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Stahl und Eisen, Jg. 37, Nr.46

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:fr: STAHL UND EISEN “

Nordwestliehen Gruppe A ^ | «jM Vereins deutscher

technischen Teiles

Dr. W. B eu m er,

\ I U I I I I U I I J J l l l . l f III

0. P e U r .e n .

des Yereins deutsdier Eisen- und Stahl-

industrieller.

EbenhSttenleute.

Z E I T S C H R I F T

FUR DAS DEUTSCHE EISENHUTTENWESEN.

Nr. 46. 15. November 1917. 37. Jahrgang.

Das óffentliche Interesse bei Enteignungen, A nschluBerweiterungen und W egeverlegungen fur die GroBindustrie.

Yon Justizrat Dr. R. S c h m id t - E r n s t h a u s e n , Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht Dusseldorf.

I j a s ó f f e n t l i c h e I n t e r e s s e an der E n t- w ic k lu n g d er G r o B in d u str ic ist wohl nirgends in verstandnisvollerer Weise erortert und anerkannt worden, ais in einem BeschluB des Herrn M in is te r s d er O ffe n tlic h e n A r b e ite n vom 16. A p r il 1917 (IV 48 III B 168 C) und dem ihm zugrundeliegenden P la n f e s t s t e llu n g s - b e sc h lu B der Kgl. Regierung in Dusseldorf vom 9. November 1916 (I K 4443). Die Kenntnis dieser Beschliisse, die den neuesten Stand der Verwaltungs- praxis widerspicgeln, verdanke ich der Giite des Dezernenten, Herrn Geheimen Regierungsrat Dr.

W re de in Dusseldorf, dem auch an dieser Stelle der Dank dafiir ausgesprochen sei. Ehe ich auf deren Inhalt eingehe, erscheint es angebracht, die ein- schlagigen gesetzlichen Vorschriften und den Stand der Verwaltungspraxis kurz in Erinncrung zu bringen.

Die E in z ie h u n g ó f f e n t li c h e r W e g e kann nur aus o f f e n t li c h e n R iic k s ic h t e n angeordnet wer- den1). Sie vollzieht sich r e g e lm a B ig in einem V er- fa h r e n , das in § 57 des Z u s t a n d i g k c it s g e s e t z e s ausgestaltet und der Wegepolizeibehorde zugewiesen ist. Hierbei wird das Interesse des Publikums nach- drucklich gewahrt, da ein jeder gegen die beantrajte Wegeeinziehung Einspruch erheben und, wenn er hiermit bei der Wegepolizeibehorde kein Gehor findet, seine widersprechende Stellungnahme im Wege der Vcrwaltungsklage weiter yerfechten kann, wahrend, wenn die beantragtc Einziehung abgelehnt wird, dem Antragstellcr nur das Anrufen der Auf- sichtsbehorde gestattet ist. Entsprechendes gilt fur d ii Verlegung von Wegen, an die sich cin Ycrfahren wegen Hcrstellung eines Ersatzweges naeh § 56 da- selbst ankniipft.

Alle diese Verfahrens- und Zustandigkeitsvor- schriften gelten aber nur, sowcitnicht eine abweichende sonderrechtliche Regelung besteht. Dic einschla- gigen S o n d e r g e s e t z e haben zur gemeinsamen J) Entflohcidungen des 0berverwaltung3gerichts Bd.

67, S. 332, und Urteil des OVG„ IV. Senat, vom 18. Nov.

1915, PreuS. Vcrwaltui)gablatt Bd. 37, S. 584.

Yoraussetzung, daB ein fiir ein bestimmtes Unter­

nehmen der Behorde eingereichter P la n von ihr in einem geordneten Verfahren festgestellt wird. Dies ist der Fali bei E is c n b a h n e n , E n t e ig n u n g e n und regelmaBig auch bei K le in b a h n e n u n d P r i- r a ta n s c h lu B b a h n e n (§ 14 Eisenbahngesetz vom 3. Nov, 1838, § 14 Enteignungsgesetz vom 11. Juni 1874, §§ 18, 47 Kleinbalmgesctz vom 28. Juli 1892).

Li diesen Fallen erstreckt sich das P l a n f e s t s t c l - lu n g s v e r f a h r e n auch auf die E in z ie h u n g , V er- le g u n g u n d V e r a n d c r u n g v o n W eg en aller Art, und zwar, wenn es sich um Eisen-, Klein- und Privat- anschluBbahnen handelt, auch dann, wenn m it dcm Unternehmen keine Enteignung verbunden ist.

Diese einfachen Satze finden sich zwar in der Literatur nicht klar cntwickelt, konnen aber ais das Ergebnis der neuesten Verwaltungspraxis und Rechtsprechung bezeichnet werden.

Die Zustandigkeit und das Verfahren bisten also nicht die Schwierigkeiten, die haufig dahinter gesucht worden sind. Li m a t e r ie l le r Beziehung bildet die N o t w e n d i g k e it des beantragten Eingriffs in das Yorhandene Yerkehrsnetz dio erste Voraussetzung.

Hierzu muB dargelegt werden, daB die goplanie An­

lage weder naeh einer anderen Richtung hin ausfuhr- bar noch mit dem Bestehenbleiben des Weges ver- einbar ist. An dieser Frage pflegen die Einziehungs- antrage ebenfalls nicht zu scheitern, da man sich im allgemeinen bewuBt ist, daB ein derartiger Antrag ohne zwingende Notwendigkeit von vornhercin aussichtslos erscheinen wiirde. Dagegen liegt die Schwierigkeit durchweg in dem Nachweis des o f f e n t li c h e n I n t e r e s s e s , denn e b e n s o w ie b ei E n t e ig n u n g e n muB auch bei Wegeeinziehungen das offentliche Interesse an dem geplanten Unter­

nehmen nachgewiesen werden. Notwendigkeit der beantragten MaBregel und óffentliches Interesse an dem geplanten Unternehmen sind Erfordernisse, die den W e g e e in z ie h u n g e n u n d E n t e ig n u n g e n g e m e in s a m sind, und wenn wir das Offentliche Interesse richtig verstehen und bewerten sollen, dann mussen wir demnach auch die Enteignung mit in

XLVI.„ 139

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1042 Stahl und Eisen. Das ó/leniUche Interesse bet Enteignungen. 37. Jahrg. Nr. 40.

Betracht ziehen, deren Schwierigkeit ebenfalls in der Frage des óffentlichen Interesses liegt.

Man crinnerc sich nur der E n t c ig n u n g s - a n t r a g e , die zur Enveiterung groBindustrieller An- lagen in der Zeit v o r dem K r ie g e erfolglos gestellt, ja, wenn man so sagen darf, an dicjenigen, die gar nicht erst versucht worden sind, weil man es gegen- iiber einem aussichtslosen und zeitraubenden y er­

fahren Yorzog, lieber den Betrieb zu verlegen oder sich ais Meister in der Beschrankung auf dem vor- handenen unzureichenden Baum zu zeigen. Denn gerade bei Enteignungsantragen wurde allein die p r i- y a t w i r t s c h a f t l i c h e S e it e der G r o B in d u s tr ie beachtet, ihrem Interesse das des Nachbarn ais absolut gleichwertig gegeniibergestellt und das o f f e n t l i c h e I n t e r e s s e nicht gewurdigt, das den Lcbensnotwendigkeiten der GroBindustrie vom volks- und jinanzwirtschaftlichen Standpunkte aus zu- kommt. D am it soli nicht gesagt sein, daB sich die m it E n t e ig n u n g s g e s u c h e n , b e s o n d e r s z u P r i- y a t a n s c h lu B b a h n z w e c k e n , befaBten Stellen der Einsicht verschlossen hatten, daB eine starkę, allen neuzeitlichen Anforderungen in stetem Wechsel sich anpassende, zum erfolgreiclien Wcttbowerb m it den anderen kapitalkraftigen Industrielandern geeignete, daher auch zu fortwahrender Konzentration und Aus- dehnung befahigte GroBindustrie auch im Frieden ein selbstverst;indliches nationales Bediirfnis ist.

Yielmehr fehlte cs an der Erkenntnis, wclche ent- scheidende Rolle hierbei d a s o r t lic h e M o m en t spielt, daB namlich die Mogliehkeit, dic vorhandenen Anlagen auf die Nachbarschaft auszudehnen, sehr haufig geradezu ais eine Daseinsfrage fiir das einzelne Werk betrachtet werden muB, das ais Glied der Ge- samtproduktion eine Stellung von volkswirtschaft- lichem Belang fiir sich in Anspruch nehmen darf.

Gerade die Erweiterung der P r iv a t a n s c h lu B - g le i s e hat unter jener zu engen Auffassung gelitten, und die Wiclitigkeit dieser Frage wird auch dem Laien erkennbar werden, wenn man ihn darauf hin- weist, daB diese Privatgleise, die meist nur einen einzigen AnschluB an das offentliche Eisenbahnnetz besitzen, sich zu gewaltigen Bahnhofen ausgewachsen haben, welche mehrmals bei Tage und bei Nacht ganze Erz- und Kohlenziige abfertigen, den Verkehr mit der Eiscnbahn auf besonderen Zustellungs- und Uebcrgabegleiscn bewaltigen, ausgedehnter Auf- stellungs- und Rangiergleise bediirfen, um ihre Zuge der óffentlichen Eisenbahn rangiert zuzufiihrcn, Łade- und Entladegleise m it den entsprechenden Wicgc- und Hebeeinrichtungen besitzen und der Brennpunkt sind, von dem die Betriebsgleise fiir die einzelnen Werksabteilungen ausstrahlen. Unzureichende Pri- vatanschluBverhaltnisse riihren daher an den Lebens- nerv der Industrie und so sollte man ganz besonders bei solchen Enteignungen, welche die Erweiterung der AnschluBanlage zum Gegenstande haben, das oSent- liche Interesse nicht engherzig Yerkennen.

Aber gerade hieran hat es gefehlt. So erklarte sich noch im zweiten Kriegsjahr eine der groBten

Eisenbahndirektionen unter Berufung auf Pr&ze- denzfalle aus der Friedenszeit auGerstande, ein offentlichcs Interesse an der Enteignung fiir die PrivatanschluBgleise eines westfalischen Werkes der GroBeisenindustrie anzuerkennen, obwohl dieses aus- schlieBlich GeschoB- und sonstiges Hęeresmaterial herstellte und der AnschluB nichts weiter ais ein dauernd verstopfter Giiterbahnhof war, auf welchem die Wagenstandgelder1) den hundertfachen Betrag der Friedensjahre erreichten.

Fanden wir auch bei der Ministerialinstanz sofort Verstandnis und Abhilfe, so war doch die Behandlung in erster Instanz immerhin m it einem Zeitverlust yerbunden gewesen.

Um so dankenswerter ist cs, wenn, wie im vor- liegenden Falle, die Sache von vornherein in riclitiger, allen Interessen Rechnung tragender Weise angefaBt wird, und besonders ist die grundsatzliche Stellung- nahme zu bcgruBcn, dic der Herr Minister der offent- lichen Arbeiten in seinem neuesten Beschlusse ein- nimmt, dessen hohe Bedeutung gerade auch fiir die kiinftige Friedenszeit aus den Worten der Begriindung ohne weiteres hervorgeht. Es handelt sich um f o lg e n d e n F a li:

Ein gemischtcs Werk der GroBeisenindustrie hat die Genehmigung zur Erweiterung seiner AnschluB- anlagen nachgesucht. D a hiermit die Kreuzung mehrerer offentlicher StraBen durch AnschluBgleise yerbunden war, setzte das Untemehmen die teilweise Einziehung und Veranderung von vier StraBen voraus. Der Regierungsprasident ordnete in dem oben angefuhrten P la n f e s t s t e llu n g s b e s c h lu B diese MaBnahme an und sprach sich in der B e g r iin - d u n g iiber die F r a g e d es ó f f e n t li c h e n I n t e r ­ e s s e s in folgender Weise aus:

„Sowohl die Anlage, wie auch die Erweiterung derartiger Werke der GroBindustrie, wie des X ’sclien Werkes, sind durchweg ausgeschlossen, wenn nicht das Wegenetz entsprechend geiindert und in das Werksgelande fallende Wege beseitigt werden. Wenn auch ein groBes Werk stets eine groBere Anzahl selbstandiger Gebaude aufweist, so ist der Betrieb in diesen Gebauden doch kein selbstandiger und abgeschlossener, sondern das Materiał muB bis zur Fertigstellung des Fabri- kats hin und her transportiert werden. Hierdurch, wie auch durch die Anfuhr der Rohmaterialien, dic Abfuhr der Fertigfabrikate, jetzt im Kriege aber auch durch die Abfuhr des Aushubs beim Bau der neuen Anlagen, die Anfuhr der Baumaterialien, Hallen, Maschinen usw., die bei dem groBen Mangel an Pferden nur durch Eisenbahntransport erfolgen konnen, wird ein umfangreiches Gleisnetz bedingt, das niemals fiir die Dauer fcstgelegt werden kann, sondern gemaB den Bediirfnissen des Betriebs steten Veranderungen unterliegt.

l) Dagegen hat die Kaiserliohe Generaldirektion d e r Eisenbahnen in ElsaB-Lothringen ein m ittelbares Interesse der EisenbahnTerwaltung an einer Bchnelleren E ntladung der Kokswagen anerkannt. (Bescheid yom 23. Ju n i 1917, I 3S54.)

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16. Noyember 1917. Das ójlentliche Intereese bei ErUeignungen. Stahl und Eisen. 1043

Wirtschaftlicheund sichcrheitspolizciliche Grunde erfordern die Beseitigung offentlicher Wege in einem derartigen Gelandc.

Nach den Entscheidungen des Oberverwaltungs- gcrichts sind bei den in solchen Fallen notwendig werdenden Verlegungen und Veranderungen offent- licher Wege die Interessen derartiger Werke ais v o lk s w i r t s c h a f t li c h e I n t e r e s s e n zu beriick- sichtigen. In einer Entscheidung des Oberverwal- tungsgerichts, Bd. 18, S. 239, wird in Hinsicht auf eine Wegeandcrung ausgefiihrt:

„Die Bedeutung derartiger groBer in- dustrieller Unternehmungen . . . . hebt dieselben aber offenbar weit iiber den Bereich privater Yerhaltnisse hinaus, vielmehr konkurrieren o f f e n t l i c h c I n t e r e s s e n dabei in sehr erheb- lichem Grade. Wenn die Polizeibehorde also sich des Schutzes und der Forderung derselben dureh Beseitigung entgegenstehender Hindernisse an- nimmt, so handelt sie durchaus in den gesetz- lichen Grenzen ihrer Befugnisse.“

Diese Gesichtspunkte treffen im vorliegenden Falle in jeder Hinsicht zu; sie muBten von den zu­

standigen Behorden, den Orts- und Wegepolizei- behorden und den dureh das Kleinbahngesetz ais Polizeibehorden bestellten Aufsichtsbehorden be- achtet werden und zur Aenderung der Wege AnlaC geben.

Es kommen iiber aueh ferner im wcitcsten Umfange s ic h e r h e it s p o l i z e i l i c h e G e s ic h t s ­ p u n k te in Frage.

Es ist m it unanfechtbarcr Sichcrheit zu er­

kennen, daB die Belassung offentlicher Wege im Bereiehe der erforderlichen umfangreichen Gleis- anlagen polizeilich ganz unzulassig sein wurde, da eine geniigende Sicherung des offentlichen Wegeverkehrs niemals zu erreiehen sein wiirde, desgleichen nicht eine Sicherung * des auf den Gleisen sich vollziehenden Eiscnbahnbetriebs. Die Aufsichtsbehorden mussen aueh aus diesem Grunde die im Piane vorgeschene Beseitigung des Wege- verkehrs dureh Aufhebung der im Bereiehe der neuen Anlagen befindlichen Wege und die Her­

stellung der Ersatzwegeverbindung verlangen.

Hiernach sind die Wcgeanderungen k e in e s - w e g s n u r dureh dic a u B e r st d r in g e n d e n E r- f o r d e r n is s e der j e t z ig e n K r ie g s z e it bedingt, sondern d a u e r n d e r fo r d e r lic h , und eine weitere Erorterung des yon einem Yertreter der Einspruch- erheber gestellten Antrags, die Aenderungen nur fiir die Kriegszeit zuzulassen, kann nicht in Frage kommen.11

Erganzend weist noch Herr Geheimer Regierungs- rat Dr. W re dc auf die Entscheidungen des Ober- yerwaltungsgerichts Bd. 53, S. 420, und PreuB. Ver- waltungsblatt Bd. 35, S. 245, hin und fiihrt aus,

„daB diese Entscheidungen durchaus im Einklang stehen m it der seit langer Zeit feststehenden und wohl begriindeten Rechtsprechung des Oberver- waltungsgerichts, daB die Polizeibehorden bcrech-

tigt und vcrpflichtet sind, bei ihren Anordnungen nicht nur die von ihnen speziell zu wahrenden, sondern aueh alle ubrigen der Obhut der Polizci anvertrauten offentlichen Interessen zu bcriick- siehtigen11.

Unter Zuriickweisung der von Ortsbewohncrn erhobenen Beschwerden bestatigte der Herr M in is te r d er o f f e n t li c h e n A r b e it e n dureh B e s c h lu B v o m 16. A p r il 1917 die Entscheidung der Kgl.

Regierung, hob die betreffenden StraBenteile, fiir welche die Unternehmerin die im Plan gekennzeich- neten ErsatzstraBen herzustellen hat, auf, bestatigte die Vereinbarungen der Unternehmerin m it der wegc- unterhaltungspflichtigen Stadtgemeinde iiber den Ausbau und ordnete an, daB drei der aufgehobenen StraBenteile sofort wegfallen, wahrend der vierte zu sperren ist, sobald die ErsatzstraBe nach dem Er- messen der zustandigen Bchorde benutzbar und dem Verkchr iibergeben ist. Der allgemein wichtige Teil der B e g r u n d u n g la u t e t :

„Obwohl es nicht bestritten wird, verdient aus AnlaB der fast ausschlieBlich gegen die Yerlcgung der StraBen erhobenen Beschwerden und in Be- riicksichtigung der weitgehenden Bedeutung der­

artiger Anordnungen kurz ausgesprochen zu werden, daB die Z u s t a n d ig k e it der K le in b a h n a u f - s ic h t s b c h o r d e n zu derartigen Anordnungen im Planfeststellungsverfahren gegeben ist. War im vorliegenden Falle die Planfcststellung nach der grundsatzlichcn Seitc also nicht zu beanstanden, so blieb zu priifen, ob sie auf hinreichend stich- haltigen Griinden fuBt, den in die offentlichen Yer­

haltnisse immerhin recht cinschneidenden A kt einer Aenderung des offentlichen Wegenetzes zu recht- fertigen. Dessen bedurfte es um so mehr, ais es sich bei PrivatanscliluBbahnen z u n a o h s t um die Verfolgung p ri v a t e r W u n s c h e und Bestrcbungen handelt, die in der Regel hinter den Bediirfnissen des AUgemeinwohls und entgegenstehenden Rechten Einzelner zuriicktreten mussen. Gleichwohl konnen die Yerhaltnisse bei PrivatanschluBbahnen im einzelnen derart liegen, daB ihre iib e r d ie p r i- y a t e n B e d iir f n is s e h in a u s g e h e n d e B e d e u ­ t u n g eine abwcichende Haltung erheischt. So hat aueh das Kleinbahngesetz mit der Moglichkeit gc- rechnet, daB die Herstellung einer PrivatanschluB- bahn selbst auf offcntliche Einrichtungen einen be- stimmenden EinfluB zu ungunsten der letzteren ausiiben konne. Das ergibt sich zuverlassig aus der Anordnung, daB die Bestimmungen iiber Be- teiligung der Wegepolizeibchorde usw. und nament- lich Ober das Verfahren der Planfeststellung selbst in gleichcr Weise wie bei den Kleinbahnen An­

wendung zu finden haben. Wiederholt hat denn aueh die Herstellung von PrivatanschluBbahnen auf bestehende Einrichtungen und wohlbegriindete Rechte einen hemmenden EinfluB ausgeubt, u. a.

in Fallen der Verleihung des Enteignungsrcchts an solche Bahnen. Yoramsetzung fiir eine derartige Behandlung ist aber immer, daB der Forderung

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1044 Stahl und Eisen. Das ól/entllche Interesse bei Enteignungen. 37. Jatirg. Nr. 46.

der Privatanlage eine solche B e d e u t u n g fiir d as a llg e m e in e W o h l zukommt, daB das Unter­

nehmen in der jeweiligen Hinsicht geradezu ais g e m e in n iit z ig e A n la g e angesehen werden muB.

E s ist deshalb im yorliegenden Falle in dem an- gefoehtenen P la n f e s t s t e llu n g s b e s c h lu B m it R e c h t a u f d ie s e F e s t s t e l l u n g W e r t gelegt und es ist zutreffend ausgefuhrt worden, daB bei der Erweiterung d e r a r tig e r g ro B er in d u s t r ie l le r A n la g e n n ic h t le d i g l i c h d ie p r iv a t e n I n t c r - e s s e n d es W e r k s, s o n d e r n in h o h e m MaBe a u c h G ru n d e d es O f fe n tlic h e n W o h le s in Betracht kamen. Werke der hier in Rcde stehenden Art haben neben ihrer weitergehenden B e d e u t u n g fu r d a s a llg e m e in e W o h l dureh ihr la n g - j a h r ig e s B e s t e h e n und ihr volliges H in e in - w a c h s e n in die Verhaltnisse auch dem o r t- l ic h e n W ir t s o h a f t s le b e n ih r G e p r a g e in e in e r W e is e a u f g e d r u c k t , daB jede groBerc Aenderung, die im Betriebe oder dem Gedeihen des Werkes yorkommt, nicht nur auf groBe Mengen einzelner Menschen, sondern auch auf private und Offentliche Einrichtungen einwirkt. Es bedarf nur des Hinweises auf den Fali mehr oder weniger plOtz- licher A u s s c h a lt u n g e in e s s o lc h e n B c t r ie b e s , um das erkennen zu lassen. D ie F o r d e r u n g d e r ­ a r t ig e r U n te r n e h m u n g e n stellt sich deshalb ais eine d u r c h a u s g e b o t e n e P f l i c h t der zu r W a h r u n g d es A llg e m e in w o h ls b e r u fe n e n S t e l le n dar.

Es bedarf kaum der Ausfiihrung, daB das in gleicher Weise a u f d ie E is e n b a h n a n la g e n z u - t r i f f t . Die L e b e jn s fa h ig k e it solcher Werke ist so s e h r a b h a n g ig von gesicherter ausreichender Verbindung m it der fur sie fast allein in Frage kommenden BefOrderungseinrichtung, der E is e n - b a h n , und die Fiihrung der Gleise, die zusammen- gefaBt in dem Begriff der P r iv a t a n s c h lu B b a h n den Verkehr m it dem a llg e m e in e n E is e n b a h n - n e t z sichern, ist von so hem rragender Bedeutung fiir die wirtschaftliche Ausnutzung der Anlagen, daB die Erwagungen, die die Zulassigkeit der F o r d e r u n g d es W erk s a u f K o s te n a n d e r e r B e d u r f n is s e betreffen, sich ohne weiteres auf sie ubertragen.

Diese Vorauss’etzungen treSen auf das X ’sche Werk durchaus zu. Seine Bedeutung im industriel- len Leben ist bekannt und bedarf keiner ErOrte- rung. Die Zulassigkeit der Planfeststellung hatto danach nur bei ganz besonders schwerwiegender Begriindung der Beschwerden, die die Aufrecht- crhaltung der Offentlichen StraBen unter allen Um- standen geboten erscheincn lieB, zweifelhaft sein konnen. Der angefochtene BeschluB hat zu dieser Frage eine Untersuchung Yorgenommen, ob eine Losung dureh Aufrechterhaltung der StraBen innerhalb der neuen Werksanlagen mOglich sei.

D en Ausfiihrungen ist darin beizutreten, daB bei dem Umfang der geplanten Gleisanlagen und in Beriicksichtigung der Eigenart des Werks die Be-

lassung óffentlicher Wege innerhalb derselben vom polizeilichen Standpunkte nicht geduldet werden kann. Die E r h a lt u n g der S tr a B e n wiirde somit n u r a u f K o s te n der E r w e it e r u n g d e s W erks m o g lic h sein. B e i d ie s e r T r a g w e it e der Ent- scheidung muBte \o n ausschlaggebender Bedeu­

tung sein, daB es sieh bei den Beschwerden durch- weg nur darum handelt, Erschwcrnisse und Be- lastigungen zu vermeiden, daB die neuen StraBen- zuge aber vollauf geeignet sind, die alten Wegever- bindungen zu ersetzen. Mit Recht haben deshalb auch die Ortlichen kommunalen und polizeilichen Behorden keine Bedenken getragen, dem Plan zu- zustimmen.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daB die Wiirdi- gung der Sachlage eine durchaus allgemeine, n ic h t v o n d en a u g e n b li c k li c h e n Z e it v e r h a l t n i s - se n a b h a n g ig e ist. Deshalb geht auch der von den Bcschwerdefiilircrn erhobene Einwand, die Erweiterung der Werksanlagen sei naeh den eigenen Aussagen der Firma auch ohne die dureh den Krieg geschaffenen Verhaltnisse notig ge­

worden, fehl. Der Krieg hat bei der gegcbenen Wiirdigung der Lage nur insofern eine Einwirkung ausiiben kOnnen, ais er zu einer beschleunigteren Ausarbeitung der Erweiterungsplane AnlaB ge­

geben haben diirfte, und die zwingende Notwendig- keit schleunigster Hcrstellung der der Anfertigung Yon Heeresbcdarf dienenden Anlagen nicht ohne EinfluB auf eine peinliche Abwagung der groBeren oder geringeren ZweckmiiBigkeit einzelner Aende­

rungen gewesen sein mag.

Keine Beriicksichtigung konnte endlich in seiner allgemeinen Fassung der Einwand finden, die Erweiterung hatte zweckmaBiger naeh einer anderen Seite hin Yorgenommen werden konnen.

Dem Bcgehren auf Versagung der Planfest­

stellung bzw. der Aufliebung des Planes aus AnlaB der in der Wegefrage vorgebrachten Beanstandun- gen konnte naeh alledem nicht entsprochen werden.

Es war aber angezeigt, um hinsichtlich des Um- fanges der SchlieBung der Offentlichen StraBen und der Hcrstellung der ErsatzstraJBen jeden Zwei- fel zu beseitigen, die entsprechenden Anordnungen nicht nur dureh den Plan kenntlich zu machen, sondern in diesem BeschluB besonders auszu- sprechen und auch den Zeitpunkt der Sperrung der alten StraBen einwandfrei festzulegen. Das ist gesehehen. ■

Bei der gekennzeichnetcn Sachlage bedarf es keiner Ausfiihrungen mehr, weshalb der Vorschlag, nur eine Yorubergehende Sperrung der StraBen eintreten zu lassen, unausfuhrbar ist.

Hinsichtlich der weitergehenden Beschwerden, die sich auf storende Einwirkungen der Werk- anlagen beziehen, kaim dahingestellt blciben, in­

wieweit dic an das stellvertretende Generalkom- mando gerichtete Eingabe Anspruch auf formelle Beriicksichtigung in dem yorliegenden Verfahren hat. Der etwas eingehendere Tatbestand dieser

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15. Novomber 1917. Das óf/entlicfie Interesse bei Enłeignungen. Stahl und Eisen. 1045

Eingabe dcckt sich groBenteils m it dem Yorbringcn an anderer Stelle und muBte ohnehin gewurdigt werden. Soweit die Einwcndungen ungunstige Einwirkung der Fabrikriickst&nde und Fabrik- masehinen auf die Bewohnbarkcit der angrenzenden Hauser behaupten, konnen sie hier nieht beachtet werden. Das Verfahren beschrankt sich durchaus auf die Feststellung des Planes fiir dic Privat- anschluBbahn und die hierdurch beeinfluBten Yer- haltnisse. Wenn aber dio Bahnanlagc selbst ais Ursache der StSrungen bezeichnet wird, so ist vom polizeilichen Standpunkt aus kein ausreichender AnlaB gegeben, der Unternehmerin auf Grund der §§ 18 und 47 des Kleinbahngesctzes vom 28. Juli 1892 Auflagen zum Schutzc der benach- barten Grundstiicke gegen Gefahren und Naehteile zu machen. Wollen die Beschwerdefiihrer aus An­

laB der Ausfiihrung des festgcstellten Planes privat- rechtliche Ansprtiche irgendwelcher Art gegen die Unternehmerin gcltcnd machen, so sind sie schon durch den PlanfeststellungsbeschluB zutreffend auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen worden.“

In z w e i R ie h t u n g e n sind diese Beschliisse von grundlegender Wichtigkeit. Einmal stimmen sie darin tiberein, daB sie das o f f e n t li c h e I n t e r e s s e nieht in erster Linie auf die besonderen Notwendig- keiten des Krieges, namlich auf die ausgiebige und schnelle Erzeugung von Hceresbedarf stiitzen, son­

dern aus der a llg c m e in e n v o lk s w i r t s c h a f t - li c h e n B e d e u t u n g des antragstellenden Werkes der GroBeisenindustrie herleiten. Wir haben oben bereits gesehen, wie dieser Gesichtspunkt in der Zeit v o r dem K r ie g e nieht die geniigende Beriicksich- tigung gefunden hat, und wir konnen hinzufugen, daB w a h r e n d d es K r ie g e s eine v e r a n d e r te S t e llu n g n a h m e Platz grill. Dieselbe kcnnzeich- nete sich zunachst dahin, daB man das offentliche Interesse naturgemaB nunmehr vom Standpunkt der K r ie g s n o t w e n d ig k e it e n aus betrachtete, und daB die milit&rischen Interessen bei den Hceresbedarf erzeugenden Werken, die kriegsv?irtschaf llichen Inter­

essen bei der iibrigen Gutererzeugung das 6ffentliche Interesse darstellen, welches iiber die Zulassung von Enteignungcn und Wegeverlegungen entschied. Be- scheinigungen des Kriegsamts oder der stellver- tretenden Generalkommandos wurden daher allent- halben ais ausreichender Nachweis des offentlichen Interesses betrachtet und es entwickelte sich daraus eine groBe Anzahl von Enteignungsverfahren, die, soweit wir damit zu tun hatten, ausnahmslos zur Enteignung gediehen und denen das Verfahren der Kriegsbeschlagnahmc nebenher ging. Aber natur­

gemaB legte sich der Jurist die Frage vor, wie es denn n a e h dem K r ie g e werden wiirde, und ob alsdann nieht ein Rtickfall in die fruhere engere Auf- fassung zu erwarten sei. Daher ist es doppelt be- deutsam, aus diesen Beschlussen entnehmen zu durfen, daB den allgemein yolkswirtschaftlichen Ge- Bichtspunkten die entschcidende Bedeutung beige- messen wird. D e r K r ie g ist aueh hier der Y a te r

n e u e r A n s c h a u u n g e n geworden, und wenn wir noeh vor kurzem1) dio Hoffnung aussprachen, daB diese Erkcnntnis des offentlichen Interesses an den Lebensbediirfnissen der GroBindustrie zu einer d a u e r n d e n F r u c h t des Krieges ausreifen werde, so hat sich dies schneller erfullt, ais wir erwartet hatten. Denn noeh wahrend des Krieges haben laut diesen Beschlussen die maBgebenden Behorden die rein militarische und k r ie g s w i r t s c h a f t li c h e B e - t r a c h t u n g s w e is e bei solchen Interessenfragen a b g e s t r e if t und die v o lk s w i r t s c h a f t l i c h e A n - s c h a u u n g in solcher Weise in den V o r d e r g r u n d gestellt, daB die Lidustrie aueh naeh dem Kriege darauf wird rechnen konnen, ihren Daseinsnotwen- digkeiten das offentliche Interesse zuerkannt zu sehen.

NaturgemaB aber kann diese Anerkennung keine unbeschr&nkte sein. D ie n&here G r e n z b e s tim - m u n g ist es zweitens, fiir welche diese Beschliisse von grundlegender Wichtigkeit sind. Zum Ycrstand- nis derselben sei es gestattet, auf den B e r g b a u hin- zuweisen. An der Hebung der Mincralsch&tze besteht selbstverstandlich ein offentlichcs Interesso von hochster Bedeutung. Gcbunden an den Ort des Mincralvorkommens sind aber nieht nur die unter- irdisehen Bau- und die Forderungseinrichtungen, sondern aueh alle jene Tagesanlagen, die zur Sor- tierung, Reinigung, Konzentration und mcchanischen Bearbeitung der gewonnenen Mincralien bestimmt sind, und deshalb kann aueh fur d ie s e Anlagen da8 Offentliche Interesse nieht yerneint und die Grund- abtretung gesetzlich verlangt werden. E b e n s o ist aueh die G r o B in d u s tr ie vielfach an d ie A r b e it s - s t a t t e g e b u n d e n , die sie von friiher her einnimmt.

Handelt es sich um ein W^rk, das n ie h t v e r le g t w erd en k a n n , ohne die Interessen vieler Menschen, privater und 6ffentlicher Łinrichtungen in Mitleiden- schaft zu zichen, das, wie der MinisterialbeschluB sagt, in d ie V e r h a lt n is s e Y S llig h in e in g e - w a c h s e n dem Wirtschaftsleben sein Geprage auf- gedruckt hat, dann ist es zweifellos, daB seine F5r- derung eine durchaus gebotene Pflicht der zur Wah­

rung des Allgenieinwohls berufenen Stellen ist. Wir werden also die seBhafte GroBindustrie von Griin- dungen zu unterscheiden haben, die nieht die Ge- wahr der Dauer in sich tragen und nur fiir die erstere auf die Anerkennung des offentlichen Interesses rechnen durfen, soweit ihr eine Bedeutung fur das allgemeine Wohl zukommt. Anderseits wird aueh solchen Anlagen, die erst kurze Zeit bestehen, aber bereits eine Umgestaltung des ortlichen Wirischafts- lebens herbeigefiihrt haben, aus dem sie nieht mehr ohne Schaden fur das Gemeinwohl herausgerissen werden kOnnen, das offentliche Interesse niclit abzu- sprechen sein.

Wie die in dem obigen BeschluB niedergelegten Grundsatze die Prasis bcfruchten und eine neue Ent-

A cbter Jahrcsbericht der Rechtskommission dc«

Yercina deutscher Eisenhiittenleute (St. u. E. 1917, 24. Mai, S. 489).

(6)

1016 Stahl und Eisen. l)aa ólfenlUche Irderesse bel Enlclgnungen. 37. Jahrg. Nr. 40.

wicklur.g anbahnen, lehrt weiterhin ein vor wenigen Tagen erstatteter Bericht, der mir nach AbschluB der obigen Erorterung zugeht und ebenfalls die V e r b in d u n g g r o B g e w e r b lic h e r A n la g e n m it d em E is e n b a h n n e t z zum Gegenstande hat. Diese Verbindung soli in dem zur BeschluBfassung stehen- den Palle dadurch erreicht werden, daB ein Giiter- zweiggleis auf einem offcntlichen Bahnhof fiir eine Eisenbahngesellschaft freigegeben und daneben oder statt dessen private AnschluBgleise unter Enteig- nung der hierzu erforderlichen Grundstiicke geschaffcn

■werden. An die AeuBerung des Herrn Landrats an- kniipfend spricht sich der Bericht des Herrn Re- gierungsprasidenten in Dusseldorf vom 20. Juli 1917 in folgender Weise aus:

„E s liegt hiertiach ein d r in g e n d e s o f f e n t - li c h e s I n t e r e s s e neben den privaten Interessen der erwahntcn groBen Fabriken vor, den bedeu- tenden Gutertransport dieser Firma der Haupt- eache nach auf dem Schienenwegc zu bewirken.

Nebensachlich is t hierbei die Rechlsform, ob in der vorgeschlagencn Weise oder durch ein An- schluBgleis. Der von dem Herrn Eisenbahn- kommissar befiirwortete Yorschlag scheint mir eine sehr zweckmaGige Losung zu sein, die von jeder Behordo vertreten und gefordert werden kann. Es

■werden dadurch nicht nur die Schwierigkeiten, dic nur durch Enteignung beseitigt werden konnen, ge- lost, sondern es wird auch der kunftigo Betrieb von vornherein in geeignete Hande gelegt. Auch in der Anlage einer offcntlichen LadestraBe er- blicke ich m it dem Landrate einen besonderen Vorteil dieses Vorschlagcs. Zudem wird durch den Vorschlag dic Anlage besonderer Zufiihrungsgleise fiir die Fabriken in der Rechtsform der AnschluB­

gleise nicht ausgeschlosscn. Sollte dagegen die Schiencnvcrbindung in der Rechtsform eines An- schluBgleises vom Bahnhofe Z ab ausgefuhrt wer­

den miissen, so wurde m. E. auch grundsatzlieh das E n t e ig n u n g s r e c h t verliehen werden miissen, wenn dies nach den spater vorzulegenden Unter- lagen erforderlich sein sollte. Zu k e in e r Z e it ist das B c d iir fn is e in e s E is e n b a h n a n s c h lu s s e s fiir jede etwas groBere Industrieanlage so s t a r k g e w e s e n w ie j e t z t , u n d d ie s w ir d n a c h dem K r ie g e a u c h w o h l so b le ib e n . Durchwcg sind die groBen Industrieanlagen iiber das privatwirt- schaftliche Interessengebiet hinaus gewachsen und haben g e m e in w i r t s c h a f t li c h e B e d e u t u n g er- langt, wie sich dies im vorliegenden Falle auch aus dem Berichte des Landrats ergibt. Staatliche For- derung ist daher eine unbedingte Notwendigkeit.

Die in meinem Beschlusse vom 9. Novembor 1916 I K 4443 und dem dortigen Beschlusse vom

16. April 1917 IV 48 ^IZO C anerkannten Gesichts-

I I I B . 1 CS

punktc treffen daher auch, soweit es sich um die Begrundiing der Verleihung des Enteignungsrechts aus Griinden des SSentlichen Wohlcs (§ 1 des Ge- setzes) handelt, durchaus in vorliegendcm Falle zu.

Nicht nur ist jetzt im Kriege fiir z a h lr e ic h e A n- s c h lu B g le is e d a s E n t e ig n u n g s r e c h t verliehen worden, z. B. den Rochling’sclien Eisen- und Stahl- werken, der Firma Fried. Krupp A.-G., der Firma Meister, Lucius und Briining usw., sondern in einzelnen Fallen derselbe Zweck durcli Anschlusse erreicht worden, die der rechtlichen Form nach E is e n b a h n e n , ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrer Betriebsart nach lediglich Privat- anschlusse sind, die heute noch in dieser Form be­

stehen und zwcifellos auch m it Hilfe des Ent­

eignungsrechts gebaut worden sind, z. B. die heute staatliche Abzweigung aus der Strecke iYlten- essen—Essen-Nord nach Essen-Segeroth, die, wenn auch jetzt an sie noch andere Privatanschliisse an- geschlossen sind, doch zunachst lediglich, und jetzt noch hauptsachlich einen AnschluB fiir die Firma Fried. Krupp A.-G. darstelltc. Die Gute- lioffnungshiitte hat vor langen Jahren einen An­

schluB auf Grund des Eisenbahngesetzes vom 3. Novembcr 1838 gebaut und dabei gemaB § 8 da- selbst das Enteignungsrecht crhalten.

Nachdem durch das allgemeine Berggesetz der Bergbau seit iiber 50 Jahren (partikularrechtlich seit vielen Jahrhunderten) ein formell zwar etwas beschranktes, praktisch aber fiir alle Bediirfnisse ausreichcndcs Enteignungsrecht (zumal auch fur die besonders aufgefiihrten Eisenbahnen) erhalten hat, wird man den jetzt zahlreiche Bergwerks- anlagen an gemeinwirtschaftlicher Bedeutung weit iiberragenden Industrieanlagen eine entsprechende Vergiinstigung in w eit groBerem Umfange wie bisher grundsatzlieh zugestchen miissen.11

Wir findsn in diesem Bericht die oben vorge- tragenen Anschauungen vollstandig bestatigt, die er sich auch insofern zu eigen macht, ais er einen den bergrechtlichen Grundsiitzen entsprechenden Zweck- gedanken zu venvirklichen sucht. Ueber die Behand- lung des Einzelfalles hinaus erhebt sich auch dieser Bericht zu einer zusammenfassenden Darlegung, deren besondere Bedeutung darin liegt, daB auch in der zukiinftigen Friedenszeit in bezug auf Enteig- nungen, Wegcverlegungen und PrivatanschluBbahnen mit einer verstiindnisvollcn Anerkennung und ausgiebi- gen Bcriicksichtigung der dringenden Lebensnotwen- digkeiten der GroBindustrie ais einer Angelegenheit des Allgemeinwohls wird gerechnet werden konnen.

(7)

15. Norember 1917. Oeschichtl. Entwicklung derOberschl. Eisenbahn-Bcdarfs-A.-O. Stali 1 und F.iscn. 1047

Die geschichtliche Entwicklung der Oberschlesischen Eisenbahn- Bedarfs-Aktien-Gesellschaft.

(Ein B eitrag zur G eseliiclite des Eisenhiittenw esens in Oberschlesien.) Yon Professor O s k a r S i m m e r s b a c h in B reslau.

(Fortsetzuag I jieColonnasehen Werke wurden zunachst bis zur

Regulierung der Erbschaft von einem der Haupterben, B a r o n G a s t h e im b , der eine Colonna zur Frau hat te, verwaltet, bis dann 1815 diesem die Hiitten der Herrschaft Tworog und seinem damals 20jahrigen Schwiegersohn G ra f R e n a r d die zur Iierrschaft GroB-Strehlitz gehorigen Werke zufielen.

Der Wert der GroG-Strehlitzer Herrschąfl steliće sich auf 620 000 Taler, doch hatte Graf Renard an andere Erben noch 483 100 Taler zu zahlen.

Graf Renard verbesserte und vermehrte die yon Colonna crerbten industriellen Anlagen in hohem MaBe. A uf der Colonnowskahiitte setzte er einen zweiten Hoehofen in Betrieb, erbaut.e an Stelle des Frischfeuers ein Drahtwerk sowie eine GieBerei mit zwei Kuppel- und zwei Flammofen und fiihrte mehrere Werkstattcn auf. In Kowollowska erhohte er ferner die Zahl der Frischfeuer auf sechs, und 1819 bis 1821 legte er zu beiden Seiten des aus der Malapane ge- speisten Kanals die R e n a r d s h ii t t e an, bestehend aus vier Frischfeuern, einem Reckhammer und einem Blechwalzwerk m it vier Walzgeriisten. In Zando- w itz entstanden 1830 bis 1832 ein Stabeisenwalz- werk, ein Puddlings-, Grob- und Feineisenwalzwerk, ein Drahtwerk, ein Kolbenfeuer und eine Werk- schmiede. Im Jahre 1837 wurden in Zandowitz die beiden Frischfeuer auBer Betrieb gesetzt; an ihre Stelle trat ein gróBeres Eisenblechwalzwerk. Dieses besaB ein eisernes Wasserrad von 180 Pferdekraften, welches unter einem Hiingewcrk von 100 FuB lichter Spannweite ruhte, das groBte damals in Schlesien, das noch heute vorhanden ist. Noch groBartiger wurde dieses Werk durch den 1838 vorgenommenen Umbau des alten holzernen Hochofenkastengeblases {Abb. 2) in ein doppeltwirkendes eisernes Zylinder- geblase und durch eine neue Hochdruckdampf- m aschine aus Luttich; 1847 wurde das Kolbenfeuer in einen Reckhammer m it Riemenbewegung uinge- baut. Fiir den Absatz der Erzeugnisse erbaute Graf Renard 1835 die nach ihin benannte Chaussee, welche zunachst von Oppeln nach Malapane und dann bei seinen Huttenwerken Renardshiitte, Vossowska, Colonnowska, Schwierkle und Zandowitz vorbei- lauft, um sich dann in Peiskretscham m it der Staats- chaussee von Oppeln naeh Gleiwitz zu %’erbinden.

1836 grundete Graf Renard m itten im dichten Walde am linken Ufer der -Malapane das Zawadzkiwerk, das seinen Namen nach dem dannligen graflichen GeneralbeyollmSchtigten F r a n z v o n Z a w a d z k i er- hielt und zunachst eine groBe Frischhiitte w ir , worin yier Doppelessen m it acht Frischfeuern und vier

von Soito 1021.)

guBeisernen Hammergeriisten nebst gemeinsameni Kastengeblase standen; 1841 baute er ein erstklassiges Puddelwerk hinzu, dessen Erweiterung im Jahre 1843 durch ein Stab- und Feineisenwalzwerk erfolgte.

Abb. 6 gibt ein Bild dieser yorziiglich eingerich- teten Walzwerksanlage. Die Stabeisenwalzen hatten 13 Zcll Durehmesser und niachten 90 bis 100 Um- drehungen. Die beiden konischen Rader waren m it 45 bzw. 28 Zihnen versehen, so daG das Kreiselrad bei 100 Umdrehungen der Walzen 160,7 Umdrehungen machte. Die Stirnrader zum Yorgelege fur das Fein­

eisenwalzwerk von 9 Zoll Durehmesser hatten 23 bzw.

12 Zahne, daher hatte disselbe 1912/ a Umdrehungen.

Die Stirnrader zum Vorgelege fiir die S e h e n zeigten 19 und 56 Zahne, daher machte die Schere bei obiger Geschwindigkeit 34 Schnitte.

D a die Zawadzkiwerke ihren Bedarf an Stein- kohlen von 60000 t acht Meilen per Achse herholen muBten, ging der damalige Hiittendirektor K o r- z u s z e k zum Puddelbetrieb in Doppclofen uber.

Ferner bediente er sich chemischer Zuschlage zum PuddelprozeB, teils zur Besehleunigung des Frisch- prozesses, teils, um die Qi>alitat des Eisens zu yer- bessern, und schcute uberhaupt keine Kosten, wenn es darauf ankam, praktische Yerbesserungen einzu- fuhren. So machte er zuerst auch Versuche, m it Steinkohlengas zu puddeln, und fiihrte mit groGem Erfolg das Stahlpuddeln ein, und zwar in solcher Ausdehnting, daB 1856 bereits zwćilf Raffinierfeucr in Betrieb waren. AuBer dem an Konigshuld abge- setzten Bedarf an Rohstahl erzeugte man damals in Zawadzki alle Arten von Feilen, Messer- und be­

sonders Fedcrstihl fiir Eisenbahnwagen. H artę so­

wohl wie E lastizitat dieses Puddelstahls kamen dem englischen GuB nahe.

Um seine Walzwerksanlagen auf eino gesundere Rohcisenbasis zu stellen, kaufte Graf Renard am 12. August 1851 fiir 120000 Taler die von M o r itz F r ie d lś in d e r und S im o n L e v y aus Beuthen und D a v id L o e w e n f e ld in Breslau im Jahre 1840 ge- griindete P r i e d e n s h ii t t c im Beuthener Stadtwalde.

D ie Friedenshiitte bestand anfanglich auBer aus Fordergerechtsamen aus einem Hoehofen nebst Gichtturin, GieBhutte und Mollergebąude, einer 50pferdigen Niederdruek-Geblasemasehine niit einem Dampfzylinder von 36 Zoll und einem Geblasezylinder von 60 Zoll und einer Kesseianlage von drei Kesseln;

ferner einer Sehmiedewerkst&tte und Tisehlerei so­

wie einem Beamtenwohnhaus und zwei Arbeiter- wohngebauden. Das hierzu erforderliche Grundstiiek in einer GroBe von 22 Morgen war yon der Stadt-

(8)

1048 Stahl nnd Eisen. GescMeJul. Entwicklung derOberschl. Eisenbahn-Bedarjs-A.-O. 37. Jahrg. Nr. 46.

Abbildung 6 . Eisen-W alzwerkaanlage fiir Zaw adzki-W erk (1 8 4 3 ).

gemeinde Beuthen in Erbpacht genommen. Der Der Holzkohlenhochofen des Grafen Renard zu Friedenshutter Hochofen lieferte jahrlich 30000 GroB-Borek iibertraf jedoch damals noch den Frie- Zcntner Roheisen und stand damit an der Spitze dcnshUtter Kokshochofen um 6000 bis 10 000 Zentner aller Kokshochofen Oberschlesiens, wie aus der fcl- im Jahr; desgleichen der Holzkohlenhochofen des genden Uebersicht fiir das Jahr 1846 hervorgeht. Grafen Hugo Henckcl von Donnersmarck auf der T , , . H ugohiitte, der jahrlich 36 000 Zentner Roheisen

J a h r e s l e i s t u n g . J

erzeugte.

d e r o b e r s c h l e s i s c h e n K o k s h o c h o f e n 1846. , j j - • j i

, , . . . Vom Grafen Renard wurde die Fnedenshutte aus-

1. F n e d e n s h u tte ... 30 0 0 0 Z tr. , , . , , , ,. , . . Tr„ , 2. L a u r a h iitte... 2 5 0 0 0 gebaut und yergroBert durch die Anlage eines Hoch- 3. A nto n ien h u ttc... 25 000 ” ofens nebst Zubchor, einer TOpferdckraftigen Hoch-

4 . M a r ia h u tte ... 23 000 druck-Gebliise-Dampf maschine und einer Koksofen- 5. Eintrachthutte . . • • • • • • • • 22 000 anlage von 28 Koksofen. Ebenso wurde ein drittes

• 7. FalvaMtte . 7 / . . 12 5 0 0 ” Arbeilerhaus und, um Straflinge beschaftigen z u 8. Hohenlohehutto . ... ...U 000 konnen, ein Yollstiindig fiir 150 Mann eingerichtctes-

(9)

15. November 1917. Oeschichll. Entwicklung der ObersM. Eieenbahn-Bedarjs-A.-O, Stahl und Eisen. 1040

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GefSngnislokal m il der erforderliehen Beamten- wohnung gebaut. An Grund und Boden wurden hierzu weitere 19 Morgen in Erbpacht genommen und 1854 wurde noch auf dem neu crpachteten Gebiet eine groBe Ziegelei fiir gewohnliche und Klinkerbau- ziegeln derartig errichtct, daB sie m it einer Maschine zu betreiben war, und schlieBlich wurde noch das Erbpachtgebiet bis auf gegen 200 Morgen erweitert.

Im Jahre 1853 war Graf Renard der zwcitgroBte Eisenindustrielle Oberschlesions, nur die Werke des G ra fen v o n H e n c k e l .auf Siemianowitz wiesen eine groBere Erzeu­

gung auf. Ernannte damals sein eigen:

2 Kokshochofen, 7 Hoizkohlen-

hochofen, 40 Frischfeuer,

1 Zainhammer, 1 Puddelwerk, 3 Blechwttlz-

werke, 2 Stabeisenwalz-

werk*, 1 Feineisenw&lz-

werk, und erzeugte:

Z tr.

145 778 Roheisen (da- ru n ter 10 000 Ztr. GuBeisen), 126 840 Frischeisen,

1 400 Feinoisen, 15 000 Sturzbleche,

5 000 Rohstahl, 3 000 raffinierten

P uddelstahl u.

1 000 D raht.

Puddelstahl und raffinierten Puddcl- stahl stellte sonst niemand in Ober­

schlesien her. An Blechen lieferte fer­

ner damals die Za­

wadzki hiitte allein fast die H alfte der obcrschlesischen Erzeugung (36 291

Zentner). Seine samtlichen Eisenwerke waren gemaB nachfolgender Uebersicht in sieben Huttenamter eingeteilt, die unter der Generaldirektion in GroB- Strehlitz standen.

E is e n w e r k e d e s G r a fe n K e n a r d 1853.

(Vgl. Abb. 7.)

a) H i i t t e n a m t C o lo n n o w s k a : Erzeugung 31000 Zentner Roheisen (einschl. 7000 Zentner GuB- waren), 28 000 Zentner Stab-, 600 Zentner Fein- eisen, 1 0 0 0 0 Zentner Bleche.

Hierzu gehiiren folgende Werke:

Colonnowska m it zwei HochSfen und GieBerei, ein Kuppelofen und ein Drehwerk, die Hoehofen sind m it Schopfherden versehen und verarbeiten Tar- nowitzer, Sternalitzer und Babkowsker Erze.

Kowollowska mit sechs Frisclifeuern.

Vossowska mit vier Frischfeucrn.

Brzinitzka m it einem Frischfeuer | am Gwosdzi- Rogolowa J aner Wasser.

Renardshiitte m it vier Frischfeuern und zwei Blechwalzwerken.

b) H i it t e n a m t Z a w a d z k i: Erzeugung 65000 Zent­

ner Stabeisen, 20 000 Zentner geschmiedetes Eisen, 5000 Zentner Rohstahl, 3000 Zentner raffinierter

Stahl.

D ie einzeinen Werke sind:

Zawadzkiwerk m it einer Puddel- und einer Walz- hutte, worin acht Doppel- und sieben SchweiB- ofen, ein Dampf- und ein Wasserhammer, eine Luppenstrecke, ein Stab- und ein Feineisen- walzwerk m it Drehwerkstatt, Schmieds und Schlosserei. Ferner in einer jenseits des W alz- werks erbauten H iitte acht Frischfeuer, die gegenwartig zu Stahlraffinierfeuern umgewan- delt sind. Betriebskraft: die Malapane und Dampfmaschinen.

Schwierkle m it einem Frischfeuer an der Malapane.

Koschmieder m it einem Hoehofen fur Holzkohlen, der bereits seit mehreren Jahren kalt liegt.

Liszczok m it zwei Frischfeuern.

Petershof m it zwei Frischfeuern.

fiose/

Abbildung 7. K a rta dos obcrschlesischen Industriebezirks m it den W erken der Obersehlesischen Eisenbaba-Bedarfs-Aktien-Gesellschaft.

( D ie e i n g e s e t z t e n Z a h l e n b e d e a t e n E n U t e h u n g s j a h r d e r e i n z e i n e n W e r k e .)

XLVX„ 140

(10)

(tO Stahl und Eisen. OescMchtl. Enlwłcklung der OberscM. Eiscnbah.n-Bedarfs-A.-Q. 37. Jahrg. Nr. 46.

Paceras m it zwei Frischfeuern, Betriebswasser aus Tcichen und dem Lublinitzer Wasser.

j ) H u t t e n a m t Z a n d o w it z : Erzeugung 46000 Zentner Roheisen, 5000 Zentner Bleche.

Zandowitz m it zwei Holzkohlenhoehofen, Tarno- witzer Erze, an der Malapane m it Hilfs-Gcblase- dampfmaseliine, einem Blechwalzwerk m it zwei Paar Walzen und einem Stabeisenwalzwerk nebst einem Streckhammer, welches alles aber im Jahre 1854 bis auf die Hoehofen kassiert war.

d) H u t t e n a m t K o k o t t e k : 18 000 Zentner Roh-i 7000 Zentner Stab- und 800 Zentner Feineisen- K okottek m it einem Holzkohlenhoehofen.

Alt-Zulkau m it zwei Frisshfeuern.

Neu-Zulkau m it einem Frirchfeuer und einem Streckhammer.

Posm yk m it einem Frischfeuer.

Lelonek m it einem Frischfeuer, Tarnowitzer und Georgenberger Erze; Betriebswasser aus Tei- cłlen; die Zulkauer Werke an der Malapane.

e ) H u t t e n a m t Z b o r o w s k i: 17 778 Zentner und 6840 Zentner Stabeisen.

Zborowski m it einem Holzkohlenhoehofen; Tarno­

witzer, Bodzanowitzer, Zborowskier Eisenerze;

Betriebswasser die Liswartha.

Zborowski m it einem Frischfeuer.

Drindone m it einem Frischfeuer.

Staschava m it zwei Frischfeuern. — An Bender

& Pringsheim in Oppeln verpaehtet.

f) H u t t e n a m t F r i e d e n s h u t t e : 33000 Zentner Roheisen (einschl. 3000 Zentner GuB waren).

Friedenshutte im Beuthener Stadtwalde m it zwei Kokshochofen (ein zweiter im Bau), Beuthen- TarnowitzcrErze; zwei Geblasedampfmascbinen g ) D ie D r a h t h i i t t e b e i Ł a z is k Leferte rd. x000

Zentner Draht.

Am 30. November 1855 verkaufte Graf Renard an die F o r s t - , H i lt t e n - u n d B e r g b a u g e s e ll - s c h a f t „ M in e r v a “ die Guter Keltsch, Stanisch, Zandowritz, Wierschlesche und Łazisk im GroB- Strehlitzer Kreise, die Herrschaften Ruschinowitz, Brinitz und Solarnia im Lublinitzer Kreise m it siimt- lichen Eisenwerken, sowie die Friedenshutte im Kreise Beuthen fiir 3 493 271 Taler.

Zweck der Gesellschaft „Minerva“ (laut S tatu t d. d. Berlin, 3. Marz 1851, Allerhochst bestatigt unterm 22. Oktober desselben Jahres) war:

1. Ausbeutung und Yerwertung der Eisenerze, Kohlen und aller nutzbaren Mineralien und Fossilien aus Bergwerken, Gruben, Erzfeldern bzw. Bergwerks- gruben und Erzfelderanteilen.

2. Das Aufsuchen und der An- und Verkauf dieser Mineralien und Fossilien, die Erlangung und Erwer- bung oder Pachtung der zu ihrer Ausbeutung er­

forderlichen Rechte und Konzessionen.

3. Die Anlage neuer und der Ankauf sowie Pach­

tung von Eisen- und Stahlwerken, Wasserkraften, Huttenwerken und damit in Yerbindung stehenden

Etablissements, sowie von zu dereń Betrieb niitz- lichen Wegen, Feldern, Waldern und Realitaten.

4. Die Fabrikation von Stahl, Eisen und sonstigen Metallen, Maschinen und dereń Teilen, sowie der Handel und Verkauf aller daraus zu gewinnenden Produkte und Fabrikate.

Das Aktienkapital belief sich auf 5 Millionen Taler. An der Spitze der Verwaltung stand ein Generaldirektor, welcher in Breslau seinen Sitz hatte.

Diesem Generaldirektor waren unterstcllt: die Gene- rahrerwaltung zu Zawadzki und die Generalverwal- tung zu Friedenshutte. D ic Generalyerwaltung zu Zawadzki leitete ein Verwaltungsdirektor, zu dessen Ressort die Venvaltung des Gtiterbesitzes und der H iitten und Mtthlenwerke, sowie der iibrigen Wcrks- anlagen im GroB-Strehlitzer und Lublinitzer Kreise gehorte. Die Forsten standen unter der Leitung eines Forstinspektors zu GroB-Staniscli und dreier Ober- forster. D ie HiUtenwerke waren in vier Hiitten- reviere — Colońnowska, Zandowitz, Zawadzki und Friedenshutte — eingeteilt, dereń jedem ein Htitten- nieister yorstand.

Die Gesellschaft „Minerva“ yollendete zuvorderst 1856 die vom Vorbesitzer begonnenen Bauten der Friedenshutte, erbaute den dritten Hoehofen, stellte eine lOOpferdekriiftige Hochdruckmaschine nebst Zu- behor auf, errichtete ein yiertes Arbeiterhaus und baute zehn neue Koksofen. In den folgenden beiden Jahren wurde die ganze Anlage derart yergroBert, daB sie nun aus sechs Hoehofen (vier fertig, zwei un- vollendet) bestand, von denen die ersteren eine ge- meinschaftliche GieBhiitte, jedoch getrenntc Moller- hauser besaBen. D ie neuen Hoehofen hatten die groB- ten Abmessungen unter den oberschlesischen Hoch- ofen. D ie Gebliisemaschinenanlage (eine Nieder- druck- und drei Hochdruckmaschinen von zusammen 400 P S) war derartig eingerichtet, daB die Nieder- druekmaschine dureh dic abgehenden Dampfe von zwei Hochdruckmaschinen je beliebig betrieben werden konnte, in dieser Art die einzige Anlage in Oberschlesien. Dio zu den Maschinen gehorige Kessel- anlage bestand aus 18 Dampfkesseln m it direkter Feuerung. D ie Verkokungsanlage wurde bis auf 44 Oefen yollstandig ausgebaut und noch m it zehn Ofenfundamenten erweitert. D ie Arbeiter der Frie­

denshutte genossen die Begunstigung eines Knapp- schaftsverbandes und die Beam ten eines Beamten- W itwen-Pensions-Fonds.

Im Laufe des Jahres 1856 wurde des weiteren in Zawadzki neu gebaut: ein Walz- und ein Puddelwerk m it 15 Puddel- und zehn SchweiBofen, drei Dampf- hammer zu 34, 40 und 80 Zentner Schwere, ein Lup- penwalzwerk, ein Grobeisen-, Schienen-, Achsen- und Radreifen-WalzwTerk, ein Stabeisenwalzwerk und eine Feinstrecke nebst den notwendigen Scheren, Kreissilgen, Dreherei, Schlosser- und Schmiedewerk- statten, zu dereń Betriebe neue Dampfmaschinen yon zusammen 380 Pferdekraften aufgestellt wurden.

1858 kamen zu den bestehenden Anlagen hinzu:

beim Luppenwalzwerk ein drittes Walzgeriist, bei den

(11)

15. Norember 1917. OtschkMl. Entwicklung der Oberschl. Eisenbahn-Bedarja-A.-O. Stahl und Eisen. 1051

Grobeisenstrecken eine Hebevorrichtung fiir schwere Ln Jahre 1857 erzeugte allein die Friedenshiitte Stiieke und zur Auswcchslung der Walzen, zwei 130 686 Zentner Roheisen, ara m eisten von allen Richtmaschinen zur Anfertigung von Eisenbahn- Privathiittcn Oberschlesiens.

schienen u. a. m. Die technischen Loistungen der Minerva-Gesell-

In Coloimowska wurde ferner 1857 die GieCerei sehaft waren ausgezeichnete. Besonders hatten die umgebaut und zu Łazisk die Drahthiittc. Im Jahre Zawadzki werke, die zuerst in Schlesien das Stahl- 1857 besaB die Gesellschaft „Mincrva“ folgende puddeln eingefilhrt hatten, es zu einer groBen Sicher-

Eisenhiitten: heit und Vollendung in der Herstellung des Puddel-

E iso n h U tten 1) dor „M inerva“ 1857. stahls gebracht. Auf der Breslauer Industrieausstel-

1. Hoohofenwcrk. lung 1857 wurden vom Zawadzkiwerk zum ersten

Hochofen Małe aueh stahlcrne Waggonfedern vorgefiihrt. N ieht a) Friedenshutto (Koks) . . . . c (2 im Bau) minder forderten die dort vorziiglichen Stabeisen- c) 7bowraki (1Iolzkolllc) • • j erzeugnisse, besonders die Bruchproben von sehnigem d) Co!°onnowśka ", .' . 2 und kórnigem Eisen zur gerechtcn Anerkennung der

e) Zandow itz . . 2 ausgezeiclmcten Leistungen und Fortschrittc der

Minerva - Gesellschaft auf. Ihresgleichen such- ten u. a. zwei gelochte Probestiicke: in das eine dieser Stiieke, einen Rundeisenstab von 18 Zoll Lange und 1 1/2 Zoll Starkę, waren dicht hintcrcinander sieben Locher von 1 % bis 1% Zoll gelrieben;

das andere war ein l ’/ , 8-Zoll- Quadratstab und zeigte seclis rundę Locher von 1% Zoll Durchmesser; dabei war das Eisen vollstan-

Abbildung 8. Ansicht der Friedenshutte (1856). u ™ K l^ cn

& blieben. D ie Draht-

2. Puddolworke. hiitte der Minerva zu Laszisk lieferte vorzOglichen a) Z a w a d z k i...^ “ m it 10 Schweifiofen Stahldraht aus selbsterzeugtem Stahl, so daB der b) J la rth a h u tte (gepaoht.) 10 „ 4 schlesische Draht den westfalisehen Draht vom Bres-

3. Walzwerke. laucr Markte fast ganz verdrangte und aueh in be-

a) Zandow itz . . " T T l I S d 1 Blechwalzwcrk trilchtlichen Mengen in andere Provinzen u n d in das b)R en ard sh u tte . . . 2 2 Konigreich Polen ausgefiihrt wurde.

4. Frisch- und Zainhammerwerke. Sowohl auf der Londoner, ais aueh auf der Pariser

sum- Frisch- und W eltausstellung und auf der ersten schlesischen

f.uer Kolbcnfeucr .

a) Z a w a d z k i... 12 8 Industrieausstellung in Breslau hatten ferner die b)K o w o llo w s k a...— 6 Papierblcche der Minerva die Bewunderung der Be- c) V o s s o w s k a... 4 sucher auf sich gezogen. Ein derartiges Papierblech d) B r z i m t z k a... — i (-assier wurde dort gezeigt, und zwar m it einer Ansicht der

e) B o i r o lo w ie t z ...— 1 . r . n ...

f) R e n a r d s h iitto ... 4 2 nedcnshutte aus dem J a h r e 185t> (A bb. 8 ;. Wenn g) S c h w ie r k lc... — l aueh diesen Kunstprodukten ein besonderer prak- h) L i s z o k... — 2 tischer Wert nieht zuerkannt werden kann, so be­

le j Paccras°f ... —- 2 zeugten sie doch in augenfalliger Weise die Gute 1) K okottek ! . . 2 (1 kassiert) des verwendeten Materials. Trotzdem standen dic m) A l t - Z u l k a u... — 2 wirtschaftlichen Erfolge der Gesellschaft Minerva n) N e u -Z u lk a u...— 1 zu den technischen Leistungen, der GroBe der auf- pj Lolónnek... — i gewendeten M ittel und dem Umfange der Geschafts- q) Zborowski . . . ___ l (kalt) interessen in keinem Verhaltnisse. Infolgedessen be- r) Drindono i . . . — 1 gannen im Jahre 1870 Verhandlungen, ais deren Er- ______s) Staac h o w a ... 2 (1 kassiert) gebnis die Griindung der „ O b e r s c h le s i s c h e n

‘) AuBerdem betrieb dio Gesellschaft aueh zehu Zink- E i s e nb a h n - B e d a r f s -A k t i e n -G c s e l l s c h a ft “ in hiitten (GaborhUtte, F ricdenshutte, Thurzo-Justina-S ta- einer am Februar 1871 a b g e h a lte n e n General- nislaushiitte usw.). Insgesam t standen 1861 in Oberschle- n n , n.

sien 47 H u tten i n Betrieb, die sieh m it der Erzeugung von erfolgte ' D as G r u n d k a p .ta l betrug Rohzink beschaftigten. 2 5 0 0 0 0 0 T a le r, wovon der „ M in e rv a auf die ein-

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