Schlesische Wallfahrtsorte
älterer und neuerer Zeit
im Erzbistum Breslau
von
Prof. Dr. Alfons Nowack.
. ■ ■
Zur schlesischen Kirchengeschichte
H erausgegeben
von
Hermann Hoffmann
Nr. 25
Breslau 1937
Frankes Verlag und Druckerei, O tto Borgmeyer
C iiu d c n h ü d von D eutsch P ie k a r in d e r P fa rrk irc h e zum Id. K reuz in O p p e ln .
Schlesische Wallfahrtsorte älterer und neuerer Zeit
im Erzbistum Breslau.
von
Prol. Dr. Alfons Nowack
Direktor des Erzbischöflichen Diözesanarchivs und -Museums
Breslau 1937
Frankes Verlag und Druckerei, O tto Borgmeyer
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S L ü
im p rim atur
B re sla u , d e n 28. S e p te m b e r 1936.
E rz b isc h ö flich es G e n e ra lv ik a ria t.
I. V.: P io n te k . No. 23 060
U-Jilnsi
S'i.L.
In h a ltsv erzeich n is.
Zur Einführung ... ' • 7
Ablaßbrunn, Kreis S a g a u ... IS Der St. Annaberg in O berschlesien... 14
Dalkau. St. A n n a k ir c h le in ... 21,
Deutsch-Rasselwitz, M a r ie n w a ll f a h r t... 23
Unsere liebe Frau von Kleinitz in D eutsch-W artenberg... Eckwertsheide, Maria T r e u ... 24 30' Der Gotteshausberg bei Friedeberg (C. S. R . ) ... 33
Friedek C. S. R., Marien W allfah rtsk irch e... Groß Neundorf bei Neisse, M a r ia h ilf ... 36 . 4 12jo-rQ-y / Groß Stein, Geburtsort des hl. H y a z in th ... 47
St. Markus bei Groß W a rte n b e rg ... 52
Grüssau, Stiftskirche Gnadenhaus M a r i ä ... 57
Hochkirch, M a r ie n w a ll f a h r t... 61
Jakobskirch bei Glogau, Wallfahrtskirche St. J a k o b u s ... 63
Kaubitz, Zur schmerzhaften Mutter G o t t e s ... 65
Klein Schnellendorf, Marienwallfahrt nach dem Schwedenberg 70 Kostenthal O/S., St. B r i c c i u s ... 74
Krautenwalde, C. S. R., Wallfahrtskapelle U. L. f r . „Maria La 'Salette 7K Langewiese, Die Wallfahrtskirche St. Corporis C h r i s t i ... 81
Neustadt O/S.. Mater dolorosa auf dem K a p e lle n b e rg e ... 86
Olbersdorf C. S. R., Marienwallfahrt auf den R ie m e rb e rg ... 89
Oppeln, Mater admirabilis in der Pfarrkirche zum hl. Kreuz . . . . 92
Oswitz. Marienkapelle auf dem hl. B e r g e ... 97
Profen, Zur Schmerzhaften M u tte rg o tte s ... 100
Pürschen, M a rie n w a llfa h rt... . . . ■ 101
Ratibor-Altendorf, „Maria Boza“ ... 106
Rosenberg O/S., St. A n n a ... 111
Schmiedeberg. St. A n n a ... 113
Seidorf, St. A n n a k a p e lle ... 114
Steinau O/S.. M a rie n w a llfa h rt... I 16 Stoschendorf. Maria T r o s t ... 118
Striegau, Marienwallfahrt zu Unserer Lieben F r a u ... 120
Trebnitz, St. Hedwigswallfahrt ... 123
Ujest, Die Brünneikirche U. L. F r a u ... 127
Ullersdorf bei Liebau (Schlesien) Die hl. 14 N o th e lfe r... 132
Waldenburg, Zur Schmerzhaften M u tte r g o tte s ... 134
Wartha, M a rie n w a llfa h rt... 136
Weißwasser C. S. R., Mariä H eim suchung ... 140
Wicse-Pauliner. Das Gnadenbild von C zenstochau... 143
Zuckmantel, M a r i a h i l f ... 144 -9 ö (y
Zur Einführung.
Di© Schlesier w aren von je h e r w a n d erfro h und, sow eit k a th o lisch, auch w allfah rtsfreu d ig . Schon 1139 w ird von einem P rie ste r O tto, dem angeblich ersten G eistlichen an d e r Michaelislcirche a u f dem E lbing in B reslau, ein© zw eim alige P ilg e rfa h rt nach Jeru salem b eric h tet. Zahlreiche W a llfah rten w u rd en nach Rom, Santiago d i C om postella, Aachen, W ilsnack, B raunau, Gnesen, K rakau, Czenstochau und P rag e r-N e u sta d t u n tern o m m en . N eben Rom, wo d ie hl. A postelfürsten P etru s u n d P aulus v e re h rt w urden, w ar Jeru sa lem ein fü r B ürger, R itte r u n d F ü rste n besonders e r sehntes W allfahrtsziel. K onrad W u tk e b e m e rk t in seiner V erö f
fentlichung „Schlesische W allfah rten nach dem heiligen L an d e“ , d a ß w ohl kein F ü rsten h au s soviel M itglieder, die die F a h rt zum hl. G ra b e an g e treten haben, aufweisen kan n , wie das G eschlecht der schlesischen P iasten. F ü r die W a llfa h rtsfre u d ig k e it d e r Schle
sier, sow eit Rom in B etracht kom m t, ist bezeichnend, d a ß in d er röm ischen C o n fra te rn itas de Sancto S p iritu de Sassia, in die sich n u r die w ohlhabenderen P ilg er aufnehm en lassen k o n n ten , die Diözese Breslau fü r die J a h re 1478— 1520 m it 39 N am en v e r
tre te n ist und so die Diözesen Mainz, P assau, W ü rz b u rg und P re ß b u rg ü b e rtrifft. Auch w ird die Zahl d e r in d a s B ru d e rsc h a fts- buch von St. M aria delP A nim a eingetragenen M itglieder au s d e r Diözese B reslau (30) n u r von den B istüm ern K onstanz, T rie r, A ugsburg u n d H a lb e rsta d t ü b ertro ffe n .
Doch w arum in d ie F ern e schw eifen? A uch d e r schlesische R aum b o t n am entlich geldlich n ich t so g u t situ ie rten S chlesiern schön im M i t t e l a l t e r v iele W a llfah rtsziele, w enn au ch ih re Z ahl n ic h t gerad e 20, w ie Laslow ski an n im m t, b e trä g t. Zw eifellos w urden bis zum E nde des 15. J a h rh u n d e rts besucht A blaßbrunn bei. S agan, H ochkirch, Jak o b sk irch , K aubitz, K leinitz b ei Dt.
W artenberg, St. M ark u s b ei G r. W a rten b erg , W ald en b u rg , Langew iese, P ürschen, S trieg au , T re b n itz , W a rth a u n d wohl auch S eid o rf u n d D alkau. I n m anchen F ällen k o m m t fü r den m itte la lte rlic h e n U rsp ru n g auch d ie S tilisierung des G nadenbildes in B etracht. W a rth a b esitzt e in e rom anische M u tterg o ttesfig u r, die im M itte la lte r sicher g ro ß e V erehrung genoß, w enn auch die M arie n w allfah rt e rs t im 15. Ja h rh u n d e rt eingesetzt haben m ag.
B eachtensw ert erscheinen die gotischen P lastik en M ater dolorosa an K aubitz, M u tterg o ttes in P ürsch en , M aria im Ä hrenkleide in H ochkirch, die au ß e ro rd e n tlic h schöne M u tterg o ttesfig u r in d e r S trie g a u e r P fa rrk irc h e u n d St. A nna S e lb d ritt in St. A nnaberg OS.
Um 1500, iii d e r Z eit d e r H o ch b lü te d e r St. A nnaverehi uiig in Schlesien, w ird m an nach St. A nnaberg g ep ilg ert sein, sowie nach S chm iedeberg. 1594 ta u c h t auch die V erehrung des hl
Oriccius in K osten th al auf.
Im 17. J a h rh u n d e rt sind d ie G n a d en stätten in P rofen, F riedeck, A lten d o rf-R atib o r, U llersdorf, W eißw asser — und fü r k u rz e Z eit W iese P a u lin e r — nachw eisbar. Das 18. Ja h rh u n d e rt k en n t als W a llfah rtsziele in Schlesien D t. Rasselw itz, G ro ß N eun- d o rl, Oswitz, Stoschendorf, U jest (Beim B rünne!) u n d Zuck- m an tel. D em E nde des 18. J a h r h u n d e rt g e h ö rt E ckw ertsheide u n d d e r n e u e ste n Z eit (um 1851) K rau ten w ald e an.
In T re b n itz v e re h rte m an die R eliquien d e r 1267 heilig- gesprochenen L an d e sfü rstin H edw ig, in G roß S tein d en einzigen in Schlesien g eb o ren en H eiligen, St. H yacinth, in G ro ß W a rte n berg den h l. M arkus, in Jakobskirch d en hl. Jak o b u s d en Ä lteren , in K o sten th al den hl. Briccius, in U llersdorf die 14 hl. N o th elfer, 'in L angew iese das heilig ste A ltarssak ram en t, an d en übrigen G n a d e n stä tte n die M u tterg o ttes u n te r den T ite ln „H eim suchung M ariä“ , M aria T ro st, M aria H ilf, M aria T re u u n d vor allem
„ z u r Schm eirzhaften M u tte rg o tte s“ , u n d die hl. A h n frau Jesu St.
Anna, d eren K u lt u m 1500 die Losung des T ages w a r u n d von d e r B reslaus B ischof Jo h a n n T urzo im J a h r e 1518 rü h m te : S t.
A nna h a t sich du rch ih re W u n d e rta te n im ganzen E rd k reis so.
v erehrungsw ürdig gem acht, d aß in d e r ganzen C h risten h eit kein:
O rt ist, dem diese hl. M atrone n ich t irg en d eine höchste W ohltat e rw irk t h a tte .
A uffallend ersch ein t das V orhandensein von Q u e l l e n b ei zwölf W a llfah rtso rten , angefangen vom hl. B orn b ei S eid o rf (1366) bis a u f M aria S alette bei K rau ten w ald e (1851). In d e r N ähe des hl. Bornes sind p rä h isto risch e F unde g em ach t w orden. V ielleicht haben d ie B ew ohner daselb st n ach ih re r B ekehrung zum C h riste n tu m den von ih re n heidnischen A hnen g eü b ten K u lt a u f einen H eiligen ü b e rtra g e n . Dies sch ein t a u ß e r bei S eid o rf auch bei Jak o b sk irch d er F a ll gew esen zu sein.
W ie in a n d e re n G egenden, hab en au ch in Schlesien die W a ll
fah rtsk irch en o ft die N eigung gezeigt, die B e r g e u n d H ö h e n zu besetzen. W en n sich an G ro ß a rtig k e it d e r Lage auch keine G n a d en stätte bei uns mit d e r „w ie eine K önigin im M ittelm eer au frag e n d en N o tre D am e de la G arde in M arseille“ o d e r g a r m it dem St. M ichaelsberg in d e r N orm andie vergleichen, lä ß t, so können w ir doch sagen, d aß auch in S chlesien die W a llfa h rt das L andschaftsgefühl m itg e fo rm t h a t. Das K lo ster St. A nnaberg in O berschlesien sch a u t d o m in ieren d von seinem 400 m hohen B asaltkegel w eit in die E bene hinaus. G eradezu rom antisch w irkt d a s St. A nnakirchlein a u f dem B erge bei S eidorf, das aus d e r grünen E insam keit des B ergw aldes hinau sb lick t. M aria H ilf b ei 8
Z uckm antel g rü ß t ü b er einer schaurigen Schlucht gelegen den Pilger, d er durch die bischöflichen W ä ld e r d er G n a d en stätte zustrebt. W ie S e id o rf einst d en liebensw ürdigen Ludw ig R ichter zu einem schönen Eilde an g e reg t hat, so e rfre u te d e r E lick vom G ottesberge bei F ried eb e rg in eine m ärc h en h afte schöne G ebirgs-r See- u n d B urgenlandschaft unseren Jo sef von E ichendorff. Auch die a u f k lein eren H öhen liegenden W a llfa h rtsstä tte n D alkau, Oswitz, K lein S chnellendorf, K apellenberg bei N eustadt, K ra u te n - w alde, St. M arkus b e i G r. W arten b erg , v o r allem ab er Hochkiirch können in dieser L inie genannt w erden.
E indrucksvoll w u rd e d a s T a l du rch G n a d e n stä tte n b e h errsch t, so das T al d e r Z ieder du rch G rüssau, das d e r G la tz e r N eiße durch W a rth a u n d das liebliche T al in m itte n des K a tz e n - gebirges du rch T rebnitz.
G ro ß e B auherrn schufen präch tig e s a k r a l e . B a u t e n . . N am entlich k o m m t h ie r der Z isterzien sero rd en in B etrac h t- A ugustin N eudeck von K am enz e rb a u te in den Ja h re n 1686—
1702 d ie am E ingänge des W arthapasses gelegene W a llfa h rts
kirche in W a rth a . U n ter A bt Innozenz F ritsc h , einem ju g en d - frischen G reise, w urde von 1728— 1734 d u rc h den A rch itek ten A nton Jen.tsch im schönsten Rokokostil die p rä ch tig e K lo ste r
kirche m G rüssau e rric h te t. Die K irche U llersd o rf bei L ieb au b a u te d e r gew altige A bt B ern h ard Rosa in G rüssau. Im 18. Ja h rh . en tsta n d e n die zw eitürm igen K irchen von M atk a Boza bei A lte n - dor f (R atibor), F rie d e c k und das S chiff d e r zw eitürm igen K irc h e in K aubitz. S tim m ungsvolle schlesische H e im atk u n st zeigen die S chrotholzkirchen von St. B riccius bei K o sten th al, von St. A nna bei R osenberg u n d d ie schm ucke St. M arkuskirche bei G roß W arten b erg . M erkw ürdig ist d ie T atsache, d a ß sich an d e r W e s t
gren ze des E rzbistum s von N o rdw esten nach Südosten eine Reihe- von g ro ß a rtig e n zw eitürm igen m arianischen G n a d en stätten hi n- zieht, G rüssau, W a rth a , K aubitz, W eißw asser, M atka Boza bei R atib o r u n d F ried eck , wie sechs vorgeschobene F estu n g en des- E rzbistum s zur W a ch t gegen H ussitism us u n d Bolschewismus.
ü b e r die A ngem essenheit d e r W a llfa h rte n ist viel g e sc h rie b e n w orden. Eine trefflich e Ä u ß e ru n g d es F ürstbischofs M elchior von D iepenbrock d a rü b e r ist im F olgenden u n te r „ F ried e ck M arien w a llfa h rt“ nachzulesen. N a tü rlic h kann nach katholischer L e h re von einer A nbetung d e r G n a d en b ild er n ic h t die R ede sein, so n d ern n u r von ein er V e reh ru n g u m d e r heiligen P erson willen.
S innig d rü c k te dies die zu beid en Seiten eines eh ernen K ruzi- fixus b efin d lich e In sc h rift ein er eisernen G ra b tafe l an d er a b gebrochenen P fa rrk irc h e in G ro ß S tre h litz aus: N on istu m sed p e r istum a d o ra C hristu m (N icht diesen C hristus aus E rz, sondern d urch diesen bete; den w äh ren C hristus an). Auch g ib t es keine w un d ertätig en G n a d en b ild er im w örtlichen Sinne, wohl a b e r
k ann G o tt d as V e rtrau e n und den G lauben d er vor einem G n ad en b ild e B etenden belohnen durch G nadenerw eise o d er auch durch W u n d er, w o rüber d e r K irche das U rteil zusteht.
D aß bei den W a llfah rten M ißbrauche vorkam en, w ird nich t geleugnet. U n te r dem Einflüsse d e r A ufklärung w ar die S tim m ung d er G eistlich k eit u m 1810 den W a llfah rten zum T eil nicht hold. D er B reslauer R egierung an tw o rte te am 6. F eb r. 1812 das iG eneralvikariat a u f das Schreiben vom 23. 10. 1811 ü b e r die b elieb testen W a llfa h rtso rte u n d die dabei vorfallen d en M iß bräuche : D as K lagegeschrei d e r G ru n d h e rrsc h aften u n d d e r Bew ohner d e r W allfah rtso rte, die infolge des B ier- u n d B ran t- w ein v erk au fes S chaden litten , h ab e es abgehalten, M aßnahm en in Bezug a u f W a llfah rten in en tfe rn te O rte zu tre ffe n . Es em p fie h lt, wie dies in an d eren L än d e rn geschehen ist, solche P r o zessionen, b esonders diejenigen, w elche in fre m d e n O rte n ü b e r
nach ten , d u rc h eine landesherrliche V erordnung gänzlich zu u n tersa g en . S ollten B edenken v orhanden sein, ein V erbot dieser A rt ergehen zu lassen, so könnte die R egierung eine V ero rd n u n g e rla sse n , d a ß je d e r P ilg er, d e r an einer solchen Prozession te il- nim m t, einen a u f S te m p elp ap ier geschriebenen P a ß vorw eisen m üsse, w idrigenfalls e r 'zurückgew iesen w ird. Dies h ab e im M onat S eptem ber 1811 so sehr a u f die G em einden, die von S t. M auritius, nach W a rth a w allfahren w ollten, g ew irkt, d a ß sie ih ren E n tsch lu ß zu r W a llfa h rt aufgaben. F e rn e r sollen die. L an d - r ä te u n d die O rtspolizei keinesfalls g e sta tte n , d a ß w ä h ren d d es G o ttesdienstes b ü rg e rlic h e r V erk eh r u n d H andel getrieb en w ürde. N ach E rla ß d e r n ötigen lan d esh errlich en V erordnung w ürde das. G e n e ra lv ik a ria t die G eistlichkeit anw eisen, ihreln G em einden die rich tig en B egriffe von d en W a llfa h rte n u n d den G n a d en o rten beizu b rin g en , an k ein em S onn- u n d F esttag e den p fa rrlich en G o ttesd ien st auszulassen oder zu v erk ü rze n , viel w eniger d ergleichen P rozessionen in e n tfe rn te O rte zu begleiten u n d den G em einden die g ro ß e P flic h t einzuschärfen, dem p f a r r lichen G ottesd ien st beizuw ohnen und keine W a llfa h re r an W e rk tag en ohne sch riftlich e E rlau b n is ih re r S eelsorger zur B eichte anzunehm en. D a ra u f erschien am 30. Mai 1816 ein vom M ini
ste riu m des In n e rn ausgegangenes „P u b lican d u m “ b e tr. d ie W a ll
iah rtszü g e: 1. d a ß je d e r, d e r ein em solchen Zuge sich anschlie- ß en w ill, einen R eisepaß von d e r Polizei lösen m u ß u n d 2. d a ß o h n e B egleitung eines in d e r Seelsorge an gestellten, von d em H e rrn F ü rstb isc h o f o d er d em b e tr. D e k an at m i t b e s o n d e r e m A u f t r ä g e v ersehenen G eistlichen keine W allfahrtsprozessionen g e fü h rt w erd en d ü rfen .
In folge dieser V e ro rd n u n g setzte n die G esuche d e r G e ist
lichen beim G enenalvikariat u m den „b e so n d eren A u ftra g “ ein.
D ie R egierung kam in einem S chreiben an das G e n eralv ik aria t 10
vom 10. J u li 1822 nochm als a u f die B eschränkung d e r W a llfah rten zurück. D ie bischöfliche B ehörde gab d a ra u f folgenden B escheid:
Die W a llfah rten unb ed in g t zu untersag en , fin d en w ir n ic h t fü r g e ra te n , weil sich, w enn m an unbefangen d a rü b e r u rte ilt, dagegen an u n d f ü r sich ebenso wenig einw enden lä ß t als gegen diejenige P r i v atan d ach t, d ie je m a n d an einem zum G ottesdienste b estim m ten O rte m eh r als an einem an d e ren fin d et. Zw eckm äßige B eleh ru n gen von S eiten d er G eistlichkeit und beschränkende A nordnungen b e tr. d e r öffentlichen Prozessionen, besonders derjen ig en , bei denen die W a llfa h re r in frem d en O rtsc h aften ü b e rn ach ten m ü s
sen, w erden auch h ierin das beste bew irken. S ta tt e in e r W a llfa h rt in die F ern e , einen feierlichen B ittgang nach ein er angesehenen b en a ch b arten K irche o der doch ü b e r F eld anzuordnen fin d en w ir n ich t geeignet, dadu rch den b eabsichtigten Zweck zu erreichen, w eil die m eisten d er bestehenden Prozessionen eines G elübdes wegen zu bestim m ten K irchen g e fü h rt w erden, auch w ürden sich hierzu, w enn sonst kein an d e rer B ew eggrund vorhanden ist, d ie G em einden schw erlich verstehen d ü rfe n . W ir sind daher d e r unvorgreiflichen M einung, d aß es am zw eckm äßigsten sein d ü rfte , w enn: 1. solche Prozessionen, bei denen ü b e rn a c h te t w ird n u r jäh rlic h einm al g e fü h rt; 2. hierzu sowie zu allen ü b rig e n die Erlaubnis, sowohl von d e r Landespolizei als auch von uns e in g eh o lt u n d 3. a lle von d em O rtsgeistlichen b e g le ite t Averden, d er v e rp flic h te t ist d ab ei au f O rdnung und sittliches B etragen zu w achen, ü b rig e n s m u ß es einem jed en freiste'hen, p riv a tim die W a llfa h rtso rte zu besuchen u n d daselbst seine A ndacht zu v e r richten»
N ach dem V ereinsgesetz vom 11. M ärz 1850 b ed ü rfe n k irc h liche P rozessionen, w enn sie in d er h e rg eb ra ch ten A rt sta ttfin d e n . nich t d er polizeilichen G enehm igung.
Z um K a p itel „ W a l l f a h r t u n d B r a u c h t u m “ in S chle
sien w ä re m anches zu sagen. D ie W a llfa h rt w urde u. a. zu r B uße un tern o m m en . So erk lo m m ein M ann a u f d en K nieen den K a p ellen b e rg b ei N e u sta d t O/S. N och u m 1840 sah m an in Z u ck m an tel, w ie ein nach M aria h ilf P ilg e rn d e r sich a u f d em W ege g eiß elte. In A nnaberg tru g e n die W a llfa h re r zum Bau d e r K apelle am 3. F a lle (auch G eistliche) m ühselig a b e r freu d ig die Steine h erau f. D enselben B ußübungen un terzo g en sich auch d ie W a llfa h re r in W a rth a beim K apellenbau a u f dem R osenkranzberge. Eine A rt Aszese bilden, auch die F ußprozessionen, die freilich in neuester Z eit in A bnahm e kom m en. E s sei e rin n e rt an die Prozessionen d er P o len a u s R u ß lan d in frü h e re n Ja h re n nach St. A nnaberg.
Von B reslau St. M ichael g e h t h eu te noch eine F ußprozession nach LangcAviese und eine N achtprozession Aon S t. Bonifatius nach T re b n itz . Bei d er R ü ck k eh r vom W a llfa h rtso rte Avurden d ie P ilg er von AnverAvandten m it B lum en sträu ß en in d er H and
em pfangen. F eierlich g estaltete sich d e r A bschluß d e r W allfah rts prozession z. B. in G ro ß S trehlitz. Die W allfahrtsprozession, die nach dem F este d e r K reuzerhöhung b ei A nbruch d e r D u n k e l
h eit vom St. A nnaberge u n te r F ackelbeleuchtung zu rü ck k eh rte w u rd e von d e r halben S ta d t em p fan g en u n d in die P fa rrk irc h e zur S egensandacht g eleitet, wobei d er erg reife n d e G esang des p o l
nischen L iedes m it d em R efrain : „D o b ra noc“ („G ute N acht“ ) in die N ach t h in au stö n te. Vielf ach b ra ch ten die P ilg e r auch ih re r P fa rrk irc h e ein G eschenk vom W a llfa h rtso rte m it. Im J a h re 1704 sch en k te F ra u Sabina F ried rich von N e u stad t O/S. bei V errichtung ih re r g elo b ten W a llfa h rt zu W a rth a „schöne u n d ra re Spitzen um b eine A lta rm a p p e “ . G nadenbilder d e r hl. G o tte sm u tte r w u r d en m it k o stb are n Stoffen g eziert. Noch in n eu e ste r Z eit sch m ü ck te G rä fin von O ppersdorf, Prinzessin R adziw iłł m it ih rem H ochzeitskleide die F ig u r d e r M utteirgotte» m it d em Jesu sk in d e in d e r L o re tto k a p e 11 e zu O berglogau. D ie k u ltu rg esch ich tlich in teressm ite M arie n fig u r in W a rth a aus dem 13. J a h rh u n d e rt w u rd e e r s t neuerdings' an läß lich d e r R estau rieru n g d e r P la stik ih re s S toffgew andes e n tä u ß e rt.
D ie vorliegende V eröffen tlich u n g stellt n u r die Schicksale d e r W a llfa h rts o rte im jetzig en E rzb istu m d a r. P ie k a r u n d Pschow einerseits, G latz, A lb en d o rf u n d M aria Schnee b ei W ölfeisgrund, P e te rw itz andererseits' sind n ich t b eh a n d elt, weil e rste re n ich t m e h r u n d le tz te re noch n ic h t zu r E rzdiözese B reslau g e h ö re n .
F ü r d ie L esung d e r K o rre k tu r danke ich H. A rchivassistent Ew ald W alter.
B r e s l a u , im S ep tem b er 1936.
Nowacsh.
12
Sdilesisdie Wallfahrtsorte
älterer und neuerer Zeit im Erzbistum Breslau,
Ablassbrann, Kreis Sagan.
Im M itte la lte r b estan d in A blassbrunn, u rsp rü n g lich A ppel- born (Kr. Sagan), wo nach dem R ealhandbuch d es E rzbistum s B reslau vom J a h r e 1929 kein K ath o lik m eh r ansässig w ar, ein K irchlein. Es w ar ein m assiver Bau m it S chindeldach u n d e n th ie lt einen T au fste in sowie alte S chnitzfiguren. D er V isitator vom J a h re 1679 b e m e rk t: „V or dem P o rta l d e s K irchleins b e findet sich ein b e rü h m te s B rünnlein (insignis fonticulus) w oher d e r N am e A blassbrunn stam m t. Die P ro te s ta n te n sagten dam als, d a ß bey ih rem ged en k en die K rü ck en fu d e rw e iß w eggeführt w u rd e n “ ; ein Z eugnis fü r das a u ß e ro rd e n tlic h e V e rtrau e n , das die vielen 'w underbar G eheilten dem G eber alles G u ten an diesem W a llfa h rtso rte en tg eg en b rach ten . Dieses B rünnlein w a r von einem S chindeldache ü b e rd e c k t u n d tru g die von d en P ro te sta n te n h in zugefügte In s c h rift: „H eilb ru n n en “ . D er V isitato r b e ric h te t, d a ß dieser O rt d a m a ls n ic h t m e h r A b laß b ru n n , so n d ern von den A kath o lik en spö ttisch „A ffen b o rn “ g en a n n t w u rd e. I n den V isi
ta tio n sa k te n vom Ja h re 1688 ist b e m e rk t, d a ß vor d e r R e fo r
m atio n ein g ro ß e r Z u lau f h ie rh e r s ta ttfa n d u n d d a ß die Kranken,, w elche voll des G laubens das W asser g e tru n k e n haben, gesund gew orden sind. Das, K irch lein ging dem V e rfall en tgegen, so lange die R efo rm atio n im F ü rste n tu m h e rrsc h te . K atholiken aus F re y sta d t stellten, das K irchlein (sacellum ) w ied er her. Es w urde hier n iem als z e le b rie rt u n d nach B elieben d re im a l g ep red ig t, da im D o rfe n u r zw ei K a th o lik en w ohnten. A uf dem A ltäre, den m an sich als F lü g e la lta r zu d en k en h a t, w aren Szenen aus dem L eben d e r seligsten J u n g fra u d a rg e ste llt, daneben F ig u re n d er im M ittel a lte r sehr v e re h rte n hl. B arb ara u n d hl. K a th a rin a. Vor dem A ltar stan d in d e r M itte d e r T au fb ru n n en aus Holz. D e r einzige G ottesd ien st b estan d 1714 in e in e r P re d ig t w ä h ren d des Ja h re s. Im J a h re 1709 b ra n n te das K irchlein gänzlich aus. D a
b ei ging die ganze In n e n ein rich tu n g v erloren, m it ih r auch d e r a lte K lap p a lta r. Im Ja h re 1711 ließ d e r Dom m iallherr1 G ra f Proskow sky das D ach wied e rb e rst eilen. L eid e r ko n n te aus M angel an M itteln die In n e n ein rich tu n g n ich t b esch afft w erden. Im V isi
tatio n sb erich t von 1722 h e iß t es: „D as W asser, welches in dem B rünnlein k rista llh e ll h e rv o rsp ru d e lt, h a t d u rc h G ottes G üte U n zähligen, die von w e ith er d ahin p ilg e rte n G nade d e r G esundheit
g eb rach t und w ar vor d er E in fü h ru n g des L u th ertu m s hoch- b e rü h m t“ . In seinem W e rk e : Ü bersicht d e r D ö rfer vom Ja h re 1845 m ach t K nie d ie B em erkung: „D ie R uine d er frü h e re n g ro ß en K irche ist eingerissen u n d d er P la tz d e r d o rtig en Scholtisei ü b e r
lass em w o rd en “ .
D ie K apelle sta n d au f dem G ru n d e d er E rbscholtisei, die je tz t G asth au s des n u r fünfzig S eelen zählenden Dorfes- ist. E n t
lang d er D o rfstra ß e zieh t sich eine aus den F eld stein en d er alten K apelle e rric h te te M auer und h in te r derselben b e fin d e t sich d e r a lte K irch p latz, d e r je tz t als G ärtchen, dient. A uf dem selben b e fin d e t sich d e r B runnen, dem d e r O rt den N am en v e rd a n k t.
D er jetzig e B esitzer erzäh lü d aß m an zu r Z eit seiner M u tte r a u f S tu fen zur Q uelle hinabstieg, u m das W asser zu schöpfen. J e tz t ist d e r B ru n n en ru n d g efaß t und zugedeckt. E in e L eitu n g fü h rt a b e r in das G asthaus. D ort k a n n m an am W asserhahn das v o r
tre fflic h e W asser trin k e n .
N u n h a t seit langer Zeit, seit J a h rh u n d e rte n d e r zahlreiche W a llfah rtsb esu ch au fg eh ö rt. Es g ilt auch h ie r das W o rt von U h lan d :
„ E in st w ar d e r W eg von W allern voll, J e tz t w eiß ihn k ein er m eh r zu fin d e n !“
Der St. Annaberg in Oberschlesien.
F ast in d er M itte des frü h e re n R egierungsbezirkes Oppeln, ra g t au s fru c h tb a re r E bene d e r 400 m hohe B asaltkegel des A nnaberges (Chelm ) h e rv o r. V ielleicht lo d erte n a u f dem e in sam en B ergkegel wie a u f dem Z obten in vorgeschichtlicher Zeit d ie O p fe rfe u er d e r H eiden. Seit d re ih u n d e rt Ja h re n ist e r durch das. d e r hl. A nna gew eihte G otteshaus u n d das K lo ster (der F ran zisk an er eine religiöse Z en tra le O berschlesiens u n d seit 1921 zugleich eine b ed e u tsa m e v aterlän d isch e G ed en k stätte. E ine vom B reslauer B ischof Jo h an n es T urzo am 25. Ju n i 1516 a u sg e fertig te U rk u n d e bezeugt, d a ß d am als ein K irchlein a u f dem B erge b e sta n d und an die L esch n itzer P fa rrk irc h e kam . Als E rb a u e r d er K irch e k om m t w ohl n u r C hristoph S trz e la o d e r sein Sohn C hristek (gest. 1515) als B esitzer des G utes P o rem b a, a u f dessen G ru n d u n d Boden die K irche stan d , in B etracht. V ielleicht ru h e n -die ird isch en Ü b e rreste des G rü n d e rs in d e r K ry p ta u n te r dem h e u tig e n H o ch altar des K losters. S p äter k am das G otteshaus v o r
ü b erg eh en d in die H ände d e r P ro te sta n te n , u n d es k o stete n ic h t geringe M ühe, es w ied er zu gew innen. D er B ericht, dem diese N ach rich t entnom m en ist, stam m t aus dem Ja h re 1599 u n d b e m e rk t: „A u f diese K irche m u ß so rg fältig g ea ch tet w erden, w egen d er zu ih r (Leschnitz) gehörigen F iliale a u f dem S t. A n n a - 14
berge, zu d er alljäh rlich eure zahlreiche W a llfah rt s ta ttfin d e t.'' Da die K irche d er hl. A nna gew eiht w ar, w erden die W a llfah rten zu E h re n d e r hl. A h n m u tter Jesu u n tern o m m en w orden sein, zum al da au s diesem J a h rh u n d e rt das G nadenbild d e r hl. Anna stam m t. Es ist m it W ahrscheinlichkeit anzunehm en, d a ß d e r oder d ie E rb a u e r d e r K irche dasselbe f ü r das B ergkirchlein an - fertigen ließen. Die Z e it u m da© J a h r 1500 ist ja die Z eit d e r au fb lü h e n d en St. A n n a-V ereh ru n g ; und aus. dieser Z eit stam m en zahlreiche D arstellungen der A nna S elb d ritt, ähnlich wie a u f dem St. A nnaberge. U nsere A nnafigur, die ü b er dem H o ch altäre d e r G nadenkirche th ro n t, ist aus Buchenholz geschnitzt, 54 cm hoch, unci stellt die — in d e r hl. S ch rift allerdings n ic h t genan n te
— hl. A nna dar, die in ihren A rm en zwei liebliche K in d e r- g estalten , in d er re c h te n den H eiland, in d e r linken M aria h ä lt zum Z eichen der innigen F am iliengem einschaft von M u tter, Kind u n d E n k elk in d . Z ah lre ich e silberne W eihegeschenke zu Ehren, d er h l. A nna w erden 1711 erw ähnt. Im H a u p t d e r S tatu e b e fin d e t sich eine R eliquie d e r hl. A h n frau C hristi. E in T eilchen derselb en ist vor 1800 h e r ausgenom m en u n d in ein O stensorium g e fa ß t w orden, d a s leid er im J a h re des K u ltu rk a m p fe s v e r
schw unden ist. D ie R eliquie stam m t nach e in e r In sc h rift a u f d er R ückseite des G n ad en b ild es aus dem Besitz des H erzogs G eorg von Sachsen, k am 1504 an H e rrn S igism und von M altitz und schließlich an N ikolaus K ochtitzki, kaiserlichen K a m m e rra t u n d L an d esh au p tm an n von Neisse, dessen G em ahlin M arianna zwischen
1611 u n d 1620 dieselbe dem K loster A nnaherg schenkte.
U nvergänglich ist m it d e r G eschichte des A nnaherges v e r
bunden d er N am e G aschin. G ra f M elchior F e rd in a n d von G aschin, d er seit 1631 das G u t Zyrow a besaß und 1634 auch P o rem b a e rk a u fte , gab sich M ühe, fü r d as einsam gelegene K irchlein die F ran zisk an er zu gew innen. Im J a h r e 1655, am 19. O ktober, b e schloß d e r P rovinzial P . C h ristian C hojecki m it seinem R at im G leiw itzer F ra n z isk a n erk lo ster d em W unsch des G rafen nach zu kom m en. D er 1. N ovem ber desselben J a h re s w ar d e r d e n k w ürdige Tag, an w elchem 22 F ra n z isk a n e r a u f dem A nnaberge erschienen, um von d e r G n a d e n stä tte Besitz zu nehm en. F reilich w ohnten sie nich t neben dem K irchlein, sondern am F u ß e des Berges an d e r K irche M atk a Boza b e i L eschnitz. D er P fa r re r von Leschnitz tru g näm lich B edenken, seine F ilialkirche d em O rden zu überlassen u n d erst, nachdem d e r G eneralvikar des Bischofs Leopold W ilhelm , S ebastian R osiok die finanziellen A ngelegen
h eiten g eo rd n et h a tte , konnte sie d u rc h denselben dem O bern P.
F ranziskus R ychlow sld ü b ergeben w erden. Es fand ein feierliches H ocham t, v erb u n d en m it einer lateinischen A nsprache an die P a tre s und ein er polnischen an d as versam m elte V olk s ta tt. Die F ran zisk an er erb a u te n n eben d er K irche ein hölzernes K loster,
rund ini J a h re 1659, nach V ollendung des Baues, w urde d ie R e
sidenz zum K onvent erhoben. 1733 w urde d u rc h Jo sef G ra f G aschin d e r Bau eines stein ern en G ebäudes begonnen und 1749 zu E nde g e fü h rt. D ieser Bau s te h t h e u te noch. Die g e g e n w ä r t i g e K i r c h e ist die S tiftu n g eines B esitzvorgängers des G ra fen M elchior von Gaschin. D ieser sag t in d e r S tiftu n g su r
k u n d e des K losters, die am 16. J u n i 1657 d u rc h König K asim ir von P olen b e stä tig t w u rd e: „ Ic h h ab e a u f m einem E rb g u te P o- re m b a , a u f dem G eorgiberge g e n a n n t Chelm , eine von m einen V org än g ern e rb a u te K irche”. Da n u n M elchior von Gaschin als e r s te r dieses G eschlechtes die H e rrsch a ft Zyrow a besaß, k an n ein G aschin die K irch e n ic h t gebaut haben. Im 17. J a h rh u n d e rt m u ß — aus stilistisch en G ründen — d ie K irche bauliche V erän d eru n g en e rfa h re n hab en . Die K irche b esteh t aus einem kleinen C hor m it K ry p ta u n d d em großen C hor o d er d e r eig en tlich en K irche.
G e n a n n te r M elchior fügte auch zu 3 b estehenden A ltäre n noch 4 hinzu, d ie A ltäre zu E h re n d e s hl. F ranziskus, des hl. A ntonius, des hl. P e tru s von A lk an tara u n d d e r hl. H edw ig. Bald nach 'dem E in zu g e d e r F ran z isk a n er fa n d die W eihe d e r K irche du rch W eihbischof N ean d er von Petersheide! statt. Im J a h r e 1884 m alte K rachw itz (F ran k en stein ) a u f K osten des' Bischofs R o b ert fü r 4000 M. die K irche aus u n d im Ja h re 1900 k o n se k rie rte P. B ern h a rd D öbbing, F ranzisk an erb isch o f, den zwei J a h re v o rh e r g e schaffenen n eu e n H och altar.
E in g ro ß e s V erdienst d e r F am ilie Gasohin w ar auch die G rü n d u n g d e r K alvarie o d e r d es neuen Jeru sa lem , wie sie vom V olke tre ffe n d g en a n n t w ird. P . L adislaus Schneider, d e r lange Z eit in Je ru sa le m zu g eb rach t h a t, sagt, e s b estehe in vielen E in zel
h e ite n eine ü b e rra sc h e n d e Ä hnlichkeit d e r U m gebung vom St.
A nnaberg m it d e r L age u n d F o rm atio n des T e rra in s b e i J e r u salem . E r w eiß sich k ein er K alvarie zu en tsin n en , wo die N a tu r selb st eine so vielfache Ä hnlichkeit geboten, u n d wo fro m m er N achbildungseifer d as v o rh an d en e so geschickt u n d gew issenhaft b e n u tz t h ä tte . M an denke n u r an den ö lb e rg b ei P o rem b a, d a s T a l Jo sap h a t, die an die F elsenquelle Silo e rin n e rn d e Q uelle am südlichen T alen d e m it ih re m k rista llk la re n W asser, das reichlich a u s dem schro ffen F elsen sp rin g t, an B ram a (O sttor) u n d d en d ie H öhe erk lim m en d en K reuzw eg des H eilandes m it dem 3. F all u n d d e r K reuzkirche. D er edle G ra f A dam von G aschin begann d en Bau u n te r L eitu n g des Ita lie n e rs Signo aus O ppeln u n d fü h rte d ie K apelle 1709 zu E nde. Die A bsicht des G rafen w ar, den G läubigen das L eiden des H e rrn deutlich v o r A ugen zu stellen.
L eid er m u ß te e r ste rb e n , ohne: seine fro m m en P lä n e d u rc h g e fü h r t zu sehen, denn sowohl d e r P fa r re r von L esch n itz als auch d ie O beren d e r F ran z isk a n er s trä u b te n sich — letztere w ohl wegen des M angels au sreich en d e r K rä fte — gegen d ie Ü bern ah m e 16
«ier K alvarie. So g e rie t d as heilige W e rk allm ählich in Verfall!, T üren und F en ster zerfielen, F igureji verschw anden, die D ächer stü rzten ein, B äum e u n d G estrü p p w e h rten d en Zugang zu den K apellen u n d allerh an d U nfug w u rd e an den heiligen S tä tte n v e r
übt. E ndlich im J a h re 1756 e rk lä rte sich das K apitel d e r p o l
nischen F ranziskanerprovinz in K rak au b ereit, die K alvarie zu übernehm en. G ra f A nton von G aschin setzte die K apelle instand, e rw irk te fü r d ie F ran z isk a n er die V ollm acht z u r L eitu n g d e r K alvarie u n d h a tte d ie F reu d e, am 14. S eptem ber 1764 dieser E in w eihung d e r K alvarie beizuw ohnen. F ürstb isch o f S chaffgotseh erschien zu dem F este, doch w ar es' ihm , da e r sich die U ngnade des Königs F ried rich I I . zugezogen h a tte , n u r v ergönnt, das W asser zu w eihen u n d den G uardian des K losters m it d e r W eihe d e r K apellen zu b ea u ftra g e n . G ra f G aschin, viele E d elleu te und G eistliche, sowie eine u nabsehbare V olksm enge w aren Zeugen d e r F eier. „Als b e i d e r K reuzkirche das e rste G lockenzeichen e rtö n te , bem äch tig te sich d e r W a llfa h re r ein e unbeschreibliche R ührung, so d a ß ih r lau tes W einen die m äch tig en K länge d er M usik u n d das G e lä u t d e r Glocken ü b e rtö n te .“ Im folgenden J a h r e erschienen P rozessionen aus M ähren, Przow , Cosel, H im m el
witz, K ieferstättel, d e re n T eiln eh m er — viele T au sen d e an d e r Zahl — d ie hl. S ak ra m e n te em pfingen. 1811 erschienen von M ärz b is N ovem ber 75 700 In lä n d e r u n d 38 000 A usländer aus M ähren, Böhm en u n d d em H erzogtum W arschau.
D ie S äkularisation 1810 v e rtrie b die M önche aus d em K loster.
Die R egierung, die d as W a llfa h re n am liebsten u n te rsa g t h ä tte , kam in K o n flik t m it dem G rafen G aschin, d e r sich als E ig en tü m er des K losters b e tra c h te te , und dem katholischen Volke Oberschlesiens', dem d u rc h das V erb o t d er W a llfa h rte n eine tie fe W unde geschlagen w o rd e n w äre. Auch w ären, w enn die W a ll
fa h rten au fh ö rten , 100 F am ilien in A nnaberg zu B ettlern ge-<
w orden. D as K lostergebäude stan d zunächst einsam und verlassen da. D er R egierung m ach te die b auliche E rh a ltu n g des K losters K opfschm erzen u n d w a r fro h , als am 31. M ärz 1832 das ganze K loster dem F ü rstb isch o f ohne V orb eh alt überlassen w urde. Die Seelsorge w urde nun d u rc h ein en W e ltp rie ste r, einem vom Bischof ern an n ten K alv a rien p re d ig e r, au sg eü b t. D e r letzte derselben w ar Jakob N itzko (1847— 1860). 1844 w irk te d e r F ran z isk a n erp a te r S tefan Brzozowski a u f dem A nnaberge, d em O berschlesien durch seinen erfolgreichem K am pf gegen den A lkoholism us zum D anke v erp flich tet bleib t. S eit 1843 h ielten a u f d em heiligen B erge g o tt- b eg eisterte P rie s te r E xerzitien fü r P rie ste r und L eh rer. P fa rre r T h alh e rr von G leiw itz spen d ete 1811 d em W a llfa h rtso rte A nna- b erg das Lob, es verd ien e vor allen G n ad en o rten d en Vorzug. E r h a b e sich ü b erzeu g t, d a ß d o rt die V orstellungen des L eidens Jes-u a u f die H erzen d e r M enschen m eh r w irken als andersw o, wo-
durch d er C hrist zu from m en Em pfindunigen und guten E n t
schließungen gestim m t w erde.
D er im m e r w ieder ausgesprochene W unsch d er Bevölkerung, w ieder O rd en sleu te a u f dem hl. B erge zu sehen, schien sich 1852 zu erfüllen. K a rd in al D iepenbrock, fa s t schw ärm erisch beg eistert fü r den stren g e n O rden des h l. P e tru s von A lk an tara, w eist n ä m lich den A lkantarim ern als A u fe n th altso rt d en A nnaherg an. Am 7. F e b ru a r 1852 tra fe n 12 A lkantarinier a u f dem A nnaberge ein.
D iepenbrock schrieb an F ried rich W ilhelm IV. ü b e r diese O rdens- leute: „Sie beobachten die allerstren g ste A rm ut, nehm en w eder fü r sich noch fü r ih r K loster irgendw elches G eld an, selbst keine M eßstipendien, gehen b a rfu ß und unbeschuht, fü h re n ein b e schauliches L eben, helfen ab er auch in der Seelsorge d u rc h B eicht
hören und P re d ig e n aus. Ih re ganze E rscheinung ab e r, dies rü h re n d e Bild d e r höchsten freiw illigen A rm u t bei d e r Z u frie d e n h eit und H e iterk eit de» G eistes, ist eine sehr b ered te, heilsam e P re d ig t in dieser m ateriellein Zeit. E s sind in d e r T a t, wie ich sie hier durch längeren V erkehr kennen g elernt, echte u rsp rü n g liche Jü n g e r des hl. F ran z .“ Ih re s W eilens am St. A nnaberge war nicht lange. E s d rü c k te sie d e r G edanke, m it d e r vorw iegend polnischen B evölkerung n ich t in der M u ttersp rach e red en zu können, und d a ß sie ih re r Regel zuw ider in einem so g ro ß e n G ebäude w ohnen m u ß ten . Deshalb zogen sie schon E nde M ärz vom A nnaberge ab, um in N eu stad t ein e N iederlassung zu gründen.
D em N achfolger D iepenbrocks, F ürstb isch o f F ö rste r, gelang es endlich, nach V erhandlungen m it d e r w estfälischen O rdens- provinz, im J a h re 1859 M itglieder d e s F ran zisk an ero rd eiis für A nnaherg zu erhalten. Im Ja h re 1860 tra te n die PP. A thanasius K leinw ächter und L adislaus Schneider, die das polnische Idiom b eh errsch ten , in den O rd en ein. Das K loster w u rd e zu einem K onvent erhoben. D urch d en R ezeß vom J u n i 1861 e rh ie lt die D iözesankirche des Bistum s Breslau, v e rtre te n d u rc h den F ü rs t
bischof, das E igentum a lle r Prozessionswege, P lätze u n d Zugänge zu den K apellen und b ei denselben, den B audenplatz u n d d ie L e id e n s- Je su -C h risti- und M arienkapellen. Diei R echtslage ist gegenw ärtig so, d aß K irche, K lo ster u n d K alvarie g ru n d b u c h am tlich E igentum d er D iözesankirche des Bistum s B reslau sind, d a ß jedoch d er Be
sitz, die V erw altung u n d N utznießung d em O rden d er F ran z isk a n er (Schlesische P rovinz von der hl. Hedwig) überlassen ist. Im Ja h re 1864 w urde das 100 jä h rig e Ju b ilä u m d e r K a lv a rien an d a eh t unter*
T eiln ah m e des F ürstbischofs H ein rich F ö rste r feierlich begangen.
Die Zahl d er W a llfa h re r in d er Z eit vom 13. A ugust bis 8. S ep tem ber w ird a u f 400 000 geschätzt. D am als w urde auch der G rundstein der K ap elle des 3. F alles gelegt.
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D er K u ltu rk am p f h in terließ auch a u f dem St. A nnaherg seine venhängnisvolIten Spuren. Am 7. S eptem ber 1874 e rk lä rte d er L andratsam tsverw eser Z achariä aus G ro ß -S treh litz, angesichts d e r Ta usende \ on P ilgern, die nach dem H ocham t die Prozession antreten w ollten, dem zusam m engerufenen F ran z isk a n er-K o n vent, die Prozession d ü rfe n ich t sta ttfin d e n : das Volk m üsse bis. 12 U hr m ittags auseinandergehen. W ährenddessen standen 16 G endarm en m it W affen a u f der T rep p e zur K irche. A uf G rund des Staatsgesetoes vom 3. M ai 1875, wonach die O rden und or dens ähnliche K ongregationen m it A usnahm e d e r k ra n k e n - pflegenden O rden vom G ebiete d er preußischen M onarchie a u s
geschlossen w urden, m u ß te n die F ranziskaner den hl. O rt v e r
lassen. Bei d er Abreise d e r P atres gab die zum Abschied v ersam m elte V olksm enge Zedchetn einer herzzerreissenden T ra u er. Als das K lo sterto r sich ö ffn ete und die W agen, die einen Teil d er P atres wegführten,, sich in Bewegung setzten, ertö n te lautes W ehklagen und ü b er das Angesicht d er h ä rte ste n M änner ström ten T ränen. E s war e in e Szene, d’ie sich n u r fühlen lä ß t, ab er jed er B eschreibung spottet. W ie eine lebendige M auer d rä n g te die zahl
reich am H o fto r h a rre n d e Menge die W agen, u n d dem D rucke des Volkes nachgebend, m u ß te das, H oftor geschlossen w erden. Die P atres suchten die Schluchzenden zu b eruhigen, was, ihn en erst einigerm aßen glückte, als P a te r G uardian erschien u n d dringend h at, den P a tre s den W eg nich t zu v ersp erren , da ih re A breise unverm eidlich sei. Bald n ach h er m u ß ten auch die letzten g e
treuen W äch ter des St. A nnaberges d a s K loster verlassen. D er seelische N otstand d e r katholischen B evölkerung n am entlich in d er Nähe des St. A nnaberges w ar ein u n g eh eu rer, zum al in den von S ta atsp farrern b esetzten P farreien . U nvergessen bleiben die Namen des P fa rre rs O lbrich (Jeschona), K aplans Schlensag (Je - schona), Joh an n M atischok (R okitsch), die nach K räften A ushilfe leisteten, aber unm öglich alle W ünsche erfü llen konnten. „H och
w ürden, erbarm en Sie sich doch“ sprachen W a llfah rer zu dem P riester, der abends lOVs U h r den B eichtstuhl verließ, denn w ir haben b ereits seit vier Ja h re n keinen P riester und ü b er d re i Meilen haben w ir in die nächste P fa rrk irc h e “ . A ndere: „ W ir sind aus Cosel, Leschnitz, Boronow, G ro ß -S tre h litz . W ir hab en zw ar einen S ta a tsp fa rre r, a b e r d er kann uns doch nichts nützen-, e r b a r
men Sie sich doch, wir w arten b ereits den 3. Tag d a ra u f!“ Und w ieder an d e re b a te n : „H ö ren Sie doch uns noch Beichte.
W ir 250 aus w eiter F erne 5 M eilen w eit sind h ie rh e r g ee ilt“".
Als die stren g en M aigesetze gelin d er ausgelegt w urden, kam en PP. A thanasius und O sm undus h ie rh e r und spendeteai in m öglichster V erb o rg en h eit d em V olke1, die hl. S akram ente. 1887 w urde endgültig die N iederlassung d e r F ranziskaner am A nna- b erge genehm igt. Seit dieser Zeit h a t die W a llfa h rt einen a u ß e r
ordentlichen Aufschw ung genom m en. K irche, K loster und K a p el
len w urden w ieder in g uten S tand gesetzt, u n d die K apellen m it D arstellungen aus d em Leben d es H eilandes u n d d e r H eiligen au sg e sta tte t. Ein H aup tv erd ien st in dieser R ichtung kom m t dem un v erg eß lich en G u ard ian P. K leinw äehter (-{- am 3. 4. 1892) und P. A lfons Rogosch zu. Die B ildhauer Jo sef K opp in M ünchen, K u tze r aus O b e rg ru n d , diei M aler H einisch, W aldowski u n d T em p ler w urden zu obigen: A rbeiten he,rangezogen. Die E rb a u u n g d e r prä ch tig en L ourdesgrottei nach d em M odell des G ro tten b au ers W ilhelm B aum lie ß G uardian P . Sim on m it U n terstü tzu n g des P a te r R aphael M üller ausführen.
Im J a h r e 1910 w u rd e das 200 jäh rig e Ju b iläu m d e r G rü n d u n g d e r K alvarie g efeiert. K ardinal K opp erschien hierzu a u f dem S t. A nnaberg u n d h ie lt ein feierlich es P o n tifik alam t. 10 J a h re sp ä te r b esu c h te P a p st Pius X I., dam als noch p äp stlich er L egat, den S t. A nnaberg. Das neue P ilgerheim in St. A nnaberg zur A ufnahm e d e r G läubigen, die zu den vom O rden v eran stalteten E x erzitien h ierh erk o m m en , ist eine G ründung des gegenw ärtigen G u a rd ia n s P . F elix K oß. W ä h ren d des polnischen A ufstandes w ar d e r S t. A nnaberg h a r t u m k äm p ft. Am 17. M ai 1921 e rstü rm te d e r deutsche S elbstschutz (F ü h re r M ajor N oradam ) u n te r M it
w irkung des F reik o rp s M arienburg (H ptm . von Schweinichen) u n d d er schw arzen S char (O blt. B ergerhoff) den A nnaberg und n ahm ih n d au e rn d fü r D eutschland in Besitz.
E in beso n d erer F re u n d des St. A nnaberges ist d e r O b e rh irt d e r E rzdiözese Breslau, K ard in al B ertram , d e r fa st alljährlich an dieser geistig -relig iö sen Z en tra le O berschlesiens erscheint, um bei feierlichem G ottesd ien st in schw erer Z eit an die G läubigen tiefschürfende, e c h t katholische W o rte an die zahllose Menge zu richten.
Jäh rlich finden 7 k l e i n e polnische Ablässe u n d ein d e u t
scher, von g r o ß e n Ablässen 3 polnische u n d 2 deutsche statt.
Besonders feierlich w ird das: K reuzerhöhungsfest, das f ü r die P olnisch- u n d D eutschsprechenden besonders g efeiert w ird, b e gangen.
D er K onvent b e ste h t gegenw ärtig aus 10 P atres, von d e n e n 7 an d e r K lo ste rk irc h e w irken u n d ebensoviel B rüdern, G u a rd ia n ist P. F elix K oß. D er ju ristischen A kribie des P. C a- m illu s Bolczyk ist vor allem d ie glückliche B eendigung des R ech tsstreites zwischen d e r G em einde St. A nnaberg u n d d e r D iözesankirchc w egen des B audenplatzes zu d anken. P . C am illus ist auch d er V erfasser d e r n ich t um fan g reich en , a b e r tüchtigen
„G eschichte des b e rü h m te n W a llfah rtso rtes im H erzen O ber- schlesiens St. A nnaberg“ . Die nach u n g ed ru ck ten Q uellen b e a r
b eitete „G eschichte des St. A nnaberges“ h a tte bereits 1910 d e r 20
frü h v ersto rb en e P. Chrysogonus Reisch O. F. M. in ausführlicher, ansprechender W eise b earb eitet.
S an k t A nna-B erg a u f hohem T hrone, I n blauen D uft das H a u p t gehüllt — B leibt V olkes F re u d ’ — des G aues K rone Ein G nadenort — ein Friedensbild.
Dalkau. St. Annakirdilein.
Wie O bersehlesien seinen A nnaberg h at, so g ib t es auch einen A nnaberg in N iederschlesien, d e r allerd in g s sein er Bedeutung;
nach sich m it jenem n ich t messen kann. A uf ein er w aldum gebenen Anhöhe d er D alkau er Berge bei G logau w urde u m d as J a h r 1500, also in d er Zeit, d a die V erehrung d e r hl. A nna in Schlesien, zu blü h en begann, ein K irchlein zu E h re n d e r hl. A nna erb au t.
Im J a h re 1514 m ach te d er B euthener B ürger M elchior S erner eine S tiftu n g von 2 M ark dam aliger M ünze fü r die K irche St. Anna a u f d e m Berge. E s m u ß ein kleiner, re p a ra tu rb e d ü rftig e r Bau g e
wesen sein, d en n am 7. J u n i 1521 v e rk a u fte Siegm und Z edlitz zu.
Tschöplau im K reise F re y sta d t einen jährlichem Zins von 5 M. fü r 75 M. K a p ital „ d e r K irchen d er hl. A nna, u ffen B erge bei Schönaw gelegen z u B a u u n d N u t z e d e r s e l b e n K i r c h e " . Die K irche w ar, sagt M atuszkiew icz in sein er S ch rift „Di© A nna- kapelle zu D alk au “ , dam als bereits W a llfah rtsk irch e u n d von P il
gern v iel besucht. Das m a c h te n sich die Sprottaueir P fe ffe rk ü c h le r zu n utze, in d em sie — augenscheinlich an W allfahrtstagem — ih re W aren d o rt feilh ielten . D a rü b e r ä rg erten sich ih re Standesgenossen in G logau u n d v erk la g ten sie beim kgl. A m te in Glogau. Von d o rt kam n u n an den S p ro tta u e r R at am 22. M ai 1522 d e r am tlic h e Befehl, die K üchler vorzuladen u n d ihnen kund zu tu n , daß^ sie fe rn erh in m it ih re n K uchen d a s G logauer W eichbild m eid en sollten. „Das haben w ir euch n ich t wissen zu v erhalten, sondern d am it w arn et h a n .“ 1704 w ar noch ein „ T a u fste in " [v ielleich t W eihw asserbecken?] als R est d e r alte n K irche vorhanden.
In d e r R eform ationszeit v erfiel das K irchlein u n d ersta n d erst am A nfang des 18. J a h rh u n d e rts zu neuem L eben. Die Fam ilie Z edlitz, die von 1518 b is 1683 Schönau besaß , m achte aus dem Annaberg© einen W ein b erg , d en „S chönauer W e in b e rg “ , in dem d ie R uine des K irchleins stand. D er gräflichen F am ilie von C hursehw andt ist d er N euaufbau zu danken. In dem V isitations
protokoll von 1716 w ird näm lich gesagt, „ d e r hochgeborene G ra t Johann H einrich Sebastian von C hursehw andt, ehem als L an d e s
h auptm ann von B reslau und G u tsh errsch aft des O rtes (Schönau), h alte den Bau ein er K irche zu E hren d er hl. Anna a u f dem Berge, d er schon ehem als eine K irche besessen haben soll, a n geordnet. E r b a u te b is heute n u r einen Teil, gew isserm aßen das
P resb y teriu m einer K irche, das etw a 200 P ersonen faßt. F ü r das St. Anna fest in diesem G otteshause sind von neuem Ablässe besch afft w orden, die auch alljäh rlich u n te r T eilnahm e von etw a 500 K om m unikanten gefeiert w erden. Die G utsherrschaft zahlte alle Kosten und bew irtete die erscheinenden G eistlichen und sonistigen G äste. Es geht an diesem Tage von d er K irche im Dorfe eine Prozession dahin, die m it P auken u n d T ro m p e te n schall em pfangen w ird. D ort ist P re d ig t und H ocham t, nachdem inzw ischen vom M orgen an hl. M essen gelesen w orden sind. Im neuen H och altar ist ein großes schönes Bild, das St. Anna m it d e r seligsten J u n g fra u d arste llt. Es w ird b e d a u e rt, d aß diese A usgaben fü r diesen unvollendeten und kau m jem als fe rtig w erdenden Bau n ich t auf die baufällige P fa rrk irc h e des O rtes selbst au fg ew an d t w erden. D enn der O rt liegt einsam a u f dem Berge und es fin d e t d o rt n u r einm al im J a h re G o ttesd ien st s ta tt (1716).“
D ie zwischen 1703 und 1716 errich tete stein ern e K irche ist d em nach nie v ollendet w orden. W estlich b a u te m an an das „ P re s b y te riu m “ eine ru n d tu rm a rtig e V orhalle an u n d fü g te in d er V erlängerung d er A ußenm auern des „ P re sb y te riu m s“ einen n iedrigen geschlossenen V orhof von 15 m L änge, das sog.
P aradies, m it schattigen H allen an den beid en L ängsseiten und d er kleinen Q uerseite. Die K apelle an sich ist 17 m lang und 7 m b re it. M atuszkiew icz h e b t die „ ü b e rra sc h en d feinen P ro p o r
tionen der A uß en m aß e u n d G liederung (ähnlich d er etw a gleich
altrig en C orpus C hristi-K irch e in S prottau) a b e r ohne besonderen S chm uck“ h ervor. Zwei K reuzgew ölbe tra g e n die Decke. D er H ochaltar, 1796 von K arl S te in h au f aus L iegnitz v e rfe rtig t, ste llt d ie G o tte sm u tte r m it dem Jesuskinde u n d daneben St. Joachim und St. A nna vor. E in k lein er M arie n altar an d er N ordw and, eine Kanzel, alles im S tile des S pätbarock, u n d schlichte H olzbänke bilden n e b st einer schönen handgeschm iedeten ew igen L am pe a u s W e iß m e ta ll d ie ganze A usstattung d e r K irche.
G ra f C hursch w an d t h a tte auch ein K a p ital von 4000 R tl.
g estiftet, von dessen Zinsen die S telle eines K aplans am A nnaberg e rh a lte n w erd en sollte. Die B enefiziaten w ohnten in d e r B erg
k ap lan e i am N ordw estabhange d e r Höhe. Die S telle bekleideten die B enefiziaten Schöls (seit 1737), Johannes M achui (gest. 1766), M artin G rü tzn er (1772— 1794) u n d P fa rre r Minges (1876— 1888).
G rü tz n e r h a t sein G rab in d er M itte des P aradieses gefunden.
Eine G rab tafel s a g t: H ier ru h t in G o tt d e r hochw ürdige und h ochgelehrte M artin G rü tzn er, gew esener beneficiatus allh ier durch 21 Ja h re , seines A lters 76 J a h r, starb den 4. Ja n u a r 1794.
Noch je tz t ziehen jäh rlich zw eim al, am A n n afeste (26. Ju li) und am S onntag d a ra u f, von Schönau in d as B ergkirchlein St.
Anna W a llfah rer. .Ihre Zahl b e trä g t d urchschnittlich 400.