E s ist kein Z u fa ll, d aß g era d e d ie G ren zgeb iete des d eu tsch en K u ltu rb ereich es h ö c h st eig e n a r tig e u n d stark e S c h ö p fu n g e n in d er B a u k u n st a u fz u w e ise n h aben. D ie zw in g en d e N o tw e n d ig k e it, sic h g eg e n ü b e r d em fr e m d ra ssig en N ach b arn zu b eh au p ten u n d a n d ererseits w ie d er d ie u n m ittelb aren B ezieh u n g en m it dessen G eistes
leben h aben den fa s t o h n e U n terla ß von p o litisc h e n S tü rm en u m b rau sten V o rp o sten d es D e u tsc h tu m s einen starken L eb en sw illen , ein e R e g sa m k e it i n , d er P f le g e und F ö r d e r u n g k u ltu reller G ü ter erh a lten , w e lc h e sic h uns h eu te n o c h le b e n d ig in den W e r k e n d er B a u k u n st o ffe n b a r t. D a s g le ic h e g ilt von der B e d e u tu n g d es E l
sa ß , der S ta d t S tr a ß b u r g im W e ste n , w ie im O sten vom S c h le sie r la n d e u n d sein er H a u p tsta d t B reslau . D ie B a u g e sc h ic h te B resla u s verd ien t z w e ife llo s e in e stä r
kere B e a c h tu n g , a ls sie g e m e in h in zu er fa h r e n p fle g t.
D a s b ereits vor dem K rieg e bei J u liu s H o f fm a im -S lu tt- g a rt, ersch ien en e W e r k von R ic h a r d K on w iarz „ A lt-S c h le s ie n “ g ib t m it sein en tr e f flic h e n A b b ild u n g en u n d dem k n a p p en T e x t ein e v o r z ü g lic h e E in fü h r u n g in d ie B au k u n st der S ta d t B resla u . N e u e r d in g s h a t R ich a rd K o n w iarz im A u ftr a g d es S c h le s isc h e n B u n d es fü r I lc im a l- sch u tz ein B ü c h le in ü b er d ie B a u k u n st B resla u s im V erla g G ra ß , B arth u. Co.’, B reslau , h era u sg eg eb en , w e lc h e s E r w ä h n u n g verd ien t, w e il e s d em B esu ch er der K u n ststätten der S ta d t a ls F ü h r e r e m p fo h le n w erden kann.
B reslau zäh lte sch on im fr ü h e n M ille la lte r zu den g r o ß e n S täd ten . D as lä ß t sich h eu te n o c h in der ü b errasch en d g r o ß z ü g ig e n und w eila u ssch a u em len u r
sp r ü n g lic h e n S ta d ta n la g e erk en n en , w e lc h e n ach dem M o n g o len stu rm a u f ünd neben den T rü m m ern ein er ä lteren S ie d lu n g n ach e in h e itlic h e m P la n e en tstan d . D ie se A n la g e ist n ic h t w ie etw a S tra ß b u r g e in e G rü n d u n g der G eistlich k eit, in w elch er d ie K a th ed rale und der B is c h o fs s itz den M ittelp u n k t d a rstellen . S ie z eig t das S ch em a , w e lc h e s den d eu tsch en K o lo n is te n sie d lu n gen eig en ist, w ie sie u m 1 2 0 0 a n za h lreich en S tellen im O sten und N ord en d es d eu tsch en M a ch tb ereich es e n t
stan d en u n d w e lc h e v ie lle ic h t d as g r o ß a r tig ste Z e u g n is d er starken D isz ip lin und der O r g a n isa tio n sfä h ig k e it der fü h ren d en K ö p f e d ieser E p o c h e sin d .
In m itten ein er r e ch tw in k elig en B lo c k a u fte ilu n g lie g t der „ R in g “ , d as Z entrum d es H an d elsleb en s der S ta d l.
A u f ih m erh eb t sich d as p r a c h tv o lle R a th a u s, a ls sto lz e s W ah rzeic h e n ein es selb stb ew u ß ten B ü r g e r tu m s. V on den drei a n sch ließ en d en E rk erp lätzen d ien t der e in e d em H an d e ls - und M arktverkehr, a u f den b eid en ändern steh en d ie zw ei P fa rrk ir ch en m it ihren sch ö n en T ü rm en , ln v o r sic h tig er A b g esch lo ssen h eit, g e sc h ü tz t von den s ie u m s p ü le n den A rm en d es O d erslro m e s, lie g t d ie terra suncta, der B is c h o fssitz , d ie W o h n u n g e n der G e istlic h k e it zu F ü ß e n der g e w a ltig e n B au m assen d es D o m e s, der K reu zk irch e und der K irch e M aria a u f d em San d . D e r m itte la lte r lic h e
ß 6 0 D E R R A U M E I S T E R / MAI 1 9 2 7 / B E I L A G E H E F T 5
Reinerz — Die P apierm ühle Eingangspavillon, 1 7 .Jahrhundert*
R ack stein b au und das Jesu iten b a ro ck stellen sich h ier als d ie k ü n stlerisch bed eu ten d sten R auperioden dar.
D ie K reu zk irch c a u f der D o m in s e l ist in ih rer trot
z ig en u n d leb en d ig en A u fw ä r tsb e w e g u n g von stärkster W ir k u n g , w ie sie im B ild e fr e ilic h n ie zur G eltu n g k o m m en k ann u n d am O rt erlebt sein w ill. Ich m u ß es m ir versagen , a u f d ie F ü lle von a rch itek to n isch er S c h ö n h e it, w e lc h e u n s a llen th a lb en in der alten S tad t cn tg e g e n tr ilt, ein zu g eh en , m ö c h te n u r a u f ein es b e
so n d ers a u fm erk sa m m a ch en . Man w ird kaum an ein er anderen S te lle d ie E in ste llu n g d er B a ro ck k ü n stler zu den ü b erk om m en en m ittela lterlich en B auw erken so b e
o b ach ten k ö n n en , w ie in B reslau . T rotz ih rer g ä n zlich h etero g en en fo rm a len A u ffa s s u n g haben sie d ie G otik in der g r o ß e n F o r m , w en n es irg en d g in g , u n a n g eta stet g ela ssen , o ff e n b a r n ich t n u r au s rein p ra k tisch en E r
w ä g u n g en . U nd n u n b eob ach te m an , w ie d iese zw ei so g e g e n sä tz lic h gearteten F o rm w elten sich u n ter den H än
den d ieser fe in e m p fin d e n d e n A rch itek ten der B a ro ck zeit zu ü b erra sch en d en k ü n stle r isc h e n E in h eiten zu sa m m e n sc h lie ß e n . D ie se s in teressa n te K a p itel ist des näh eren S tu d iu m s w ert.
E s sei s c h lie ß lic h n o c h a u f zw ei, d ie B resla u er . K u n stg e sc h ic h te b e tr e ffe n d e V e r ö ffe n tlic h u n g e n v erw ie
sen. D r. L u d w ig B u rg em eister b earbeitete im ersten H e ft d es vom V erbände d eu tsch er A rch itek ten - und In g en ieu r
vereine h era u sg eg eb en en B ü rgerh au sw erk es d as s c h le si
sch e B ü rg erh a u s, w ob ei a u ch ch ara k teristisch e W o h n h a u sty p en B reslau s in T e x t und B ild d a r g e ste llt sin d . Im V erlag S eem a n n , L eip zig , ersch ien a ls 7 5 . B and der b erü h m ten K u n ststätten „ B r e sla u “ von F ran z L andsber
ger. D ie se s B u ch b ild et zu den oben erw ä h n ten W erk en e in e w illk o m m e n e E rg ä n zu n g , als es neben der B au k u n st au ch den reichen S ch a tz an W erk en der ü b rigen b ild en d en K ünste u n ter a u sfü h r lic h e r e m E in g e h e n a u f d ie k u n stg e sc h ic h tlic h e S e ile beh an d elt. F . B e b 1 o.
H E F T 5 D E R B A U M E I S T E R / M A I 1 9 2 7 / B E I L A G E B 61
Breslau — D er Ritterplatz m it der Vinzenzkirche (14. u. 15. Jahrh.) und der llochbergschen Kapelle, erbaut von Chr. Hackner*
B 6 2 D E R B A U M E I S T E R / MAI 1 9 2 7 / B E I L A G E H E F T 5
Breslau — R ingecke an der E lisabethkirche Turm von 1482, T urm aufsatz von 1534 *
Korpus-Christl-Kirche 14. Jahrhundert "
R echts: Kreuzkirche, von Westen
H E F T 5 D E R B A U M E I S T E R / MAI 1 9 2 7 / B E I L A G E B 6 3
Universität Haupteingang und S iid llü g el“
‘ A u s: „Die B au k u nst B resla u s“ von H. K on w iarz. 1 9 2 6 . V erlag G rall, Barth & C o m p . (W . F r ie d r ic h ), B resla u 1
P. 64 D E R B A U M E IS T E R / MAI 1 9 2 7 / B E I L A G E H E F T 5
S p eise-u n d Schlafraum (die Betten sind hochgeklappt) Entw urf Arch. Anton B ren n er-W i4 n - Frankfurt