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Die Zukunft, 27. November, Jahrg. XXIX, Bd. 111, Nr 9.

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(1)

X X IX . Jahrg. Berlin, den 27. November 1920 Nr. 9

Herausgeber

Maximilian Harden

INHALT

Seitn

Sirenenklänge... 225

A uf der T o te n w ie se ...225

W achs in die O h re n ... 230

Der Mann am M a s t ...236

Schieb immer Treu und R edlich k eit...246

Nachdruck verboten

E r s c h e in t je d e n S o n n a b e n d

Preis vierteljährlich

22

Mk., das einzelne Heft

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BERLIN

V e r l a g d e r Z u k u n f t

SW47, Großbeerenstraße 67 1920

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Sirenenklänge

A u f d er T o te n w ie s e

' |' otensonntag. Von den Kanzeln wird Matthaei W ort über die thörichten, über die klugen Jungfrauen, wird Pauli Brief an die Thessalonicher über die Seelenbereitung auf den Jüngsten Tag verlesen. Oft von den selben würdigen Tatar*

trägern, die einem gekrönten Gaukler gehuldigt, in alle Ge*

müthsfurchen den Samen des Hasses gestreut, die Untersee*

tötung wehrlos Unschuldiger, die Menschen, Thiere, Pflanzen, Bachstelzchen, Libelle, Veilchen mordende Gasvergiftung, Flammenwurf und jegliches Gräuel gesegnet, durch Vipern*

predigt von einem Torpedöjesus noch im niedrigsten Busch*

nigger das Sehnen nach Gottheit geschändet haben. Aus unreinem Gefäß rinnt kein reiner Tropfen. Totensonntag!

Die selbe schäbige Florlüge wie, neunzig Stunden zuvor, der polizeilich befohlene ,,Bußtag“. Wenn die Tarifgenossen*

schaft protzig*pruzzischer Himmelspförtner uns zu Buße, die Schutzmannschaft der Armeniermetzler zu Totenklage auf*

rufen, schwankt der innerlich saubere Hörer zwischen Brech*

reiz und Zwerchfellkitzel. Die Republik, die eine wäre, hätte auch diesen schmierigen Firlefanz schnell, im Frühroth schon, abgeschafft. W er büßen, wer trauern will, hat dazu, noch bei elfstündigem Arbeitstag, Muße genug. Da wir hochwohlge*

borene Freiherren und hochgeborene Grafen, Excellenz Her*

mes und Excellenz Scheidemann, einen Reichswehrminister,

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226 D ie Zu kunft

Chef der Heeresleitung und Admiralität, ein Geknäuel Betitele ter und Bebänderter dulden und eine vom Salböl aus fünfzig Aufsichtrathsbüchsen schimmerndeGlatze psalmodiren lassen, ihres Erd wandels Zweck sei die Verkörperung des Göttlichen, dürfen wir uns auch Buß* und Totensonntag „leisten“ . W er will denn die Kirche kränken? Wenn ihr, nach dem Noth*

opfer (Kaiser*Wilhelm*Gedächtniß*Spende'), auch, was innig zu hoffen ist, die mit Steuerpflicht überbürdeten Bourgeois, wie die breite Volksmenge längst, entlaufen sind, rafft sich, vielleicht, der löbliche Staat in den Beschluß, dem entweihten Gemäuer die Zuschüsse zu sperren, und dessen Pfründnern jeden Eingriff ins Bürgerleben zu verbieten. Noch ists nicht Ereigniß. Also wird, zweimal in einer W oche, allerlei Ver*

gnügungstätten die Lüge ernster Kunstpflege aufgezwungen, dreihundert Tanzschlampen der Unterrock festgebunden, hier was verpönt, dort, blinzelnd oder säckelnd, erlaubt und der Fluß des „Vollbieres“ zum Strom gebreitet. Ein paar Tausend, meist Frauen, bewegen sich auf die Friedhöfe, was sie auch sonst einmal in jedem Jahr wohl thäten; und in der Kirche lauschen die noch den Pfaffen Sankt Wilhelms Anhangenden, der paulischen Mahnung: „Strebet fort und fort nach gedul diger Güte, seid Jedermann freundlich und sorget, daß nie Einer Böses mit Bösem vergelte 1“ Draußen schallts dann*

anders. „Haben Sie gelesen? Kommt davon, daß die schlappe Bande oben sich Alles bieten läßt. Na, wartet, Ihr Schwein*

hunde in Paris und London! Lange dauerts nicht mehr. Der Reiseredner Simons, aus echter Wilhelm*Sfraße, riskirt schon

’ne Lippe; und in Cuxhaven gabs gestern wieder Senge.“ Buße und Trauer wollt Ihr? Gar in Berlin? „Da staunt der Fach*

mann und der Laie wundert sich.“ London und Paris sahen an*

dere Totenfeier. Am elften November stockte, wie im vorigen Jahr, im ganzen Britenreich zwei Minuten lang alles Getriebe, standen alle Räder und Rädchen der Wirthschaftmaschine still, ließ jeder Planer, Angestellte, Workman die Arbeit ruhen; nur zwei Minuten lang: damit, erstens, nicht lange, zu Werthschöpfung nothwendige Zeit vergeudet und, zwei*

tens, nicht das hehre Erinnern an den großen Tag des Waffen*

Stillstandes verwischt werde. Die plötzliche, kurze Hemmung

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S i r e n e n k l ä n g e 227 im Lauf der Mechanik, der gelle Schrei der Dampfpfeife zwingt Jeden, auch das Lehrmädel und die Botin im Eastend, in das Bewußtsein: In dieser Stunde haben, 1918, fünfzehn Millionen Menschen die Waffen gesenkt, ist auf Erden Friede geworden. Danach folgte die Ueberführung eines unbekannt«

ten Kriegers, eines der hunderttausend Gefallenen, deren Name nicht zu erkunden war, in das Ehrengrab der Westminster- Abtei. Admirale und Marschälle des Königreiches tragen den in die Kriegsflagge eingehüllten Sarg. Ueber dem lan- gen, langen Zug schwillt und ebbt Haendels Trauermarsch.

Die Garde präsentirt das Gewehr. Der König, die Würden- träger, das Gefolge treten zu stumm huldigendem Gruß vor.

Nun schweigt die Musik. A uf die Flagge, neben den Stahl#

heim legt King George einen grünen Kranz auf den nieder*

gesetzten Sarg. Der Erzbischof von Canterbury betet das Vater Unser. „Vergieb uns unsere Schuld, wie wir Denen vergeben, die uns gekränkt haben. Und erlöse uns von Allem, was schlecht und bös ist.“ König und Volk sprechen die Haupt­

sätze mit. Vermählen denPriesterstimmen ihre zumGesang eines Psalmes. Von allen Thürmen tönt die Glocke. In die Abtei, die den Erdenrest allen Britenruhmes herbergt, tragen Garde*

Offiziere den Sarg. Hundert Soldaten, tausend Kriegerwit- wen empfangen ihn im Gewölb; alle mit Blumen und Krän­

zen, alle nach eigenem Willen, nicht nach Rang und Charge, gereiht. Düster leuchtet der Chor aus Tausenden frommer Kehlen auf; und erlischt. Eine einfache Messe. Der Drei­

undzwanzigste Psalm. „Der Herr ist mein H irt: was könnte mir mangeln? A uf grüner Au weidet er mich, führt mich sicher an frischen Labequell und sorgt auch für meiner Seele Erquickung. Und wanderte ich im finstersten Thal: da Du, Herr, bei mir bist, bin ich getrost; da Dein Stab mir Stecken wird, fürchte ich kein Ungemach. Güte und Barmherzigkeit werden mich geleilen und immerdar ist in Gottes Haus mir die W ohnstatt bereitet.“ Mit silberner Schale naht der Dechant.

Ihr entnimmt König George Sand von Frankreichs Erde und streut ihn in die Gruft, worein, während der Psalm erklang, der Sarg gesenkt worden ist. Kiplings Reichshymne endet die Feier. Drei Tage, drei Nächte lang stehen die Thüren der Ab<*

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228 D ie Zu kunft

tei offen und Millionen umschreiten die Gruft. W er ruht dar*

in? W en krönte höhere Ehrung, als denNelson und Welling*

ton ward? Kein Sterblicher kennt seinen Namen. Irgendwo in Frankreich ist er gefallen. W er dort einen Sohn, Vater, Gatten, Bräutigam, Bruder verlor und den geliebten Leib nicht zu finden, zu bergen vermochte, darf nun hoffen: Dieser ists! In dem Gebirg von Kränzen war einer aus Lorber von den Friedhöfen bei Ypern; die Schleife trug die Inschrift:

„Ein Kämpfer des großen Krieges; G ott kennt ihn.“ Welt*

licher, doch nicht minder würdig war, an dem selben Tag, in Paris die Totenfeier. Auch hier beugte jedes Haupt sich vor der „Demokratie der Tapferkeit“. Der Präsident, die Minister, die drei Marschälle der Republik empfingen auf der Treppe zum Pantheon den Sarg, das letzte Heim des unbekannten Kriegers, und geleiteten ihn, dem das Herz Gambettas gesellt war, nach der Trauerceremonie in unabsehbarem Zug durch eine Hecke von Kriegern, Krüppeln,Witwen,Waisen des Krie- ges über die Großen Boulevards, Konkordienbrücke, Ely- sische Felder, Sternplatz bis unter den Triumphbogen, wo er beigesetzt wird. So mühten beide Hauptstädte, Hauptländer des europäischen Westens sich, den Hinterbliebenen zu be­

weisen, daß die im Krieg wie Kräuter im Maien Verblühten im Gedächtniß fortleben, der Dank für den Muth und die Qual von Millionen Namenloser unverjährbar ist. Welches Menschenherz, rief General Auffenberg, ein Kriegsminister Franz Josephs, „welches, in dem nur ein Funke von Ehre, Treue und Anstand wohnt, kann sich der sittlichen G röße solcher nationalen Ehrung entziehen? Nie war solche Ver­

beugung vor dem Atom Mensch, vor dem unbeachteten Mil­

lionstentheil des Kampfwerkzeuges so berechtigt wie in dem Krieg der Kriege. England und Frankreich können auf ihre Söhne stolz sein und es ist nur eine Pflicht primärer Dank­

barkeit, wenn all den Unbekannten und Ungenannten unter ihnen die höchste nationale Ehrung zu Theil wird. Aber ha­

ben wir, haben unsere Söhne weniger geleistet? Liegen nicht auch von den Unseren Hunderttausende gebettet, deren N a­

men und Thaten Niemand kennt und die doch bis zum T od ihre Pflicht erfüllt haben? ,Auf ferner, fremder Au, da liegt

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S i r e n e n k l ä n g e 229

«in toter Soldat, ein unbekannter, vergessener, wie brav er ge»

kämpft auch hat. Es reiten viele Generale mit Kreuzen an ihm vorbei, denkt keiner, daß, der da lieget, auch werth eines Kreuz*

leins sei.‘ Ein heimathlicher Dichter sang dieses Lied von den toten Streitern der alten Armee. W enn sich auch für keinen der Blutzeugen einer Idee, die durch Jahrhunderte ein Reich, ein naturnothwendig gewesenes Reich erhalten hat, ein alt*

berühmter Dom oder ein stolz prunkenderTriumphbogen als letzte Ruhestätte findet: in unseren Herzen leben sie, alle, fort.“

Und wie stehts in Deutschland? Schon die Vorstell*

ung offizieller Totenfeier in dieser,,Republik“ pelzt die Zunge, verstimmt den Magen. Die Wunden des unbekannten Kriegers sprängen auf, wenn an den Sarg des Tapferen der Dicke träte, der vor dem ersten Schatten einer Gefahr jämmerlich auskniff, vor Schatten, der, wie der unversehrte Heldenleib Eugenii Schiffer bezeugt, nicht die winzigste Gefahr einhüllte, und denheute noch.achtMonate nach nächtigem Abtritt, Deutsche als Reichspräsidenten dulden. Auch, was unter dem im Für*

stenkeller Erkürten haust, ist, vom Schopf bis in die W a ­ den steril, zu ernster Feier wie zu-froher untauglich. Doch zwischen Ostende und Dwinsk, zwischen Seine und Nil lie*

gen fast zwei Millionen deutscher Menschen in fremder Erde.

{W arum , nebenbei, wird niemals erwähnt, daß für die Gräber*

pflege die täglich geschmähten Franzosen mit würdigsterUm*

sicht sorgen, auch die anderen Völker redlich bemüht sind und daß nur von den Türken, den lieben Genossen, die aus eigener Kraft im Krieg nie was geleistet, doch mit unermüd*

lichem Eifer das deutsche Gold geschluckt und verschoben haben, nicht einmal Auskunft über die Art der Leichenberg*

ung zu erlangen ist? Damit die Menge nicht, endlich, merke, für welches Verbrechergesindel ihre Kinder von Envers ber*

Jiner Busenfreunden, unter dem Segen aller Stickgaspfaffen, in den Tod gehetzt wurden ?) Zwrei Millionen Männer. Einst wurden sie, mit einem nur der weithin leuchtenden Einzel*

that gebührenden W ort, „Helden“ geheißen. W er denkt noch ihrer? W o ist Nachhall und Abglanz der Tragoedienstimm*

ung, die über das Land so ungeheuren Menschenverlustes, purpurn, schwarz, des Millionenleides bebender Athem, hin*

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230 D i e Z u k u n f t

wehen müßte? Von aller Noth der Kriegsjahre wird, bis in Butterpolonaise und Kohlrübenpein, noch alltäglich geredet;

nicht von den Gefallenen. In dem Gespräch, in das Jeder, fast jeden Tag, sich einlassen muß, mache ich manchmal die Probe.

„U nd, vor Allem, der unersetzliche Menschenverlust, die von unserer Flur gemähte Kraft der Seelen und Leiber . . .“

Kein Echo. Niej'bis heute ohne Ausnahme nie. Höchstens:

„Ja, so ist der Krieg. Da hilft nichts. Nun müssen wir aber zum Wiederaufbau kommen I“ Wiederaufbau: mir das Stich*

wort zu Abbruch. W eil an Einen, der so heillos dumm oder blind ist, noch an die Möglichkeit von Wiederaufbau (des Eingestürzten) zu glauben, jedes W ort vergeudet w ä re ... To*

tensonntag. In den Zeitungen fehlt die Anzeige vom „Riesen«

Lach*Erfolg“ der Cabarets (die offen sind), fehlt die Ver*

heißung, daß^zwanzig Tanzweiber nur mit einer Bartbinde zum Gewerbebetrieb antreten. Sonst? W ie sonst. Der Krieg war ein schlechtes Geschäft. W ozu noch dem verlorenen Ein«*

satz nachwimmern? „Hätten sies schaffen gekonnt!“ Dann wären sie Helden geblieben. So? W as nicht fleckt, taugt nicht in die Wirthschaft. Und Wirthschaft ist Alles. Denn wir sind

„tüchtig, tüchtig, tüchtig“ In Ewigkeit. Amen. Sollten uns drum aberauchderHeuchelei von Bußtag undTotenfeier entkleiden.

W a ch s in die O h re n !

Wirthschaft ist Alles. W ichtig also, zu hören, was, ihr zu Heil, die klügsten'Kenner zu sagen haben. Einige sind seit ein paar Monaten hier, unter Lateinerfahne, zu freier Aussprache vereint. Ein anderer, Herr Max M. Warburg aus Hamburg, schickte mir den W ortlaut der Rede, die er auf dem Fünften Deutschen Bankiertag gehalten hat. Die klingt anders, hat viel mehr Inhaltsgewicht, als die Zeitungberichte ahnen ließen. Schade, daß ich sie, die dreiundvierzig Folio«

seiten füllt, nicht ganz abdrucken kann und mich in ein paar auch dem Laien verständliche Bruchstückchen aus dem wohlgefügten Bau des Erkennens und Wollens beschränken muß. Die lehrreiche Rede wägt „die nothwendigen Vorbei dingungen für die Gesundung der deutschen W ährung.“

„ E in e W ä h r u n g kann n u r g e s u n d sein, w enn d as Wirl.li- schaftlieben g e s u n d ist, w e n n also d as L a n d so viel p ro d u z irt.

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S i r e n e n k l ä n g e 2 3 1

w ie d ie B e v ö lk e ru n g b ra u ch t, o d e r die P ro d u k te , die d a s L an d n ich t se lb st e rz e u g t, d u rch an d ere P ro d u k te ein han deln kann, o d e r 'das L an d aus S ch iffa h rt, A u slan d su n v ern eh m u n g en usw.

Ein k ü n fte h at, m it d en en e s den B e d a rf eines V olk es bezahlen kann. K rieg, R ev olu tion und F r ie d e n s v e n ra g h ab en uns ab er se ch s Jahre, lan g u n m öglich g e m a c h t, w irthsehaftlic'h' zu a r ­ b e ite n ; d e r S ta a t h a t sein e G e ld b e d ü rfn isse n ich t d e r w i r t ­ sch a ftlich e n P ro d u k tio n d e s V olk es a n g e p a ß t, so n d ern d u rch N o ten em issio n en b efried igt. D ieser G e ld sc h ö p fu n g e n tsp ra c h a b e r n ich t ein e W e rth s c h ö p fu n g , so n d e rn eine riesige W e rtli- z e rs tö ru n g . D e r W e g z u r G e s u n d u n g ist n u r m ö g lich , w enn w ir d ie W a r e n p r o d u k t i o n v e rg rö ß e rn und die N o ten em issio n v e rrin g e rn , w en n w ir fü r d ie N o te n d ie R ü ck z a h lu n g o d e r eine au s d e r W a a re n s c h ö p fu n g sich e rg e b e n d e D e ck u n g e ra rb e ite n .

. . .D i e G e s u n d u n g u n se re r W ä h r u n g ist n ich t d a rin zu e r ­ blicken, daß d ie alten G o ld p a ritä te n w ie d e rh e rg e ste llt w erd en . D a d e r S tan d d er W ä h r u n g n u r eine F o lg e e rsc h e in u n g d er privaten und sta a tlich e n W irth s c h a ftfü h ru n g ist, so ist se lb st­

v e rstä n d lich , d a ß die W ä h r u n g d e s heutigen D e u tsch la n d s au f u n a b se h b a re Z e it h in au s n ich t d en selben S tan d haben kann wie d ie d e s sta rk e n D e u tsc h la n d s v o r dem K riege. W a s uns a b e r u n e rträ g lich e rs c h e in t, ist d a s S ch w an k en d e r W ä Ir­

ru n g in d en W e c h s e lk u rs e n . D ie W e c h s e lk u rs e sind n u r ein T h e rm o m e te r ; sein w ildes S ch w an k en beweist, d en F ie b e r- zu stan d D e u tsc h la n d s, E u r o p a s , ja, d er g an zen W e lt. Die V a lu ta sch w a n k u n g e n sind die n atü rlich en S y m p to m e d es Fie b e rs. A b e r sie w irken lauclr s e lb s t w ie d e r a u f die W .irih ■ s c h a ftv e rfa s su n g zu rü ck . S ch w a n k t die W ä h ru n g , so sch w a n k t a u ch d ie g an ze soziale S tru k tu r d e s L a n d e s , e s sch w a n k t der B o d en fü r .alle K alk u lation en , sei es im G e s ch ä ft, sei es inr P riv atleb en , d ie V e rm ö g e n , d ie E in k o m m e n A ller w erden b e­

tro ffe n ; d u r c h d ie se U n s ich e rh e it w ird eine S tim m u n g des L e ich tsin n s und d e r V e rzw eiflu n g e rz e u g t, die bis zu r R e ­ vo lu tio n treib en k a n n .. .

D e r M ittelstan d , d e r die W is se n sc h a fte r, K ü n stler, die m ittleren und h ö h e re n B e a m te n , d ie kleinen R en tn er, die n o u v e a u x p a u v re s, im tra u rig e n G e g e n s a tz zu den nouveaux:

rich es, u m fa ß t, w ü rd e g a n z v e ra rm e n und e n tw e d e r vo m B o l­

sch e w ism u s o d e r vo m ’ R e v a n ch e -V e rla n g e n e rg riffen w erd en , w enn d a s jetzige W ä h r u n g - u nd P re isn iv e a u a u fre c h t erh alten w ü rd e. D e sh a lb m ü ssen w ir h offen, d a ß d er au gen b lick lich e T ie fsta n d u n s e re r W ä h r u n g n ich t a n h ä lt, so n d e rn daß es

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2 3 2 D i e Z ukunft

g e lin g t, d u rc h ric h tig e M aß n ah m en im In n ern und d u rch U n te rstü tz u n g von außen ein e S te ig e ru n g u n se re r W ä h r u n g h erb eizu fü h ren und d a s d a n n g e w o n n e n e N iv eau d u rch rich tig e A rb eitw eise a u fre c h t zu e r h a l t e n .. .

W e n n w ir von S p a rsa m k e it re d e n , so h a n d e lt es sich in a lle re rste r R eihe d a ru m , d a ß die A rb e itk ra ft d es Einzelnen ric h tig v e rw e n d e t w ird u n d diaß w ir s te ts ein e Drjngliijch- keitliste v o r A u g en h ab en , a u s d e r sich e rg ie b t, w as a m N o t ­ w en d ig sten ist. D ie ric h tig e R eih en fo lg e d er jew eils n o t ­ w en d ig en A rb eiten zu b estim m en , ist fa s t d as S ch w ie rig slc, so w o h l fü r den Einzeln en w ie fü r den S ta a t. Im D eu tschen - R eich 1 ist d ie ric h tig e V e r w e r t u n g d e r 'A rb eitk räfte h e u te n o ch 1 n ich t g e s ic h e rt. In den S ta a tsb e trie b e n haben w ir zu viele K rä fte , in P riv a tb e trie b e n zu w e n ig e ; a u f d em L a n d feh len H ä n d e , in d e r S ta d t sind A rb e itlo se . Ein L a n d , d a s seine A rb e itk rä fte n ich t ric h tig au sn u tz t, w i r t s c h a f t e t fa lsch . N a c h ­ dem d e r frü h e re n R e g iru n g w e d e r g e lu n g e n ist, d en Krieg' zu v e rm e id e n , n o c h , ihn re ch tz e itig zu b een d en , w a r eine A rb e it- lo se n u n te rstü tz u n g zu L a ste n d e r A llg em ein h eit b e re ch tig t. D ie S u m m e, d ie fü r A rb e itlo se vo m R eich bis h eute au sg e g e b e n w u rd e , ist a u f e tw a 11/2 M illiard e M ark zu s c h ä tz e n ; hierzu

kom m en ,noch d ie A u sg a b e n d e r G em ein d en . D ie A rb e itlo se n - u n te rstü tz u n g m u ß a b e r allm ählich' in ein e A rb e it’o s e n -V e r - sich e ru n g u m g e w a n d e lt - w erd en , denn d er S ta a t kann seine W ä h r u n g nie in O rd n u n g b rin g en , ;wenn e r tä glich o h n e •Gegen­

leistu n g N o te n a u sg ie b t. B is zu ein em 1 gew issen G ra d e ist a u ch ein in te rn a tio n a le r A u sg le ich 1 d e r A rb eitlo sig k eit d e n k b a r:

eine A u fg a b e , d ie d u rch E rric h tu n g ein es W e ltw 'a n d e ru n g - a m te s g e f ö r d e r t w erd en k ö n n t e .. .

W ie d a s H e e r im K rie g in F o lg e von U e b e rla s iu n g m it ü b e rm e n sch lich e n A u fg a b e n sch ließlich z u sa m m e n b ra ch , wird,' u n se r W irth s c h a ftk ö rp e r z e rb re ch e n , w enn ihm die A u fb rin ­ g u n g .u n e rträ g lich e r S teu ern z u g e m u th e t w ird . E s ist g a n z g e ­ wiß n ich t e n tsc h u ld b a r, w enn d ie U n z u frie d e n h e it m it d e r h e u ­ tigen R e g iriin g fo rm m a n ch m a l z u m . V o rw a n d g e n o m m e n wird,' um d ie V e rs ch le ie ru n g von S te u e re rk lä ru n g e n zu b e g rü n d e n ; w ir können u n m ö g lich u n se re F in an zen in O rd n u n g b rin gen , w en n J e d e r n u r G ew in n e a n z u h ä u fe n stich t. A b e r d e r S ta a t m uß au ch m it d e r m e n sch lich e n P s y c h e re c h n e n : und bei U e b e rs p a n n u n g d e r S teu ern h ö rt d ie S te u e rm o ra l a u f, o h n e die ein e e rfo lg re ich e S teu e re in z ie h u n g n ich t m öglich ist. N a ch D u rc h fü h ru n g d e r jetzigen K a p ita lb e ste u e ru n g sg e se tz e w erd en

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S i r e n e n k l ä n g e 233

d ie frü h e r g ro ß e n V e rm ö g e n so w 'egges teuere sein, daß w ir fü r eine Längere R eih e von Ja h re n ü b e rh a u p t keine neuen K a p ita l­

steu ern au ferleg en d ü rfe n . S o n st w ird jede 'E rh o lu n g d e s W ir th - s ch a ftle b e n s u n m öglich . V erh in d e rn w ir d ie K a p ita lsb ild u n g , so h ö rt au ch d e r P riv a tk re d it a u f 'und o h n e K red it kann kaum irgend ein W irth sc h a ftu n te rn e h m e n a r b e i t e n .. .

U e b e ra ll k om m en au f legalem und illegalem W e g e noch viel zu viele a u slä n d isch e L u x u sa rtik e l n a ch D e u tsch la n d hin­

ein. In den L ä d e n sehen w ir fra n z ö sis ch e P a rfü m s , e n g lisch e C ig a re tte n , -sch w eizerisch es K on fek t, a u slä n d isch e S eiden , Spitzen u sw . D a s sind L u x u sa rtik e l, die w ir u n ter keinen U m stä n d e n als F e rtig fa b rik a le h erein lassen d ürfen in ein e r Z eit, in d e r w ir n ic h t in d e r L a g e sind , die n oth w en d ig en Z u sc h ü s se an G e tre id e u n d F eiten , die w ir b ra u ch e n , zu b e zah len . D ie G re n z ­ kontrollen kön nen n ich t s c h a rf g e n u g sein. Z u gleich k om m t A lles d a ra u f an, d ie A u sfu h r zu forcinen. D a s A u slan d d a rf n ich t [gleich n e rv ö s w e rd e n , w enn w ir an fa n g e n , u n seren E x ­ p o rt w ied er m e h r zu heben . D en n D a s m ü ssen w ir, w enn w ir d a ra n d enk en w ollen , u n sere S ch u ld en zu b ezah len . D ie W e lt m uß v e rste h e n , daß m an u n m ö g lich ein L a n d m it S ch u ld en b elasten und zu gleich ihm d a s In s tru m e n t z u r B e z a h lu n g n e h ­ m en kann. W e n n w ir F ra n k re ic h e n tsc h ä d ig e n sollen , d a r f E n g la n d uns n ich t des ,D u m p in g ' b esch u ld ig en , w enn w ir ein ­ m al billig v e rk a u fe n ; d eu tlich m!uß zw isch en D u m p in g , d em V e rk a u f zu S ch le u d e rp re ise n ins A u slan d u n ter H o c h h a ltu n g d e s P re is sta n d e s im In n eren , und den n atü rlich en P re is g e s ta l­

tu n g en in F o lg e d es V a lu ta rü c k g a n g e s u n tersch ied en w erd en . . . . N a c h d em F rie d e n s v e rtra g h aben w ir bis zu m ersten M ai 1921 2 0 M illiarden G o ld m a rk zu zah len , d a n n w eitere 4 0 M il­

liard en G o ld , die von 1 0 2 1 bis 1 9 2 6 m it 21/2 und fü r die Z eit n a ch 1 9 2 6 m it 5 P ro z e n t zu v erzin sen und m it 1 P ro z e n t zu a m o rtisire n sind . D a rü b e r h in a u s ist n o ch 1 ein e w eitere E n t­

s c h ä d ig u n g z a h lu n g von 4 0 M illiarden M ark G old v o rg e se h e n . D iese 1 0 0 M illiarden M ark G o ld w ü rd en bei den jetzigen K u r­

sen 1 7 0 0 M illiarden P a p ie rm a rk , a m D o lla r g e re ch n e t, a u s - ,

^machen. D iese S u m m en b ed eu ten a b e r n u r ein e ä c o n to - Z a h lu n g d e r G e s a m m tb e trä g e , d ie m a n uns in allen frü h e r fein d lich en L ä n d e rn a u f den R e p a ra tio n e n k o n te n n e b s t Z in sen zu b elasten b e a b s ich tig t und d e re n E n d h ö h e u n s n ich t b e k a n n t ist. A u ch bei u ns g a b e s F in a n z m in iste r, d ie g la u b te n , djie S ch w ierigk eiten e in fa ch 1 d a d u rc h lösen zu k ön nen , d a ß sie d e m G e g n e r die B e z a h lu n g a lle r K riegskiosten auferlegven. D ie L ä n g e

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(12)

2 3 4 P i c Z u k u n f t

d e s 'K rieges b ra c h te -aber alle b eiheiligten L ä n d e r E u ro p a s in ein fin an zielles C h a o s , au s d em w ir jetzt n u r h era u sk o m m e n , w enn alle, S ie g e r w ie iBesiegte, d e r W irk lich k e it ins A u g e seh en .

. . . N u r, w en n u n s so viel K oh le b elassen w ird , d aß d ie V o lk s­

w i r t s c h a f t , in sb e so n d e re d ie E x p o rtin d u strie , in G a n g bleibt, ist D e u tsch la n d z a h lu n g fä h ig . Je tz t m uß d ie R e g iru n g m o n a t­

lich e tw a 5 5 0 M illionen, also im J a h r 6 ,6 M illiarden M a rk N o te n d ru ck e n , um d ie P ro d u z e n te n fü r die an F ra n k re ich zu liefernd e K oh le zu b e z a h l e n .. .

D ie S a ch v e rstä n d ig e n d e r gan zen W e lt sind d a rin einig, d aß w ir u n s n u r d u rch a rb e ite n k ön n en , w en n w ir im' E ig e n ­ v e rb ra u c h spanen und m e h r fü r d a s A u sla n d arb eiten . A b e r w ie soll D a s m ö g lich sein, w enn u ns d e r freie E in tritt in den W e lth a n d e l v e rw e h rt w ird , w enn u n se re E x p o rte u re keine E r- laubniß e rh a lte n , in d ie e h e m a ls fein d lich en L ä n d e r zu reisen u nd d o r t A g e n tu re n und N ie d e rla ssu n g e n zu u n te rh a lte n ? N u r d ie w e ite stg e h e n d e F re ih e it im in tern atio n alen V e rk e h r und H an d el in V e rb in d u n g m it d e r te ch n isch e n V e rb e ss e ru n g aller V e rk e h rsm itte l können bei uns u n d in allen ü brigen L ä n d e rn zu d e r E rh ö h u n g u n d V e rb illig u n g d e r P ro d u k tio n fü h re n , die die W e lt fü r d ie G e s u n d u n g d e r W i r t s c h a f t l a g e b ra u ch t.

U n g e h e u e r sind d ie S u m m en , d ie d a s D e u tsc h e R eich als E n ts c h ä d ig u n g fü r d ie in fein d lich en L ä n d e rn s e q u e strirte n und liquidirten W e rth e au fw en d en m uß. C h in a g in g so w eit, eine c h in e sis ch e S ta a tsa n le ih e , die in D e u tsch la n d u n ie rg e b ra c h t w u rd e , zu an nu lliren , d a isie m it D e u tsch e n a b g e s ch lo s se n sei u nd C h in a je tz t G e g e n fo rd e ru n g e n g e lte n d m a ch e . D ie se r ,D if- fenenzeiw and' w ird s o g a r g e g e n ü b e r N e u tra le n , d ie d e u tsch e S tü ck e b esitzen , e rh o b e n . Im V o ra n s c h la g fü r d a s lau fen de J a h r w erd en d ie E n ts ch ä d ig u n g e n fü r die A b tre tu n g d e r d e u t­

sch e n H a n d e lsflo tte au f 17 M illiard en, fü r die L iq u id atio n 'd eutsch en E ig e n th u m s im A u sla n d a u f 9 0 M illiard en, für' die A b lie fe ru n g von K rie g s g e rä th u sw . a u f IO1/2 M illiard en, fü r A u fw e n d u n g e n n a ch d e m bereits, e rla s se n e n K rie g s s c h a d e n s ­ g e s e tz u n d d en in V o rb e re itu n g b efin d lich en E n ts c h ä d ig u n g s - g e s e tz e n f ü r d ie e h e m a lig e n d e u ts ch e n S ch u tz g e b ie te u sw . a u f 231/2 M illiarden g e s c h ä tz t. D ie G e sa m m ts u m m e d e r E n ts c h ä d i­

g u n g e n w ü rd e sich nach' d ie se n S ch ä tz u n g e n fü r d a s lau fen de J a h r a u f e tw a 131 M illiard en M ark b elau fen , w ob ei a n sc h e i­

n en d n och ein K u rs ,von u n g e fä h r 4 0 M a rk fü r d en D o lla r zu G ru n d e g e le g t ist, w ä h re n d e r '.jetzt ü b e r 7 0 M a rk steht).

. . .W ie D e u tsc h la n d nodh n ich t d ie vollen A u sw irk u n g e n se in e r G e b ie tsv e rlu ste u n d sein er V e rp flich tu n g e n au s d em

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S i r e n e n k l ä n g e 235

F rie d e n s ver tra g s p ü rt, s o h a t F ra n k re ic h a u ch n och n ich t die vollen V o rth e ile a u s dem V e rtra g e . A b e r es kann n ic h t la n g e d a u e rn , bis sich' fü r F ra n k re ic h d e r E rw e rb von E ls a ß -L o th ­ rin gen , d ie se s re ich e n und industriell h o ch en tw ick elten L a n d e s, g e lte n d m a c h t. F ra n k re ich s p ü rt w oh l n och d ie F o lg e n d es K rie g e s , a b e r n o c h n ich t d ie d es F rie d e n s v e rtra g e s , und w ie e s d ie N a ch w irk u n g e n d e s K rie g e s verw ind en w ird , w erd en d ie V o rth e ile d e s g ew o n n en en K rieges :im m er fü h lb a re r. S o k on nte d e r F in a n z m in iste r M a rsa l e rk lä re n , d a ß d ie B ank, von F r a n k ­ reich in Z u k u n ft keine V e rs c h ä rf u n g d e r In flatio n zu lassen w e rd e , u n d e r d e u te te a n , d a ß s o g a r bald m it d e r R ü ck z a h ­ lu n g d e r K rieg san leih en b e g o n n e n [werden k ö n n e ...

D e u tsch la n d m uß, n a ch d e m ihm alle F o rd e ru n g e n an seine eh em alig en B u n d e sg e n o sse n g e n o m m e n sind , a u ch 1 von d en V e rp flich tu n g e n g e g e n ü b e r d iesen L ä n d e rn b e fre it w erd en (G e ld ­ v e rp flich tu n g e n g e g e n ü b e r d e r T ü rk e i u n d D e u ts c h e R e ich s­

sch a tz w e ch se l a ls U n te rla g e n fü r T ü rk isch e S ch u ld v e rsch re ib u n ­ g e n ). D ie H a ftu n g d e s d e u ts ch e n V e rm ö g e n s fü r d ie F o r d e ­ ru n g e n alliirte r S ta a ta n g e h ö rig e r an d;je e h e m a lig e n B u n d e s ­ g e n o sse n D e u tsc h la n d s m u ß au fg e h o b e n w erd en . . .

N u r, w en n von allen L ä n d e rn , d ie u n ter d en F o lgen d e s (W eltkrieges zu leiden h a b en , d ie ö k o n o m isch e W irth sch a ft-.

ein h eit a ls s o lc h e e rk a n n t w ird und die E rre g e r d e r jetzigen u nd zu kü n ftigen In flation b e se itig t w e rd e n , ist e s m ö g lic h , einen w eiteren Z u sa m m e n b ru c h u n s e re r W ä h r u n g zu v e r h ü te n ."

D aß nur europäische, nicht von Zufallsgrenzen gehemmte Gemeinwirthschaft den siechen Erdtheil in Genesung fördern kann, ist seit bald fünf Jahren hier oft gesagt worden. D aß dieser Laienglaube alltäglich j etzt von den feinsten Köpfen der W irth*

schaft, Finanz- und Handelstechnik bestätigt wird, erhellt, ein W en ig immerhin, den trüb über uns hängenden Himmel.

D e r M a n n am M a s t

Jedem , mag er von der über den Krieg ihm aufgetischten, Literatur noch so übersatt sein, empfehle ich das unter dem Titel „Ludendorff“ von dem französischen General Buat ver*

öffentlichte Buch (dessen deutsche Ausgabe jetzt bei Payot in Lausanne erschienen ist). Ein M eisterstück klarer Lateiner­

psychologie, das der Gewissensdrang nach Gerechtigkeit („ritterlich“ würde die allem Ritterthum erzfeindliche Presse ihn nennen) über die solcher Seelenerkundungart nie ferne

17*

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236 D i e Z u k u n f t

Gefahr der Seichtheit hebt. D er Dargestellte, dessen Tüchtig*

keit, Um sicht, W illenshärte von W eitem , bis, mit vernich*

tender Beweiskraft, sein eigenes Buch dagegen zeugte, für etwas der G röße Aehnliches gelten konnte, wird überschätzt*

weil der Darsteller nicht weiß, daß die von ihm kalt be#

wunderten Eigenschaften auf manchem H ügel des alten deut*

sehen Offiziercorps grünten. Diese Ueberschätzung ist „rela*

tiv“ (D as heißt: von dem Standpunkt des Schätzers bedingt) und wird, als A usdruck der Franzosenmeinung, dem deut»

sehen Leser W ohlthat. Kein mir bekannter Versuch, das Bild des deutschen Feldherrn zu malen, darf sich neben diesen stellen. Das kleine Buch, das den Menschen, dessen Amts*

weite („son röle“) und M anöver betrachtet, giebt dem Leser unvergleichlich viel mehr als der in fast allen entscheidenden W esenszügen abscheuliche W älzer unseres Generals. W e*

niger W ortgetrom m el, mehr W ahrheit aus M enschenland.

„D er W e g nach Paris geht über Belgien; daran zweifelte er niemals. Belgien war neutralisirt; einerlei. D enn erst nach dem Bruch dieser N eutralität konnte Deutschland seineFeinde niederringen und den im W ettbew erb der N ationen ihm ge*

bührenden Platz, den ersten, erobern. Als Oberquartier*

meister der Armee Bülow hat Generalmajor Ludendorff, als es vor Lüttich schlecht stand, sich selbst auf den Posten des gefallenen Brigadekommandeurs gehoben. Er war, da die zwei anderen Kolonnen nicht vorgedrungen waren, in dem G ürtel der Befestigungen allein und seine Truppe wankte schon. E r aber zaudert nicht eine M inute lang. N achts will er gegen die Brücken vorstoßen und an derenAusgang Stellung nehmen. A ls der Plan ausgeführt ist, glaubt er, die weiße Fahne auf derC ita*

delle wehen zu sehen; fährt, allein, im A uto hin, erkennt, daß sein A uge ihn trog, fordert aber die Besatzung zu LJebergabe auf und läßt sich die T h ore öffnen. Ohne ihn, sagt er selbst, wäre die Operation wahrscheinlich nicht gelungen. Von der ersten Begegnung an steht er als ein Mensch von verblüffen#

der Selbstgewißheit und schroffstem H ochm uth vor uns.

Sein Buch, aus dem das Ich ohne Schüchternheit vorspringt, soll ihn nicht nur vertheidigen, sondern das Denkmal seiner G röße und Herrlichkeit sein. N u r an wenigen Stellen er*

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S i r e n e n k l ä n g e 2 3 7

innert er flüchtig an das Dasein Hindenburgs. Er^sah den Feldmarschall jeden M orgen, berichtete ihm aber nur mit knap­

pen W o rten ; und was er geplant und zuvor beschlossen hatte, wurde immer, ausnahmelos, gebilligt. In dem Buch tritt er nun allein auf die Bühne und spreizt sich, trotz der Behaupt­

ung, von persönlicher Schaustellung weit abgeneigt zu sein, mit der Geschicklichkeit eines Schauspielers. E r habe Alles erdacht, vorbereitet, geleitet, oft das Vaterland gerettet, das nur, weil man seinem Rath nicht folgte, den Krieg verlor.

Immer wieder spricht er von der ungeheuren Verantwortung- last, die er vor Vaterland und Heer getragen habe. D aß ein Stabschef als Erwirker aller Entschlüsse den ihm Vorgesetzten Feldherrn völlig wegschiebt und daß so schwer erträgliche A nm aßung nirgends Erstaunen weckt, ist, vielleicht, nur im deutschen H eer möglich. A uch dem U rtheil der N achw elt will Ludendorff Gew alt anthun. M an höre ihn nur über seine M anöver sprechen! Tannenberg (w o er, wie in der ersten M asurenschlacht, durch die Kenntniß der russischen Operir- pläne und durch Rennenkampfs unbegreifliche H altung sehr gefördert wurde) sei eine der glänzendsten Leistungen der W eltgeschichte; in aller Kriegsgeschichte seien wenige V or­

gänge, die sich mit dem zweiten Feldzug in Polen auch nur vergleichen lassen; und so weiter. N och stolzer als auf seine Persönlichkeit und Leistung ist er nur auf sein Vaterland.

Sein (an sich höchster A chtung würdiger) Patriotismus er­

wirkt schließlich Verblendung, die ins Verderben reißen mußte.

D er G ott, dem er dient, ist D eutschland; und die Regirer, die dem deutschen Volk die zum Sieg nothwendige sittliche Spannkraft nicht erhalten konnten, wollten es eben nicht, weil sie, von den schädlichen Ideen des Tages verleitet, von der einst gemeinsamen Religion abtrünnig geworden waren und (in der Sprache der Katholischen Kirche) als Modernisten des Patriotismus verdammt werden m ußten. E r hat also einen Köhlerglauben. Die Sache ist schlecht gegangen? Ihm be- deutets nicht etwa, daß sie an sich schlecht, sittlich un­

gerecht, im Grundgedanken falsch w ar, sondern, daß sie schlecht ausgeführt wurde. N icht von seinem Heer, versteht sich: v on d erH eim ath .U n d den militärischen Zusammenbruch

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2 3 8 D ie Zu kunft

habe nur die Revolution bewirkt. Eine sehr bequeme Erklä­

rung. Seit wann aber entsteht denn Revolution aus Urzeug*

u n g ? D as deutsche Volk war am Anfang einmüthig im Kriegs­

willen, hat sich vier Jahre lang nie gegen das kaiserliche Regime aufgebäumt und ist erst nach furchtbaren Enttäusch­

ungen anderen Sinnes geworden. Kurzen und ertragreichen Krieg hatte man ihm versprochen. D er Krieg war lang ge­

worden und das Volk fing zu ahnen an, daß er ins Unglück führen müsse. Das war zu viel. D ie Revolution brach aus, weil man ein Ende machen wollte, und richtete sich eigent­

lich nur gegen die M ilitärpartei, deren stärkster Vertreter L u ­ dendorff war. Als sie ausbrach, stand aber das deutsche H eer schon am Rande des Abgrundes, dicht vor einer Katastrophe, wie alle Kriegsgeschichte kaum je eine sah. D enn die E r­

zählung vom unbesiegten deutschen H eer ist ein leicht zu widerlegendes M ärchen. Als ihm der Waffenstillstand gewährt wurde, hatte dieses H eer von achtzig Reservedivisionen (im Ju li) noch knapp fünfzehn, darunter nur zwei sofort kampf- fähige, gegen hundert auf unserer Seite. Ein franko»ameri- kanischer Angriff mit dreißig Divisionen und eben so star­

ken Reserven sollte am vierzehnten N ovem ber östlich von M etz in der Richtung auf Saar und Rhein vorstoßen. D aß er unaufhaltsam war, wußte der deutsche G eneralstab: und hatte deshalb die Räumung von M etz und Diedenhofen an*

geordnet. U eber hundertsechzig (arg geschrum pfte) deutsche Divisionen wären da, zwischen der M aas und dem hollän­

dischen Limburg, unter feindlichem D ruck, mit überflügelter Südflanke, zu Rückzug genöthigt worden. N ach dem W affen­

stillstand hat der Rückzug diese Divisionen, die doch über alle Straßen von der Schweiz bis nach H olland verfügten und denen ein durch sein eigenes W o rt entwaffneter G egner folgte, fast ihr ganzes M aterial gekostet. W as wäre ohne W affenstillstand geschehen? M it Sicherheit darf man sagen, daß wir Hunderttausende gefangen, zu Tausenden und A ber­

tausenden Geschütze erbeutet hätten, wenn nicht, auf B e­

fehl der deutschen Heeresleitung, das entehrende Protokol vom elften N ovem ber unterzeichnet worden wäre. Dieser Situation eilten aber seit dem Ju li schon die deutschen Heere

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S i r e n e n k l ä n g e 2 3 9

mit Riesenschritten entgegen. N ich t die Revolution hat uns den Sieg gebracht. Ludendorff begriff niemals, konnte auch nie begreifen, daß hinter ihm Geschäftsleute standen, die, da sie merkten, wie schlecht das Geschäft gehe, dem Unter*

gang durch die Bitte um Konkursanmeldung zu entschlüpfen suchten. E r kennt nicht den Menschen, nicht die Seele seines Volkes und kann noch weniger sich in die Seele seiner G egner einfühlen. E r vermuthet in ihnen die Gedanken und Triebe, von denen er selbst geleitet wird, denen er öffentlich aber nicht Ausdruck giebt. Er will nicht sehen, daß sein Deutsch#

land den Krieg führte, um auf unsere Kosten Vortheil zu erlangen, während Frankreich nur kämpfte, um sich und seine Freiheit vor dem T o d zu bewahren. E r bedauert, daß sein Vaterland keinen Clemenceau gefunden habe, und bedenkt nicht, daß Bethmann»Hollweg aus ganz anderen Gründen kämpfte und daß auch die M assen, die den beiden Ministern folgten, von ganz verschiedenem Geist erfüllt waren. Luden#

dorffs Starrsinn wird durch seinen Glauben an die vom Him#

mel selbst den Deutschen anvertraute Mission erklärt. In diesem ungewöhnlichen M ann ist ein tiefeingewurzelter H aß gegen Alles, was in der Geschichte jemals die Politik der Hohenzollern hemmte, der H aß , aus dem der fromm Gläu#

bige den Ketzer sieht. D aß er nicht immer aufrichtig ist und, wo ers ist, sich selbst oft widerspricht, beweist sein Buch. D ie lange Liste der W idersprüche wird durch den uns wohlbekannten G eist erklärt, der Alles billigt, wenn esDeutsch#

land N utzen, Alles verdammt, wenn es ihm Schaden verheißt.

E r ist m onolithisch, aus einem K lotz; Alles in ihm ist fest zu#

sammengefügt. Deutschlands Sieg ist ihm das Ziel, dem alle Mittel dienen müssen. N oth kennt kein G ebot. W ie sollte er in der Stunde gewaltiger Entscheidung sich noch mit der Sorge belasten, die kleine aber durch ihre Lage gefährliche belgische M acht auf der Flanke seiner Heere zu schonen, als gleichbe*

rechtigt zu behandeln? D aß nur die von O st, nicht die von W e st nach Belgien führenden Straßen gesperrt waren, meldet er als Beweis belgischen Abkommens mit Frankreich an: und muß doch wissen, daß auf Belgiens Frage, ob seine Neutra*

lität sicher geachtet werde, Frankreich und England bejahend,

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2 4 0 D ie Zu kunft

von allen Bürgschaftmächten nur D eutschland ausweichend geantwortet hatte. Alles M aß überwächst er, wo er von Italiens ,V errath‘ redet und feierlich die .Gesetze der M oral, die keine N ation übertreten darf*, anruft. Sie übertreten zu dürfen: die­

ses Vorrecht ist offenbar dem auserwählten Volk Vorbehalten.

D as vergottete Deutschland hat alle Rechte und muß auch alle M acht auf Erden besitzen. Ludendorff weiß genau, daß Einberufung und Kampf der belgischen Bürgergarden gegen den Eindringling von Recht und Pflicht befohlen war und der von Belgien, D eutschland, England, Frankreich unter*

schriebenen Beilage I V 2 zum H aager Protokol entsprach.

A ber diese Unterschrift bindet D eutschland nicht fester als Preußen die auf dem Papier des Neutralisirungvertrages von 1839. N oth (die in diesem Fall obendrein g^r nicht zu er*

weisen wäre) kennt eben kein G ebot 1 A uch die erste A n­

wendung von Stickgas (an der Russenfront) bedarf, nach dem Glauben des Generals, nicht erst der Rechtfertigung;

ihm genügt, daß dieses Kriegsmittel den Feind wehrlos über­

rascht und mühelos niederringt, und er bedauert nur, daß der W in d manchmal das Gas gegen die Anwender weht und dadurch die Truppe gegen das wirksame Vernichtungmittet mißtrauisch macht. Den Unterschied zwischen der Ver­

senkung von Schiffen und der Torpedirung unschuldiger M enschen will er nicht verstehen; den Standpunkt des Völker­

rechtes, also der Menschlichkeit, findet er falsch. Er schreibt, es sei ,ein Unding, die H eimath falschen Humanitätgefühlen zu opfern.4 Als er 1917, auf dem Rückzug, die D örfer ein­

geebnet, die Ernteerträge verbrannt oder abtransportirt, jeden G arten verwüstet hat, läßt er die unglücklichen Einwohner zusammentreiben; nicht etwa, damit sie nach all ihrem Leiden endlich wieder unter die O bhut des rückkehrenden Fran*

zosenheeres kom m en,sondern,um ,Frankreich möglichst viele Esser zuzuschieben.4 A uch die M oral des M annes ist aus einem Stück. D as M otiv seines Handelns, läßt sich in die Form el fassen: „D eutschland, Deutschland über Alles! E r gleicht einem in M ystik lebenden Priester, auf dessen W ink die Schaaren herbeiströmen, die Grimasse des Gottesdienstes machen und der nicht merkt, daß die Form schon den Geist

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Sii' L' iieiik!änye 211 getötet hat, vom Glauben nur noch der Schein geblieben ist.

Die Aufgabe der Regirer schien ihm , die Stimme G ottes ertönen zu lassen, mit ihrem Ruf den entschlummerten Glau*

ben des deutschen Volkes zu herrlicher Kraft zu wecken;

weil sie es nicht konnten, fehlten sie ihrer Pflicht und wurden Verräther. So dachte er; handelte aber stets, als habe G ottes Stimme gesprochen und müsse auch ihm G ehör schaffen.

W ied er eine trügerische Hoffnung. Das Volk verstand ihn nicht mehr; gehorchte ihm so lange, wie er der H err w ar;

fühlte dann, daß es von seinen Priestern betrogen und ins Verderben gerissen w erde: und bäumte sich auf.

Als Heerführer hat Ludendorff Thatkraft und klaren Blick; als Ausbildner, Beobachter, M anöverleiter ist er rüh«

menswerth. U m seine Leistung in Rußlard ohne Rückhalt bewundern zu können, müßten wir wissen, in welchem Um«

fang die Deutschen von der mächtigen Partei gefördert wur«

den, die auf Rußlands Zinne immer in ihrem Sold stand.

W ir wissen, daß manche russische Compagnie mit einem Gewehr für je zwei M ann, manche mit einem für je drei ins Feuer gerückt ist und daß vielfach Batterien zu Unter«

Stützung oder Abw ehr von Angriffen an einem ganzen Tag nur ein paar Granaten zu verschießen hatten. Ganz so groß, wie es von W eitem scheint, ist also das Verdienst des Sie«

gers in solchem Krieg nicht. H och ragt Ludendorffs Leistung im M anöver auf den inneren Linien. Diese O perirart wurde von der Lage des im M ittelpunkt Europas von Feinden um»

ringten Reiches begünstigt. Deutschland war eine ungeheure belagerte Festung, deren W ehrm annschaft, um den Ring zu sprengen, Ausfälle machte. Vorstöße nach Rußland, Rumä«

nien, M akedonien, Italien, Tauchbootkrieg, Ausfahrtversuch der H ochseeflotte: Alles war Ausfall; kein einziger brachte schließlich dauernden Ertrag. A uf unserer Front konnte der stärkste Angriff nicht Entscheidung erw irken: jeden vermocht ten, auf Frankreichs vielen Straßen und Eisenbahngleisen, die hinter der Fron t gehäuften Reserven einzudämmen. M an mußte zuerst die Reserven vernichten oder zersprengen und danach den Durchbruch versuchen. Das allein dazu taug«

liehe Mittel bieten Theilangriffe, die, an verschiedenen Front*

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2 4 2 D i e Z u k u n f t

stellen, in immer kürzeren Abständen einander folgen, dann zu gleicher Z eit vorbrechen, die A blösung der Verbände hin»

dern, stets neue Verstärkung fordern und allmählich, so zu sagen, alle Kräfte des Angegriffenen aufsaugen. Sind seine Reserven in furchtbarem Feuer zerschmolzen: dann erst schlägt die dem D urchbruch günstige Stunde. W e r ihn vorher ver*

sucht, spannt, nach dem alten Sprichwort, den W agen vor die Pferde. D aß Ludendorff diese Kriegsmethode nicht kannte oder, weil ihm die dazu nöthigen M aterialmengen, Geschütz und G eschoß, Flugzeug und Tanks, fehlten, nicht anwenden konnte,ist noch begreiflich ;nicht aber,daß er uns für unfähig zu ihrer Anw endung hielt. U m so unbegreiflicher, als die in un- seren Linien in der gefährlichen Form ungeheurer Vorsprünge erstarrte deutsche Heeresfluth den Angriff auf sich ziehen mußte wie der Ableiter den Blitz. V or dem fünfzehnten Ju li 18 mußte Ludendorff durch Rückzug seine Front verkürzen. In Verblen- dung zog er die W iederholung der Versuche von der dritten März« und d erviertenM aiw ochevor; V ersuche,die schließlich mißlungen waren und die man nicht ungestraft gegen einen gewarnten und halbwegs wachsamen Feind erneut. D er mas­

sive V orstoß scheiterte und brach die seelische Gesundheit des deutschen Heeres. D aß nun, noch immer, Ludendorffs hochmüthiger Starrsinn den Entschluß zu Rückzug auf eine kur^e Linie hinderte, wurde sein Verderben. A u f der ganzen F ron t packten ihn unsere Angriffe und wie Schnee sah er seine Reserven schmelzen. Jetzt hatten wir ihn wirklich an der G urgel. H ochm uth, persönlicher und nationaler, ist das unausätzbare M erkzeichen, das Deutschlands G roßer General­

stab allen ihm Angehörigen aufprägt. Die Ueberlegenheit Deutschlands auf jedem Gebiet, besonders aber auf dem des Krieges, ist diesen Männern unleugbares, nach ihrer M ein­

ung auch nie geleugnetes Dogm a. M an muß W o rte aus der Religionsphäre wählen, um den Vaterlandskult dieser M änner zu bezeichnen. D er G roße Generalstab, die gewaltige In ­ stitution, um die, nach M oltkes W o rt, Frankreich die D eut­

schen beneiden müsse, hat die Schüler zu M ystikern verzo­

gen. U n d diesen gefährlichen Typus neiden wir den D eut­

schen nicht. Ludendorff vertheidigt nicht nur sich, sondern

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lernt hat, in sich zu dulden, die Frucht, die ihr geschwächter Leib nicht mehr nähren, für deren Bettung in auch nur blasses Glück ihre Aibeitkraft nicht bürgen

der geeint, sogar die Litauer, Erzfeinde der Polen, nach den deutschen Viehdiebstählen ihnen gesellt und im November 1918 durch feig überhastete Flucht sich

„Ich habe nicht gehört, daß die Vorfahren des Königs G eorg von H annover dem H ause Stuart, nachdem sie es vom Thron Englands vertrieben hatten, durch Staatsgelder

Bismarck hat niemals, nicht eine Stunde lang, den Kaiser zu „versöhnen“ gewünscht; er wollte sich die Freiheit zu nothwendiger Kritik ungeschmälert wahren und

Staatssekretären alle Ai beiten fort und wollte Alles selbst machen und gegenzeichnen. Dabei ging seine Gesundheit von W oche zu W oche zurück, er konnte nicht

schauer aber verwirren: denn für die Entwickelung der Fabel bedeuten sie nichts, kaum Etwas für die Entwickelung des Charakters.' (Müssen von jedem klugen Regisseur

Weil der W ille aller deutschen Republikaner dafür bürgt, daß sie sich nicht wiederholen wird, braucht Ihr, Franzosen, nicht zu fürchten, das erstarkte

tur dieses völlig vergriffenen Urtheils über G oethes Charakter giebt Schiller auch später nicht, doch aber freundliche W orte, die endlich Hingebung in G oethe