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Das Papsttum : seine Weltgeschichtliche Entwicklung und Bedeutung : in Wort und Bild dargestellt.

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Academic year: 2022

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DAS PAPSTTUM

SEINE WELTGESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG UND BEDEUTUNG

IN WORT UND BILD DARGESTELLT

VON

D r . THEOL. JOSEPH WITTIG

A. O. PROFESSOR DER KATHOLISCHEN THEOLOGIE AN DER KGL. FRIEDRICH« WILHELMS « UNIVERSITÄT

IN BRESLAU

MIT GENEHMIGUNG DES BISCHÖFLICHEN GENERALVIKARIATES ZU OSNABRÜCK

HANSA^ VERLA G/HAMBURG

PRiCOWHIA ZLOTHICZA

■ PtotrZimny

4&-1OO QUJBCZYCE Ul. adartska 5 HIP 743-100-34-92

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.

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Abbildungen sämtlicher Päpste von Petrus bis Pius X.

(vgl. S. 189 ff.: Chronik sämtlicher Päpste).

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n schimmerndes Gold und in leuchtenden Marmor waren einst die hochragenden IQ&BwIl Mauern gekleidet, deren Ruinen auf unserem ersten Bilde den Leser grüßen, die Kaiserburg Roms, das Sinnbild des gewaltigen Weltreiches der Römer.

Die Vorsehung, welche ihre zukünftigen Schöp­

fungen immer durch Vorbilder vorausverkündet, schuf als Vorbild für das Weltreich der katholischen Kirche das Römerreich und als Vorbild für die obersten Hirten der Kirche die römischen Kaiser.

Aber nicht nur als Vorbild ohne wirkende Kraft, sondern vielmehr als Vorbereitung! „Es ist bekannt “,

so schreibt der Alexandriner Origenes, „daß die Geburt Jesu unter der Regierung des Augustus erfolgte, welcher in gewisser Hinsicht die meisten Völker zu einem einzigen Reiche zusammengebracht und vereinigt hatte. Das Vorhandensein mehrerer Reiche wäre für die Verbreitung der Lehre Jesu über die ganze Erde hinderlich gewesen“ . Die Einigung der Mittelmeerländer war die erste natürliche Voraussetzung für die Verbreitung des Gottesreiches auf Erden. Von der Höhe des Palatins sandten die römischen Kaiser ihre Befehle bis an die Küsten des Atlantischen Ozeans, bis an die Ufer des Euphrat, bis an den Strand der Nordsee und bis an die Südgrenze Ägyptens. Keine Grenzscheide hemmte in diesem ungeheuren Gebiete die Füße der Apostel Jesu.

Ein wundervolles Straßensystem überzog das ganze Reich; es war möglich, geschwind und sicher zu reisen. Nie waren die Landstraßen einsam. In scharfem Trapp fuhren die kaiserlichen Posten dahin; Reiter sprengten in ge ­ schwinder Eile von Stadt zu Stadt; an den schweren, langsamen Frachtwagen der Kaufleute drängten sich vorüber die leichteren Gefährte vornehmer Reisender, denen oft in langem Zuge der ganze Haushalt folgte. Tausenden war nicht die nächste Stadt oder die nächste Provinz, sondern das andere Ende des Reiches das Ziel. Und der das ganze Reich durchflutende Weltverkehr trug auf seinen Wogen nicht nur die Kaufmannswaren von Land zu Land, sondern auch die Güter des Geistes, die Gedanken, die religiösen Vorstellungen. Besonders waren die Kaufleute und die Gelehrten Träger der geistigen Internationalität geworden, denn ihnen war das Reisen von einem Ende der Welt zum anderen Berufs- und Ehrensache. Ein phrygischer Kaufmann rühmt sich noch auf seinem Grabstein, daß er 72 mal von Hierapolis nach Rom gereist sei; und für den Jünger der Wissen ­ schaft galt es als Regel, daß er Vaterland und Familie verlassen und in die Fremde ziehen müsse (Sdralek).

So traten sich die Völker nahe. Überall entstanden Fremdenkolonien. In den entlegensten Gegenden des Abendlandes siedelten sich syrische Gemeinden an. Und die Völker begannen sich zu verstehen. Das Weltreich wählte sich eine Weltsprache, nicht die römische, sondern die griechische Sprache, welche selbst in Italien und Rom Umgangssprache der gebildeten Stände wurde, die einzige Sprache, welche der Gedankenfülle des Christentums passenden Ausdruck zu geben vermochte, weil sie nach Möhlers Worten als „Erzeugnis eines geistigen, klaren,

Petrus auf der Kathedra. Altchristliches Bild aus einem vatikanischen Codex.

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scharfdenkenden Volkes, längst das Organ einer hohen, sonst nirgends zu findenden Wissenschaft, mit einem seltenen Reichtum eine noch seltenere Bestimmtheit vereinigte und sich dadurch ganz be­

sonders zum Dienste der Religion des Wortes eignete “ . Der riesenhafte Weltverkehr und die hohe Geisteskultur hatten zur Folge, daß auch die reli­

giösen Vorstellungen und Gefühle geläutert und ver­

feinert wurden. Einst waren auf den Hügeln der ewigen Stadt und in den Ländern, die sich der Herr­

schaft Roms unterwarfen, die Naturkräfte, besonders die Sonne, personifiziert und vergöttlicht worden, waren mit der Zeit die Heroen, die Helden längst Früh setzte die Kritik an dieser Götterwelt ein.

In die Reihen dieser Götter verklungener Tage, getreten.

Schon 300 Jahre vor Christus suchte Euhemerus von Messene nachzuweisen, daß die Götter der Griechen ursprünglich Menschen gewesen seien. Während der Glaube an die Persönlichkeit der Götter schon früh verschwand, blieb die Furcht vor unsichtbaren, ungenannten oder unnennbaren Gewalten. Die Religion wurde abergläubische Furcht. Die bange Frage nach dem Willen dieser unsicht­

baren Gewalten war die einzige praktische religiöse Frage innerhalb der Grenzen des römischen Weltreiches. Und ganz selten lautete die Antwort auf einen allgütigen und allheiligen Vater. Man glaubte, daß die göttlichen Gewalten selbst zum Bösen geneigt seien, und fürchtete ihren Zorn und Neid. Man brachte ihnen Sühneopfer und glaubte nicht an wahre Versöhnung. Der Trost der Siuajenvergebnng blieb dem gläubigen Heiden versagt. Die heidnischen Götter vermochten die einfachsten und natürlichsten Wünsche des Menschenherzens nicht zu befriedigen, und schon vor Christi Geburt war der griechisch- römische Götterglauben in sich selbst überwunden.

die Philosophie, das orientalische Kultwesen und die Majestät des römischen Staates, drei Erscheinungen, die für Christentum, Kirche und Papsttum von höchster Bedeutung waren.

Die Philosophie, die in den Prunksälen der Kaiserburg stets eine freundliche Heimstätte fand, war eine ausgezeichnete Vorschule der Menschheit für das Gottes­

reich der Kirche. An Sokrates und Plato begeisterten sich alle, welche für die Existenz einer geistigen Welt, für die göttliche Herkunft und die Unsterblichkeit der Menschen, für lauteres Streben nach Weisheit und für Selbstbeherrschung Sinn hatten; für Aristoteles alle, die in technisch sicherer Gedankenarbeit ihr Ideal sahen; andere zog die von Zenon gegründete Schule der Stoa an, die zwar ihren pantheistischen und materialistischen Anschauungen dem Christentum ent­

gegen war, die aber im Sinne des Christentums die Tugend als das höchste Gut

der Menschheit predigte, die Verachtung der äußeren Güter und der Begierden

und Affekte lehrte und in Gott den Vater aller Menschen erkannte. Dieser Schule

arbeiteten freilich die Jünger Epikurs entgegen, welcher meinte, daß er sich keine

Vorstellung vom Guten machen könnte, wenn er die Genüsse des Essens und Trin ­

kens, der Töne und der schönen Formen unterdrückte. Fern von den Menschen,

An seine Stelle traten

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Die Ruinen des Palatin.

(Nach einem Stiche von Vasi und Piranesi).

i. Die Kaiserpaläste des Augustus und Tiberius und die farnasianischen Gärten. 2. Gebäude auf den Ruinen des Circus Maximus.

3. Ein Marienkirchlein S. Maria de Cerchi.)

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in behaglicher Ruhe, unbekümmert um die Welt, leben nach den Anschauungen der Epikureer die Götter. Die praktische Betätigung des Epikureismus stürzte die griechisch-römische Welt in die traurigsten sittlichen und sozialen Zustände, aus denen keine Philosophie retten konnte. „Alles ist voll Verbrechen; es wird mehr verschuldet, als gesühnt werden kann. Das Laster sucht sich nicht mehr zu verstecken; die Unschuld ist nicht nur selten, nein, sie ist gar nicht mehr vor ­ handen “ , so klagt ein Philosoph in jenen Tagen. Das Familienleben war zerrüttet, die Kindererziehung lag in den Händen der Sklaven. Luxus und Vergnügungs ­ sucht erfüllten das Leben der Vornehmen; „Brot und Spiele! “ war der Schrei der Niedrigen. Und die Hälfte der Menschen lebte in Sklaverei.

Da wachte in der Menschheit eine Sehnsucht auf, deren Kraft wir modernen Menschen gar nicht mehr zu beurteilen imstande sind: die Sehnsucht nach Ent- sündigung. Auch diese wohnte in den Sälen der Kaiserburg Roms. Sie wohnte aber auch in der ganzen Stadt und im ganzen Reiche. Es kamen aus dem Orient Priester, welche uralte, geheimnisvolle Kulte in Rom einführten und die ersehnte Entsündigung allen versprachen, die sich weihen ließen. Es kamen die Priester der phrygischen Göttermutter Kybele; sie reinigten die Menschen mit dem Blute von Stieren und Widdern. Es kamen die Priester der ägyptischen Isis, bekleidet mit linnenem Kittel, das Haupthaar geschoren; ihr Entsiindigungsweg war reiner Lebenswandel. Es kamen die Priester des persischen Sonnengottes Mithras, des Siegers über Nacht und Winter, des lichtstrahlenden Helden,

dessen Verehrung sich viele Kaiser, besonders aber die Beamten­

welt und das Militär zuwandte. Es kamen die Priester vieler anderer Kulte und verbreiteten den Glauben an einen einzigen Gott und an die Unsterblichkeit der Seele, an die Erlösung und an den persönlichen Verkehr mit Gott, und es ist gar nicht zu ermessen, wieviel Trost und Glück diese Männer in das Reich der Cäsaren brachten. Nicht als Staatsbeamte, wie die römischen Pontifices, traten sie auf, sondern als Vermittler zwischen der Gottheit und dem Menschenherzen.

Ihre Religion war nicht Staatssache, .sondern persönliche Ver­

bindung mit Gott.

Das war etwas ganz Neues. Die Römer kannten die Reli­

gion nur als reine Angelegenheit des Staates. Ihre Götter waren Staatsbesitz. Keine Staatsaktion ging vor sich ohne religiöse Zeremonien, ohne Wahrsagung und Opfer, auch in den Zeiten, in welchen man nicht mehr an die Wahrheit dieser Götter glaubte. Denn nicht innere Überzeugung, sondern nur äußere Beteiligung verlangte die Religion des römischen Staates. Der eigentliche Gott war die Majestät des römischen Staates, als dessen Vertreter die Kaiser bald als Götter verehrt wurden. Ihnen baute man Tempel, ihnen brachte man Opfer;

und manche ließen ihre Münzen prägen mit dem Titel:

„Gott und Herr “ .

Verfallen sind nun die hohen Mauern der römischen Kaiserburg, verdorben und gestorben die letzten Cäsaren.

Zwischen dem Atlantischen Ozean und dem Euphrat, zwischen dem Strande der Nordsee und der südlichen Grenze

Der „Gute Hirt“.

Marmorstandbild im altchristlichen Museum des Laterans.

Ägyptens ward ein anderes Reich errichtet, das Weltreich der Kirche. Rom, die Stadt der Cäsaren, wurde die Stadt der Päpste. Andere Mauern erhoben sich, strahlend im Sonnenglanz, der Palatin der Päpste, der Vatikan. Siehe, das Tor ist geöffnet, schreiten wir hindurch, schauen wir all denen ins Auge und ins Herz, auf den Mund und auf die Hand, die zwei Jahrtausende lang die Seele Roms waren und die es zu bleiben gedenken, dem herr ­ lichen Herrschergeschlecht, das an Dauer und Bedeutung alle Geschlechter der Erfe übertrifft. Aus tausenden Bildern und Inschriften, monumentalen und literarischen Denkmälern grüßen sie uns, segnend und zürnend. Nicht alles kann ich zeigen und erklären, nicht alles genügend preisen und genügend ent­

schuldigen, was sie waren und was sie getan. Wer mich anhört, von dem verlange ich ein scharfes Auge, einen klugen Verstand und ein weites Herz. Dann können wir im Frieden durch die Geheimnisse des Vatikans wandern. Durch Wort und Bild will ich lehren, und Wort und Bild sollen, soweit dies in der Macht eines irrenden Menschen steht, der historischen Wahrheit entsprechen. Freilich, die Bildnisse vieler Päpste hat die Zeit vernichtet oder verunstaltet, und die Kunst hat nur unvollkommenen Ersatz leisten können. Aber was sie erhalten und ge ­ schaffen hat, wollen wir anschauen. Treuer als die Bilder sind uns Eigenschaften, Taten und Schicksale der Päpste überliefert, und nach abertausend mühseligen Forschungsarbeiten tritt von Tag zu Tag deutlicher vor das Auge des Geschichts­

kundigen das Bild von der einzigartigen Stellung und macht­

vollen Bedeutung dieser ehrwürdigen Dynastie.

Wer einmal zur Sommerszeit in Rom war und in S. Pietro das Fest der Apostelfürsten mitfeierte, sei es als andächtiger Pilger oder als historisch interessierter Reisender, wird nie die Stunde vergessen, in welcher er den großartigen Hymnus

„Decora lux“ durch die breiten Hallen der Basilika brausen hörte. „Ich habe in dieser Stunde mehr Geschichte gelernt als während meines jahrzehntelangen Studiums “, so gestand ein ergrauter Historiker, als er nach den Vespern mit seinem jungen Freunde über den Petersplatz schritt. Und als sie dann beide vom Monte Gianicolo die ewige Stadt vor sich sahen, die Ruinen der Kaiserburg auf dem Palatin, das Forum, das Kolosseum, die stolzen Bauten zwischen Lateran und Vatikan, wiederholten sie immer wieder die Strophe:

0 glückliches Rom ! Zweier Fürsten Blut hat dich purpurn gefärbt und geweiht, . so daß du die ganze schöne Welt überstrahlst an Wunderherrlichkeit!

In weltentrückender Begeisterung vollzieht sich alljährlich

die Feier der größten Kirchengründung; aber in schlichter

Wirklichkeit ging die „Gründung der römischen Kirche selbst

vor sich, und nicht im Hymnenjubel, sondern in nüchternem

Wirklichkeitssinne versenken wir uns in die Zeit, in welcher

Petrus, „der erste Papst “ , nach Rom kam.

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Der wunderbare Fischzug. Teppichgemälde Raffaels.

Randzeichnung von A. Wittig in München (Sendling).

werde, welche in späteren Jahrhunderten mit seinem Namen knüpft waren. Macht und Herrlichkeit, ja sogar der Name des Papsttums gehört späteren Perioden an. Und es bedarf eines sehr feinen historischen Sinnes dafür, das Wesen des Papsttums, im Samenkorn schlummernd und leise keimend, in der apostolischen

Zeit zu finden.

Das Papsttum ist un­

zertrennlich mit der römi ­ schen Kirchengemeinde ver­

bunden. Wohl gab es eine Zeit der Vorbereitung, ehe es eine römische Kirchenge ­ meinde gab, aber zur Aus­

gestaltung kam das Papst ­ tum erst, als Petrus seine Schritte nach Rom lenkte und sich mit seinem Worte und seinem Blute mit der römischen Gemeinde verband.

Das war eine wunder­

bare Zeit, die Zeit des aller ­ ersten Christentums, einer historischen Erscheinung, die eher einem machtvollen Sturmeswehen als einem festgefügten Kirchenbau zu vergleichen ist. Aber im Sturmeswehen des Geistes erhob sich das Mauerwerk der Kirche, ein Werk des wehenden Geistes. Man kann es wohl verstehen,

D er Beobachter einer geschichtlichen Entwicklung muß sich über eine Wahrheit klar sein, welche , der Landmann m jedem Jahre neu erkennt und verwertet, während mancher wissensstolze Historiker sein Auge davor verschließt,

daß nämlich in dem Samenkorn, welches in den Furchen des Ackers verborgen wird, und in der

keimenden Saat unter der Schneedecke des Winters und endlich im wogenden Getreide des Sommers immer ein und dasselbe Wesen ist, obwohl die verschiedenen Entwicklungsformen einan der ganz unähnlich sind.

Diese Analogie zwischen dem Wachstum in der Natur und der Entwicklung in der Geschichte darf uns freilich kein Vorurteil werden für die Betrachtung der Ge ­ schichte des Papsttums; sie soll uns vielmehr von dem Vorurteil befreien, daß der Einheit der Entwicklung auch die Gleichheit der Entwicklungsformen ent ­ sprechen müßte.

Ich beginne, das Papst ­ tum zu schildern in der Zeit, da es ausgesät wurde. Darum erwarte niemand, daß er es sogleich in der ganzen Macht und Herrlichkeit erblicken

ERSTER ABSCHNITT.

Die Gründung und Ausbreitung des Gottesreiches auf dem Boden und an den Grenzen des römischen Weltreiches.

I. Kapitel ■ Die römische Kirche in der apostolischen Zeit.

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wie eine rationalistischeWis- senschaft die Behauptung aufstellen konnte, daß das Christentum zuerst eine freie Geistesbewegung war, ganz ohne kirchliche Organi ­ sation, die sich erst einige Jahrzehnte später aus der heidnischen Kultur heraus entwickelt habe. Aber der Wahrheitssinn jener Gelehr ­ tenkreise, die einen Gegen­

satz zwischen dem ursprüng ­ lichen Christentum und der späteren kirchlichen Organi­

sation lehrten, fühlte sich doch bald zu dem Zu ­ geständnis gedrängt, daß Hauptelemente des katho ­ lischen Kirchentums bis in das apostolische Zeitalter zurückgehen. Bis zur vollen Anerkennung des katholi­

schen Standpunktes sind sie freilich noch nicht gelangt, obwohl die historischen Quellen selbst das katho­

lische Christentum als ein Werk Christi erweisen. In den ältesten Urkunden des Christentums, besonders im Evangelium des hl. Matthäus, dem „Gemeindebuch der Christen in Jerusalem “ , ist der Bau der katholischen Kirche schon im Grundrisse gezeichnet. „Es wird schon festgestellt, wer in ihr zu regieren, wer Gesetze zu geben hat “ ( J ülicher) .Mitten im Sturmeswehen des freien urchristlichen Geistes wach ­ sen also auf dem Boden der apostolischen, von Christus begründeten Gewalt und des praktischen Lebens schon die Fundamente der Kirche empor. Schon wird der griechische Name dafür ge-

Die Bronzestatue des Apostelfürsten Petrus im Vatikan, ein Werk der altchristlichen Kunst.

Nach einer neuen Aufnahme von erhöhtem Standpunkt nach den Angaben des Verfassers. (Alle Rechte Vorbehalten).

braucht: Ekklesia. Und offen aufgerollt wird die Stiftungs ­ urkunde des Papsttums:

Gegen Ende seiner Lehr­

tätigkeit weilte J esus mit seinen Jüngern in der Gegend von Cäsarea Philippi. Dort fragte er seine Jünger: „Für wen halten die Leute den Menschensohn ? “ Und sie er­

zählten ihm die verschiede­

nen Meinungen derMenschen.

Darauf fragte Jesus weiter:

„Und ihr?“ Petrus antwor­

tete: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes I “ Da sagte Jesus zu ihm:

„Selig bist du, Simon Bar Jona, denn das hat dir nicht Fleisch und Blut ge- offenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist.

Und ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesenFelsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwäl­

tigen. Und dir will ich die Schlüssel des Himmelreichs geben; und alles, was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was Du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“

Alle Versuche, diese Stelle als Einschiebselder nachaposto­

lischen Zeit zu erweisen, sind mißglückt. Sie ist ja wie ein­

gewachsen in das Kirchenbuch der Gemeinde von Jerusalem.

Sieist unzertrennlich verbunden mit der Tendenz des Evange­

liums. Ihr Inhaltstellt sich dar als einfache Folgerung derbe­

ständigen Bevorzugung desApo­ stels Petrus. Petrus, der Sohn des galiläischen Fischers Jonas, hattedereinst mitseinemBruder Andreas das Fischerhandwerk am See Genezareth getrieben.

Er verband fleißigeArbeit mit

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der religiösen Sehnsucht nach dem von seinemVolke erwarteten Messias, ruhige Bedächtig­ keit mit feuriger Entschlossenheit. Währendsein Bruder schon den Spuren Jesu folgte, blieb ernoch bei seiner Arbeit; aber seines BrudersRuf: „Wir haben den Heiland gefunden"

weckte inihmdenschnellen Entschluß, zu Jesus zu gehen. Aber erwurde nicht sofort zum Apostelberufen. Erstals Jesus, von seiner Reise nach Samariazurückgekehrt, die Brüder wiedersah, wie sie gerade ihre Schiffe an denStrand trieben, rief er ihnen zu: „Folget mir, denn ich werde euch zu Menschenfischern machen." Fortan wurde Petrus dertreue Begleiter des Heilands und der Wortführer der Apostel. Jesus nimmt ihn in seine be­

sondere Schule, zeigt ihm die höchste Glorie und die tiefste Erniedrigung desMenschen­ sohnes, nennt ihn mithärtestem Tadeleinen „Satan",alser nicht das richtigeVerständnis für dasbevorstehende Leiden seines Meisters zeigt, läßt ihn die ganze Armseligkeit der Menschennatur inne werden und die Schmerzen der Sünde und der bittersten Reue verkosten, betet aber für ihn, daß sein Glaube nicht wanke, und überträgt ihm die Aufgabe, seine Brüder im Glauben zu bestärken, wenn er selbst gefestigt sein werde Und nach den Tagen des Leidens und

Sterbens wiederholt der verklärte Christus die Ernennung des Apostels, der seinen Verrat durch heiße Tränengut gemacht, zum obersten Hirten seiner Herde mit den Worten: „Weide meine Schafe!“

Der Bericht über diese wiederholte Ernennung ist von Johannes nieder­

geschrieben worden in einer Zeit, in welcher Petrus sein Oberhirtenamt längst in Treue geübt. Auch diesen Bericht hat man als nachapostolisches Produkt hin­

stellen wollen. Alleiner steht in genauer Parallele zu den Worten des hl. Matthäus und verhält sich zu diesen wie die Ver­ wirklichung zur Verheißung. Und wäre er wirklich ein nachapostolisches Produkt, so müßte man doch sagen, daß sein Inhalt ganzder tatsächlichen Stellung des Apostels Petrus zu der Urkirche entspricht. Petrus leitete die Wahl des Apostels Matthias, und als die Apostelam50.Tage nach der Auf­

erstehung Christi plötzlich ergriffen und erfüllt wurden von der Sturmesmacht des Geistes, trat er als erster vor die aber­

tausendMenschen, die sichvor dem Hause der Apostel versammelt hatten, und ver­

kündigte zum erstenmal die Lehre vom Gekreuzigten, und dreitausend Menschen

aus allen Weltteilen nahmen sein Wort Weide meine Lämmer!“ auf und ließen sich taufen. Segen und

Fluch, die beiden Kräfte des Papsttums, gingen nun von seiner Hand aus. Sein Wort heilte den lahmen Bettler an der „schönen Pforte“ des Tempels und tötete die beiden ersten untreuen Mitglieder der jungen Kirche, Ananias und Saphira. Er gründete selbst keine Christengemeinden, aber er besuchte jene, welche von den anderen Aposteln gegründet wurden, bis ihn Herodes Agrippa zu Ostern des Jahres43 ergreifen ließ. Da betete die ganzeGemeinde für ihn, und die Fesselnwurdenvon seinen Händen gelöst, und die Tür des Kerkers wurde geöffnet, er zeigte sich der Gemeinde und begab sichdann, wie die Apostelgeschichte berichtet, „an einen anderen Ort". Dieser Ortist vermutlich Rom.

In Rom hatte sich damals schon eine Christengemeinde gebildet, höchst­

wahrscheinlich aus den Juden, welche am ersten Pfingstfeste die Predigt des Apostelfürsten vernommen hatten. Sie lebten weiter mitten unter den Juden, deren in Rom schätzungsweise 10000 waren. Nur die Juden, nicht aber die Heiden, erkannten, daß die ersten Christen nicht mehr Juden waren.

Es kam unter der jüdischen Bevölkerung zu Tumulten „auf Veranlassung eines

Chrestus“, wie Sueton erzählt. Ob unter diesem Chrestus Christus gemeint sein kann oder irgendein jüdischer Agitator, läßt sich leider nicht mit Sicherheit ermitteln. Kaiser Klaudius ließ um das Jahr 50 die unruhigen Elemente vertreiben; und man darf annehmen, daß auch die Christen von diesem Befehle getroffen wurden.

Sollte die Vermutung, daß der „andere Ort“ Rom war, im Recht sein, so blieb doch Petrus nur ganz kurze Zeit in Rom. Vielleicht ging er auch bald nach seiner Befreiung nach Antiochien in Syrien, wo er etwa sieben Jahre geblieben ist, wie die Tradition sagt, „als erster Bischof der Stadt“.

Noch ehe er Jerusalem verließ, hatte sich ihm ein ganz eigenartiger Mann vorgestellt, einst ein fanatischer Verfolger der jungen Christengemeinden, welcher behauptete, daß er von Christus selbst bekehrt und nach dreijähriger

mystischer Schulung zum Apostel be­

rufen sei. Es war Saulus aus Tarsus, der Schüler Gamaliels, seit seiner Be ­ kehrung Paulus genannt. Petrus und sein Mitapostel Jakobus verweigerten ihm den Verkehr nicht und gewannen in ihm einen Mitarbeiter, der wie ein zehrendes Feuer durch die damalige Kulturwelt eilte und überall die hohe Tugend der Kreuzesliebe entzündete.

Die Gewinnung der Heidenwelt für Christus war das Ideal des neuen Apo­ stels. Die Christenjüdischer Herkunft be­ reiteten indes der Zulassung der Heiden zur Taufe viele Schwierigkeiten und forderten von ihnen die Beobachtung der alttestamentlichen Gesetze. Da stand die Kirche vor einer großen Aufgabe, der offiziellen Loslösung vom Judentum.

Eine Versammlung, welche den Namen

„Apostelkonzil von Jerusalem“ führt, entschied unter dem Vorsitz des Petrus und Jakobus, daß die aus dem Heiden­ tum gewonnenen Christen nichtzur Unter­ werfung unter das mosaische Gesetzver­

pflichtet seien, daß sie sich aber von heidnischen Opfermahlzeiten, vom Genuß Teppichgemälde Raffaels. des Blutes und Fleisches erstickter Tiere und von Unreinheit fernhalten müßten.

Baldwurden auch die Judenchristen außerhalb Palästinas von der Fessel des alttesta­ mentlichen Gesetzes befreit, und auch Petrus pflegte mit den Heidenchristen Tischge­ meinschaft, obwohl dies durch diealttestamentlichen Speisegesetze streng verboten war.

Freilich ließ er bald wieder davon ab, weil die Brüder in Judäa Anstoß daran nahmen.

Da erhob sich Paulus und „widerstand Petrus ins Angesicht“ und erreichte, daß Petrus von nun an mit Entschiedenheit für die christliche Freiheit eintrat.

Zur Zeit dieser Differenz mit Paulus befand sich Petrus wieder in Antiochien. Auch in Korinth scheint er sich eine Zeitlang aufgehalten zu haben. Erst gegen Ende seines Lebens ging er wieder nach Rom.

Dorthin war im Frühjahr 61 Paulus als Gefangener des Prokurators Festus gebracht worden, gewaltsam an das Ziel langjähriger Sehnsucht, welche er längst in seinem „Briefe an die Römer“ zum Ausdruck gebracht hatte. Von dem Glauben der römischen Gemeinde, die aus Judenchristen und Heidenchristen bestand, sprach man schon inder ganzen Welt. Wieder kam Paulus zu ihrnach seiner historischziemlich sicher stehenden spanischen Missionsreise. Auch denPetrus zog es dahin, vielleicht um dem

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Christenverfolgung unter Nero nach Rahl.

Manne, mit dem er sich in Antiochien entzweit hatte, ,,die Hand der Gemeinschaft wieder zu reichen, wie er es in Jerusalem getan hatte“ (Ehrhard). Beider Namen werden nun in der Geschichte Roms zusammen genannt, zuerst von Clemens von Rom in seinem Briefe an die Korinther noch vor Schluß des i. Jahrhunderts, ein wert­ volles Zeugnis, aus dem wir erfahren, daß beideden römischenChristen nahegestanden seien und (in der Christenverfolgung des Nero) mit vielen anderen Qual und Marter erduldet hätten. Gleiches Zeugnis geben der hl. IgnatiusamAnfang des 2. Jahrhunderts und Klemens von Alexandrien (f um 216). Die Ausgrabungen in der Priscillakatakombe unter der Villa der Acilier förderten die Stelle zutage, „wo Petrus taufte". Deshalb ist jetzt die Behauptung, Petrus sei gar nicht in Rom gewesen, fast ganz verstummt.

Damals war Nero Kaiser in Rom, ein lasterhafter und entnervter Mensch. Unter ihm war schon im Jahre 58 ; die edle Römerin Pomponia Graecina unter dem Verdachte „eines fremden Aberglaubens“ / -also wohl des Christentums, angeklagt worden. Wenige Jahre später begann er eine eigent ­ liche Christenverfolgung, deren Grausamkeit alle Einbildungen der Phantasie weit hinter sich läßt.

Der Geschichtschreiber Tacitus stellt den Brand Roms, der auf Neros Befehl angelegt und den Christen zur Schuld gegeben worden sein soll, als Anlaß der Verfol­

gung hin. Danach wäre es ein Strafprozeß im gewöhnlichen Sinne, aber keine eigent-

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liehe Verfolgung um des Christentums willen gewesen. Allein Tacitus selbst sagt, daß die Christen verfolgt wurden „wegen ihres Hasses gegen das menschliche Geschlecht“, und auch spätere Geschichtschreiber deuten an, daß der Christenname das eigentliche Verbrechen gewesen sei. Viele wurden gekreuzigt, viele in Tierfelle eingenäht und in Pech getaucht; als brennende Fackeln beleuchteten sie, hellauf lodernd, die vatikanischen Gärten zum kaiserlichen Freudenfeste.

Auch Petrus und Paulus fielen der Verfolgung zum Opfer; Petrus wurde nach gut bezeugter Tradition im Zirkus des Nero am Vatikan gekreuzigt, den Kopf nach unten, und Paulus wurde draußen vor den Toren, an der Straße nach Ostia, wo jetzt unter dem Schatten der Eukalyptusbäume das Kloster zu den drei Quellen liegt, mit dem Schwerte hingerichtet. Schon der römische Priester Cajus vom Anfang des dritten Jahrhunderts weist auf diese beiden heiligen Stätten am Vatikan und an der Via

Ostiensis hin. Das Todesjahr der beiden Apostel ­ fürsten ist nicht eindeutig bestimmt. Vielleicht war es das Jahr 64, vielleicht das Jahr 67.

Nun waren die beiden Sterne am Himmel der jungen Christengemeinde Roms erloschen. Kam die Gemeinde sogleich zu der Wahl eines neuen Vorstehers zusammen ? Oder hatte Petrus selbst dafür gesorgt, daß sie nicht verwaist zurückblieb ? Oder bestand eine andere Ordnung im Rechte?

Zuerst hatten die Apostel und ihre Begleiter, die auchoft mitdem Apostel- oder Evangelistennamen geehrt wurden, die Leitung der altchristlichen Gemeinden inden Händen. Bekehrungspredigt und Disziplin waren ihre Aufgaben. Die weitere Belehrung und Erbauung der Bekehrten war den Propheten und Lehrern anvertraut, Männern, welche nicht durch Handauflegung, sondern durch Geistesgnade ihr Amt erlangt hatten. Neben diesen beiden Gruppengab es schon in derapostolischen Zeit eine dritte, die Priester und Bischöfe, welche ihr Amt durch eine besondere Weihe, Handauflegung und Gebet, erhielten. Die NamenPriester undBischof waren zuerst mehrfach Bezeichnungen desselben Amtes. Diesen drei Gruppen gegenüber stand das gläubige Volk. Die Priester oder Bischöfe bildeten ein Kollegium nach dem Vorbilde des Rates der Ältesten, unter denen die Leitung der Synagogen stand. Dieses Kollegium hatte einen Vorsteher, der weniger an der Spitze, als viel­

mehr im Mittelpunkt des Kollegiums stand. Allmählich erhielt dieser Vorsteherallein denNamen einesBischofs, während die anderen den Namen Priester für sich

behielten. Schon in den Briefen des hl. Paulus und in den Schriften des hl. Johannes werden Bischöfe in monarchischer Stellung genannt. Nicht also das Amt, sondern das ausschließliche Recht auf den bischöflichenNamen ist ein Produkt späterer Jahrzehnte.

Allmählich verschwanden die „Apostel", „Propheten“ und „Lehrer“, während die hie­

rarchische Ordnung derBischöfe und Priester blieb. Diesen waren dieDiakonenunter­

stellt,deren Amt, wiebekannt,schon in der erstenapostolischen Zeit geschaffen wordenwar.

In der römischen Christengemeinde war nach dem Tode des Petrus, viel ­ leicht schon bei seinen Lebzeiten Linus und nach ihm Kletus oder Ana- kletus Vorsteher. Wer sie gewählt hat, wissen wir nicht genau. Zuerst lag die Wahl der Vorsteher in den Händen der Apostel und Apostelschüler, welche auf die Wünsche der Gemeinde Rücksicht nahmen. Später stimmte die Gemeinde ab und die Bischöfe der Provinz prüften und bestätigten die Wahl.

Kurz nach dem Tode der Apostelfürsten trat ein Ereignis ein, welches

Alexander I.

Nach einem alten Bilde der röm. Paulskirche.

für die Entwicklung des Christentums von weittragender Wirkung war, die Zerstörung Jerusalems, der Hochburg des Judenchristentums.

Schon nach demTode des Apostels Jakobus hattesich die extrem nationale Parteider

„Judaisten“ von der Gemeinde getrennt. Siesahen in Christus einen bloßen Menschen.

Wir treffen sie später unter dem NamenEbioniten. Aber auch die mildere Richtung der Nazaräer, welche die wunderbare Geburt Christi aus derJungfrau unddem hl. Geiste festhielten, konnte sich nicht behaupten. Beim Ausbruch des jüdischen Krieges wanderten die Judaisten nach Pella aus und verbreiteten sich über Ostjordanland und Syrien, wo sie sich bis in das 7. Jahrhundert erhielten. Sie hatten ein syrochaldäisches oder ara­ mäisches Evangelium, das „Hebräerevangelium“ Währenddes kam dasHeidenchristen­ tum, befreit von nationaler Fessel, zur reichsten Entfaltung. Da die Lehrform des hl. Paulus im Kampfe gegen die Judaisten und in der Erwartung der baldigen Wieder­

kunft Christi auf Grund nationaler Schulbildung entstanden war, genügte sie in ihrer Sondergestalt dem internationalen Heidenchristentum nicht mehr. Ein neuer Theologeerstand, der hl. Apostel Johannes. Sein Evangelium „stellt sich, historisch be­ trachtet, als die innereVollendung des Heidenchristentums dar" (Ehrhard). Erläuterte den Logosgedanken der grie­ chischen Philosophie undverbandihn mit der christlichen Lehrevon Jesus Christus,nahm also dieedelsten Gedanken des Heidentums in denDienst der Theologie und erleichterte dadurch dem Heidenchristentum seine schnelle Verbreitung über die damalige Kulturwelt. Der Fortschritt indieser Richtung wardurch äußere Umstände begünstigt.

Auf Nero war nach den blutigen Thron­

kämpfen der Kaiser Galba, Otho und Vitellius (68— 69) der Flavier Vespasian gefolgt, ein ein ­ facher, militärisch strenger Mann, der nach den Kriegen dem Reiche Ruhe verschaffen wollte.

Mit Unrecht sagt man ihm nach, daß er den Vorsteher der römischen Kirche Linus zum Tode verurteilt habe. Auch Titus (79 — 81), sein Nach ­ folger, hat dem jungen Christentum kein Leid angetan. Er hat die Weissagung des Herrn über Jerusalem erfüllt, die Mauern und den Tempel dieser stolzen Stadt dem Erdboden gleichgemacht und ihre 97 000 Einwohner in alle Provinzen zer­

streut, wo sie in den Bergwerken arbeiten, als Sklaven dienen oder als Gladiatoren mit den wilden Tieren kämpfen mußten. Die Christen ­ gemeinde in Jerusalem hatte, gewarnt durch die Weissagung des Herrn, rechtzeitig die Stadt verlassen. Im Jahre 72 erlebten die Christen in Rom, wie die Heiligtümer des besiegten Judenvolkes im Triumph durch die Straßen Roms getragen wurden. Nun war es klar, daß dem Heidenchristentum die Welt gehörte.

Rom wurde jetzt der Mittelpunkt der Kirche. Als Klemens das Vorsteher­

amt bekleidete, waren in Korinth Streitigkeiten entstanden. Unzufriedene Elemente hatten sich gegen den Vorstand der Kirche erhoben. Im Bewußt ­ sein ihrer autoritativen Stellung wendet sich die römische Kirche in einem Briefe an die Korinther und schreitet mit einer Entschiedenheit, wie wir sie in den kraftvollsten Briefen des hl. Paulus finden, gegen die Unordnung ein.

Nach einem Jahrzehnt innerer Erstarkung hatte die römische Kirche und ihre Schwesterkirchen im ganzen Reich die Feuerprobe einer zweiten Verfolgung zu bestehen. Während Titus die „Wonne des Menschen-

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(16)

Zerstörung Jerusalems

nach Kaulbach.

Das geächtete Judentum. Das Ende des alttestamentlichen Priestertums. Die junge Christengemeinde.

(17)

iä iin tn in m in n n iii iii iin n n in in m n in n n iii iii iii iii in in n iin n in iii n iin n iin in iii iin n n n n in n n T n n n n n n n n in n T n T n n T if in n n in n n n n in n ts ;

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geschlechts“ genannt worden war, entwickelte sich sein Bruder und Nachfolger Domitian (81 — 96) zum Fluche der Menschheit, wohl im be­

wußten Gegensatz zu Titus. Der erbitterte, argwöhnische Despot be­

gann eine grausame Kabinettsjustiz besonders gegen die aristokratischen Kreise und gegen die Philosophen. Er wollte das alte nationale Religions­

wesen wieder in Kraft bringen, vor allem den Kaiserkult, und nannte sich selbst „Herr und Gott “ . Im Christentum sah er nichts anderes als Gottlosig­

keit, weil es seine Götter verwarf. Schon längst hatte man die Christen von den Juden zu unterscheiden gewußt. Bei der Eintreibung der Kopf ­ steuer von den Juden wurde nun dieser Unterschied ganz klar. Die Ver­

folgung Domitians offenbarte auch, daß schon Mitglieder vornehmster Familien und hohe Beamte Christen waren. Der eigene Vetter des Kaisers, der Senator Titus Flavius Clemens, wurde wegen „Gottlosigkeit“ hingerichtet,

II. Kapitel = Der Anteil der römischen Bischöfe an den

Die Wende des ersten christlichen J ahrhunderts bedeutet auch eine Wende in der Entwicklung der Kirche. Vorüber war die apostolische Zeit; die Offenbarung war abgeschlossen. Es galt, sie vor den Fluten neuer geistiger Strömungen zu schützen. Die moralische Einheit der Christengemeinden, eine Wirkung charismatischer Begeisterung, mußte unter den tatsächlichen Verhältnissen zur Universalkirche mit reich entwickelter Verfassung werden.

Kein Nero, kein Domitian, die aus ihrem Charakter heraus zu Christen­

verfolgern wurden, lebte im zweiten Jahrhundert.

Aber eine zweite Periode der Verfolgung begann, noch nicht von Staats wegen, wie die dritte Periode im folgenden Jahrhundert, sondern von Volkes wegen, denn die ganze Kraft des im Volke lebenden Heidentums erhob sich gegen das Christentum, das sich durch Blut und Wort dagegen verteidigen mußte. Das sind die drei neuen Aufgaben der christlichen Gemeinden, und die römische Kirche war nicht an letzter Stelle an der Lösung dieser Aufgaben beteiligt. Die Kirche tritt an das volle Licht der Geschichte. Da die baldige Wiederkunft des Herrn vergeblich erwartet wurde, mußte sich das Christentum auf eine Erdendauer einrichten. „Der geheimnisvolle Zauber, der nur der ersten Jugend verliehen ist, schwand auch für die erwachsene Christenheit dahin!“ (Ehrhard.) Zum ersten Male dringt ihr Name in die profan ­ geschichtlichen Werke, besonders des Tacitus (um 115) und des Sueton (um 120).

Auf dem römischen Kaiserthrone saß Trajan (98 —117), das Bild eines großartigen, glücklichen Herrschers, ganz von militärischem Interesse erfüllt, voll Gerechtigkeitsliebe, Tapferkeit und Einfachheit. In Piacenza fand man 1747 eine

für die Christenprozesse läßt

Xystus I.

seine Gattin Domitilla verbannt. Auch der Konsul Acilius Glabrio war wohl unter den Opfern der Verfolgung. Noch jetzt birgt die römische Erde die Namen der Flavier und Acilier in den Katakomben. Domitian fürchtete, die Verwandten Jesu könnten ihm seinen Thron rauben. So stark schätzte er das Christentum! Er ließ sie nach Rom kommen, erkannte aber an ihren schwieligen. Fäusten, daß sie keine Kronprätendenten seien, und entließ sie gnädig. Aber der große Theologe Johannes mußte in die Ver­

bannung auf die Insel Patmos, wo er seine „Offenbarung“ schrieb, nicht ohne hier und da auf die Verfolgung Domitians anzuspielen. Als Johannes um ioi starb, war Domitian nicht mehr. Sein Nachfolger Nerva (96—98) verbot die Anklagen wegen Majestätsverbrechens und jüdischen, bzw. christ ­ lichen Lebens, und mit neuen Hoffnungen ging die Kirche in das zweite christliche J ahrhundert.

drei grofsen kirchlichen Aufgaben des zweiten Jahrhunderts.

3 m hohe Bronzetafel, nach deren Zeugnis er 5000 arme Kinder ernährte.

Hatte der Geist der christlichen Caritas sein Herz berührt ? Er bekämpfte die Denunziation und schränkte die Majestätsprozesse nach Möglichkeit ein.

Von seinem Charakter hatte das Christentum nichts Schlimmes zu befürchten.

Aber es war schon Tradition geworden, daß der Christenname zu bestrafen sei.

Man nennt dies das Institutum Neronianum. Keine andere juristische Basis sich finden. Wohl gibt es im römischen Strafrecht mehrere Gesetze, mit denen die Christen in Konflikt kamen: 1. Die Lex Julia majestatis,welchefürnächtliche Zusammenrottungen, für dieBildung unerlaubterKollegien und für Impietät gegen die Herrscher die Anwendung der Folterund als Strafedie Enthauptung bei Vornehmen und die Verbrennung bei Niederen bestimmte; 2. dieLex de sacrilegio gegen dieVerweigerung der Götzenopferund die Redengegen die Götter; als Strafe dafür war an­

gesetzt Hinrichtung fürdie höheren Stände, Kampf mit wilden Tieren für die Niederen; 3. das Gesetz gegen die Magie, deren sich die Christen durch ihre wirksamen Exorzismen und durchdie Aufbewahrung ihrer heiligen Bücher schuldig machten; als Strafe war festgesetzt das Kreuz und der Kampf mit wildenTieren; 4. das Gesetz gegen fremden Aberglauben, welcher mit Hinrichtungder Niedrigen und Deportation der Vornehmen geahndet wurde. Aber keine der genannten Straftatenbildete den eigentlichen Strafgrund, denn sobald die Angeklagten dem Christentum abschworen, wurdensie freigesprochen. Der Christenname war das eigentliche Verbrechen. Neu war auch die Art des Verfahrens: es war keine eigentliche Polizeimaßregel und kein eigentliches Gerichtsverfahren.

Die Untersuchung ging nicht auf die Verbrechenein, die man den Christen zur Lastlegte; wer sein Christentum trotz aller Verlockungen zumAbfall bekannte, wurde ohne Verhör und ohne Verteidigung verurteilt. Vergeblich ver­

langten die Christen ein ordentliches Gerichtsverfahren.

In diesen außerordentlich schwierigen Fragen gibt unsein Dokument aus der Zeit Trajans willkommene Aus­

kunft: Der Statthalter von Bithynien, Plinius, hatte viele Denunziationen gegen Christen erhalten, besonders

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(18)

Das Pantheon (= das Hochheilige), das einzige ganz erhaltene heidnische Gebäude Roms, in seiner ersten Anlage 37 v. Chr. von M. Agrippa gebaut und den 7 Planetengöttern geweiht, in seiner jetzigen Gestalt von Kaiser Hadrian nach einer Brandkatastrophe neu errichtet und 609 von Papst Bonifaz IV. zur christl. Kirche(Mariazu den Märtyrern) geweiht;

früher ein hochgeschätztes Gut des hl. Stuhles, jetzt Mausoleum der italienischen Könige.

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aus den Kreisen der Geschäftsleute, die überzu geringen Absatzan Opfertieren zuklagen hatten. Einige Angeklagte ließen sich bewegen, dem Christentum abzuschwören. ,,Sie behaupteten aber, ihre Schuld oderihr Irrtum habehauptsächlich darin bestanden, daß sie an gewissen Tagen vor Tagesanbruch zusammengekommen seien und Christus als einem Gott zu Ehren untereinander ein Lied gesungenund sichdurch einen Eidnicht zu einem Verbrechen, sondern dazu verpflichtethaben,keinen Diebstahl undkeinen Raub zubegehen, ihrWort nicht zubrechen, kein hinterlegtes Gutabzuleugnen; hierauf seien sie gewöhnlich auseinandergegangen und zu einem allen ohneUnterschied gemeinsamen Mahle wieder zusammengekommen“. Andere aber beharrten standhaft bei ihrem Bekenntnis und wurden nachRom geschickt oder nachmehrmaligerMahnunghingerichtet.

Nun stellte Plinius an den Kaiser die Frage, „ob das Alter und die Gereifteren nicht verschieden zu behandeln seien; ob dem Reuigen verziehenwerden darf; ob schon der Name, auch ohne weiteres Verbrechen, oder nur die Verbrechen, wennsie mit dem Namen verbunden sind, gestraft werden sollen.“ Der Kaiser sahab von einerallgemeinen Ver­ fügung, bestimmte aber folgendes: „Sie sollen nicht auf­

gesucht werden. Würden sie aber angezeigt und über­ führt, so sollen sie die Strafe erleiden; wenn einerleugnet, Christ zusein, und esdurch die Tat, d. h.durch Anrufung unserer Götter beweist, so soll er wegen seiner Reue Verzeihung erhalten. Anonyme Anzeigen aber dürfen bei keinem Verbrechen angenommenwerden.“

Nach diesen Grundsätzen wurde gegen die Christen verfahren. Schon in den ersten Regierungs­

jahren Trajans soll der Vorsteher der römischen Gemeinde, Clemens, nach der Krim verbannt und ins Meer versenkt worden sein. Der 120jährige Bischof Simeon von Jerusalem wurde ans Kreuz geheftet und der Johannesschüler Ignatius, Bischof von Antiochien, in Rom den wilden Tieren vor ­ geworfen, „wie ein Weizenkorn von den Zähnen der Tiere gemahlen, um ein reines Brot Christi zu sein. “

Die folgenden Kaiser waren eher Schützer als Verfolger der Christen, besonders Hadrian (117 bis 138). Er wollte das Leben keines Bürgers preis ­ geben. Als das Volk begann, tumultuarisch mit dem Rufe: „Die Christen vor die Löwen “ die Ver­

urteilung der Christen zu fordern, verbot er in einem Reskript am Minucius Fundanus, den Pro ­ konsul von Asien, die Anstrengung von Christen­

prozessen auf tumultuarische Forderungen hin.

Er hatte sich wahrscheinlich mit dem Christentum bekannt gemacht als „Erforscher aller interessanten

Dinge “. Begann doch in seiner Zeit der religiöse Synkretismus, das wähle­

rische Interesse an den verschiedensten Religionen. Gern erbaute man Tempel zu Ehren ungenannter Götter. Trotz alledem scheinen unter Hadrian mehrere Christen gemartert worden zu sein, so vielleicht die römischen Bischöfe Alexander und Telesphorus. Sehr streng ging der Kaiser gegen die Juden vor, die sich unter Leitung des falschen Messias Bar Kochba erhoben hatten. 580,000 Juden fielen durchs Schwert. Auf den Boden Jerusalems wurde eine heidnische Stadt, Aelia Capitolina, erbaut, auf dem Kalvarienberge ein Tempel der Venus, und an der bethlehemitischen Geburtsgrotte erstand ein Hain des Adonis, sicherlich zum tiefsten Schmerze der Christen. Aber in der neuen Stadt erblühte bald eine Christengemeinde.

Telesphorus.

Nach einem alten Bilde der röm. Paulskirche.

Auch der Kaiser Antoninus Pius (138 — 161) suchte die Christen zu schützen und gebot in einem Reskript an mehrere griechische Städte, „sich keinerlei Neuerungen gegen die Christen zu erlauben “. Allerlei Kalamitäten hatte man den Christen zur Schuld gegeben, und die Hetzereien der heidnischen Philosophen, des Zynikers Crescens, des Neuplatonikers Celsus und der Literaten Fronto und Lucian waren nicht ohne Wirkung geblieben. Und wieder fiel ein herrlicher Mann der Wut des heidnischen Volkes zum Opfer, der J ohannes ­ schüler Polykarp, Bischof von Smyrna. Aufgefordert zur Verleugnung, rief er :

„Sechsundachtzig Jahre diene ich Christus, und er hat mir nie ein Leid getan;

wie könnte ich ihn nun hassen, den ich immer als meinen König und Heiland geliebt habe!“ Als man ihn auf dem Scheiterhaufen festbinden wollte, wehrt er es. Frei wollte er den Tod erleiden.

Die Flammen aber wölbten sich um ihn wie ein Segel und verletzten ihn nicht. Da tat der Dolch seinen Dienst.

Die Lage der Christen verschlimmerte sich unter Kaiser Mark Aurel (161 — 180). Als stoischer Philosoph verachtete er die Christen und ihren Heroismus und trat der Volkswut nicht mehr hemmend entgegen. Unter der Strafe der Ver­

bannung oder Enthauptung verbot er 176 — 77 die Einführung neuer Sekten, welche geeignet wären, den leichten Sinn des Volkes zu erregen und durch trügerischen Götterglauben zu erschrecken. Wohl versuchten die Apologeten Athenagoras, Melito von Sardes und Apollinaris den Sinn des Kaisers zu wenden, wohl wurde er mit der 12. Legion im Markomannenkriege unter dem Gebete der christ­

lichen Soldaten wie durch ein Wunder vom Tode des Verschmachtens gerettet, alles vergeblich.

Unter ihm starben den Martyrtod in Asien der Bischof Karpus und sein Diakon Papylus, während die Christin Agathonike freiwillig zu den Märtyrern in die Flammen ging; in Rom der christliche Philosoph Justin, der die Welt durchwandert hatte, um die Wahrheit zu finden und das Christen­

tum als „allein vernünftige Philosophie“ zu pre­

digen, mit sechs Gefährten, denunziert von Celsus;

in Lyon und Vienne die ganze christliche Gemeinde, ein Martyrium, über welches wir einen genauen Bericht besitzen.

Marc Aurels Sohn, Commodus (180 —192), war eine Natur wie Nero, Tierkämpfer und „Gott “ ! Unter ihm starb der Senator Apollonius in Rom, denunziert von seinem Sklaven, durch das Schwert. Griechische Akten berichten von diesem Prozeß und von der herrlichen Verteidigungsrede des christlichen Senators. Ein anderes echtes Protokoll kündet von dem Martyrium sechs afrikanischer Christen in Scilli. Frühzeitig erlangte indes Marcia, die Schülerin des Priesters Hyacintus, einen günstigen Einfluß auf den Kaiser.

Die in den sardinischen Bergwerken schmachtenden Christen durften zurück­

kehren; unter ihnen Callistus, der spätere römische Bischof. Und bald

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(20)

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besserte sich die Lage so, daß Irenäus von Lyon schrei ­ ben konnte: „Wir Christen wandeln ohne Furcht auf den Straßen und fahren zur See, wohin wir wollen.“

Nach der kurzen Regie ­ rung des Kaisers Pertinax und dem Streite mehrerer Kronprätendenten um die Kaiserwürde begann die Herr­

schaft der Severer und mit ihnen eine neue Periode der Verfolgungen.

Unterdes hatten die christlichen Gemeinden zwei andere Aufgaben erfüllt: die Behütung der christlichen Offenbarung gegen die neuen Geistesströmungen und den Zusammenschluß zur Uni­

versalkirche :

Das hellenische Geistes­

leben war zur Zeit des Evan­

geliums nicht erstorben, so ­ daß die neuen Wahrheiten einfach an seine Stelle hätten treten können. Wie sie in der Zeit ihrer ersten Aussaat, in der Zeit Christi und der Apo ­ stel, einen Prozeß eingingen mit der jüdischen Denkweise und sich einkleiden ließen in jüdische Denkformen, so zeig­

ten sie jetzt ihre' Fähigkeit, sich vom hellenischen Geiste erfassen und in hellenische Denkformen gießen zu lassen.

Das setzte freilich eine müh ­ same Geistesarbeit voraus.

Und das Resultat dieses Bemühens War ein zweifaches: Gegensatz und Über ­ einstimmung. Übereinstimmung erreichten die ältesten Lehrer der Kirche, die apostolischen Väter, und die Apologeten. Ihre Schriften „lassen deutliche Spuren des Einflusses erkennen, den das zeitgenössische Geistesleben auf ihre Verfasser ausübte“ (Ehrhard). Falsch wäre es, von einer Hellenisierung des Christentums zu reden. Das entspräche weder dem tatsächlichen Resultat der Geistesarbeit noch der Absicht der Denker. Viel richtiger könnte man es eine Christianisierung des Hellenismus bezeichnen. Das erkennt man am besten, wenn man das Resultat der Denkarbeit betrachtet, die bei ihrem Bemühen in

Katakombenszene.

Gegensatz zum Christentum gekommen ist. Diese Geistes­

bewegung ist der Gnostizis­

mus, das Streben nach „Gno­

sis “ , nach reinster und tiefster Erkenntnis.

Keinen Stifter und keine Gründungszeit kann man für diese Geistesrichtung nennen. Die Zeit selbst ist ihre Urheberin.

Aber man erkennt ziemlich deut­ lich drei Elemente inihr: Den ganzen Zauber derreligiösen Vor­ stellungen des Orients, der chal- däisch-babylonischen Astrologie, dersyrisch-phönizischenKosmogo- nie und des ParsismusZoroasters verbanden die Gnostiker mit der Denkweiseder griechischen Philo­ sophie und mit dem Erlösung bringenden Namen Jesu Christi.

Sie sahen hinaufzum Lichte des reinsten Gottes und hinab zu seinem Gegensatz, der Materie, dem Grunde des Bösen. Zwischen beiden sahen sie eine Fülle gött­ licher Potenzen, Offenbarungen und Persönlichkeiten. Göttliche Funkensahensie niederfallen und sich mit der Materie verbinden.

Ein Demiurg schafft aus dieser Verbindung die Sinnenwelt. Die göttlichen Funken streben nach Erlösung von der Materie und findenErlösungdurch Erkenntnis (Gnosis), Aszese und Weihe. So beantworteten sie dieFragen nach dem Ursprung des Bösen, nach dem Anteil Gottesan der Schöp­ fung und nach der Möglichkeit einer Entsündigung. An dieses große System knüpften sich eine Unzahl phantastischer Details, die nicht dasWesentliche waren und doch dem suchenden Geiste fort­ während Neues boten. Schonam Ende der apostolischen Zeithatten sich solche Ideen geregt. Cerinth, ein geborener Jude, versuchtedie Gleichung der Universalreligion Christi mit dem reinen Mosaismus, stellte die dualistischeLehre vom höchsten Gott und der bösen Materie auf und verlor sichin Spekulationenüber die Engelwelt, zu welcher er„Christum von oben“ rechnete. Dieser Engelchristus habe sich mit demMenschen Christus von der Taufe bis zumTode verbunden. Auch Simon Magus, bekannt aus der Apostelgeschichte, steht am Anfang dieser Geistesrichtung. Die aus Gott hervorgegangene Ennoia (Vernunft), aus welcher die Geister und durch diese die Welt „emaniert“ sei, ward verbannt in die Materie. Der „Vater“, eine Kraft Gottes, suchte siein Samaria, der Sohn in Judäa, der hl. Geist, Simon selber, auf derganzen Welt. Simon fand sie, nachdem sie alleGeschöpfe durchwandert, in seiner Gefährtin Helena. Der Glaube an ihn und Helena erlöse die Welt. Diese Ausschweifung der Phantasie fand jahrhundertelang Anhänger. Auch die

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Ein Grabmal an der Via Appia Pignatelli, eine halbe Stunde vom Sebastianstore entfernt, langeZeit irrtümlich für einen Bacchustempel gehalten, im n. JahrhundertineineKirche des hl. Papstes Urban umgewandelt und 1634 durch Strebepfeiler gestützt.

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Elkesaiten, die im Zusammenhang mit der aszetischenJuden­

partei der Essener standen und ihren Ursprung auf einen gewissenElchasai zurückführten, hielten Christus für einMittel­ wesen, einen Äon, der mehrere Male Mensch gewordensei (in Adam, Moses usw.), und suchten Erlösung in Taufen und Waschungen. Viel reiner und höher ist der Gnostizismus, der in den pseudoklementinischen Schriften (20 Homilien und

1 Roman ,,Wiedererkennungen“) gelehrt wird. Immer klingt das Thema hindurch: Befreiungdes Göttlichen von der Materie durch Erkenntnis,Aszese und Weihe. Die Enkratiten wollten das Ziel erreichen durch den Kampf gegen den Genuß von FleischundWein;die Doketen, wie Saturnil,lehrten,Christus habe nur einen Scheinleib gehabt; die Ophiten beteten die Schlange an, weil sie die erste„Erkenntnis“ gebracht; ihnen schloß sich Valentin an, der in Rom seine Äonenlehre entwickelte, wie Basilides in Alexandrien; die Barbelo-Gnostiker stellten an die Spitze des Lichtkreiseseinenjungfräulichen, ewig jungen Geist Barbelo neben den „Vater“; die Anhänger des Karpokrates ver­ ehrten dessen Sohn alsGott und suchtenErlösung im Glauben und in Zügellosigkeit, ähnlich den Antitakten, Nikolaiten und Prodikianern; der Syrer Bardesanes suchte gnostische Ideen in herrlichen Liedern zu verbreiten. Aber höher alsalle steht Marcion, der auch in Rom wirkte. WieLuther machte er die paulinische Lehre von der Gnade zum Ausgangspunkte und unterschied in seiner Schrift „Entgegensetzungen“ zwischen Alten Testament und dem Gott der Liebe im Neuen,

mehr, aberumso gefährlicher. Seine Sekte wargrößer als die übrigen gnostischen Sekten

Mithras, der im 3. Jahrhundert in Rom hochverehrte persische Sonnengott. (Antikes Marmorbild im Vatikan).

dem Gott des Zornes im Er ist kein extremer Gnostiker und hielt mit diesen zusammen an Ausbreitung gleichen Schritt mit 'dem Christentum.

Leicht erkennt man, daß der Gnostizismus mit seiner Anpassung an die herrschenden Kulturverhältnisse, seinen Schulen und Vereinen, seinen hoch­

gebildeten, zielbewußten Führern, seiner reichen Literatur, seiner Verheißung einer höheren, reineren Gnosis, seinen Mysterien eine viel größere Gefahr für das Christentum war als die Verfolgung durch Polizei und Gerichte. Die Sekte Marcions schuf sogar eine festgefügte kirchliche Organisation. Das Christentum begann entschlossen den Kampf. Es sicherte sich zuerst die Reinheit der Offenbarungsquellen, indem es den Kanon der hl. Schriften fest ­ stellte und alle Schriften ausschloß, die nicht von alters her in den Gemeinden gelesen worden waren ; es formulierte das Glaubenssymbol, in welchem gegen die Vergeistigungssucht der Gnostiker die Realität der Heilstatsachen besonders betont wurde; es prüfte .die ununterbrochene Nachfolge der Bischöfe als Bürgschaft apostolischer Überlieferung; und in diesen drei Glaubensregeln bewies es sein kraftvolles Festhalten an dem Charakter der Glaubenspredigt als positiver Überlieferung gegenüber den subjektiven Spekulationen der Gnostiker. Aus dieser Zeit stammt das älteste Verzeichnis der hl. Schriften, das „muratorische Fragment “, eine römische Arbeit; die ältesten Bischofs­

listen wurden aufgestellt, auch die römische; und Irenaeus, ein Schüler Polykarps, schrieb seine antignostischen Werke „Gegen die Häresien“ und

„Zum Erweise der apostolischen Überlieferung.“

Der gewaltigen Bewegung des Gnostizismus gegenüber schlossen sich die christlichen Gemeinden zu einer festen, universalen Einheit zusammen.

Äußerst rege war der gegenseitige Verkehr. Die drei genannten Glaubens­

regeln wurden Erkennungszeichen der Gemeinschaft. Und während die Gnostiker die Menschen nach dem Maße ihrer Gnosis einteilten in Hy li ker oder Materienmenschen ohne jede Gnosis, Pistiker, Menschen niederen Glaubens, und Pneumatiker, Menschen höchster Erkenntnis, betonten die christlichen

Gemeinden den Universalismus der Wahrheit. Innerlich geeint, gruppierten sie sich um jene Kirchen, deren Tradition besonders stark gesichert war. Und damals schrieb Irenäus das hochberühmte Wort nieder: „Mit der römischen Kirche muß wegen ihres beson­

deren Vorranges jede Kirche übereinstimmen, d. h. die Gläubigen von allerwärts, denn in ihr ist immer die apostolische Tradition bewahrt von denen, die von allen Seiten kommen. “ Diese von Christus gewollte und angebahnte Entwicklung des Christentums zur Universalkirche mit dem Mittel ­ punkte Rom konnte auch nicht aufgehalten werden durch eine andere Geistesbewegung, die sich im Gegen ­ satz zu der gnostizistischen Verflüchtigung wieder auf die Urzeit mit ihrer charismatischen Begeisterung und ihrer Erwartung der Wiederkunft Christi stützte und die Entwicklung um 100 J ahre zurückschrauben wollte.

Um 150tratder Neugetaufte Montanus in Ardaban an derphry- gischenGrenzemit zwei FrauenPriska undMaximilla als Organe des hl. Geistesund Verkünder des nahen Weltgerichtesauf.Über und Enthaltung von der zweiten Ehe, überhauptstrengere und höhereSittlichkeit forderten der phrygischenStadt Pepuza werde sich das neue Evangelium niederlassen. StrengesFasten und Enthaltung vonder zweiten Ehe, überhaupt strengereund höhere Sittlichkeitforderten

?le\PieSunder schlossensie aus ihrer Gemeinschaft aus. Sie gewannen zahlreiche Anhänger im Morgen- und im Abendland. Jetzt zeigte sich dieFestigkeit derkirchlichen Organisation.

Gegendie Montanistenwurden die ersten Synoden gehalten (160—180), undder römische Bischof Viktor schloß sie aus der kirchlichen Gemeinschaft aus. Nur als Sektenkirche konnten sie sich noch bisin späte Jahrhunderte erhalten. Ihr berühmtester Verteidiger war Tertulhan, der sich ihnen im Konflikt mit der römischen Kirche anschloß.

Das Streben nach der Gemeinschaft mit Rom ist eine ganz auffallende Eigenart jener Jahizehnte und läßt erkennen, daß die kirchliche Organisation nach dem Willen Christi und auf Grund der historischen Entwicklung schon ihren Schlußstein erhalten hat im Primat der römischen Kirche.

, mühteman sich seit ältester Zeitum einen genügenden Ausdruck für das VerhältnisGottvaters zum Sohne. Einige Theologen legten einen überwiegenden Nachdruck auf die Einheit Gottes oderbesser auf die „Monarchie“ des Vatersund hielten den Sohn entweder für eine Kraft (Dynamis), oder für eine Erscheinungsweise (Modus) Gottes und erhielten deshalb die Namen „dynamistische“ und „modalistischeMonarchianer“. Der Ver­ treter der ersteren, der Gerber Theodot aus Byzanz, reiste nach Rom; allein Papst Viktor mußte ihm die Gemeinschaft verweigern. Es gelang, eine eigeneKirchein Rom zu gründen unter dein „Bischof“ Natalis. Dieserkehrteindesbald wiederin die Gemeinschaft Viktors zurück. Die falsche theologische Anschauung vererbte sich aber in das nächste Jahr­ hundert, wo wir sie bei den Namen Paul von Samosata und Lucianwiederfinden. Die modalistische Auffassung der Trinität, begründet von Noet aus Smyrna, wurde unter demselben Papste von Praxeas nach Rom verpflanzt. Nach dieserLehre hätteder Vater in der Erscheinung des Sohnes gelitten. Diese Konsequenz brachte den Modalisten den Namen Patripassianer ein. Auch ihnen verweigerte derrömischeBischof die Gemeinschaft Viktor kanntekeine Rücksichten, wo essichumdie Einheit der Kirche handelte. Während im Abendlande das Osterfest am Sonntag nach dem Frühlingsvollmond gefeiert wurde hielten die Asiatenzusammen mit den Judenam14. Nisan Ostern. DieseDifferenz wurde störend und schon inderMitte des 2. Jahrhunderts war Bischof Polykarpvon Smyrna nach Rom gekommen, um mit dem römischen Bischof Anicet zu verhandeln. Siekonnten sich indessen nicht einigen,schieden aber im Frieden. Viktorjedochwollte um jedenPreis Einheit verlangte, daß sich Bischofssynoden mit der Frage beschäftigten, und als sich Bischof Polykrates von Ephesus weigerte, den asiatischen Brauch aufzugeben, sprach er den Ausschluß aus der Gemeinschaft aus. Obwohl es noch über hundert Jahre dauerte, ehe die Praxis einheitlich wurde, hat dochViktor auchim Osterstreit gezeigt, daß ersich seiner Herrscherstellung bewußt war wie die kraftvollsten Päpste des Mittelalters.

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Altchristliche Familie. (Sarkophagrelief aus dem Werke des Verfassers^über die „Altchristlichen Skulpturen im Museum des Campo Santo in Rom“ 1906).

III. Kapitel = Kirche und Staat, Christentum und Heidentum im dritten Jahrhundert.

Kaiser, gereizt durch jüdische Aufstände, 201 den Übertritt zum Judentum und 202, nach seiner Reise in die orientalischen Provinzen, den Übertritt zum Christentum. Die wachsende Zahl der Christen, besonders in den höheren Ständen, mußte für den Bestand der römischen Staatsreligion das Schlimmste be ­ fürchten lassen.

Der römische Staatübte sonst dieweitgehendsteToleranz gegen andere Götter und leicht beschloßder Senatihre Aufnahme, wenn ihre Kultenicht die Menschlichkeit verletzten, wieder Molochdienst, oderdie Politik gefährdeten wie der Druidenkult, oder den römischen Göttern Eintrag tat. Der Staat duldete auch diejüdische Religion aus Respekt vor ihrem hohenAlter und wegen ihrer Beschränkung auf Sion. Erstals die JudendieRuhe desStaates gefährdeten, wurden sieverfolgt. Das Christentum mit seinem neuen Gott ging aber von vornherein darauf aus, die römische Staatsreligion zu überwinden. Schützend erhob jetzt derStaat seine starke Hand über die Gottheiten, dielängst entthront waren.

Solange die kirchliche Organisation der christlichen Volksmassen noch nicht vollendet war, gingen die Verfolgungen aus der Initiative der breiten'Volksmassen hervor: Volk stand wider Volk. Nach der Vollendung der Organisation aber stellte sich ihnen der Staat als solcher feindselig gegenüber: Organisation stand wider Organisation. Das ist das eigentliche Merkmal der dritten Verfolgungsperiode von Septimius Severus bis Diokletian. Man kann drei kräftige Vorstöße und dazwischen zwei 40 jährige Ruhepausen unterscheiden.

So gliedert sich von selbst die Kirchengeschichte von 200 — 311.

Septimius Severus (193 —211) war den Christen zuerst freundlich ge ­ sinnt, sodaß in seinen ersten Regierungsjahren sogar Synoden abgehalten werden konnten. Nur in Karthago war 197 eine lokale Verfolgung, während welcher Tertullian sein Trostbüchlein „Ad martyres “ schrieb. Da verbot der

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Sein Vorgehen wurde entsprechend dem Gesetze eine Katechumenen- und Neophyt en Verfolgung, deshalb besonders heftig in Alexandrien an der Katechetenschule, wo Leonides, der Vater des Origenes, gemartert wurde. Im Katechumenate standen die beiden jungen Frauen in Karthago, Perpetua aus vornehmer Familie und Felicitas, eine Sklavin. Als Perpetua verhört wurde, trat ihr greiserVater zu ihr mit ihrem kleinen Kinde und rief: „Opfere, erbarme dich des Kindes!“ Und Felicitas gebar im Kerker ein Mägdlein. Wie bitter der Schmerz und wie groß der Heldenmut der beiden Märtyrinnen !

Doch dann kam die erste große Ruhepause, unterbrochen nur durch die kurze Verfolgung des „ersten Barbaren

auf dem Kaiserthrone “ Maximin Thrax (235 —238), dessen Edikt sich geradezu gegen die Hierarchie richtete.

Der römische Bischof Pontian und sein Gegenbischof Hippolyt, von denen wir noch zu reden haben (S. 22 f.), wurden auf die Insel Sardinien verbannt und dort von dem tückischen Klima hin ­ gerafft. Die übrigen Kaiser von Septi- mius bis Decius waren den Christen wohlwollend gesinnt, obwohl der Jurist Ulpian gerade damals eine Sammlung christenfeindlicher Gesetze herstellte.

Die Syrerin Julia Domna, das Weib des Septimius, und ihre Schwester, Julia Maesa brachten ihre Kinder und Kindes­

kinder auf den Thron: Caracalla (211 —217), von dem Tertullian sagt, daß er „mit christlicher Milch ernährt“

worden sei; Heliogabal (218—222), der durch die Einführung des syrischen Sonnenkultes einen wichtigen Schritt zum Monotheismus hin tat, selbst aber in ausschweifender Pracht und Sitten­

losigkeit zugrunde ging; Alexander Severus (222 — 235), „das Bild der Schönheit“, einen geistig und körperlich imponierenden Mann, der zwar den zer ­ rütteten Staatskult wiederherzustellen

versuchte, selbst aber die Bilder Christi, Abrahams und Orpheus in seinem Palaste aufstellte; einen Streit der christlichen Gemeinde Roms mit einigen Schenkwirten entschied er zugunsten der Christen.

Im Salon der Syrerin Julia Domna begann eine neue heidnische Bewegung, die sich, wenn auch nicht unmittelbar, gegen das Christentum richtete. Dort schrieb der Neupythagorener Philostratus von Lemnos die romanhafte Biographie des Pythagoräers Apollonius von Tyana, nicht ohne Anklänge an das Leben Jesu. Philostratus wollte der Welt in dem Ideal eines Weisen ein Vorbild zeichnen, das freilich weit unter der Höhe der Erscheinung Christi bleibt. Zu gleicher Zeit versuchten Ammonius Sakkas, ein abgefallener

Altchristliche Eheschließung. (Sarkophagrelief aus dem Museum des Campo Santo).

Christ, und später sein Schüler Plotin in dem wundersamen neuplatonischen System eine Universalreligion zu schaffen, welche „den Hauch der Gottheit überall “ verspürt, die alten Offenbarungen der Völker als Wissensquelle wählt, eine neue Funktion des Geistes, das religiöse Träumen, die Beschauung und die Ekstase zu beherrschender Geltung bringt, die Autorität gesicherter Überlieferung zur Kontrolle herbeizieht und als Prinzip das Übervernünftige und Überwesent ­ liche aufstellt (Harnack).

Die Neuplatoniker lehrten einUrwesen, vondem in konzentrischen Kreisen Emana­ tionenausgehen, der Nous alsvolles Abbild,die Weltseele'undendlich die einzelne Seele, die sich in weltlicher Lust verstrickt und mitten in der „schönen Welt“ und auf den Wegen der bürgerlichen Tugend, der reinigenden Tugend (Aszese) und der göttlichen Tugend (Ruhe, Ekstase, Beschauung) die Rückkehr findenmuß,die Vereinigung mitdem Urwesen.

Den Zweck derPhilosophiesahensie im„Heil der Seele“. Erst später drang Theurgie, Mysteriosophie und Spiritismus in dieses System ein, welches im Mittelalter für die Ausbildung derchristlichen Mystik eine hohe Bedeutung erlangen sollte. Der Neuplatonis­

mus war indes wegen seiner sublimen Höhe nichtfähig, Gemeinden zubilden, und konnte deshalb weder Universalreligion werden noch als Organisation demChristentum entgegen­

treten. Aber einzelne Anhänger wendeten ihre scharfen Waffen gegen das Christentum, besonders Porphyrius, der 270— 75 die 15 Bücher „gegen die Christen“ schrieb, wie 100 Jahre vorher Celsus das Buch„Wahr­

heitswort“ und 30 Jahre nachher (303) der Stadthalter Hierokles von Bithynien die

„Worteder Wahrheitsliebe“.

Als kraftvolle Organisation erstand wider das Christentum die Vollfrucht der persischen Philosophie, der Mani- chäismus: Der vornehme Perser Schureich oder Manes hatte schon als Kind hohe Offenbarungen erhalten. Als jungerMann begann der„großeProphet “ seine Predigt am Hofe des Königs Sapores I. Dann machte er weite Reisen und sandte seine Jünger aus bis West­

china und Indien, unterlag aber nach seiner Rückkehr in die persische Hauptstadt der Verfolgung der herrschenden Priesterklasse der Magier. Er wurde gekreuzigt um 276, und sein Leichnam wurde geschunden. Aber in seinen zahlreichen Werken lebte seine Lehre weiter :

ZweiReiche bestehen,das Reich des materiellen Lichtes und das Reich dermateriellen Finsternis. Religion heißt Erkenntnis der Naturelemente; Erlösung ist diephysikalische Befreiung der Lichtteile:WieEimersteigen die Sterne aufund niederund schöpfen die Licht­

teile aus der Finsternis in dieLichtreservoireder Sonneund des Mondes. Äonen wurden gesendet, einer von ihnen Jesus, die durch Belehrung über die Natur dieLichtfunken im Menschen befreien sollten. Die vollendeteBefreiung bedeutet das Weitende, die Scheidung zwischen Gutund Böse. Diese Lehrehatte eine starkeAnziehungskraft für Gebildete und Ungebildete. SiewurdeWeltanschauung undeine ArtvonUniversalkirchemit einem Ober­ haupte in Babylon undspäter in Samarkand. Bisins hohe Mittelalter erwiessie ihreKraft.

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