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Zur Spezifik der adjektivischen Neologismen : einige Bemerkungen anhand des ‘Wortwarte’-Korpus

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Academic year: 2021

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Anna Dargiewicz

Zur Spezifik der adjektivischen

Neologismen : einige Bemerkungen

anhand des ‘Wortwarte’-Korpus

Prace Językoznawcze 15/1, 7-19

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2013 7-1 9

A R T Y K U Ł Y

Anna Dargiewicz Olsztyn

Zur Spezifik der adjektivischen Neologismen.

Einige Bem erkungen anhand des ‘W ortw arte’-Korpus

The Specificity of Adjectival Neologisms. Some R em arks on the Basis of the ‘W o rtw arte’ Corpus

The aim o f this paper is to characterize G erm an adjectival neologisms listed in the ‘W ortw arte’ electronic corpus, authored by dr Lothar Lem nitzer from Berlin-Brandenburg Academ y o f Sciences. This corpus o f neologism s is regularly updated using texts published online, so on the basis o f its contents it is possible to capture the specificity o f the newly em erging neologisms. This paper describes some particularly interesting (in the author’s opinion) features o f registered adjectival neologisms.

Słowa kluczowe: lingwistyka, neologizmy, przymiotnik, słowotworstwo, korpus Key words: linguistics, neologism, adjective, word formation, corpus

Die Wörter einer Sprache lassen sich zu bestimmten Gruppen, d.h. Wortarten zusammenfassen. Bei dieser Zuordnung ist nicht der konkrete semantische Inhalt, eines Wortes entscheidend, sondern dessen abstrakte grammatische Bedeutung, d.h. gemeinsame grammatische Bedeutung, gleiche grammatische Kategorien, gleiche syntaktische Funktionen, Art der Wortbildung. Die Anzahl der Worter in der bestimmten Wortklasse ist in jeder Sprache verschieden hoch. Nach Angaben von Huneke/Steinig (2005: 58) umfasst der Wortschatz der deutschen Standardsprache ca. 400.000 bis 600.000 Worter. Diese problematischen Schatzungen resultieren daraus, dass man nicht präzise festlegen kann, wo die Grenze zwischen dem allgemeinsprachlichen und dem fachsprachlichen Wortschatz verlauft (vgl. eben­ da). Wichtig ist aber m. E. für jede zahlenmaßige Analyse des sowohl neu erscheinenden als auch des bestehenden Wortschatzes sich der Tatsache bewusst zu sein, dass die deutsche Sprache aus ca. 50% Nomen, 25% Verben, 25% Adjektiven und Adverbien, 200 Präpositionen und Konjunktionen sowie knapp 100 Pronomen besteht (vgl. ebenda). Fleischer/Barz (2012: 297) geben nach Erben (1980: 166) an,

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dass die Adjektive lediglich ca. 15% des Gesamtwortschatzes des Deutschen ausmachen und nach Wellmann (1998: 530) konstatieren sie, dass „die Zahl adjektivischer Simplizia [...] nur mit ‘einigen hundert’ angesetzt” wird. Dement­ sprechend teilt sich das Erscheinen und die Bildung substantivischer, verbaler, adjektivischer und adverbialer Neologismen sowie Neologismen, die Vertreter anderer Wortarten sind, verhältnismäßig gleichmäßig auf.

Im vorliegenden Beitrag wird hauptsächlich auf die Spezifik der adjektivischen Neologismen eingegangen, die wahrend der Recherche des ‘Wortwarte’-Neologis- menkorpus1 gefunden wurden. Das empirische Material wurde sowohl einer quantitativen als auch einer qualitativen Analyse unterzogen. Im Fokus des Forschungsinteresses standen die Zahl der in dem besprochenen Zeitraum er­ schienenen adjektivischen Neologismen, die mit der Zahl anderer in diesem Zeitraum erschienenen Neologismen verglichen wurde, der Aufbau der adjektivi­ schen Neologismen (d.h. Wortbildungsmuster, nach denen sie gebildet wurden) und ihre Schreibweise.

Die Untersuchung der adjektivischen Neologismen wurde in einen Zeitrahmen gesetzt, d.h. der Analyse wurden die im Jahre 2012 und im Januar 2013 erschienenen adjektivischen Neologismen unterzogen. Eine erste wichtige Anmer­ kung hierzu wäre, dass sich unter den in der ‘Wortwarte’ im Jahre 2012 und im Januar 2013 registrierten Neologismen vor allem Substantive, Adjektive und Verben befinden. Dies ist zu betonen, weil es ein Beweis dafür ist, dass die Adjektive sowohl unter den im Deutschen schon vorhandenen Lexemen als auch unter den neu erscheinenden eine sichere und stabile Position einnehmen, obwohl sie zahlenmäßig wirklich stark hinter dem Substantiv zurückstehen. Die nachfol­ genden Diagramme veranschaulichen diesen Sachverhalt:

1 Unter <www.wortwarte.de> durchsucht Dr. Lothar Lemnitzer aus der Berlin-Brandenbürgischen Akademie der Wissenschaften tagtäglich Online-Texte nach neuen Wörtern, d.h. Neologismen. Es wird von ihm versucht, die Daten bis auf einzelne Ausnahmen täglich auszuwerten. Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Auswertungen darf nämlich nicht zu groß zu sein, damit interessante Wörter nicht versäumt werden. In die Neuwortliste werden nach der sorgfältigen Recherche nur neu gebildete Wörter aufgenommen, die - auch in Bezug auf ihre Bildungsweise - dem Autor des Projekts interessant erscheinen, und im Falle deren schon im Vorhinein festgestellt werden kann, dass sie nicht nur dieses einzige Mal erscheinen. Lange Listen mit neuen Wörtern, die der Autor immer auf ihre Grundform züriickfiihrt, enthalten jeweils Informationen zur Wortart, und bei den Substantiven auch zu Genus und Flexion sowie, wie es in den meisten Wörterbüchern bei den Maskulina üblich ist, zu Endungen von Genitiv Singular und Nominativ Plural - Letztgenanntes auch im Falle der Feminina. Jeder Beispiels­ beleg, bestehend aus dem Neologismus und dem Auszug aus dem - manchmal auf das Wesentliche gekürzten - Quellentext, enthält die Quellenangabe. Einige Wörter versieht der Autor zusätzlich mit einem kurzen Kommentar.

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Z ah l d e r a d je k tiv is c h e n N eo lo g ism en im V ergleich z u d e r Z ah l d e r N eo lo g ism en a n d e r e r W o rta rte n , die im J a h r e 2012 e rs c h ie n e n sin d

(G e s a m tz a h l a lle r N eo lo g ism en im J a h r e 2012: 3819)

Adjektive:

93%

Dem Diagramm kann entnommen werden, dass die adjektivischen Neologismen 6% aller im Jahre 2012 erschienenen Neologismen ausmachen. Von 3819 ‘Wort- warte’-Neologismen sind 234 Adjektive, die nach dem Substantiv (3537 Items) die zweithäufig erscheinende Neologismenart waren. Verben fallen dabei mit dem Anteil von lediglich 1% relativ dürftig aus.

Zum Vergleich präsentiert das nachstfolgende Diagramm die Ergebnisse der Analyse, die den ersten Monat des Jahres 2013 betrifft:

Z ah l d e r a d je k tiv is c h e n N eo lo g ism en im V ergleich z u r Z a h l d e r N eo lo g ism en a n d e r e r W o rta rte n , die im J a n u a r 2013 e rs c h ie n e n sin d

(G e s a m tz a h l a lle r N e o lo g ism e n im J a n u a r 2013: 340)

Verben: Adjektive:

92%

Die für den Monat Januar 2013 erzielten Analyseergebnisse bestatigen die anhand der Analyse der Neologismen aus dem Jahre 2012 feststellbaren Regulari- taten. Die meisten neu erschienenen Lexeme im Januar 2013 sind Substantive - 3 1 2 Items, was 92% aller Neologismen ausmacht. An der zweiten Stelle rangieren die Adjektive - 22 Items, was 6% aller im Januar 2013 verzeichneten Neologismen

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darstellt. Der 2%ige Anteil der verbalen Neologismen bestatigt, dass das Er­ scheinen neuer Verben nicht so spontan und ad hoc geschieht wie im Falle der Substantive und, obwohl im geringeren Maße, auch der Adjektive. Neue Verben werden dann gebildet, wenn es neue Tatigkeiten und Vorgange gibt, die benannt werden müssen. Adjektivische Neologismen charakterisieren die gegenwartstypi­ schen Phanomene und die am haufigsten erscheinenden substantivischen Neologis­ men kommen dem Bedarf nach, die sich rasch andernde Welt und ihre Phanomene exakt zu benennen.

Wird die Zahl der auftretenden Neologismenarten auf den Gesamtwortschatz­ bestand der deutschen Sprache bezogen, kann anhand der gewonnenen quantitati­ ven Daten geschlussfolgert werden, dass sich zukünftig der Bestand der Substan­ tive vergrößern, zugleich aber die Zahl der Vertreter anderer Wortarten verringern wird, was auch die Adjektive betrifft. Zwar werden einige in der ‘Wortwarte’ registrierten Neologismen nicht die Probe der Zeit überstehen - und dies betrifft in demselben Maße die Vertreter aller Wortarten - aber es kann angenommen werden, dass verhaltnismaßig doch mehr substantivische Neologismen zu festen Lexemen des Deutschen werden.

Die Recherche der ‘Wortwarte’-Neologismen aus dem festgesetzten Zeitraum ergab, dass die überwiegende Mehrheit der adjektivischen Neuworter komplex aufgebaut ist. Die zwei nachfolgenden Schaubilder geben Auskunft über den Aufbau der untersuchten Wortart.

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Die Rechercheergebnisse bezüglich der adjektivischen Neologismen aus dem Jahre 2012 und vom Januar 2013 wurden nicht zufallig in separaten Diagrammen zusammengestellt. Dies ermöglicht Vergleiche anzustellen, die bestimmte Regula- ritaten zu erfassen erlauben. Es kann geschlussfolgert werden, dass wahrend eines ganzen Jahres und innerhalb eines Monats annahernd prozentual gleich viele adjektivische Derivate und Komposita neu gebildet wurden - im ganzen Jahr 2012: 90% Komposita und 7% Derivate, im Januar 2013: 95% Komposita und 5% Derivate. 3% aller im Jahre 2012 erschienenen adjektivischen Neologismen, die in den für die Zwecke der ‘Wortwarte’-Neologismensammlung untersuchten Texten vorkommen, sind Partizipien: abgetoucht, adgeblockt, angewolft, desaturiert, gebatcht, unremotorisiert, verlobbyiert, verviewt. Im Januar 2013 wurden keine Partizipien verzeichnet, die attributiv verwendet wurden.

18 untersuchte adjektivische Neologismen entstanden infolge der Derivation (17 Belege im Jahre 2012 und 1 Beleg im Januar 2013). Suffixe, mit deren Hilfe deriviert wurde, sind sowohl indigene Suffixe: -bar (7 Belege), -isch (2 Belege), -ig, -los (3 Belege) als auch exogene Suffixe: -al (2 Belege), -esk, -ell, -oid. Beispiele hierfür sind: akzentuell, barrierenlos, besurfbar, cartoonal, endohedral, eventisier- bar, hawaiioid, hinunterschrumpfbar, interviewbar, plagiarisch, proggig, rugbyesk, verspielfilmbar. Unter den zur Untersuchung aufgenommenen ‘Wortwarte’-Adjek- tiven wurden auch 3 Prafix-Suffixderivate mit dem Negationsprafix un- registriert - undurchsuchbar, ungauckisch, unrecyclebar - und 1 Prafixderivat mit un-, bei dem das Partizip in Adjektivfunktion mit dem Negationsprafix prafigiert wurde: unremotorisiert.

Die gangigste Weise, auf die adjektivische Neologismen entstehen, ist die Komposition. Sie gilt als das haufigste Wortbildungsverfahren, im Deutschen neue Worter zu bilden. Die Uneingeschranktheit der Komposition spiegelt auch das

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untersuchte Adjektivkorpus wider. Eine erste wichtige Bemerkung hierzu wäre, dass die im Deutschen populären Partizipialkomposita (vgl. Fleischer/Barz 2012: 321) auch unter den Neologismen eine besondere Stellung einnehmen:

A n te il d e r P a rtiz ip ia lk o m p o s ita a n d e r G e s a m tz a h l d e r a d je k tiv is c h e n K o m p o sita (A n g ab en fü r d a s J a h r 2012)

Unter Partizipialkomposita wurden adjektivische Komposita sowohl mit Par­ tizip II (31 Belege) als auch mit Partizip I (3 Belege) als Zweitglied bzw. Letztglied bei mehrfach zusammengesetzten Adjektiven aufgefasst. Dies sind:

- adjektivische Neologismen mit Partizip II als Zweit- bzw. Letztglied abwanderungsgewogen, aktualitätsgetrieben, App-gezockt, artbezogen, baumhaus­ geeignet, bilderversunken, bionadebesoffen, cordbedresst, dialoggetrieben, doppel- blind-placebokontrolliert, elektroinfiziert, euriborgekoppelt, funkriffgetrieben, geld­ blaseninduziert, gewissenszerknirscht, hubraumreduziert, kuhgemacht, lendenge­ trieben, luxussarniert, pixelbepackt, quasiverbeamtet, risikofokussiert, rußinduziert, sachzwanggebunden, schnappchengetrieben, sprachentscharft, steviagesußt, to­ matengeneriert, twitterbedingt, vollverdatet, wolkenverwöhnt;

- adjektivische Neologismen mit Partizip I als Zweit- bzw. Letztglied gefühlsschluckend, grundlaststromproduzierend, vorhauterhaltend

Die Analyseergebnisse für Januar 2013 stellen sich wie folgt dar: A n te il d e r P a rtiz ip ia lk o m p o s ita a n d e r G e s a m tz a h l d e r a d je k tiv is c h e n K o m p o sita

(A n g ab en fü r J a n u a r 2013) Partizipial­ komposita: 34 16% Andere Komposita: 175 84% Partizipial-komposita: 3 14% Andere Komposita: 18 86%

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Drei im Januar 2013 neu erschienene adjektivische Partizipialkomposita mit Partizip II als Zweitglied - positionsbasiert, systemakkreditiert, wälzgelagert - bilden 14% aller in der Zeit erschienenen adjektivischen Neologismen, was im Vergleich zu dem ganzen Jahr 2012 wiederum eine gewisse Stabilitat dieses Wortbildungsmusters bestatigt.

Die Partizipialkomposita „tendieren nur schwach zur Lexikalisierung [...] und bleiben meist in hohem Maße semantisch ahnliche Alternativkonstruktionen zu Syntagmen” (Fleischer/Barz 2012: 321): baumhausgeeignet - geeignet für ein Baumhaus, kuhgemacht - gemacht von einer Kuh, pixelbepackt - bepackt mit Pixeln, d.h. Bildzellen. „Das Kompositum tendiert zu begrifflicher Fixierung, das Syntagma zum Ausdruck temporarer Eigenschaften” (ebenda). Bei den Partizipial- komposita handelt es sich eigentlich um die adjektivische Realisierung des Musters „Rektionskompositum” (vgl. Eichinger 2000: 96f.). Solch ein Kompositum erlaubt viel Inhalt in einem Wort zu verpacken, wodurch es semantisch sehr inhaltsreich ist. Derartige Zusammensetzungen findet man oft in den Fachsprachen oder auch in der Belletristik, und sie sind in hohem Maße textsortendifferenziert (vgl. Fleischer/Barz 2012: 322). Sie weisen auch die Tendenz zur Reihenbildung auf, wie im Falle von Bildungen mit -bezogen, -bedingt, -orientiert, -erregend, -unterstützend (vgl. Lohde 2006: 167). Die untersuchten adjektivischen Belege bestatigen die Tendenz der Partizipialkomposita zur Reihenbildung. Beispiele hierfür sind: -getrieben (5 Belege): aktualitatsgetrieben, dialoggetrieben, funkriffgetrieben, lendengetrie­ ben, schnappchengetrieben, und -induziert (2 Belege): geldblaseninduziert, rußin­ duziert.

Unter den zur Untersuchung aufgenommenen adjektivischen Komposita ist im Allgemeinen die Tendenz zur Reihenbildung erkennbar. Unter den insgesamt 230 im Jahre 2012 und im Januar 2013 neu erschienenen und auf der „Wortwarte” registrierten Adjektivzusammensetzungen lassen sich solche finden, deren Zweit- bzw. Letztglieder mindestens zweimal in dem untersuchten Korpus vorkommen. Fleischer/Barz (2012: 300) betonen, dass die adjektivische Wortbildung im Verg­ leich zur substantivischen durch eine starker ausgeprägte Reihenbildung sowohl simplizischer (-arm, -reich) als auch komplexer (-fahig, -technisch) adjektivischer Zweitglieder gekennzeichnet ist. Diese Zweitglieder werden zum Teil als „suffixar­ tige Funktionsträger”, zum Teil als Suffixoide behandelt, wobei „eine scharfe Grenzziehung zwischen Derivation und Komposition kaum moglich” ist (Kühn- hold/Putzer/Wellmann 1978: 427; zit. auch bei Fleischer/Barz 2012: 300). Auf die Diskussion über den Status und die Klassifizierung der Zweitglieder der untersuch­ ten adjektivischen Komposita wird in diesem Beitrag nicht eingegangen. Das Problem wurde m. E. bei Fleischer/Barz (2012: 300ff.) ausführlich und plausibel dargelegt. Hier soll ausschließlich darauf hingewiesen werden, dass die Reihenbil­

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dung eine besondere Eigenschaft der adjektivischen Wortbildung ist, und dass diese Eigenschaft bei der Bildung adjektivischer Neologismen genutzt wird.

Besonders oft tritt als Zweitglied der betrachteten komplexen adjektivischen Neologismen das Adjektiv -frei auf. Im Falle von 16 Komposita weist das Zweitglied - in den mehrfach zusammengesetzten Adjektiven das Letztglied - -frei auf den Bedeutungsaspekt „nicht gebunden, unabhängig” hin, was positive Kon- notationen weckt und als Vorteil interpretiert wird, im Gegensatz zu dem Suffix -los (nur 3 Derivate im untersuchten Korpus: barrierenlos, defizitlos, korperspannun- gslos), das trotz der scheinbar totalen Bedeutungsähnlichkeit mit dem Adjektiv -frei doch negative Assoziationen hervorruft, weil das Nichtvorhandensein einer Eigen­ schaft, einer Sache usw. als Mangel empfunden wird (vgl. ebenda: 302). Das Adjektiv -frei, das ein produktives kompositionelles Wortbildungsmuster schafft, steht als Letztglied bei folgenden Neuadjektiven: airbagfrei, ambientefrei, couch­ frei, exzellenzfrei, fracfrei, gagfrei, gedonsfrei, geldleistungsfrei, geschäftsmodell­ frei, ostalgiefrei, populismusfrei, sensationsfrei, sexualitatsfrei, slangfrei, tschüss- frei, untersetzungsfrei. Die Reihenbildungstendenz des Zweitglieds -fahig wird in dem recherchierten Korpus mit 7 Belegen bestätigt: App-fahig, ausleihefähig, desktopfahig, handyfahig, verbrauchsfahig, verratsfahig, webservicefähig. In je 6 Beispielen treten unter den untersuchten adjektivischen ‘Wortwarte’-Neologis- men -affin, -sicher und -tauglich als Determinata auf: digitalaffin, forderkinoaffin, kameraaffin, programmieraffin, Public-Health-affin, retro-affin, apokalypsesicher, archivsicher, malwaresicher, Schufa-sicher, umgehungssicher, updatesicher, auf­ sichtsratstauglich, inklusionstauglich, tablettauglich, Touchscreen-tauglich, voll­ kommenheitstauglich, zwitschertauglich. In je 5 komplexen Adjektiven erscheinen das Adjektiv -fern: affektfern, apothekenfern, arztfern, konsumfern, relevanzfern und das bereits samt Beispielen erwähnte Partizip -getrieben als Zweitglieder. Das Adjektiv -resistent tritt als Zweitglied in einer 4-gliedrigen Adjekitvreihe auf: handyresistent, komikresistent, schnorreresistent, serviceresistent. Die kompositio­ nellen Zweitglieder -blind, -freudig, -kompatibel, -maßig bilden 3-gliedrige Neo­ logismenreihen: fachblind, fingerblind, verteilungsblind, hupffreudig, rucksende­ freudig, transplantationsfreudig, kofferraumkompatibel, schwarmkompatibel, Zwei­ Grad-kompatibel, crashmaßig, hypermaßig, peanutsmaßig. Unter den analysierten adjektivischen Neologismen befinden sich je zwei Adjektive, deren Zweitglieder folgende sind: -abhangigAunabhangig, -ahnlich, -phob, -pink, -satt, -sensibel, -untypisch/-typisch, -induziert. Beispiele hierzu wären: beobachterunabhangig, lobabhangig, burnoutahnlich, flohahnlich, katzophob, slavophob, fluffig-pink, kir­ chentagspink, blutsatt, tittensatt, atomsensibel, datenschutzsensibel, castingunty­ pisch, ethnientypisch, geldblaseninduziert, rußinduziert.

Die Reihenbildung ist die Domäne der adjektivischen Wortbildung (vgl. dazu Fandrych 1993: 104), und zwar nicht nur im Bereich der Derivation, wo die Suffixe am häufigsten zu reihenbildenden Konstituenten werden, sondern auch im kom­ positionellen Bereich, was auch die neu erscheinenden Adjektive bestätigen.

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Der nachste Aspekt, der im Zusammenhang mit den der Analyse unterzogenen adjektivischen ‘Wortwarte’-Neologismen angesprochen werden kann, oder m. E. vielmehr angesprochen werden sollte, ist die Schreibung der adjektivischen Zusammensetzungen. Die komplexen zusammengesetzten Adjektive bestehen über­ wiegend aus zwei Komponenten: brautschön, mittelzufrieden, twittereigen. Drei- und viergliedrige Bildungen kommen aber auch vor: mehrgenerationengerecht, zwischenraumfeindlich, doppelblind-placebokontrolliert, zweitwohnungsteuerpfli­ chtig. Anhand der diesem Beitrag zugrunde liegenden Belege wird die vor allem für substantivische Zusammensetzungen typische, immer starker zum Vorschein kom­ mende Tendenz im Deutschen bestatigt, die wortinterne Gliederung des Wortes optisch-graphisch - durch den Bindestrich oder die Binnenmajuskel - zu verdeut­ lichen. Die Binnenmajuskel ist den substantivischen Komposita eigen. Der Binde­ strich dagegen kommt bei einer verhaltnismaßig großen Zahl der auf der ‘Wortwar­ te’ registrierten adjektivischen Neologismen vor. Die Schreibung der zur Analyse verwendeten ‘Wortwarte’-Adjektive thematisieren nachfolgende Schaubilder:

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Die Untersuchungsergebnisse für das ganze Jahr 2012 und für Januar 2013 wurden wiederum absichtlich separat präsentiert, um durch diesen Vergleich bestimmte Regularitaten zu erfassen, wofür auch die Analyse des nachfolgenden Diagramms Voraussetzungen schafft:

Der überwiegende Teil der neu gebildeten Worter im Deutschen sind Kom­ posita, die langere lexikalische Einheiten darstellen. Dessen Widerspiegelung sind auch die analysierten Adjektive. Für die adjektivischen Komposita ist vor allem die Zusammenschreibung ohne wortinterne graphische Gliederung typisch - 88% der für die Ziele dieses Beitrags analysierten adjektivischen Neologismen aus dem Jahr 2012 und dem Januar 2013. Die Schreibung mit Bindestrich wird im Falle von 12% der untersuchten kompositionellen Belege (d.h. im Falle von 27 Adjektiven) verzeichnet, z.B.: nude-farben, Zwei-Grad-kompatibel, multi-biometrisch. Meistens ist die Bindestrichschreibung orthographisch begründet. Lesbarkeit, Übersichtlich­ keit und Verstandlichkeit spielen im Falle der komplexen Lexeme eine große kommunikative Rolle und „sie sollen stets oberste Maxime beim Schreiben sein” (Sick 2008: 77). Der Bindestrich verweist auch oft auf das kopulative Verhaltnis zwischen den Kompositabestandteilen der Neuadjektive, wie etwa im Falle von fluffig-pink (als Charakterisierung eines Pelzmantels), nerdig-wavig (als Charak­

terisierung der Rapmusik), oder gemüsig-erdig (als Eigenschaft der Edel-Kartof- feln). „Auch wenn Bindestrichschreibung nicht immer orthographisch korrekt ist, verfolgt sie bestimmte Ziele. Sie ist meist dann gefragt, wenn die Komposita komplex sind, d.h. aus mehreren als zwei Teilen bestehen, oder wenn verschiedene Komponenten der Wortneubildung voneinander abgegrenzt werden müssen, bei­ spielsweise aus stilistischen oder kommunikativen Gründen, was der Verdeutlichung der bestimmten Information dient” (Dargiewicz 2012: 644). Der Bindestrich strukturiert die Zusammensetzungen so, dass sie separat gelesen werden konnen, was ihre Rezeption wesentlich erleichtert. In vielen Fallen entscheidet der Schrei­

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ber/der Wortbildende/der Sprachnutzer, ob er das Kompositum optisch-graphisch gliedert, um seine einzelnen Bestandteile hervorzuheben. Bei kurzen Wortern haben die Bindestriche oft gar keine Funktion. Sie dienen dann eher der Werbung, die darauf fixiert ist, Aufmerksamkeit zu erregen, wie es m. E. bei dem Adjektiv cross-modal der Fall ist. Darüber hinaus konnen die Bindestriche die Lesbarkeit der komplexen adjektivischen Wortneubildung verbessern, wenn diese sowohl aus indigenen als auch aus fremden Komponenten oder sogar nur aus mehreren fremden Komponenten besteht. Dadurch kann man oft Missverstandnisse vermeiden. „Frem­ de und indigene Bestandteile des Kompositums werden dank dem Bindestrich separat gelesen und ausgesprochen, meistens mit Berücksichtigung der entsp­ rechenden Ausspracheregel, aus der das fremde Kompositumsteil stammt” (Dar- giewicz 2012: 645), z.B. Banlieue-schabig (heruntergekommen wie im Vorort; hier in Bezug auf den Pariser Vorort), nude-farben (als „Nude” bezeichnet man heutzutage alle Farben, die dem Hautton ahneln - von schneeweiß über creme und beige bis zu hellem Braun; hier in Bezug auf Schuhfarbe). „Wo ein Bindestrich steht, da holt das Auge gewissermaßen Luft” (Sick 2008: 79), und das Gehirn hat dann Zeit, das Mitgeteilte zu erfassen.

Unter den untersuchten adjektivischen ‘Wortwarte’-Neologismen gibt es eben­ falls Belege dafür, dass - auch wenn fremde mit indigenen oder fremde mit fremden Komponenten gekoppelt werden - auf den Bindestrich verzichtet wird: burnoutahnlich, crashmaßig, peanutsmäßig, webservicefähig, trashsinnig, update­ sicher, cordbedresst. „Dies entspricht dem Prinzip der deutschen Sprache: Wor­ tzusammensetzungen, die sich bewahrt haben, werden als ein Wort geschrieben” (Sick 2008: 81).

Pragmatische, kommunikative, gesellschaftliche und sprachlich-systematische Faktoren tragen dazu bei, dass im Deutschen zahlreiche Neologismen, darunter auch die besprochenen adjektivischen Neologismen entstehen. Sprach- und Kommunikationsbedarf der modernen Gesellschaft führen dazu, dass es oft komplexe, flexibel einsetzbare, prägnante, textuell verdichtende und oft aus exogenen Komponenten bestehende Eigenschaftswörter sind (vgl. Fandrych 1993: 2). Auf einige Besonderheiten der neu erschienenen und auf der ‘W ortwar­ te’ erfassten Beiworter wurde im vorliegenden Beitrag eingegangen, um einen Überblick darüber zu bekommen, was sich auf dem Adjektivfeld u.a. bezüglich der Wortbildung abspielt, und wie die adjektivische Wortneubildung im Verg­ leich zur Wortneubildung im Rahmen anderer Wortarten - vor allem des Substantivs und des Verbs - aussieht.

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Sum m ary

The present paper is devoted to the specificity of adjectival neologisms on the basis of observations made while analyzing the ‘Wortwarte’ electronic corpus, whose author is doctor Lothar Lemnitzer from Berlin-Brandenburg Academy of Sciences. This lexical corpus is updated on a nearly daily basis and provides a source of valuable information concerning German lexis for people learning the language as well as for linguists. It also encourages the researchers to pay more attention to new lexemes and to describe them. The adjectival neologisms listed in ‘Wortwarte’ are certainly worth attention. The empirical material for the paper, which comprises adjectival neologisms that were listed in 2012 and in January 2013, was subjected to both quantitative and qualitative analysis. The main conclusions are as follows: adjectival neologisms constitute 6% of the neologisms listed in ‘Wortwarte’ and in terms of quantity they prevail over verbal neologisms, although they are significantly fewer in comparison with nominal neologisms. However, it should be emphasized that the number of emerging adjectival neologisms in relation to neologisms derived from different parts of speech proves that the adjective enjoys a firm, stable status both among the lexemes existing in the German language and those emerging on a day-to-day basis. As far as the structure of adjectival neologisms is concerned, of particular importance is the fact that most of them are two- or multi-word compounds (in 2012 - 95%, in January 2013 - 90% of all neologisms under analysis) which demonstrate a distinct tendency to form word series, e.g.: airbagfrei, ambientefrei, couchfrei, exzellenzfrei, fracfrei, gagfrei. Another interesting issue concerns the spelling of adjectival neologisms. More specifically, these neologisms reflect the overall tendency in the contemporary German language to opt for hyphenation. What this paper underlines is that the graphic-optical breaking of individual parts of a compound, by means of a hyphen, serves various purposes. The results of the analysis are presented using diagrams, which helped to order the data gathered, to visualize them and facilitate their interpretation.

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