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Litauen. 1917, nr 1

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L I T A U E N

WI L N 0 , DEN 25 DEZEMBER 1917.

I n h a l t : R ichtlinien. — D as P olentum in Ziffern. — „A utonom es“ L ita u en im L ich t der Statistik. — Aus der Geschichte der S eptem ber-A kte Prinz Leopolds von B ayern. — M it offenem Visier. — D er alte K urs bleibt unverändert.—Auszüge aus einigen Adressen und D enkschriften der polnischen Gesellschaft in L itau en

R I C H T L I N I E N.

W ir b ring en zum A usdruck die M einung der gesam ten p olnischen G esellschaft L itauens, E in er Gesellschaft, die sich im L aufe einer fü n f h u n d e rt jä h rig e n staatlich en p o ln isch -litau i­

schen U nion, d e ra rt m it dem P o len lan d ver­

q uickt h at, dass sie sich als integralen B estand­

teil desselben betrachtet, als einen so w esent­

lichen B estandteil, dass P olen ohne ih n u n ­ denkbar w äre u n d einen seiner p rä g n an testen C harakterzüge einbüssen w ürde.

W ir sind keine E in w an d e rer in L itauen, viel­

m ehr U rbew ohner des Landes, dem w ir ent­

stam m en, aus dem w ir jene verschiedenartigen geistigen Elem ente schöpften, u m sie im F euer der polnischen K u ltu r in das w u n d erb are Ge­

bilde der polnischen Seele zu verschm elzen, dessen Name: Ivosciuszko - M ickiewicz - T rau- gut.

H ier h a b e n w ir d er polnischen Seele jenes eigenartige M erkm al aufgeprägt, w elches in den schw ersten S tu nden unseres n atio n alen Lebens auf den ersten P la n h erv o rtritt. H ier schüren w ir jene heilige F lam m e, die in der D äm m erung der polnischen Geschichte einen besonderen L ichtstrom a u sstra h lt u n d gleich einer F euer­

säule die N ation einem fernen, erst geahnten M orgenrot der F reih eit entgegenführt.

H ier w u rd e n w ir fü r das ganze Volk zu einer Schutzw ehr, a n w elcher sich die W ellen der russischen U eberschw em m ung b rachen; w ir w urden fü r das ganze Volk zum O pferaltar, an

dem m an uns tausende Male totgeschlagen, um die ganze N ation totzuschlagen.

U nd trotzdem h ab en w ir stand g eh alten u n d uns behauptet. W ir h a b e n u n s n ic h t n u r be­

hauptet, s o n d e r n i m L a u f e d e s h u n ­ d e r t j ä h r i g e n M ä r t y r i u m s a n K r ä f ­ t e n z u g e n o m m e n , d a s V o l k a n u n s g e z o g e n , t i e f e W u r z e l n g e s c h l a ­ g e n , u n d k e i n e E r d e n m a c h t i s t n u n ­ m e h r i m S t a n d e , u n s v o n d i e s e m G r u n d u n d B o d e n z u v e r d r ä n g e n .

Auf den sich wei lerstreckenden Gebieten die­

ses T errito riu m s b eträ g t die polnische Bevölke­

ru n g gegen 4 M illionen u n d b ein ahe 150 T ausend k m 2 Boden ist polnisches B esitztum .

Die Gebiete zw ischen Ivowno u n d Minsk, P o d - lachien u n d der Ostgrenze des Gouv. W iln o fasi bis a n D ü n ab u rg reichend, deren geschlosse­

ner F lä c h e n ra u m grösser ist als Galizien, stehen, w as den po lnischen C h arak ter anbelangt, keinesw egs den eth n o g rap h isch echt polnischen L än d e rn nach.

Indem n u n ohne diese Gebiete, aus deren Herzen W ilno, diese „P erle“ der polnischen S tädte u n d O stresidenz der einstigen gem ein­

sam en R epublik erw uchs, P olen u n s ganz u n ­ denk b ar erscheint, sin d w ir u n s dessen wohl bew usst, dass w ir ebenfalls B ürger dieses g a n ­ zen L an des sind, w elches ausser uns au ch von anderen V ölkern bew ohnt w ird . W ir sin d uns vollkom m en bew usst, dass das L an d als Ganzes

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eine eng m it der Osteseeküste verbundene, öko­

nom ische E in h e it bild et u n d w issen all die B estrebungen u n d Rechte anderer, neben uns ansässiger Völker zu w ürdigen.

D eshalb b rin g en w ir einigerm assen ein Opfer aus dem B ew usstsein un serer absoluten Z u ­ sam m engehörigkeit m it ganz Polen, u n d s t e l ­ l e n u n s a u f d e n S t a n d p u n k t d e r U n a b h ä n g i g k e i t u n d U n t e i l b a r ­ k e i t d e s g a n z e n G e b i e t e s d e s

e h e m a l i g e n G r o s s f ü r s t e n t u m s L i ­ t a u e n , zum indest dessen w estlichen, katholi - sehen Teiles. W ir stellen u n s au f diesen S ta n d ­ punk t, j e d o c h u n t e r d e r B e d i n g u n g e i n e r f r e i w i l l i g e n U n i o n m i t P o ­ l e n , au f der G rundlage einer G leichberechti­

gung beider Teile.

G e m e i n s a m e r B e s i t z d e r O s t s e e ­ k ü s t e , w as zugleich die vitalsten ökonom i­

schen Interessen des ganzen L andes sich erstel­

len w ürde, e i n e S t a a t s v e r f a s s u n g , die allen dieses L an d bew ohnenden V ölkern eine vollkom m en ungestörte, individuelle E n tw ick ­ lung verbürgte u n d e i n e Z u s a m m e n ­ g e h ö r i g k e i t m i t P o l e n , die das N a tio ­ n algefühl der k u ltu rell u n d ökonom isch hoch- entw ickelten u n d au ch zahlm ässig keinem anderen dort lebenden Volke nach steh en d en pol­

nischen B evölkerung befriedigen w ü rd e — d i e s s i n d d i e g r u n d s ä t z l i c h e n R i e h t -

DAS PO LEN TU M IN Z IF F E R N . (in flüchtigen Um rissen).

Die u nten angefü hrten Ziffern sind der offi­

ziellen S em stw o w äh lersta tistikr) entnom m en, w elche dem R egierungsentw urf (aus dem J a ­ h re 1910) einer S cm stw oselbstverw altung auf dem lita u isc h - w eissruthenischen T errito riu m (ohne G ouvernem ent Suw alki) beigefügt wur-

1) Auf Grund derselben Quellen h a t Professor Röm er die Tabelle 14 und 180 im Polnischen J a h r­

buch zusam m engestellt.

l i n i e n b e i d e r L ö s u n g d e s ü b e r a u s s c h w i e r i g e n P r o b l e m s d e r L i ­ t a u i s c h e n G e b i e t e .

x ---

Indem n u n die Polen diesen S ta n d p u n k t ein ­ nehm en, m üssen sie sich jedem än d e rn V ersu­

che der Lösung dieses P ro blem s entgegensetzen, in erster L in ie d e m V e r s u c h e e i n e r Z e r ­ g l i e d e r u n g d e s e t n o g r a p h i s c h g e ­ s c h l o s s e n e n P o l n i s c h e n T e r r i t o- r i u m s u n d dessen U nterstellung einer irgend w elchen Hegem onie. D eshalb w ird d i e S c h a f- f u n g e i n e s „ A u t o n o m e n L i t a u e n"

i n d e n j e t z i g e n G r e n z e n , w i e e s E r z h e r z o g L u i t p o l d b e w e r k s t e l ­ l i g t e , s o w o h l v o n d e m P o l e n t u m i n L i t a u e n, w i e v o n d e r g e s a m t e n p o l ­ n i s c h e n N a t i o n als ein polenfeindlicher u n d gegen das polnische E lem ent gerichteter Akt em pfunden. P olen k a n n n ic h t u n d w ird nich t auf W iln o verzichten. Die U nterw erfung W iln o ’s irgend einer F rem d h errsch a ft w äre ge­

eignet, dort eine d auern de polnische Irred enta ins Leben zu rufen, die in der Z u k u n ft den F rie d e n E uropas gefährden w ürde. Die L itau er, deren Z ahl in W iln o 2 °/0 der Gesam tbevölke­

ru n g beträgt, können W iln o n u r als gem ein­

sam e H a u p tsta d t eines d u rc h eine R ealunion m it P olen vereinigten Landes erlangen.

den. Diese S ta tistik besitzt insofern W ert, dass sie von der russischen R egierung verfertig t w u r­

de, die sich im F alle d er E in fü h ru n g der Selbst­

verw altu n g die „w irklich e polnische Gefahr"

zu B ew usstsein brin g en wollte, sie w a r som it im Grossen u n d Ganzen n ic h t in einer so u n ­ verschäm ten A rt zu u n gu nsten des P olentum s gefälscht, wie die V olkszählungen in den J a h ­ re n 1897 u n d 1909, die nichtsdestow eniger a ll­

zuoft als G rundlage der Z äh lu n g en u n d der hiera u s abgeleiteten F o lgerun gen b enu tzt w erden.

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Auf G rund also der S ta tistik der K leinbauern- w ä h le r b etru g a u f dem G esam tterritorium des G rossfürstentum s L itau en (das G ouvernem ent S uw alki m iteinberechnet) die polnische B evöl­

kerungsgruppe im J. 1912-3 1/2 M illionen, der in polnischen H ä n d en befindliche G rundbesitz m eh r als 140.000 k m 2 d. i. soviel w ie die G esam t­

fläche des K önigsreichs Polen.

Im W estgebiete des G rossfürstentum s bis zur W asserscheide der B erezina u n d des D niepr au f einer F läch e von 230.000 k m 2 b eträg t schon in dem selben Ja h re die polnische B evölkerung 3 M illionen u n d steht, w as ih re Z ahl anbelangt, keiner der grösseren N atio n alitäten g ru p p en , w eder den orthodoxen W eissru thenen , ge­

schweige den n den L itau ern nach.

Z w ischen Kowno-M insk u n d P o d la ch ien und der Ostgrenze des Gouvernem ents W iln o er­

strecken sich fast bis D ü n ab u rg au f einer F läch e von 80.000 k m 2, also einer ebenso grossen wde ganz Galizien, fast ausschliesslich polnische Gebietsteile in L itau en , die u n m itte l­

b a r an das T errito riu m des K önigreiches P olen sich anlehnen. H ier bildet schon die polnische B evölkerung eine absolute M ajo rität und e r­

re ic h t die H öhe von 60% u n d noch m eh r im V erh ältn is zu den C hristen.

A uf dem lita u isc h en T e rrito riu m im O k k u p a­

tionsgebiet der Z en tra lm ä ch te au f einer F läche von 113021 k m 2 (ohne G ouvernem ent S u w a lk i2), also in den G ouvernem ents Kowno, Grodno, 5 K reisen im G ouvernem ent W iln o u n d im Kreise N owogrodek des G ouvernem ents Minsk, be­

tru g angesichts der 4.771.803 C hristen im J.

1912 die

D i e o r t h o d o x e G r u p p e G r u p p e d e r ü b r i g e n P o l n i s c h e G r u p p e (Russen, Weissruthenen, ('mit Ausnahme der Jude

Ruthpnen) meistentei's Lhhauer)

1.787.781 1.318.718 1.656.304

im V erh ältn is zu den C hristen:

-37.5% 27.6% 34.9%

2) W ir elim inieren hier das G ouvernem ent Suwalki, da die S tatistik der Semstwowähler dieses Gouverne­

m ent nicht umfasst.

Der in den H än d en der einzelnen G ruppen sich befindende G rundbesitz stellte sich h in ­ gegen folgenderm assen d ar:

I n d e n H ä n d e n O r n p p o d e r ü b r ; „ e n

d e r p o l n i s c h e n G r u p p e d e r O r t h o d o x e n

64.365 k m 2 29.996 k m 2 22.568 k m 2 der Gesam t O berfläche:

56,5% 23,7% 19,8%

Diese B evölkerung ist n ic h t gleichm ässig ver­

teilt. N ach dem C h a ra k te r der N a tio n a litä te n ­ g ru p pieru ngen Hesse sich dieser ganze Gebiets­

kom plex in einen: polnisch-w eissruthenischen u n d einen litauisch -p olnisch en Teil scheiden.

Der p o lnisch - w eissru th en ische T eil im R ah m en ganzer V erw altung seinh eiten um fasst 5 w estliche B ezirke des Gouvern. W iln o, das Gouvern. Grodno u n d den Bezirk Nowogrodek, zusam m en 73.639 k m 2. Von 3.203847 der c h rist­

lichen B evölkerung en th ielt im J. 1912 die

P o l n i s c h e G r u p p e IHe o r t h o d o x e G n u ■ -pe G r u p p e d e r ü b r i g e n (Weisruthenen Rr*honpn Dussen)

1.639.222 1.156.553 378.072

im V erh ältn is zu den C hristen:

52.1% 36.1% 11.8%

B oden befand sich in den H än d en der:

P o l n i s c h e n G r u p p e d e r o r t h o d o x e n G r u p p e G r u p p e d e r » n d e r e n

62.2% 30.8% 7%

E lim in ie rt m a n davon 4 südöstliche Bezirke des Gouvern. Grodno, w o teilw eise das w eissru- thenische E lem en t ü berw ieg t — die Polen bilden 29%, im V e rh ältn is zu den C hristen — erhalten w ir fü r den ausschliesslich polnischen Gebiets­

kom plex föhne die polnischen Bezirke des Gou­

vern. Suw alki) 52.173 k m 2. H ier b eträg t:

D i e P o l n i s c h e G r u p p e D i e o r t h o d o x e < »r upp «' 1 ’i “ G m p " P d - •• >'i - o

1.428.296 593.423 374.113

59.6% 24.8% 15..6%

G rundbesitz: in den H ä n d en der:

P o l n i s c h e n H r u p e D e r o r t h o d * x o G r u p p e r tu*»

d e r ü 1 ris r n

68.1% 22.6% 9.3%

Der M ittelpunkt des P olen tu m s au f den litau isch en Gebieten ist W iln o u n d seine LTm - gebung. W iln o ist ü b erh au p t eine der polnischen S tädte m it einem ausgesprochen polnischen C harak ter, u n d nach den Z ählu n g en der

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deutschen B ehörden ist das perzentuelle Zahlen- v erh ältn is der verschiedenen N atio n alitäten in '*• Luo dasselbe, wie in W a rsch a u . Im B ezirk W ilno aber, der m eh r als 6 T ausend k m .2 u m ­ lasst, b eträg t die polnische B evölkerung 70%

im V erh ältn is zur ch ristlichen. A ngaben der S tatistik der Sem stw ow ähler.

Auf dem ethnograph isch litau isch en Gebiete (Gouv. Kowno, die litau isch en Bezirke des Gouv. S uw alki w erden aus oberw ähnten G rün­

den n ic h t berücksichtigt), betru g n ac h den auf G rund von E. M aliszew ski k orrigierten und in den Grenzen der ru ssisch en konfessionellen Sta­

tistik ergänzten Z äh lu n g e n vom J. 1897, die pol­

nische G ruppe 14.5% im V erh ältn is zu der christlich en B evölkerung, in einigen Bezirken aber, wie Kow no u n d Jeziorosy, au ch 30%,. Auf dem gesam ten O kkupationsgebiete, das Gouver­

nem ent S uw alki m itberechnet, betrug die Zahl d er Polen in ru n d e n Z iffern 2 M illionen, der L i­

tau er un g efäh r 1,800.000, d er orthodoxen G ruppe 1,350.000.

D ass das h ier entw orfene B ild n ich t ü b e r­

trieben ist, bew eisen die seitens der deutschen B ehörden im O kkupationsbereiche im J. 1916 durch g efü h rten V olkszählungen. Auf G rund dieser Z äh lu n g en tra t noch offenkundiger auf diesem ganzen Gebiete die S tärke des P olen- tum s zu Tage. L eider h ab en die deutschen, der polenfeindlichen P o litik huldigenden B ehörden es n ic h t fü r zw eckdienlich betrachtet, diese Z äh lu n g en im ganzen U m fang zu veröffent­

lichen. Es sin d n u r F rag m en te bek annt ge­

w orden.

So z. B. b etrugen in dem der M ilitärverw al­

tu n g L itau en einverleibten Teile des W iln a er Gouvernem ents, in den K reisen Koszedary, M alaty, S zyrw inty, Podbrodzie, W ilno und Merecz au f einem Gebiete von 11.961 Inn 2, also auf einem ebenso grossen wie Schlesisch- Oppeln, la u t den im M ärz 1916 d urchgeführten Z ählungen:

die Polen 54.9%, die L itau er 25%, die W eiss-

ru th en e n 1.7%, d ie R ussen 0.8%, die Jud en 17.3%, die D eutschen u n d die ü brigen 0.1%.

Im V erh ältn is zu den C hristen b ild en die P alen 66.5%.

D a ru n te r betru g in der H älfte dieses Gebiets­

kom plexes, u. zw. in den K reisen W ilno (ohne Stadt), S zyrw inty u n d Podbrodzie, die pol­

nische B evölkerung von 70—90% . Im alleinigen Kreise W ilno (auf einem F lä ch en rau m von 2.250 k m 2, also so, gross wie Schlesisch- Teschen), betru g die polnische B evölkerung 90% .

N och vorteilhafter stellt sich au f G rund dieser Z äh lu n g en die V erw altung Grodno dar. In den Kreisen P la n ty , Lida, R adun, W asiliszki haben w ir:

Polen 56.5%, W eissruth en en 21.80%, Juden 16.57%, L itau er 2.75%, R uth enen 2.08%, Russen 0.17%, L etten 0.8%, D eutsche 0.04%, die übrigen 0.03%.

Im V e rh ältn is zu den C hristen bilden die Polen d em nach 67% .

Auf Grund der oben ang efüh rten Ziffern m üssen w ir feststellen, dass auf dem G esam t­

kom plexe des von den Z en lralm äch ten okku­

pierten T errito riu m s des G rossfürstentum s L itau en drei grosse N atio nlitäteng ru ppen, die polnische, die w eissruthenisch-russisch-ortho- doxe u n d die litau ische sich - w as das Z ahlen ­ v erh ältn is an belang t — m eh r w eniger die W age halten, im m erh in aber bei einem ge­

w issen U ebergew icht des polnischen Elem entes.

Jedoch auf zwei D ritteln dieses T errito riu m s, u. zw. in dem polnisch-w eissruthenischen Teile, besitzen schon die Pplen eine absolute M ehrheit.

W ä h ren d ab er andere N a tio n alitäten g ru p p en au f diesem T errito riu m n u r genau abgegrenzte F lä ch en innehaben. Die L itau er im Norden, die W eissru th en en u n d R uthenen im Süden — breiten sich die im m ittleren Teile, gleichwie im Z entrum , in geschlossener Masse lebenden Polen allm äh lich ü b er das ganze Gebiet aus, das zw eim al grösser ist als ganz Belgien, und n u r an dem Nord- und S üd saum lässt ih r Aus­

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d eh nungstrieb nach. D a aber das polnische Elem ent in k u ltu re lle r und w irtsch a ft­

licher H in sich t (m ehr als die H älfte des Bodens ist in polnischen H änden) alle dieses L an d bew ohnenden V olksgruppen überragt, u n d überall, sogar die w eitentlegensten Flecken, d u rch d rin g t, v erleih t es diesem L ande eine m eh r einheitliche P hysiognom ie u n d bildet gleichzeitig das Zem ent, welches alle diese ver­

schiedenartigen E lem ente zu einer E in h eit zu­

sam m enkittet.

Die Polen sind h ier die einzige allseitig, stän d isch u n d sozial entw ickelte N ation, w ä h ren d die L itau er u n d W eissruthenen aus­

schliesslich a u f die K lieinbauernschichte be­

sch rän k t sind. Die Polen in L itauen m it ih ren u n v e rjä h rte n staatlich en T ra d itio n en sind das einzige staatsbildende Elem ent.

AUS D ER G ESC H IC H TE DER SE PT E M B E R ­ A K TE PR IN Z LEO PO LD S VON BAYERN.

Säm tliche politische F rag e n der letzten Tage in L itauen konzentrierten sich u m den am 22. Septem ber 1917 in s' Leben gerufenen L i­

tauischen L an d esrat — um die T atsache, welche L itau en „die A utonom ie11 verlieh. Diese U r­

k u n d e h a t zw ar keinen staatsrechtlichen C harakter, ist blos eine a d m in istrativ e innere A ngelegenheit, welche die K om petenz des O berbefehlshabers der O starm ee n ic h t ü b e r­

schreitet, doch äu ssert sich ihre B edeutung d arin, dass sie eines d er K ettenglieder der A nnexionspolitik d er deutschen V erw altung bildet, w elche ih re n Z ielen konsequent ent­

gegengeht, u n d sich au ch in ih ren B estrebungen auf die chauvinistische, n atio n al litau isch e —

„lietuvische“ *) B ew egung zu stützen sucht.

*) Die Term ine: „lietuwisch“, „L ietuw er“ (von dem litauischen W ort: „L ietuvis“), zur Bezeichnung der L itauer im ethnographischen Sinne, w odurch ein M issverständnis verm ieden wird, das häufig dadurch entsteht, dass die Bezeichnung „L itauer“, „litauisch“

N icht sofort h ab e n die deutschen B ehörden ih re M ethoden d a ra u f eingestellt, die litauische

— lietuvische Bewegung zu G unsten ih rer A nnexionspläne betreffs gew isser o kkupierter Gebiete L itau en s auszunutzen. In dem V e rh ält­

nisse zu den L itau ern — L ietuviern, zeigte sich, besonders zu A nfang, eine gewisse U nentschlos­

senheit. F estgestellt w a r n u r die B etonung des litau isch en C h arak ters des Landes, sowie au ch die E ntgegenstellung der L ita u e r — Lietuvier, den Polen.

E nde des W in ters des Ja h re s 1917 w urden, wie es scheint, die G ru n d lin ien d e r jetzt dort herrsch end en P o litik endlich festgestellt. D a­

m als w u rd en au ch die V ertreter L itau ens:

Szaulis, K ejrys u n d Sm etona von dem S taats­

sekretär Z im m erm an n em pfangen. Die E inzel­

h eiten der d am alig en V erh an d lu n g en sind n ich t in die O effentlichkeit gedrungen, bekanm ist n ur, dass Szaulis eine D enk schrift ü b er­

reich t hat, w elche von dem S ta n d p u n k t der D eutschen ausgehend, die B ild un g eines au to ­ nom en L itauens, u n d zw ar als Gegengewicht fü r P olen zu b eg rün den suchte.

A us den w eiteren V erhandlungen, die einen streng v ertrau lich en C h arak ter fü h rten , ist n u r so viel bek an nt, dass der B eschluss gefasst w urde, einen litau isch en V e rtrau e n srat ins Leben zu rufen.

E rst am 14. A ugust versam m elten sich in W ilno, in grösster V erschw iegenheit die L i­

tauer — L ietuvier, zu r ersten Konferenz. Diese Konferenz gab, w enn a u c h m it einigen V or­

behalten, ihre Z u stim m u n g zu d er Zoll- u n d M ilitär-U nion m it D eutschland u n d erk lärte sich au ch fü r gem einsam e strategische E isen­

bahn en . Gleichzeitig w u rd e den deutschen Be­

h ö rden eine D enkschrift ü berreicht, als A n t­

w ort au f die D ek laratio n der P olen vom

im historischen Sinne begraucht w ird und sich allzu­

oft auf ethnographisch-polnische oder w eissruthe- nische Bevölkerung bezieht, die innerhalb des Gross­

fürstentum s L itauen lebt.

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24. Mai 1917; in dieser D enkschrift h ab en sich d ie 'lita u isc h e n P arte ifü h re r n ic h t n u r gegen die V erbindung m it dem Polenreiche, sondern gegen die polnische Gesellschaft selbst in leiden­

schaftlichster W eise ausgesprochen. Diese E n u n zia tio n befriedigte die deutschen B ehörden u n d als A usdruck der A nerkennung w urd e die E rla u b n is zu einer zahlreichen Z u sam m en ­ k u n ft lita u isc h er P arte ifü h re r in W ilno im Septem ber erteilt.

Diese V ersam m lung k am am 10. Septem ber zustande u n d dauerte bis zum 22. d. M. Sie w urde ausschliesslich von der G ruppe der strengsten N ationalisten u n d im vollen E in ­ vernehm en m it den deutschen B ehörden organi­

siert. u n d obw ohl an der V ersam m lung m eh r als 200 M itglieder teilgenom m en haben, so w aren es m eist solche, die von den O rg a n i­

satoren selbst eingeladen w urden. Die W a h le n w u rd en ausschliesslich u n te r den dazu be­

stim m ten D elegaten durchg efü h rt, trotzdem sind n ic h t alle gew ählten A bgeordneten von dem O rganisierungsbureau b estätigt w orden u n d einer bedeutenden A nzahl w urde über­

h a u p t die E rla u b n is zu r A nkunft verweigert.

Dessen ungeachtet w ar die S tim m ung a n ­ fangs eine d u rch au s antideutsche, E rsl den B em ühungen der aus der Schw eiz angekom m e­

n en H erren G ahrys u n d P etru iis u n d ihren aus der L uft gegriffenen E rzäh lu n g en von den an­

geblichen polnischen In trig u en gegen die L i­

ta u e r in den b en a ch b arten L ändern , ist es ge­

lungen, n ac h u n d n ac h einen Stim m ungsw echsel zu bew irken. Z u m S chluss der V ersam m lung w u rd e eine R esolution vorgelegt, welche die M öglichkeit einer deutsch-litauischen A n n ä h e­

ru n g akzeptierte. Bei der A bstim m ung über diese R esolution h ab en die Gegner derselben — u n ter ih n en säm tliche B auern, — den S itzungs­

saal verlassen u n d sind erst am anderen T ag zurückgekehrt, u m an den W ah len zun:

L an d e srat teilzunehm en.

Aus den. 20 von der V ersam m lung vorge­

schlagenen K andidaten w urde von den

deutschen B ehörden der L itauisch e L an d esrat geschaffen. U nter den G ew ählten w aren 9, d. h.

45%, au s W ilno selbst berufen, obw ohl die L itau er in dieser S tad t n u r 2 1j2% der E in ­ w ohner bilden. Die Z ah l der M itglieder soll auf 30 erw eitert w erden. F ü n f Stellen sollen fü r die V ertreter an d erer N ationen b estim m t sein, davon 2 den Polen angeboten w erden.

Auf diese A rt bietet m a n den Polen J/iri Teil der Stellen an, also noch bedeutend weniger, als ihnen von Rechts wegen nach dem Zahlen V erhältnis au f G rund der fü r sie im höchsten Grade u n g ün stigen russischen S ta tistik vom Ja h re 1897 zukom m t.

Die öffentliche M einung der Polen in L itau en protestierte energisch gegen die A rt der Schaffung des L andesrates, dessen Z u sam m en­

setzung, so wie au ch gegen die politische Aktion, deren E rgebnis er ist. Dieser P rotest fan d au ch seinen A usdruck in der aberm aligen, von den vereinten polnischen P arteien Unter­

zeichneten E rklärun g. Der A usschluss der pol­

nischen Gesellschaft von jeder T eiln ah m e an der B ildung des L andesrates, die auffallende R eduzierung der polnischen V ertreter zu einer

■lächerlich kleinen A nzahl, m uss von u n s als eine vollkom m ene B estreitung der polnischen N a tio n alität in L itau en angesehen werden.

Die F ü h re rsc h a ft im L ande w ird den L i­

ta u e rn — L ieluv iern — an v e rtrau t, ohne dass dieser S chritt d u rch ihre M ehrheit, u m so ­ w eniger ih re ku ltu relle oder w irtschaftliche U eberlegenheit gerechtfertigt w erden könnte.

M an fördert u n d u n terstü tzt u n ter ihn en die ausgesprochen chauvinistische, an ti polnische Gruppe, u n d sucht die F la m m e des N a tio n al­

hasses k ü n stlic h zu entfachen, ungeachtet freu ndschaftlicher Beziehungen des litauischen B au ern stand es zu der polnischen Bevölkerung L itauens.

D as Gebiet, über w elches sich die W irk sa m ­ keit des L and esrates zu erstrecken h at, also das Gebiet des zukünftigen L itauen, w ird ohne alle R ücksicht au f die w irtschaftlich en oder n a tio ­

(7)

L I T A U E N 1,

nalen E igenheiten der zu erschaffenden sta a t­

lichen E in h e it ausgeschaltet, jedoch a u f diese W eise, dass das ethnographisch litauische E lem ent, n u r etwas m ehr als die H älfte der Bevölkerung beträgt, andererseits diese m eist reu P olen bew ohnten Kreise, n ac h denen die litauischen C hauvinisten ein besonderes Ver­

langen tragen, hiezu gehören m öchten, also in erster Linie Stadt und Kreis W ilno.

Diese unersättlich e E roberungssucht der litau isch en C hauvinisten, sowie au ch die niedrige K ultu rstufe u n d politische U n er­

fah ren h eit der litau isch en P arteifü h rer in Be­

tracht ziehend, glauben die deutschen Be­

hörden m it Recht schliessen zu können, dass die politische T atk ra ft der L itau er —- Lietuver, in den litau isierend en B estrebungen sich er­

schöpfen werde, w orauf die D eutschen in den sich d a ra u f notw endig ergebenden nationalen S treitigkeiten, als S chiedsrichter auftreten, u nd so au f G rund der T atsachen ihre U n entbeh r- lichkeit erweisen wlerdero; schliesslich hoffen sie fü r die beständige F ö rd eru n g der c h a u ­ vinistischen litau isch en B estrebungen K on­

zessionen in p rinzipiellen F ragen zu erlangen.

Diese R ücksichten bewogen die V ertreter der polnischen G esam theit, alle Polen aufzu- fordern, dass sie den L an d e srät boykottieren, n ach K räften bekäm pfen u n d ■ vorzugsweise gegen ih re B estrebungen als F ü h re rsc h a ft des L andes aufzutreten, ih ren P ro test einlegen.

Die anderen N atio nalitäten, deren Interessen infolge der E inseitigkeit des L andesrates, wie au ch der Z ergliederung des L andes gefährdet w urden, h aben ebenfalls gegen den L an d esrat S tellung genom m en u n d w erden allem A n­

scheine n ac h in denselben n ich t eintreten wollen. A uch die V olksm assen selbst im eth n o ­ g raph isch -litau isch en Gebiete, w erden sich dem L andesrate nich t anschliessen. A uf diese A rt bleibt n u n das polnische E lem ent, als best­

organisiertes un d Verfechter der Interessen des Landes als Ganzen, u n d w ird, trotz aller Be­

strebungen, H ass u n d M isstrauen gegen die

Polen zu schüren, zu einem organ isatio n s­

fäh igen M ittelpunkte des L andes von grösser A nziehungskraft. W ie dies auch stets der F a ll gewesen.

„AUTONOM ES“ LITA U EN IM L IC H T D ER S TA TISTIK .

Der Akt. der den litau ischen L an desrat ins Leben ruft, schafft aus dem V erw altungsgebiet:

M i l i t ä r v e r w a l t u n g L i t a u e n , ein

„autonom es L ita u e n “.

Das Gebiet M i l i t ä r v ö r w a l t u n g L i- t a u e n, also au ch das „autonom e L ita u e n “, um fasst n r n die G ouvernem ents K cwno un d S uw alki u n d die Bezirke T roki u n d W ilno des G ouvernem ents W ilno zusam m en eine L an d fläch # von 64490 km . Im J a h re 1912 be­

trug die G esam tzahl der do rtig en B evölkerung 3,220.400 Köpfe u n d 2.777.749 C hristen; die be­

lief sich auf 780.845 ’), bildete d aher 28.1%. im V erhältn is zur christlichen B evölkerung. Die L ita u e r zäh lten 1,689.551 — 60.1% im V e rh ält­

nis zu den C hristen, Orthodoxe, u n te r denen (im W id ersp ru ch zur am tlich en Interpretation ! orthodoxe W eissruthenen überw ogen, zählten 195,665 — 7.% im V erhältn is zu den C hristen.

L itau er — u n d ausschliesslich sie w urden in den litauisch en L a n d e sra t berufen, bildeten in nerhalb des ganzen Gebietes 52.5% im Ver­

h ältn is zur G esam tzahl der B evölkerung.1) Auf 64.490 k m 2 dieser ganzen L andfläche entfallen auf eth n o g rap h isch litau isch e Ge-

J) Auf Grund des P rozentsatzes der am tlichen S tatistik aus dem J. 1897. entsprechend k orrigiert nach dem von Maliszewski für die polnische Bevölke rung akzeptierten P rozentsatz und ergänzt durch die Rubrik der in der -amtlichen In terp retatio n sog,

„K atholischer W eissruthenen“. die sich für Polen be­

trachten und sich m it ihnen identifizieren. Zu fast denselben Ergebnissen gelangen wir auf G rund der S tatistik des kleinen ländlichen Grundbesitzes. Be­

stä tig t w erden sie durch die bereits im Laufe des K rieges von den Deutschen durchgeführte Volks­

(8)

biete m it überw iegender lita u isc h er M ehrheit 46.663 km - u n d um fassen in n erh a lb der M i 1 i- t ä r v e r w a l t u n g L i t a u e n das Gouv.

Kowno u n d vier n örd lich e Bezirke des Gouv.

Suw alki. D er Rest, 17.827 km (3 südliche Be­

zirke des Gouv. Suw alki u n d die Bezirke W iln o u n d T roki des Gouv. W ilno), abgesehen vom schm alen Streifen des K üstenlandes, h a r t an das ethnographisch litauische Gebiet angrenzend — b ildet ein eth n o g ra p h isc h polnisches L and, a u s­

g eschnitten aus einem grösseren Kom plex pol­

nischen Gebietes in L itauen, das sich zw ischen K ow no u n d M insk erstreckt. H ier au f p o ln i­

schen, dem „autonom en L ita u e n “ angeglieder­

ten Gebieten, deren F lä c h e n ra u m % Belgiens, 1/a- H ollands gleichkom m t, zäh len die Polen über eine halbe M illion (530.000) Köpfe und b ilden 60—70% im V erh ältn is zur christlich en B evölkerung. Die Z ah l der L ita u e r b e trä g t dort im V erh ältn is zu den C hristen 25.5%, und, wie bereits erw äh n t, leben sie h ier dich t zusam m en- g edrängl in n erh a lb des schm alen Streifens, der a n das eth n o g rap h isch litauische Gebiet grenzt;

die Z ah l der O rthodoxen (W eissruthen en und Bussen) b eträgt 10%.

Die H a u p tsta d t des G rossfürstentum s L i­

tau en, W ilno, liegt auch im polnischen Teil des neuen „autonom en L ita u e n “, u n d bei einem w inzigen P ro zentsatz der L ita u e r (2.5%) ist sie eine der Städte, die einen re in polnischen C harak ter tragen. (90% Polen im V erhältnis zu den Christen.)

M IT O F F E N E M V ISIER .

O bw ohl die M ethoden gew isser R egierungs­

kreise in L itau en , deren Spitze sich speziell gegen das polnische E lem ent richtet, seit länge­

rer Z eit bereits jed en Zweifel ü b er die von ih n en angestrebten Ziele aufgehoben, so bleibt es doch interessant, zu erfahren, m it w elch geradezu verblüffender O ffenherzigkeit ein hoher B eam ter — Oblt. Kügler, Chef des politischen D epartem ents bei der V erw altu n g des F ü rste n

Isenb urg — diese M ethoden zu begründen suchte.

In einer offiziellen U nterredung, die einen der dortigen h erv orragend en B ü rg er zum E in tritt in den L an d e srat zu bew egen suchte, , erklärte Oblt. K ügler folgendes:

1. Die D eutschen m üssen L itau en behalten, u n d zw ar au s folgenden G ründen:

a) Als Basis strategischer O perationen, b) Als A ckerbauland, dessen das D eutsche Reich bedarf, u m sich ohne frem de H ilfe einen L eb en su n terh alt zu schaffen.

c) Als Gegengewicht gegen das entstehende polnische Reich, u m dasselbe im Z aum zu h alten, sobald es sich politisch von der A llianz m it D eutschland u n a b h ä n g ig m ach en wollte.

2. Die D eutschen h ab en g ar keine A bsicht, dem L an d e srat die V erw altung zu überlassen.

Sie b edü rfen des letzteren einzig u n d allein zur A bschw ächu ng der R eibungen, die sich aus den B eziehungen zu der örtlich en Bevölkerung ergeben. Die eigentliche R egierung verbleibt bis au f W eiteres vo llständ ig in den H ä n d e n der deutschen B eam ten, bei äusserst b esch rän kter lokaler S elbstverw altung.

3. Den B ehörden ist w ohl b ekann t, dass die polnische B evölkerung ih ren P lä n e n entgegen­

h a n d e lt u n d die F rag e L itau en s in W arsch au, Posen u nd W ien zur Sprache brin gen w ill, wo­

bei die deutsche V erw altu ng im schlim m sten L icht hingestellt w ird. Die B ehörden verlangen, die Polen m ögen dieses V orhaben aufgeben, sich m it dem realen T atb eständ e aussöhnen, vor­

läufig ab er die fü r sie bestim m ten Stellen im L and esrate einnehm en. Im F alle einer W id e r­

setzung w ü rd e die B ehörde gezw ungen sein, G egenm assregeln zu treffen (insbesondere gegen die höhere G eistlichkeit u n d die Gutsbesitzer).

Es erhellt d arau s, dass der litauische L an d e s­

ra t gebildet w urde, u m den E in d ru ck h e rv o r­

zurufen, als ob die B evölkerung m it der Re­

gierung der D eutschen zufrieden sei, m it ihn en gerne arbeite; vielleicht w u rd e au ch die stille H offnung gehegt, dass es vielleicht gelingen

(9)

w ird, von dem L a n d e sra t m e h r konkrete E r­

k lärun gen zug unsten der D eutschen zu er­

langen. Die S tellung des L andesrates könnte aber n u r d an n in B etrach t kom m en, w enn alle N ationen in dem selben re p räsen tiert w ären, sonst m uss es doch k la r w erden, dass sich die B ehörden n u r au f einen Teil der B evölkerung stützen. Von diesem S ta n d p u n k te aus, ist die A nw esenheit der Polen in dem L an d esrat von besonderer B edeutung, d ah e r der Druck, sie zu diesem S c h ritt zu bewegen. Die A nw esenheit der P olen im L an d e srat w ürde tro tz aller, gegen sie g ekehrter E x term in atio n sp o litik , die eifrigen B em ühungen, die A ngelegenheit L itauens auf einem in te rn a tio n a le n S chauplatz aufzurollen, auf eine fü r die D eutschen u nliebsam e A rt durchkreuzen.

D ER A L T E KURS B L E IB T UNVERÄNDERT.

U nter der V erw altung des F ü rsten Isenburg w ird die gesam te Politik der deutschen B ehör­

den im m er m ehr h erau sfo rd ern d u n d u n v er­

söhnlich.

Viele G enerationen in L itau en w erden dem A ndenken dieses S ta tth a lte rs fluchen, d a F ü rs t Isenburg fü rw a h r w ü rd ig ist, in der Geschichte L itau en s sich dem schlim m sten H enker dieses L andes aus der Zeit des A ufstandes im J a h re 1863 — dem G rafen M uraw iew , anzu­

reihen.

W ä h re n d aber der Letztere dem L ande ein B lutbad bereitete, u n d fü r au fständische P atrio ten Galgen errich ten liess, greift F ü rst Isenburg a u f eine m eh r ra ffin ierte W eise n ach dem K ern der N ation u n d su ch t deren K inder, die ju n g e G eneration, d u rc h H unger au szu ­ rotten. Z w angsarbeiten, der ganzen Bevölke­

ru n g au f erlegt u n d in g rau sam er W eise d u rc h ­ geführt, sind eine schlim m ere Hölle, als die russische Kato-rga u n d sibirische Bergwerke, deren Q ualen die Polen z u r Genüge kennen gelernt, u n d die K onfiskation der G üter u n d Z erstörung der Dörfer, w om it zu M uraw iew s Zjeiten politisch« Rebellen b estra ft w urden,

w aren ein K inderspiel im Vergleich m it der system atischen V ern ich tu ng der w irtsc h a ft­

lichen G rundlagen der L an d w irtsch aft du rch Z w ang sverw altu ng u n d B eschlagnahm en. W ir verzichten jedo ch au f w eitere Vergleiche.

M an sch a u d ert bei der L ektüre der trockenen D enkschriften, die den Z entralb eh ö rd en von der ö rtlichen V erw altung u n terb reitet werden, ebenso beim Lesen diesbezüglicher A ntw ort­

schreiben. U nd die Geschichte der Z ivilisation, w enn sie noch so sehr die schreckliche K riegs­

zeit berücksichtigen wollte, w ird die M ilitär­

verw altu n g in L itau en keinesw egs zugunsten der g erm an isch en K u ltu r hervorheben können.

U nd endlich m ö chten w ir doch erfahren, ob diese D inge den politischen deutschen F aktoren b ek a n n t sind un d m it deren U ebereinstim m ung verü b t w erden? W er reg iert in D eutschland?

der K anzler, R ep räsen tan t der M ajo rität des R eichsrats, oder die u n v eran tw o rtlich e Ju n k er gruppe?

G lauben w ohl die m assgebenden F aktoren, die doch einen m odus v iven di m it der p o ln i­

schen N ation an streb en u n d die G rundlagen eines polnischen S taates schaffen, a u f diese A rt eine V erstän digu ng zu erreichen?

W ir erin n ern , dass L itauen stets den em p fin d ­ lichsten P u n k t der polnischen Sache bildete — h ie r w u rd e g ew öhnlich der K am pf u m Polen ausgefochten. V ier Ja h rh u n d e rte lang käm pfte P olen u m L ita u e n u n d u m L itau ens Seele m it den m oskovitischen Z aren, wegen L ita u e n kam es im J. 1831 zum A ufstand, h ie r h ielten sich am läng sten die A u fständ isch en im J. 1863.

Die L ösung der lita u isc h en F rag e in dieser oder jen er R ichtung, d a s V erhältnis der deutschen B ehörden w ä h ren d der O kkupations­

zeit zu der p olnischen B evölkerung in L itauen, w ird fü r lange J a h rh u n d e rte über die politische R ichtun g des polnischen S taates u n d die Sym ­ p a th ie n der polnischen N ation entscheiden.

(10)

AUSZÜGE AUS EIN IG E N ADRESSEN UND D E N K SC H R IFTEN DER PO LN ISC H EN GE­

SELLSC H A FT IN LITA U EN .

A n den E instw eiligen S ta a tsra l des K önig­

reich Polen.

1. Adresse des P olnischen Komitees:

„Die polnische G esellschalt in L itau en be- grüsst freudig die E ntsteh u n g des S taatsrals im K önigreich P o len als A nkünd ig ung eines u n ab h än g ig en D aseins der gesam ten N ation u n d d rü c k t den tiefen G lauben aus, dass die nächste Z u k u n ft die B ande erneuern w ird, w el­

che w ä h re n d Ja h rh u n d e rte L itau en m it Polen vereinigten“.

W ilno, d. 15. J a n u a r 1917.

Obige Adresse w urde von 31 hervorragendsten B ürgern der S tad t W ilno unterzeichnet.

2. Adresse der B ürger W iln o s u n d der öst­

lichen Gebiete der einstigen polnischen R epu­

blik:

„W ir em pfinden tief die U nhill, die unserem L ande d u rc h A b trennung vom K önigreich P o ­ len zugefügt w ird... Ausser der echt litauischen u n d w eissruthenischen B evölkerung, besitzt ein b eträ ch tlic h er Teil unseres L andes eine Majo­

ritä t von n a tio n a l u n d k u ltu rell echt polnischer Bevölkerung... Die g rausam ste U nterdrückung der vergangenen Ja h re h a t keineswegs das pol­

nische n atio n ale B ew usstsein dieser Bevölke­

rung zu ersticken verm ochtvielm ehr dieses Bew usstsein bei den breitesten S chichten ge­

weckt...

In d em w ir u ns au f die reale W irk lich k eit stützen, in der festen Ü berzeugung, dass das L an d einzig u n d allein in einer V ereinigung m it Polen sich gedeihlich entw ickeln kann, w enden w ir u ns an den hohen S ta a lsra t m it der heissen u n d in ständigen Bitte, bald m ö g lich st S chritte einzuleiten, die unsere V ereinigung m it dem polnischen S taat an streb en “.

Diese Adresse w u rd e von einigen tau sen d P e r­

sonen aus allen sozialen S chichten u n terz ei­

chnet.

(10. II. 1917.) 3. Aus der E rk lä ru n g der E in w o h n er der Kreise: W iln o u n d O szm iany:

...W ir w ünschen eine u n ze rtren n lich e Verei- einigung m it einem u n ab h ä n g ig e n und glückli­

chen. oder ab erm als bed rückten u n d leidenden

Polen. E in anderes D asein w ünschen u n d a n e r­

kennen w ir nicht... Y\ ir w ollen au f ewig m it 5. Aus der E rk lä ru n g der L itau er des Dorfes G—n y (W iinoer Kreis):

„W ir, litau isch e B auern, h ab en in den Z ei­

tungen gelesen, dass Polen u n ab h ä n g ig ist. Bei uns gibt es viele Polen und... uns ergeht es gut m it ihnen. W ir lieben u nsere p oln isch en H er­

ren, obw ohl es die G eistlichen n ic h t erlauben, weil w ir bei ih n en in schw erer Lage Schütz u nd H ilfe finden.

Die H erren erzählen, ein slm al w a r Polen m it L itau en verbunden. W ir glauben ih n en und w enden uns an die W ohlgeborene V erw altung in W a rsc h a u m it der Bitte, u n s m it P olen zu verbinden, n u r m ü sst ih r uns versprechen, dass F ro n d ien st n ic h t m e h r ein gefüh rt w ird u n d w ir n ic h t bei M ilitär zu dienen b rauch en. Im ru s s i­

schen H eer dien en viele unsere Söhne, M änner u n d B rüder, u n d ein B ru der kan n n ic h t gegen den än d e rn losziehen“.

10. III. 1917.

6. Aus d er Adresse des Nowogroder Vereines:

...H undert Ja h re der U n terd rü cku ng u n d Ver­

folgung des P olentum s blieben erfolglos; das P olen tu m h a t stan dgehalten u n d ist m itsam t allen geschichtlichen Ü berlieferungen u n v er­

sehrt gehlieben — gedrückt doch n ic h t gebro­

chen...

Der N ow ogroder Verein, als soziale Instanz, die in dem gegenw ärtigen A ugenblick die In te­

ressen des N ow ogroder L andes repräsentiert, hegt die tiefe Ü berzeugung, dass fü r das W7oh­

lergehen des Landes, fü r eine gedeihliche E n t­

faltu n g seiner K ultu r, die stets vom W esten zu u n s gelangte, das engste V erh ältnis aller lita u ­ ischen L an de zu P olen unerlässlich ist — ein V erhältnis, au f der G rundlage voller Gleichbe­

rechtig un g aller N ationen u n d Konfessionen in L itau en. Der N ow ogroder V erein, vom B ew usst­

sein des grossen, h isto risch en M oments beseelt, un d sich aus seinen P flich ten dem L an d gegen­

über R echenschaft gebend w endet sich an den ho h en R at m it der in ständ ig en Bitte, u n v erzü ­ glich energische S ch ritte einzuleiten, u m der A b tren nu ng d e r N ow ogroder Gebietes vom Kö­

nigreich P o len vorzubeugen.

Nowogrodek, d. 3. April 1717

U nterschriften des P räsid iu m s un d des V er­

w altun gsau sch usses des N ow ogroder Vereines.

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