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Theologisches Literaturblatt, 9. Februar 1900, Nr 6.

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XXL Jahrgang. Nr, 6.

Theologisches Literaturblatt

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben Ton

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rsch ein t jeden F re ita g

A bonnementspreis v ierteljäh rlich 2 Ji 50 /$ .

Expedition: K önigsstrasse 13.

Insertionsgebühr pr. gesp. P etitzeile .30 ^

W e n d t , D. I-Ians Hinrich, Die Apostelgeschichte, ltamsay, W . M ., Paulus in der Apostelgeschichte.

Jacobs, H en ry Eyster, and Haas, John A . W ., T h e luthcran Cyclopacdia.

Hai'tm ann,Eduard v., Geschichte der Metaphysik.

Braun, Dr. Oskar, De sancta Nicaena Synodo.

Stapper, Richard, Papst Johannes X X I . Lübbel, Hermann, Der Stifter des Karthiiuser-

ordens, der heilige Bruno aus K öln.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften, Eingesandte Literatur.

Druckfehler-Berichtigung.

W e n d t , D. H ans H inrich (o. Prof. in J e n a ), D ie A p o s te l­

g e s c h ic h te . Von der 5. Aufl. an neu bearb. (K ritisch- exeget. K om m entar über das Neue T estam ent, begründet von H einr. Aug. W ilh. Meyer. I II. A bthlg. 8. Aufl.) G öt­

tin g en 1 8 9 9 , Vandenhoeck & R uprecht (427 S. g r. 8).

6 Mk.

Zum d ritte n Mal h a t W en d t im M eyer’schen K om m entar die A postelgeschichte bearbeitet. W ährend er in den beiden früheren Auflagen Meyer’s A uslegung als G rundlage festzuhalten ge­

sucht h at, is t er je tz t anders verfahren. Die seit der vorigen A uflage veröffentlichten exegetischen, nam entlich ab e r die quellen- und textkritischen U ntersuchungen über die A postelge­

schichte bedingten eine N eugestaltung des W erkes. W enn W endt sich das Ziel gesteckt h at, „einen Kommentar zu geben, der dem je tz ig e n S tande der wissenschaftlichen A rbeit entspräche; der den L eser über die modernen Probleme und A nsichten gehörig o rien tirte, der dabei auch eine innere E in heitlichkeit h ä tte und äusserlich n icht zu um fangreich w ä re “, so d a rf g esag t w erden, dass er dasselbe von s e i n e r W e rth u n g und A bschätzung der A postelgeschichte aus erreich t h at. P räzis, k la r, m it B eschrän­

kung auf das W ichtige sind sowol die E inleitungsfragen behandelt, als auch die E inzelauslegung durchgeführt. W ohin man greift, überall findet m an wohlerwogene B egründung und sachliche Orien- tiru n g . F reilich die E rw a rtu n g , dass die V erhandlungen über die A postelgeschichte seit der vorigen Auflage (1888) den Verf.

zu einer konservativeren E inschätzung des Buches g efü h rt hätten , verw irk lich t sich nicht. Im G egentheil, die B eur­

theilung ist wiederum m ehrfach eine kritisch ere geworden.

E s w äre gut, wenn in diesen F ra g en der S auerteig der Philo­

logen stä rk e r auf die Theologen einw irkte.

D er Zweck der Apostelgeschichte w ird ähnlich wie in der vorigen Auflage bestim m t, n u r dass je tz t als eigentlicher H au p t­

zweck die geschichtliche M ittheilung als solche, die E rbauung dagegen n u r als Nebenzweck g ilt, Die Hypothese von Joh.

W eiss (Ueber die A bsicht und den literarischen C h arak ter der A postelgeschichte 1897), das Buch als eine Apologie der c h rist­

lichen Religion vor Heiden gegen die A nklage der Juden zu verstehen, w ird von W e n d t abgelehnt, und nicht w ird m it W eiss anerkannt, dass die A postelgeschichte die A blösung des Judenthum s durch das C hristenthum in seiner W eltm ission vorführen wolle, ein Gedanke, in dessen V erfolg auch m ir die Lösung des Problems der Apostelgeschichte vorschwebt.

In der B eurtheilung der verschiedenen Quellenhypothesen w ird das verw erfende U rtheil Zöckler’s (G reifsw alder Studien 1895, S. 1 0 9 ff., besonders S. 1 5 4 ff.) gem issbilligt (vgl. auch die verständnissvolle Besprechung des Problem s durch W . H eit- m üller, Theologische R undschau II. S. 4 7 — 59. 8 3 — 95. 127 bis 140). Die A ufgabe, den Quellen der Apostelgeschichte nachzuspüren, w ird nicht nur als im P rinzip w issenschaftlich berech tig t, sondern auch w egen der im E rzählungsverlaufe der A postelgeschichte vorliegenden Unebenheiten und Schw ierig­

keiten, die eine E rk läru n g fordern, als unabw eislich nothw endig erk lä rt. A ber es erscheint W en d t am b erechtigtsten, dass man sich begnüge, die F ra g e nur so w eit zu beantw orten, als sich

überzeugende G ründe für die A ntw ort geben lassen, m it Bezug auf das U ebrige aber ein non liquet auszusprechen. Dem stim m t Ref. unbedingt z u ; und dies U rtheil W en d t’s w ird ü ber­

h au p t w eithin W iederhall finden. A ber W endt muss ja selbst in die A rena der Einzeluntersuchung hinabsteigen, und so kommt er zu Ergebnissen, die nicht m inder anfechtbar sind als d ie­

jenigen anderer Quellenscheider. E r nimm t in W eiterbildung seiner in den früheren Bearbeitungen der A postelgeschichte vorgetragenen und seitdem Studien und K ritiken 1892, S. 271 ff.

(vgl. auch Z eitschrift für Theologie und K irche 1891, S. 230ff.) erw eiterten Anschauung e i n e n a c h w e i s b a r e H auptquelle des Verf.s an. Dieselbe habe nicht n u r die W irstücke enthalten, sondern habe allen Anzeichen nach dem ganzen B ericht der A postelgeschichte über die Missionsreisen und die G efangen­

schaft des P aulus von Kap. 13 an zu Grunde gelegen, sei aber auch in 11, 1 9 — 30; K ap. 6— 8 ,4 und 2 ,4 3 — 4 7 ; 4 , 3 2 — 3 5 : 5, 1 2 — 15 verfolgbar. W ir bekommen so eine Quellenschrift über die M issionswirksam keit des P aulus, welche die B ekehrung des Apostels und die derselben in Damaskus und Jerusalem folgenden E reignisse n icht erzählte, sondern au f die B ekehrung nur nach träg lich in der Rede des P aulus K ap. 26 Bezug nahm, deren A nfangstheile aber kurze Notizen über die E ntw ickelung der jerusalem ischen Gemeinde, den Stephanusprozess und die G ründung der Gemeinde in Antiochia enthielt. Einen einheit­

lichen Gedanken, den diese Q uellenschrift verfolgt haben soll, verm ag ich nicht zu finden; auch W en d t selbst nicht (S. 2 9 f.).

Das K riterium des geschichtlich G laubw ürdigen und U nglaub­

w ürdigen, wie W endt es handhabt, fü h rt in der zw eiten H älfte der A postelgeschichte zu einer stärk eren B eschränkung dieses Quellenstoffes, als m ir berech tig t erscheint. G erade weil hier eine U eberlieferung v era rb e ite t is t, welche an zahlreichen Stellen die deutlichsten Spuren grösser geschichtlicher Treue aufweist, ist grössere Z urückhaltung im U rtheil geboten, wenn gewisse P a rtie n hier uns Anstösse und S chw ierigkeiten be­

reiten. W ährend in der 5. Auflage (1880) WTendt m it Meyer L ukas für den Verf. der W irstü ck e und der Apostelgeschichte erk lärte, h a t er in der 6 u.7. (1888) beide auseinandergehalten.

Diese A nschauung v e r tr itt er auch je tz t. „Ueber den Verf.

der Apostelgeschichte selbst lä sst sich dann nichts W eiteres sagen, als dass er ein H eidenchrist der nachapostolischen Gene­

ration w a r “ (S. 39).

W7endt le g t W e rth darauf, dass als w ichtiger F a k to r bei der Komposition des Buches auch die schriftstellerische Selb­

stä n d ig k e it des Verf.s g ew ürdigt werde. So sind ihm nam ent­

lich viele der grossen Reden des Buches freie Kompositionen des Verf.s, sowol einige der P aulusreden, 13, 16ff.; 14,15ff.;

22, lf f. (der die B ekehrung des Apostels erzählende Theil der R ede); 24, lOff. (trotzdem hier V. 17 allein in der Apostel­

geschichte von der nach Jerusalem überbrachten Kollekte die Rede ist), als auch besonders die P etru sred en im ersten Theile (1, 16ff.; 2, 14ff.; 3, 1 2 f f.; 4, 8ff. 24ff.; 5, 29ff.; 10, 3 4 ff.), w ährend er noch in der vorigen Auflage die Möglichkeit, dass der Verf. fü r manche der petrinischen Reden in einer sc h rift­

lichen Quelle eine G rundlage fand, nicht überhaupt ab weisen

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“wollte. D as je tzig e U rtheil is t ganz n a tü rlic h , wenn diese Reden n u r „Zeugnisse über die religiösen und geschichtlichen A nschauungen der nachapostolischen Z e it“ sein sollen. Der sprachliche Befund sowie sachliche Momente fordern allerdings die Annahme, dass die heutige F orm dieser P etru sred en dem Verf. des kanonischen Buches zugeschrieben wird. D a sie aber A nschauungen enthalten, welche in der ältesten jerusalem ischen Gemeinde lebendig gewesen sind oder ihre einfachste Anknüpfung an Gedanken Jesu finden oder solche G edankengänge entwickeln, in denen die A postel sich bei der ältesten P re d ig t nachweislich bew egen m ussten, so lie g t hier das schw ierige Problem vor, beide Momente gerecht gegeneinander abzuw ägen. D a W endt den zw eiten G esichtspunkt n icht a n e rk an n t h a t, so sei er je tz t im G egensatz zu ihm ausschliesslich hervorgekehrt.

E s lä sst sich meines E rachtens nachw eisen, n ic h t, dass von P etru s diese Reden in den geschilderten S ituationen gehalten worden seien, wol aber, dass sie alte U eberlieferung enthalten.

Und bereits schriftlich fixirt, ehe sie in der Apostelgeschichte Aufnahme fand, w ird man sie sich denken müssen, wenn sie Spuren enthält, bei deren Vorhandensein nach sonstiger Methode auf B enutzung einer Quellenschrift e rk a n n t wird.

Die P etru sred en zeigen durchaus die Form en des theistisch- teleologischen Denkens, in denen nach L age der Sache die U r­

apostel den Beweis der M essianität Jesu vor ihren ungläubigen Volksgenossen führen m ussten. Aus den T h atsachen w ird auf die in denselben kundw erdende A bsicht G ottes geschlossen.

Diese ist wiederum gedacht als eine von A nfang vorher be­

stehende, sodass die Geschichte nichts anderes ist, als die u n ­ bedingte V erw irklichung der vor B eginn der geschichtlichen B ew egung gefassten G edanken Gottes. D a nun aber G ott seine H eilsrathschlüsse in der heiligen S chrift niedergelegt h a t, so g ilt es, sie in dem Buche der Offenbarung nachzuw eisen: es w ird der Schriftbew eis für Tod und A uferstehung Jesu ange­

treten . D er A nfang zu neuem S chriftverständniss des Messias­

geschickes aber lie g t in Jesu eigener E rfassung seiner Person und seiner A ufgabe, die sich aus dem Zusammenspiel seiner persönlichen religiösen A usstattu n g , der göttlichen Offenbarung und der geschichtlichen Bedingungen seines Lebens m it der a u f den genannten drei Quellen fussenden D eutung der a lt­

testam entlichen S chrift g e sta lte t h at. W enn dem P aulus drei J a h re nach des H errn Tod aus der Urgem einde die Kunde zugeflossen ist, dass C hristus fü r unsere Sünden in Gemässheit der Schriften gestorben is t 1 Kor. 15, 3, so is t die D eutung von Jes. 53 auf Je su Tod zweifellos einbegriffen. Von anderen Spuren in der evangelischen U eberlieferung abgesehen schliesst sich also diese S chriftauffassung an die W orte Je su M ark. 10, 4 5 ; 14, 24 par. an. Mir scheint, hier stehen w ir auf sicherem historischen Boden. M ag auch Jesus m it Trat«; öeou 3, 13. 2 6 ; 4, 27. 30 vielleicht nicht als „K n ech t“, sondern als „Sohn G o ttes“ bezeichnet sein (Dalman, Die W orte Jesu 1898 S. 227 f.)J:

w enn iravxs? olupocp^xat 3, 18 (vgl. 2, 2 3 ; 3, 2 4 ; 4, 2 8 ; 10, 43) von dem Leiden des Messias v o rh erverkündigt haben, so k ann diese H auptstelle, die ja auch nach 8, 30 ff. in jen er Z eit eine bedeutsam e Rolle gespielt hat, n icht ausgeschaltet werden. Eine w eitere A nknüpfung boten der Urgemeinde die Belehrungen Je su seit dem T ag e von C aesarea P hilippi, dass der „Menschen­

sohn“ leiden müsse, um zu r H errlich k eit einzugehen. D a im Begriffe „M enschensohn“ der Sühngedanke keine konstitutive B edeutung h at, sondern die G egensätze des Leidens und der darauffolgenden H errscherstellung ihren ch arakteristischen A us­

druck finden — vgl. das G ottes W illen ausdrückende Set, das bei M atthäus (16, 21) sowol wie bei M arkus (8, 31) e rst seit C aesarea Philippi a u f tr itt und dam it den Hinweis auf Gottes Rathschluss Ap.-Gesch. 2, 2 3 ; 3 ,1 8 . 2 4; 4, 2 8; 10, 42 — , so gewinnen w ir von hier aus eine G rundlage fü r Stellen der P etru sred e n , in denen der G edanke des Leidens des Messias fü r das Volk h in te r dem doppelseitigen Gedanken der g o ttg e ­ w ollten und g o ttgew irkten D ahingabe in den Tod und der darauffolgenden A uferweckung und E rh öhung des zum Messias Bestim m ten zurücktvitt. 3, 18 f. aber w ird aus der E rfü llu n g der Leidensweissagung in Christus die F o rd e ru n g der Busse des Volkes abgeleitet (ouv), welche zu verstehen is t als An­

eignung der H eilsw irkung Jesu C hristi; vgl. auch 2, 36 m it 38 nnd 4 0 (otuÖTjxe airo X7js ^evea« ttjc oxoXia? xauxrjs). Ueber-

dies h a t die Aufforderung zu r Busse 2, 3 8 ; 3, 19; 5, 31 e k acpsoiv x&v a|xapxi5)V rü ck w ärts in der A nfangsverkündigung Je su ixeiavosixs M ark. 1, 15, die an des Johannes ßaim oixa fiexavoia;

e k acpeoiv a[i.apxi<3v Mark. 1, 4 anknüpfte, eine Anlehnung. W a r doch für die J ü n g e r die Z eit der ersten P re d ig t nichts anderes als eine V o r b e r e i t u n g s z e i t fü r das Kommen des Messias 3, 1 9 ff.; vgl. Luk. 1, 77. Auf j ü d i s c h e n U ntergrund weisen W orte wie 2 , 3 6 : m it der A uferstehung x a l xupiov auxov xal Xpioxov äTTonrjaev o dsos, die Schilderung der W irksam keit Je su 10, 38 und der Salbung Je su m it heiligem G eist und m it K ra ft 10, 3 8 ; 4, 27, die B ezeichnung Jesu als verheissenen P ropheten 3, 22 f., der Psalm 4 , 2 4 — 30. Auch is t hervorzu­

kehren die V erw andtschaft m it dem Messias- und Reichsbild der K indheits- nnd A uferstehungsberichte im d ritte n Evangelium . E s w ar die Hoffnung Israels, dass G ott dem Messias den T hron D avid’s geben und er über das H aus Isra e l herrschen L uk. 1, 3 2 f.

6 8 f , ; Ap.-Gesch. 2, 30. 3 4 f.; Isra e l erlösen Luk. 24, 21; 1, 6 8 ; 2, 3 8 .; Ap.-Gesch. 3, 1 9 ff. und von seinen Feinden e rre tte n Luk. 1, 71. 74, vgl. Ap.-Gesch. 2, 35, auch 3, 24, des heiligen, den V ätern geschworenen Bundes gedenken Luk. 1, 7 2 f. 5 4 f.;

Ap.-Gesch. 3, 25 und dass Isra e l dann ein Leben in H eiligkeit und G erechtigkeit vor G ott führen w erde Luk. 1, 75, Ap.- Gesch. 3 , 1 4 (o ayios xal Sixatos); 3, 19 — 2 1; 2, 3 8 f. A n­

gesichts dieses T hatbestandes w ird die oben ausgesprochene w esentlich g ü nstigere Schätzung der U eberlieferung dieser Reden aufrecht erh alten w erden müssen. Ref. h ä lt sich auch für b ere ch tig t, an ih re r vorkanonischen schriftlichen F ix iru n g festzuhalten wegen solcher Unebenheiten wie z. B.

die 1, 18. 19, die doch n icht erst uns, sondern schon Calvin auffiel. Dass die eiraoXis V. 20 sich auf den xX^pos V. 17 beziehe, V. 18. 19 also eine auch sachlich auffällige redaktionelle E infügung in einen benutzten Quellenbestand ist, kann nicht dadurch zw eifelhaft gem acht w erden, dass m an s a g t, es w ürden dann die W o rte xal [trj eaxtu o xaxoixtuv £v aox^j sinnlos.

G eht doch auch a n d e rw ä rts, z. B. 2 , 1 6 — 21. 34f. das Z ita t w eiter als der zu begründende Gedanke erforderte, und is t das Z ita t doch ein synonym er Parallelism us.

W e ite r is t b em erkensw erth, dass entgegen der vorigen Auflage je tz t die B enutzung des Josephus durch „ L u k a s“ in d er Apostelgeschichte (nicht im Evangelium ) behauptet wird.

Dies h a t n atü rlich auch seine W irk u n g auf die A nsetzung der A bfassung der Apostelgeschichte. Sie kann dann nur nach 94 gedacht w erden, zwischen 95 — 100, vielleicht noch einige J a h re sp ä ter w ird sie je tz t gelegt. W endt grü n d et aber die Hypo­

these der B enutzung des Josephus ebenso wenig wie K renkel auf die Stelle Ap.-Gesch. 13, 20, die Holtzm ann „vielleicht das deutlichste Zeichen“ der B enutzung nennt und die auch Schürer, w elcher sich gegen die B enutzung ausgesprochen h at,

„am ehesten beach ten sw erth “ findet. Die S chw ierigkeit der te x t­

k ritischen E ntscheidung h a t W en d t darin wol beeinflusst.

A ber entscheidend findet er 5, 3 6 f. den U m stand, dass do rt ebenso wie Jos. A nt. X X , 5 , l f . «und zw a r m it auffallend ähnlichen A usdrücken“ gleich nacheinander vom Aufstande des Theudas und von dem des G aliläers Ju d as zur Zeit der Schatzung des Q uirinius die Rede ist. Diese könne deshalb nicht als zufällig betrachtet werden, weil diese beiden A ufrührer zeitlich n icht zusam m engehören. Allein wenn die A usdrücke auffallend ähnlich sind, so kann nicht an eine entfernte sach­

liche Reminiscenz oder an „oberflächliche E rin n eru n g an eine frü h ere L e k tü re “ gedacht werden, sondern der W o rtla u t der Stelle muss bis zu einem gewissen G rade dem Verf. im Ohre gelegen haben, wie denn auch K renkel (zuletzt und umfassend

„Josephus und L u k a s“ 1894) die Spuren einer gründlichen und w iederholten L ek tü re des Josephus bei L ukas nachweisen wollte. Uebereinstim m ungen sind betreffend Theudas Jos.

Tietdet, Luk. iim öovxo, vgl. V. 37. — Jos. Ttpocp-^xirj? ^ap eXe^ev elvai, Luk. Xe^tuv elvat xiva eaoxov. — Jos. avetXe seil. Oa&os, Luk. avflpefb]. Zu V. 37 haben die g e s p e rrt gedruckten W o rte des Josephus B erührungen: ol iraTSe? ’l o u ö a xoo r a X iX a io u a v ^ p lö -T jo a v , xou xov Xaov oltzo cPa)|iat(uv airooxYjaavxos, KupTjvtou XTjS ’looöatas xijxyjxou ovxo?. Soll n u n , wie W endt w ill, die von Josephus abw eichende A ngabe der A postelge­

schichte, dass der A ufstand des Ju d a s dem des Theudas ze it­

lich gefolgt sei, ihre einfachste Erklärung durch die Annahm e

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finden, dass der V erfasser der A postelgeschichte durch eine un­

genaue Reminiscenz an die Josephusstelle zu einer i r r t ü m ­ lichen Auffassung des zeitlichen V erhältnisses der beiden Auf­

rü h re r zu einander v erle ite t w urde, so müssen ausserdem noch folgende F lü ch tig k eiten des L ukas in K au f genommen w erd e n : 1. er m einte fälschlich, dass bei Josephus von der E rm ordung des Ju d a s s ta tt der Söhne des Ju d a s die Rede w ar, 2. er glaubte fälschlich, do rt gelesen zu haben, dass nicht nur Ju d a s getö d tet, sondern auch sein gan zer A nhang z e rstre u t worden sei, 3. er g la u b te, dort nicht eine R ückw eisung auf Judas, sondern die E rzäh lu n g von dem A ufstand gelesen zu haben.

Die beiden Beispiele konnte L ukas allenfalls brauchen — sie passen auch so noch nicht ganz — , wenn sie b esag te n , dass m it der T ödtung der A nführer die A nhängerschaft dem U n ter­

g an g verfallen w ar. D as sp rich t aber wol die A postelge­

schichte, nicht jedoch Josephus aus. Somit bleibt eine so sta rk e sachliche Differenz zwischen beiden A utoren, dass die A neinanderreihung der beiden Beispiele infolge literarisc h er A b h än g ig k eit d er Apostelgeschichte von Josephus haltlos wird.

H insichtlich der formellen Seite ist dann geltend zu machen, dass die historische D arstellungsw eise je n er Zeit gewisse stereo­

type Züge aufw eist und das S prachgut naturgem äss bei gleich­

zeitig und über gleiche Stoffe Schreibenden V erw andtschaft zeigen muss, Josephus und L ukas also auch unabhängig von­

einander die in F ra g e stehenden Begebenheiten m it zum T heil gleichen W orten darstellen konnten. Die V erw andtschaft zwischen beiden S chriftstellern fü h rt aber überhaupt nicht über die eben bezeichnete Linie hinaus. Dies g ilt auch von den N otizen über die G ra b stä tte D avid’s in Jerusalem A postel­

geschichte 2, 29 = Jos. Ant. V II, 15, 3 ; X III, 8, 4 ; über das schöne T hor des Tempels Apostelgeschichte 3, 2 = Jos. B. J . V, 5, 3 , über die H ungersnoth u n te r K laudius A postelge­

schichte 11, 28 = Jos. Ant. III, 15, 3; X X , 2, 5 ; 5, 2 (W endt S. 3 7 f.), Stellen, die noch erheblich verm ehrt w erden können.

Beide A utoren konnten aus eigener K enntniss der O ertlich- keiten, aus Quellenkunde, aus selbständiger U eberlieferung d er­

a rtig e p arallele Angaben sehr wohl unabhängig voneinander machen.

In w eitgehender Uebereinstim m ung dagegen befindet sich Ref. m it W e n d t in anderen F ra g en . So w ird zutreffend die A ngabe der Chronik des E u seb iu s, dass Festus im zw eiten Ja h rd e s Nero, d. i. im Oktober 55 — 56 n. Chr. N achfolger des F elix geworden sei, abgelehnt und der A m tsa n tritt des F estus auf Sommer 61 berechnet. In geschickter und w ohlbegründeter W eise w ird ferner die B lass’sche Hypothese betreffend die doppelte Rezension des T extes der Apostelgeschichte w iderlegt und gezeigt, dass beide Textform en nich t au f denselben A utor zurü ck g efü h rt w erden können. An gewissen Stellen lassen sich deutliche Anzeichen dafür finden, dass Sonderlesarten des

„röm ischen“, ß - T extes durch eine spätere H and herg estellt worden sind ( z .B . 1 5 ,2 . 2 0 .2 9 ; 2 0 , 3 ; 2 2 ,2 9 ). D aher w ird m an m it R echt den sekundären C h arak ter auch solcher Sonder­

le sarte n annehm en, bei welchen man das Motiv, den a - T ex t formell oder sachlich zu g lä tte n und zu verdeutlichen, erkennen kann. N icht alle V arianten des ß - T extes sind gleichen A lters und gleicher H erkunft. D er H auptbestand der bedeutsamen S onderlesarten w ird aber au f einen einzigen R edaktor zurück­

geführt, der etw a der M itte des zw eiten Ja h rh u n d e rts angehörte.

E r h a t n aiver Weise, aber auch noch ohne die Scheu vor dem B uchstaben der Apostelgeschichte als einer in sp irirte n , kano­

nischen Schrift, den T ext der Apostelgeschichte im Einzelnen zu bessern, anschaulich zu machen und von Schw ierigkeiten zu befreien gesucht, also eine T extredaktion angestellt. U nter seinen Besonderheiten finden sich aber auch einige sehr gute, ursprüngliche Elem ente, die in der übrigen T extüberlieferung verloren gegangen sind (so 4 , 6 ; 1 1 ,2 8 ; 1 2 ,1 0 ; 1 9 ,9 ; 20, 15; 21, 1). Im grossen und ganzen is t dem ß - T e x t der durch die ältesten M ajuskeln bezeugte T ex t an A uthentie überlegen.

Noch ein W u n sch : möchten die in dieser Auflage gestrichenen sprachlichen (über den Sprachgebrauch des Neuen T estam ents hinausgehenden) und die G eschichte der A uslegung betreffenden Notizen in der nächsten Auflage w iederhergestellt, wenn mög­

lich noch e rw eitert werden.

W ie n . ________ Feine.

R a m s a y , W. M., D.C.L. L.L .D . (Professor of H um anity, Aberdeen. Ordentliches M itglied der kaiserlich deutschen Archaeologischen G esellschaft 18 8 4 ), P a u l u s i n d e r A p o s te lg e s c h ic h te . In deutscher U ebersetzung von H. Groschke. G ütersloh 1 8 9 8 , C. Bertelsm ann (X II, 336 S. g r. 8). 5. 20.

Dies Buch is t eine U ebersetzung der d ritte n Auflage von R am say’s St. P a u l, the trav e lle r and th e Roman Citizen (London, H odder and S toughton 1897). D er schottische Verf., der Kleinasien m ehrfach bereist und das Land, seine Beschaffen­

h eit und seine literarischen D enkm äler so rg fä ltig stu d irt h at, h a t sich durch seine geographischen und archaeologischen W erke H istorical geography of A sia Minor (1890) und Cities and bishopries of P h ry g ia (Vol. I 1895, Vol. I p a rt. II 1897) einen höchst geachteten w issenschaftlichen Namen erworben.

In The church in the Roman em pire (1. Aufl. 1894, 5. Aufl.

1898) und dem anzuzeigenden W e rk (1. Aufl. 1895) h a t er auch das historische Gebiet betreten. Die vorliegende Ueber­

setzung w ird auf W unsch des U ebersetzers m it einem V orw ort von T h. Zahn ein g eleitet, der es als Bedürfniss empfindet, dem „Professor of H um anity“ zu Aberdeen einmal ausdrücklich für die m annichfaltige F ö rd e ru n g zu danken, welche er einem lebensvollen V erständniss der ältesten U rkunden des C hristen­

thum s gebracht habe. W enn w ir diesem U rtheil gern zu­

stim m en, so verm ag andererseits Zahn doch keineswegs, R am say in „all dem Neuen, womit er uns ü b errasc h t“, beizu- pflichteü. Diese Seite der B eurtheilung is t aber noch erheblich schärfer hervorzukehren. Man kann ein sehr tü ch tig er A r- chaeolog sein, auch sonst die historische Methode zu hand­

haben verstehen, ohne dass dam it die G ew ähr ric h tig e r E r ­ fassung theologischer Probleme gegeben wäre.

E s is t Ram say keineswegs gelungen, den Mangel an P ro ­ portion des Geschichtsstoffes in der A postelgeschichte, die überraschenden und verw irrenden Lücken, die T hatsache, dass Ereignisse von grösser B edeutung in unbefriedigender W eise e rö rte rt oder g a r nicht e rw ä h n t, dagegen episodenhafte und nebensächliche B egebenheiten ausführlich geschildert werden, sowie dass die A postelgeschichte in m ancher H insicht m it den paulinischen Briefen in W iderspruch ste h t und über w ichtige S tre itfrag en des apostolischen Z eitalters ein anderes Bild g ib t als P au lu s, genügend zu erklären. Den A utor der A postel­

geschichte zu einem H istoriker ersten R anges zu machen, einem Thukydides an historischer Methode vergleichbar (S. 3, vgl. 12), geh t nicht an. W enn Ram say selbst die A postel­

geschichte früher im wesentlichen als ein P ro d u k t des zw eiten j Ja h rh u n d e rts b etra ch te t h at, so h a t er von dieser zu der je tz t

| v ertretenen A nsicht einen S prung gem acht, der durch die ' ihm aufgehende E rk e n n tn iss, dass die E rz äh lu n g des Buches bei verschiedenen Einzelheiten w underbare W a h rh e it zeige, eine Quelle fü r die Topographie, die A lterthüm er und die sozialen V erhältnisse K leinasiens, ein brau ch b arer R athgeber in dunkeln, schw ierigen F orschungen sei (S. 7), noch lange n icht m o tivirt ist. M ehrfache A eusserungen wollen sich aller­

dings m it der jetzig en E inschätzung der Apostelgeschichte n icht reimen. K apitel 2 , 5 — 11 scheint sich „eine Volks­

sage einzudrängen“ (S. 304). Die Episode von Ananias und S apphira e rre g t Ram say geschichtliche Bedenken (S. 304).

U eberhaupt bem erkt er einen G egensatz zwischen den ersten K apiteln (1 — 5) und den späteren. Jene enthalten w enig konkretes D etail, „die T hatsachen werden n u r selten in ih re r lokalen und historischen Umgebung gegeben und scheinen manchm al m ehr in der L u ft zu schweben, als auf festem Boden zu steh en “ (S. 17 , 301 ff., 316), ein U rth e il, das um so m ehr auffällt, als „die Episode“ K ap itel 1 2 , näm lich die Geschichte von des P etru s Gefangennahm e und B efreiung

„alle Zeichen persönlichen Erlebens an sich t r ä g t “ (S. 316).

L ukas „ steh t nicht m it derselben Sicherheit auf syrischem und palästinensischem Boden als auf dem von Kleinasien und G riechenland (S. 17, ähnlich 3 0 0 f., wo für 2, 1— 5, 41 zwei verschiedene Quellen angenommen werden). Bem erkenswerth is t auch sein U rtheil über 19, 11 2 0 : „Diese E rzählung aus Ephesus m uthet uns an wie V olksdichtung und nicht wie ab­

gewogene, g u tg e g rü n d e te G eschichtschreibung“ (S. 223. 74) oder betreffend das F ehlen des B erichtes Gal. 2, 11 — 14:

(4)

64

„ F ü r unsere Begriffe scheint die F o rtlassu n g jed er AndentUDg auf B arn ab as’ und P e tru s ’ W ankelm uth fast einem Opfer an historischer W a h rh e it gleichzukommen“ (S. 135).

L ukas beabsichtigte, eine sachgem ässe, glaubhafte U rkunde der w ahren, die G ründung der K irche betreffenden T hatsachen zu geben (S. 252, 319, 298, 12) als Appell an die die Christen verfolgende P o litik des K aisers Domitian (S. 2 5 2 , 3 2 0 , 19), die im G egensatz zu der früheren B ehandlung der Christen sta n d (S. 2 4 8 ff., 252 f.). E r wollte die S c h ritte schildern, durch welche die Gemeinde von Jerusalem zu r K irche des K aiserreichs w urde und die Stellung der K irche im K aiser­

reich (S. 311). Als historischer S c h riftste ller, d er die k u rz­

gefasste Geschichte einer grossen Zeit geben w ill, brauchte e r nun aber, wie Ram say au sfü h rt, n icht alle T hatsachen in verkleinertem M assstabe w iederzugeben, wie man etw a ein B ild durch photographisches V erfahren verkleinert. E r fesselt des Lesers A ufm erksam keit bei einer beschränkten A nzahl k ritisc h er P u n k te und a rb e ite t diese so h era u s, dass sie sich lebensvoll abheben (S. 6). A ber als reiner H istoriker kann L ukas doch nicht geschrieben haben (das erbauliche Moment ste h t hier nicht in F rag e). R am say bekennt se lb st: sein H auptzw eck is t freilich, die E ntw ickelung d er K irche zu be­

schreiben, aber seine Liebe und sein Interesse gehören P a u lu s ; und allm ählich g ru p p irt sich seine ganze E rzählung um Paulus.

E r w ird alleiniger Held (S. 18 ), welchem gegenüber L ukas nich t einmal vorurtheilslos is t (S. 12). N un, w ir verzichten darauf, über die W irksam keit eines Jakobus uud der meisten Zwölfapostel, über A nfänge juden- und auch heidenchristlicher Gemeindebildungen vor und ausserhalb der paulinischen W irk ­ sam keit im römischen Reich abgesehen von P a lä stin a und Syrien, von dem V erhältniss dieser G ründungen zur Synagoge und dem Judenthum einerseits, dem Hellenismus andererseits und ähnlichen D ingen etw as zu erfah ren , wenn w ir n u r über den nun noch übrigbleibenden G eschichtsstoff ausreichend u n te r­

ric h te t werden. A ber wie d ankbar immer w ir fü r denselben sind und wie w erthvoll er für die K enntniss der apostolischen Z eit ist, so sind diese B erichte doch nach verschiedenen Seiten hin d ü rftig , sie w erden auch theilw eise, und nicht n u r von solchen, welche u n te r tübingischem Einfluss stehen, geschicht­

lich beanstandet. R am say freilich g eh t von der Hypothese aus, dass des L ukas Schweigen über eine Person oder Sache ausdrücklich als ein Stück Zeugniss angesehen w erden muss und Uebergehen ein ch arakteristisches E lem ent seiner D a r­

stellungsw eise ist (S. 1 6 f., 5 0 , 1 2 9 , 1 3 0 , 1 3 2 , 2 2 5 , 235, 2 3 7 , 3 1 0 , 321). W ir müssen es uns daher gefallen lassen, des P aulus Reise nach A rabien deshalb nicht erw äh n t zu finden, w eil sie „eine kleine Episode in seinem P riv a tle b e n “ w a r (S. 312), die U ebergehung des T itu s ab e r, der „offenbar in der ersten K irchengeschichte eine bedeutsam e Rolle ge­

spielt h a t “ (S. 5 0 ), dam it, dass T itu s vielleicht (!) der V er­

w andte des Lukas w ar und daher „L ukas es fü r ric h tig hielt, den Namen seines V erw andten aus der Geschichte w egzu­

lassen , wie er seinen eigenen Namen w egliess“ (S. 321).

G elegentlich der B eobachtung, dass L ukas m eist über die S chw ierigkeiten und G efahren, die P aulus von O rt zu O rt trieb en , leich t hinw eg geht, verw eist R am say einmal (S. 190) darauf, dass dieser V organg in Beroea und Thessalonich sehr ähnlich gew esen zu sein scheine, und w as einmal erz äh lt i s t , w ird bei sp ä te re r G elegenheit nicht wieder erw äh n t (S. 59); aber die eigentliche E rk lä ru n g haben w ir wohl nach dem R am say zufolge in der ganzen Apostelgeschichte gelten­

den Kanon zu denken, dass L ukas n u r die T hatsachen be­

rich te und es dem L eser ü berlasse, die U rsachen der T h a t­

sachen zu finden (S. 1 5 , 6 7 , 7 6 , 7 8 f., 9 5 , 1 6 7 , 1 8 3 , 220, 2 6 0 , 2 6 4 , 3 0 4 f.). „ W ir haben es m it einem S chriftsteller des ersten und nicht des neunzehnten Ja h rh u n d e rts zu thun, einem , der den brennenden W unsch nich t k a n n te , U rsachen und G ründe zu verstehen“ (S. 79).

A ber sind denn in der A postelgeschichte die H au p tth atsach e n d er Geschichte des Paulus angegeben? D ass das n u r in be­

dingtem Masse der F a ll is t, k a nn R am say nich t leugnen;

aber es is t lukanische Methode, „die A ufm erksam keit des L esers bei einigen auserw ählten Szenen zu fesseln; diese w erden ziemlich ausführlich e rz ä h lt, w ährend die dazwischen

liegenden Zeiten sehr kurz erled ig t w erden“ (S. 247, vgl.

3 0 0 , 305). Zu den w ichtigsten geschichtlichen T h atsachen je n er Z eit geh ö rt nun gewiss der grosse S tr e it, den P aulus nicht nur gegen die ungläubigen Volksgenossen, die die Religion ih re r V äter und den U niversalism us des Judenthum s bedroht sahen, sondern auch gegen pharisäisch-judenchristliche K reise, die bis in den A postelkreis hinein B eziehungen be- sa sse n , auszukämpfen h atte. Obgleich R am say behauptet, dass L ukas ein grosses Interesse an diesem Kampfe h atte, dass fü r ihn dieser Konflikt der grosse Zug der E ntw ickelung der K irche w ar (S. 119), ist er doch w eit en tfe rn t von einem geschichtlichen V erständniss des Problem s, um das es sich handelt. N icht dies is t rich tig , dass Lukas m it grösser A us­

führlichkeit die F o rts c h ritte dieses S treites aufzähle und jeden P u n k t in dem S tre it zwischen P aulus und den Judaisirenden betone (S. 1 1 9 ), — denn der Schw erpunkt dieses Kampfes lie g t nicht in der Differenz m it dem ungläubigen Judenthum , sondern in derjenigen m it dem Judenchristenthum — sondern so v e rh ä lt es sich, dass w ir aus der A postelgeschichte über diesen S tre it kein rich tig es B ild e rh a lte n , da E reignisse und S treitig k eiten von entscheidender B edeutung hier nicht e rz äh lt und zum Theil anders d arg e stellt w erden als in den P au lu s­

briefen. L ukas wollte nicht, wie R am say behauptet, die pau- liDischen Briefe erlä u tern und auslegen (S. 1 3 f., 1 9 0 , 218, 3 1 6 f.), er benutzt sie vielm ehr zu seiner D arstellu n g nicht, wenn er sie auch kennt. Und es ist zw a r ric h tig , dass so­

wohl P aulus in seinen Briefen wie L ukas in der A postelge­

schichte nachweisen w ollen, dass P aulus m it den F ü h re rn u n te r den Aposteln übereinstim m t (S. 1 8 , 12 8 , 3 1 3 ), aber diese U ebereinstim m ung v erste h t Paulus anders als der V erfasser der Apostelgeschichte. F ü r eine E rzäh lu n g wie die von dem V er­

halten des P e tru s in A ntiochia vor und nach d er A nkunft der Jakobusleute Gal. 2, 11 — 14 ist in der A postelgeschichte kein Raum. Und w as die geschichtliche B eanstandung m ancher P a rtie n aus den U eberlieferungen über P aulus betrifft, so h a t R am say z. B. die A nstände in der K erkerszene in P hilippi m it nichten alle gehoben, auf die F ra g e betreffend K ap. 28, 21 f.

geh t er nicht ein, hinsichtlich der drei B erichte von der B e­

k ehrung des P aulus K apitel 9, 22, 26 u rth e ilt e r, dass die geringen Abweichungen von keiner Konsequenz sein dürften (S. 312).

A uf die Ergebnisse dieses Buches scheint nach den A n­

deutungen S. 7 die südgalatische T heorie, deren H erold R am say bekanntlich vor anderen is t, einen sta rk e n Einfluss geh ab t zu haben. Die Jerusalem reise Ap.-Gesch. 11, 3 0 ; 12, 25 soll identisch sein m it der Gal. 2, 1— 10 berichteten (S. 40ff., 128ff.). P aulus und B arn ab as überbringen von A n­

tiochia Geld und bleiben w ährend der Z eit der H ungersnoth in Jeru salem , um die V ertheilung der Gaben selbst zu be­

sorgen. D am als (Gal. 2, 10 iairouöaaa „eine P flich t, welche ich mich auch n atü rlich [damals] befleissigte zu erfü lle n “) fü h rte er die P r i v a t v e r h a n d l u n g e n Gal. 2, 1 10 m it den Aposteln über sein Evangelium . Die Offenbarung aus K apitel 22, 17 ff. g ehört in die eben genannte zw eite Jerusalem ­ reise. A ber die modernen A usleger, „die orthodoxen wie die kritischen gleicherm assen“ haben, nachdem sie „das K unststück gem acht h ab en “ (!), den zw eiten A ufenthalt des P au lu s aus Gal. 2, 1— 10 m it dem d ritte n aus Ap.-Gesch. 15 zu identi- fiziren , aufgehört, in solchen Dingen Uebereinstim m ung zwischen L ukas und P aulus zu erw arten (S. 52). Zwischen dem zw eiten und d ritte n Besuch in Jerusalem fand das E r ­ eigniss Gal. 2, 11— 14 sta tt. D er V erw eis, den P aulus er- theilte, w irk te auf P etru s und B arnabas. „ B arnabas schliesst sich P aulus an in der Bekäm pfung der judaisirenden P a rte i, und P e tru s v e r tr itt die Sache m it gew ichtigen, hochherzigen W o rten bei dem d ara u f folgenden Konzil zu Je ru sa le m “ (S. 134). D as is t freilich eine verblüffende Auffassung der Geschichte des apostolischen Z eitalters. Dass P au lu s Gal. 2, 1 — 10 von einer zum Zweck der U n terstü tzu n g der jerusa- lemischen Gemeinde gem achten Reise erzäh le, kann n u r die höchste B efangenheit geschichtlicher Auffassung und feste E n t­

schlossenheit zu harm onisiren urtheilen (avlßrjv . . . xai ave&e^-qv

auxoi? xö eua"fY^l0V & xrjpuaa«) kv toic i&veaiv, xax löiav toic Soxooaiv, jATjuuK e lc x e v o v *1 e ^ P a [J-ov V. 2).

(5)

66

Derselbe P aulus, der vor den G alatern so frei und s ta rk seine völlige U nabhängigkeit von Menschen in seinem Evangelium zum A usdruck brachte, der noch, als er den G ala te rb rie f schrieb, je d e n , auch sich selbst oder einen E ngel vom Himmel v e r­

fluchte, der ihnen ein anderes Evangelium verkündigte, als er ihnen g eb rach t h a tte und noch je tz t v erk ü n d ig te, h a tte k urz zuvor persönlich den Beschluss des Apostelkonzils in G alatien publizirt (S. 151). A ber wie kommt P aulus dazu, in diesem Briefe seinen d ritte n Besuch in Jerusalem , den­

jenigen zur Z eit des Apostelkonzils, nicht zu erw ähnen? „Die A n tw o rt lie g t auf der Hand. E r w ill beweisen, dass er keinen A u ftra g von den älteren Aposteln empfangen h atte, als e r den Gemeinden von G alatien seine erste B otschaft b ra c h te “ . F ü r ihn is t der Schw erpunkt der: „H a lte t an m einer ersten B o ts c h a ft, die unm ittelbar von G ott k am “ . . . D er d ritte Besuch fand e rst nach der G ründung der galatischen Gemeinden s ta tt, und daher konnte er in dem autobiographischen Eückblick (!) von K apitel 1, 12— 2, 4 keine Stelle finden; aber e r lä sst sich deutlich ersehen aus dem S pott und dem U nge­

stüm der Eede (!) 1, 8 (S. 155). Als ob die erste V erkündigung des P au lu s noch zu rec h t bestehen könnte, wenn das Apostel­

konzil die V erhältnisse erst gereg elt h a tte und er diesen Be­

schluss selbst h a tte verkündigen müssen! W enn nun aber g a r die nordgalatische Theorie R echt h a t, wie m ir zweifellos ist, so fä llt die ganze K onstruktion zusammen, denn dann w urden die galatischen Gemeinden erst nach dem Apostelkonzil ge­

gründet.

D er D ra n g zu deuten und zu veranschaulichen fü h rt R am say öfters zu phantasievollen Einfällen, die m it historischer M ethode nichts gemein haben. R am say d rü ck t dies selbst so au s: „Ich kann nur auf die T h atsachen verw eisen: w er kein A uge d afü r h at, w ird diesen (und manchen anderen) A bschnitt fü r den E in fall eines M ondsüchtigen h a lte n “ (S. 168). Das s a g t R am say gelegentlich der B esprechung des B erichts von der Vision P au li 16, 9, die so g edeutet w ird : Die E inführung der ersten Person 16, 10 muss absichtlich, der A utor dabei gewesen sein. L ukas e rw a rte t immer sehr viel von seinen Lesern. E r w ill hier d a ra u f aufm erksam m achen, dass sich P au lu s in T roas befand, ohne zu wissen, w arum und dass die B egegnung zwischen P aalu s und L ukas als zwischen zwei F rem den sta ttfan d . D er av/jp xi? aus Macedonien im T raum muss dem P aulus persönlich bekannt gewesen sein. Also d ürfte L ukas der Mann aus Macedonien sein und P aulus ihn im Hafen von T ro a s, welches das Glied zwischen Asien und Macedonien bildete, getroffen haben. „Und m it dem Blick hinüber (nach Macedonien) schlief er ein und sah in einem G esicht seinen B ekannten aus Macedonien, der ihm winkte, in sein L and herüberzukom m en“. A ehnlich ste h t es m it den A usführungen S. 2 5 4 f., P aulus habe in den vier Ja h re n der G efangenschaft sein erbliches Eigenthum aufgebraucht, n ach­

dem er es vorher nicht beansprucht habe; m it d er Behauptung, dass des P aulus Ausdrucksweise und Sprache Spuren seiner U niversitätsbildung in T arsus an sich tru g , daher auch Spuren einer Beeinflussung durch Athenodorus von T arsu s (S. 291);

m it vielem im K apitel über P aulus’ H erkunft S. 25 ff. etc.

D er T ex t w ird oft s ta rk m isshandelt. Von 16, 6 der Beibe­

h altu n g des text. rec. und der A uslegung der geographischen A ngabe, auch 18, 2 3 , soll hier nicht gesprochen werden.

14, 6 die N otiz: P aulus und B arnabas flohen, als sie es m erkten, in die S tädte Lykaoniens, L y s tra und Derbe und die U m gegend, g ib t Anlass zu dem U rth eil: „D er H isto rik e r“

nimm t „m it den kurzen W o rten den G ru n d satz , der P au lu s’

H andlungsw eise augenscheinlich bestimm te, au f und v erk ö rp ert ihn vor uns: d. h. er zeigt, dass P aulus zur römischen W elt und besonders in ihre grossen S täd te g e h t“ (S. 95). Die S tellung der P risc a vor A quila 18, 18 z e ig t, dass sie von höherem R ang als ih r Mann w ar, „denn ih r Name kommt in guten, alten, römischen F am ilien v o r“ , „die rauhe agd eigen- thüm liche K onstruktion in 18, 2 “ zeigt, dass A quila Jude w ar und P riscilla nicht (S. 219). Von L ukas berich tet Ramsay, dass er ein Grieche w a r , fü r den die Juden w enig m ehr als B a rb a ren w aren (S. 241), ein w ah rer Grieche m it seiner Liebe zum Meer (S. 18 , 169; allein S. 273, 284 v erste h t er vom Schiffswesen nich t viel); dass er sich dem Ton des P aulus

vollkommen anzupassen v erstan d (S. 19 5 ), sogar bis au f die Form en der Ausdrucksweise (S. 218). „Solange P aulus noch zwischen irpoxepo; und Ttptuxo; zu unterscheiden wusste, bleibt die W ahrscheinlichkeit, dass auch L ukas beide W ö rte r nicht m iteinander verw echselte“ (S. 24). L ukas w ar der K ollekten­

b ruder 2 Kor. 8, 19 (S. 2 3 5 ), entw eder der „echte Jochge­

nosse“ P hil. 4, 3 oder der persönliche U eberbringer des Briefes nach Philippi (S. 294). N am entlich aber ist zu bemerken, d ass, wie schon an g ed eu tet, Lukas nach Ram say ein Mace- donier, näher P hilipper w ar (S. 1 6 7 ,1 9 1 ,3 2 0 ), eine D eutung, der Eus. H. E. I II 4 Aooxa? Se t o jxev yevoi; aiv xajv dir ’Avxio^Eiac n icht im W ege stehen soll, w ährend R am say wohl weiss, dass Ap.-Gesch. 1 7 , 13 ol aito ttjc öeaoaXovtxr)? ’IooSaToi Juden sin d , die n icht n u r aus Thessalonich stam m en, sondern auch do rt wohnen. W arum doch, wenn L ukas ein Philipper w ar, P aulus bei der lydischen P u rpurhändlerin in Philippi W ohnung nahm, und nicht n u r P aulus, sondern auch Lukas (irapeßtaoaxo

^|j.ac 1 6 , 15)? D arau f an tw o rte t R am say: „E s w ill uns scheinen, dass L ukas kein Heim in P hilippi h atte, obgleich er d o rt bekannt w ar und den O rt als seine S ta d t b e tra c h te te “ (S. 168).

G elernt aber h a t Ref. aus den zahlreichen, in die D a r­

stellung eingeflochtenen archaeologischen, staatsrechtlichen, geschichtlichen und geographischen Notizen. E in reich be­

lehrendes K apitel is t die Schilderung der Seereise nach Rom (S. 257ff.). Auch seien hervorgehoben A usführungen wie die über die S tellung der A siarchen und der dam aligen gebildeten W e lt K leinasiens zu r neuen Religion des P aulus (S. 229), über die Z eit des öffentlichen Tageslebens der jonischen S tädte (S. 2 2 1 ), die B ürgschaftsforderung nach römischem Gesetz (S. 188), Ephesus als H aup tp latz der Zauberkünste (S. 222) und des A berglaubens von K leinasien (S. 2 2 6 ), die W eibge­

schenke der A rtem is (S. 227), die B erühm theit von T h y a tira und der ganzen lydischen L andschaft wegen ih re r F ärb ereien (S. 176).

W ien . Feine.

J a c o b s , H enry E y s te r, D D ., LL.D ., D ean of th e L u th eran theol. Sem inary, P hiladelphia, P a ., and H a a s , John A. W ., B .D ., T h e l u t h e r a n C y c lo p a e d ia . New Y ork 1899, Charles S cribner’s Sons (VII, 572 pp. 4).

D er Gedanke einer d era rtig en lexikalischen Zusammen­

fassung der w ichtigsten religiös-theologischen und historisch­

statistischen Inform ationen über das evangelisch-lutherische K irchengebiet nach seinem gegenw ärtigen B estand in der alten und der neuen W e lt, wodurch alles h ie ra u f Bezügliche in einem Bande von m assiger S tärk e geboten w ird, erscheint in dem vorliegenden W erke auf geschickte W eise zum Vollzug gebracht. In den englisch-redenden K reisen des nordam eri­

kanischen L utherthum s musste das Bedürfniss nach einem leicht zugänglichen O rientirungsm ittel dieser A rt sich um so k rä ftig e r reg en , da diese K reise nich t blos eingew anderte deutsche L u th e ra n er sam m t deren Nachkommen in sich schliessen, sondern desgleichen L u th e ra n er von schwedischer, norw egischer, isländischer und dänischer A bkunft, also V er­

tr e te r von m ehreren verschieden g ea rte te n N ationalkirchen, deren Standpunkten eine M annigfaltigkeit religiös-kirchlicher A nschauungen und Interessen entspricht. Die beiden H eraus­

geber erschienen vor anderen berufen zur Lösung des hierm it gestellten Problem s. D er frü h er am generalsynodalen Sem inar zu Gettysburg wirkende, neuerdings aber (seit 1883) die dog­

m atische P rofessur am P h i l a d e l p h i a-Sem inar des G eneral­

konzils bekleidende ältere E d ito r, Prof. Jacobs, nim m t ü ber­

h au p t eine F ü h re rstellu n g an der Spitze der englisch-lutherischen Theologie des Ostens der Union ein. Und sein in New Y ork w irkender S chüler, Rev. H aas, v erfü g t in em inenter W eise über dasjenige Mass von A rbeitskraft, V ielseitigkeit des D etail­

wissens und literarisc h er G ew andtheit, das zu r Lösung der verw ickelten und schw ierigen A ufgaben, vor welche der H erausgeber einer Encyklopädie sich g estellt sieht, erforder­

lich erscheint. — Die von ihnen zur M itarbeit herbeigezogenen V e rtre te r des akadem isch-theologischen Lehrberufes und des p r ak tisch-geistlichen A mts gehören grösstentheils dem L u th e r­

thum der V ereinigten S taa ten an. Von den wenigen lu th e­

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