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Thorner Presse 1902, Jg. XX, Nr. 168 + 1. Beilage, 2. Beilage

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Academic year: 2021

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Bezugspreis:

sür T h o r » Stadtnnd Vorstädte: frei i„S Hans viert-ljährlichSMMk.mo>iatlich75Pst.

tu der Geschäfts- nnd den AnsnabesteNe» v,-r,el,c>hrlich ^ 0 M .. monatl.ch 60 Ps, kär a u s wä r t s : bei alle» Kaiser!. Postailstalte» vierteljährlich 2,00 Mk. ohne Vefttltgeld.

Ausgabe:

täglich a b e n d s mit Ausnahme der So»», nnd F e s tta g e ._________

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Katharittenstraize 1.

Ferusprech-Auschlutz N r. 57.

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die Petitspallzelle oder deren Nanin 1b Ps., sitr lokale Geschäfts» nnd Privat-Anzeigen 10 Ps. — Anzeigen werden ange»o»»neu in der Geschäftsstelle Thor», Katharmc»- strotze 1, den BeriniltclnngssteNei« „JnvalideiidanI", Berlin, Haasenstein n. Vogler»

Berlin n»d Königsberg, sowie von allen anderen Nnzeigen»Verinitteln»gsstellen des

I n - nud Auslandes. , ...

Aniiahine der Anzeige» für die nächste Ausgabe der sseitnug bis 2 Uhr nachmittags___

168. Sonntag den 20. J u li 1902. xx. Iahrg.

Der Adel in der Armee.

A lljä h rlich im F riih ja h r, wenn die neue Rangliste erscheint» stellen gewisse Zeitungen melancholische Betrachtungen an über den Adel im Osfizierkorps. D as ist auch dies­

m al wieder geschehen. Wie falsch daher das Zahlenm aterial ist» m it dem oper.rt w ird , sei nachfolgend einmal nachgewiesen. Unter den vollen Generalen sollen sich zunächst iiber- Haupt keine biirgerlichen befinden. D as ist von vornherein eine Fälschung; denn unter den 25 Namen derselben befinden sich 3 bürgerliche: Lignitz, Langenbeck, Stünzner, alle drei kommandirende Generale nnd alle drei als Offiziere geadelt. Entstammen sie etwa nicht dem Bürgerstande? J „ der hohen Charge der Generalobersten, deren die Armee außer den Fürstlichkeiten, die natürlich nicht in Betracht kommen können, n u r drei besitzt, befindet sich ein ehemals bürgerlicher O ffizier, der General­

oberst v. Hahnke. U nter den 91 General­

leutnants sollen sich nur 11 bürgerliche be­

finden. I n W irklichkeit sind es überhaupt n u r 67 Generalleutnants, da die Prinzen nnd die Charakterisirten abzurechnen sind. Und zn den 11 Bürgerlichen unter ihnen treten noch 7 hinzu, nämlich die neu geadelten Generale; v. Deines, v. M ü lle r, v. M ahner, v. Liebert, v. Fetter, v. V illanm e und v.

Dnlitz. Aehnlich liegt es bei den General­

m ajors, bei denen übrigens an sich schon der d ritte T h e il bürgerlich ist. Noch ganz bor kurzem w a r das berühmte 3. Armeekorps in seinen höchsten Spitzen ganz m it Bürgerlichen besetzt. D e r kommandirende General w a r der General der In fa n te rie v. Lignitz — nett geadelt — , die beiden Divisionskomman­

deure die Generalleutnants Köpke nnd Jonas.

Letztere beiden sind inzwischen ansgeschieden nnd durch zwei nen geadelte Generalleut­

nants v. Dnlitz «nd v. Liebert ersetzt worden.

Und dabei ist unser Osfizierkorps, was n a tu r­

gemäß mitspricht, vor 150 Jahren durch Friedrich den Großen lediglich auf den Adel basirt worden. Letzterer ist also durch T ra d itio n und Erziehung seit Jahrhunderten in Preußen naturgemäß zu den führenden Rollen in der Armee besonders berufen, und

Ausgestotzen.

Roman von A. M a r b h.

--- (Nachdruck verboten.) 20. Fortsetzung.

«Wer vermuthete w ohl hinter dem feinen hübschen Lärvchen dieser sanfte», blutjungen Schwester M a r ia solche grnndverdorbene K re a tu r? S ie w a r eine Schande fü r's ganze M u tte rh a u s und hätte man vielleicht ihre Vergangenheit aus irgend welchen G rü n ­ den den übrige» frommen Schwestern ver­

heimlicht, so müßte man ihnen eigentlich pflichtschuldigst eine gelegentliche W arnung zukommen lassen vor der allznnahe» B erüh­

rung m it so einer P erson!"

Nach achttägiger ärztlicher Behandlung in der Anstalt wurde die Schradern als ge­

h e ilt etlaffen; w a r nun auch ih r böser Lästermnnd nicht mehr zn fürchten, der aus­

gestreute Giftsamen tückischer Verleumdung Wucherte dennoch heimlich fo rt.

B e tty M a ria athmete auf, als das ih r fürchterliche Weib, in dessen Nähe zu kommen sie in ängstlicher Schc» vermieden, nicht mehr im Hause w ar. Doch kaum begann ih r erregtes Gemüth sich S» beruhigen, als sie zn bemerken anfing, Wie gegen fl? eine anffallend veränderte Stim m ung nn Haust Platz zn greifen schien. Die i? » fl sremtdUch zuvorkommenden Schwestern zeigten sich rcm nnd ungefällig, oder nahmen einen kurzen befehlenden Ton an, selbst die gute Kleinen- tine, welche bisher in allen Dingen der jungen Probeschwester hilfreich sich ange­

nommen, verhielt sich ablehnend kühl.

Nicht n u r im Wesen nnd Benehmen der Diakonissen w a r eine W andlung vorgegangen, sogar in den Krankensälen begegnete B etty h ie r und da höhnisch feindlichen Blicken und M ienen, besonders die pflegebedürftigen Gtiibengenosfinen der entlassene» Schradern

die ersprießliche nnd schätzenSwerthe Kon­

kurrenz des Bürgerthnm s ist noch zu jung.

Wenn nnn sozialdemokratische B lä tte r ihre Glossen über den «Adel in der Armee"

machen, so wissen sie, was sie wollen. S ie wollen hetzen und die Armee thnnlichst schädigen. D ie Zeitungen aller anderen Parteien aber sollen doch endlich aufhören, alljährlich den gleichen Kohl aufzuwärmen.

Die Quintessenz ist, daß heute in Preußen jedermann zu den höchsten S tufen in der Armee aufsteigen kann — das dürfte doch

genügen. ________

PolMiche TngkSscha».

D I- Ic h r-M , sie w>1-d- d», Entschluß des Freiherr» v. W a n g e n h e i m , sich von der politischen Thätigkeit zurückzu­

ziehen, bedauern, ihn aber begre, e». Wenn man aus dem R ücktritt des Frecherm von Wangenheim einen Schluß ziehen wolle, so möchte es höchstens der sein, daß d,e «maß volle P o litik " des bisherigen Bundesvor­

sitzenden durch eine schärfere T o n a rt abgelöst werden könnte.

Die „K ö ln . Z tg ." meldet aus W i e n : I n czechischen klerikalen B lä tte rn macht sich eine auffällige Bewegung fü r die Aushebung des Ehelosigkeitszwanges katholischer Priester bemerkbar.

N ichte!» förmliches Angebot desM organ - schen SchisffahrtstrnsteS ist an den ö s t e r r e i c h i s c h e n Jndnstrierath gerichtet worden, sonder» es handelt sich, der «Neuen Freien Presse" zufolge, n u r um eine insormative Anfrage der „N ew york and Europea»

Steamship-Compagy" an den Jndnstrierath, unter welchen Voraussetzungen der Ban großer schneller Schiffe m it einer Geschwin­

digkeit von mehr als 25 Seemeilen, in Oesterreich möglich wäre nnd wie der Betrieb sich gestalten könnte.

Dem „W iener F rem dcnblatt" zufolge ist die ö s t e r r e i c h i s c h - u n g a r i s c h e Z o ll und Handelskonferenz auf den 21. J u li nach W ien einberufen. Die Konferenz soll sich, wie verlautet, diesmal m it besonders wichtigen Gegenständen befassen, unter anderem auch m it der durch die letzte Note der russischen

Regierung hinsichtlich der Brüsseler Zucker- konvention geschafften Sachlage.

D ie neue deutsche O rthographie ist nun­

mehr auch amtlich von der S c h w e i z ange- nommen worden. D er Bnndesrath in B ern be­

schloß am F re ita g den B e itr itt zn der durch die B e rlin e r Konferenz im J u n i 1901 aufge­

stellten deutschen Rechtschreibung.

Nach einem Telegramm der «Voss. Z tg ."

aus Venedig t r if f t K ö n i g V i k t o r E m a n n e l am Sonntag daselbst ein.

Die K ö n i g i n v o n H o l l a n d Wird m it ihrem Gemahl am Sonnabend früh das Schloß Schloß Schanmbnrg verlassen; ih r Befinden und Aussehen ist vorzüglich.

D ie n i e d e r l ä n d i s c h e Regierung brachte einen Gesetzentwurf ein betreffend die A n ­ nahme der Beschlüsse der Brüsseler Znkcr«

konferenz.

Am Donnerstag wnrde in B r ü s s e l der p a n a r m e n i s c h e K o n g r e ß unter dem Vorsitz des Senators Honzeau de Lehai er­

öffnet. U nter den Anwesende» befanden sich der S taatsm inister Lejenne nud mehrere belgische nnd französische D epntirte und Se»

natoreu. D er Vorsitzende hob hervor, daß hervorragende Persönlichkeiten aller Parteien nnd aus allen Ländern zn dem Kongresse gekommen seien. Derselbe habe mehr als 2000 Znstimmungserklärnngen erhalten und er, der Vorsitzende, hoffe, daß der Kongreß die Regierungen dazu veranlassen werde, sich der nnterdrttckte» A rm enier anzunehmen.

John B rice drückte in einem Schreiben die­

selbe Hoffnung anS. Z n Vizepräsidenten des Kongresses werden hierauf ernannt Madame Ennings, Holland, VaSzhlewycS, Dänemark und Pressensö, Frankreich. Sodann hielt der Redakteur der Zeitschrift „P r o A rm enia"

Q u illa rd einen V o rtra g iiber die Verbrechen, deren Opfer die Arm enier geworden seien.

Es schloß: „ES giebt ein wirksames M itte l, um den Bedrückungen ein Z ie l zn setzen. Das ist Ernennung eines Gouverneurs, der einer neutralen europäischen N a tio n angehört und m it Zustimmung der Mächte zu wählen ist, und ferner die Errichtung einer lokalen nicht türkischen M iliz . D er S u lta n allein könne diese Lösung verwirklichen. E r allein ist

verantwortlich fü r das, w as geschehen ist.

Aber Europa muß es wollen. Es hat keine größere Ursache, einen K rieg zn befürchten, als damals bei den Ereignisse» in K re ta ."

Die Versammlung schritt schließlich zur B i l ­ dung von Abtheilungen, und beschloß ein«

Kommission einzusetzen, zn welcher jede ver­

tretene N a tio n 5 Delegirte zn entsenden hat.

Die Kommission soll dem Kongresse praktische Vorschläge machen.

E in Besuch des P r ä s i d e n t e n L o n b e t in Ita lie n w ird in der französischen Presse angekündigt. „Echo de P a r is " meldet, P rä ­ sident Lonbet werde im nächsten F rü h ja h r auf seiner Rückreise von A lg ie r einen ita lie ­ nischen Hafen anlaufen nnd dem König von Ita lie n einen Besuch abstatten. Es werde eine Begegnung der beiden Flotten statt­

finden und König V ik to r Emannel werde den Besuch in P a ris e rw id e rn .— D er französische Botschafter in Petersburg M ontebello w ird abberufen werden. A ls sein Nachfolger ist der frühere Kammerpräsident Deschanel in AuSsicht genommen.

B ei dem Empfang der M itg lie d e r des K o n g r e s s e s z u r U n t e r d r ü c k u n g d e s M ä d c h e n h a n d e l s richtete der schwei­

zerische Gesandte Lardy im Namen der aus­

w ärtigen V e rtre te r eine Ansprache an den Präsidenten Lonbet, in welcher er dem Wunsche auf Schaffung einer internationalen Gesetzgebung znr Unterdrückung des M ä d ­ chenhandels Ausdruck gab. Derselbe soll nicht m it Geldbuße, sondern m it Kerker- und Gefängnißstrafeu bedroht werden. Ferner müsse eine internationale UeberwachungS- polizei ins Leben gerufen werden, welche im ­ stande sei, m it Geschick den internationalen Kupplern entgegenzutreten. Lardy verbreitete sich sodann besonders über die znr Ueber- wachung erforderlichen Präventivm aßregeln nnd über die M itte l, wie den Opfern dieses Handels zu helfen sei, den jungen Mädchen, die allein im fremden Lande ständen, den Rathschlägen dieser Elenden nnd der V e r­

suchung ausgesetzt. Präsident Lonbet er­

widerte, indem er den Vorredner seiner Fürsorge fü r die Angelegenheit versicherte.

A lle zivilisirten Länder müßten in den jetzigen

legten offenen W iderw ille» gegen Schwester M a ria 's dienstwillige H ilfe an den Tag.

Ueber die leidige Ursache konnte das arme Mädchen nicht lange im Zw eifel bleiben:

ih r Geheimniß w a r verrathen — nn»

wandten alle in n u r zu gerechter Entrüstung von der entlarvten D iebin sich ab. S e it sie dies erkannt, w a r es um B e ttys Frieden geschehen. H ätte sie gewagt, der O berin ih r Leid zu klagen, es wäre besser gewesen.

Doch der edlen F ra u blieb verborgen, was gegen ihre junge Schutzbefohlene sich vo llzo g ; daß dieselbe täglich bleicher und stiller wnrde, glaubte sie unerquicklichen Fam ilienverhält- uissen zuschreiben zn müssen.

Helenens Verlobung m it B aron R nbinski hatte stattgefunden. Zuerst fiel die Nachricht wie ein Lichtstrahl in B ettys «mdiisterte Seele. Obgleich sie während der ganzen langen Schmerzenszeit keine Zeile von der zürnende» Schwester erhalten hatte, schrieb sie in überquellend freudiger Theilnahme einen w arm empfnndenc» B rie f voll inniger Wünsche fü r Helenens nnd RnbinskiS Glück und harrte dann in fieberhafter Spannung auf ein freundliches W o rt von Helenens Hand. Vergeblich — vergeblich!

Es kam die Stunde, wo keine liebreich bemäntelnde Entschuldigung des zartfühlen­

den V aters seine arme Kleine nicht länger täuschen konnte über die wahre Gesinnung Helenens, die nicht vergessen konnte, wie schwer ih r stolzes Selbstbewußtsein durch Bettys unbedachte T h a t gedemüthigt worden.

Ih r e Verachtung gegen die Urheberin der er­

littenen Bitternisse erwies sich stärker als die

Bande des B lutes. . . .

Ansgestoßen aus dem Herzen der einzigen Schwester. Diese schmerzvoll bittere Gewiß­

heit e rg riff B e tty zur selben Z e it, wo sie unter den heimlich gegen sie wühlenden V e r­

dächtigungen im Diakonissenhanse schon tie f

«»glücklich sich fühlte. D e r neue Knmmer beugte sie vollends darnieder — das Leben wurde ih r zur Last, w er weiß, zn welcher Verzw eiflniigsthat das bedanernswerthe M ä d ­ chen sich noch hätte hinreißen lassen, wäre es nicht durch des V aters nuerwarteten Be­

such aus seinem Trübsinn aufgerüttelt worden.

D er Regiernngsrath konnte nach der Trennung von dem jnngvermählten Paare der Sehnsucht «ach dem Anblick seiner jüngsten Tochter nicht widerstehen. V o r Ueberraschung sprachlos, lag B etty freude­

strahlend in seinen Arme». A ls sie nach einer Äöeile das thränenbethante Gesicht zu dem seinigen erhob, flüsterte sie m it erstickter S tim m e : „ D a r f ich Dich «nn begleiten?

D a rf ich bei D ir bleiben, P a p a ? "

„N u r noch fü r eine kurze Spanne Z e it Geduld, mein L ie b lin g ", tröstete der Regie- rn n g s r a th . „W enn ich das nächste M a l wiederkehre, gehe ich nicht allein fo rt, dann nehme ich meinen arme« ve rirrte n Vogel m it m ir in die Ferne und wo es »nS gefällt, bauen w ir uns ein trauliches Heimatsnest."

„Und dann trennen w ir uns nie mehr — n ie !" ergänzte B etty m it strahlenden Blicken.

„Ic h denke eS m ir himmlich schön, Papa.

M eine einzige Lebensaufgabe w ird es sei», Dich zn hegen und zn Pflegen, dam it" — sie drückte ihre Lippen auf sein vö llig ergrautes H aar nnd strich m it sanft liebkosenden F in ­ gern über seine eingefallenen Wangen —

„d a m it D n die verlorene K ra ft wiederge­

winnst und D u nicht länger so bleich und elend bleibst wie jetzt, ach, geliebter P apa"

— sie schmiegte sich ihm fester an, ihre S tim m e schwankte — „Dich so gebeugt zu sehen nnd immer denken müssen, daß ich es

verschuldet — "

„N ich t doch, meine B e tty ", fiel der Regie­

run g sra th in freundlich beschwichtigendem Tone ein. „D a s vergangene J a h r brachte der Gemüthserschütternngen so vieler A r t, daß es zn verwundern sein müßte, wären sie spurlos an meiner äußeren Erscheinung vor­

übergegangen. Latz Dich davon nicht beun­

ruhigen, mein Liebling . Ic h fühle mich durchaus gesund nud hoffe noch — " er lächelte ermnthigend — „a u f ein langes Z u ­ sammenleben m it meiner Kleinen."

„Ic h w ill nicht aufhören, mein einziger Papa, den Allmächtigen darum zn bitten."

I m Ueberschwang der ersten Wiedersehens- freude erschien V e tly H errn von Techmar unverändert, wie er sie zuletzt gesehen; doch als ihre hohe Erregung allmählich sich legte, gewahrte er m it schmerzlichem Befremden die ungünstige W andlung, welche sich in ihrem ganzen Sei» und Wesen vollzogen hatte.

Zugleich fiel ihm seitens der „Schwestern"

der Ton kühler Zurückhaltung, welcher an Stelle des früheren srenndliche» Entgegen­

kommens getreten w a r, «»angenehm auf.

W as konnte die Ursache sein? Hatte B etty sich irgend etwas zn schulden kommen lassen?

W ohl gar — er mußte darüber K la rh e it er­

langen. Die sich ihm aufdrängende schreck­

liche Vermuthung gewaltsam unterdrückend, begann er in seiner gütigen, liebreichen Weise B e tty auszuforschen. Dem theuren V a te r hatte sie nichts zn verbergen, ja eS w a r ih r eine W ohlthat, v o r ihm ihre be­

drückte Seele z» entlasten. S ie berichtete von ihrem peinlichen Zusammentreffen m it der Schradern und wie sie seitdem von sämmtlichen Schwestern gemieden werde, gleichsam in Furcht vor einer zu nahen Be- rührnng — m it der D iebin, und diese ih r deutlich bewiesene Verachtung that weh — sehr weh!

(2)

S tand der Dinge, der selbst die Gleichgültigen bennrnhige, eingreifen. S o llte man denn das, w as zum Schuhe der kleinen Vogel möglich sei, nicht auch in einer Frage Ihn»

könne», deren sittliche Bedeutung so wesent- lich sei?

I n F r a n k r e i c h hat eine größere An«

zahl von D epntirte» der Opposition in einen» offenen B rie f au den M inisterpräsi­

denten CombeS sehr heftig gegen die Schließung der privaten Unterrichtsanstalten protestirt. — D er höhere K lerus der Diözese P a ris hat an» Donnerstag eine Zusammen- knlift unter den» Vorsitz des Erzbischofs ab­

gehalten «nd beschlossen, einen energischen Protest zn erheben gegen die Maßregeln des Ministerpräsidenten CombeS betr. die Kongregationen. — „G a n lo is " meldet, daß von den zur Auflösung kommenden Kongre­

gationen, gemäß eines von der geistlichen Konferenz im erzbtschösli'che» P a la is ge­

faßten Beschlusses, »»»»iltelbar vor Schnlschlnß Kundgebungen gegen die Regierung stattfinden werde».

Ueber Streikansschreitnngen w ird aus der f r a n z ö s i s c h e n Hafenstadt Nochesort berichtet: Ausständige O naiarbeiter stürmten am M ittw och einen englischen Dam pfer und warfen einen A rbeiter, der sich den» Ans- stande nicht angeschlossen hatte, ins M eer.

Es mußte» Truppen aufgeboten werden, um die Ruhe wiederherzustellen.

Nach M eldung aus M a d r i d hat sich der Kongreß der Eisenbahnarbeiter über die Frage des GeneralanSstandes schlüssig ge­

macht. Tausende von F lu g b lä tte rn sind vertheilt worden, welche znn» Ausstände auf­

fordern.

D ie Kröunng des K ö n i g s E d u a r d ist la u t amtlicher M itth e ilu n g am Sonnabend den 9. August festgesetzt worden. Nach dem an» F reitag M orgen ausgegebenen Krank- heitsbericht »nacht das Befinden des Königs weiter befriedigende Fortschritte. D er König zieht aus dein Anfenthaltswechsels in jeder Beziehung Nutzen; er schläft g ilt und kann den größten T h e il des Tages »in Liegestnhl auf offenen» Deck zubringen. D as nächste B n llc tin w ird M ontag V o rm itta g ausge­

geben werden. — W ie verlautet, w ird die Flotienschau in Spithcad an» 16. Anglist stattfinden.

In» e n g l i s c h e n Oberhaus verlas am Donnerstag der Lordkanzler einen B rie f von Lord Roberts, in welchen» dieser fü r die von den» Hause angenommene Danksagung an die Truppen seinen Dank ansspricht. Lord M o n tL w e ll lenkte dann die Anfmerksamkeit des Hauses a»f den Bericht der zur U nter­

suchung der Frage der Osfiziersansbildung eingesetzten Kommission und beantragte eine Resolution, die Regierung solle möglichst schnell Schritte unternehmen, um den in jenem Bericht enthüllten) Zuständen ei»

Ende zn machen. D er M in iste r des Aeußeren, Lord Lansdowiie, erklärte sich in» Na,neu der Regierung m it der Resolution einverstanden, bemerkte aber, die Regierung könne sich unmög­

lich im einzelnen über die geplanten Schritte anslassen; aber schon lange, bevor es in Sandhnrst zn den unliebsamen Vorfälle» ge­

kommen sei, habe der Kriegsminister sich da-

O bwohl der Negierungsrath fre i athmete, daß sein schlimmer Verdacht — im Herze»

bat er ihn der armen Beschuldigten ab —

«»»begründet »var, so erregte anderseits die B ere itw illig ke it, m it welcher die Wächterinnen dieser S tä tte der christlichen Duldsamkeit nnd des Erbarm ens bösw illige Verleumdungen anhörte» nnd auf sich wirken ließen, seinen bitteren U nw illen.

Hätte er geahnt, der verincintliche Friedenshafen könne zum Fegefeuer fü r B etty werden, er hätte sie nicht an diesem O rte gelassen.

A ufs höchste betroffen, ja empörten Herzens vernahmen die O berin nnd Prediger S ta h l von den Kabale»», die hinter ihrem Rücken gegen ihre junge, wehrlose Schutzbefohlene gespielt. Es folgten lange ernste Unter­

redungen m it den Diakonissen; von der Stunde an — ob aus eigenem Antriebe oder anf bestimmte Weisungen bleibe dahin­

gestellt — fanden wieder freundliche A n ­ näherungsversuche statt, denen V e tty -M a ria nicht ablehnend begegnete. S ie würde ja n u r noch fü r kurze Z e it hier sein.

„S obald ich in P . alles znn» Fortgang erforderliche geregelt und geordnet, kehre ich zurück — jedenfalls «och vor Weihnachten;

w ir feiern das Fest zusammen nnd trennen

«nS dann überhaupt nicht m ehr!"

I n der Gewißheit baldigen Wiedersehens nahmen V a te r und Tochter in hoffnnngs- froher S tim m ung von einander Abschied.

N u r in» Augenblick als die AustaltSpforte hinter der theuren Gestalt sich schloß, durch­

lie f B e tty ein eisiger Schauer, das Herz krampfte sich ih r plötzlich angstvoll zu­

sammen — sie w ill de»n V a te r nacheilen, ihn noch einmal umarmen — zn spät! E r w a r Nicht mehr zu sehe»». / (Fortsetzung folgt.)

hin schlüssig gemacht, daß radikale Ae»de- rnngen im Personal «nd in» ganzen System unvermeidlich seien. D ie Resolution wurde schließlich angenommen.

D ie Berathungen der M in iste r der e n g l i s c h e n Kolonieen sind am F re ita g unter dem Vorsitz von Chamberlai»» wieder aufgenommen worden. D ie Berathungen der Kolonialkonfercnz bezogen sich hauptsächlich anf die Festsetzung von Vorzugstarifen zwischen dein M u tte rla n d nnd den Kolonieen und zwischen den Kolonieen nntereiiiander.

Bestimmte Vorschläge winden der V e r­

sammlung jedoch nicht nnterbreitet und es wurde beschlossen, einer weiteren Zusammen­

kunft die F o rm n liru n g und eingehendere Berathung bestimmter Vorschläge z« über­

lassen.

A us Anlaß', der G rnnivaldfeier haben auch W a r s c h a u e r P olenblätter Erinne- rnngsartikel gebracht. Es ist also nicht w ahr, daß die Zensur die Veröffentlichung von Festartikeln anläßlich der Schlacht bei Tannenbcrg verboten habe. Auch eine Reihe Wohlthätigkeitsbazare m it Festkonzerten, Illu m in a tio n , u. s. »v. fanden in Warschau m it behördlicher E rlaubniß an» Dienstag statt «nd an diese» Veranstaltungen nahmen auch russische Offiziere m it ihren Damen theil.

D e r Abschluß eines nene» r u s s i s c h ­ i t a l i e n i s c h e n Handelsvertrages soll nach einer römischen M itth e ilu n g der „M agdeb.

Z eitung" zwischen P rin e tti und Lam bsdorff in Petersburg vereinbart worden sei.

I n R u ß l a n d hat die Regierung nach de»n „Ha,»»b. Korresp." ein Gesetz erlassen, durch welches alle »»»ehelichen Kinder gesetzlich gleichgestellt werden. L a u t der ncnen gesetz­

liche» Verfügung sind die unehelichen Kinder berechtigt, den Namen des V a te rs zn führen. Letzterer ist verpflichtet, fü r sein uneheliches Kind zn sorgen und auch fü r dessen M u tte r, fa lls diese selbst nicht er­

werbsfähig ist. A n der väterlichen und mütterlichen Erbschaft haben »»»»ehelicheKinder fortan das gleiche Recht. Zum Schutze der Mädchen verpflichtet jedes Eheverspreche» den M ann, die B ra u t wirthschaftlich bis zur Verheirathnng sicher zn stellen, sofern E ltern oder Vorm ünder des Mädchens darauf be­

stehen. Auch fü r das Adoptiren der unehe­

lichen Kinder laßt das neue Gesetz wesentliche Erleichterungen eintrete»».

Nach einer telegraphischen M eldung a»»S K o n s t a n t i n o p e l überreichte die fra n ­ zösische Botschaft der P fo rte eine Note, in welcher die sofortige Bezahlung der vierten Rate fü r Lorando und T n b in i ver­

langt w ird .

Nach einer M eldung der „Franks. Z tg ."

aus N e w Y o r k hat sich auf dem N a tio n a l- konvent der Kohlengrubenarbeiter der B er- bandspräsident M itchell gegen den General- ansstand erklärt.

I n S ü d a f r i k a ist der Basntohänpt- lin g Jo e l wegen HochverrathS am D onners­

tag in Masern zu einem J a h r Gefängniß nnd zur strafweise»» Lieferung von 500 R indern ve rn rth e ilt worden.

W ie schon geineldet, ist der S u l t a n v o n S a »»s i b a r in der Nacht znn» F re i­

tag g e s t o r b e n , nachdem er vor einigen Tagen einen leichten Schlaganfall erlitten hatte. S u lta n Hamud bin Mnhamed hat ein A lte r von »nr 48 Jahren erreicht. E r »var ein Werkzeug in den Händen der Engländer, denen er auch nach dem Tode seines Oheims die Ernennung znn» S u lt a n verdankte. M it der Herrlichkeit der S ultane in Sansibar ist es schon lauge nicht »»ehr w eit her gewesen.

Die Engländer haben seit Jahrzehnte» ein begehrliches Auge auf die reiche In s e l ge- worfe» nnd sich bestrebt, diese nach „n d nach ganz i» Besitz zu bekomme». Englischer Einfluß dom inirte bereits in Sansibar, als das deutsch-englische Asrika-Uebereinkonimen von 1890 das Schicksal der Araberdynastie anf Sansibar besiegelte nnd England das P rotektorat über die In s e l zusprach. Seit- dem führten die Sultane anf Sansibar nur ein Schattendasein.

Die W iener „Politische Korrespondenz"

veröffentlicht eine Unterredung m it dem ehe­

maligen j a p a n i s c h e n Ministerpräsidenten Matsnkata. Derselbe erklärte, Japan er­

blicke seine Hauptaufgabe in Fragen der inneren P o litik , weshalb eS keine auswärtige Aktion vorbereite. D as B iindniß m it Eng­

land diene n n r der E rhaltung des Friedens.

Rußland gegenüber sei Japan von Friedens­

liebe e rfü llt «nd wolle keine Auseinander- setzttligen m it diese»»» Reiche haben.

A us Peking Wird von» F re ita g gemeldet:

Die Auflösung der provisorischen Regiernug in T i e , »t s i n erfolgt nach 4 Wochen, nach­

dem die chinesische Regierung heute in einer Note die von den Gesandten der betheiligte»

Mächte aufgestellten Bedingungen ange­

nommen hat.

Deutsches Reich.

B e r lin . 18. J u li 1902.

— Se. M ajestät der Kaiser ist nach 17- stilndiger guter F a h rt am Donnerstag in M olde eingetroffen. W olffs Bureau fügt hinzu: Die Tem peratur entspricht mehr den»

November als dem J u li.

— D as Kaiserpaar t r if f t am 15. August vorniittagS 9 U hr, in Düsseldorf znr Be­

sichtigung der Ausstellung ein. Das Kaiser­

paar ve rw e ilt dort bis m ittags 2 Uhr nnd fä h rt alsdann anf einen» Dampsboot den Rhein hinauf. An» 16. Anglist wohnt der Kaiser den Truppenübniigen in M a in z bei, sodaß von» Besuch der Rheinstädte bis M a in z hinauf diesmal abgesehen werde»

mußte.

— D er kaiserlich deutsche Botschafter in Konstantiuopel S ta a tsm in iste rF rh r. Marschall v. Biederstem ist heute frü h aus Hückstctten in Baden in B e rlin angekommen.

— D er kommandirende General des 16. Armeekorps G ra f Häseler, der kürzlich einen Beinbruch e rlitt, befindet sich auf dem Wege der Besserung; seine Wiederher­

stellung w ird fü r nächste» M o n a t erhofft.

— D e r Jnstiznlinister D r. Schöustedt ist m it U rlaub «ach der Schweiz abgereist.

— A u f dein Linienschiff „Kaiser W il­

helm I I . " ist ein Krüm m errohr in der D am pfrohrleitnng gebrochen. D a solche Rohrbrüche schon mehreremale anfgetrcten sind, ist das Schiff zur eingehenden Unter­

suchung nnd R eparatur znr W e rft K iel ent­

sendet worden. D ie Dauer der R eparatur w ird anf drei Wochen geschäht. Nach Privatnachrichte» gerieth außerdem beim Passiren der Hochbrücke Levensau dcs Kaiser- W ilhelm kanals das Linienschiff „Kaiser W il­

helm I I . " in die Vrückenkonstrnktion und brach die Stenge des Vordermastes.

Die erste Zusammenkunft der Sokol- vereine Rheinland-Westfalens fand den»

„Bochnmer W ia ru s " zufolge, an» Sonntag den 13. d. M ts in Obcrhausen statt. Es betheiligte« sich daran etwa 120 M itg lie d e r aus 10 Sokolvereinen. D as Tragen von Sokoltrachien, Abzeichen in polnischen N atio- nalfarbe» »,. a. w a r verboten »vorbei».

K iel, 18. J u li. D ie S tadtvertrctung nah»» einstimmig das Projekt betreffend den Ausbau des Jnnenhafens an. D e r B oots­

hafen bleibt erhalten. D ie Kosten des Projekts sind auf 3034000 M k. veranschlagt.

Karlsruhe, 18. J u li. D er bisherige Leiter der badische» Fabrikinspektion Geheim­

rath W örrishofer ist heute V o rm itta g ge­

storben^_______________________ _______

Das Urtheil im Prozeß Sanden,

das am F reitag V o rm itta g unter starkem Andränge des P ublikum s «nd allgemeiner Spannung ver- kündet wurde, habe» w ir bereits telegraphisch m itge­

theilt. Den voin Vorsitzenden, Landgerichtsdirektor Heidrich vorgetragenen Urtheilsgründe» entnehmen w ir das folgende: B ei der vorliegenden achtwöchent- lichen nnd sehr fchivierigen Verhandlung verbietet es sich von selbst, auf Einzelheiten näher einzn- gehen; denn dies wi'i> de Si>l»den inAnsvr»ch nehmrii.

D ie Angeklagte»» aber sollen nnd »vollen nun end­

lich die Entscheidung höre». I c k beschranke mich deshalb auf einige allgemeine Gesichtspunkte. W e r die Einzelheiten dieser lange» Verhandlung genau verfolgt hat — und dies sind gewiß sehr wcnige — w ird erkannt haben, daß die Beweisaufnahme sich in einem fü r die Angeklagte» giinstiaen S in n e ge­

ändert hat. D ie ungeheuren Sum m en, über Iv v M illion ei», die rechnnngs- und bilanzmäßig ver­

schwunden sind. sind in dieser »»»geheuren Lohe nicht nachgcwiesen. insbesondere ist nicht nachge­

wiesen. daß so hohe Verluste n u r durch die Schuld der Augeklagteu euistanden sind. Ebenso ist nicht

»achgcwiese» nnd nicht wahrscheinlich, daß die A n ­ geklagte» große S um m en beiseite nnd in Sicher­

heit gebracht habe». E s ist aber im m erhin großer Schaden entstanden, mühsam ersparte G elder sind verloren gegangen nnd das öffentliche V ertrauen ist anf das tiefste erschüttert worden. D a s ganze Verfahren »var n n r möglich durch das Zusammen­

wirken der vielen Gesellschaften m it einander und unter einander nnd die einheitliche Leitnng des ganzen Konzerns. E d uard Sande» »var der leitende Geist in diese»» ganzen Werke, er muß in erster Reihe verantw ortlich gemacht werden, „nd deshalb hat das Gericht gegen ihn eine wesentlich höhere S tra fe erkannt als gegen die übrige» Aiigeklaaten.

Aber der Gerichtshof hat sich überzeugt, daß er nicht aus freien Stücken »nd ans friv o le r G runder- ln ft einen R ant'-ng gegen die Prcilßenbank anSge- fu h rt h a t; es steht fest. daß die Bank, als er die Leitung übernahm, krank und daß er darauf be­

dacht »var. die Bank wieder gesund zu machen.

Dieser Umstand schließt die Aberkennung der bürger­

liche» Ehrenrechte von vornherein ans. Aber Eduard Sanden hat sich ungesetzlicher M i t t e l be- dient, und das hat ihn auf die Anklagebank ge­

bracht. E r hatte rechtzeitig Farbe bekennen sollen, er zog es aber vor. die hohe» Bezüge w eiter ein­

zuheimsen »nd m it ungesetzlichen M it t e l» zn lavrren.

V iele Punkte der Anklage sind nnerwlksen ge- blieben. — Nach Verkündigung des U rth e ils ging Eduard Sande» nach bewegtem Abschied von seiner F a m ilie i» s Gefängniß zurück.

D ie „Deutsche Tagesztg." schreibt zu den, A us- gang des Prozesses: D a s U rth e il im Saudenprozeß ist nicht überraschend gekommen. Trotzdem die Vertheidiger ihre Klienten in grotesker Weise als unerreichte Ehrenm änner abstempelten» ihnen „nu- ermüdliche T ren e". „Rastlosigkeit" u. a. m. nach­

rühmten. sie sogar a ls „rührende nnd schöne B e i­

spiele" hinstellten, trotz dieses rechtsainvaltliche»

Ucbereifers hat das Gericht die volle Strenge des Gesetzes w a lte » lasse». W eitau s am härtesten tra f sie Eduard Sanden. den M a n n . der der eigentliche Urheber a ll des Unglücks ist. S eine krampfhaften Bemühungen, durch im m er « in e nnd gewagten

Unternehmungen die durch und durch morsche B ank zu rette», »nachten das Elend im m er größer, er­

höhten J a h r sür J a h r gew altig die Verluste, welche er den» Vermöge» tansender von kleinen Sparer»»

leichtfertig zufügte. E r »var ein «nermüdlich fleißiger M a n n . »var der einzige A rb e ite r in der ganzen D irektion ; alle anderen fanllenzten kräftig nnd verließen sich ailf ihn. A ber seine A rb e its ­ kraft riß die B ank im m er tiefer ins Verderben, w eil diese K ra ft sich in aberwitzigen Spekulationen austobte. Sandens Knnst. G eld zn machen, w ill sagen, das G eld ans fremden Tasche» in die eigene zn lenken, ist so »enartig nicht, «nd »na» kann sich nnr darüber wunder», daß ihn das Verhängniß erst so spat ereilte. G ing er doch ziemlich plum p zu Werke, viel plumper jedenfalls a ls der Kasseler Schmidt, dessen Trcbertrocknuiigsgebättde im m erhin etwas von vcrwogener Geschicklichkeit zeigte. D e r kttwptkniff Sandens bestand darin, fü r alle fanle»

W erthe der Prenßenbank geeignete Ablagernngs- stätten zn schaffen; unermüdlich gründete er zn diesem Zwecke neue Gesellschaften m it M illio n e n vo» Aktienkapital, das allem al n nr auf dein P ap iere stand. Kunstvolle Frisirnng der B ilan zen th a t das ilbrige. >,»» den Nichtwiffenden S an d in die Augen zu streuen. A l crdmgs ist es verwunderlich, daß die Staatsaufsicht ,n seine», F a lle so gänzlich zweck­

los blieb. E in halbivegs genaues S tu d iu m seiner Rechnungsabschlüsse hätten znr E n tw irru n g des Rattenkönigs genügt. Ueber Sandens S tu r z zu trininphiren, oder nun gar la u t ins H o rn zn stoßen und von der Sänberniig der deutschen B a n k w e lt zu sprechen, dazn lie g t kein G ru nd vor. Sanden und E xner brachen zusammen, w eil in» Augenblick der höchsten G efah r die H ilfe ausblieb, w e il der rettende Z u fa ll nicht e in tra t, auf den sie insge­

heim in ih rer Angst gerechnet hatten. W ir scheuen uns nicht, es ansznsprechen, daß Banken, die heute wieder groß und scheinbar fest gegründet dastehe», dem Rande des Verderbens fast ebenso nahe ge­

rückt w aren w ie die Unternehmungen der Sanden nnd Exner. Ih n e n bot sich in letzter S tu nd e der bekannte S tro h h a lm , eine Fnsio». w ie sie auch Schmidt p lante, eine geglückte Kapitalsverm ehrung hob sie aus dem Schlam me nnd bewahrte ihre Leiter vor traurig em Ende. ihre G läub iger nnd Aktionäre vor empfindlichen Bermögensverlnsten.

Deshalb stimmen w ir in das allgemeine Gezeter über die erwischten S ü nd er nicht ein. S ie w aren dnimn geling. Pech zu haben; der E rfo lg deckte ihre Verfehlungen «richt zn. w ie bei anderen, die sich jetzt vharisäisch an die Brnst schlagen. Nach unserm Erm effen hat der Sandeuprozeß neuer- dingS die Reform bedürftigkcit nnseres Banken»

nnd Börfenwesens cmfgezeigt; d a rin lie g t seine Bedeutung. W ir w aren das erste B e rlin e r B la t t , welches entschlossen in das Wespennest des S p ie l- Hogen-Klüiigels griff, «nd eben deshalb w arn en w ir vo r der Ansicht, daß nnnmehr alle G efah r vorüber sei und der gute B ü rg e r sich. im Ver«

tränen auf die S o lid itä t der großen Banken «nd die Nützlichkeit der S pekulation, wieder ruhig anfs O h r legen dürfte. Nach der Beendignng des Exner-Prozcffes w ird sich gerade in dieser B e ­ ziehung noch manches sagen lassen. E s feh lt nicht n nr an dem gewissenhaften Ernste, der den V e rw a lte rn so großer Vermögen, D irektoren nnd Anssichtsräthen, tnnewohne» sollte; es feh lt mich an der thätigen Theilnahm e der Aktionäre selbst nnd an dem Schutze, den das Gesetz ihnen angc- deihen lassen müßte. W ir haben es erlebt, daß hnnderte von M illio n e n fremden Eigenthnm S J a h re lana ein S p ie lb a ll nnsähiger nnd gewissen­

loser Menschen sind, denen niemand in den A r m z» falle» wagt. W ir haben es erlebt, daß die be­

trogenen Aktionäre «nd Pfandbricfbesttzer. znm großen T h e il kleine nnd allerkleiuste S p a re r, sich nach den. B ankerott m it einer „ S an iru n g " einver­

standen erklärten, die ihnen nene schwere Verluste brachte. B o n den blutigen Spargroschen dieser E nterbten ist die Neue Äodengcsellschaft fe tt ge­

worden; ihnen verdankt sie die phantastische K n rs - steigern»« ihrer Aktie». E duard Sande» durfte m it einigem Recht dararans hinweisen, daß seine Aktionäre und O bligationäre durch die „ N e tte r"

ebenso geschädigt worden sind. w ie durch ihn. S ie kamen von» Rege» in die T ra u fe . D a s Schaf w ird eben im m er geschoren; w er die Schere schwingt, ist sachlich gleichgiltlg.

Ausland.

W ie», 18. J u li. D er Kaiser verlieh dem Negiernngspräsidente» D r. v. Heydebrand und der Lasa in B reslan das Großkrenz des Franz Josefordens.

Spa, 17. J u li. D ie Königin machte heute wieder eine A u s fa h rt im Nollstnhl und ertheilte einige kurze Audienzen.

P a ris , 18. J u li. A ls Schüler der M ili«

tärschnle von S a in t-C y r die A rtille rie w e rk­

stätten von P iiteanx besichtigte», entlud sich am Donnerstag Nachmittag durch einen Z u fa ll das Geschoß einer MUraillense. Zw ei Schüler wurden getroffen. B on diesen ist einer ge­

storben. D er Zustand des anderen, dem die Hälfte der Hand weggerissen wurde, ist bedenk­

lich. — D er K rig s m in is te r General Andrö hat die E inleitung einer Untersuchung übe«

den U nfall i» Puteanx angeordnet.

Petersburg, 17. J u li. Kaiser N ikolaus hat der Großherzogin von O ldenburg das Großkrenz des Katharinenordens verliehen.

— Heute Nachmittag erwiderte der deutsche Botschafter G ra f von Alvensleben den Be­

such des Kommandanten des hier einge- troffenen deutschen Schulschiffes „C h a rlo tte * und wurde m it den üblichen Ehrenbezeugungen empfange».

Petersburg, 18. J u li. F ü r den tele­

graphischen Verkehr m it der Mandschurei und dem Kwantunggebiete sind besondere Taxen festgesetzt worden. Die W orttaxe fü r den Verkehr m it dem europäischen Rußland beträgt 15, fü r den Verkehr m it dem asiati­

schen Rußland 10 Kopeken.

Provtllzialrinchrichten.

G travbnra. 17. J u l i. lBesitzwechsel.) Der Kaufm ann Werner hat sei» i» der Genchlsstraße gelegenes Grundstück nebst Kolonialivaarenaeschäft an H e rrn Tem m e fü r 78 000 M a r k verkauft.

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