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Zeitschrift für den Physikalischen und Chemischen Unterricht, 1937 H 4

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Z e i t s c h r i f t

fü r den

Physikalischen und Chemischen Unterricht.

L. Jahrgang. 1937. Viertes Heft.

Die Elementarteilchen.

Von P. Jordan in Rostock.

Gern benutze ich die Gelegenheit, durch einen B e itra g zum 50. Jahrgange meine V erbundenheit m it der Z e its c h rift fü r den p hysikalischen und chemischen U n te rric h t auszudrücken.

In den Jahren von 1925 bis etwa 1928 hat unser Verständnis der Q uanten­

erscheinungen eine feste und in gewissem U m fang abschließende F orm gefunden. Die A u fste llu n g der Q uantenm echanik (M atrizenm echanik) und W ellenm echanik — zw eier von ganz verschiedenen Gedankengängen ausgehender Versuche, die geheim nisvollen Quantengesetze m athem atisch festzulegen — fü hrte , nachdem m an m it Ü berraschung die innere Ü bereinstim m ung und Ä q uiva len z dieser beiden F orm ulierungen e rka nn t hatte, zu der umfassendsten, erschöpfenden D a rs te llu n g der Quantengesetze in Gestalt der „statistischen T ra n sform atio nsth e orie “ , welche den mathem atischen A u sdru ck fü r die so m e rk w ü rd ig e „ K o m p l e m e n t a r i t ä t “ b ild e t, in der das eigentliche C ha ra k­

te ris tik u m d er Q uantenphysik lie g t1. W enn m an heute rü c k b lic k e n d die im ersten V ie rte l unseres Jahrhunderts mühsam errungenen einzelnen Einsichten in die Q uanten­

gesetze ü b e rp rü ft, so is t man erstaunt zu sehen, w ie w esentlich und w eittra ge nd manche dieser älteren Erkenntnisse bereits gewesen sind, und w ie z w a n g s l ä u f i g von ihnen aus der W eg zu den heute v o ll erschlossenen quantenphysikalischen Naturgesetzen fü h r t2 *. A b e r die Z urü ckle gu ng dieses Weges e rfo rd e rte ein so entschiedenes H eraus­

treten aus dem älteren V o rstellun gskre ise der P h ysik, sie eröffnete so neuartige und überraschende V o rstellun gsm ö glichke iten , daß n u r der unausw eichliche Zw ang der experim entellen Tatsachen die P h y s ik e r auf diesem Wege fü hren konnte.

Heute sind uns die quantenphysikalischen Gesetze, welche das innere Wechselspiel der E le ktron en im A tom beherrschen, v o lls tä n d ig bekannt. W ir kennen d a m it auch die Gesetze, denen die B ild u n g der chemischen M oleküle aus den einzelnen Atom en u n te rlie g t. W ir übersehen die D y n a m ik der Leitu ng sele ktro n en im M etall, und v e r­

stehen die Erscheinungen des Ferrom agnetism us. Zahllos sind die Untersuchungen, die sich m it der deduktiven A nw endung der allgem einen Quantengesetze auf die m a n n ig ­ fa ltig ste n Einzelproblem e befassen; in dieser E n tw ic k lu n g is t ke in Ende abzusehen.

A b e r h in te r den gelösten Problem en tauchen neue, ungelöste a u f; und während vie le wissenschaftliche A rb e ite r die seit kurzem eroberten Gebiete w e ite r bearbeiten, rich te n sich die Stoßtruppen der F orschung auf neue Festungsw älle des U nerforschten.

Nachdem w ir die P h y s i k d e r A t o m e g ru nd sätzlich ebensogut verstanden haben w ie die M echanik des Planetensystems, rü c k t die P h y s i k d e r A t o m k e r n e in den B re n n p u n k t der Forschung.

B e kan n tlich besteht jedes A tom aus einem schweren, fast die ganze Masse des Atom s enthaltenden K e r n und einer ih n umgebenden „E le k tro n e n h ü lle “ , deren E le k ­ tronenzahl übereinstim m en muß m it der A n zah l Z p o s itiv e r E lem entarladungen, die im K erne stecken. W ährend die Durchm esser d er Atom e in die G rößenordnung 1CT8 cm fa lle n, sind die K erndurchm esser n u r etwa 1CT13 bis 10-12 cm groß. Man weiß dies

1 V gl. W . He is e n b e r g: Die physikalischen P rinzipien der Quantentheorie. Leipzig 1930. — P. Jo r d a n: D ie P hysik des 20. Jahrhunderts. Braunschweig 1936.

2 V gl. P. Jo r d a n: Anschauliche Quantentheorie. B erlin 1936.

U. L. 10

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teils aus der U ntersuchung des D urchgangs schneller K athodenstrahlen durch M aterie (Le n a r d), v o r allem aber aus der U ntersuchung der S treuung von a -Teilchen (H e liu m ­ kernen), die nach Ru t h e r f o r d leh rt, daß in Abständen, die m e rk lic h größ er als 10-12 cm sind, der K e rn n u r m it d er seiner Ladungszahl Z entsprechenden C o u L O M B s c h e n A b s t o ß u n g auf ein oc-Teilchen w irk t. Die K e rnlad un g szah l Z ist, indem sie die A n zah l der E lektronen in der E le ktro n e n h ü lle bestim m t, maßgebend fü r das L i n i e n - S p e k t r u m und f ü r die c h e m i s c h e N a t u r des betreffenden A tom s: zu jedem Z von Z = 1 bis Z — 92 g ib t es ein c h e m i s c h e s E l e m e n t . A b er fü r fast jedes E lem ent g ib t es m ehrere „Is o to p e “ , die sich bei gleichem Z unterscheiden h in s ic h tlic h des A t o m g e w i c h t s A . Setzt man deflnitionsw eise das A tom ge w ich t des am häufigsten vertretenen Sauerstoffisotops gleich 16, so w erden alle A tom gew ichte (m it a lle in ig e r Ausnahme des W asserstoffs) nahezu ganzzahlig.

Die r a d i o a k t i v e n a-strahlenden K e rne zeigen ohne unser Zutun, und viele andere A tom kerne zeigen, w enn w ir sie m it sehr schnellen T eilchen (etwa a-Teilchen) beschießen, die F ä h ig k e it, sich zu zerspalten; obw ohl also die gew öhnlichen chemischen R eaktionen alle K erne in den b ete ilig ten Substanzen ungeändert lassen, müssen w ir doch die K e rne als z u s a m m e n g e s e t z t e Gebilde betrachten. N u r beim K e rn des W a s s e r s t o f f s w erden w ir das Recht haben, ih n als ein u n z u s a m m e n g e s e t z t e s Teilchen, als ein echtes „ E l e m e n t a r t e i l c h e n “ zu ve rm uten ; er hat deshalb beka nn te r­

maßen den besonderen Namen „ P r o t o n “ erhalten.

Das E l e k t r o n und das P r o t o n also sind als E lem entarteilchen anzusehen; und ihnen steht das L i c h t q u a n t gegenüber, das erst durch die Q uantenphysik als k o rp u s ­ kulares T eilchen entdeckt w urde.

A b er auch betreffs des E le ktron s haben w ir aus der Quantenforschung W esentliches zugelernt. M an ke n n t schon aus den älteren U ntersuchungen außer der L a d u n g des E le ktron s ■—- also d er elektrischen E le m e ntarlad un g; sie is t in elektrostatischen E in ­ heiten gleich 4 , 7 7 - I O-10 — auch seine M a s s e : 0,899 • 10~27 g. F ü r die Rolle, die das E le k tro n im A tom bau spielt, sind aber noch zw ei andere Eigenschaften von fundam en­

ta le r Bedeutung. Es handelt sich um den S p i n des E le ktron s und um das die E le k ­ tronen beherrschende Ä q u i v a l e n z v e r b o t .

E in E le k tro n besitzt, w ie aus den G esetzm äßigkeiten der A tom spektren zu erkennen ist, einen D r e h i m p u l s re la tiv zu seinem eigenen S ch w erpu nkt; dementsprechend trä g t es neben seiner elektrischen L a d u n g auch noch ein kleines m a g n e t i s c h e s D i p o l ­ m o m e n t . Man ka nn sich das anschaulich auszumalen versuchen, indem man sich das E le k tro n als eine klein e elektrische K u g e l denkt, die um einen Durchm esser als Achse r o t i e r t . A b e r man m uß sich sehr d avo r hüten, solchen gro b-sinn lich en V orstellungen v ie l G ewicht beizulegen. Denn es han de lt sich h ie r um Dinge, die schlechterdings außerhalb der Anw endungsgrenzen unserer groben „m a kro skop ische n “ V o rstellun gs­

form en liegen. T atsächlich is t die tie fere E rfassung d er G esetzm äßigkeiten des E le k ­ tronenspins n u r durch rech t a bstrakte E rw ägungen m ög lich geworden. W ie d e r einm al zeigt die M a t h e m a t i k sich fä hig , V erhältnisse zu erfassen, denen gegenüber unsere sonstigen D enk- und V o rste llu n g sm itte l versagen. Dir a c is t es gelungen, in seiner berühm ten W ellen gleich un g des S pinelektrons alle e xpe rim en tell faßbaren Eigenschaften des Spins e in he itlich darzustellen und dabei eine E rk lä ru n g zu lie fe rn fü r den schon lange vo rh e r aus den spektroskopischen E rfa h ru n g e n herausgelesenen, aber u n v e r­

standen gebliebenen Zusammenhang d er Spineffekte m it den bei sehr schnell bewegten T eilchen eintretenden r e l a t i v i s t i s c h e n A bw eichungen von d er gewöhnlichen M echanik.

Daß dieser Spin des E le ktron s ein typ isch e r Q u a n t e n e f f e k t is t — fü r den m an eine vo llstä n d ig e m odellm äßige D eutung nach klassischen V orstellungen also g a r n ic h t v e r­

langen kann — , geht schon daraus h ervor, daß das fra g lic h e D rehm om ent des E le ktron s den B e trag \ - -k— besitzt, wo h = 6,7 • 10-27 ergsec das berühm te, die ganze Quanten- p h y s ik beherrschende P L A X C K s c h e W i r k u n g s q u a n t u m ist. D er Spin is t also als

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und chemischen U nterricht.

1937. H e ft 4. P. Jo r d a n: Di e El e m e n t a r t e i l c h e n. 131

vernachlässigbar k le in anzusehen, w enn man, dem m akroskopisch-klassischen Stand­

p u n k t entsprechend, W irku n g sb e trä g e von der G rößenordnung h als vernachlässigbar betrachtet. A b e r das h in d e rt n icht, daß beispielsweise die Erscheinungen des F e rro ­ m agnetismus als Ergebnisse von Spineffekten zustande komm en.

Das Ä q u i v a l e n z v e r b o t , dem die E le ktron en u nte rw o rfen sind — m an sagt sta tt dessen auch, daß sie d er „ Fe r m i-S t a t i s t i k “ gehorchen — , is t noch w eniger als der Spin des E le ktron s von klassischen V o rstellungen aus zu verstehen. A b e r diese fundam entale E igenschaft des E le ktron s is t zugleich noch w ic h tig e r als der S pin:

daß es überhaupt eine p ra k tis c h i n k o m p r e s s i b l e M a t e r i e in flüssiger und fester F o rm g ib t, beruht w esentlich auf diesem Ä quiva len zverbo t. Seinen In h a lt auszusprechen, e rfo rd e rt einige V orbereitungen.

Zwischen dem O r t e x, y, z eines Teilchens und seinem I m p u l s p = mü besteht eine quantenphysikalische K o m p l e m e n t a r i t ä t d erart, daß jedes an einem T eilchen durchgeführte M essungsexperiment, welches zu einer genauen F estlegung des Ortes fü h rt, den Im pu ls des Teilchens zw angsläufig in u n k o n tro llie rb a re r Weise ve rw ischt und unbestim m t m acht; und um g eke hrt b e w irk t ein den Im pu ls bestim m ender Messungs­

a k t eine V e rw isch un g des Ortes. Q u a n tita tiv is t festzustellen: Sind A x und A p x die G e n a u i g k e i t s s c h r a n k e n fü r eine g l e i c h z e i t i g e Messung der K o o rd in a te x und der Im pulskom ponente px , so w ird im g ü n s t i g s t e n F a lle , bei der höchsten, „id e a le n “ G enauigkeit, welche die Q uantennatur des atom aren Geschehens überhaupt zuläßt,

das P ro d u k t • . ,

A x A px = h

werden. Entsprechendes g ilt fü r A y und A py , sowie fü r A z und A pz ( He i s e n b e r g- s c h e U n g e n a u i g k e i t s b e z i e h u n g ) .

N un sagt das PAULische Ä q u i v a l e n z v e r b o t : W enn w ir fü r m e h r e r e E lektronen g le ich ze itig die Orte und Im pulse messen, und z w a r bei allen E le ktron en m it denselben G enauigkeiten A x , A p x usw., deren P rodukte so k le in sein mögen, w ie es n u r eben in R ücksicht auf die HEisENBERGSche U ngenauigkeitsbeziehung m ög lich ist, d a n n k o m m t es n i e m a l s v o r , d a ß O r t u n d I m p u l s v o n m e h r a l s z w e i E l e k t r o n e n i n n e r h a l b d i e s e r G e n a u i g k e i t s g r e n z e n ü b e r e i n s t i m m e n . F ü r z w e i E le k ­ tron en is t die Ü bereinstim m ung von O rt und Im p u ls zw ar m öglich, aber n u r dann, w enn ih re beiden S p i n d r e h m o m e n t e e n t g e g e n g e s e t z t g e r i c h t e t sind.

Die m e rk w ü rd ig e naturgesetzliche E igenschaft der E le k tro n e n , die h ie rin zum A u sd ru ck kom m t, ka nn also anschaulich als eine A r t A b s t o ß u n g d er E lektronen bezeichnet w erden (die aber n ic h t das geringste zu tun hat m it der C o u L O M B s e h e n Abstoßung zwischen den E le k tro n e n !); m ehrere E le ktron en können n u r dann zu naher ö rtlic h e r N achbarschaft zusam m engebracht w erden, wenn ih re Im pulse hinreichend verschieden voneinander sind. W enn w ir also einige E le ktron en in ein Gefäß e in ­ schließen, so können n u r z w e i d a rin den e n e r g i e a r m s t e n Zustand annehmen, alle anderen müssen gewisse größere Beträge E nergie besitzen. Sind nun schon eine A n zah l E lektronen in dem Gefäß vorhanden, und is t die E nergie des Gesamtsystems dieser E lektronen so k le in , wie überhaupt m öglich, so b ra uch t man einen gewissen Energieaufw and, w enn m an noch ein weiteres E le k tro n in das Gefäß h in ein bring en w ill: denn dieses muß dann eine E nergie m itbekom m en, die g r ö ß e r is t als die jedes a n d e r e n , schon im Gefäß befindlichen E lektrons. Dies is t vo n w esentlicher Bedeutung fü r die Theorie der m e t a l l i s c h e n L e i t u n g s e l e k t r o n e n ; es is t aber auch ent­

scheidend fü r den A u fb a u der E le ktron en hü lle n d er Atom e. D ie Z E le ktron en in der E le ktron en hü lle eines Atom s der K e rnlad un g szah l Z sitzen in dem „G efäß “ , in dem

„P o te n tia lto p f“ , w ie m an zu sagen pflegt, welche durch das CoiTLOMB-Feld des Kernes g e b ild e t w ird . N u r z w e i von ihnen können in dem energetisch tiefsten Zustand, in der sog. „K -S c h a le “ , sein; die übrig e n ve rte ile n sich auf die w eiteren „S chalen“ der E le ktro n e n h ü lle , wie uns die R ö n t g e n s p e k t r e n der Atom e zeigen. W 'ürden w ir nun versuchen, die K e rne zw eier Atom e einander so w e it zu nähern, daß die beiden

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E le ktron en hü lle n m e rk lic h ü be re ina nd ergriffe n, so m üßten w ir die E n e r g i e n d e r E l e k t r o n e n w e s e n t l i c h e r h ö h e n . H ie ra u f ■ - also eben auf dem PAULischen Ä q u i v a l e n z v e r b o t — beruht es, daß sich dem gewaltsam en Zusam m endrücken flüssiger oder fester M aterie ein so groß er W id e rs ta n d entgegenstellt.

N u r in der außerirdischen, a s t r o p h y s i k a l i s c h e n E rfa h ru n g kennen w ir F älle, welche die M ö g lic h k e it zeigen, durch entsprechende E n erg ie zufuh r tatsächlich diesen W id ersta nd zu ü be rw in d e n : E in ig e Sterne m it überaus heißem In ne re n (T e m pe ra tu r von etwa 4 -IO 7 G rad) zeigen ein spezifisches G ew icht in der G rößenordnung 104; die hohe T em p eratu r g ib t den E le ktron en in dieser Sternm aterie eine durchschnittliche Energie, welche eine vo llstä n d ig e Io n is ie ru n g der Atom e (also A b reiß un g der g a n z e n E lektronenhülle) bedingt. D er S i r i u s b e g l e i t e r is t das bekannteste Beispiel eines d e ra rtig e n Sternes.

V om P r o t o n weiß man, daß es die beiden erläu te rten Eigenschaften des E le ktron s ebenfalls b e s itz t: Das P roton hat ein Spindrehm om ent vom Betrage 2 • y - ; das ent' sprechende m a g n e t i s c h e M om ent des Protons is t dann aber, entsprechend der größeren Masse des Protons — sie is t gleich 1,649 • 10~24 g — , etwa 6 00m al so k le in , w ie das m agnetische D ipolm om ent des Elektrons. U n d die Protonen sind, wie die Elektronen, dem Ä q u iva le n zve rb o t (oder der „F E E M i-S ta tistik“ ) unterw orfen. T ro tz so verschiedener Massen zeigen also Proton und E le k tro n eine enge V e rw a nd tsch aft; das L i c h t q u a n t dagegen zeigt eine w esentlich andere N atur, in d e m .e s k e i n e n Spin besitzt und n i c h t der Fe r m i-S ta tis tik u nte rw o rfe n ist, sondern vie lm e h r der sog. „ Bo s e- S ta tis tik “ , welche im P L A N C K s c l i e n G e s e t z der schwarzen H o h lra u m s tra h lu n g zum A u sd ru ck kom m t.

Dir a c s schon erwähnte U ntersuchung d er relativistisch en Q uantenm echanik des E lektrons, welche zu r Erfassung der G esetzmäßigkeiten des Elektronenspins führte, ergab seinerzeit andererseits F olgerungen, welche zunächst ganz rä tse lh a ft schienen, bis Dir a c selbst aus der V e rk n ü p fu n g seiner E le ktron en -W ellen g le ichu ng m it dem Ä q u iva le n zve rb o t die ric h tig e D eutung dieser F olgerungen erka nn te : Seine Theorie fü h rt m it N o tw e n d ig k e it dazu, daß es neben den n e g a tiv geladenen E le ktron en auch noch Teilchen gleich großer p o s i t i v e r L a d u n g geben muß, und daß einerseits ein negatives und ein positives T eilchen sich n e u t r a l i s i e r e n können — so daß die entgegengesetzten Ladungen v ö llig verschw inden und n u r ein E nergiebetrag, etwa in F o rm vo n Lichtquanten, ü b rig b le ib t — , w ährend andererseits auch aus Energie ein positives und ein negatives T eilchen n e u e n t s t e h e n können. Bei d erartige n Prozessen b le ib t also sowohl der E n e r g i e s a t z als auch der E r h a l t u n g s s a t z d e r e l e k t r i ­ s c h e n L a d u n g durchaus in K ra ft.

A ls Dir a c diese Folgerungen seiner theoretischen U ntersuchungen (sog. „L ö c h e r­

th e o rie “ ) vorlegte, w a r das P r o t o n das einzige bekannte Elem entarteilchen p o s itiv e r L a d u n g ; und es schien deshalb ein schwerer F e h le r der DiRACschen T heorie zu sein, daß sie fü r die p ositiven und n egativen T eilchen g l e i c h g r o ß e M a s s e behauptete.

A b e r eine unerw artete E ntdeckung von An d e r s o n (1933) h a t auch in diesem Punkte der DiRACschen Theorie recht gegeben: E s g i b t t a t s ä c h l i c h auch p ositive Teilchen, die abgesehen von dem Ladungsvorzeichen in je d e r H in s ic h t dem E le k tro n gleichen;

m an nennt sie heute p ositive E lektronen, oder k u rz P o s i t r o n e n . Die m e rk w ü rd ig e kosmische „U ltra s tra h lu n g “ , welche aus dem W e ltra u m auf die E rde e in fä llt, e nthält d e ra rtig e P ositronen; und da die T eilchen dieser kosmischen S tra hlu ng ungeheuer energiereich sind — zum T e il m indestens noch tausendm al so energiereich w ie die bei ra d io a k tiv e n Prozessen auftretenden sehr schnellen T eilchen — , so vollziehen sich in dieser „H ö h e n stra h lu n g “ auch in erheblichem U m fan g Prozesse der E r z e u g u n g von Paaren p o s itiv e r und n e g a tive r E le k tro n e n ; es kom m en bei Zusammenstößen der schnellen H öhenstrahlungsteilchen m it A tom kernen sogar m itu n te r „S chauer“ zustande, in welchen gleich H underte bis Tausende von E lektronenpaaren erzeugt werden. Daß

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und chemischen U nterricht.

1937. H e ft 4. P. Jo r d a n: Die El e m e n t a r t e i l c h e n. 133 aber eine A n s a m m l u n g von Positronen auf der E rde n i c h t statttindet, beruht auf der baldigen N e u t r a l i s i e r u n g , welche jedes ankom m ende oder h ie r erzeugte Positron seitens irgendeines der zahlreichen negativen E le ktron en zu erw arten h a t; dies is t der G rund, weshalb das Positron bis v o r kurzem der experim entellen Beobachtung ent­

gehen konnte.

A b er das Positron is t n ich t das einzige E lem entarteilchen, dessen E xistenz uns bis in die jüngste Zeit verborgen geblieben w a r. Das Studium kü n s tlic h (durch Beschießung m it a-T eilchen oder auch Protonen) angeregter K e r n u m w a n d l u n g e n hat zu r A u ffin d u n g eines anderen Elem entarteilchens g eführt, welches d e s h a l b sich der Entdeckung so lange entziehen konnte, w e il es e l e k t r i s c h n e u t r a l ist. Dieses von Ch a d w ic k (1932) entdeckte T eilchen hat deshalb den Namen N e u t r o n erhalten.

Nachdem es einm al gefunden w ar, haben die vereinten A nstrengungen v ie le r P hysiker, ganz besonders Fe r m is und seiner M ita rb e ite r, recht schnell zur E n tw ic k lu n g von In d ica to re n und sonstigen U ntersuchungsm ethoden fü r N eutronenstrahlung g e fü h rt und A u fk lä ru n g über die hervorragende B olle des N eutrons in der K e rn p h y s ik erbracht.

Da m an naturgem äß m it einem u n g e l a d e n e n T eilche n v ie l besser auf A tom kerne

„schießen“ kann, als m it den p o s itiv geladenen a-T eilchen und Protonen, welche von den A tom kernen elektrostatisch a b g e s t o ß e n w erden, so is t die Beschießung von A tom kerne n m it N eutronen auch das ertragreichste V e rfah re n fü r die künstliche K e rn ­ um w an d lu ng gew orden. A ls grundsätzliches E rgebnis der U ntersuchung des N eutrons is t festzustellen, daß abgesehen von dem Fehlen einer elektrischen L a d u n g dieses N eutron sich als eng v e rw a n d t m it dem Proton e rw eist: Seine M a s s e is t nahezu der des Protons gleich, und gleich dem Proton (und dem E le ktro n ) hat das N eutron ein S p i n d r e h m o m e n t und gehorcht dem Ä q u i v a l e n z v e r b o t .

r ¿ A n

Die A u ffin d u n g dieses Neutrons hat aber auch die In a n g riffn a h m e eines Forschungs­

gebietes erm öglicht, das uns zuvor fest verschlossen schien. A ls m an noch glaubte, daß E le k tro n und Proton die einzigen m ate rie lle n E lem entarteilchen seien, mußte m an sich die zusammengesetzten A tom kerne als aus Protonen und E le ktron en aufgebaut v o rs te lle n ; und das ergab grundsätzliche, u nü be rw ind liche S ch w ie rig keite n vom ersten S chritte a n : Sowohl die oben erläuterten Erkenntnisse in Bezug auf Spin und Ä q u iv a le n z ­ verbot, als auch schon die IlEisENBERGSche U ngenauigkeitsbeziehung traten in unlös­

baren W id erspru ch m it gesicherten experim entellen Tatsachen der K e rn p h y s ik , sobald m an die Hypothese versuchte, daß P roton und E le k tro n die Bausteine der A tom kerne seien. Diese S chw ierigkeiten aber verschw inden, w enn man m it He is e n b e r g annim m t, daß P r o t o n e n u n d N e u t r o n e n d i e B a u s t e i n e d e r K e r n e s i n d : E in K e rn der K e rn la d u n g Z m it einem A tom ge w ich t A enth ält Z Protonen und (A — Z) Neutronen.

Diese V o rste llu n g is t seither der Ausgangspunkt eingehender U ntersuchungen v e r­

schiedener Verfasser geworden, welche m it bereits sehr beachtlichen E rfo lge n d a ra u f hinstreben, von den A tom kernen und ih re r inneren D y n a m ik ein ebenso zuverlässiges und ebenso fe in durchgebildetes Gesam tbild zu e ntw ickeln, w ie w ir es fü r die E le k tro n e n ­ h üllen der Atom e bereits besitzen.

Inzw ischen hat die U ntersuchung der ra d io a k tiv e n ß - S t r a h l u n g zu dem Schluß g e fü h rt daß es noch ein weiteres E lem entarteilchen geben m uß ; es hat den Namen N e u t r i n o “ erhalten (Pa u l i; Fe r m i). Bei einem ^-Prozeß schleudert ein ra d io a k tiv e r K e rn ein E l e k t r o n aus; und man hat nun zw ingende Gründe anzunehmen, daß zugleich m it dieser E le ktron en strah lu n g auch noch eine andere, ungeheuer d u rc h ­ dringende, aber gerade deshalb auch auf keine W eise u n m itte lb a r nachweisbare Strah- lu n g — eben die N e u trin o s tra h lu n g — ausgesandt w ird . Das N e u trin o n im m t nach dem, was m an sich heute d a run te r vo rs te llt, eine M itte lste llu n g zwischen den im v o r ­ stehenden besprochenen m a t e r i e l l e n Elem entarteilchen u nd dem L i c h t q u a n t ein.

G leich den ersteren soll es einen Spin y - ^ - besitzen und der Fe r m i-S ta tis tik unter-

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w orfen sein; aber gleich dem letzteren soll es stets m it L ic h tg e s c h w in d ig k e it d a h in ­ fliegen, also eine verschw indende „Ruhm asse“ haben. Es scheint übrigens bereits fa st sicher, daß dieses N e u trin o auch bei den oben b erührten „S chauern“ in der H öh en strah lun g eine w esentliche R olle spielt.

Es is t also eine g a r n ic h t ganz geringe A n za h l verschiedener Elem entarteilchen, aus denen sich die p hysikalische W e lt auf b au t; m an möchte geradezu wünschen, daß diese A n zah l etwas g e rin g e r wäre, denn unsere Ü berzeugung von d er E i n f a c h h e i t d e r letzten p hysikalische n Elementargesetze ko m m t h ie r n ic h t ganz zu ihrem Recht.

In der T a t is t bereits die Hypothese erw ogen w orde n , daß das L i c h t q u a n t in W irk lic h k e it g a r n ic h t als p rim ä re s , elementares G ebilde anzuerkennen, sondern seinerseits noch auf das N e u t r i n o zu rü ckzufü h re n sei.

E ine andere ungelöste F ra g e ist diese. Es besteht eine m e rk w ü rd ig e Beziehung zwischen d er G rundkonstante d er E lektronentheorie, also der elektrischen E le m e ntar­

lad un g e, der G rundkonstante h der Q uantentheorie und der L ic h tg e s c h w in d ig k e it c, d er G rundkonstante der R e la tivitätsthe orie. D er Q uotient 2 n e 2/h c n äm lich is t eine d i m e n s i o n s l o s e Z a h l , die berühm te SoMMEBEELDsche „ F e i n s t r u k t u r k o n s t a n t e “ ; ih r W e rt is t erfahrungsgem äß ung efä h r gleich T± r ; v ie lle ic h t sogar — Ed d in g t o n v e rm utet dies — g e n a u g le ich Tü - . W a r u m hat diese Zahl nun gerade diesen W e rt und n ic h t irgendeinen anderen? W enn w ir die p hysikalische n Elementargesetze, welche das A u ftre te n von E le ktron en bedingen, v o lls tä n d ig verstanden hätten, dann m üßten w ir den genauen W e rt dieser dim ensionslosen Konstante theoretisch zw angsläufig bestim m en können.

W a rum besteht fe rn e r ein so groß er M a s s e n u n t e r s c h i e d zwischen Proton und E le ktro n ? Eine theoretische H e rle itu n g fü r das V e rh ä ltn is der beiden Massen müßte m ög lich sein. W as w ir Sicheres d arüb er wissen, is t e ig en tlich n u r dies (und auch das is t erst durch U ntersuchungen der letzten Z eit k la r g e w o rd e n ): Die Masse eines Elem entarteilchens is t nach den V o rstellun ge n der F e l d p h y s i k b e d in gt durch das K r a f t f e l d , welches dieses T eilche n erzeugt; dieses K ra ftfe ld e n th ä lt E n e r g i e n , m it deren Gesam tbetrag die Masse des Teilchens p ro p o rtio n a l ist. N un ze ig t das Proton zw a r dasselbe e l e k t r i s c h e K ra ftfe ld w ie ein (positives) E le k tro n ; aber daneben ze ig t ein P roton auch noch andere, n i c h t e l e k t r i s c h e K ra ftw irk u n g e n ; auf diesen nich te le ktrische n K rä fte n beruht der Zusam m enhalt der aus Protonen und N eutronen aufgebauten A tom kerne. Diese n ich te le ktrische n K rä fte — die übrigens w iederum in enger Beziehung zu dem geheim nisvollen N e u t r i n o stehen — , welche das Proton gegenüber dem E le k tro n auszeichnen, müssen auch fü r die so v ie l größere M a s s e des Protons v e ra n tw o rtlic h sein.

Diffusion, Entmischung und Keimbildung.

Von U. Dehlinger in S tu ttg a rt.

(A u s dem K aiser W ilhelm -Institu t fü r Metallforschung in Stuttgart.)

Die D iffu sio n eines Stoffes in einen anderen, z. B. einer blauen K u pfersulfa tlö sun g in reines Wasser, b ild e t einen der bekanntesten physikalisch-chem ischen G rundversuche.

Sie w ird beschrieben d urch die D iffu sio n sg le ich u n g : 8 c _ 82c (1) 8 1 = V

(c bedeutet die K o n ze n tra tio n des d iffun die re nd e n Stoffes, t die Zeit,- x die E in d rin g u n g s ­ tie fe ; die D iffusionskonstante D is t ganz oder nahezu von c unabhängig), die fü r ideale Gase sich e x a k t ableiten läßt, aber auch fü r flüssige und feste M ischungen (Misch­

k ris ta lle ) e xpe rim en tell sich v ie lfa c h bestä tigt hat. Nach dem zw eiten H auptsatz der W ä rm e th eo rie ka nn die D iffu s io n bei einer bestim m ten T e m p e ra tu r n u r dann einsetzen, wenn die beiden Stoffe bei dieser T em p eratu r im therm odynam ischen G leichgew icht

(7)

und chemischen U nterricht.

1937. H e ft 4. U . De h l i n g e r: Di f f u s i o n, En t m i s c h u n g u n d Ke i m b i l d u n g. 135

eine M ischung b ild e n ; dies is t bei Gasen im m e r der F a ll, im flüssigen und festen Zustand dagegen g ib t es viele Stoffpaare, die sich überhaupt n ic h t m ischen; andere sind im G leichgew icht bei höheren Tem peraturen m ischbar, entm ischen sich aber bei tieferen Tem peraturen.

Im letzteren F a lle ka n n m an bei hohen T em peraturen eine homogene Mischung hersteilen, diese dann abschrecken u nd bei Tem peraturen, bei welchen im G leich­

gew icht noch der entm ischte Zustand vorhanden ist, die Atom e aber schon genügend bew eglich sind, die Entm ischung v o r sich gehen lassen, also die genaue U m ke hru ng des eingangs erw ähnten D iffusionsversuchs ansetzen. Dieses Vorgehen is t beka nn tlich auch technisch sehr w ic h tig : M etallische M is c h k ris ta lle , die so behandelt sind, w erden n äm lich im V erlaufe der Entm ischung, aber ehe sie den e nd gültigen G leichgew ichts­

zustand e rreich t haben, v ie lfa c h w esentlich h ä rte r als im abgeschreckten Anfangs- und im Endzustand. Diese Ü bergangszustände sind, obgleich n ic h t im therm odynam ischen G leichgew icht, dennoch p ra k tis c h o ft vo llko m m en beständig und daher technisch g u t zu verw enden. Ih r Entstehen zeigt, daß die Entm ischung n ic h t so g la tt v o r sich geht w ie die M ischung durch D iffu sio n, daß also die „R e aktio n sgleich un g: Entm ischtes System -> M is c h k ris ta ll“ re a ktio n skin e tisch n ic h t ohne w eiteres u m ke h rb a r ist. D er G rund h ie rfü r ist, daß bei der Entm ischung in irg e n d e in e r Weise eine K e im b ild u n g einsetzen muß, auf deren W ic h tig k e it schon v o r la n g e r Z eit G. Ta m m a n n hingewiesen h a t; b ei der M ischung is t dagegen eine solche n ic h t notw endig.

T ro tz dieser K o m p lik a tio n is t es gelungen, d urch therm odynam ische B etrachtungen eine E rw e ite ru n g der D iffu sio nsg leich un g (1) zu finden, welche den Zusammenhang zwischen D iffu s io n und Entm ischung und die bei le tz te re r beobachteten Besonderheiten gru nd sätzlich w iedergibt. Die D iffusionsgleichung (1) ergab sich n äm lich als Sonderfall einer allgem eineren G leichung:

SÄ _ _ A d F , ß rp (2).

8 t ~ A ex 1

(1 bedeutet die w ährend der R eaktion vo n der lin k e n nach der rechten Seite einer im System gezogenen Grenzfläche übergehende Menge eines Bestandteils, A eine von K o nze n tra tio n und T em p eratu r abhängige kinetische Größe, F die fre ie E nergie des Systems, R die Gaskonstante, T die absolute T em peratur), welche sich zu r Beschreibung d er Beobachtungen bei U m w andlungen v ie lfa c h b e w äh rt hat. D ie G leichung (2) kann n ic h t re in therm odynam isch, sondern n u r statistisch begründet werden, sie is t aber die einfachste F orm , in w elcher die F o rd e ru n g des zw eiten Hauptsatzes, daß bei einer irre v e rs ib le n R eaktion die freie E n erg ie stets abnehmen m uß, m it der R eaktions­

g e sch w in d ig ke it -g j v e rk n ü p ft w erden k a n n 1. H a t m an eine M ischung zw eier idealer so w ird die 8 c

Gase und an der betrachteten Grenzfläche das K o nze n tra tio nsg efä lle 8 x

beim Ü bergang eines Mols vo n der lin k e n nach der rechten Seite eintretende freie E n erg ie ä n d e ru n g 2 •

8 F 81

8 F \ 8n Ji

8 F

8n = R T (ln Ci — ln cr) = R T 8 c 8 x

(B e kan ntlich is t ja die freie E nergie e in er M ischung von n M olen eines idealen Gases m== c n M olen eines zweiten, abgesehen von konzentrationsunabhängigen G liedern gleich n R T ln c + m R T ln (1 — c); dasselbe g ilt fü r die sogenannten idealen M ischungen im flüssigen und festen Zustand.) Setzt m an noch die kinetische Größe A gleich c -D , so w ird fü r den betrachteten F a ll aus (2) die G leichung

8t 8 x ' (3)

1 Nach demselben Prinzip wird von M. Pl a n c k: Theorie der Wärme, S. 119, Leipzig 1930, die Wärmeleitungsgleichung abgeleitet.

2 Ausführlicher sind die folgenden Rechnungen wiedergegeben bei U. De h l in g e r: Z. Physik 102, 633 (1936).

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und dies is t die FicKscbe Gleichung;, aus der sich b eka nn tlich (durch A nw endung des GAUSSschen Satzes) die G leichung (1) e rg ib t. M an e rh ä lt also in der T a t die D iffu sio ns­

gleichung aus (2) fü r den Sonderfall ide ale r Mischungen.

Beim Ü bergang zu n ichtidealen M ischungen is t in therm odynam ischen F orm eln ganz allgem ein die K o nze n tra tio n zu ersetzen durch die A k t iv itä t a- diese is t gleich

dem D a m pfdruck der betrachteten Kom ponente über der M ischung, d iv id ie rt durch den D a m p fd ru ck d er K o m ­ ponente im reinen Zustand. So e rg ib ts ic h aus G leichung (2) fü r nichtideale M ischungen:

8 c _ _ c da 82c r j' c

~ 8 t ~ ’U ^ J c ~ 8 ^ = V J x ^ ' (4) und dies is t die erw eiterte D iffusionsgleichung, welche auch E ntm ischungsvorgänge w ie d e rg ib t, w ie im fo lg e n ­ den gezeigt w erden soll.

D ie A k t iv itä t a is t fü r ideale M ischungen stets gleich der K o n ze n tra tio n c (gemessen als M olverhältnis), also

c da . . .

— -g^-stets gleich eins. Bei n ichtidealen Mischungen is t

da ~ ,

> 01 solange m an sich im Mischungsgebiete des Gleichgewichtsschaubildes befin de t; bei tie feren T e m ­ peraturen dagegen kann a als F u n k tio n von c den in der F ig u r fü r T = T 2 gezeichneten V e rla u f haben. Dann ka nn m an d urch die eingezeichnete Gerade zw ei v e r ­ schiedene K onzentrationen cx und c2 m it g le iche r A k tiv itä t verbinden, die m iteina n de r im therm odynam ischen G le ich ­ gew icht sin d ; m acht m an das fü r verschiedenee T e m ­ p eratu ren , so e rh ä lt m an die G renzkurve des E n t­

mischungsgebiets im G leichgew ichtsschaubild. Also auch nach Ü berschreiten d er G ren zkurve b le ib t ~ und d a m it

8 c

der „ e ffe k tiv e “ D iffu s io n s k o e ffiz ie n t D ' in (4) zunächst noch p o sitiv, dagegen w ird D ' auf der zweiten, in der F ig u r g estriche lt ein gezeichneten K u rv e g le ic h z e itig m it 8 a

8 c

A bhängigkeit der A k tiv itä t a eines Mischkristalls bzw. des Drucks p eines nichtidealen Gases von der K onzen­

tra tio n bzw. D ichte fü r eine T e m ­ peratur T i oberhalb und eine T e m ­ peratur T2 unterhalb des kritischen Punktes. D urch K onstruktion der Gleichgewichtslinien cx—c2 erhält m an daraus das unten gezeichnete

„Zustandsschaubild“ . N ach Ü b e r­

schreiten der ausgezogenen „wahren Gleichgewichtskurve“ kann grund­

sätzlich die Entmischung bzw. K o n ­ densation eintreten, aber erst nach Überschreiten der gestrichelt gezeich­

neten „G renzkurve des instabilen Zustands“ kann sie im In n ern der

Phase spontan beginnen.

zu N u ll und w e ite rh in negativ.

Is t D bzw. D ' p o sitiv, so fo lg t aus d er D iffu s io n s ­ gleichung (1) oder (4), w ie m an le ic h t sieht, daß eine ö rtlic h e Konzentrationserhöhung, die z. B. durch s ta tis ti­

sche Schwankungen entstanden sein kann, im L aufe der Z e it w ie d e r abgebaut w ird . Is t D ' N u ll, so ka n n sie u n ve rä n d e rt bestehen b le ibe n; is t aber D ' n eg ativ, so muß diese K o n ze n tra tio n s­

erhöhung a llm ä h lic h an wachsen.

In der chemischen K in e tik der G asreaktionen bestä tigt sich im m e r w ieder der Grundsatz, daß R eaktionen von höherer als d ritte r O rdnung n ic h t Vorkommen, d. h.

daß die W a h rsch e in lich ke it fü r ein gleichzeitiges Zusam m entreffen von m ehr als d re i G asmolekülen verschw indend k le in ist. U m auf dem Boden der W ir k lic h k e it zu bleiben, müssen w ir einen ähnlichen G rundsatz auch fü r die statistischen K o n z e n tra tio n s - Schwankungen in flüssigen und festen M ischungen e in fü h re n 1. W ir nehmen also an, daß inn erh alb von Zeiträum en, die in der G rößenordnung der m ittle re n V e rw e ilz e it

1 D ie zahlreichen schon vorliegenden Rechnungen über K eim bildung usw. bieten keinen Raum fü r eine Anwendung dieses Grundsatzes und können daher eine Reihe w ichtiger experim enteller Erschei­

nungen, insbesondere die scharfe Übersättigungsgrenze, den E in flu ß von Ionen und Staub auf die Tröpfchenbildung usw. n ic h t wiedergeben.

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und chemischen U nterricht, tt De h l i n g k r- D IF F U S IO N , E N TM ISC H U N G UND Ke i m b i l d u n g. 137

1937. H e ft 4. ' __________________________________

eines Atom s an seinem G itte rp la tz sind, durch die statistischen Schwankungen keine Ansam m lungen von m ehr als d re i gelösten Atom en geschaffen w erden können. Sollen sich daher K eim e fü r die Ausscheidung im In n e rn der M ischung bilden, so müssen sie aus k le in e n Schw ankungen a llm ä h lic h heranw achsen; diese Schwankungen dürfen m ith in im L aufe der Z eit n ic h t w ied er ausgeglichen w erden, sondern sie müssen bestehen bleiben. Die notw endige und hinreichende B edingung d afü r, daß sich aus statistischen Schwankungen im In n e rn der M ischung größere Ansam m lungen, d. h. Keim e der gelösten Atom e bilden, is t also, daß der e ffe k tiv e D iffu s io n s k o e ffiz ie n t D ' n ic h t p o s itiv , sondern N u ll oder n e g a tiv ist.

Es w ird also die K e im b ild u n g und d a m it die Entm ischung im In n e rn des homogenen Systems n ic h t schon nach Ü berschreiten der G leichgew ichtskurve des Zustandsschau­

bildes, d. h. nach B eginn d er Ü be rsä ttig un g, sondern erst nach Ü berschreiten der in der F ig u r gestrichelten K u rv e , auf der = 0 w ird , einsetzen können. E in (nicht zu großer) K eim , der sich auf irg en d eine W eise g e b ild e t hat und in das Zustandsgebiet außerhalb der gestrichelten K u rv e gebracht w ird , muß sich im L aufe der Z eit w ieder auflösen. D urch In te g ra tio n von (4) ka n n m an, w enn D ' und d er V e rla u f vo n a m it c bekannt sind, den F o rtg a n g d er E ntm ischung als F u n k tio n d er Z eit berechnen; der E influß der in k ris ta llin e n Mischungen beim G rößerw erden der Keim e entstehenden Spannungen is t in (4) noch n ic h t enthalten, k a n n aber b e rü c k s ic h tig t werden. D er O rt, an welchem sich die K eim e bilden, is t d urch die statistischen Schwankungen bestim m t und ka nn daher niem als genau berechnet w erden.

A n den schon von A n fa n g an vorhandenen Grenzflächen des Systems g ilt G le i­

chung (4), bei deren A b le itu n g ja ein ste tige r K o n z e n tra tio n s v e rla u f vorausgesetzt w ar, nicht, sondern is t d u rc h :

= — A (c¡ ln a¡ — cr ln ar) (5)

zu ersetzen, wo der In d e x l die W erte lin k s , r rechts von d er Grenze kennzeichnen soll. W ie m an le ic h t sieht, besagt die G leichung, daß ein K e im der neuen K onzen­

tra tio n , der sich außerhalb der Grenzfläche durch Einflüsse, die von der S tru k tu r der Grenze abhängen und daher gesondert zu berechnen sind, g eb ild et hat, w eiterw achsen kann, auch wenn er sich in dem Zw ischengebiet zwischen G leichgew ichtskurve und g estrichelter K u rv e des Zustandsschaubildes befindet.

Die experim entellen U ntersuchungen der Vorgänge in ü b e rsä ttig te n m etallischen M isch kristallen zeigen die h ie r theoretisch abgeleiteten V erhältnisse sehr deutlich.

Man fin d e t z. B. b ei D u ra lu m in (M is c h k ris ta ll vo n A lu m in iu m m it etw a 4% K u p fe r) durch eine röntgenographische Messung des ze itlich en V e rla u fs der G itterkonstanten, sowie durch W iderstands- und H ärtem essungen zw ei ganz verschiedene V o rg ä n g e 1.

D er eine, die sogenannte K a lta u s h ä rtu n g , besteht in d er B ild u n g von K eim en (häufig auch K o m plexe genannt) im In n e rn des M isch krista lls. Dieser V o rg a n g geht in ab­

geschreckten M is c h k ris ta lle n im V e rla u f e in ig e r Stunden schon bei Z im m erte m p era tur v o r sich. B rin g t m an das k a lt ausgehärtete D u ra lu m in auf T em p eratu ren über 100° C, so geht die durch die K a lta u s h ä rtu n g h ervorge rufe ne W id ersta nd s- und H ä rte ­ steigerung w ie d e r zu rü ck, d. h. die K o m plexe lösen sich entsprechend d er Theorie w ie d e r auf. Dagegen t r i t t die sogenannte W a rm a u sh ä rtu n g auch in dem T e m p e ra tu r­

gebiet zwischen 100° und 500° C a u f; w ie eine Reihe von E xp erim e n ten zeigt, is t sie eine Ausscheidung an den K o rn g re n ze n sowie an den in n e rh a lb der K ö rn e r be­

fin dliche n G renzen der subm ikroskopischen sogenannten M osaikblöcke. O ffensichtlich entstehen bei der W a rm a ush ärtu ng stä rke re In hom ogenitäten als bei d er K a lta u s ­ h ä rtu n g ; das h a t zu r Folge, daß die Entstehung vo n Loka le lem en te n u nd d a m it die K o rro d ie rb a rk e it d urch die erstere m eist w esentlich m ehr erhöht w ird als durch die

1 Näheres z. B. bei U. De h lin g e r: Arch. Eisenhüttenwes. 10, 101 (1936).

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letztere. Die K a lta u sh ä rtu n g is t daher technisch m eist w e rtv o lle r als die W a rm ­ aushärtung, und es is t eine A ufgabe d er L e g ie run gste ch nik, bei aushärtbaren L e g ie ­ rungen eine K a lta u s h ä rtu n g herbeizuführen und die W a rm a ush ärtu ng zu u n te rd rücke n.

D ie im vorstehenden dargestellte T he orie lä ß t sich auch auf ganz andere F ä lle übertragen, die sie v ie lle ic h t dem Verständnis noch näh erbring en können. In die therm odynam ischen F o rm e ln fü r kom pressible Stoffe geht die D ichte g in ganz d e r­

selben Weise ein w ie die K o n z e n tra tio n c in die fü r M ischungen. W enn w ir daher etw a nach d er v a n d e r WAALSschen Z ustandsgleichung den D ru c k als F u n k tio n von g bei einer bestim m ten konstanten T e m p e ra tu r auftragen, e rh alte n w ir K u rv e n , welche ganz analog den A k tiv itä ts -K o n z e n tra tio n s -K u rv e n d er F ig u r sind und fü r Tem peraturen unte rh a lb des k ritis c h e n Punkts auch den in d er F ig u r gezeichneten V e rla u f besitzen. B e kan n tlich fü h rt dieser V e rla u f zu r K o n s tru k tio n eines Gebiets, in dem nebeneinander D am pf und F lü s s ig k e it bestehen k ö n n e n ; trä g t m an in einem T -p -S ch au bild die Grenzen dieses Gebietes ein, so e ntsp rich t das v o lls tä n d ig dem T -c-G leichgew ichtsschaubild d er M ischungen. A u ch h ie r e rhalten w ir inn erh alb des

„Zw eiphasengebiets“ eine g estrichelte K u rv e , auf w elcher dp

8qsein Vorzeichen wechselt.

F ü r ein von höheren T em p eratu ren in dieses Gebiet h in e in abgeschrecktes Gas is t also die Größe n egativ. D ieser Zustand w ird ebenso w ie der m it n egativem ~ in der T h e rm o d y n a m ik als in s ta b il bezeichnet, w e il er niem als im therm odynam ischen G leichgew icht bestehen kann. D a rü b e r hinaus w ird e r in therm odynam ischen L e h r­

büchern häufig als überhaupt n ic h t re a lis ie rb a r angesehen; daß das n ic h t allgem ein, sondern n u r bei Gasen m it ih re n hohen D iffu sio nsg esch w ind ig ke iten ric h tig ist, sieht m an an dem Beispiel d er m etallischen M is c h k ris ta lle , wo der in das in s ta b ile Gebiet h in ein abgeschreckte Zustand häufig sehr lange Z e it a ufb ew a hrt und sogar technisch ve rw en d et w erden kann. D aher hat die U ntersuchung der b isher ka um beachteten Eigenschaften dieser in sta b ile n Zustände allgem eine Bedeutung.

D urch genau die gleichen Ü berlegungen, d urch die w ir von G leichung (2) zu der allgem einen D iffu sio nsg leich un g (4) kam en, erhalten w ir fü r ein v a n d e r Wa a l s- sches Gas die G le ich un g:

8p , 1 dp 82q

J T = A q E T Jq 0 ä F ’ (6)

w o rin die kinetische Größe A w esentlich p o s itiv ist. A n a lo g d er D iffu sio n sg le ich u n g besagt (6), daß ein lo k a le r U nterschied in der D ichte abgebaut w ird , solange p o s itiv ist; insbesondere is t dies auch in dem schon ü b e rsä ttig te n Gebiet zwischen der G leichgew ichts- und d er gestrichelten K u rv e der F ig u r der F a ll. Dagegen wächst eine ö rtlic h e D ichteanhäufung an, w enn T e m p e ra tu r und spezifisches V olum en des abgeschreckten Gases in das Gebiet inn erh alb d er gestrichelten K u rv e fa lle n . E n t­

sprechend dem oben angeführten kinetischen G rundsatz w erden w ir annehmen müssen, daß eine spontane, d. h. n ic h t durch G renzflächen oder F re m d k ö rp e r verursachte T rö p fc h e n b ild u n g aus einer solchen ö rtlich e n D ichte an hä u fun g sich a llm ä h lic h ent­

w ic k e ln muß. So kom m en w ir zu d er Aussage: eine spontane T rö p fc h e n b ild u n g is t bei kle in e n Ü bersättigungen, d. h. u n m itte lb a r nach Ü berschreiten der G le ich ­ g ew ichtsku rve des T -p -D ia gram m s noch n ic h t m ö g lic h ; sie setzt aber bei einem ganz bestim m ten höheren Ü be rsä ttig u n g sg ra d ein. Dies is t e x p e rim e n te ll w ohl- b e k a n n t1, z. B. b ild e t die Tatsache, daß m an bei k le in e re r Ü b e rsä ttig u n g m it W asser­

d am pf keine spontane T rö p fc h e n b ild u n g bekom m t, sondern dazu Ionen einführen muß, die G rundlage der W iLsoN -Kam m er. D er scharfe Ü be rsä ttig un gsp u nkt, bei dem die spontane T rö p fc h e n b ild u n g einsetzt, w ird N ebelgrenze genannt.

1 Siehe K . Pr z ib r a m: Handbuch der Physik von Ge ig e r-Sc h e e l, Bd. 22, S. 383. 1926.

(11)

und chemischen U nterricht.

1937. H e it 4. Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. 139

V e rm u tlic h lassen sich auch fü r den Ü bergang flüssig-fest ähnliche F o rm e ln a u f­

stellen. E x p e rim e n te ll fin d e t m an auch h ie r, daß die B ild u n g von K e im e n des festen Zustands in der u n te rkü h lte n Schmelze n ic h t schon am S chm elzpunkt selbst, sondern erst bei einer bestim m ten tie fe re n T e m p e ra tu r einsetzt. Besonders a u ffa lle n d is t diese Erscheinung an den G läsern, die ja nach Ta m m a n n u n te rkü h lte Schmelzen s in d 1.

W ie m an aus den E ntglasungsvorgängen weiß, w ürde ih re E rsta rru ng stem p eratur im G leichgew icht bei ung efä h r 700° C lie g e n ; sie lassen sich aber ohne m e rkb a re V e r­

änderung ih re r E igenschaften über diesen P u n kt h in w eg u nte rkü h le n. Dagegen t r it t nun bei einer bestim m ten (m it d er Zusammensetzung sich ändernden) T em p eratu r von ung efä h r 500° C eine scharf ausgeprägte V e rän de ru ng v ie le r E igenschaften e in ; von h ie r ab w erden die G läser spröde und h a rt. Es is t anzunehmen, daß diese V e r­

änderungen auf die B ild u n g von subm ikroskopischen K ris ta llk e im e n zu rü ckzufü h re n sind, deren B ild u n g also auch h ie r erst bei einer bestim m ten U n te rk ü h lu n g beginnen ka nn . Es is t zu beachten, daß nach einer Reihe vo n e xpe rim en telle n E rfa h ru n g e n beim Aufschm elzen eines K ris ta lls Keim e sehr lange Z eit in d er Schmelze erh alte n bleiben können, so daß in diesem F a ll eine E rs ta rru n g auch schon v o r der k ritis c h e n U n te rkü h lu n g ste m p e ra tu r beginnen kann.

Z u s a m m e n f a s s u n g . Z u r B eschreibung des A b la u fs von R eaktionen im festen und flüssigen Zustande ko m m t m an m it den fü r ideale Gase und verdünnte Lösungen ausgearbeiteten re in kin e tisch e n G leichungen n ic h t aus, sondern b ra u ch t eine V e r­

b in d u n g von K in e tik und T h e rm o d y n a m ik . D ie D iffu ssio nsg leich un g k a n n als eine solche aufgefaßt und daher th erm odynam isch e rw e ite rt w erden, und g ib t dann die T e m p e ra tu ra b h ä n g ig ke it der K e im b ild u n g bei der E ntm ischung (K a ltau shä rtun g) und d er spontanen T rö p fc h e n b ild u n g bei der K o n d e n sa tio n w ieder. D abei ze ig t sich, daß diese V orgänge in den sogenannten g ru n d s ä tz lic h in s ta b ile n therm odynam ischen Z u­

standsgebieten eintreten.

Kleine Mitteilungen.

Einige Vorlesungsversuche.

Von W alther (Jerlach in München.

Vorlesungsversuche sollen so einfach sein, daß der B lic k n ic h t vom E ffe k t ab­

g elen kt w ird auf eine unübersichtliche Menge von A p p a ra te n ; daher sollen auch die experim entellen H ilfs m itte l p r im it iv sein.

Vorlesungsversuche sollen Versuche sein, in denen etwas geschieht, w orüb e r sich d er A n fänger w un de rt, w e il er „d e m Gefühl n ach “ etwas anderes e rw arte te ; dann d ie n t der Versuch der A u sbild un g des p h y s i k a l i s c h e n G e f ü h l s , ohne welches physikalisches Wissen nichts nützt. Gerade der, w elcher P h y s ik n u r als H ilfsw isse n ­ schaft braucht, b ed arf dieses Gefühls. M angelnder E rfo lg im p hysikalischen U n te rric h t, den m an gern auf die Veranlagung des Schülers abw älzt, beruh t m eist darauf, daß W issen e in ge trichte rt, n ic h t aber G efühl e rw eckt und g eb ild et w ird .

Populäre Vorlesungen und Bücher machen v ie lfa ch den gleichen F e h le r: W e r in ihnen „neueste“ und „tie fs te “ E rke n n tn is b rin g t, e rre g t V e rw u nd eru ng sta tt Verständnis u nd b ra uch t n ic h t zu erstaunen, w enn ihre Folge n ic h t A u fk lä ru n g , sondern A b e r­

glaube w ird .

D ie n a c h o b e n steigende F lam m e einer Kerze is t die Folge der n a c h u n t e n w irk e n d e n S ch w erkra ft, denn sie b eruh t auf der K o n v e k tio n , also auf dem A u ftrie b , der an g gebunden ist. Die K o n v e k tio n fü h rt die heißen Flam mengase nach oben und b e w irk t so auch Z u fu h r frischen Sauerstoffs. Daß im In n e rn eines fre i fallenden Systems keine S c h w e rk ra ftw irk u n g zustande kom m en kann, zeige ich seit 15 Jahren in der V orlesung

1 Siehe E . Berger: Z. techn. Physik. 15, 443 (1934).

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durch folgenden F a llv e rs u c h 1: A u f dem Boden eines 5-1-Rundkolbens is t eine klein e S tearinkerze a ng e kle b t; sie w ird angezündet, der K o lbe n m it einem K o r k verschlossen;

m an läß t den K o lbe n dann von einer L e ite r im ve rd un kelte n Z im m er etwa 4 bis 6 m fr e i fallen. Die Fallhöhe is t durch eine Schnur am H als des Kolbens, deren anderes Ende um die H an d g e w ic k e lt w ird , begrenzt. S o b a l d die Flasche fä llt, w ird die Flam m e ganz n ie d rig : Die K o n v e k tio n h ö rt auf. Die Flam m e e rlisch t aber erst beim Ende des Falles, w enn d urch die plötzliche Abbrem sung des Falles, also eine der S ch w e rkra ft entgegenw irkende K ra ft, das kle in e noch bestehende Fläm m chen nach unten getrieben w ird (T rä g h e its w irk u n g ). Was geschieht, w enn m an sta tt der K erze eine e l e k t r i s c h e G l ü h l a m p e fa lle n läßt? Die E ndtem peratur eines e lektrisch m it gleichm äß iger L e istu n g geheizten Drahtes is t durch die je Sekunde durch L e itu ng , K o n v e k tio n und S trahlung abgeführte E nergie bedingt (Gleichgewichtszustand). Bei A tm osphärendruck ü b e rw ie g t die K o n v e k tio n . D a beim freie n F a ll im geschlossenen System keine S ch w erkra ft w irk t, also auch keine K o n v e k tio n besteht, so muß e i n e f r e i f a l l e n d e e l e k t r i s c h e L a m p e h e l l e r b r e n n e n . D urch den Abschlußstopfen eines 3-1-Kolbens sind die Z uleitungen fü r einen gewundenen G lü hd ra ht (5 cm P la tin ­ draht, Durchm esser 0,05 mm) gefü hrt. Man heizt auf ganz schwache R o tg lu t (Zim m er ve rdunkeln, Auge zuerst ausruhen lassen), so daß man gerade noch einen schwachen L ichtschein sieht. Dann lä ß t man den K olben fre i fa lle n : M an beobachtet in der T a t

— im großen H örsaal sichtbar — ein deutliches A ufleuchten. W ährend der kurzen F a llz e it von etwa 1 sek h eizt sich der D ra h t n u r w en ig a u f; durch V erw endung der schwachen R o tg lu t als Ausgangszustand benutzt m an zu r physiologischen subjektiven V e rstä rku n g des Effektes das Strahlungsgesetz und die E m p fin d lic h k e its k u rv e des Auges.

I I .

Die G runderscheinung des Para- und Diam agnetism us zeigt man gew öhnlich m it der klassischen FARADAYschen A n o rd n u n g : Eine Spule (33 W indungen, 20 cm lang, 2 mm Drahtdurchm esser, 10 V o lt, 10 Am p, ohne V orschaltw iderstand) is t um einen einseitig spitz gedrehten E isenkern (5 cm Durchmesser) g e w ickelt. In klein em Abstand von der Spitze des Eisenkernes h än gt an einem etw a 20 cm langen Seidenfaden ein K ügelchen (8 m m Durchmesser) aus A lu m in iu m (param agnetisch) bzw. W ism u t (dia- magnetisch). Beim Einschalten des Feldstrom es t r i t t im inhomogenen F eld v o r der Spitze eine K r a ft auf: Das W ism utkügelchen w ird abgestoßen, das A lu m inium kügelchen angezogen. Betrachtet m an aber die Bewegung des param agnetischen Kügelchens genauer, so erkennt m an folgendes: zuerst w ird es m it groß er Beschleunigung a b ge­

stoßen; erst dann k e h rt es seine Bewegung um und k e h rt l a n g s a m in die angezogene Lage über. D er G rund h ie rfü r lie g t in dem In du ktion sstrom , w elcher beim schnellen E rregen des m agnetischen Feldes in dem A lu m in iu m e rre g t w ird . Das magnetische F eld dieses Induktionsstrom es lie fe rt ein induziertes diamagnetisches M om ent (LENZsche Regel), dessen Abstoßung beobachtet w ird , und das auch das langsame K riech en in die E ndlage e rk lä rt. Bei W ism u t is t bei einer n u r q u a lita tiv e n Beobachtung dieser anfängliche zusätzliche D iam agnetism us n ich t zu beobachten, w oh l aber bei K u p fe r.

G lüht man ein K u pferkügelchen g u t aus und schreckt es ab, so is t das im K u p fe r fast stets vorhandene Eisen gelöst und som it m agnetisch u n w irk s a m ; das K u p fe r hat einen so klein en Diam agnetism us, daß seine Abstoßung m it der beschriebenen A n o rd ­ nung fast n ic h t beobachtet w erden k a n n ; aber der starke „in d u z ie rte D iam agnetism us“

lie fe rt bei E rre g u n g des Feldes eine deutliche ballistische Abstoßung. Beim p lö tz ­ lichen U nterbrechen des Feldstrom es w ird das K ügelchen zunächst an den Pol ange­

zogen: n äm lich durch die W irk u n g des rem anenten Feldes des Eisenkernes auf den je tz t in entgegengesetzter R ichtung ind u zie rte n Strom im K u p fe r. E in Kügelchen aus Glas, g e fü llt m it der param agnetischen E isenchloridlösung, ze ig t wegen der geringen L e itfä h ig k e it n u r die param agnetische Anziehung.

1 H. L o r e n z hat diesen Versuch näher untersucht: Physik. Z. 35, 529 (1934).

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Kl e i n e Mi t t e i l u n g e n. 141

und chemischen U nterricht 1937. H e ft 4.

Dieser lehrreiche Versuch g e lin g t übrigens n u r m it einfachen M itte ln ! Sobald m an n äm lich einen großen Elektrom agneten nim m t, wächst wegen seiner Selbstinduktion das F eld so langsam an, daß der ind uzie rte Strom zu k le in w ird , um ein durch A b ­ stoßung noch beobachtbares diamagnetisches M om ent zu liefern.

D er U nterschied zwischen diesem „in d u z ie rte n “ und dem n a tü rlic h e n Diam agne- tism us ka nn bei diesem Versuch sehr k la r aufgezeigt w erde n : E rste re r b eruh t auf der Beschleunigung der L eitungselektronen, is t also wegen deren R eibung g edäm pft;

le tzte re r aber auf den Atom elektronen, welche keine D äm pfung zeigen. D aher b le ib t der auf dem natürlichen Diam agnetism us beruhende Ausschlag so lange bestehen, bis durch Aufheben des Feldes im A tom ein gleich groß er Gegenstrom in d u z ie rt w ird .

violett I I I .

Eine sonderbare optische Täuschung e rh ält m an bei folgendem Versuch (siehe die F ig u r). Man p ro jiz ie rt ein m öglichst langes und helles ko ntin u ie rlich e s S pektrum (breite r Spalt, Linse, P rism a aus Schw efelkohlenstoff) auf den W andschirm . V o r den v e rtik a le n Spalt b rin g t m an h oriz o n ta l z. B. eine S tric k n a d e l: Im

S pektrum erscheint dann ein scharfer, h orizo n ta le r schw arzer Strich. Bew egt m an je tz t die N adel auf und a ab, so scheint sich der S trich umzubiegen, und zw ar lä u ft er im grünen T eile des Spektrum s schneller nach oben bzw. nach unten als im roten und im blauen.

Diese Erscheinung b eruh t zum m indesten zum über- [, w iegenden T e il darauf, daß das Auge die Verschiebung einer M arke in einem hellen Gesichtsfeld um so schneller w ah rn im m t, je größer die H e llig k e it ist. Im sichtbaren T e il des k o n tin u ie rlic h e n Spektrums k ü n s tlic h e r L ic h t­

quellen is t zw ar die E n e r g i e am größten im Rot ; m u lti­

p liz ie rt m an aber m it der A uge n em pfin dlichke it, so rü c k t das M axim um der H e l l i g k e i t nach ku rze n W e llen und lie g t fü r das prism atische S pektrum der Bogenlampe im H e llg rü n .

Z u r B egrü nd un g dieser E rk lä ru n g ka nn m an 2 Versuche m achen: a) m an schwächt d urch ein m äßig helles violettes G e la tin e filte r das G elbgrün sta rk a b ; je tz t scheint die w andernde M arke im G elbrot vo rzu la u fen . Es ka nn sein (bei geeigneter Dichte des F ilte rs), daß sie a u c h im B lau v o rlä u ft, also die G estalt einer S inuslinie annim m t, b) Man p ro jiz ie rt einen G ra u k e il und bewegt auf diesem die S trickn a d e l auf und ab;

sie lä u ft am schnellsten im hellen T e il. Es han de lt sich also h ie r um die optischen Täuschungen, welche d urch die physiologischen Eigenschaften des Auges b e d in g t sind.

O ffensichtlich ko m m t der E ffe k t genau so zustande, w ie der stereoskopische P u l f r l c h - E ffe k t W enn das scheinbare V o re ile n n u r durch die su b je ktive H e llig k e it der F a rb e n o-ecreben ist (wenn n ic h t noch auch ein spezifischer F arb einflu ß vorhanden ist), so bielet dieser E ffe k t ein H ilfs m itte l zur heterochrom en P h otom etrie 1.

München, Physikalisches Institut der Universität.

Optische Täuschung bei Verschie­

bung einer M arke a) im kontinuier­

lichen Spektrum , b) in der P rojektion eines Graukeils.

Kreisbewegung und Impulssatz.

Von H . Grcinachcr in Bern.

U m die Beziehung zwischen Z e n tra lk ra ft und ze ntrifug a le m T rä g h e its w id e r stand bei g le ic h fö rm ig e r K reisbew egung zu finden, ka nn m an verschieden ve rfa hre n. Im elem entaren U n te rric h t is t es w ohl ü blich, die K reisbew egung w ährend eines kle in e n Z e itin te rv a lls als eine ta ng en tie lle W u rfbe w eg un g zu behandeln, d. h. eine g e ra d lin ig

1 Ich werde an anderer Stelle über solche Versuche berichten. Selbstverständlich kann man die Erscheinung auch su bjektiv an jedem Spektroskop beobachten, z. B. beim Verschieben einer iSahnadel über den Spalt eines Taschenspektroskops.

(14)

m»2

g le ichfö rm ige T an gentialbew egung m it einer g le ic h fö rm ig beschleunigten R a d ia l­

bew egung zu kom binieren. Die gesuchte Beziehung e rh ä lt m an dann, indem m an das Z e itin te rv a ll unendlich k le in werden läßt. Man ka nn aber auch das 2. G ru n d p rin z ip der M echanik heranziehen: K = m und dv u nte r B e rücksichtig un g des Umstandes, daß der A b so lu tw e rt von » k o nsta nt ble ibt, v e k to rie ll ausrechnen. Man zeigt, daß

die Beschleunigung ~ J_ t> g erich te t ist, und daß ü den W e rt vdrp besitzt. H ieraus fo lg t u n m itte lb a r K = m v ^ , oder, da ® = r d tp

i s t : Iv = Bei beiden Ableitungen

Fig. 1.

Bestimmung des zentrifugalen Trägheitswiderstandes bei gleichförmiger Kreisbewegung

m it H ilfe des Impulssatzes.

dt r

han de lt es sich um die B e trachtung einer Bewegung in n e r­

halb eines klein en Z e itin te rv a lls .

Die gesuchte Beziehung ka n n aber, w ie h ie r gezeigt sei, auch u nte r Z ugrundelegung eines b e lie b ig langen W e g ­ stückes gefunden w erden. Zu diesem Zwecke verw enden w il­

den Im pu lssatz: Im p u ls = Zunahme der Bewegungsgröße.

L etztere läß t sich z. B. fü r die Bewegung auf einem H a lb ­ k re is u n m itte lb a r angeben. Denn es is t (Fig. 1) m ü2 gleich und entgegengesetzt m ült so daß die D iffe re nz 2 m v be­

trä g t. D er auf der H albkreisbew egung ü b e rm itte lte Im puls läß t sich auch unschwer berechnen. Es is t der auf dem W in kelstü ckche n dtp aus­

geübte K ra fta n trie b K d t = K d cp ■ , w enn die W in k e lg e s c h w in d ig k e it ~ j - m it tu bezeichnet w ird . K d t ist nun v e k to rie ll vom P u n kt 1 bis P u n k t 2 zu summieren.

D er resultierende V e k to r hat aus S ym m etriegründen die R ichtu ng von * . Also fin d e t man diesen, indem m an die d iffe re n tie lle n Im pulskom ponenten von K d t in R ichtung der V e rtik a le n b ild e t und sie algebraisch zueinander a dd ie rt.

W ir haben daher 71

J K sin ipdip

oder woraus

- = 2 m v a>

K cos 93]^ = 2 m vw , K = mvco, d. h . K

Fig. 2.

Im pu lsvekto r und Im pulskurve fü r gleichförmige Kreisbewegung.

G ew öhnlich beschränkt m an sich im U n te rric h t auf die A n w en du ng des Im pulssatzes auf die g e ra d lin ig e Be­

w egung und le ite t beispielsweise m it seiner H ilfe die Stoßgesetze ab. Die g le ichfö rm ige K reisbew egung g ib t nun ein dankbares Beispiel ab fü r die Anw endung des Im p u ls ­ satzes in seiner allgem einen, d. h. ve k to rie lle n , Bedeutung. Man erkennt, daß auch fü r den F a ll, wo die G e schw ind igke it sich ih re m W e rte nach g a r n ic h t ändert, ein Im puls, d. h. K ra fta n trie b , vorhanden ist.

Es is t sogar in s tru k tiv , den an den K ö rp e r übertragenen Im pu ls als F u n k tio n des durchlaufenen Kreisbogens auszurechnen. Dies könnte in ä hn lich er Weise ge­

schehen, w ie es oben fü r den H a lb k re is ausgeführt w urde. Da d er Im p u ls aber gleich der Ä n d e ru n g d er Bewegungsgröße ist, so ka nn er auch d ire k t angegeben werden. M an hat n u r die D iffe re nz mb 2— m v 1 zu bilden. Zu diesem Zwecke trä g t m an am S c h n ittp u n kt der V e kto re n rich tu n g e n von b2 und bj (F ig . 2) die V e ktoren m b2 und — m v 1 auf und e rh ä lt so durch A d d itio n den Im p u ls v e k to r I , w elcher (schon aus S ym m etriegründen) auf der R ichtu ng a/2 lieg en muß. Es ist, w ie u n m itte lb a r

ersichtlich, r ,,

1 = 2 m v sin a/2.

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