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Die neue Komödie erst hat sich von diesen längst nicht mehr verstandenen Überbleibseln ihres religiösen Ursprungs befreit, wie ihre zahlreichen Darstellungen

DIE GRIECHISCHE POESIE1)

3. Die neue Komödie erst hat sich von diesen längst nicht mehr verstandenen Überbleibseln ihres religiösen Ursprungs befreit, wie ihre zahlreichen Darstellungen

auf Gemmen, Reliefs, pompejanischen Fresken und schließlich in den Illustrationen der Terenzhandschriften beweisen. Der Chor ist ausgeschieden. Wenn vorhanden, füllte er nur die Zwischenakte aus. Die Notiz XOPOY und gelegentlich ein kurzer Hinweis bei seinem ersten Erscheinen ist alles, was von ihm bei Menander noch übrig ist. Seit der Neuorganisation der dionysischen Spiele durch Demetrios von Phaleron (3 1 8 -3 0 7 ) heißen auch die Ausstatter nicht mehr Choregen, sondern Agonotheten. Der Stoff dieser 'neuen Komödie’ ward immer ausschließlicher das Leben des Tages.

Dies Leben war nicht gerade inhaltsreich. Athen so wenig wie eine andere Griechenstadt spielte noch eine Rolle im Kampf um die Macht. Kaufleute waren die Athener damals, die ihr Geschäft zu machen, den Gewinn als Rentner zu ge­

nießen verstanden. Zum Lebensgenuß war Athen der rechte Ort, die Centrale der Philosophie, Kunst und Eleganz, die stets die Halbwelt am glänzendsten entfaltet.

Aber die äußere Kultur gab den Ton an, Wissenschaft und Kunst arbeiten in der Stille. In der neuen Komödie treten sie nicht hervor. Ihr Kreis ist die wohlhabende bürgerliche Gesellschaft in ihrer äußerlichen Wohlanständigkeit, die oft genug nur die Frivolität verschleiert, oder erst nach ausgetobter Jugend angezogen wird, dazu die kleinen Leute, die die Not des Lebens kosten, und die Sklaven und die Hetären.

Das findet sich alles auch außerhalb Athens, und ebenso die Lust zu schauen und die Fähigkeit zu gestalten: so ist Athen nicht mehr die ausschließliche Stätte der Komödie. Dies Leben kennt keine großen Kämpfe, keine großen Gedanken, kein faustisch Ringen, kein gigantisches Schicksal. Desto geeigneter ist es für den Künstler, der den Menschen darstellen w ill, wie er wirklich ist, den Durchschnittsmenschen, weder gut noch schlecht, weder klug noch dumm, aber doch in unzähligen Nüancen differenziert. Insofern ist die neue Komödie K o nw rpo v tou ßiou. Der Athener M e- n a n d ro s (FCA. I I I 3 ff.) gilt als der Vater dieser neuen Gattung. Geschaffen hat er sie nicht, vielleicht zuerst bewußt ausgebildet, jedenfalls hat er sie durch Feinheit und Reichtum der Charakteristik ohne Übertreibung, durch Natürlichkeit und Anmut der Sprache ohne Spur von Rhetorik, durch lebhafte spannende Handlung und feine Gegensätze, durch Witz und Liebenswürdigkeit und eine nur dem Künstler erreich­

bare Lebensweisheit zu solcher Vollendung geführt, daß er als Klassiker dieser vielgeübten, langlebigen Gattung ununterbrochen auf der Bühne bis weit in die Kaiserzeit und in der Lektüre gar bis in die byzantinische Zeit hinein lebendig ge­

blieben ist. Menander, Altersgenosse und Kamerad Epikurs, ist, noch Ephebe, 321 aufgetreten, siegte zuerst 315 und ist schon 291 gestorben. Von den zahlreichen anderen seien genannt: D ip h ilo s von Sinöpe {FCA. I I 541 ff.), vor ihm und mit ihm tätig, A p o llo d o r o s um 300, und P o s e id ip p o s , der erst 287 begann (FCA. I I I 278

—295). Sie alle waren sehr fruchtbar, und ihre Stücke blieben auf der Bühne; trotzdem hielt die Produktion im ganzen griechischen Kulturkreis, wie Inschriften lehren, lange

309/310] Neue Komödie 167 an. Als die Römer begannen, sich griechische Literatur durch Übersetzungen an­

zueignen, griffen sie fast sogleich zur neuen Komödie. Und in den Bearbeitungen des Plautus und Terenz für ein noch halbbarbarisches Volk ist diese Blüte einer raffinierten, sich schon zersetzenden Kultur in die Neuzeit gelangt. Wie ungenügend die Vorstellung war, die sie trotz aller Mühe gewährten, hat 1907 der glückliche Fund großer Stücke eines Menanderbuches im aegyptischen Aphroditopolis gelehrt, die, jetzt in Kairo, zwei Komödien (’GTrrrpeTrovTec und lajuict) etwa zur Hälfte, zwei (TTepiKeipopevri und "Hpuic) in großen Bruchstücken enthalten. Hier stellt sich Me­

nander unendlich viel feiner, aber auch derber und mit der alten Komödie doch noch enger verbunden dar, als man gedacht. Er stand eben mitten in einer leben­

digen Tradition und verzichtete keineswegs auf die alterprobten Mittel der Komik und die W irkung auf die Masse. Derbe Schimpfereien, Prügelscenen hat er reich­

lich, übermütig durchbricht er nicht selten die Illusion und redet die 'Herren Zu­

schauer’ an wie Aristophanes, auch Spott über Tragödie und Philosophie und sogar persönlichsten unter Nennung der Namen bringt er an. Daneben ist der Einfluß der Tragödie auch äußerlich deutlich, wenn er in Prologscenen Götter oder Ab­

straktionen wie die ’TVfvoia in seiner Perikeiromene verwendet, die freilich auch der a p x c u a durchaus nicht fremd waren. Vor allem aber zeigt sich dieser in der psychologischen Vertiefung. Die Handlung gibt nicht gerade ein reales Bild dama­

ligen Lebens. Menander macht sich auch nicht viel Sorge, sie bis ins Einzelne hinein zu motivieren. Seine Figuren kommen und gehen, wie er es braucht; kein Stück ohne größte Unwahrscheinlichkeiten. Es kommt ihm auf den Stoff nicht sehr an. Er wie seine Genossen variieren einige wenige Themata ins Unendliche. Man kann ihre Stücke nur schwer auseinanderhalten, weil sie wenige Elemente k a le i­

doskopisch verschoben immer wiederholen. Menanders Kunst liegt vor allem in der Zeichnung der Charaktere und ihrer Entwickelung. Sie ist von erstaunlicher Feinheit und Tiefe, durch sie hat er das viel mißdeutete Lob verdient, er habe Spiegelbilder des Lebens gegeben. Köstliche, wohlerhaltene Muster seiner Kunst gibt z. B. die Schiedsrichterscene der ’CmTpeTrovTec 6 ff. oder die Tröstung des Nikeratos ob eines von seiner jungfräulichen Tochter geborenen Knäbleins durch den Vater ihres Verführers in der Zapia 235ff.

Die neue Komödie ist nicht eigentlich Lustspiel, wenn sie sich auch meist lustig gebärdet. Nicht nur, daß die feineren Komiker allezeit mehr wollen als die Zu­

schauer amüsieren, es hat Komödien gegeben mit reichlicher Sentimentalität und andere mit einer keineswegs heiteren Grundstimmung wie des Plautus Cistellaria nach Menander, seine Captivi und Poenulus nach unbekannten Vorbildern, die 'CmTpeTTovTec Menanders und ihre W eiterbildung, iie Hecyra (Schwiegermutter) des Terenz aus Apollodor, oder der Georgos, aus dessen Anfang w ir nun seit 1897 ein gutes Stück im Original besitzen (UvW ilam owitz, NJahrb. I I I [1899] 513ff.).

Aber Eines haben sie doch alle gemeinsam: das Liebesmotiv. Ob sich nun Handlung und Interesse ganz um die Liebe eines Jünglings und Mädchens dreht, oder mehr durch das Verhältnis von Vater und Sohn oder zweier Brüderpaare oder durch den Trübsinn eines Melancholikers oder die Verbitterung eines Alten in An­

spruch genommen w ird, in irgend einer Form ist das Liebesmotiv immer da, als wenn das Sehnen und Verlangen junger Menschen der Mittelpunkt alles Menschen­

tums wäre. Auch das hat Euripides angebahnt, aller älteren Kunst ist es fremd;

der Hellenismus erst führt es als unentbehrliches Requisit in die Poesie ein, die 'neue Komödie’ hat es zuerst zur Herrschaft gebracht.

168 Erich Bethe: Die griechische Poesie [310/311

V. H ELLENISM US

1. Die Poesie des hellenistischen Zeitalters, das man seit der Umgestaltung Griechenlands und des Ostens durch den großen Alexander zu rechnen pflegt, läßt sich nicht in den einzelnen Gattungen behandeln. Denn es werden ihre Grenzen nicht mehr streng geschieden, und viele Dichter haben den Ehrgeiz, in mehreren Gattungen sich zu betätigen. Zudem ist die hellenistische Poesie von der älteren wesentlich verschieden. Nicht als ob sie neue Formen geschaffen hätte. Aber sie erfüllt die alten mit neuem Wesen, so daß ihre Werke sich kaum mit den älteren vergleichen lassen. Jetzt treten auf die schon vorweg behandelte 'neue Komödie’, die spezifisch hellenistische Elegie mit stimmungsvoller Erzählung; das Epigramm in mehreren Arten, teils sind es vielmehr Elegien im kleinsten Maßstab zum Ausdruck persönlicher Stimmungen — aus ihnen entwickelt sich später die uns nur durch die Römer bekannte Liebeselegie - teils sind es fingierte Aufschriften für Statuen, Gräber, Bücher als Form der Lobpreisung, des Lebensbildes, des ästhetischen Ur­

teils; weiter das Fürstenenkomion, aus dem sich dann das Gelegenheitsgedicht zu privaten Feiern später entwickelt; das durchs Liebesmotiv modernisierte Heldenepos;

die Bukolik; eine neue Lyrik kleiner Gedichte zur Recitation; die große Arie als selbständiges Kunstwerk und andere derartige Stücke, dem Unterhaltungsbedürfnis der verschiedenen Gesellschaftsklassen dienend. Schon diese Reihe gibt eine Ahnung von der Mannigfaltigkeit und dem Reichtum der Produktion. Dazu kommen die weiterlebenden alten Dichtungsarten. Aber sehr wenig nur ist erhalten und dies Wenige zufällig oder es ist einseitig ausgewählt. Daher wird die übliche Vor­

stellung der hellenistischen Poesie der W irklichkeit auch nicht annähernd gerecht.

Selbstverständlich hat die tief- und vielbewegte Zeit nach Alexander wie in den bildenden Künsten auch in der Poesie viele verschiedene Richtungen gezeitigt, und die drei Jahrhunderte bis auf Augustus haben nicht stets dieselbe Tendenz verfolgt. Ebensowenig hat im Hellenismus nur eine Geschmacksrichtung die ganze Poesie beherrscht, sondern oft rangen mehrere um die Herrschaft, bildeten sich teils in scharfem Gegensatz aus, teils beeinflußten sie sich gegenseitig und fanden Mittelwege, auch liefen verschiedene Richtungen gleichzeitig unbekümmert neben­

einander hin, und jede fand ihr Publikum. Das Durch- und Nebeneinander in der um 180 v. Chr. lebendigen griechischen Dichtung zeigt am besten die damals ihr nachgebildete Literatur der Römer, die natürlich die gangbare Ware importierten.

Doch so mannigfaltig jene auch war, sie stand fast ganz, nachahmend oder opposi­

tionell, unter der W irkung des reichen poetischen Erbes. Auch die jetzt schärfer ausgeprägte Scheidung der Gesellschaftskreise machte sich in der Poesie geltend.

Die Gebildeten erhoben andere Ansprüche als die große Masse und deren einzelne Schichten wieder andere in ihren verschiedenen Bildungsabstufungen und Inter­

essen. Ein anderes Gesicht mußte die Poesie zeigen, die ins Breite und Weite wirken wollte, ein anderes die, die sich an 'intime Cirkel’ Gleichgesinnter wandte oder an den Höfen der Könige ertönte. Natürlich waren die 'Modernen’ zunächst auf eine kleine Zahl Höchstgebildeter und Gleichgesinnter angewiesen, ebenso natürlich aber war, daß sie sich auch über sie hinaus durchsetzen wollten. Das Durcheinander ist charakteristisch für die Zeit, die Scheidung unmöglich bei der überaus dürftigen Überlieferung. Wenn ich die für das Theater und die breite Öffentlichkeit bestimmte Poesie absondere, so geschieht das, um überhaupt eine Gruppierung zu gewinnen. Im allgemeinen zeigt sich bei diesen Gattungen mehr

311/312] Poesie des Hellenismus 169 Festhalten und Fortentwickeln des Alten: ihre Richtlinien ergeben sich aus der bisherigen Darstellung und ihre lebensfähigste Schöpfung, die 'neue Komödie’ , ist schon geschildert. Die folgende allgemeine Charakteristik gilt mehr der anderen Gruppe, enthält aber doch so vieles auch für jene erste Bezeichnendes, daß ich sie voranstelle.

Gemeinsam der ganzen hellenistischen Poesie ist ein auffallender Zug: auf allen Gebieten pocht neues Leben, neue Probleme werden von der Wissenschaft und Technik kühn angepackt, Handel und Verkehr dehnen sich in die Weite, neu formt sich die Gesellschaft, neu gestaltet sich das Verhältnis der Völker zu einander, Länder und Meere erzittern unter dem Ringen um die Weltherrschaft — aber in der Poesie findet diese leidenschaftliche Aufregung keinen Widerhall. Je hastiger und schwerer das Leben wird, desto mehr wird von der Poesie Erholung und Ab­

lenkung gewünscht. Sie wird Spiel oder Repräsentation, das Herzblut des Volkes strömt nicht mehr durch ihre Adern. Die Geschicke der Welt werden im Rat der Könige entschieden und auf den Schlachtfeldern von Berufsoffizieren und Söldner­

heeren; die großen bewegenden Fragen bespricht die Philosophie. Je mehr die | Dichter den Zusammenhang mit dem großen Leben und den tiefsten Bedürfnissen ihres Volkes verlieren, desto inniger wenden sie sich dem privaten individuellen Leben zu. So wird die Erotik der Saft der hellenistischen Poesie: sie durchdringt alle irgend möglichen Stoffe und wandelt sie innerlich um. Das Liebesmotiv hat damals die Herrschaft in der Poesie für alle Zeit errungen. Vorläufer hatten sich schon lange gezeigt. 412 hatte Euripides am Ende seiner Laufbahn in der Andro­

meda Liebesromantik, plötzlich zündende Glut und unbedingte Hingabe in die Poesie eingeführt. Die Dithyrambiker hatten die Anregung aufgenommen, wie o, c. I I 4 dargelegt. Auch der loner Antimachos um 400 hatte solche Töne in seiner Elegie Aubp wohl angeschlagen. Aber erst hundert Jahre später wurden sie zum Grund­

akkord der Poesie.

Zur Zeit Alexanders ändert sich das griechische Leben und mit ihm die Poesie, aber sie ändern sich langsam. Hätten w ir etwas mehr von der Dichtung des 4. Jhs., w ir würden die Übergänge verfolgen können, während so die hellenistische un­

mittelbar neben die klassische gestellt nur den Gegensatz empfinden läßt. In un­

unterbrochenem Schaffen hatten die Griechen von Homer bis zum Ende des 5. Jhs.

eine unvergleichlich große und reiche Dichtung hervorgebracht. Als nun im 4. die poetische Entwickelung ebbte, wuchs in der Vorstellung die ältere abgeschlossene Literatur desto mächtiger auf, sie ward als unübertrefflich, als klassisch empfunden.

Immer wieder gelesen, recitiert, aufgeführt wurde eine Auslese aus ihr zum Be­

stände der allgemeinen Bildung, zumal soweit sie in die Schullektüre kam; dazu wandte man ihr, besonders dem Homer, bereits seit dem 5. Jh. ein immer eingehen­

deres gelehrtes Studium zu. Auf diesem Punkte der Entwickelung beginnt der Be­

sitz einer klassischen Kunst, als unerreichtes und bindendes Muster hingestellt, auf der Gegenwart zu lasten, ihre Bewegung zu lähmen. Stets sind in solchen Zeit­

läuften die Nachtreter des Beifalls so gewiß, wie die Selbständigen des Tadels ob ihres Abfalls. Mit der Opposition gegen den Klassizismus beginnt daher die moderne spezifisch hellenistische Poesie.

Doch nicht frei schaffende Genialität brach neue Bahnen, sondern literarisches Studium suchte sich zunächst aus dem vorhandenen Schatze bisher verschmähte Vorbilder. Wie die deutschen Romantiker im Beginne des 19. Jhs. waren auch am Ende des 4. und Anfang des 3. Jhs. die Führer der hellenistischen Poesie Ge­

170 Erich Bethe: Die griechische Poesie [312/313 lehrte und Dichter zugleich und ihre Nachfolger nicht anders. Das Eigenartige,

Abgelegene, Bodenständige suchen sie statt des Üblichen, Klassischen, Altbekannten, sie meiden dies grundsätzlich mit klügelnder Ängstlichkeit selbst auf die Gefahr hin daß ihr Werk gesucht, verdreht, barock erscheine; das Einfältige, Alltägliche wählen sie statt des Großartigen, das Kleinbürgerliche statt aufgedunsenen Helden­

tums- sie bevorzugen weiche Stimmungen, süßes Liebessehnen und sentimentales Liebesleid statt herzzerwühlender Leidenschaft und zermalmenden Hasses. Hesiod stellen sie [neben Homer, sie studieren die altionische Elegie, die archaische Lyrik das älteste Satyrspiel, den Mimus und andere Volkspoesie; im Märchen finden sie Ersatz für die Heldensage. Aber nur gar zu [leicht drängt sich bei solcher Schätzung des Abgelegenen die Gelehrsamkeit vor. Kein Wunder, daß sie bei den Geringeren die Poesie erdrückt, daß sich nicht selten trotz aller guten Grundsätze ein trockenes Wesen in abgeschmacktem Aufputz breit macht. Wie der Inhalt, so die Form. Daß sie nicht üblich klänge, ist die erste Sorge: bezeich­

nend anschaulich sollte sie sein und in W enigenrviel sagen, reizvoll und zur ge­

nauen Betrachtung zwingend wird sie gemacht durch seltene Worte, ungewöhnliche Wendungen, zierliche Metrik. Dialektdichtung wird beliebt. Liebevolle Versenkung in einen einfachen, nicht abgenutzten Stoff und ruhige, träumend weiche Stimmung oder unerwartete versteckte Pointen und Spitzen, kaum merkbar lächelnder Humor und leicht ironisierende Behandlung, alles bis in die kleinsten Kleinigkeiten und feinsten Nüancen durchgearbeitet - das sind die hauptsächlichsten Forderungen dieser 'Jungen’, und dann als notwendige Konsequenz: klein soll das Gedicht sein, | 'ein großes Buch, ein großes Übel’ . Allmählich ist dies Programm entwickelt.

Philetas von Kos und Asklepiades von Samos sind seine Archegeten, der Sizilier Theokrit und Kallimachos von Alexandria seine Vollender.

Von Kleinasien, insbesondere von Kos, geht diese Poesie aus, die neue Haupt­

stadt des ptolemaeischen Aegyptens, Alexandria, nach der man sie genannt, lockt ihre Dichter an den glänzendsten Hof; es sind Ioner, Dorier, aber kein einziger Athener. - Dies hellenistische 'Jugendprogramm’ wird sehr viel langsamer zum Siege durchgedrungen sein, als w ir annehmen, da w ir eben fast nur Werke dieser Richtung kennen; ja es hat sich niemals ganz durchgesetzt. Denn zu groß und stolz stand die alte klassische Poesie daneben, dauernd wirksam durch Lektüre und Schule, Recitation und Bühne.

2. T h e a te r. Dagegen hat die 'neue Komödie’ sogleich und glatt gesiegt, sie hatte sich frei und selbständig entwickeln können, ungehindert durch klassische Vor­

bilder: denn die altattische Komödie war mit ihren aktuellen Scherzen nicht wieder aufführbar und auch nicht nachahmlich. Ihre Stätte ist das Theater, sie w ill auf die Masse wirken, nicht bloß auf den engen Kreis der Gebildeten, wie jene Jungen , die freilich auch im Theater, aber ohne durchschlagenden Erfolg ihre modernen Tendenzen durchzusetzen versuchten. Ungebildet war das Theaterpublikum darum nicht, im Gegenteil war in dieser Zeit der Bildungsdurchschnitt des Volkes wenig­

stens in den großen Städten jedenfalls künstlerisch ein sehr hoher: wußte es doch die feine neue Komödie, die schwierige Musik des Dithyrambos und die Leistungen der Virtuosen zu genießen und hatte ein feines Ohr für den Klang und Rhythmus

der Rede und alle Künste der Rhetorik. .

Das Theater hat mit seinen Darbietungen im Leben des Hellenismus eine vie größere Rolle gespielt als jene exklusive Poesie der Modernen . Das zeigen schon

313/314] Theater 171 die Menge der damals ausgebauten Theater und ihre umfangreichen Programme.

Alle Städte, auch kleine und kleinste, bauten sich in dieser Zeit monumentale Theater.

Die bequemsten Gelegenheiten, große Massen unterzubringen, sind sie damals zur Volksversammlung, zu Schaustellungen aller A rt benutzt, die früher an verschiedenen Orten und Gelegenheiten vereinzelt dargeboten, jetzt vereinigt wurden. Große Spiele im Theater gehören zu jedem Fest dieser festfrohen Zeit; nicht nur zu Götterfesten, durch Apotheosen von Königen und Königinnen vermehrt, auch zu Siegesfeiern und sonstigen Anlässen königlicher Gnade oder bürgerlicher Munifizenz. Die drama­

tische Kunst bildet nur den zweiten kleineren Teil der hellenistischen Theater­

programme unter dem Titel C K q v iK O i örfuivec, d. h. Wettkämpfe auf der hohen Bühne.

Den ersten größeren nehmen die OujueXixoi örrujvec ein, d. h. Wettbewerbe auf der Thymele, der kreisrunden Orchestra. Hier folgten nach einem Prozessionsliede (upocöbiov) Agone von Trompetern, Herolden, Flötisten und Kitharisten, Sängern zur Flöte (auXwöoi) und Kitharoden (beide mit Chören), von Rhapsoden, Parodisten, Rednern und epischen Dichtern, die das Lob des Gottes oder Königs, später Roms und seiner Großen in Enkomien priesen; ja es wurden gelegentlich auch Jongleure und Puppentheater zugelassen. Die Programme bieten stets sowohl klassische wie neue Stücke. So sind Dithyramben des Philoxenos, Komödien Menanders, Tragödien des Euripides immer wieder aufgeführt, und der Rhapsode trug auch klassische Lyriker, nicht bloß Homer vor. Aber stärker war doch die moderne Dichtung ver­

treten, die an Dramen, Prozessionsliedern, Enkomien, Parodien, Texten für Auloden und Kitharoden unübersehbare Massen in diesen Jahrhunderten hervorgebracht haben muß.

Von dieser großen Produktion ist nur Weniges durch Zufälle erhalten. Das Pro­

zessionslied, frp o c o ö io v , das die Feste eröffnet, gehört zu der großen Klasse der religiösen Poesie, deren die mannigfaltigen Kulte benötigten. Durch Inschriften kennen w ir z. B. einen Paian in Ionikern auf Apollon und Asklepios für eine Prozession vor. Isyllos von Epidauros aus dem Anfang des 3. Jhs., vom Ende des 2. zwei Hymnen in Kretikern mit Musiknoten und einen glykoneischen des Korinthers Aristonoos für den delphischen Apollon (BCH. X V II [1893] 549 ff. X V III[1894] 345ff.). Im religiösen

zessionslied, frp o c o ö io v , das die Feste eröffnet, gehört zu der großen Klasse der religiösen Poesie, deren die mannigfaltigen Kulte benötigten. Durch Inschriften kennen w ir z. B. einen Paian in Ionikern auf Apollon und Asklepios für eine Prozession vor. Isyllos von Epidauros aus dem Anfang des 3. Jhs., vom Ende des 2. zwei Hymnen in Kretikern mit Musiknoten und einen glykoneischen des Korinthers Aristonoos für den delphischen Apollon (BCH. X V II [1893] 549 ff. X V III[1894] 345ff.). Im religiösen