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Die Zukunft, 29. November, Jahrg. XXVIII, Bd. 107, Nr 9.

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(1)

X X V III. Jahrg. Berlin, den 29. November 1919 N t. 9

ie Ziukunft

Herausgeber

Maximilian Harden

IN H A LT

Für die Republik ...

Nachdruck verboten

E r s c h e i n t j e d e n S o n n a b e n d

Preis vierteljährlich 10,— Mk., das einzelne Heft 1,— Mk.

BERLIN

Verlag der Zukunft

Großbeerenstraße 67

1919

Seite

255.

(2)

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WEIHmiBEnHUTII

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48 hoebkOnstlerlsehe Frei­

lichtaufnahmen. Brom- sllberorlginalfolos, seltene ______ Wahl weiblicher Schönheit

einschlieB i. ges. gesch. S te re o -A p p a ra t, h e r­

v o rrag en d . O ptik u, P la s tik , n u r 15,— Mk.

fran k o N ach n ah m e. Illu str. P ro s p e k t frei!

Fotohans K. Holte, Abt Z, Berlin S 14

D i e Z u k u n f t

ist das b e s t e Insertionsorgan

f ü r V e v la g s h a n d lu n g e n

BERNHARD KONZEL

An-

B a n k g e s c h ä ft

BERLIN W 8

u n d V e r k a u f v o n W e r t p a p i e r e n

K o s t e n l o s e A u s k u n f t s e r t e i l u n g j

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O rten, In - u. A usland. Erledig, v. V ertrau en san g eJ^g an h eit Jed. Art. E rm tttel. eic.

99Ä u s k u n f t s - S c h i i t ; > < ( s. lang. J a h r e n d. l a Ref., In a n s p ru c h n a h m e von B e h ö rd e n a n e rk a n n t u n b e d in g t z u v erlässig , b e stin fo rm ie rte , d. eig. d ire k te V e rtre tu n g e n o rg an is. Spe*."Auskunftei 1. R g s., Berlin W, Teuentzlenstr. 3 (a. W itte n b erg p la tz). Teleph. S te in p l. 9463.

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Für die Republik

U e b e r t ü n c h t e G r ä b e r

C o dunkel wars noch nie. W ä h re n d der K riegsw ahnsinn w üthete, durfte aus schwärzester N a c h t noch H offnung aufflattern. H elle m ußte ja, m ußte b ald das O stgew ölk säu»

m en u n d L erchenruf das N ah en des T aggestirnes, den Auf#

stieg der V ernunft ankünden. M it D o n n ergan g kam sie, im Sturm der H o re n ; u n d in M illionen H erzen löste der K ram pf alter Sehnsucht sich in laute, in heilig stum m e Lieder überströ*

m ender Freude. D ie aber war schon in W intersg rau vertont u n d klang im M ärz d um pf nur noch, un h old wie N eb elho rn . D och ü ber ebbendes W asser hob sich steil eineM öw e, schweb»

te die H offnung auf neuen Sturm, der die Lügenpest wegwir*

beln, nach dem ein reines D eutschland sein werde. Kaum Vor*

stellbares w urde uns E reigniß: tiefer noch, höher als vor dem N ovem ber ist die H eim ath verschm utzt. D as, wie Jed er jetzt w eiß, ohne Fatum szw ang begonnene, drum die deutsche M enschheit entadelnde M assengem etzel hat geendet. Im Kleinen aber, im Engen w ährt der M o rd w eiter; setzen die neuen P frü nd ner u n d K rippenfresser, gelehrig u n d m unter, das alte Spiel fort. D ie schwerste Sorge, von allen die wehste, blickt nach der Ju g en d aus. Ist auch ihr Fittich lahm oder k leb t er am Leim der Lüge, die Schlauheit dicht, wie ein im Schlam mtuch gewässertes Bahrtuch, ü b er das Reich ge*

spreitet h a t? A lberne K nabenstreiche, für die im G ru n d e 20

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256 Die Zukunft.

der M agistergeist verantw ortlich ist, w ürden rasch aufhören, w enn derC on viva für K ultus u n d U n terricht die A nstaltleiter beim O hrläppchen nähm e u n d sie m it rauhem W a rn w o rt die (unfertige, doch in Rechtskraft gediehene) V erfassung der Re»

p u blik achten lehrte. Entsetzende K unde aber b ring t fast jed er T ag aus den O berklassen der H öheren, den H örsälen der Ho*

hen Schulen u n d m anchen Ju g en d vereinen der in „D em okrat tie“ um geschm inkten A sp h altp atterjo h ten von gestern. Nir»

gends ein H auch nu r von D rang in Freiheit des G eistes, in Er*

ken n tn iß wenigstens D essen, was war, ist u n d w erden m uß.

Frei d ü n k t sich, einen verw egenen Kerl schon, wer m it d er Z unge das w elke Ideal von 1789 beleckt, in geruhsam stili«

sirten Sätzen die eingeurnte „E w igkeit“ der Französischen R evolution besingt, an m orscher Krücke, in H um peltrab, sich einen rüstig in H elle Schreitenden, w ohl gar F ü hrenden wähnt. D ie Sprudelköpfe, alle im schönen Ju gen d v o rrech t des Schwärmens heim ischen, seligen G eister w erden gevehm t.

N ic h t einmal den Schülern des D eutschland, das vor h u n d e rt Jahren war, den g lühenden Pantheisten, R epublikanern, Be*

w un d erem der H arm odios u n d A ristogeiton, von denen Bis*

marck, zu greisenhaft spöttisch, erzählt, ähnelt das von A lten in blinde W u th verlogene, m it unsauberer Lym phe in Natio*

nalzorn vergiftete G eschlecht, das heute erwächst. D en Banke*

roteurs von gestern, die es aus d erP flich t zuRechenschaftfor*

d erung verleiten, sich in A nsehen u n d zinsender M acht halten wollen, ju b elt, schnaubenden Bonzen, deren K litterschriften auf den A b tritt taugen, läuft es zu: u n d w endet den paar Mu«

th ig en ,d ie aufrecht in neue M enschheit streben, w iedem S tank aus H exenbreigefäß den Rücken zu. In Jena hat der ju n g e Pro«

fessor Jerusalem (kreischet nicht a u f: trotz dem N am en der vom Semiten Jesu s gew eihten Friedensstätte ein b lo nder G erm ane) in einem V ortrag neulich gesagt: ,,W ir m üssen den K am pf um die W ied erg eb u rt des deutschen G eistes aufnehm en. D as deutsche V olk war das einzige, das d e n G ed an k en des Völker*

rechtes b e w u ß t ablehnte. D en U nterthanengeist, der seine tiefste W u rz e ln in der V erachtung des V ölkerrechtes hat, müs«

sen w ir ausroden, das von ihm gezeugte Staatsideal, das nu r eine Macht« u n d Z w angsorganisation ist, vernichten un d die

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h u r d ie R e p u b li k 2 5 7

N a tio n m it dem G eist der H um anität, m it dem G efühl der W ü rd e un d des W erth es der Persönlichkeit erfüllen.“ Sanft, doch deutlich hat er auf die N o th w en d ig k eit gewiesen, die lutherische Ethik, die zwischen M oral u n d P olitik einen un#

übersteigbaren W all schichtet un d in Bismarck, in uns Allen viel zu lange schlimm eiterte, aus D eutschlands Blut zu schei#

den. Juvenals W eiß er Rabe. D en m üßte, w enn w ir in geistiger R epublik lebten, die Schwinge schnell au f einen H ochsitz des Lehram tes tragen. G rau en O rd in arien aber w ird seines Schnabels W u ch s nicht gefallen; u n d ihnen, die exam iniren, also selig sprechen oder verdam m en dürfen, h ängt die h urtig in Am t, Pfründe, B ürgersbehagen v o rd rä n g e n d e ju g e n d an. Ist dieses Volk verloren? N ic h t seines Volkes M asse; fast sicher seine Bourgeoisie. Vom Fl uch gerechter G o tth eit d orrt sie ; m uß im Schweiß des Angesichtes sich B rot schaffen, in Kummers*

pein den A cker bestellen u n d oft, statt nährenden Roggens, D o rn u n d D istel ernten. U n re ttb a r ist sie verloren, w enn sie nicht in letzter Stunde noch aus Schandgenossenschaf t sich löst.

Ihr in allen Pfützen besudeltes M aul die W o rth ü lse von Frei*

heit u n d Recht beschm atzen zu hören, ist so ekle Z u m u th u n g wie das feist zähe Erdreisten des N oskesozien Ebert, sich als Käm pfer „gegen G ew alt u n d U n te rd rü c k u n g “ vor geblen#

dete A ugen zu pflanzen. W o d er Profit, das G eschäft m it halb erst verdorbenen Erbsen o d er Oeffentlicher M einung m ehr gilt als W ü rd e , w ird jed er Versuch, m it dem H inw eis auf m etaphysischeM ächte zu wirken, n u r als putziger Zeitvertreib em pfunden. D ie N ation , ru fst D u , steht, die V olkheit vor der Frage, ob sie in Schande waten oder sich in Selbstachtung#

m öglichkeit retten w ill? Bist D u , T rop f, denn gew iß, d a ß Selbstachtung ihr A th em b ed ü rfn iß ist? V on N u tz e n u n d Schaden, V ortheil u n d N ach th eil m u ß t D u ihr reden: un d darfst sicher sein, daß sie H ochgebirge erklöm me, O zeane durchschw öm m e, um von G rat oder Strand Tausendmark«»

scheine zu säckeln. M ag es so sein. A uch in dieser Sprache läß t sich, wenn höher schw ingende das V erständniß übersteigt, sagen, was gesagt w erden m uß. Seit dem u nverjährbar schimpf#

liehen M anifest der D reiundn eu nzig , das in grellem Mittags#

glanz die Leuchtkraft der Sonne leugnete, h a t dem deut#

20*

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258 D ie Zukunft;

sehen V olk nichts so furchtbar geschadet wie das schmäh*

liehe Ereigniß im U ntersuchung*A usschuß der Nationalver*

Sammlung. N ichts A nderes. A rm enierschlächterei, Menschen*

Verschleppung aus Belgien u nd Lille, U nterseefrevel, Cavell u n d Fryatt, seit dem Dschenghis* Khan nicht erschaute, von ihm selbst, vom Lahm en T im u r n ich t m it so m eisterlicher T echnik vollendete L andverw üstung: all diese u n d h u n d e rt andere öf*

fentlich erhobene u n d begründete A nklagen um fassen Kriegs*

h an d lu ngen , also H an d lu n g en organisirten W ahnsinns, un d könnten, wenn sie noch klarer erwiesen w ürden, nicht die Na*

tio n belasten, die sich für die Rasenszeit, für deren Macht*

gierzwecke u n d R aubsüchte fester als je zuvor knebeln ließ.

J e tz t aber noch, ein g an zesjah r nach der N iederlage, dem Waf*

fenstillstand, der V erk ü nd u n g neuen G eistes, war Prostration des V olkskörpers, P ro stitu tio n der Volksseele, w ar Kniefall zu A n b e tu n g der w idrigsten Form alter G ew alt. Kein Redlicher k ann danach von den W estm ächten noch A brüstung, keiner V erzicht auf internationales G ericht ü b er die Angeschuldig*

ten fordern. T ro tz dem schrillen N ationalistenschw atz von künftigem R achekrieg, dem G eprahl von den Einwohner*

w ehren als „den K rüm pern unseres neuen Scharnhorst“ hatten w ir leis, in A m erika u n d E ngland, allgemach auch schon im tiefer verbitterten Frankreich, das D äm m ern der E rken ntn iß bereitet, d aß hartnäckiges Bestehen au f dem Auslieferung*

verlangen ein Fehler wäre. N u n die Spottgeburt eines Er*

m ittelungverfahrens sichtbar u n d vom H ohngelächter zweier W elten um jo hlt w urde, wäre jeder neue V ersuch auf diesem Feld unnützlich, u n w ü rd ig ; kö n nen w ir n u r noch die Zu*

lassung je eines D eutschen in die U n tersuchunginstanz u n d das Spruchgericht erstreben. D as ist die erste Folge der häß*

lichsten Schmach deutscher G eschichte. A ls zweite Folge w ürden w ir die eiskalte A b k e h r d er M ächte erleben, deren v on V ernunft in K lugheit zurückgelenkter W ille sich zu Hel*

ferdienst rüstete. Einem rem ilitarisirten, vor M oloch u n d Bel in Staub hinsinken d en D eu tsch lan d H ilfe? N u r zu Selbst*

m ord Entschlossene dü rften daran denken. D e r am zweiten G eb u rtstag der R epublik beschrittene W eg füh rt die Sieche v on dem einzigen Born weg, aus dem ihr G enesung quellen

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Für d ie R epublik 259 kann. D as D eutschland, dessen K ontur seitdem sich dem A uge der M enschheit zeichnet, m üßte einsam, an ödem Strand, hau*

sen. L äßt sichs abermals, von den selben Irrführern , in Un*

heil b e th ö re n ? W ird die letzte A nkerkette durchfeilt, die ein leckes Schiff m it schadhafter T u rb in e vor B randungsgetrieb u n d Bruch w a h rt? A us vielfarbigem Stim m engeschwirr blinkt die A hnung, d aß w ieder eines Schicksals W eh en stu n d e schlug.

V o r e in e m S tu r m

1. „Die K artoffelernte war, wie nach d e r langen R egenperiode im Som m er zu erw arten, n icht ergiebig. 45 C entner im' D u rc h ­ schnitt vom M orgen (als m ittlere E rnte g ilt s o n st hier 80).

D azu kom m t noch, daß u n s 90 M orgen eingefroren sind.

R echnet m an n u r einen E rtrag von 40 C en tn er Kartoffeln vom M orgen und einen Preis von 20 M ark für den C entner, so 'm acht D as 72 Mille V erlust. N a c h b arg ü te r hatten n ich t einm al die zu r N atu ra llö h n u n g ihrer A rbeiterschaft n ö th ig e K artoffelm enge g eern tet; auch wir kom m en w ahrscheinlich nicht m it der nöthigen Saatm enge bis ins nächste F rü h ja h r hinaus.

W ird auf A blieferung g edrungen, so w ird vom S aatg u t gezehrt und wir m üssen im nächsten J a h r die A nbaufläche ver­

ringern . . . W as Sie 1908 über W ilhelm 1 schrieben, klingt, als obs gestern aus der Feder geflossen wäre. Schade, daß m an auch dam als nicht a u f Sie g e h ö rt hat. K ann D eu tsc h ­ land eine Insel w erden? W er je d aran glaubte, könnte von diesem Irrth u m heute geheilt sein. W ir haben au sg esp ielt:

N os num erus sum us, fruges consum ere nati, un d wenn Lloyd G eorge die Fruchtfolge bestim m t, ists im m er noch besser, als w enns irgendeine in D eutschland m itregirende Ig n o ran z thut. W irthschaftlich stehen w ir unter dem Zeichen des A us­

gleiches unserer Inlandspreise m it den W elthandelspreisen. D a s vollzieht sich stoßw eise u n d ungeregelt. Z u erst sollen die K ohlenpreise dran kommen. D ie la n d w irts c h a ftlic h e M aschinen­

industrie d enkt aber voraus u n d h a t seit Ende Septem ber die Preise zum Theil schon um 50 bis 75 Prozent erhöht. Die L a n d w ir ts c h a f t soll aller V oraussicht nach zuletzt kom m en;

und den Letzten beißen die H unde. Ich kann, so schw er es einem deutschen J u n k e r ' w ird, n u r w ünschen, daß wir bis dahin schon polnisch sind. D a sich unter dieser jam m ervollen R egirung und diesem elenden P arlam en t ja Alles u ngeregelt abspielen m uß. D eutschland g eh t m it N o tw e n d ig k e it den

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I

schw ersten L ohnkäm pfen entgegen, weil die als ,T h eu eru n g ' em pfundene A n n äh eru n g an die W elthandelspreise den L o h n ­ verhältnissen jede S tabilität nim m t. W ichtig wäre, in die T arif­

verträge (wie es in E ngland schon der Fall sein soll), viel­

leicht in alle V erträge, B estim m ungen aufzunehm en, die K on­

junktursch w an k u n g en ausgleichen. Diese ausgleichende W ir­

kung w ird bei der hier, im O sten, üblichen G eld- und N a tu ra l­

lö h n u n g der L andarbeiter eben du rch die viel angefeindete N a tu ra llö h n u n g erreicht, d a ih r P apiergeldw erth im Tem po d e r G eldentw erthung steigt. D och w ären B estim m ungen d en k ­ b ar, die diese W irk u n g auch a u f den b a r zahlbaren Theil des L ohnes verbreitern. In der P raxis w ürde die Sache etw a so au sseh en : M onat vor M onat w ird von d er R egirung in jedem Bezirk d er m ittlere Brot-, Fleisch-, K artoffel-, K ohlen- und W o h n u n g p reis festgestellt (nicht etw a fe s tg e s e tz t'). D as h a t g a r nichts m it Z w a n g s w irts c h a f t zu thun. Alle L o h n ­ verträge sind unter V e rb ü rg u n g einer bestim m ten H öhe des G esam m tb etrag es dieser einzelnen P osten abzuschließen. Diesen G esam m tb etrag wollen w ir ,U n terh altsm ittel' nennen. Bei w eiterer T h eu eru n g tritt ganz autom atisch zu allen Löhnen ein der E rh ö h u n g des U nterhaltsm ittels p rozentual gleicher Z uschlag, im um gekehrten Fall ein entsp rech en d er Abzug. D as soll natürlich n u r ein ungefähres Beispiel sein, aber so ä h n ­ lich m üßte es schon w erden, so n st w ird des K am pfes kein Ende. Jede U h r h a t einen K om pensator. A uch das Leben d er W irth sch aft b ra u c h t S icherung des regelgem äßen G anges.

M it u nserer Preisw erferei g eh ts nicht w eiter. Ein H ö h e n ­ förderer, der im Septem ber 12 500 M ark kostete, w ar m ir jetzt fü r 17 500 angeboten w orden (freibleibend). Ich schlage tele­

g rap h isch zu ; nun heißts: 19 900. Ich sagte Ihnen schon:

Die M aschinenindustrie baut vor. Sie hat eben keine H öchstpreise, ab er wir L andw irthe haben sie. N u n w erden m ir die Leute s a g e n : Ein H ö h en fö rd erer (er e rsp a rt m ir beim S choberbau in der E rnte zehn bis zwölf Leute) ist nicht n o th w en d ig ’ ist Luxus.

A ntw ort: Die Pflüge sind in ähnlichem M aß gestiegen. W ird D as auch fü r ,L uxus' g eh alten ? O der sollen wir von unge- pflügtem Boden ern ten ? D er Boden ist n icht unser e n z ig e s B etriebs- und P roduktionm ittel; und dann H öchstpreise! Sie haben ja selbst schon öfter diesen U n fu g getadelt. A uch ich baue Luzerne un d die N ach b arn , denen die L uzernesaat zu th eu er ist, legen D auerw eide an. Die P roduktionm ittel, die uns übriggeblieben sind, reichen eben zur vollen Bew irth-

2 6 0 D ie Zukunft

(9)

Für d ie R epu blik 261 Schaffung nicht m ehr aus, m an w ird n icht rechtzeitig m it der Bestellung fertig, v ersp ätet sich m it d e r E rnte un d b leib t schließlich m it den Kartoffeln sitzen. N u n sagen die Leute, m an solle es doch aus »Patriotism us' thun. F ü r 70 000 M ark ist uns -Das zu th e u er; u n d außerdem 1 h a t N iem and w as von den verfro ren en Kartoffeln, nicht einmal die Schweine. A lso:

w enn in d e r jetzt beliebten A rt w eiter gew irthschaftet w ird, dann können die S tädter wirklich, wie Sie schrieben, in einigen Jahren au f die W eide g e h e n ; zu essen giebts nichts m ehr."

2. „ ,N icht Flagellantenw ahn noch M asochism us d rän g t in das V erlangen d eutlicher S cheidung von Schuld un d S ch u ld ig en ':

sagten Sie in Ihrem H eft vom fünfzehnten N ovem ber. Ein Kind, das siich an d e r T ischkante gestoßen hat, schlägt zo rn ig auf d en Tisch ein. D er gereifte M ann, dem ein U nglück zustößt, p rü ft in erster Linie das; eigene T h u n , ehe e r Alles au f Tücke A nderer o d e r au f das W alten eines bösen Zufalls schiebt. Selbst- erkenntniß ist d e r erste Schritt zu r B esserung: diese alte W eisheit soll heute auf einmal nicht gelten. W ie d a s Kind a u f die Tisch­

kante schlägt, heulend u n d schim pfend, so handeln heute un­

zählige D eutsche. M an kann g ar nicht deutlich g en u g das D eutschland W ilhelm s des Zweiten schildern, w enn m an die Auf­

e rste h u n g des d eu tsch en Volkes vorbereiten will. D as ist viel nützlicher als das kindische G ebahren in Berlin, das, wie m an beinahe g lauben m öchte, absichtlich von den jetzigen M acht- - habern bestellt ist, ih re v o r dem Z usam m enbruch stehende M acht zu schützen. W ie h at d e r Kaiser hier Alles verd o rb en ! Ein kleinem Beispiel: sein Jagdbetrieb. In m einer Ju g en d w ar es üblich, die Stände au f den T reibjagden zu verlosen. H ier sollte fair play sein, sollten die selben C hancen Jedem eingeräum t w erden. N u r die Geschicklichkeit d u rfte entscheiden. D ann kam en in Schlesien die K aiserjagden auf. Schoß S. M. an einem O r t 900 Stück, so m ußte der nächste Ja g d h e rr ihm 1200 Stück v o r die Flinte treiben. Fasanen w u rd en zu H u n d erten kurz vo r d e r Jagd ,gekauft'. A uf ganzen H errschaften das W ild ein­

gefangen und in die D ickungen vo r d en A llerhöchsten H errn gesetzt. In den N ächten vo r der Jagd w u rd en die T riebe um stellt m it T reiberw ehren, dam it das W ild nicht entkom m en konnte. Das hieß dann J a g d ' un d d e r A llerhöchste glaubte noch gar, n u r seiner Geschicklichkeit d en V o rsp ru n g v o r d en M itschießern zu ver­

danken. Bald kam es zu allerlei Schwindel. A uch Andere;, Kleinere, gew öhnten sich an die A llerhöchste Jagdm anier. Man erzählte sich die tollsten Sachen ü b e r die K unst, m it d e r M anche

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2 6 2 D ie Zukunft

ihre Strecken vergrößerten. Die M assenschlächtereien hat S. M.

eingeführt. A uch d as Fälschen d er G esam m tstrecken, an denen.

H u n d erte von Stücken zugelogen w urden. In dieser Zeit klagte ein kleiner L ieutenant einmal, daß er n u r vier Jagden in d e r ganzen Saison m itgem acht habe, und, gestand, nach dem R esultat gefragt, er habe ,n u r 1200 Stück' geschossen. W ie harm los m u th et dagegen die E in trag u n g Ludw igs des Sechzehnten in sein Schießbuch Einen a n : ,80 Stück geschossen; d u rch die Ereig­

nisse u n terb ro c h en '. Einmal jagde d e r Kaiser bei einem eng­

lischen L ord. E r schoß 20 o d e r 30 Stück. Seine L ordschaft wollte fü r d en W inter nach Indien und hatte deshalb keinen Fasanenaufzug gem acht. D er Kaiser m ußte sich deshalb m it einer jedem Sterblichen erreichbaren Jagdstrecke begn ü g en . Sol­

ches Land hätte so g ar einen W ilhelm ertrag en ."

3. „Ein neues T h eater ist erö ffn et; gespielt w ird : U n te r ­ su ch u n g -A u ssch u ß '. A usschuß. P rofessor K lugscheißer u n d Professor N eunm alw eis sam m t den D oktoren G ern g ro ß und W ichtigthuer m üssen natürlich m itm achen. V or solchem A us­

schuß steh t ein S taatsm ann vom F o rm at B ethm anns (in jeder B eziehung:) groß da. D er A ngeschuldigte stellt ,fest' (was wackelig ist:), daß von ihm alles ihm M ögliche geschehen sei.

P unktum . D er L ehrer tadelt den Schüler. D er ab er ,stellt fest', daß er alles ihm M ögliche gethan habe. D ann können wir ja b eru h ig t sein. Jedes G ericht läßt, bei Spezialfragen, einen Sachverständigen zu. H ier fehlt er. D er g erad e könnte ,feststellen', ob alles Erdenkliche geschehen sei, könnte den Richtern, Exam inatoren sagen, w as im staatsm ännischen, im D iplom atendienst gebräuchlich ist. D ann b rau ch te sich n icht jeder P arteiling zu bem ühen, die Szene (statt zum 1 ern sten T rib u n al) zum kitschigen T heater zu. m achen. Ein S chaustück ' fü r die M enge w ird inszenirt. ,Ih r s e h t:.a lle s E rdenkliche g e ­

schieht. Lieb V aterland, m a g st ru h ig sein.' S o g ar der u n s durch die T radition th eu er u n d lieb gew ordene A usschluß d er O effentlichkeit d a rf n ich t fe h le n : ein B rauch, von dem 1 d e r B ruch m eh r e h rt als die Befolgung. Das n en n t m an dann Er­

forschen d er W ahrheit. W ozu haben w ir eigentlich eine Revo­

lution g e h a b t? U m auf dem 1 status quo ante zu verbleiben?

Ein g ro ß er A ufw and, schm ählich, w ard verthan. H err D avid stellt eine U n terlassu n g fest: der R eichstag hätte, vor E r­

klärung des unbesch rän k ten U bootkrieges, bis ins Kleinste über Alles aufgeklärt w erden m ü ssen ; d ann hätte der R eichs­

ta g die V erantw ortung g eh ab t. H ätte! W ann h a t der R eichs­

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F ü r die R e p u b li k 2 6 3

tag sich der V erantw ortung w ü rd ig gezeigt? Ich sah im m er n u r Parteiham ster. H at der R eichstag, dieser Pagodenconcern,, sich am vierten A ugust 1914 seiner V erantw ortung völlig;

bew ußt gezeigt? H a t er Alles g e th an , w as sein R echt (D as heißt: in so ernster Sache, seine Pflicht) w ar? U n d M itglieder dieses Reichstages wollen ü b er A ndere zu G ericht sitzen? Sind wir so arm an Tüchtigen, daß wir allüberall stets n u r a u f die M. d. R. zurückgreifen m üssen? Sind sie w eniger kom prom ittirt als die Staatsm änner und D iplom aten vor den S chranken? T he­

ater, H err H a rd en ; ich m uß, leider, Ihrem H o h n w o rt zustim m en.

Statt d e r ,K om oedie der Irru n g e n ' studire man Tollers /W andlung' ein. W an d lu n g th u t n o th ; n u r sie kann helfen."

4. „N ach d e r L ecture d e r A ussage H in d en b u rg s vor dem U n tersu ch u n g au ssch u ß ist m ir B edürfniß, mich an Sie zu w enden, dem ich durch regelm äßiges Lesen der ,Z ukunft' seit m indestens fünfzehn Jah ren so viel verdanke. W enn H in- denburg, ein M ann, von dem m an annehm en m öchte, daß er sagt, w as er w irklich denkt, und nicht durch seine A ussage ein.

P arteisüppchen kochen will oder die M otive seiner H andlungen zu verschleiern beabsichtigt, wenn dieser M ann vor dem 1 A u s­

schuß öffentlich die B eh au p tu n g u n terstreicht, die d e u tsc h e Armee sei ,von hinten erdolcht w orden', so zeigt D a s ein so ungeheures M ißverstehen der inneren Z usam m enhänge, d e r psychologischen Z ustände, die zum Z usam m en b ru ch führen m ußten, daß Dem nicht o ft und energisch g en u g w idersprochen w erden kann. Sie th aten s oft. T h u n Sie es im m er w ieder!

G erade die U n terd rü ck u n g dieser Lüge ist so unendlich w ich­

tig. D as deutsche Volk kann so n st geistig nicht g esu n d en ; die Quellen d er H eilw asser m üssen vor V ersch ü ttu n g und V ergiftung g e w a h rt w erden. O ft schon sind Sie in Ihrer Zeit­

schrift diesem A berglauben entgegengetreten. W erden Sie nicht, m üde! Die d eutsche O. H .L . iist von d e r alliirten O. H. L. be­

siegt w orden. Die A lldeutschen sagen, daß die F rontsoldaten bis zuletzt in g u te r Disziplin geblieben seien. D as m ag ja.

zum Theil stim m en, w enigstens bei den kräftigsten K am pf­

divisionen, deren M annschaften au sg esu ch t w aren, lange g e ­ drillt, m eistens im A n fan g d er Zwanziger, durch gu te V er­

pflegung,, Alkohol, A ussicht auf behagliche Q uartiere und fette Beute in d en feindlichen, reich ausgestatteten Stellungen leicht in Stim m ung zu halten w aren. Im Som m er 1918 schrieb m ir ein gu t beobach ten d er Vicefeldwebel von d er W estfro n t in das R ekrutendepot im O sten, wo ich Rekruten als Vicefeldwebel,

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264 D ie Zukunft

d an n als Offizier ausbildete: ,Mit diesen Kerls kann m an, w enns w as zu fressen un d zu erbeuten giebt, noch zehn Jah re Krieg f ü h r e n / Von revolutionärer P ro p a g a n d a w ar an der F ront fa st g a r nichts, so g ar in der Etape se h r w enig zu m erk en ; die M euterei im N ovem ber konnte solchen U m fan g n u r annehm en in Folge der unglaublichen E n tfrem d u n g zwischen O ffizier und M annschaft, d e r vollkom m en falschen B eh an d ­ lung der M annschaft, d er gänzlichen U nkenntniß der Offiziere vom M ajor aufw ärts von Alledem, w as die Leute dachten und fühlten. Ich kann m ir nicht denken, daß es einen Soldaten giebt, der leichter zu führen, dessen V ertrauen u n d E rgeben­

heit leichter zu erw erben ist als d er deutsche D u rc h sc h n itts­

soldat. Gewiß nicht d e r T om m y o d er Poilu, und ganz gewiß nicht d e r A m erikaner. A ber die Kluft' w ar zu groß, w ar u n ­ ü b e rb rü ck b ar; und ganz selten n u r hat ein O ffizier sich be­

m üht, ü b er den A b h a n g hinw egzukom m en. V ersuchte ers, so w urde er auch sofort von seinen K am eraden verdächtigt, a n ­ g e h a u c h t und, w enn e r nicht an d e r F ro n t w ar, m it dem Schützengraben ,b ed ro h t'. Die Lüge w u rd e zu offenkundig.

Alles versuchte, sich zu drücken, das ,R auskom m en' w ar eine Strafe, beim A bschiedsappell ab er gab es hochtönende R e d e n : ,Siegfriede', ,Ehre, fürs V aterland zu käm pfen', »Pflichterfüllung bis aufs A eußerste' u n d s o , w eiter; D as konnte doch nicht haiten! U nd d a n n die A hnunglosigkeit d er höheren K om ­ m andostellen! Am zehnten N ovem ber, als in W arsch au schon in einigen B ataillons S oldatenräthe g ew äh lt w orden w aren, versam m elte der G eneralgouverneur Beseler die K om m andeure d e r L andsturm bataillone, um sie über die Stim m ung der T ru p p en zu befrag en : und alle betheuerten, ihre T ru p p en ,fest in der H and zu haben'. D as G eb äu d e w ankte sc h o n : u n d doch konnten diese .H erren n ich t den M uth aufbringen, die W a h r­

heit zu sag e n ; n u r ja nicht ,m it seinem Bataillon au ffallen ':

D as w ar die Losung. D er älteste M ajor verlor seine M an n es­

w ü rd e vor G eneralstreifen. D as w ar d as fü h ren d e D e u tsch ­ land. Das, n u r D as hat unsere A rm ee erdolcht. Die T ru p p en w aren gut, treu, wie m an es sich nicht besser vorstellen kann. O ft g en u g sagten m ir Soldaten (ich w ar zehn M onate kriegsfrei- williger G ren ad ier und G ardefüsilier, zw eiundzw anzig M onate an der F ront und w urde erst im H e rb st 1918 O ffizier): ,W ir könnten schon längst Frieden h ab en ; es g e h t ja n u r noch fü r das K apital'; ,Ja, w enn es zur V ertheidigung der H eim ath w äre! A ber sie w ollen d och bloß an n ek tiren ! U n d diese selben

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Für d ie R epu blik 265 S oldaten thaten trotzdem noch ihre Pflicht, weil es ihnen angeboren u n d anerzogen w ar, aus T reue und K am eradschaft. Es w ar so leicht, m it diesem V olksheer auszukom m en; a b e r n icht im altpreußischen Stil, den H in denburg-L udendorff w ünschten. Von Schiebungen und U nterschleifen zum Schaden d er M annschaft will ich g a r nicht erst reden. System atisch w urde die Stim ­ m u n g d er denkenden Soldaten untergraben, system atisch w urde die Liebe und L ust z u r Sache getötet, ab e r n icht du rch revo­

lutionäre P ro p a g a n d a o d er Einflüsse der H eim ath, sondern durch die A nw endung eines veralteten System s in der A u s­

b ild u n g und A usw ahl d er Offiziere, durch das Fehlen geistiger F ü h lu n g zwischen Offizier und M annschaft, du rch die D em orali­

sation, durch die der wilhelm inischen Zeit e ig e n tü m lic h e M en­

talität d er deutschen sogenannten bürgerlichen Gesellschafft.

Bitte, v erehrter H err H arden, treten Sie d er Lüge vom D o lc h ­ stoß von hinten' noch derber., schroffer als bisher e n tg eg en !"

5. „W aren H elden n u r im G roßen H au p tq u a rtie r? G iebt es so n st keine Helden zu verehren, w enn m an d u rc h a u s ehren will? Schäm en sich die D eutsch-N ationalen, schäm t sich H in­

d en b u rg nicht selbst bei dieser H eldenverehrung, wo T ausende und A bertausende H elden als im K rieg B eschädigte o h n e Be­

ach tu n g im L ebenskam pf stehen? F ängt der Held beim G eneral an, beim Offizier, saßen die H elden im H au p tq u artier, w aren die Soldaten an der F ront nu r H eldenobjekte? G e h ö rt nicht viel m ehr H eldenthum dazu, als gem einer Soldat im D reck in jeder N o th auszuhalten, ohne O ffizierlöhnung, o h n e O ffizier­

kost und Kleidung, ohne O ffizierversorgung der H interbliebe­

nen? U ns O pfer des Krieges w idert der H indenburgrum m el an. Leute, die das deutsche Volk auspow erten, ihm das Letzte nahm en, weil sie n icht den M uth hatten, ihren M ißerfolg einzugestehen, wollen diesem betrogenen, verhetzten Volk h eu te noch ihre Schuld in die Schuhe schw indeln u n d lassen sich als ,die H elden' feiern. W ir K rüppel ertragens nicht länger.

N achdem diese ;F ü h rer und H elden', m it allen G ew alten aus­

gerüstet, ein gebundenes, m achtloses Volk in den A bgrund ge­

fü h rt haben, stellen sie sich als die E rdolchten h in ; den W ölfen soll von Schafen G ew alt angethan w orden sein!"

6. „W ir dachten, d e r preußische M ilitarismus sei tot, als wir am neunten N ovem ber den Offizieren die A chselstücke von den Schultern rissen. L u d en d o rff verabschiedet, der Caesar in H olland, mit ihm d e r C aesarenw ahnsinn. V ier Millionen Sklaven w ieder freie M änner, von unerträglichem Zw ange befreit. W er

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2 6 6 D ie Zukunft

erin n ert sich noch an den Jubel vom neunten N o v em b er? H eute m üssen wir sagen: D er preußische M iltiarism us ist noch im m er nicht to t; obw ohl nicht m e h r viel von ihm ü b rig ist. D as Miß­

trauen d e r G e g n e r ist leider nicht völlig g ru n d lo s. N och giebt es W ahnw itzige in Deutschland,, die das alte Spiel fortsetzen wollen, die in Asien, in E gypten, Irland Bolschew ism us ent­

fachen, d en preußischen A dler w ider E u ro p a fü h ren w ollen.

Es m ag sein, daß die Spartakiden m itschuldig daran sind, daß D eutschland w ieder ein H eer halten m uß. G ew altherr­

schaft d er Bettler, A rbeitscheuen, V erbrecher w äre eben so u n ­ erträglich wie die d er Junkerkaste 'und ihres H äuptlings von ehedem . Die D em okratie b rau ch t Bewaffnete, um ihrem G esetz A chtung zu schaffen. N u r scheint es fast, als ob L eute mit dem G edanken spielen, diese W affen gegen die R epublik zu w enden und gegen E uropa. Sie haben nichts g elern t un d nichts ver­

gessen, obw ohl alle W issenschaften ihnen schon von Beginn des Krieges an sagten, daß D eutschland ein Industriestaat sei und das A usland zu r N o th ohne D eutschlands K aufm annsw aare leben könne, D eutschland a b e r o h n e des A uslandes K orn un d W olle langsam v erh u n g ern und erfrieren m üsse. W enn es u n s heute so schlecht g e h t (darüber m üssen wir 'uns einmal klar w erden), so ist d a ran n u r d e r M angel an V ertrauen bei d en A nderen schuld. N och im m er zweifelt m an an d e r ehrlichen Friedensliebe D eutschlands, an seinem ehrlichen W illen, den V ertrag von Versailles d u rc h zu fü h ren . W ir m üssen dieses verlorene V ertrau en w iedergew innen, w enn w ir leben wollen.

U nser W irthschaftleben liegt in schw eren Z uckungen, nicht,, weil w ir zu w enig p ro d u ziren , sondern, weil wir die P ro d u k te nicht fortzuschaffen verm ögen. U n se r weitverzweigtes Eisen­

bahnnetz, au f dessen M aschen wir einst gew altige H eere von einer F ro n t z u r an d eren warfen', w ar eine starke m ilitärische W affe. Man kann d a h e r jenen Absatz des W affenstillstandes (wenn auch nicht billigen, so doch) verstehen, d e r uns die Loko­

m otiven nahm , die ro th en B lutkröperchen au s dem Kreislauf unseres W irthschaftkörpers’. H ätte m an V ertrauen zu uns, daß wir m it unserem rollenden M aterial G ü ter und K ohlen, nicht Soldaten, b efö rd ern wollen, längst w äre m an uns entgegenge­

kom m en. M angel an V ertrauen ist es, d e r d en endgiltigen.

Friedensschluß hem m t, d eutschen K aufleuten und deutschen Schiffen den W eg ins A usland sperrt, O esterreich den A nschluß an D eutschland, D eutschland den E intritt in den V ölkerbund w ehrt. Begreift Ih r nicht, D eutsch-N ationale, daß E ure m ili-

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Für d ie R epublik 2 6 7

taristisehe Schwäche, die fade E rin n eru n g an dunkles Mittel­

alter, daß E hrencom pagnien, Säbelgerassel, Achselstücke, Hin- den b u rg erei es sind, die bei den an d eren V ölkern auch heute noch so g ro ß es M ißtrauen erwecken, alle W ege zur V erstän­

d ig u n g v erram m eln? D er ganzen W elt m üßte laut und klar gesagt w erden, daß D eutschland, die gewaltige, große M ehrheit d er D eutschen, nicht m eh r kaiserlich ist, so n d ern dem okratisch wie die ganze civilisiirte W elt, nicht m ehr militaristisch, son­

d ern pazifistisch wie die ganze civilisirte M enschheit. Mit G rau en und A bscheu denken w ir zurück an die ,planm äßig' zerstörten und verw üsteten, einst b lü h en d en Gefilde N ordfrankreichs, durch die wir, vor Am iens au s dem G efecht gezogen, drei Tage u n d d rei N ächte m arschirten, o h n e ein lebendes W esen zu finden.

Mit G rau en und A bscheu denken wir d e r unschuldigen Frauen und K inder und Thiere, die a u f das G eheiß d es T yrannen den fu rch tb aren T od in den Fluthen des M eeres starben. Mit G rauen und Entsetzen denken w ir daran, daß Ih r selbst, Ih r H ü ter d er O rd n u n g und d es Staates', die Bazillen des Bolschew ism us aus d en A m pullen gelassen habt, daß an E uren H änden nicht n u r das B lut d er arm en russischen B ürger und B ürgerinnen klebt, so n d ern daß Ih r auch verantw ortlich se‘id fü r das B lut E u rer/ eigenen, d eutschen M itbürger, die in d en S partakustagen von V erb rech erh an d verstüm m elt u n d g efoltert w urden. Deutschland!, das Land d e r D ichter und D enker, zeige d e r W elt, daß D u ih r nicht nachstehst an politischer E insicht und an G erechtigkeit.

W arte nicht ab, bis m an D ir die A uslieferung D erer abnöthigt, die schuld sind an dem! Krieg, schuld an u n n ö th ig e r G rausam keit, schuld an d er Z e rstö ru n g des V ölkerrechtes. Die D em okratie D eutschlands -m uß zeigen1, daß sie stärker ist als das m o n a r­

chistische Prinzip, um dessen willen der zweite W ilhelm E u ro p a in B rand steckte. A uf W unsch des deu tsch en Volkes selbst m uß ein internationaler G erich tsh o f aus den höchsten R ichtern Eu­

ro p as gebildet w erden u n d auch ein D eu tsch er soll m it zu G ericht sitzen über den D eutschen Kaiser. Sind W ilhelm von H ohenzollern und seine m ilitärischen und civilen H elfershelfer schuldig, die Fackel des W eltkrieges entzündet, schuldig, das V ölkerrecht zerrissen zu haben wie einen Fetzen Papier, schuldig am T ode von unschuldigen Frauen un d K indern, sch u ld ig d e r V erw üstung b lü h en d er Länder, schuldig an der H eim sendung d e r russischen Bolschew isten? D ann lasten W eltkrieg und W elt­

revolution a u f ihrem fluchbeladenen G ew issen: und die W elt m öge ü b er sie 'zu G erich t Sitzen. A us freiem 1 W illen 'muß D eutsch­

land diese M änner dem G erich t des V ölkerbundes überliefern."

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2 6 8 D ie Zukunft

7. „W ie es heißt, sollen die u n ter vielfach ungeh eu ren Schwie­

rigkeiten um ihre Existenz ringenden A usländsdeutschen zu dem ,R eichsnothopfer' herangezogen w erden. Bei B esprechung der V erh an d lu n g en v o r dem U n tersuchungausschuß w urde die Frage gestellt, wo die W u th des deutschen Volkes ü b er die an seinem U n te rg an g Schuldigen bleibe. Ich stelle die weitere Frage: W o bleibt die W u th und der flam m ende P ro test aller D eutschen, die mit dem R eichsnothopfer d en von einer Anzahl pflichtvergessener V erbrecher verursachten Schaden bezahlen, sollen? Im Civilleben ist Jed er fü r den Schaden verantw ortlich, den er über A ndere bringt.- In jedem Prozeß w erden die K osten un d Strafen nach dem V erschulden bem essen. Das R eichsnoth­

o pfergesetz m acht durch eine starke P rogression zwar g ro ß e U nterschiede, kennt ab er keinen solchen zwischen Schuldigen und U nschuldigen. D as ist eine un g eh eu re V erletzung d es R echtsem pfindens jedes schlichten M annes. Ist Das D em okratie?

W ird sich N iem and finden, der, so lange es noch Zeit ist, solche U ngeheuerlichkeit verhindert, daß die H au p tv erb reeh er in d e r deutschen T ragoedie bei V ertheilung der durch sie ver­

ursachten K osten nicht m ehr zu bezahlen haben w erden als jed er unschuldige Fam ilienvater, der blu ten d en H erzens vor dem U n terg an g seines V aterlandes und seiner Familie ste h t? D as deutsche Volk hat ein Recht, volle S ühne zu verlangen. Eine solche ist nicht zu erw arten, w enn d e r kom m ende Staatsge­

richtshof die Schuldfrage, w ie-beabsichtigt ist, in die ,V erletzung am tlicher Pflichten' begrenzt. An d e r E hre sind diese Leute nicht zu packen. Ih r arro g an tes A uftreten vor dem U n te r­

suchungausschuß zeugt von d e r A rt ihres W esens. D er em pfind­

lichste Punkt, an dem diese E delsten d er N ation zu packen sind, ist ih r G eldbeutel. A lso: A ntrag1, daß die Schuldigsten du rch die E inziehung ihres gesam m ten V erm ögens, die N ächstschuldigen d u rch eine Progression bis au f 80, auf 90 P ro zen t ihres Ver­

m ögens haftbar gem acht w erden. Das' w äre eine Sühne, die vom deutschen Volke als solche angesehen w erden dürfte. U n d erst d ann w ürden die noch D reisten am eigenen Leib spüren, w elches Elend sie über sechzig M illionen M enschen .gebracht haben."

8. „Sie schrieben 1916 an den Kanzler, daß jim Feld ein n eun­

zehnjähriger L ieutenant 310, ein L andsturm m ann 22 M ark m onat­

lich erhalte. Die zweite A ngabe ist irrig. Ein L andsturm m ann erhielt in d er ,glorreichen königlich preußischen A rm ee' n u r 53 Pfennige fü r den Tag, also im M onat 15 M ark als ,m obile L ö h n u n g '; 22 M ark w ären noch zu viel gewesen. F ü r den ,G e­

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Für die R epublik 269 m einen', auf dem des Krieges L ast m it seinen Strapazen, E nt­

b eh ru n g en , B lutopfern, H u n g er und Elend in seiner erbarm u n g - losen W u ch t ru h te , d e r fü r die hohen, höchsten und a lle r­

höchsten H errschaften die W elt erobern sollte (versteht s ic h : im Rahm en eines ,V e rte id ig u n g sk rie g e s'), fü r ihn w aren 53 P fen­

nige pro T ag genug. Im Ja h r 1919 bekam en w ir dann ,Z ulage' und stiegen auf 70 Pfennige. Als im A ugust 1918 d e r Soldat, des m ilitärischen H undedaseins m üde, H in d en b u rg und L uden­

dorff d en K rem pel v o r die Füße warf, erhielten wir eiligst ,mit rückw irkender K raft ab ersten A ugust' eine M ark pro Tag. D azu elende V erpflegung, U n terk u n ft und B ehandlung. D agegen e r­

hielt ein H auptm ann 730 M ark pro M onat, ein O b erlieu ten an t 400 bis 500 Mark. Was! m anche H erre n sich noch nebenbei ver­

dienten, ist öffentliches G eheim niß. A ußerdem ab er wirklich ,tadellose' V erpflegung und U nterkunft. Als d e r Krieg schon ver­

loren war, w u rd e schleunigst noch eine fette ,T heuerungzulage' von 400 bis 900 Mark, je nach dem Rang, gezahlt. W as bekam d e r S oldat? N ichts. U n d angesichts dieser Schandzustände be­

haupten die H in d e n b u rg und L udendorff noch kühn, die H eim ath habe von hinten h er die A rm ee erd o lch t! Das ist grundfalsch.

D urch das Elend der inneren Z ustände w ar die Arm ee schon lange reif zu r R evolution gew orden. Mit solchem O ffizier­

corps und solcher politischen L eitung m ußte jed er K rieg ver­

loren w erden. Ich bin d rau ß en gew esen und s a g e : D er Z u­

sam m enbruch ist m ilitärisch, politisch und w irts c h a ftlic h ein G ottesgericht ü b er das D eutschland d er letzten vierzig Jah re.“

„V ereh rter H e rr H arden, ein erster Brief an Sie, dessen Zeit­

schrift ich seit etwa fünfzehn Jahren lese. Einen langen Brief m öchte -ich Ih n en ü b er an d ere Fragen nicht schreiben, da ich noch u n te r den K riegsfolgen leide. Mit Ihnen glaube ich einig zu gehen, w enn ich fast Alles d arau f zurückführe, daß wir jetzt die Folgen einer besonders seit 88 herangebildeten falschen M entalität se h en ; von d e r Kaiser-W ilhelm -Akadem ie bis abw ärts zu r Volksschule sp ü rte man diesen Geist. H eute will ich Sie n u r darauf hinweisen, daß Ih r in der neulich abgedruckten Be­

schw erde ans O berkom m ando e rw äh n ter Plan, ins neutrale A us­

land zu gehen, 1916 von Ihnen nicht d u rc h fü h rb a r gewesen wäre.

Ich w ar vom H erb st 1916 bis F eb ru ar 1917 als L andsturm m ann auf d er G renzschutzstation N eu n h äu ser in L othringen, die den G renzverkehr zu überw achen hatte. Diese Station, wie auch alle ähnlichen u n d alle K üstenstationen, bekam in jed er W oche ein gedrucktes ,F a h n d u n g b la tt des G eneralgouvernem ents B rüssel',

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270 Die Zukunft

■verschlossen und persönlich überbracht. Es war nu r fü r die F ü h re r der Stationen bestim m t, wie au s dem A ufdruck hervor­

ging, und die F ü h rer hatten es so fo rt zurückzugeben. D urch die Lässigkeit des F ührers, d e r sich m eh r ,g esu n d ' als dienstlich n u tz b ar m achte, hatte ich G elegenheit, m ehrfach in das Heft Einblick zu gew innen. W ie groß w ar mein E rstaunen, als ich u n te r den Fahnenflüchtigen, K riegsgefangenen, V erbrechern, die beim G renzüberschreiten festzunehm en seien, im A lphabet f a n d : ,H arden, Maximilian, Schriftsteller, Berlin.' In d en folgenden H ef­

ten stets das Selbe. H iervon können Sie jeden G ebrauch m achen."

Von V erbrechern gehaßt, ins V ehm buch geschrieben zu sein, ist Ehre. D a kein noch nicht ganz T oller versuchen konnte, ohne einen m it säm m tlichen W eihstem peln gezierten Paß D eutschlands G renze zu ü berschreiten,hatte die w ürdige M ilitaristenb eh örde also den löblichen Plan, einen m it Amts*

e ila u b n iß u n d L eum u ndszeu g niß Reisenden festnehm en, fest*

setzen, ins D u n k el verschw inden zu lassen. In dem selben J a h r erbat der Kanzler m einen Besuch, betheuerten, auch in den folgenden Jahren, hohe un d niedere Schergen der Mili*

tärd ik ta tu r noch in V erbotszeit mir innige V erehrung („K önnte Ludendorff Sie n u r mal h ö ren !“); von drängenden Amts*

insassen w urde ich 1918 ersucht, Friedensbotschaften nach A m erika zu kabeln; u n d am T ag schriftlicher A b d an k u n g sagte der Kaiser: „ H a rd en ist zwar m ein Feind, aber für d ie Friedensverhandlungen m üßte m an ihn unter allen Um*

ständ en heranziehen.“ D en n och : au f dem F ahndungblatt, zw ischen Fahnenflüchtlingen u n d V erbrechern. Lehrt dieses kleine (d rum erw ähnensw erthe) Sym ptom nicht den Zwie*

Spalt der G ew alten ermessen, in den das Reich versunken ist? D ie G enerale leugnen ihn: un d haben selbst noch gestern ihn m it dem Blechblitzen des K asernenhofgew itters beleuch*

tet, das einen in F ährniß bew ährten Botschafter zermalmen sollte u n d das G raf Bernstorff w ohl noch kräftiger, m inder schüchtern, als er bisher that, abw ehren w ird. W ie übel das A uftreten der H eeresleiter u n d der ihnen A ffiliirten gew irkt hat, zeigen die Stimmen, die ich, aus verschiedenen Zonen, hiersprechenließ; wie übelim Saal,sogar aufN ichtsalsnationale, wäre leicht zu erweisen. D arü b er w ird zu reden sein, w enn die

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Für die R epublik 2 7 1

b eglau b igten A ussagen voiliegen; dann auch, noch einm al,über d en „D o lc h sto ß “ . Bis dahin taug t ein kurzer G edächtnißauszug.

A m zwanzigsten D ezem ber 1916 schrieb G eneral Ludendorff:

,O hne rücksichtlosen U b o o tk rieg verlieren wir den Feldzug;

d a rin haben die Eindrücke an der W estfro n t m ich bestärkt.“

D a der T auchbootkrieg, wie alle intim Sachverständigen vor#

aussahen, England nicht lähm te, A m erika nicht hinderte, in jedem M on at eine V iertelm illion unw ahrscheinlich g u t ge#

rüsteter K rieger m it nie erblickten M engen von G eschütz, G e sc h o ß , P ro viant, W ag en , P ferden, m it ganzen Tank»

geschw adern in E uropa zu landen, war D eutschlands Feld*

zug verloren. D aß aus erzw ungenem Verzicht auf sieghafte B ehauptung K atastrophe, N ied erb ru ch in O hnm acht w urde, hat die O berste H eeresleitung, n u r ihr Fehl, verschuldet.

Statt nach dem vierten A pril, der nicht die E roberung von A m iens, nicht die T renn u ng der Briten von den Franzosen, nicht die A ussicht auf die Besetzung der M eeresküste ge*

bracht hatte, das H eer in die starken Stellunglinien zu sam*

mein, wo es, nach A usruhe, sich auf kaum vom Feind zu begrenzende Z eit halten konnte, u n d in solchem Stand, ohne H ast, V erhandlung zu beginnen, hat der Feldherr den Staats*

geschäftsleitern bis in den A u g u st felsfeste Siegesgewißheit ausgesprochen, in zwecklosen Offensiven, ertraglosen Blut*

opfern bis in den Ju litag des von Foch still vorbereiteten Tankangriffes das H eer zerm orscht, die grause W irklichkeit auch nach dem U nheilseinbruch noch nicht erkannt, viel zu spät, viel zu hastig, zehnm al zwischen zwei Sonnen, die Er#

langung jedes W affenstillstandes gefordert. N ich t die Mann#

schaft, die H err von H in d e n b u rg im O k to b er m it über#

schw änglichen D ankes Worten pries, sondern die F ü hrung war dieses Endes schuldig. U n d sollte drum barsche Rügerede u n d T rium phatorsgeberdc in from m er Scheu meiden.

M a r l o h ?

Vor acht Tagen sagte ich hier: „O b erst R einhard ist dringend verdächtig, durch seinen leichtfertig unbedachten Befehl neunundzw anzig schuldlose jun g e D eutsche in grau*

ser M etzelei getötet zu haben. K ann er sich reinigen, selbst 21

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2 7 2 Die Zukunft

sich durch höheren Befehl decken: gut für ihn. N o ch steh t er in dichtem V erdachtsnebel. D e r kann völlig n u r weichen, w enn der V erdächtigte nicht im M achtglanz des Vorgesetz#

ten neben die anderen Z eugen vor den G erichtshof tritt. In seinem Befehlsbereich ist un ahn b ar A bscheuliches geschehen.

D a ß er, nach acht M onaten, noch kom m andiren u n d Ehren»

com pagnien vorführen darf, m üßte die große Schaar Red»

licher in der Fraktion der Sozialdem okratie aus dem Schlum«

m er allzu gefälliger D uldsam keit jäh aufscheuchen.“ D ie Na*

m en der N eunund zw anzig (nicht: Z w eiu n d d reiß ig ; die über*

all unrichtig angegebene Ziffer scheint aus V erw echselung m it der H ausnum m er zu kom m en), die durch das Schnell**

feu e ra u s n u r acht G ew ehrläufen zerstückt w urden, sind: Ja*

Jcob Bonczyk, Paul B randt, T h eo d o r Biertüm pel, E rnst Bur»

sian, K urt D ehn, O tto D eubert, W illy Ferbitz, R obert G ö p p e, Baruch H an d w o h l, W alter H ard er, A lfred H intze, A n to n H in tze, H erm ann Hinze, W alter Jacobow sky, O tto K anneberg, W illy Kuhle, M ax K u tzn er,O tto Lewin, M aitin Lewitz, Her#

b ert Lietzau, M ax M aszterlerz, Ernst M örbe, Karl Pobantz, Paul Rösner, Siegfried Schulz, Paul U lbrich, W ern er W eber, Karl Zieske, G ustav Z ühlsdorf. D e r A elteste war Vierund*

vierzig, der Jüng ste N eunzehn. D ie Paragraphen 823 und 844:

des Bürgerlichen G esetzbuches sagen: „ W er vorsätzlich oder fahrlässig das Leben eines A nderen widerrechtlich verletzt, ist dem A nderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Im Fall der T ö tu n g hat der Ersatzpflichtige die K osten der B eerdigung D em jenigen zu ersetzen, welchem die V erpflichtung obliegt, diese K osten zu tragen. Stand d er G etötete zur Z eit der V erletzung zu einem D ritten in einem V erhältniß, verm öge dessen er Diesem gegenüber kraft G esetzes unterhaltpflichtig war oder werden konnte, u n d ist dem D ritten in Folge der T ö tu n g das Recht auf den U n terh alt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem D ritten durch E ntrichtung einer G eldrente insow eit Schadensersatz zu leisten, wie der G etö tete w ährend der m uthm aßlichen D au er seines Lebens zur G ew ährung des U nterhaltes ver*

pflichtet gewesen sein w ürde. Statt der Rente kann eine Ab*

fin d u n g in K apital verlangt werden, wenn ein gew ichtiger

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Für d ie R epublik 273 G ru n d vorliegt. D e r A nspruch wird nicht dadurch ausge«

schlossen, d a ß ein A nderer den U n terh alt zu gew ähren hat.

D ie Ersatzpflicht tritt auch dann ein, w enn der D ritte zu rZ eit d er V erletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war,“ Alle von den N eunundzw anzig pflichtgem äß zu U nterhaltenden, auch die bis in den elften M ärzm orgen von ihnen gezeugt ten K inder, haben also das Recht, von dem M örder ihrer E r­

nährer vollen U nterhalt, Rente oder Kapital, auf Jahre hinaus zu fordern. D as m uß ihnen in jed er Z eitung, die nicht dem V erbrechen dient, gesagt w erden. Viele Rechtsanw älte wer*

den bereit sein, diese gute Sache ohne Sonderentgelt zu füh«

ren; n oth wendige K osten oder Vorschüsse werden wir schnell aufbringen. U n d Alle, denen das Recht kein geringes Ding, dieE rh altun g ungesäuberter A ugiasställe nicht Lebensbedürf«

niß ist, w erden sich der M öglichkeit freuen, dieses schände lichste all der seit einem Jah r in D eutschland gehäuften Ver*

brechen zu W ahrheiterm ittelun g nicht n u r vor das Feldkriegs»

gericht der D reiß ig sten Reichsw ehrbrigade, gegen dessen Ur«

theilspruch es kein Rechtsm ittel giebt, sondern auch vor bür#

gerliche G erichte zu bringen. D a jedes G ericht verpflicht tet ist, in den G renzen seiner M achtbefugniß den Staat vor Schaden zu beh ü ten , jed er zu Rechtspflege M itw irkende, der dieser Pflicht fehlt, des V ergehens im A m t schuldig w ird un d da mehrfach in letzter Z eit des M ordes Beschul«

digte sich der G erichtsbarkeit entzogen haben, ist schleunig vorbeugende H an d lu n g unausw eichlich nothw endig. M ein Laienurtheil glaubt, d aß Liebknechts Familie von dem Staat, dessen O rgane den oder die M ö rd er ihres Ernährers ent«

wischen ließen, das Recht auf U n terh alt erstreiten (u n d in diesem C ivilprozeß w ichtige, in T iefen, auf H ö h en Licht w erfende W ah rh eit erlangen) könnte. U eber jeden Zw eifel hinaus ist aber gew iß, daß der Staatskasse beträchtliche O p fer auferlegt w ürden, wenn jetzt noch, da derT h atb estan d öffent«

lieh dargestellt ist, Einer von D enen verschw ünde, die drin*

gend verdächtig sind, den Befehl zu E rm ordung der Neun«

undzw anzig gegeben, d urch U rk u n den fälsch ung oder sonst«

wie die Spuren der T h at verw ischt, vernichtet zu haben. „ D e r A ngeschuldigte d arf in U ntersu ch u ng h aft genom m en wer«

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britanien, Frankreich und D eutschland umschlingt, nicht Friede werden kann; und m ahnt die H errschenden, nicht zu vergessen, daß überall jetzt Leute w ohnen, die

jagten, H altun g, der kleine V ictor Em anuel physischen M uth bew ährt.. D am it hat er schließlich jede Scharte,sogar die beiC am brai, ausgewetzt. Alles Spektakel haben

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