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Die Zukunft, 04. Dezember, Jahrg. XXIX, Bd. 111, Nr 10.

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(1)

X X I X . Jahrg. Berlin, den 4. Öezember 1920 Nr. 10

ie Mukunft

Herausgeber

Maximilian Harden

IN H A LT

Seite

Adventivknospen ... 255

Irischer W a l l ... ... 255

Königliche Hoheit ... 264

Menschheit in Hellas ... ... 267

Nachdruck verboten

Erscheint jeden Sonnabend

Preis vierteljährlich

22

M k., das einzelne H eft

2.00

M k.

BERLIN

Verlag der Zukunft

SW47, Großbeerenstraße 67 1920

(2)

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R e g i n a - P a l a s t a m Z o o R eeg T t m o i d

(Kaiser- Wilhelm- G edächtnis-Kirche) Telephoni Steinplatz 9955

Kurfürstendamm 10 und Kßntstraße 167-169

^ Z tn ä i^ Erstes Intern. Kammer-Orchester

D irigent: O t t o H a r t m a n n . K on zertm eister: C. B a r t h o l d y . Am Flü geli W. L a u t e n s c h l ä g e r

Bestes*

zu r P fle g e d e rZ ä h n e ,

H e r m a n n A. W e iß

Sonderfabrik für Feuerzeuge und Gasanzünder

D r e s d e n , Kl e i n e P a c k h o f s t r a ß e 6

Fernsprecher Nr. 17 194. Drahtschrift: «Odin« Dresden.

Soeben etfd)ien:

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ficnfl Botoofylt Öcclog * l&ctlin HD 35

(3)

Berlin, den 4. Dezember 1920

Adventivknospen

I r i s c h e r W a ll

A us zwei Feiertagen, von denen ich im N ovem ber sprach, ist Merkenswerthes nachzutragen. Terence M ac Swiney, der Bürgermeister von C ork gewesen und am vierundsieben*

zigsten H ungertag im londoner Brixton^Gefängniß gestorben war, ist, in London, durch ein hunderttausendköpfiges Men*

schenspalier zur letzten Ruhstatt getragen worden. D er Sarg war in die Fahne der von den Sinn*Feiners erstrebten Re*

publik Irland gehüllt, als deren ,,von Feinden in der Fremde gemordeten Biigadegeneral“ die Inschrift MacSwkiey bezeichn nete; irische Freiwillige, einer nach dem Gesetz hochverräthe*

rischen Armee Angehörige, umringten als Ehrenwache den Leichenwagen und in unabsehbarem Z ug folgten die aus Ir*

land abgeordneten W ollensgenossen dem toten Führer. Stellet Euch vor, nach triumphalem Sieg Deutschlands habe ein Pole die Abtrennung der Provinzen Posen, W estpreußen, Ober*

schlesien vom Königreich Preußen verkündet, es mit derW affe, als General einer unter der Fahne der Republik Polen mar#

schirenden Legion, bekämpft, im Gefängniß, während draußen der grausamste Kampf seiner Landsleute gegen preußische Soldaten und Schutzmannschaft w eitertobte, die N ahrung geweigert: hätte nach dem Tode dieses Mannes, eines Bürger*

meisters vonG nesen oderBeuthen, einem rothen oder schwär«

zen A dler auch nur ein Federchen sich gesträubt? Ich höre

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die A n tw ort: „U nnütze Anstrengung der Phantasie; man hätte den Kerl an die W an d gestellt und die Sache wäre erledigt ge*

wesen.“ W ahrscheinlich. In den irischen Eichenherzen lebt Terentius M artyr als H eiliger; von den Kugeln und Hand*

granaten seiner Rächer fallen täglich englische Offiziere und W ehrm änner: und in Englands H auptstadt bloßen Hundert*

tausende das H aupt vor dem von diesen Rächern geleiteten Sarg, dessen Hülle die Farben der Irenrepublik zeigt und die An*

klagehim m elanschreit.EnglandsRegirung.einesdenlren feind*

liehen Fremdlandes, habe den auf der Bahre Liegenden gemor*

det. So tief wurzelt in der N ation, die der nur die Oberfläche streifende Blick als „Kräm ervolk“ sieht, das Bewußtsein vom W erth der Persönlichkeit, als eines ehrwürdigen Atom es im All der M enschheit, und die A chtung vor dem Adel einer heidi*

sehen Seele. Aus diesem Empfinden, das am Bestattungtag sich b isaufdieH öhe des Entschlusses schwang, Einem, der für seine Ueberzeugung aus freiem W illen selbst sich ans Kreuz schlug und zwischen den Nägeln in Qual verröchelte, eine Stunde lang die ihm von Jüngern bereitete W irklichkeit des Traum es vonTrium ph zu gönnen,kann derSteg werden, der dieAngel*

sachsen in Verständniß, in Versöhnung des keltischen Iren*

landes führt. N u r in England (so rauschte es stolz aus dem konservativen H auptblatt des Britenreiches) ist solche Be*

stattung eines Mannes möglich, der gegen den Reichsbestand die W affe gehoben hatte. Unsere Staatsgewalt, die von heute genau wie die von gestern, hätte sich verpflichtet gewähnt, M ac Swiney als eitlen N arren oder selbstsüchtigen Schuft vors Gaffergewimmei zu stellen. Der Verdacht, meint Ihr, müsse doch fest begründet w erden? H at Euch Goethes Vansen nicht gelehrt, wies gemacht wird, sei A lltagsvorgang Euch Schule. D er junge Kommunist Franz Ju n g, ein Schriftsteller von kräftig sprießendem Können, der auf breiter Palette viele starke Farben, im heiß pochenden Herzen Freude dran hat und in dem der neue, besondere Idealismus der nach Licht und menschlich freier, nicht leblos einem Mechanismus ein»

gefügter W irksam keit ringenden Massen verkörpert scheint, wird im April 2 0 von der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands ausersehen, selbst in Lenins Rußland das viel*

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Adventiv knospeu 257 bew underte, vielgelästerte Ergebniß der Bolschewikenarbeit

zu prüfen und seiner Partei die Balken und Bohlen zu fester Urtheilsgrundlage zu schaffen. Leuchtenden A uges hört er den A uftrag. W ie der Schüler M ephistos Rath, dem G eist Nähr*

saft aus den Brüsten der W eisheit zu saugen. „A n M oskaus H als will ich mit Freude hangen; doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen?“ Z u korrekter, von Gesetz und Brauch geweihter Reise fehlt derPaß und derPapiergeldhügel. D och die

«Genossen haben in hamburger Zeitungen gelesen, der Fisch*

fang im W eißen M eer sei, endlich, wieder erlaubt Und nächstens werde auch ein deutscher D am pfer hinfahren. W elch e r? Bald ists von pfiffigenKommunisten, die unter Seeleuten viel Anhang h ab en,erkundet: „Senator Schröder“ . Sacht birschen sie sich an M atrosen dieses einer cuxhavener Rhederei gehörigen Damp*

fers. D er nehme zwar keine Passagiere auf; wenn der Franz sich ab er in den Bunker, den Kohlenraum, verkriechen und dort, bis das Schiff auf Hochsee ist, ausharren wolle, sei das Ding sicher zu drehen. Abgem acht. Vierundzwanzig Stunden lang kauert Ju n g Franz im Bunker. A ls er sich auf D eck ge*

wagt hat, fragt ihn der (vom A nblick des Blinden Passagiers nicht sehr überraschte) Kapitän, wohin er denn wolle. N ach Rußland. „G o tt verdam m ’ mich“ , spricht der Schiffsführer und läßt sich auf eine Bordbank nieder, „da haben Sie sich schön verlaufen; ich steure ja nach Island auf den F isch fan g /1 D as paßt den M atrosen nicht; auch ihre M ehrheit hat ge»

glaubt, an die M urmanküste zu fahren, und sträubt sich wi*

d er anderen Kurs. M euterei? Keine Spur. Entw eder war das Sätzchen von Island nur Finte, sollte einer Landratte Schreck in die H aut spritzen oder der ausgepichte Seemann ist wen»

dig genug zu schneller Fügung ins Unverm eidliche. Schon

•sitzt er,behaglich, unter Deck und läßt denM atrosen die Führ*

ung des Schiffes. D as dampft nach, landet in A lexandrow sk.

.D ort stellt es H err Ju n g unter den Schutz des russischen Volkskom m issars; ersucht ihn, die A nkunft sofort der deut*

sehen Behörde zu melden, der Rhederei den Verkauf an die russische Regirung vorzuschlagen; sorgt für anständige Un*

terkunft des Kapitäns (in einem Bahnw agon Erster K lasse);

und reist in froher H ast ins G elobte Land. In Petrograd 18*

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und M oskau empfiehlt er Führer und Besatzung des Schiffes drängend der O bhut seiner freundlichen W irth e. D er Ver*

kaufsvorschlag wird nicht erhört. In den ersten Junitagen ist Schiff, Kapitän und M annschaft wieder an Deutschlands Küste.

Fünf W och en danach folgt ihnen der von M oskaus Früh«

sommer berauschte D ichter. Kommunist. Keines Frevels be*

wußt. Fröhlich wie ein Kind, das in der W eihnacht von der aller W eltstrahlendenH errlichkeitdesC hristbaum es geträum t hat. Das letzte W ortseines aus buntem Jubel erblühten, mit klu*

gem Jungm annsdenkengesprenkeltenBüchleins„Reisein Ruß*

land“ (V erlag der K A P D in Berlin, Preis anderthalb M ark) ist:

,,E r lacht und lacht, daß dieBalken sich biegen. Trotz A lledem : Spaß muß sein.“ D er Franz lacht nicht lange. W ird in Berlin verhaftet, in Fesseln nach C uxhaven gebracht, ins Gefängniß gesetzt und angeklagt, „eine fremde, bewegliche Sache, in der Absicht, sie sich rechtswidrig zuzueignen, einem Anderen auf offener See mit Gewalt weggenommen zu haben“ (§ 2 5 0 3 StG B .)- D es unter erschwerenden Um ständen vollbrachten Raubes angeklagt, der mit der Mindeststrafe von fünf Jahren Zuchthaus zu büßen ist. N icht eine Minute lang hat die reine Seele dieses Seglers nach Traum land der Diebsplan getrübt, das Schiff, nur ein Splitterchen seines Holzleibes, sich ,,zuzu*

eignen“ ; ihm war, wie die Partei, die ihm die Reise auftrug*

bestätigt, gesagt worden, das Schiff fahre nach R ußland; und er brauchte an Bord weder Gewalt noch D rohung anzuwenden,, um ans Ziel seines Sehnens zu kommen. W ed er dem hölzernen Senator, den (vielleicht) er und die blaujackigen Glaubens*

genossen vom rechten W e g ablockten, noch dessen H üter und Dienern ist irgendwie ernstes Ungem ach bereitet worden.

„Ist ein Fastnachtspiel gleich H ochverrath? Sind uns die kurzen bunten Lumpen zu mißgönnen, die ein jugendlicher M uth, eine angefrischte Phantasie um unseres Lebens arme Blöße hängen m a g ?“ W ied er spricht G oethe. W ied er in und zu einem Deutschland, das ihn vergessen hat. .Ist hier Vergehen, dann ein durchaus „politisches“ . H err Ju n g aber sitzt seit zwei M onaten als gemeinen Raubes schlimmster A rt Angeklagter, ohne die „Politischen“ gewährte Haftmilde*

rung,im LJntersuchungsgefängniß. W eil er, wie der auch nach

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A d v e n t i v k n o s p e n 259 Steuerungwechsel von den löblichen Heimathregirern einge*

sperrte Kollege Colum bus, von neuer W elt Kunde brachte?

Den guten Glauben, kein von unserem Gesetz geschütztesRecht verletzt zu haben, konnte er nicht deutlicher beweisen als dadurch, daß er, unter seinem N am en, die Darstellung seiner Reiseeindrücke veröffentlichte und ruhig in dier berliner Par*

teiarbeit weiterschanzte. Vorbeding des Raubes ist doch wohl die Absicht auf Bereicherung. U eber die Zum uthung solcher Absicht dürfte H err Ju n g lachen, „daß die Balken sich biegen“ . N ich t für eine Viertelstunde wollte er „die fremde, beweg*

liehe Sache sich zueignen“; wollte nur eben, heimlich, nach M oskau, machte es, wie vor und nach ihm Mancher, und freute sich gewiß schon kichernd des Berichtes über die schnurrige Fahrt auf dem Plankenbauch des würdigen Senators. Zu D rohung mit, zu Anwendung vQn Gewalt hatte er gar keine M öglichkeit; und würde vom Ankläger M euterei behauptet (w odurch dann der Kapitän zu Schwur über Vorgänge in seinem H irn verpflichtet wäre), so zweifle ich, ob der von M atrosen aufs Schiff geschmuggelte Poet auch nur ajs ein Aufwiegler verantwortlich gemacht werden könnte.HamburgerStrafrechts*

pflege stand bisher im Ansehenskurs auf leidlicher H ö h e; so schamlose Rechtsbeugung, wie die königlich preußische Justiz, die frechste in den Fällen Eulenburg*M oltke und in den Strike*

prozessen der letzten Kriegszeit, geleistet hat, wurde aus dem Hoheitgebiet der Hansestadt niemals gemeldet. Deren Richter und Prokuratoren hatten sich oft auch rühmlichen Sinn für H um or gewahrt. Ihr Ehrgeiz kann nicht nach dem fahlgelben Strahlenkranz des Gesindels streben, das Dutzende reiner, von Zeitw irrniß über die Schwelle der Gesetzlichkeit gedrängter M enschen mitMiethlingswaffen oder im Kerker gemordet hat.

Sie werden nicht Deutschlands Ritter vom Geist in Einheit*

front zu unerbittlichem Kampf gegen den Versuch zwingen,

«inen dem jungdeutschen Schriftthum als (rare) Hoffnung vor*

schimmernden Künstler, eines frech phantastischen Schwan*

kes wegen, unter der Scheinschuld gemeinen Verbrechens zu

„erledigen“ . Sie dürften aber auch nicht warten, bis die Mos*

kauer mit Vergeltung drohen oder, nach vollstrecktem Un*

rechtsurtheil, in ihrem Machtbereich Deutsche den Fehl deut*

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scher Justiz büßen lassen. Britaniens Oeffentliche M ein u n g hätte den Juristen gestäupt, dem auch nur der Vorsatz nachge*

wiesen worden wäre, M ac Swiney, weil er sich für denlrenauf»

ruhr englische Militärwaffen „zugeeignet“ habe, des Diebstahls anzuklagen. Zw eiM ethoden.Zw eiW elten.M üßtederschm erz«

hafte A nblick der Ernte, die jetzt in Deutschlands Scheunen dorrt, nicht auch hier die Inhaber der Staatsgewalt ins Be«

wußtsein vom W erth der Persönlichkeit und in Ehrfurcht vor dem Adel jeder menschlich tapferen Seele stimmen?

Im pariser Pantheon, vor dem Sarg des unbekannten Kriegers und vor dem G efäß, das Gam bettas spät erkaltetes H erz einschließt, hat Präsident Millerand eine Rede gehalten, die den Ertrag fünfzigjährigerRepublikanerarbeitmit Feierlicht bestrahlen sollte. W eil mich wichtig dünkt, den Gedankengang:

des höchsten Vertreters der auf Europens Festland wieder im Führerrang vorgedrungenen Lateinerstaaten kennen zu lehren,, will ich H auptabschnitte daraus übersetzen. „Gambettas W e rk ist vollendet. Frankreich hat sich wiederaufgerichtet und die Republik ruht auf unerschütterlich fester G rundm auer. Aus- der Frankreich zugefallenen Erbmasse verschmähen wir nichts..

Die Söhne der Revolution kostets keine Ueberw indüng, sich fromm der Jungfrau von Orleans Anhangende zu nennen^

Im alten Rom war das Recht, in W affenschm uck das Atrium zu betreten und bis in heiliges W eihfest die Bilder der A hnen tragen zu lassen, ein adelndes Ehrenzeichen. A uch unsere Re»

publik hat nun ihren Adelsbrief erworben und darf, ja, muß"

sogar an diesem G edächtnißtag auf die Bilder D erer weisen, die ihr, in tragischen Stunden, Führer in helles Leben und G röße waren. Staunend, bewundernd sehen wir, daß Frank»

reichs Schicksal stets die M änner erblühen und reifen ließ, die das Bedürfniß des Tages forderte. N u r die Toten will ich nennen; nebenG am betta Jules Ferry und Waldeck* Rousseau.

W aren nicht A lle, die nach ihnen kam en, im Denken die- Schüler der D rei, wenn sie von deren M ethoden auch manch«

mal abw ichen? G am betta, 1870 der große O rganisator der Ver«

theidigung, hat nach dem Frankfurter Frieden die Rache von?

der immanenten Gerechtigkeit erw artet; und aus seiner glü»

henden Seele stieg damals, wie aus Ruinen ein helles Lied„

«ler Sang der H offnung. V on G am betta durfte mein erlauch*

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A d v e n t i v k n o s p e n

ter Vorgänger in dem schönen Buch, das er ihm vor ein paar M onaten gewidmet hat, sagen, ,sein N am e sei ein Theil von Frankreichs Religion geworden*. U n d dem T räger dieses Na*

mens ward die unüberbietbare Ehre, vor dem Blick der Frem de unsere H eim ath und ihr Schicksal zu verkörpern. In Flandern, an der Somme, M arne, M aas, bei Ypern und bei V erdun: auf allen Schlachtfeldern, die das H eer der Verbündeten käm*

pfen sahen, focht die ganze seelische M acht der Zöglinge aus den von Jules Ferry geschaffenen Schulen; iftid wir er*

lebten, welcher Thaten die Krieger aus den uns von Ferry erworbenen Theilen Afrikas und Asiens fähig sind. ,D ie Republik wird leben!1 A m vierten September 1 8 9 9 ,im Ueber*

schwang des Empfindens, das eine unserer ernstesten Staats*

krisen aufgewühlt hatte, rief W aldeck* Rousseau das W o rt in die Kammer, deren M ehrheit ihm zujauchzte. In tiefer Ge«

m üthsbewegung blickt der Sprecher, der Handelsminister von 1900, zu der Gestalt des großen Staatsmannes auf, der in schwerer Stunde die Last der M acht nicht scheute und durch seine ruhig heitere W ü rd e, sein kaltes Blut und seine G e­

schicklichkeit nicht nur die Straße, nein, auch die Geister zu schwichtigen verm ochte.(W aldeck lud H errn Millerand, den Sozialdemokraten, ins Kabinet.) Die Französische Republik, rief er, ,wird leben!1 Sie hat ihr Leben bewahrt, hat gesiegt; und lebt. N och so hoch ragende M änner aber w ären, allein, der Aufgabe nicht gewachsen gewesen. Demosthenes ver*

m ochte nichts gegen Philippos. Di e Hauptkraft dieser M änner kam aus dem Volk, auf das sie sich stützen durften; und unvergänglichen W erth erwarb die Republik eben dadurch, daß sie diesem Volk die Entwickelung, die Aufblüthe, die Selbsterhebung bis auf die H öhe der Ereignisse ermöglichte.

N ach dem Sieg an der Marne, nach der fünftägigen Schlacht, in deren V erlauf, vor dem Auge der zuerst erschreckten, dann staunenden, in Bewunderung aufathmenden W elt, ein von G erücht schon der Zerrüttung und Flucht zugesprochenes H eer sich plötzlich umwandte und den seines Endtriumphes sicheren Sieger in Rückzug zwang, telegraphirte General Joffre an die Regirung: ,D ie Republik kann auf das von ihr aus*

gebildete H eer stolz sein.* Stolz, heißt D as, auf das von ihr erzogene Volk. Denn wars etwa nicht Frankreichs ganzes

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Volk, das die W affen trug, in Kampf und Leid ausharrte und, im Verein mit den Bundesgenossen, den Sieg bereitete?

M an vergleiche Frankreichs Lage am vierten September 1870 der vom vierten September 1920; gedenke der qualvollen Reise, die im harten W inter 70 Herrn Thiers durch Europa führte und nirgends eine Stütze finden ließ: und danach all der Schaaren Freiwilliger, die aus Belgien, England, Italien, Rußland, Amerika, aus Ländern jeglicher Rasse und Sprache hier von 1 9 1 4 bis 18zusam m enströmtenundfürdieSacheFrank*

reichs und der Civilisation auf unserer Erde ihr Blut ver»

gossen. D och nicht nur in den Bereichen des Heerwesens und der Politik: auch in denen des Ackerbaues und Verkehrs»

betriebes, Gewerbes und Handels, auf allen Feldern mensch*

liehen Schaffens wurde Frankreichs Genesung fühlbar. Alle sittlichen, sozialen, geistigen W erth e, die eines Volkes G röße verbürgen, hatten in diesem Halbjahrhundert Raum zu Offen*

barung und W irksamkeit. D as ist der hohe Ruhm unserer Re»

publik. N icht mit leeren H änden tritt sie vor das Auge der Heranwachsenden. Das Streben nach äußerem Wohl»

stand füllt das Leben eines Volkes nicht aus; darf es nicht ausfüllen. Als Stab und H alt, zu Erhebung über Alltags»

elend und eigene Schwachheit brauchen die M enschen ein Ideal. H at die That unserer Jugend nicht erwiesen, was sie im Beziik des Gedankens verm ag? Sie fand Lehrfcr, ohne deren W erk die W elt nicht auf der H öhe von heute wäre, und hat deren Lehre gelauscht. M ag die W issenschaft kein Vaterland haben: unleugbar ist, daß es eine durchaus fran*

zösische Auffassung wissenschaftlicher A rbeit giebt. Pasteur und B erthelot, Henri Poincare und Pierre Curie gehören der W e lt; die kühne Klarheit, die sichere W eite ihres Denkens ist ihr Erbtheil aus Frankreich. Rodin in der Bildnerkunst, C esarFranck undD ebussyin der M usik, Puvis deChavannes, C arriere, Renoir, Cezanne in der M alerei: in der wundervollen M ischung aus Realismus und Lyrismus empfinden wir ihr W erk als uns zugehörig. U n d auf allen Gebieten der Literatur, von Philosophie, G eschichte, Kritik bis zu Roman, G edicht, Theaterstück w ar,von T ain e und Renan bis auf Charles Peguy, die rastlos kräftige Bew egung der Geister so fühlbar, daß noch aus ihren Spuren leicht die Sittengeschichte der D riu

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A d v e n t i v k n o s p e n 263 ten Republik und ihrer Kinder abzulesen ist. N ach der Nie«

derlage fliehen vom Leben Entm uthigte aus unfroher W irk«

lichkeit in den Elphenbeinthurm und oft deuten dunkle Sym«

bole ihr mühsames Ringen um ein Ideal an, dessen H oheit der aufsteigende Rauch des im Innersten glühenden Feuers ahnen läßt. Andere gefallen sich in spielerischem Schalten mit Geistreichthum. D ie Stunde des Pessimismus schlägt.

D och eines M orgens hallt von außen G eräusch in denElphen*

beinthurm. Jedem naht der Tag, da er, müde des Traum es, in den er selbst sich kerkerte, das Fenster aufstößt, um frische Luft zu athmen. D urch das offene Fenster dringen die Stim«

men des in Vollkraft genesenen Lebens, klingt der Sang der A rbeit, die A ndere, hinter des Träum ers Rücken, willig auf sich nahmen. Arbeitgem einschaft: wird die Losung auch im Trachten nach Verwirklichung des Ideals, dessen Pflege der W ah n Einsamen, von der W e lt Abgeschlossenen zugewiesen hatte. N icht alle Philosophen, Geschichtschreiber, Kritiker, D ichter, D ram atiker Frankreichs haben den Ruhm der Re«

publik gekündet. D en Ruhm A ller aber kündet die Republik, die sich selbst rühmen darf, ihnen die Vollentfaltung ihrer Gedanken und deren Schmückung mit Prachtgewand ermög«

licht zu haben. Niem and weiß, wie das U rtheil der Nach«

weit über unsere Zeit lauten w ird; gewiß aber ist ihr die Anerkennung als einer Epoche leidenschaftlichen und unge«

hemmten Dranges nach Schönheit und W ahrheit. N och ist unser W erk nicht vollendet. U nverlöschbar leuchteten, nach Gambettas mahnendem G elübde, die geliebten, verlorenen Provinzen in Frankreichs G edächtniß. D och keine Regir«

ung hat je der Gedanke gestreift, sich mit der Verantwort«

lichkeit für das W agn iß gewaltsamer Rückeroberung des ge«

raubten Gutes zu beladen. D er Krieg, ders uns zurückgab, sollte nach dem W illen immanenter G erechtigkeit von den für den Frevel Verantwortlichen entfesselt werden. D ie vom Angriff unterbrochene friedliche A rbeit der A rm e, des Hir«

nes ist nach vier Jahren grausen Krieges wieder aufgenom«

men, alter Pflicht neue gesellt worden. W ir haben für Auf«

bau aus Trüm m ern, für Entschädigung und sie fest sichernde Bürgschaft zu sorgen. Vergangenheit stärke uns mit Ver«

trauen auf die Zukunft! Unbekannter Krieger, namenloser,

19

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doch vom Leuchten des Sieges umstrahlter Vertreter all der T apferen, die zu ewig starrem Schlaf in unsere Erde ge*

bettet sind, ruhe, ruhet in Frieden 1 D as Ideal, dem Ihr E uer Leben weihtet, ist verwirklicht. Ihr wolltet Frankreich, wolltet die Civilisation retten: und habts vollbracht.“

G egen das Geschichtlich»Politische (nicht, freilich, ge*

gen die A n gab e, daß seit 1905, täppisch gröber seit 1911 Frankreich immer wieder von D eutschland bedroht worden ist), auch gegen das Inventarium französischen Geistes, worin, von M anet, D egas, M onet bis auf Bergson, Z ola, den France der neunziger Jahre, den jungen Barres, H auptwerthe fehlen, ließe sich Allerlei sagen. W o aber ist auf Deutschlands Zinne heute Einer, der auch so nur, in die Sprache gebildeter Mensch*

heit, den Inbegriff des Zeitempfindens zu fassen verm öchte?

K ö n i g l i c h e H o h e i t

Ein junger D r. phil. schickt mir den folgenden Brief:

„ Ic h b lättere in m einem T a g e b u ch und fin d e vo m S o m m e r 1 9 1 9 einen E in tra g , d e r h eu te als R a n d g lo sse z u r jü n g ste n R e ic h s ­ ta g ssitz u n g paßt. K a p ita lv e rsch ie b u n g d e u ts ch e r F ü rste n , b e­

rü h m te r und b e rü ch tig te r M än ner. Ein G ren zfall von vielen.

U m M itte rn a ch t rasten a u f d er so n st um diese S tu n d e a u sg e - sto rb e n e n L an d stra ß e am d e u tsch -sch w e iz e risch e n G ren zw all u n h eim lich e A u to s, vo rn am S te u e r n u r die hellen B len d latern en . Ich s ch ritt d em G nenzw all zu, um d p rt zu ü b e r n a c h te n ; und w ollte z u v o r e rk u n d e n , w em d ie A u to ja g d gelte. F re u d ig b e g rü ß t vom

L e ite r d e r P a ssirste lle ; denn seit vierzehn T a g e n w ar ich nicht m e h r o b en g ew esen . O h n e U m sch w e ife fragte ich nach U rs a c h e und B e d e u tu n g jen es u n g e w ö h n lich e n S traß en v erk eh rs. D as sch w e iz e r P la tz k o m m a n d o b e g rü ß t an d er d e u tsch e n E ise n b a h n ­ station einen au slän d isch en F ü rste n , d er m it G e fo lg e in die S ch w eiz r e i s t A u f diese A n tw o rt wlar ich n ich t g e f a ß t; m it M iß­

trau en h a tte ich z u g e h ö rt und g eb eten , w en n d e r erw artete F ü rs t z u r P a ß k o n tro le in die k arg e F e ld w eb elstu b e d es G re n z - h äu ses ein trete, m ich o h n e A u fseh en rufen zu lassen. Ich- sah zu m F e n s te r d es o b e re n S tock w erk es h inaus in die stern en lo se N a c h t. Ein H u p en sig n al. Ein im In n eren u n b e le u ch te te s A uto ste h t v o r dem S ch la g b a u m . D e r h ebt sich, d er M o to r setzt lan gsam an, das A u to sch le ich t zu m n ä ch ste n S ch la g b a u m , sch le ich t dann zum sch w e iz e r G re n z h a u s ; ein R u c k : die G e ­ sch w in d igk eit w ird h ö rb a r verstärkt, das A u to ist dem' Blick n u r noch' ein U m riß . D ie T iefe d e r N a c h t h em m t die F e rn sich t.

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A d v e n t i v k n o s p e n 265 O h n e H alt, o h n e O effn en , o h n e D u rc h s u c h u n g ü b e rsch riit d ieser W a g e n die G ren zlin ie d e r L ä n d e r ; a u s d u n k le r N a c h t g e k o m m e n , in d unkle N a c h t v e rsch w u n d e n . D ie s o n st u n gem ein stre n g e U e b e rw a ch u n g ste lle ließ einen au slän d isch en P rin zen d e u tsch e r H erk u n ft, d e r d u rch g a n z D e u tsch la n d g e re ist w ar, u n b e fra g t und u n b eh ellig t n ach d e r S ch w eiz hinein. N ich t einm al Z eit zum N a m e n s z u g fü r d as K o n tro lb u ch 1 d e r A u s - und E in reisen d en w u rd e g e fo rd e rt. A u s R ü ck sich t au f die sp ä te N a c h ts tu n d e ? Ic h g in g h in u n te r; d ie se s -u n g e w ö h n lich e E reign iß m u ß te d o ch b e s p ro ch e n w e rd e n . Ich f r a g t e : W e r w a r in d em g e sch lo sse n e n A u to ? A n tw o r t: D e r a n g e m e ld e te F ü rs t. W e r saß n eben ih m ? Ich weiß es n ich t. D a rf ich Ih n en m ein e V e rm u th u n g s a g e n ? Ein d e u ts ch e r P rin z, d er die g u te G e le g e n h e it a u sn u tz t. D e r O re n z o b e rs te stu tzte. E r stan d in des neuen R e ich e s S old m it d e r au s d em alten ere rb te n E h r f u r c h t v o r einem F ü rste n . A u to s m it sch w ciz e r M ilitär, W a g e n m it d em G e fo lg e des P rin zen fu h re n an und ab . P ä sse w u rd e n a b g e g e b e n . An d e r d e u tsch e n Seite o h n e A u fe n th a lt; n u r die P ässe w u rd e n h e ra u sg e re ich t.

A n d e r sch w e iz e r K o n tro le g a b s M in uten langen S tillstan d.

A u ch d o r t konnte n u r P ie rso n aln o tiru n g s e in ; Id en tifiziru n g von P aß und In h a b e r w a r n ich t m ö g lich , d a die V isa e rs t (n eun an d e r Z ah l) a u f d e u ts ch e r S eite lan gsam g e p rü ft und fü r k o rre k t b efu nd en w erd en sollten . W o h lg e m e rk t: kein V e rg le ich 1 d e r P aß u n tiersch rift m it d em h a n d sch riftlich e n E in tr a g im G re n z - p a ssirb u ch . N u r E in e r w a rte te die S ch reib form 'alitäten a b : d e r Lakai. E r v erw an d te die Z eit d a z u , g ro ß m ü th ig a u s d e r m it S ch e in e n gefüllten B rie fta sch e die um ihn steh en d en P o ste n zu v e rso rg e n . W ie viel d e u tsch e s G e ld m o ch te e r w oh l ein gesteck t h a b e n ? D as P lak at an d e r G re n z e b e s a g t: ,O h n e G e n e h m ig u n g

•der R eich sb an k n u r fü n fzig M ark zum G re n z ü b e rtritt.' D e r R est, o ft re c h t b e trä ch tlich e S u m m en , w u rd e a b g e n o m m e n und g e g e n Q u ittu n g bis z u r R ü ck k u n ft v e rw a h rt. A b e r hier stand ja ein F ü rste n d ie n e r. ,W ie viel G e ld h a t d e r Lakai bei s ich ? A m E n d e d o ch e in u n d fü n fzig M a rk ? ' Ich weiß nicht, w ird m e in e r F ra g e g e a n tw o rte t; er g e h ö r t zu m G e fo lg e . N e u e r L ä rm au f fin sterer S t r a ß e : L a stw a g e n m it G e p ä ck . Ein ga n z e s G e b irg von K o ffern . Ic h 1 b e d a u e rte die Z ö lln e r ob d e r ihnen b e v o rste h e n d e n A rbeit, diese G e p ä ck m e n g e in d e r N a c h t n och zu p rü fen . S ch o n d as S ch le p p e n vom L a sta u to a u f den Z o ll­

tisch e rfo rd e rte die g e sp a n n te K ra ft stark er M än n erm u sk eln . Ich f r a g te : W e r ö ffn et h ie r? D ie knappe A n tw o rt la u te t: ,B e ­ fehl is t: T ra n s it.' D as G e p ä ck g e h t also u n g eö ffn et in die S ch w e iz . N o c h nie hatte ich A e h n lich es erleb t. Ich sah, wie

1 9*

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z\xei M än n er sich m ü h ten , die u n b e rü h rte n K o ffe r au f eirr s ch w e iz e r L a sta u to zu sch ieb en . D arin so llte n u r das zu einer S ch w e iz e rre ise N ö th ig e v erp ack t s e in ? S e h r u n w ah rsch ein lich ..

D e r B e a m te h ob die A c h s e ln ; e r h atte B e fe h l: T ra n s it! Ich saW a n keinem K o ffe r die s o n st g e fo rd e rte V e rsch lu ß p lo m b e . E nd lich ' ist A lles verlad en . , Ein L a sta u to k eu ch t sch w e r über die L a n d stra ß e ; das zw eite soll f o lg e n : d a k ra ch t die A ch se . D ie se , H e rre n k o ffe r' w a re n zu sch w e r. A ls ich' g eg en ein U h r die Z o llstu b e verließ, stan d en die fü rstlich en K o ffe r n och im m er d rin ; A u to e rsa tz au s B asel sch ien n ich t im P ro g ra m m v o rg e ­ se h e n . H ier w aren n ich t n u r G ed an k en z o l l f r e i . .. Ein aus D e u tsch la n d sta m m e n d e r F ü rs t fä h rt m it G e fo lg e in die S ch w eiz, die Z ah l d e r P e rs o n e n kann im D u nk el d e r N a c h t von in E h r ­ fu rc h t e rste rb e n d e n W ä c h te rn n ich t festgestellt, die K o ffe r d ü rfen n ich t g e ö ffn e t w e rd e n . W a re n alle P ä ss e e c h t? W a r in dien vielen R iesen k o ffern n u r z u r R eise U n e n tb e h r lic h e s ? W u r d e n u r L a s t g e s c h o b e n ? M einen G ru ß , G r u s e r ! Ich h ab e d iese Stelle m ein es T a g e b u ch e s ro th g e rä n d e rt, d a s N o v e m b e rd a tu m

1 0 2 0 (d rau fgesetzt u nd d en 'Z e itu n g a u ssch n itt m it d em K e n n ­ w o r t , K a p ita lv e rs ch ie b u n g ' links ob en leich t a n g e k le b t."

Aehnliches war mir von allen W estgrenzstelleri (w o, D ank der Vorsorge des Reichsschützers N icolai, dem der Röntgen««

strahl nicht versagt werden soll, mein N am e im Fahndungbuch der in H aft zu Setzenden oder gleich an die W an d zu Stellen*

den stand) mehrmals gemeldet worden. U n d der Reichsfinanz*

minister hat ja öffentlich gesagt, auf dem Zollernhaus An*

gehörige falle dichter Schiebungverdacht. N icht ganz un<*

denkbar also, daß die U ntersuchung Klarheit bringt. W ich«

tiger ist heute die Frage: Soll dem Schloßherrn von D o o rn , der vor dem W affenstillstand dem deutschen H eer entlief, aus dem von ihm verschuldeten Reichsbankerot noch mehr ausgezahlt werden, als er schon erhielt? E r empfing zweiund*

fünfzig M illionen M ark bar, Silbergeräth,. dessen Verkaufs*

werth sein höchster H o f beamter auf hundert M illionen schätzt, M obiliar und G eräth, für dessen Spedition allein Hundert*

tausende gezahlt wurden. W ill die Republik den M onarchisten einen Kriegsschatz schenken? „Ich habe nicht gehört, daß die Vorfahren des Königs G eorg von H annover dem H ause Stuart, nachdem sie es vom Thron Englands vertrieben hatten, durch Staatsgelder die M ittel geliefert haben, der König*

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A d v e n t i v k n o s p e n 267 liehen Arm ee bei Culloden gegenüberzutreten. Ich habe nicht gehört, daß die verschiedenen Zweige des Hauses Bourbon, deren Throne den Staätsumwälzungen in Frankreich, Spanien, Neapel zum O pfer fielen, auf Kosten dieser Länder mit einer D otation versehen worden seien. N och weniger ist mir wahr*

scheinlich, daß die spanische Regirung für ihre juristische Pflicht halten wird, der Königin Isabella M ittel zum Kriege gegen sie zu liefern, und daß von Italien her die Bourbons in ihren Absichten durch. Staatsmittel unterstützt werden.“

Also sprach Bismarck am dreizehnten Februar 1869. Leset auch, was er über die Staatspflicht gesagt hat, dem König von H annover die zu Zettelung gegen Preußen nothwen*

digen Geldmittel zu schmälern. H ab t Ih r, R egirer, nicht Augen, nicht O h ren ? Schneller als die Sozialisirung aus dem Philipperbrief (Raustw e 7 n ) „marschirt“ die Remonarchisir*

ung, Rebarbarisirung. D aß so ungeheure W erth e nach Ame*

rongen und D oorn gingen, haftet als unabwaschbare Schande an den Gewährern und Begünstigern. Empfinge Held W il*

heim noch mehr: Massenaufruhr (hörets abermals) würfe die Verschleuderer deutschen Gutes von besudeltem Sitz.

M e n s c h h e i t in H e l l a s

D as alte Griechenland hat, als Themistokles die Athe*

ner, zu wirksamer A bw ehr des Perserschreckens, in „ein Volk von Ruderknechten“ umwandeln mußte, Aristeides, denGeg*

ner allgemeinen Stimmrechtes und souverainer Massenherr*

schaft, aus der Heim ath verbannt, der er gestern noch Zier gewesen war. Vor dem T ag von Salamis hat es ihn zurück««

gerufen, zum Strategen des Heeres gekürt; und als Dikaios, der Gerechte, lebt der Finder eines den Staat nährenden, den Einzelnen nicht überbürdenden Steuersystems im Hel*

lenengedächtniß. D er große demokratische Staatsmann Pe*

rikles, der den A reopag, die Versammlung der für Lebens*

dauer gewählten Unverantwortlichen, durch den Sowjet der Fünfhundert ersetzt und danach Unverjährbares für die Hei*

math geleistet hatte, dem noch 431 die hohe Ehre zuerkannt worden war, als Vertrauensmann der N ation am G rab der gefallenen Krieger zu sprechen, wurde im nächsten Jahr, weil Korinths N eid und Spartas H aß, die Pest und Heeres*

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niederlage den Himmel Athens bewölkten, durch Apochei*

rotonie dem Strategenam t entsetzt, schmutziger Geldunter**

schlagung angeklagt, zu unerschwinglicher Bußsum m e ver*

urtheilt und als ein gevehm ter, gebrochener M ann von der Sense des Schwarzen Todes gemäht. D er tiroler Ethnologe Fallmerayer hat zu erweisen versucht, die heute in Griechen*

land Hausenden seien ein slawisches M ischvolk, das kein Blutsband den Bewohnern von Althellas verbinde. W ollen sie durch die Farbe ihres Handelns diesen Gelehrtenbeweis w iderlegen? Sie haben H errn Venizelos auf den W e g ge*

stoßen, den neun Vierteljahrtausende zuvor Aristeides und Perikies schreiten m ußten, und dadurch eine Entschlußfä*

higkeit zu U ndank gezeigt, den der launischste Athener nie überboten, schwärzer, auch fern von der P n yx, kein Blatt der Geschichte je verzeichnet hat. D er Staatsmann, dessen Geistesschale, Seelenepidermiß nicht flecklos ist, dessen odyssisch zähe, odyssisch zwischen verschlagenerW aidmanns*

geduld und verwegenem Vorsprung sicher pendelnde Klug*

heitihrem Vaterland aber R ang,G röße, Ansehen geschaffen hat, ist ihnen lästig geworden. Sein Form at, sein strenger Ernst paßt ihnen nicht. Konstantinos,W ilhelm s „T in o “,soll zurückkehren.

D en haben sie schon einmal hinausgeworfen, schon eino­

mal wieder in G nade aufgenommen. Seit vor der Türken*

offensive sein Fußvolk so hastig gelaufen war, daß auf dem danziger M anövriifeld sein Schwager, wie immer höchst kö*

niglich, kaiserlich, schrie: „D ie Infanterie kannch nich an*

kuckenl Schweinische Patzerei wie die Griechen bei Larissa!“ , seit diesem dunklen T ag war Kronprinz Konstantinos noch tiefer im N eugriechenkurs als das H aupt der (m it Recht oder U n rech t) verachteten Dynastie aus dem Stamm Christians des N eunten von D änem ark. Im Hochsom m er 1909 zog die Besatzung der G riechenhauptstadt aus den Kasernen ins La*

ger am Fuß des H ym ettos und ließ der Regirung melden,, sie werde in die Dienstpflicht erst zurückkehren, wenn sechs W ünschen Erfüllung gesichert sei: Reorganisation und Stär*

kung des Heeres, Rücktritt des Kronprinzen vom Oberkom*

m ando, Entfernung aller Prinzen aus Kommandostellen, An*

Werbung fremder Instruktoren, Einberufung der Kammer, Straflosigkeit aller zum Pronunziamento Vereinten. N ach d er

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A d v e n t i v k n o s p e n 2 6 9

Zustim m ung des im G ebirg nistenden Königs G eorgios, dem Rücktritt des gehaßten Ministeriums Rhallis wurde das von Prinzenpilz desinfizirteHeer die gebietende M acht. D er D äne, heißts.hat uns nichts geleistet; nur sich amusirt und bereichert.

Schwager Eduards, Schwiegervater Sophiens von Preußen, dem H aus H olstein*G ottorp nah verwandt, in Paris ein oft und gern gesehener G ast und H errn Clemenceau fast in=

tim befreundet: für H ellas, dennoch, eine N iete. Staatsbank kerot, N iederlage im Türkenkrieg, kläglicher Rückzug aus dem kretischen H andel: da schmeckt und riecht Ihr die Frucht der „Familienbeziehungen“ , als deren Rentner der Erbe des bayerischen O tto uns angepriesen wurde. Ein Jah r danach hat das graue Jam m erbild sich ins Rosig*Sonnige aufgehellt. D er Rechtsanwalt EleutheriosVenizelos, alsSohn eines griechischen Bürgers unter Türkenherrschaft auf Kreta geboren und bei*

den Reichen zugehörig, hat im turko* hellenischen Dauer*

kampf um seine Heimathinsel gethan, was alle Anderen nur zu malen wagten. U nter der, endlich, am Stock festen blau*

weißen Flagge ist er das H aupt der Kreterregirung. Ver*

zichtet aber auf die Präsidialm acht, auf das bequeme Ei*

landsglück; läßt sich in die athenische Kammer wählen und kommt, trotz dem W iderspruch der H ohen Pforte und dem ärgerlichen Geraun der G roßm ächte, als einzig aus Kreta Ab*

geordneter in die H auptstadt von Hellas, „um es in höheren Rang und edlere Sittlichkeit zu heben“ . D as ist, am zwan*

zigsten September 1910, sein Program m . Vier W och en nach der Ankunft wird er durch den W illen der Nationalversamm*

lung und des Königs M inisterpräsident. E r heischt Revision der Verfassung, W ehrm achtm ehrung, Verwaltungreform, Ab*

kehr von Parlamentsmächlerei, Aemterschacher, Günstling*

wirthschaft, Offiziertyrannis, will einen Bund der Balkanstaa*

ten: und steht nach kurzer Frist am Ziel seines W ollens. D ie erste W ah l sichert ihm 249 von 2 7 9 Kammerstimmen. A us Frank*

reich erbittet er für das H eer, aus England für die Marine Lehr*

meister. D urch strenge Aufsicht hemmt er Schmuggel, Steuer*

und Zolltrug. Läß t Sümpfe austrocknen, wüstes Land berieseln, Berge aufforsten,den Bodenkredit erleichtern, eine Landbank gründen, die Rechtspflege vor jedem Eingriff, von oben und unten, schirmen. D en Ueberwinder schmählichen Partei*

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klüngels umbraust Volksjubel auf jedem W e g . Im Dezember geleitet er den K önig, der seit dem Offizierputsch, sechzehn Monate lang, in einem Bergschlößchen hockte, in die Haupt*

stadt zurück; und schenkt bald nach der W eihnacht dem Kronprinzen die W ü rd e des Armee»Inspektors, die ihm die Militärliga weigerte. D er Staatsmann, dem Vater und Sohn die Rückkunft auf Gipfel dankten, lehnt den hohen Orden, der dieses Dankes Zeichen sein soll, ab: „weil die Pflicht zur Gegenzeichnung des Erlasses ihn zwänge, sich selbst zu ehren“ . Als der nächste Sommer dem Ende zuneigt, ankert ein deutsches Kriegsschiff vor Agadir. Italien, das den Zins seines M arokko Vertrages mit Frankreich nicht verlieren darf, lüstet die H erzen zur Erobererfahit nach Tripolis. A uch im Yemen, auf der syrischen Hochebene, in Albanien gährts. Die Türkei darf ihre Streitkräfte jetzt nicht nach Kreta verzetteln und Englands Hilfe ist auch durch die Lockung mit dem End*

sträng der Bagdadbahn nicht zu erkaufen. A m zwanzigsten September scheinen Deutschland und Frankreich über Ma*

rokko einig; am sechsundzwanzigsten erlischt das kretische Generalkommissariat; am achtundzwanzigsten poltert Italiens U ltim atum in die Pforte. Venizelos verspricht den M ächten, den von Kreta A bgeordneten die athener Kammer zu ver­

riegeln ; beredet das türkische A ngebot eines Balkanbundes, obwohl er eben einen, gegen die Thessalien bedrohende, den Griechenhandel würgende Türkei, m it Belgrad und Sofia vorbereitet hat; löst das Parlament (dessen Fügsamkeit ihm in 137 Sitzungen 171 Gesetze bewilligte) auf, um den von U ngeduld empörten Kretern jede M öglichkeit des Eindranges zu nehmen; vertagt, aus dem selben G rund, die Eröffnung der reuen Kammer (in der wieder fünf Sechstel für ihn sind) vom M ai in den Ju n i, vom Juni in den O ktober. N u n ists sow eit. Bulgarien, Serbien, M ontenegro marschiren mit Hellas gegen den Sultan»Khalifen. D er T ag, der ihre Heere in Ma*

kedonien einrücken sieht, erschließt den Kretern, den Be*

freiem von Samos, endlich die Griechenkammer. N ach den ersten Türkenschlappen nimmt König G eorg, ohne die Schutz*

mächte zu fragen, die Insel in den Reichs verband auf und ernennt den Christen Dragum is zu ihrem G ouverneur. G eorg wird H err über denSüdepirus, über Saloniki, D ram a, Kawala,

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Adventivknospfen 271 Seres; sein Sohn, der bewitzelt und gevehmt war, wächst in Feldherrnglorie. D er Bukarester Friede drückt Bulgarien, den ältesten Feind, der Byzanz schon sein gewähnt hatte, in dürftige Enge herab; an Rumänien verliert es sechstausend Quadratkilom eter, an Griechenland und Serbien den Haupt»

thsil seines Makedoniens. A ugust 1913. N och sind nicht drei Jahre verstrichen, seit Venizelos im Piraeus von Bord ging.

In vierunddreißig M onaten hat er für Volk, Staat, Herrscher»

haus mehr erlangt als je vor ihm ein N eugrieche; mehr als in breiterem Zeitraum irgendwo ein heute lebender Staatsmann.

Das darf der redliche Gegner nicht leugnen noch das Gewicht solchen Verdienstes von der Schale stoßen, die neben dem Zwilling am W ägbalken schwebt. Als Kreter haßt Ve*

nizelos die Türken, als Turko*G rieche die Bulgaren; für Deutschland, dem seine Heimathinsel immer Hekuba blieb, das nicht zu ihren Schutzmächten gehörte und seit 1890 dem Osmanenreich zärtlich befreundet war, konnte er nur die dem Starken gebührendeH ochachtungfühlen. In Feindschaft wollte er es niemals reizen; dieThorheit unserer A em ter hat, wie den kleinen Delcasse und Kiderlens Busenfreund Take Jonesku, auch diesen M ann verärgert, der(sagt Fürst Lichno wsky noch in der Schrift von 1916) „durchaus nicht deutschfeindlich war, so»

gar auf der Französischen Botschaftin London mit Vorliebe das Band des Rothen Adlerordens trug und durch liebenswürdig weltmännisches Auftreten Sympathien gewann“ . D ennoch ist, ohne Bewußtsein, H err Venizelos ein M itgestalter des Zu*

standes geworden, aus dem der Europäerkrieg aufprasselte.

Ohne Kretas Rehellenisierung kein Balkanbund (auch, freilich, ohne Panthersprung weder Tripolis noch Balkankrieg gegen die T ü rk ei); ohne den Bund, der dem M inister Trikupis mißlungen war, ohne den Krieg und den Sieg kein austro»

ungarischer D rang, die Slawenhecke zu stutzen. Trotzdem die W estm ächte ihm stets die Bulgaren vorzogen, glaubte Venizelos, mit ihnen, mit Griechenlands G ründern und Bürgen gehen zu müssen, weil in ihm die Ueberzeugung fest war, deutscher, also auch türkischer Sieg werde seinem Vater?

land noch einmal das mühsam eroberte Kreta, österreichi*

scher Sieg vielleicht Saloniki rauben. Niem als, hatten die Jung#

türken oft gesagt, „werden wir auf Kandia verzichten, das uns

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fünfundzwanzig Kampfjahre und hunderttausend Krieger gekostet h at; die H ingabe Kretas, das uns seit 1669 gehört und um das wir von 1770 bis 1900 immer wieder fechten mußten, würde dem Khalifat den brauchbarsten Menschen«

stoff nehmen, unseren Insel*Maschalik in der W urzeltiefe gefährden und dem Islam die A usrodung der kleinasiatischen Griechen aufzwingen.“ Solche Rache hat Venizelos ge*

fürchtet. U m seinem Hellas die Griechenwilajets in W est«

kleinasien einzugliedern, war er bereit, den Bulgaren Dram a, Seres, Kawala zu gönnen: und verlor durch die Ankün«

dung dieses Entschlusses zum ersten M al die M assengunst.

Im Sommer 1916 hat Strategenbedürfniß dann den König ge«

nöthigt, das selbe Griechengebiet bulgarischen Truppen, die er als Feldherr mit D onnerw ort aus den Grenzen der Mensch«

heit gewiesen hatte, zu öffnen: und die alten Feinde des Kronprinzen, O berst Zorbas und andere Köpfe der Militär«

liga, kehrten sich wüthend drum gegen den König Konstantin.

Die Volksmehrheit hing ihm gestern noch an. A uch Ru«

mänien, dessen Vorm arsch 1913 den Griechensieg sicherte, stand nun aber im Treffen. D urfte der Basileus in das Leid des vierten Konstantin, des Bärtigen, sinken, der die Bul«

garen in das Land zwischen Balkan und D onau eindringen ließ ? E r ahnt, daß bulgaro»türkischer Trium ph über Serben und W alachen ihm nicht verziehen würde. U n d hat über Venizelos gesagt: „Ich mag ihn nicht, bin aber, wenn ich ihm zehn M inuten zugehört habe, im Bann seines W o rte s.“

D ie armsälige Schlauheit, der insLouisphilippisch* Bürger«

königliche vermummte H ochm uth dieses aus guter Dänen*

art Geschlagenen haßt den M ann, der ihm und dem pere prodigue G eorgios die Krone gerettet, den Um fang des Reiches gedoppelt hat und ohne dessen Fünfjahrewerk er mit seiner lieben Familie in oder bei Kopenhagen dem Vetter Christian auf der Tasche läge. H aß t, wie alle U nfruchtbaren, M ann oder W eib , den Schöpfergeist, dessen Athem ihr geblähtes N ichts wie Anklage brennt und den zu lähmen ihr erbärm«

lieh strebendes Vergnügen ist. W ilhelm chen 1888 bis 9 0 ; alltäglich ringsum anderes Feminine. D er gerissene Knirps mit dem großen N am en Konstantin war nie „deutschfreund*

lieh“ . D er Sohn einer Russin aus dem Saft des Dänenstammes»

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A d v e n t i v k n o s p e n 273- für dessen selbstlose Liebe zwar der parvusgläubige Unter*

seediplomat G raf Brockdorff „garantirte“, der aber, wie jeder an hellem T ag Lebende voraussah, in der ersten Gunststunde die W ipfel über sein N ordschlesw ig vorstreckte, Tino, das Pro*

dukt aus der Kreuzung zweier Holsteinerlinien, hat nie, auch nicht von der Englisch sprechenden Frau, deutsches W esen edler A rt innig schätzen gelernt. (U n d gar einen Herrn W il*

heim in Liebe ergebenen Fürsten fände man nur zwischen der potsdamer Friedenskirche und C harlottenhof.) W eil Ve*

nizelos aus Frankreich Drillmeister berufen hatte, pries Kon*

stantin, auch ein von unverschämter Sultanslaune dem H eer Scharnhorsts und M oltkes aufgezwungener Feldmarschall, die deutschen; und erwimmerte dann in Paris Entschuldi*

gung von dem taktlosen Zungenschlag. W eil der M inister Verständigung, noch unter Opfern, mit den Bulgaren wollte, stemmte der König sich gegen den Plan; und mußte dann die Schande der Kapitulation von Rüpel undKawala schlucken.

W eil der Kreter die Gelegenheit zu Vernichtung der Türken*

macht, also zu W eltw ohlthat, zu nutzen trachtete, hielt der Graeko* Däne dem Türkenpatron die Diebslaterne; und drehte das D ing in so plumpen Fingern, daß die M ächte, die den Griechenstaat schufen und schirmten, ihn, mit Recht, der Be*

günstigung ihres Feindes, verrätherischen Anschlages auf ihre Land» und Seemannschaft, des Verfassung* und Neutralität*

bruches zeihen durften. D as Handeln dieser M ächte war nach dem Dezember 16 weder stets geschickt noch vom H auch reiner Sittlichkeit durchweht; unbestreitbar aber ihr Recht, in dem von ihnen geschaffenen und in Lebensmöglichkeit erhaltenen, ihnen zu Einräumung deutlich bestimmter Macht*

befugniß verpflichteten Land ihr Interesse zu wahren und den Rücktritt eines beschwatzten Eitelinges zu fordern, der ge*

gen sie, auf dem Türkenjoch entrungener Erde, in der Stunde ihrer Lebensgefahr heimlich die Sichel des Osmanenmondes scharf wetzte. M it Konstantin ging der Kronprinz (D iad och os) in die Schweiz; des Entkrönten zweiter Sohn, der dreiund*

zwanzigjährige A lexander, wurde König der Hellenen. Ruß*

lands Stimme erlosch im T rio der Schutzmächte. England und Frankreich aber schienen auf jedem Gleis des W ollens unlös^- bar einander verkuppelt. H eu te? Als A lexander, wie erzählt

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