siegel

©urgunbs nicf>t jum Sdjerj an ber §anb, id; rettete bid) oot bir felbft unb beinern jät>en ©lut! ©iefe ©oten Ratten nichts oon beiner römelnben §ofjuc^t, bas toaren

£eute oom alten Sermanenfdjlag, bie ungern für eine Söeile aus bem Sattel fliegen; fie mürben bein SBefen nidjt oerftanben ljaben. ©leinft bu, fjätte fie galten fönnen bis aufbiefe Stunbe, ba iljnenoon bir, bem Klug­ geworbenen, ber gleiche ©efdjeib geworben wäre wie biefer?!"

Unb er reifet ein ©ergament aus feinem Söams unb wirft es oor ben König mit einem wilben ©lief:

,,©a ertrag’ id) lieber oon Sernot bas wallenbe Sbel- blut, bas aus einem getreuen unb tapferen§erjen fiebet, als biefe immerwäfjrenbe Übergebung, biefe fdjier Einb­

licke g=urd>t, beinern töniglicfjen ©ecf)te würbe nidjt ge­ nügt. ©er ift König, ber fid) ©ats fjolt, wo ©ats ift.

2Bas wäre ber ©erner ofjne §ilbebrant? gd> aber bin es mübe,Kanzler ju fpielen, wo id)esfein fann! Königs- glüd fjängt an feinen ©Jaffengefäfjrten— blid’ um bidj in beinern ©eidjtum: ba fifet Sere, ein ftinbling wie Sig­ frib, ben ©bei ber Sefinnung unb bie vorausfdjauenbe Söeistjeit beines ©aters jum ©lartgrafen gemadjt, ba ift Sdewart, fieben Söfme verlor er für bid) unb bein

(29)

Keich, ba S)unolb, ein Kämmerer, ohne ben bu van höljernen Seilern effen müfcteft, unb Kumolb, ein be­

neibenswerter Slieifter ber Küche wie bes ©d)werts, bes- gleichen kaum ein ^errfcher fyat', ©inbolt neben ihm würjt bir bas 22lal?l mit immer neuen ©cherjen, ber Snetjer ftetjt gegen eine Übermacht, bamit Jjier Triebe.

Unb Sollet — ad), ich mag fie nicf>t loben, benn i£>r 23er! ift Sobes genug; es ift 23urgunb!

(Sigfrib aber fteht allein, fo einfam wie nie ein König;

er wirb mit ©ant unb Ghren wenig fparfam fein!"

Gr huftet troden, unbjweigeljarnifd)te Kiefen ftampfen ins Gemach, bringen fein Gifen. 0n einem Ku ift er gewappnet, ftöfjt ben §elm ins S)aar unb greift fein Slutfd)roert. ©en König fieht er nicht an, winEt ben Sperren einen (argen 2lbfd)ieb unb fd)lägt bie Siir.

©er König fintt beftürjt in feinen <5tut)l unb fd)aut injorniger Verlegenheit oon einemjumanberen. ©eine Kitter, burch bies leijte, gewagte Srutjfpiel bes Sronjers aller Kampfluft lebig unb von fchnell gewanbelter Ge- finnung, flehen auf jagens ©eite unb geben Gunther bittere Söorte ju fdjmeden, oor allem Ortwin oon Stet;, bem Kanjler wenig jugetan, aber ein mannhafter unb ftoljer ©egen. ©old)e Kusbrüche oon Gunthers trautem

§od)mut finb niemanb fremb, hoch heute fühlt fich jeber eins mit §agen, oon bem noch nie einer £ob gehört bis auf biefen Slbenb. ©em tapferen Gernot gehen bie Söorte ferner oon ber Bunge, jetjt entläbt fich fein Grimm wie eine Gewitterwolke; unb wieber ift es nur Sollers gereifte Sugenb, bie abfeits am fjenfter ben oerhallen- ben §uffcf)lägen laufest unb oerftohlcn über bie unnütze SBortoerfchwenbung ber Vetörten lächelt. Gr fieht, tvie

(30)

alles nur ein Spiel ift um tiefenarmen König, bem Hof­

fart bie ftarten unb telbentüfmen ^ulsfdjläge feines im Srunbe tüchtigen §erjens erftidt, unb er toeifj einen, ber oor Siagesanbrucf) of>ne Krone unb in einen bunfeln 9Rantel gefüllt Sinlafj begehren toirb auf £ronje.

2tun aber bas Pergament, bas flattert luftig über ben erfji^ten Köpfen von §anb ju §anb. Gnblid) erroifdjt es §unolb, ber ju lefen »erftefrf, unb tut erbauli^ Sün­ ders Söillen unb ftreube funb, feinen föniglicfjen bruber Sigfrib in bälbe bei fi<4> bemirten ju bürfen.

beglaubigt unb gefiegelt. 23ie ein §ofm |>odt i>as auf einem boffesrüden unb trabt gen kanten.

(31)

8eitvon <Sigfribs Slntunft in SBormsifterfüllt.

3n ben lebten Sagen noch verwirft Sunther _____feinen fd>roff gegebenen 93efe£>l, nichts »01311- bereiten, unb feßt mit fieberhafter Sile bie §älfte feines largen Schaßes baran; benn fo rät Sjagen, ber Voller unb §unolb ben &fymu<i bes (feftes überträgt. Q3ur- gunb lann feine Srensen nidjt entblößen gleich 9lieber- lanb, nur bie SJornehmften finb gelaben; fie finb gegiert mit einem Kleibe aus 3erbeultem (Stahl.

®er Slacßmittag, im fpäten «Sommer, feudjt unter Slut unb Staub, reglos laffen bie SBäume ißre 93lätter nieberhangen, leine SBolte, fo weit ber Sjimmel. (frau Ute fteht gefärniüdt unb orbnet leßte (falten in £|>riem- hilbs Setoanb, bas ift lichtblau. S>ie (frauen treten auf ben Heinen Söller ber Kemenate, barüber Sinben fcßatten, unb feßen müßig in bie glißernbe (ferne. Slber eingig bie Königin fteht ber Stunbe an: fie trägt ein feuerfarben £ucß, bas eng um ihren reifen, warmen Körper fcßließt, ißr fjaar ift roftbraun unb ftrömt in ftarten (flehten um ihren gleichermaßen lüßnen unb mütterlichen Kopf, barunter bie Stirn, feftgewölbt, Har unb Hug. ($r Kronreif ift oon einer alten, fatten, fchweren (form unb beglänst geheimnisvoll ihr 2Befen, burch beffen herbe (fraulichfeit bie (flammen biefes Som­ mers fprühen.

Shriemhilb ift ein frifcßer, fonnigerborgen im Sftaien.

3hre Slugen wiffen von nichts unb träumen rein unb

(32)

friebli4>; alles an it)t ift gewaefcfen unb wie von felbft geworben, fogar bie Spange an tyrem 23ufen, bas ScJjlänglein um ifjren fdjönen, weißen 2lrm — bie toten

©inge finb belebt oon tyrer Sugenb. ©ie OTutter be- fdjaut fie mit einer ftoljen, gellen greube, aber unter ifjrem 23lid bekämen fic£ bie litten Slugen, unb ein Soleier verhüllt fie. £ine QQeile ift Stau Ute ftumm unb beftürjt, fie weifj oon feinem £eib, fo tyres f?inbes §erj betrüben fönnte. ©ann biegt fie ben 2lrm um Seriem*

fjilb unb birgt tyr §aupt mit fünftem ©rud. ©ie 3unge

^afd)t nad) tyrer §anb, füfet fie errötenb mit einer unbe- tannten Seibenfcfjaft.

„SRir träumte alfo wilben ©raum, 2Rutter,“ beginnt fie ftodenb, „einen galten jog id) manches 3al)r, er war jung, ftart unb fd)ön unb all meine Suft.“

Sie wirb Slut, unb ii)t Slntli^ leuchtet oor innerem Slüd, fo fef)r £at bies Grlebnis ifjre tleine 9Belt er- fd)üttert, in ber bie ©räume wirtlid), bie 2öir£Iid>feitert

©räume werben. Sie fiet>t ben galten fyocfy unb ftolj im grünlid) jitternben, flammenben Sewölf, bas enblid) aufgezogen ift, unb fie empfinbet mit i^m Suft unb Schmerz wie mit bem Sebenbigen; bas 23lut brennt in il;r, alfo ftart ift bas. ©ann wenbetfiefid; zu ber Königin unb berid;tet tonlos:

„3wei buntle Slbler griffen Um, zerfleifd)ten ifm mit ben gängen, vor meinen Slugen. 2öef)er gefdjaf) mir nieI“

©ie SRutter beftaunt fie erfdjroden: bies 2lntli^ gehört einer anberen ©l)riembilb als ber, bie fie tennt. ©ann lächelt fie über il?r frembes Seficht, bas felbft unter bem

©rud bes Schärten, finnt nad) Slorben, wo eine Staub-

(33)

wolle auftvirbelt unb tväcbft, unb verfugt, nidjt un- tviffenb über bas <Sd)i<ffal 93urgunbs, tluge ©eutung:

„©er fjalte, fo bu bir gezogen, ift ein ebler SHann;

©oft wolle itjn bir bewahren, mein Kinb!"

<St?riem^iIb blidt oerwunbert auf, tvieber ganj bie Kinblidje, Steine:

„2Sas fpridjft bu mir t>om Spanne, SRutter? — Obnc SJlinne will id? immer fein, baoon nur fieibes tommt!"

Cie fdjtoeigt errötenb, fjrau llte fafjt Reiter ihre §anb unb toiberrebet: „Sntfcblag beffen nicht fo fef>r, Kinb, es ift bas befte ©lüd!“

3bre Slugen glänjen, unb ifjre ßüge vertlärt bie Er­ innerung an ©ancrat unb it>re fjugenb. 3br feuchter, leicht geöffneter SHunb siebt tief bie füfje Commerluft in bie «Seele hinein toie einen ©tun! fteuerweins aus bem versoffenen, aber nicht jum ©runbe geleerten Secber ihrer £eibenfd;aft. SJerwirrt toenbet <££riem£>iU>

ben Kopf, unb beibe 5rauen flauen verträumt in ihre (Sefnifudpt; bie eine mit ihrem reifen, feligen Söiffen, bie anbere mit ber bvlben ©ämmerung ihrer Unfcbulb.

SBährenbbem veränbert ficb ber S)immel mit ©ewitter- fcbnelle unb taudjt bie beiben in Stacht, ©in «Sturm er- grauft, unb faufenb peitfeben 93lätter unb Slfte juQ3oben.

^ufgeftampf erbröfmt vor bem Sor, bajtvifeben §örner- fcfjall unb 93efet>le; ein 23liij jerreifjt ben §immel ju flammenben ffetjen, unb im langballenben ©onnerfracb fprengen jtvei Steiter in ben §of.

©in Q3litj I — ©in ladjenbes SKannesbilb auf bäumen- bem §engft fteht in ber £obe, fcfjön tvie ein Stern, finfter fliegt hinter ihm von ber beglänjten SHauer ein Stiefenfcbatten, von ben flatternben, gejadten klügeln bes

(34)

Sllantels unwallt wie ein ungeheures Slachtgetier:

§agen.

©ann wieber Stacht unb Jagenbe SSolten, bas ift ein Slugenblid.

Shriemhilb lehnt an ber 2Hauer, totenblaß mit ge- fchloffenenSlugen. ©ie Schatten, fo in ben Sag gefallen, weichen langfam wieber ber Sonne, ihr aber lobert bies 93ilb noch immer im Sjerjen unb will nicht oerlöfchen, raufet ber buntle Seierfittich nod? immer burch bie Suft.

Sine Slhnung tommtihr, was bie Siebe fei, bawiber ihr trotziges SHagbtum.

„Ohne SRinne!" flüftert fie bebenb. Sie erdauert unb birgt ihr Seficht.

fjrau Ute lächelt flug unb mütterlich.

,,©as ift Sigfrib," fagt fie.

^nbes beftaunt ber Sag burd? bie h0$>cn 93ogen- fenfter bes Saals ein felffam 23ilb. 23on feinen fchim- mernben Scannen umbrängt ragt Sigfribs ftrahlenbe fjugenb twr Sunther, bajwifchen £jagen, berihre beiben

§änbe hält unb ineinanber fchliefet. ^reubig folgt bie bes Slieberlänbers, bie Siechte Sunthers beugt fich ber überlegenen Sewalt; hoch auf feinem verfchloffenen Slnt- Iih fonnt fich bas Säbeln bes fremben Saftes, ©as§erj wirb ihm lebenbig vor bem Seleucht biefer Slugen, wie ein läftigerSHantel fallen bie bunteln Sebanten oonihm ab, unb fein wirtlicher Sibel brennt in ihm mit einer fchönen, reinigenben flamme. Slufatmenb, aufwallenb fchliefet er Sigfrib in bie Slrme; fo flehenfie einenSlugen- blid im Sicht wie ein Sleichnis oon Kraft unb ^rieben.

§och jauchjen bie 2libelungen wiber alle Sitte, unb

(35)

auch bie ernften Nurgunbetreden niden freubig, be­ dungen von Slnmut unb gugenb. Selbft bem Sronjer tnill ein Sächeln übet bie güge, aber es ift mitten burdj- geriffen uom fpanifchen Säbelhieb. ®ann ruft er bie Namen auf; bie gremben gelten vorüber, ein 2Qinb, benn «Sigfrib ift alles; aber hinter benen von 23urgunb fteljen Säten, bie jeber weift, unb bie Nibelungen gaffen wie Kinber. Nun orbnet £junolb bie spiätje für einen turjenNeifetrunf; bas §auptmahl follerftmitben grauen beginnen, beten Stühle jeftt noch leer.

Ss ift nichts mit ber fteifen 23ürbe, bie $unolb in peinlich genauer Kenntnis ber Q3räuche vorgefehen, Se- lächter unb ftrohfinn tummeln [ich burch i>ie 2öaffen- halle, bas §erj Sigfribs jieht fie alle fo nah an fich, baft ihn niemanb mehr ju ertennen vermag aufter in Siebe.

Nur ber Sronjer nicht, benn er fteht allen fern unb hat Stauern felbft jwifchen feinen 23ertrauteften. Sr weift es, unb hinter feinen lofen Neben, beten SSiberhall ben Saal erfchüttern, judt juweilen etwas wie unterbrücfte Sehnfucht nach bem einfacheren Seift ber Senoffen wie ber Säfte. gnjwifthen horcht et mit guchsohren auf alles. Sigfrib hat Nurgunb mit feiner ftürmenben Senjtraft erobert, bas fieht er, jeftt fteht unb fällt bas

§eil mit ihm, bem Unbeirrten; feine Seele redt fi<3>

truftig empor.

®ur<h ben Särm hört er bie leichten Schritte auf bet Steppe, neigt fid? ju Sigfrib unb tnüpft ergöftlicf) an fein lefttes, gefährliches Sef<hi<htchen an:

„©er junge König braucht eine Königin; wie wät’s mit gngrib, ber Sachfentochter?" Unb er jwinlert mit bem Seieraug’.

(36)

Suftig fcf>üttelt «Sigfrib bas ©olbhaar unb legt tüte ein 23ruber ben 2(rm um ©unther.

„©as eilt nid;t fo fehr, §agen; mit mir nicht! SJorerft tommt ber ältere, unb bas ift ©untrer."

92lit bemraufdjen bie Flügeltüren auf, unb bie Königin tritt mit ©JjriemVilb unb ihren Frauen in ben «Saal.

«Sigfrib erhebt ficfj, tut brei Schritte unb oerhält atemlos unb gebannt oor ber ©ancratstochter. Seine braunen Söangen finb glutumhaudjt, feine Slrrne, in fjunbert Kämpfen nimmer matt, fallen fjernieber, als gehörten fie ni«3>t ju ihm. ©r empfinbet ni<i>t mehr oon ben Söorten um ihn t>et als einen bumpfcn Schwall, glei<4>

bem 23ranben ferner SQogen. 93or ihm ftetjt bie junge, rüljrenb fct)öne ©eftalt, fjat bie meinen §änbe vor bie Sruft gepreßt unb bie Siber ju ©oben gefenft, bod) fein 23ilb ift feft in ihrem Sjerjen, oom lobcrnben 93li^ um­ flammt. Söie im £raum hört Sigfrib ben eifernen2ron- jer fprechen unb fühlt eine jitternbe Sjanb in feiner Siechten; jtoei Sippen toefjen flüchtig über feine Stirn, unb ein toarmer, mütterlicher Sftunb Eüfjt feine SBange;

bann führt er taumelnb bie Königin an ihren ‘Spiatj unb fieht in einem 2lebel Shriemhilb mit ihrem Siebling

©ifelfjer an ben Sifch fdjreiten.

fjagen ift ein Springquell lebenbiger Siebe unb h^f' männifcher ©etoanbtheit. ©as Feuer ift entfacht, unb er toeifj es ju fd)üren. Stoch ftehen bie Speifen auf ben Küchenherben, noch ift ein SBeilchen 3ßit ju Scherj unb Suft, unb nichts hilft beffer über einen peinlichen Slugen- blid als ein Sieb aus Sängermunb. St beftürmt bie STifchgefellen, er befdjroört bie Frauen, er lo«ft geroaltfam aus allen SBünfchen einen einzigen Sßunfch, Folter ju

(37)

einem Siebe ju rühren; bann erft wenbet er fid) an biefen felber, ber mit läd)elnbem Serftänbnis feinen Sogen fyebt, biefen wunberoollen Sogen, berühmter als manches b°d>berühmte Schwert.

Sief befriebigt, mit Seniefjergebärben, lehnt §agen fid) in ben Stuhl jurüd unb fc^cint ben quillenbenSönen nad)juträumen. 2lber jwifchen ben 2öimpern betrachtet er bie füfjen Stellen, bie über Sigfrib unb Sl?riemt)ilb jufammenfdüagen. ©ies Sieb ber Siebe ift tym l)öl)er als bas befte Sieb aus feines ^reunbes 8aubermunb.

3nbes gleiten bie klänge meid) unb träumerifd) in bie finfenbe Sömmerung; Sojen ber Siebe finfen auf bie laufdjenben §erjen, Slüten ber Siebe umbuften bie Sntrüdten. ©ie §anb bes riefenftarten Sieberlänbers bebt auf bem Sriff bes Salmungs, von bem ein roter Karfuntelftein tjeifj unb leibenfchaftlid) lobert, bas un­ berührte §erj fdjrvillt unb wäd)ft in feiner Sruft. Sr wagt bie Q3li<fe nid)t ju erheben, fein Stefen ift in feinen tiefen, reinen Srünben erfd)üttert unb erfüllt oon ber unbefannten Siebe. Sin frember Sigfrib, ber niemals Kronen trug, fniet bemütig, ein 23ettler, vor einer über­

malen fjolben Jrau. Sergeffen finb Kämpfe unb Siege, er liegt, einfeliger Knabe, hmgegoffen auf feinesSugenb- lanbes fonnigfter 2lu, ohne anberen Sraum als ben ber weiften Slanberwolfen ju feinen Raupten.

©erweil enbet Soifer fein Sieb, ba ber Sroft ber Kücf)entned)te fchon fertig ftet)t, an ihrer Spitje Sumolb.

Sod) einmal wieausfernen hüpfen bie filbemen Stellen über bie §erjen unb füllen fie mit ihrer heiteren freute an. ©ann jagen fich Stille unb lärmenberSeifall. Sig­

frib ermad)t unb fühlt in ftürmenben Sßulfen, wie Siebe

(38)

fiegt. ©a ift tvieber bie alte ©idjerfjeit in feinen Se- bärben, fein ©lief ruht grofe unb frei auf ber ©ancrats- toebter, bie, verftridt in Stofe unb £uft, erglüht unb tänbelnb mit intern ©ruber Sifelher bie Seit vertoft, ßefet tragen bie fdjtverbelabenen glatten auf bie £if«he.

unb aus getriebenem «Silber feebt fid) ein ©uften: fdjtvel- genb rühmen bie Nibelungen laut unb leife ©urgunb;

benn Kampf, ftagb unb Nlahl, bas mufe einanber wert fein. Scherjreben fliegen l?er unb bin, nian W ^c‘ne Seit mehr, an bie ©erwirrung bes Nieberlänbers vor Sferiembilb ju benten; ben ©urgunbern ift folcfees nicht neu, unb ihre Slufmerffamteit gehört ben fjremben; ben Nibelungen ift es natürlich unb hoffnungsvoll. Sine Königin! — Sia, bie f eb lt ihnen! «Siewählen nicht lange.

„©ruber," flüftert fVrau Wte bem Sronjer ju, „bies gifcfelein iftgefangen, aber ich wollte, ich fäfee an Sbriem- feilbs «Statt I" Sbre Singen erflammen in einem gefähr­

lichen fjeuer vor ber jungen, töniglidjen «Schönheit, ber fein ^rauenberj wiberftebt, aber §agen löfcfet bie Slut mit Sifesfüble:

,,§ab’ 2ld)t, Ute, es gebt um ©urgunb!"

©ie bebrängte Königin fjält ficb grofeartig unb tann lächeln.

,,©u fiebft ju febwarj, Jjagen, biefer Solbene fefjafft uns feine «Sorge.“

„§eut nicht, Königin, aber morgen!" grollt ber Kanj- ter. Sr neigt ficb 8U bem Nieberlänber unb verftört ibn mit einer fachlichen Stage nach ben burgunbif«hen Se- bietsverlefeungen jenfeit ber Nlofel; mit halbem Obr er' bafebt bas Sunther unb f^munjelt über ben liftigen

©tann. Sigfrib wehrt ab.

(39)

„«Später!" fagt er (jaftig, „bas t>at Ja Seit! — $>ie fianbe finb in guter Verwaltung, id) ritt f>inbur<^. Ob- tvofcl" — fud;t er fid) als Staatsmann ju jeigen — „bie SRofel von je bie redjte Srenje ift!"

23on je? bentt §agen, o bu Sor, jefm Säfjrlein unb von je! Saut aber fagt er, um ifm ju proben:

„®as Sanb foll bein bleiben; nur lafc es oljne Sins in unferer ^actyt, benn tvir ljaben es urbar gemalt mit jeber SZlüfje. So ift ber Sentapfei aus bem SBege, id) ljabe ben 23rief fcfjon ausgefertigt."

„9Bas, Vrief!" ruft Sigfrib errötenb, benn er fann nidjt lefen unb fdjreiben, „tvir geben 28ort unb §anb- f«$lag, basverwebt tein2Binb unb verbrennt tein fjeuer!"

„§elbenart!" lobt ber Sronjer, rafd;ftredt er bie flache 9?ed)te vor, unb ber beftürjte Slieberlänberfdjlägt hinein;

bas Sanb ift jum Seufel, aber es ift bod> eine Srlöfung, unb er fef?aut freubig auf Sf)riemf>ilb, bie von bem

$anbel nichts verfielt als feine Sro^mut.

Sifelber, ber blonbe, auf berfjeerfafjrtvon 93ornf)olm 3um SXfjein geborene Knabe, brängt fid) jtvifcften bie Scanner unb erwifd)tbenSZlantel bes föniglic^en Saftes.

Sljriemfjilb will ifm galten unb ftreift mit bem Saum tyres &leibes Sigfrib, baft beibe erfcfjauem.

„Söeifjt bu, was St)riemf>ilb fagt, Sigfrib?" ruft bie tede Unfcfmlb.

„9lein, mein Sifelber, wie foll id>?—Su’smir tunb!"

ftammelt ber junge König verwirrt. Sr beugt fi<4> ju bem Knaben nieber, tyre golbenen §aare vermifdjen fic£>, unb if>re fjelle, f)ol?e S«i)önf)eit leudjtet burd) bie S«i)atten bes fdjeibenben Sages.

„Sifelber!“ brofjt unb bittet bie 3ungfrau voll {»olber

3* 35

(40)

gjcham. Sie wagt es nicht, näher an i>en Knaben £eran- äutreten, aber mit rührenber Sebärbe legt fie ben Ringer auf bie Sippen unb fle£t um Schweigen. ©as glücffelige ßinb achtet ihrer nicht unb tlettert an Sigfribs Söetjr- getjänge tjod).

„©as ift ber Kalmung!" fagt er unb jerrt vergeblich an bem ungefügen Sriff, an bem fein §änbd)en fid? ver­

liert, „ben haft bu in Kibelungenlanb geraubt, gelt?"

„Kid)t geraubt!“ verteibigt fid> Sigfrib. ©er jarte ßnabe auf feinem Scfjofj tut ihm fo tx>o£>l, er laufet mit verhaltenem 2ltem. 2öas hat £l;riemt)ilb gefagt?

„®od>!“ tru^t bas Männlein mit großen Klauaugen,

„unb tvenn id) fo grofc bin," Ijebt er bie fjauft an Sig- fribs Schulter, „raub’ id) mir auch eins. Sin noch viel befferes!"

©a reifet ber Übermütige bas Kibelungenfdjtvert aus bem fieber, bas ift ein fprühenber 93life.

„Sefällt's bir, Kub?" horcht er. ®as ßinb fchaut ihn betvunbernb an, nidt heftig.

„3a, ja! Schon! — Slber bu gefällft mir nod) mehr, benn bu bift ber Slllerfchönfte, unb ich tverbe genau fo fchon tvie bu unb fchlage ©rachen tot unb betomme eine

$)aut von hartem §orn tvie bu, fagt Shriemhilb!“

fiachenb fd)iebt Sigfrib bas feibene 2öams von ber Kruft unb jeigt ein jerrijfen Untertleib, bas tlebt an einer blutverronnenen SBunbe.

„Kennft bu bas ©iebsmärlein auch?" ruft er, ,,fd)au’ her, fo fahren bieKärenpranten eurer QBälber in©rachen- hatti!" — ©as verlegene Staunen ber Kitter fieht er nicht, tvohl aber bie Kläffe auf bem 2lngefid>t ber Se- liebten.—©er Sdjbnfte,hat fie gefagt! $eife läuft’s ihm

(41)

überben Staden, unb er {«^liefst bie «Spangenmit fliegen­ bet §aft.

„Sinn prahle id) tvie ein Kinb," f<$erjt er jugrau Ute,

„bie Stramme ift nichts!"

Slber bie Königin verfpricfjt tym ein §eil£raut,Sljriem- bilb foll es felber pflüden, morgen, fobalb es tagt. ©a wirb bie Söunbe füfj unb tvonnefam: Kräutlein von

£f)riemf)ilbs linber §anb auf feiner 23ruft — morgen — o feliger Sag! Sr weif} von feiner SSürbe, fjeut aber büntt es ilrn füfj,König ju fein, unberfüfjlt mit einemmal bas Slüd bes 9leid)tums, ber Sdjön^eit, ber gugenb.

©er Sraum, ben er träumt, umglänji if?n unb fpiegelt tjell von feinem offenen Slngefid)t jurüd, ber ftillfte Sßintel feiner Seele ift bem Sef>arffinn bes Sronjers unb bem nieoerfagenben Sefüf)l ber Königin erfdjloffen.

gür 93urgunb! bentt grau Ute unb jittert vor ben bunteln Srünben tyres QJrubers. Seine SÖege tann fie nid>t überbauen, fo tlug fie ift; aber fie mufj it>m folgen,

©enn bie tvilbe Seibenfcfjaft biefes Spannes für fein SJolf ift if>r in tyrer Sinfamteit gemacf) jur näfjrenben glamtne tyres eigenen Sehens getvorben, ju einem gel­ leren Stern, tvenn in Städten itjr rafenbes 23lut auf- ftötjnt. ©ie Sllbriane finb bas Sefd>led>t ber fd)önen grauen, fd)ön unb mafjlos finb bie 22länner von ©anc- rats 93lut. SBeffen ift Sl>riemf)ilb? — §agen treibt ein verwegenes Spiel mit Kräften, beren er nid>t §err!

Sladjt fällt, unb gadeln lobern auf. Ute gibt ben grauen bas Seiten jumSlufbrud). Silan gefjtnid)t gern, benn biefe gremben finb eine <^3racf>t. ©iefen Sonnen­

jüngling nur anjufdjauen, ift Söonne. Silber unb Seibe umfdpimmern bie SUbelungen, bie Kampfl)ä|mevon 23ur-

(42)

gunb tragen ruppige# fieber unter ®fen, barob fid?

manche rote Sippe fdjürjt Wienerinnen mit elenben Salgftumpen fdjreiten ben grauen vorauf; wol)l, bie

©urgunber wiffen, was Sitte, aber bie Nibelungen grei­ fen ans §erj. Sie reiften bie ßienbränbe aus ben ßifen unb fäumen bie fteinerne Sreppe, Nugen unb flammen leudjtenauf bem 2öeg jum Schlummer, unb bie Sräume geleiten bie fdjönen Seftalten fd;on jeftt.

Verronnen, jerftoben! — Nun beginntber SBein feine gröberen JJreuben, unb bie 93ec£>er läuten wilber. Wie Nibelungen finb tvadere Server, bod) biefes ungewohnte Nebenfeuer ift ihnen über; allein fie galten Schritt, unb bie 2öirte muffen ihnen ©efcheib tun. ßönig Sunther, bem man viel Sfjre gibt, fcat einen guten Sag unb ver- fdjwenbetunbetümmert ben fiiebreij, ber it>m fo oft aus fjeinben fjreunbe gewann. Sr nennt Sigfrib nic£>t anbers als ©ruber unb fd)erjt von einem groften, gemeinfamen Neicf), bas alle fjeinbe jwingen muft, fogar ben §unnen- tönig unbf?aifer Srmenrich inNom. Srnftläuft ihmunter, benn er fühlt ben Jüngling wie 2Bacf>s in feiner fjanb.

Wer Sronjer fc^ielt in ben SBintel, wo ber ßutten- träger fiftt. Sie nennen ihn ©ifcf>of, aber er ift Sjirte über eine §erbe von Sßölfen, mit benen er Reuten muft.

Wamals, im rafd>en §anbel um Obfjin, £at man ihn mit in ben Kauf nehmen müffen. Nun ift er f?ird)envogt, ffeht aber nirgenb in Slnfefjen als bei ben SBeibern, er weift nichts ju reben benn vom Sribut, benmanSrmen- rid) ewig fdjulbig bleibt. Nom ift weit, man wirb ihn fchwerlich fjolen wollen.

Nber ber Kanzler fieht weiter.

Schlieftlich fpricht niemanb mehr unterben fladernben

(43)

Sintern als Sunther, Sigfrib, Stumolb, ber ©ronjerunb SoiferoonSlljep. Oie Kutteift oerfchwunben,ben Qecfy- gefellen wirb ber Sed?er fdjwer wie Sßlei, unb bie Se- banfen werben unerf dringlich teuer, Oiefer Söein!

2öelcf> ein gesegnetes Sanb!

0er Kanjlerfpridjt tluge SQorte »on Kunft unbSOeistum unbfetjt feine 9?ebe fo wohlunb reich wie feiten. Sorihm fteht fein Sed)er unberührt, baneben ein irbenes Krüg- lein Söaffers, mit bem er oon Seit ju 8^it bie fdjmalen Sippen netjt. 0en Slieberlänber bunten biefe Stehen, als tarnen fie oon Obbin felber, biefer Kanjler ift ihm in allen Oingen ein SSunber, bem man fich willig beugt.

SBär er feiner!

©nblid) oerftummt ber Säntereidje, unb man E>rid>t auf. Sigfrib fütjrt ben fcbtoanfenben Sunther feften Schrittesjur £ür; fie finb oon einem 2Qud;s unb einer Slnmut. 0er Siebter, ein eiferner SHann, beutet auf bie dürften unb fragt halblaut:

„SBelcher ift unfer König, fjagen?" Oenn bie beiben finb nicht au unterfcheiben. 0er ©ronjer ftarrt Soifer grimmig an unb jifcht burch bie gähne:

„0as ift ber, ben man führen mu|j! Oas ift unfer König!"

£r wirft einen verächtlichen Slict auf bie ftumpfen Printer unb gibt ben Unechten feine Sefehle. Oann flirrt er aus bem Saal, auf ben bröhnenben Slumpfchritt hinter ihm hörternicht. Ood) als er im§offteht, funtelt bes Küchenmeifters roter Kopf burchs fjenftergitter unb feine gewaltige Stimme gröhlt:

„Ou, §agen! — 0as ift ein ^rachtterl, bein Sigfrib1 Sicht Krüge! Unb fteht!"

(44)

Ser Sronjer fdjaut nicht um, oerjieht feine SHiene.

Slud; ber Siebter ift herausgetreten unb will mit nach Sronje.

„22tir ift bie 93urg ju eng fjier", fc^ilt er unb ruft nad) feinem ‘ißferb.

„Sarin tann ganj Slronje wohnen," fpottet §agen mit fd;rägem Q3lid auf bie büfteren Steinmaffen, „es wirb an ber Suft liegen/' Unb ift mit einem «Sprung im

«Sattel, als trüge er Sinnen ftatt Sifen.

Sangfam reitet ihm ber «Spielmann nad). So oft er ficb in bie merfwürbige Seele biefes SHannes einfinben tvill, ftöfjt er auf eherneSiegel, bie jeber Kraft unb jeber Siebe fpotten. 93olfer lieft in ben Sefidjtern ber 92len- fdpen toie in einem fauberen Pergament, l>ier aber, bei bem nächften feines §erjens, finb frembere 9?unen als bie griecf)ifd)e Sd)nörfelfd)rift bes Sifchof Johannes. Sr fd)aut rücfgewanbt bas Sefchlecht §agens; Sllbrian hiefj fein Sater, ein unbänbiger Slann, unb hinter ihmKönige, dürften, Sänger, £jelben — ein unenblidjer gug ge­ waltiger Schatten; ein S)eer, barinnen wie in einem flaren See fid) bas tieffte §erj bes SoIEes, bem fie an­ gehörten, in Seibenfchaft unb Sreue fpiegelt. Sem finnenben Sichter wirb in fühnem Sebantenflug bas Sielgeftaltige ju einem, unb ber Spiegel jeigt bas bunfle unb rätselhafte 93ilb bes Sxonjers.

Sie ftuchsftute ift unterbeffen ihren eigenen 2öeg ge­ trabt, unb ihre fjufe verlieren fich in weichem Klee.

Som grauen 9?hein wallen bie Slorgennebel über bas ft-elb, wogen im ßwielidjt fo eng auf bem Sanb, haft ber Soben ber Srbe felbft fich 3U heben unb ju fenten fcheint, gleich einer ruhig atmenben, mütterlichen Stuft.

40

(45)

SJolkrn weht es £>erbftlicf> an, aber in i>em erften, taftenben Sagesfchimmer gewinntber lichteKlee jwifdpen ben Stoppeln bod) not# etwas von Senj unb ffugenb.

ßetjt fteigen bie Ufer bes Stromes aus bem öämmer, brei bampfenbe Sliefenfchatten ragen auf, unbeweglich;

bas ift §agen, neben ihm bie Knechte.

„Sin SJolf pon lauter Sronjern", judt ber Spielmann auf, „wäre unbefiegbar, ewig!" £>ann fud)t fein 93lid wieber bie Slderfcholle, unb lächelnb murmelt er vor fid)hin: „2lid)t ewig! — Sswürbe an fich felbft jugrunbe gehen, benn ihm bliebe nichts ju tun übrig. §agen lebt von ber Sat!“

2Rit bem fpornt er bie Stute gelinb unb erreicht bie ftähre, barauf bie Seharnifd)ten. SBortlos sieht §agen ben wiberfpenftigen Saul auf bie planten unb ftemmt bas 9luber mächtig an ben Stranb. Strahlenb fpringt ber SKorgen auf unb legt fich breit unb blitjenb über ben fjlufj. ®as falte Sifen an ihren Körpern wirb rot- glühenb unb malt purpurn wiberglänjenb ihre Seiber in ber fjlut, bie mit leifem Surgeln Sichtwellen von ber fjähre an bas Öblanb mitten im 9lhein flößt. 93om öft- lichen Ufer beginnt fd>eu unb verfchlafen ein 93ogelruf, fchwillt an unb fchmettert 3aud)jer um (Jauner in bie fchöne, frifche SBelt, unaufhörlich, ftarf unb inbrünftig.

„ffreunb," fagt 23olter ergriffen, „nidjts geht über bie Siebe, bie in einem SJogelliebe flingt!"

©er Sronjer fchaut mit bem Seieraug’ frei in bie Sonne, fein büfteres Slntlit; ift ganj oeränbert unb fdjeint von inwenbig ju leudjten.

„Öod), Golfer," entgegnet er fchlicf)t, „biefe [tumme 92lenfchenlicbe heut im Saal.“

(46)

©ie Knechte richten bas abgetriebene Schiff unb ver­ treten ihm bas Sicht. Seine Süge finb wieber ver­

fettet unb verfteint, fo bafj bies Siebeswort SJolfern wie ein SBetterleucbten anmutet, bas füreinen SOimper- fcfjlag ein fernes, frembes Sanb beglänjt bat. Sine un- ertlärlicbe furcht hält ibn ab, nach Sigfrib ju fragen, währenb hoch all fein Sinnen barauf gerichtet ift, von biefem lebenbigenGrufj aus ^ugenblanb ju bäten; benn ibtn ift, als fei er fein eigen, als fei in biefer jungen

§elbentraft vertörpert, was er je an Schönem unb Sutern erbadjt unb erftrebt. ©a fpricbt ber Kanzler abgewanbt:

„SBeifet bu, wie mir Sigfrib erfcbien, als ich ibn juerft erfab? — 22iir war jumute, als wanble mir bas 93ilb beiner gugenb entgegen, anbers jwar, in einem ver- tlärten Schein, aber bocb mit gleichem 2öefen.“

©er Hiebler ftarrt erfd;roden auf ben unheimlichen 9vunenbeuter. Nichts rebet ber Sronjer ohne Slbficbt, aber bie ^ülle ber Stynung, bie hinter biefen 9iätfel- worten lauert, überfällt 23ol!ern hoppelt jäh, weil es ihm felber ein halb enthülltes, halb verborgenes Se- beimnis ift, von bem nun eine härtere §anb als feine einen lebten Schleier rei^t.

23ielSanbefab er, vielrote Sippen bat er gelüfjt--- 9lun ift ihm ein §eim befd;ert, ein liebes SBeib, flwei Knaben, braungolben wie er---er mag nicht {innen, bleifd?wer überfällt ibn bie SRübigfeit ber burcb^ecbten 9tacf)t, unb als fie am Seftabe finb, fteigt er mit 22lübe inben Sattel, verlangt nidjt mehr ju benfen, 3U fpredjen.

Sronje ift freunblid) wie bie Sonne, 93lumen umranfen bas ©orf, Kinberftimmen fingen in ben reingewölbten

(47)

vimmel. ©ie ©urg felbft ift nichts weiter ab ein gelfen- fjaufen, eng unb froftig. grauen bulbet ber Sronjec nid)t um ficfj; fein ©ruber ©anfwart, ber bes Königs Slarfdjall ift, bentt barüber anbers, barum jum §aupt- teil wotjnt er im Sßormfer ©runtfdjlofj. §agen füijrt ben Saft in fein eigenes Semacfj unb bettet itm auf bas per- fdjabte ©ärenfeil, fein Sager, fo lang er ein Sdjtoert führen barf; unb ber giebler fintt alsbalb in bumpfen Sdjlaf.

£>er Kanjler betrautet eine 2Seile bas eble §aupt unb füljlt hinter biefer tlaren «Stirn Unruhe unb altes Seib lebenbig werben. Seife fcolt er ein weiteres gell aus ber ©ebentammer unb fdjiebt es bem <S$lafenben unter feinen wirren Sraum. ©olter atmet ruhiger, als empfinbe er bie jarte Sorge biefer ©ladjtfauft. ©er eiferne STtonjer geljt auf ben 3e£en in ben §of, pfeift ben §unben, unb fcfjlägt ben Söilbpfab na<J> feinen Söälbern ein.

(48)

S

||m bk Wtagsjeit, eine Stunbe nbrblicb QBorms,

|lp gibt ber ©bein am felben Ufer ber Stabt einen ityen Schwimmer frei: ben rutjelofen Kanjkr.

6r fpringtansSeftab, nadtunb hager, wirft bas raffelnbe Kleiberbünbel auseinanber unb ftredt fid) in ben beißen Scbwemmfanb. «Seine ©üben Rütteln bie 8otteln unb überfprißen ihren Sjerrn mit bem flimmernben Seperl ber g=lut, unb ber Kanzler lacht in ber Sonne, freut fi<t>

an ißt unb ber SBelt unb feiner ©lannestraft. ©ach einer SBeile fieht er auf, rüftetfich unb hält auf ein Sehöft au, bas füll unb warm bieSagesglut »erträumt. ©ings auf ben SQiefen bampft bas Srummet, ber ganje §immel buftet »on bem fußen Sltem. 2lm nieberen ©ach tleben Schwalbennefter, ihre Sewohner umfreifen fie »|>ne

©nbe in blißenbem fjlug unb wollen fich »or bem 2lb- f4>ieb bas 93ilb ihrer Heimat unoerlöfchlicb einprägen.

„§eimat! — ©as ift unfere Sjeimat!" bentt ber Sron- Jer unb hebt unwilltürlich bie Slrme. ©ann bentt er an

©ornholmunb feinen ©ebelfroft, bas ift fein©aterlanb.

Slber bas fröhliche §erj ©urgunbs pocf>t hier; feinen Sd;lägen muß er laufen bis an ben Sob. Sr reißt ficf>

aus bem Sinnen unb tritt rafd> in bas §aus. gn ber großen, gewintelten Kammer fißen §err unb Sefinbe um ben quirlenben ©rei; ber Slnblid bes bunteln Sron- jers wirtt wie eine SSetterwolte, unb jagbaft tappen bie §oljlöffel auf ben S7ifd>. ©äuge, bem bas ©efißtum, gebtbem Saft entgegen. Srift unterfeßt, ein ©lann »on

(49)

breiter 93ruft unb mächtigen Sdjenteln unb Slrmen, offenen Sefidjts. Sr begrübt ben Kanjler fonber Sef>eu unb bietet iijm feinen eigenen Stutjl. Reiter blich ber Sronjer im Kreife um, jiet)t ben Stobern bes Stahles ein unb lächelt:

»M £abe ^junger. £afjt mid) mertlofen Slann mit ben Sätigen Raiten“ greift einen Söffet unb langt oon bem 93rei fo {unftgeredjt, bafj ein motjlbemadjfener 6d)intentnod)en mitgetjt.

®a ift ber Sonnendem mieber obenauf, bas ^liegen- jeug magt feine Saubjüge, Slänner unb grauen »ollen- ben ben Sdjmaus mit glücflidjem «Sinn. Sauge richtet bie {lugen Slugen auf ben Kanzler unb fpricfjt gelaffen:

„®as meifj jeber, mas bu um Surgunb tuft. hätten tvir beinenKopf unb einen anberen §immel, mir ernteten hoppelt im 3af>r. So paffen mir mit unferer 2lrbeit gerabe ju ber Sonne, bie fie reifen fann. Unb aud) bies ift bein unb ©ancrats 23ert, mir grüben fonft bie SPflug- fcfjar burcf) röteren Soben."

©er ©ronjer fmrt bas unb

„€s ift bie Kraft Surgunbs, bas fjerj bes Soltes;

nid)t id)!“

S>er freie Sauer |>ebt bie Stimme unb miberrebet ernft:

„2öof)l, §agen, aberbu £aft bie Kraft ermedt unb bas

§erj geftätjlt. 2Bir im Sanbe miffen es beffer als bie SRüfjigen oon 2Borms."

„Keiner gefjt müfjig in Qöorms!" tro^t ber ©ronjer, bas £ob prallt ab von feiner garten Seele; fplitternb trad)t ber Sdweinstnodjen unter feinem Qöolfsgebifr.

Sauge miegt ben leicht ergrauten Kopf.

(50)

,,$d) tenne welche in braunen Butten, beren Italien auf gebulbiger Sfelsbaut mehr »erberben, als ber Sauer gutmacfjen tann. Sin Sparen] djroarm, ber fid> an frem- ber ernte mäftet. Kanjler," ruft er, unb flammen brecfjen plö^licb aus feinem ruhigen Slicf, „bu oermagft viel, rotte bies Oiftelngefcf)meifj aus unfercr 2lderfd)olle1 Sieb ben Ounftftreifen über ber Kleefoppel: Sturm bridjt los nod) vor ber Sad;t; bann geb' mit mir burcb unfere Sieben unb fdjleppe ben blaffen ©riechen b^runb frag’ ibn, ob £b<?r unb Obbin tot finb!"

„Ou murrft um ben Sehnten!" ruft §agen, aber fein

§aupt froblodt über bas poebenbe §erj Surgunbs. Oem Hausherrn fcbwellen bie Stirnabern bläulich auf, er meiftert fid) unb gibt fcf>Iicf>te Slntwort:

„Um ben gebnten ift mir nicht leib. Oer König ift fing unb wirb ibn nid)t in ben Sd)langenpful)l werfen, geb fchaue über meinen §of, §agen, ich weif;, in ben Seidjsfdjmicben wirb nicht gefeiert, unb ein Sehntet meines Schweifes littet ben Sifenjaun um unferen

^riebenmit. Slber hier —umunfereSebanten —wollen wir feine Ketten, bie fallen fliegen wie bie ber Säterl"

Oer Kanjler wirft einen Slict auf bas Sefinbe unb beruhigt:

„Manches wirb man^em nid?t recht bünten, was jum gemeinen Söohl bient; oft werben bie Snfel erft für gut erfennen, was bie Slhnen trotjig verworfen. Ou jebntft ber Kirdje, Sauge, aber", läfjt er ben Söaderen einen rafdjen Slict in fein inneres tun, „beinOenfeniftfo frei wie bas meine. Unb bein $anbeln, wenn buftarf bift,aud)!"

Sauge fd>aut ibn grofc an, umfcbliefet feine Secbte mit ber groben Sauernta^e:

46

(51)

,,©u fäeft wenig Siebe, $agen; aber id) unb alle fe^en Sreu unb Slaubenauf bid)", flüftert er, unb bem Sron­

jer fpringt eine grimme $reube über bie Stirn, Sr er­

gebtficb gefättigt unb willjur Sür, ba tommt fjrau ©iet- linb rot, frifcp unb jung unb bietet ipm auf prallen 2lr- men grüdjte auf ben SBeg. Sie fcblägt bie Slugen nie- ber, benn ber oor ihr {tept, ift ein gewaltiger Sftann unb aeptet ber grauen nid)t. ©oep ber Kanzler nidt freunb- licp unb ftopftfid) alle Safcpenvoll; Slpfelfrücpte, bie ifjt er lieber als Sßilbbret, unb er gewinnt ein wopltuen- bes SBepagen an biefer £jäuslicpteit.

©ie Sonne ftept in Sd)eitelböpe unb brennt auf fein Sifen, aber ber%5anjerifteinsmitfeinem Körper; fepmau- fenb tnifjt er ben ^fab. ®a ift ein Satten gefdplungen um bie SÖormfer25urg, weither winten bie popen SBäume.

211s ber Kanzler nape perantommt, fiept er ben blauen, golbborbigen SJlantel bes Slieberlänbers burd) bie Schat­

ten blipen, feine Seftalt ift pocp unb prächtig aufgeriep- tet, feine Schritte finb ftarf unb Ieicf)t von Sugenb.

„Sigfrib!" ruft ber Sronjer fyalbtaut, aber ber ficb wenbet, ift Suntber oon SSurgunb, fo fef)r gleidjen fiep bie Könige. Suntber tritt erregt unb froh auf feinen Kanjler ju unb miept i£n tiefer in bas Saubverfted.

„§agen," flüftert er £aftig, „bid; erwarte ich lange, gd) war nod) mit in Sigfribs Kammer beut Slacpt, wir finb lange aufgefeffen."

©erSronjer wirft fid) unbefümmert insSras unb ver­

mehrt feinen lebten Stpfel. Sr betrachtet ben dürften gleichmütig unb finbet in feinen unftät fladernben Sin­ gen mehr als bie SBirfung feparfen Srunts. Sr wartet, inbeffengeptber König raftlos aufunb ab unb reeifj lern

(52)

beginnen. ©er Kanzler fieht, wie Sunthem bas Slut wie Scham burch bie 2Bangen jagt.

„Gs ift um ein 2Beib!" benft er, hoch er erfpart ihm feinen f^uftbreit 23egs.

„Soll biefer (Jüngling, fester nod? ein Knabe, vor mir freien?" bricht ber König entließ los;all feinen Sjodpmut hat er angetan.

„2Ben benn?" reijt §agen fpöttifd?; ba lacht ©un­ trer Reifer auf, bebanft fich für bie ftrage mit böfem Slid.

„23er lange juf^aut, lernt auch beine Schliche, ureunb §agen! — §ier aber vermag nur bie reine S7or- fceit blinb ju fein, unb id) — bin bein Schüler."

©esKanjler^ fteinemer Slunb verfdjliefjt Unheimliches.

Bomig fährt ber König fort:

„Sr flammt! Sr fann’s nicht verbergen unb fdjäumt über von feiner Siebe, geh fage bir, bies Kinb hat mich gepadt, ber Sturm feiner Seibenfchaft hat mich mit ge- fdjiittelt, unb ich brenne mit!“ Sr verfd>ränft bie 2lrme unb nimmt feine raftlofe 23anberung wieber auf, jeber Stopfen Slutes fpringt in ihm. ©er Sronjer gähnt in ber warmen Sonne. Sdjier erftidt vor nieberbrechen- bem Stolj tritt Sunther auf ihn ju unb jwingt feine S)anb.

„§agen, ja, id) brenne unb verberbe um Siebe! Sis an bie Knöchel watete ich im Schmutj, ber meiner un­ wert; ich mag nicht mehr unb ich oerburfte nach einem reinen Quell! ©iefer Knabe, ber faum bie Krone trägt, geigt mir einen König! ©u allein, bu graufer Stein, behältft beinenruhigen Seift vor biefer füfjen Siebe, bie­ fer überftrömenben Seligfeit. 3<h nicht! 3$ neibe fie 48

(53)

if>m, mit jebem guten Junten in mir neibe id) tym fein

£erriief>es §erj! Sr bat mid) auf einen 23erg geführt wie ber S)öllenfürft ben Slajarener, unb id? mufe bie SBeltbe- fifeen, bie er mir gezeigt, ober jugrunbe gehn!"

©er Kanjler ift bewegter, als er jeigt. deiner weife, wie woljl if)m jebes ftarfe Slufwallen feines Königs tut, ein Särtner belauert nid)t ängftlidjer bas 2Qad)stum fei­ nes beften Krautes; fein ©rängen tjilft, bie Sonne mufe es reifen. 3n rafdjem Söagen prefet er Sunthers Siechte unb ruft:

,,gd)ftef) bei bir, was immer es gilt!" llnb bann, wie­ ber im alten §ofm, als fd)äme er fid) feiner f>eimlid)en Siebe:

„Um wieoiel ©rachen gilt ber SSeg ju beinern fd)önen Kinb? — SQas wufete ber Stieberlänber? Sßarum nimmt er’s nichtfelbft, wenn er’s — ni<i)t wahr? — fo glüljenb fd)ilbert?“

©untrer hört ben Spott nid)t, bie fjreube über ja­ gens fluge §anb raubt ifjm bie Sinne, ßitternb fraut er ben Slaubbunben oon Sronje bie Köpfe, Snblicb:

„fjcb weife es nicht, §agen. Sr fd)ilberte voll Slut, aber es war nur ein Slfdjenregen über feine Siebe ju Sf)riemt)ilb, bie ibn jählings in Q3anben fd)lug. Sr wagte nid)t einmal ein Söörtlein oon ihr ju fagen, all fein Sie­

ben ging umbiefe Königin oon gfenftein, bie Reifet 23run- bilb.“

Sr oerbält einenSöimperfcblag unb atmet tief, wie für bas Sd)werfte.

„ßd) fab Sigfribs llrtraft, eine Srube hob er, bie bu nid)t oon ber Stelle rüefft, mit gleiten Slrmen oor feine 23ruft. Stur einen fanb er auf feinen jährten, ber ihm

4 ganlen, S>a» £t«u«

(54)

gewachfen, Srunhilb, eine Jungfrau von übermäßigem Stolj unb gleicher Schönheit. Sie verlacht Slinne unb Sugenb, nur bem will fie ju eigen fein, ber fie befiegt."

„Sin Särenweib!" fpottet §agen unb erbleicht. ßwei (fahre trägt unb hütet ermit Soifer bas Seheimnis vor biefem König, beffen §ochmut jeben Saum fällen muß, ber ihn ju überragen broßt. ©ieSöetterwolte von2lie- berlanb beginntSlißeju fchleubern. Sitter lacßt er auf:

„Slaubft bu bie Stär?“

Sr wunbert fich über feine eigenen 2Borte, fie erfchei- nen ihm wie oon einem Sremben. Kalt weßt es ißn an, unb mit einemmal füßlt er fic£> alt unb jornig vor bem Scßidfal. ©iefer KönigI Kinber greifen nacß allem,was ba glißert unb gleißt, Seibinge reißen unter ißren guß, was größer ift als fie. ©as ift jeßt alles gleichgültig unb tlein geworben, nichts läßt fich aufhalten vor Sunthers Sigenfinn. ©er Kanzler weiß es unb nidt fich felber be- fümmert ju. ©ann flößt er bie hageren Säufte jufam- men, unb alle «Sehnen fchwellen an ihm; graufam judt bie £uft um feinen Slunb: biefe menfchlichen Scßatten, ihre Seibenfchaften unbihr ©üntelhangenhoch wie pup­ pen an feinen ©rähten unb breßen fich, wie er es will,

©as eiferne Slngeficßt feiner Kraft taucßt vor ihm auf, nur eines kennen biefe Slugen: Surgunb! — ©rößnenb fcßlägt fein §erj an bie ‘•ßanjerwänbe.

gnbeffen fcßwelgt Sunther von einer ^elbenfaßrt nach Sfenftein, bem £anb von Sis unb ffeuer. ©ie frühen Salten auf Stirn unb SBangen glätten fich, unb er blüht ju einem fcßönen, königlichen Silb. Sogleich erftrahlen feine unftäten Slugen in forglofer Sidjerßeit unb Sreube:

§agen hilft! ©as ift wie Obßins eigenes $®ort. SBie?

Cytaty

Powiązane dokumenty

§ 17. g ii t eine toritbcrgeljenbe Sceintradj-tigurig son 'SSaffernutsungsredjten burd) Slrbeiten, toeldje in © tfuttung ber.. Unterfjaltung&amp;pflicfjt m it tunlidjfter

Ein ßehlgänger! Eine Brüßgeburt! ES ift alfo nicht, biel Strjtifches batüöer gu fagen. SBenn bie Broben mit ©often ftattfinben unb bie Bremtere mit ber gweiten Befehuug, Wenn

ftti biefe £rübn is reift ber K anjler einen flammettbcn ©ciftesblit( unb gibt ben perftörten §erren feinen Vericht.. Slber fchon im Näherreiten entgleitet ihm ber

fdpaffen gemupf paffe, foforf jnrfirFgegeben merben, nnb fo murben bie geipigen ^reipeifsgeltifte beS 25nben im teinie erflirf f. Saffir patten aber bie 3,mmers Fameraben

zarówno w oryginalnym języku niemieckim, jak i w przekładach na język polski, znajdują się w Polsce niemal we wszystkich.. głównych bibliotekach uniwersyteckich

Nicht bie form bes Schilbes, bes Helmes ober ber Helmbeche ift für ein neues Wappen roefentlidi, fonbern nur ber Wappeninhalt mit berWappen=. färbe unb

podstawy etyki&#34;, Tadeusz Biesaga, Lublin 1989 : [recenzja]. Studia Philosophiae Christianae

Die narrative Gestaltung von Migrations- und Fluchtprozessen sowie die Darstellung von Fremdheitserfahrungen in der zeitgenössischen deutsch- sprachigen Literatur birgt damit