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Professor Sclimoller über englische Arbeiterverliiiltnisse

W dokumencie Stahl und Eisen, Jg. 12, No. 23 (Stron 27-32)

Von H. A. B ueck-B erlin.

ln dem 4 . Hefte des 1 6 . Jahrgangs fS . 2 9 8 ff.) seiner Jah rbü ch er besp richt P ro fesso r G u s t a v S c h m o l l e r zwei S ch rifte n , w elche sich mit den V erh ältn issen der B ergarbeiter in England beschäftigen. Diese Sch riften sind die B erichte, w elche einerseits von den H rl. Geh. Bergrath R . N a s s e und B ergrath G. K r ü m m e r , * anderer­

seits von H rn. Dr. R e i s m a n n - G r o b e * * vei- öffenLlieht worden sind. E s d arf vorausgesetzt werden, dafs der Inhalt beider Sch riften in den K reisen der L eser von „Stahl und Eisen bekannt

* B . Nasse, Geh. Bergrath, und G. Krümmer, B erg ­ rath : Die Bergarbeiterverhältnisse in G rofsbritannien.

Auf Grund einer im Som m er 1890 ausgeführten In­

stru ctionsreise bearbeitet Saarbrücken 1891, Khngeheil.

** Reismann-Grone, Dr.: Die Arbeitseinstellung auf den Kohlengruben Durhams im Jahre 1892, Essen 1892, Baedeker.

ist, die W iedergabe desselben soll daher hier nur insow eit stattfinden, als es in Bezug a u f die vorliegende B esprechung erforderlich erscheint.

P ro fesso r S ch m o ller bem erkt bezüglich der ersten S ch rift zu n äch st, dafs V ie le s, was mit- getheilt, in der deutschen Literatur der letzten Ja h r e , und zwar theilw eise ausführlicher b e ­ schrieben worden ist. Den Hauptwerth des B uches erblickt er darin, dafs in dem selben seh r unparteiische B eob ach ter ihre A ussagen m achen.

„Das B u c h “ , so sagt S ch m o ller, „ist das Muster einer ob jectiv en, farblosen B eam tenrelation, bei der keine S ilb e verräth, auf wessen S eite die B erich terstatter persönlich stehen. Man könnte sagen, die Farblosigkeit der Darstellung gehe so weit, dafs sie einen lebendigen Eindruck hindere.

Und gewifs w ird, w er ausschliefslich hier sich belehren w ill, keine volle A nschauung der Dinge

1048 Nr. 23. „ S T A H L UND E I S E N . “ December 1892.

erh alten . Das geben natürlich theils die P a rte i­

s ch rifte n , tlieils künstlerische und theils farben­

reich gehaltene Erzählungen viel m eh r. Aber gerade neben solchen ist solch nüchterne B e r ic h t­

erstattu ng von grofsem W e rth , indem sie die m ehr vom Standpunkte gew isser P arteien oder Ideale verfafsten Darlegungen einerseits bestätigt, andererseits m od ificirt.“

In Bezug auf die R e su lta te, zu' w elchen die V erfasser köm m en, hebt S ch m o lle r hervor, dafs, abgesehen von den H auern in N orthum berland und D urham , die englischen B ergleute, S am stag au s­

genom m en, d urchsch nittlich längere, im W o ch e n ­ d urchsch nitt oder im ganzen Ja h re ab er w eniger S ch ich te n als die deutschen G rubenarbeiter ver­

fa h ren ; sie verwenden daher m ehr Zeit zur E r ­ holung und zu Vergnügungen, für w elche m ehr Geld auszugeben ihnen der höhere Lohn gestattet Daneben wird festg estellt, dafs die en g lisch en ' A rbeiter m ehr von ihrem Lohn für eine gute L ebenshaltu ngau tw end en, w odurch sie zu gröfseren Leistungen befähigt werden.

A ufser bei Betriebsunfällen stehen dem eng­

lischen A rbeiter keine gesetzlichen A nsprüche auf Unterstützung und R ente z u ; e r ist a u f P riv at­

versicherung und Privatunterstützung angew iesen.

Den U nfallversicheru ngskassen, zu denen die W erksbesitzer im ganzen nur 1 4 % der A rbeiter­

beiträge zah len , gehören nur 4 0 % aller B erg ­ arbeiter G rofsbritanniens an. E s bestehen im ganzen nur wenige K rankenkassen, und die trade unions beschränken sich auf die Gew ährung von Sterbegeld und U nterstützungen im F a lle von A rbeitseinstellungen oder A usschliefsungen.

Das m eiste Interesse dürfte der B erich t über die, auch von P ro fesso r S ch m o lle r als w ichtigsten Pu nk t bezeichnete W irku n g der A rbeiterverbände und ihres Zusam m enw irkens erregen . S ch m o ller behauptet, dafs die V erfasser im allgem einen die A nsicht von B r e n t a n o und seinen Sch ü lern b estätig en ; er führt dies des W eiteren aus in­

dem er s a g t: „sie - die V erfasser — s^gen, w eder im allgem einen, noch im besonderen für I N orthum berland, D urham und Südw ales liefse sieh bestreiten, dafs die A rbeitseinstellungen durch die geregelten Verhandlungen w eniger häufig als früher vorgekom m en seien. S ie fügen bei, °dafs die Leitung der A rbeiter durch einsichtsvolle und w ohlw ollende F ü h rer, die für die jew eiligen Con- ju n ctu ren volles Verständnifs besitzen, der ent­

scheidende Punkt für die günstige W irku ng sei.

Im speziellen aber m odificiren sie die optim istische B eu rtheilung der ganzen Organisation doch in einigen P unkten. Sch on die T hätigk eit der Join t L om niittees, der freiw illigen Sch ied sgerichte, er- scheint in etw as w eniger günstigem L ich te, aller- dings w esentlich auf Grund von A ussagen der B erg w erk sd ireelo ren ; ein erd erseib en äufsert, man werde hoffentlich in Deutschland etw as B esseres erfinden, als dieses minutiöse, zeitraubende und

kostspielige V erfah ren ; die V erfasser fügen bei, häufig kosteten die Erhebungen m e h r, a ls der Streitgegenstand an W erth betrage. S ie eon- statirCn dann die steigende A bneigung gegen die Sch ied ssp rü ch e über Lohn und Arbeitsbedingungen (a rb itra tio n ); es fehle an je d e r G arantie, dafs die A rbeiter sich auch ungünstigen S ch ied s­

sprüchen unterw erfen. W ährend man in D eutsch- land gegen einen Staatsb eam ten als Vorsitzenden von Einigungsäm tern geltend gem acht hatte, dafs er nich t sachv erständ ig, jed en falls niem als so sachverständ ig sei, wie die in England gewählten G esch äftsleu te, lesen wir hier S . 1 7 0 : „„D afs S ch ied ssprü ch e, wie sie frü her für G ew erkschafts- (allgem eine) Fragen in N orthum berland, Durham und Cleveland m it E rfolg von angesehenen, aber ganz aufserhalb der Interessen stehenden und vorher gar nicht orienlirlen P ersonen gefällt worden sin d , keiner Begründung bedurften, ist eine englische E ig e n tü m lic h k e it, flöfst ab er kein besonderes Vertrauen au f die S ach lich k eit e in .“ “ In den vorstehenden Ausführungen m ufs in der T h a t seh r w esentlich zw ischen der a l l g e ­ m e i n e n Bestätigung der A nschauung B rentanos und seiner S ch ü ler und der Modificirung im s p e z i e l l e n bezüglich der optim istischen B e ­ urtheilung dieses N ationalökonom en und dessen A nhanges unterschieden w erd en; denn die, von den Verfassern hervorgehobenen M ängel und Mifs- stände bestätigen w esentlich die A nsicht Derer, die bei B eu rtheilung der englischen trade unions,’

von praktischen Gesichtspunkten au s, zu ganz anderen R esultaten gelang ten , als H r. P rofessor B rentano und Genossen.

Zu den anders Urtheilenden gehört auch, wie den L esern dieser Zeitschrift bekannt ist,’

Dr. R eism ann-G rone, dessen vorangeführte S ch rift P ro fesso r S ch m o lle r nunm ehr einer kritischen B etrach tu ng unterw irft. D erselbe m acht zunächst darauf aufm erksam , d afs, w ährend N asse und K rü m m er m ehr die Entw icklung bis zur neueren H ausseperiode im Auge hatten, sich die B roschü re von Dr. R eism ann a u f die seither eingetretene absteigende G onjunctur und hau ptsächlich au f die letzte A rbeitseinstellung in Durham bezieht, von der ein m öglichst d rastisches, lebendiges Bild gegeben werden soll. W ähren d , wie P ro fesso r S ch m o lle r sa g t, die erstgenannten A utoren in

„v ornehm er“ O bjectivität b erich ten , zeigt sich Reism ann als entsch lossen er Gegner der Gew erk­

vereine.

Ich verm ag nicht zu verstehen, wieso in dem 'o rlieg en d en f a l l e eine O bjectivität, w elche, nach P ro fesso r S c h in d le rs eigenen W o rte n , so weit getrieben is t, dafs die Farblosigkeit der D ar­

stellung^ einen lebendigen Eindruck hindert, „vor­

n e h m e r“ sein soll, als die eingehend m it Gründen belegte Abgabe des eigenen U rtheils, w elche der R eism annseben S ch rift in meinen Augen einen besonderen W erth verleiht. Ich kann "diese, für

December 1892. „ S T A H L UND E I S E N . “ Nr. 23. 1049 Reism ann nich t gerade schm eichelhafte Gegen­

überstellung um so weniger für berechtigt e r­

achten, als P rofesso r S ch m o ller selbst anerkennt, dafs R eism ann sich bem üht, auch gegen die englischen Gew erkvereine gerecht und objectiv zu sein. Denn derselbe giebt zu, wie S ch m o ller anfü hrt, dafs die Verbände in Northum berland und D urham in der Hand der älteren liberalen F ü h rer relativ Gutes gew irkt h ab e n ; aber er sucht n ach zu w eisen , dafs sie dem So cialism u s verfallen und dafs sie in diesem Stadium nicht den Frieden, sondern den Unfrieden, den T e r r o ­ rism us und den Niedergang der Industrie bedeuten.

A uf den Inhalt der S ch rift des Dr. Reism ann gehe ich hier nicht weiter ein, er ist den Lesern dieser Zeitschrift aus m einer B esprechung in Nr. 17 dieses Jah rgan g s bekannt. S ch m o ller re cap itu lirl, dafs Reism ann die H auplursachen dieser A rbeitseinstellung und ihrer traurigen Folgen auch für viele, aufserhalb des betreffenden Gew erbes stehende A rbeiter, in den T errorism u s der jü ngeren über die älteren L eu te, in dem Eindringen der soeialistischen Lehren und in der schw achen und unfähigen Centralleitung der grofsen dem okratischen Gew erkvereine erblickt.

„Den B esehlufs der B ro sch ü re “ , sagt P rofessor S ch m o lle r weiter, „bilden allgem eine historische B etrachtu ngen über die w irthsehaftliche Entw ick­

lung E n glan d s, die U rsachen seiner M acht und Gröfse und die beginnende Verschiebung seiner bisherigen St el l ung, w elche seh r viel W ahres enthalten — und daneben eine Polem ik gegen die ja allerdings optim istische Auffassung von S c h u 1 z e - G ä v e r n i t z und gegen diejenigen, welch e eine staatlich e O rganisation der Gewerkvereine für Deutschland empfohlen haben. E s wird prophezeit, England werde in den nächsten 2 0 Jah ren einer steigenden R adicalisirung und Dem okratisirung unterliegen, eine zunehmende M acht des Socialism u s erleben, damit aber auch vom socialen Frieden sich im m er w eiter en tfern en .“

Von ganz aufserordentlicher Bedeutung e r­

ach te ich cs zu vernehm en, wie P ro f. S ch m o ller s elb st, bei Besprechu ng der Auffassungen R eis­

m anns, über die Gewerkvereine und die O rgani­

sation der A rbeiter im allgem einen orthellt ; in dieser Beziehung bietet die nachfolgende B e­

sprechung höchst interessante und werthvolle A nhaltspunkte. Professor S ch m o ller s a g t:

„Es ist gewifs sehr dankensw erth, dafs der Dur- ham er B ergarbeiterstreik so auch in Deutschland eine ausführliche B earbeitung fand ; und Hr. Dr. R eism ann- G rone ist einer der einsichtigsten und talentvollsten Sch riftsteller auf der Seite der G ew erkvereinsfeinde;

es ist natürlich, dafs neben die optim istische die pessim istische Auffassung sich s te llt; es ist gut, wenn von einer grofsen Bew egung, wie die der englischen Gew erkvereine ist, auch die Schattenseiten anfgedeckt werden. Man wird auch zugeben m ü ssen , dafs Dr. R eism an n in vielem Einzelnen recht hat. Im ganzen ab er m ufs ich ihm doch w idersprechen, ob­

wohl auch ich schon öfter davor w arnte, die englische

Gewerkvereinsgeselzgebung und Organisation ohne w eiteres für uns zu copiren.“

„Mit dem biofsen Protest gegen Gewerkvereine ist gar nichts gesag t, wenn nicht Mittel angegeben weiden, wie man etwa ihre Enlstehung hindern könnte.

Solche Mittel giebl es n ich t, oder sofern es solche giebt, verträgt sie unsere Zeit nicht. Das herufsm äfsige A rheitervereinswesen kann nicht gehindert w erd en;

es ist zugleich nölhig und unentbehrlich, um die A rbeiter m oralisch und geistig zu heben, sie zu schulen und zu erziehen ; es ist eine Forderung der Gerechtig­

k e it, weil ohne A rbeiterverbände die A rbeiter auch ihren berechtigten In teressen nich t A nerkennung ver­

schaffen können. Das Arheitervereinswesen ist heute so wenig zu unterdrücken und zu beseitigen , als im 13. bis 15. Jahrh u n d ert das Zunftwesen.“

„Zu kämpfen ist also nich t gegen die Verbände der A rbeiter als so lch e , sondern gegen ihre Aus­

schreitungen, gegen den falschen Geist, der in ihnen h errscht, gegen ihre falsche Organisation, gegen ihren T errorism us, gegen ihre revolutionären Tendenzen.

Und das ist m öglich durch eine richtige Gesetzgebung und w irthsehaftliche P o litik , nich t aber durch eine Ignorirung der Frage, wie sie in Deutschland seit 20 bis 30 Jah ren leider üblich ist.“

„W as Dr. Reism ann zunächst bewiesen h a t , ist nur, dafs ein Gewerkverein von 6 4 0 0 0 Mitgliedern in erregter Zeit die wuchtigsten Lebensfragen durch U rabstim m ungen zu entscheiden gänzlich unfähig i s t ; wie eine Gemeinde oder ein Staat von einiger Gröfse nur durch eine feste Regierung und einen Vertretungs- körper halbwegs leidlich zu leiten ist, so müssen der­

artige gröfse V erbände eine m it w eitgehenden Voll­

m achten versehene Spitze sich g e b e n ; und wenn sie selbst nich t fällig sin d , sich eine solche Verfassung zu geben, so mufs das die Gesetzgebung th u n .“

„W as er weiter bew iesen hat, ist dasselbe, w orauf ich schon öfter hin w ies: solange die 16- bis 25jäh rig en Burschen die ausgewachsenen verheiratheten A rbeiter terrorisiren, ist die natürliche Ordnung der Dinge v erk eh rt; dafs nur das reife Alter in allen gesell­

schaftlichen Fragen entscheide. W ie die alten G esellen­

vereine naturgemäfs voll R auflu st w aren , zu Gewalt- that und Spektakel schon des Alters wegen neigten, auf eine L in ie mit Schüler- und Studentenverbindungen zu stellen w aren, so kann ein freies V ereinsreclit der A rbeiter nur dann leidliche Folgen haben, wenn man den älteren Leuten in ihnen das sichere Uehergewicht verschafft.“

„Was er weiter bewiesen h at, ist das Vordringen socialistisch er Ideen im englischen A rbeiterstan de;

was er nicht bew iesen h at, ist, dafs daran die Gewerk­

vereine schuld seien. Ohne sie würde dies Vordringen noch stärker sein. Noch w eniger ist heute sicher zu sagen, ob und wann die socialistisch e Propaganda zu Stillstände kommt. Die Radicalisirung aller englischen Institutionen und die Schw äche der popularitätssüeh- tigen Parteim inisterien ist die Hauptgefahr für England und begünstigt die Verbreitung thörichter radicaler 'fh eo rieen , wie diese U rsachen auch erklären, dafs m an dem Terrorism us erregter A rbeiterm assen nicht m it Energie entgegenzutreten w agt. B is wann nach dieser Seite ein Umschwung kom m e, ist schw er zu sagen. A ber ausgeschlossen ist er sich er nicht, ln all diesen Dingen handelt es sich um bald vorw ärts, bald rückwärts gehende W ellenbew egungen; und wenn England einm al wieder eine w irklich gröfse, feste und zielbewufste R egierung erhält, dann wird sie auch H err all der inneren Schw ierigkeiten w erd en.“

„Auf die Frage einzugehen, wie ich m ir eine deutsche Gesetzgebung in Bezug auf A rbeiter und Gew erkvereine d en k e, ist h ier nich t der Platz. Ich will nur das Eine beifügen : dafs der Staat Gewerk­

vereine sch affe, wo sie nich t e x istiren , habe ich nie verlan g t, wohl a b e r, dafs er d a , wo eine gröfse

1050 Nr. 23. „ S T A H L U N D E I S E N . * December 1S92.

A rbeiterorganisation besteht, oder in Bildung begriffen ist, wo es sich zugleich um grofse und w ichtige In - dustrieen m it vielen Tausenden von A rb eitern handelt, durch Specialgesetze eingreife und die an sich vor­

handene Bewegung in norm ale B ahnen le ite .“

Dafs P ro fesso r S ch m oller die optim istische A nschauung B rentanos und nam entlich dessen S ch ü le rs v. Schulze-G ävernitz in Bezug a u f die englischen Gewerkvereine nicht theilt, ist allgem ein b e k a n n t ; seine A eufscrungen werden daher in vielen Beziehungen auch bei den entschiedensten Gegnern der Gewerk vereine und sonstigen A rbeiter­

organisationen volle Zustim m ung find en; einige Bem erkungen zu seinen Schlufsfolgerungen m öchte ich m ir aber doch gestatten.

Alle einsichtsvollen und in der gegenw ärtigen socialen Bew egung überhaupt in B etrach t kom m en­

den G egner der A rbeiterorganisationen werden m it P rof. S ch m o lle r und m ir darin überein stim m en, dafs es in unserer Zeit kein Mittel g ie b t, das A rbeitervereinsw esen zu unterdrücken oder die weitere Entw icklung desselben direct zu hindern.

E ben so einig aber sind die G egner in der Ueber- zeugung, dafs im H inblick auf die A usschreitungen der A rbeiterverbände, den falschen Geist, der in ihnen h e rr s c h t, ihre falsche O rg anisation, ihren

1 e rro ris m u s , ihre revolutionären Tendenzen __

ich gebrauche hier die eigenen W o rte S ch m o llers

— A lles unterlassen werden sollte, was geeignet ersch eint, die O rganisation der A rbeiter zu fördern.

Mit R ücksicht auf diesen Standpunkt wird der Ederstand e rk lä ilich , den die Gegner der A rbeiter1 Organisationen der Bildung sogenannter A rbeiter­

ausschüsse entgegensetzen. F reilich besteht die T h a lsa ch e , dafs nicht wrenige A rbeitgeber solche A usschüsse freiw illig bei sich eingeführt haben.

Dem gegenüber m öchte ich zun äch st bem erken, dafs eben nicht alle Industriellen von gleichen politischen und socialen Ueberzeugungen geleitet w erd en , dafs es dem gem äfs auch unter ihnen Freunde und Förderer der A rbeiterverbände giebt.

Daneben kom m t auch die Verschiedenheit der individuellen Beanlagung und der mitwirkenden Interessen ln B etrach t, w oraus sich ergiebt, dafs der Eine w eniger im stande ist, oder es für w eniger zw eckm äfsig e ra c h te t, einer von m a ß ­ gebender S te lle ausgehenden Ström u ng dauernden W iderstand entgegenzusetzen, als der A ndere.

^ aber beispielsw eise in der A rbeit des P rofessor Dr. Max Serin g über die A rbeiterau sschüsse, ver- öflentlicht in Band X L V I der Sch riften des Vereins iür Socialp olitik , von den daselbst abgedruckten, ! von den Arbeitgebern festgestellten Statuten solcher freiw illig errichteten A rbeiterausschüsse K enntnifs nim m t, der mufs sich wundern über die G ering­

fügigkeit der solchen A usschüssen gew ährten B e ­ fugnisse. Man könnte an der Hand dieser Statuten sich veranlafst fü h len , diese A rbeiterausschüsse als h arm lo s, als eine Spielerei anzusehen, wenn diese Spielerei, vom entgegengesetzten Standpunkte aus b e tra c h te t, nicht einen so e rn ste n , gefähr­

lichen Hintergrund hätte. Denn es fehlt nicht an B eispielen, w elche zeigen, dafs die A rbeiter­

ausschü sse consequent die Erw eiterung ihrer B e­

fugnisse und damit die Einengung der Stellung des A rbeitgebers und, zur U nterstützung ihrer B estreb u n g en , die O rganisation der A rbeiter e r­

streben. S o lch e Bestrebungen sind besonders s ch ä rf hervorgetreten bei den K öniglich preufsischen Staatsbetrieben, deren Vorgehen m it Bildung von A rbeiterausschüssen s. Z. die ernstesten Bedenken in weiten industriellen Kreisen hervorrief. Die u. a. a u f den staatlich en Gruben im Saarrev ier m it den A rbeiterausschüssen gem achten Erfahrungen haben gezeigt, dafs je n e Bedenken wohl begründet waren.

Professo r S ch m o lle r erachtet das beru fsm äß ige A rbeitervereinsw esen für nöthig und unentbehrlich, um die A rbeiter m oralisch und geistig zu heben, sie zu schulen und sie zu erziehen. E in e d er­

artige Einw irkung m u ß unbestritten den A rbeiter­

o rg an isatio n en , besonders den alten englischen Gew erkvereinen, zugestanden werden, jed o ch nur auf gewissen G ebieten, so beispielsw eise wo es sich darum h an d elte, durch genossenschaftliche U nternehm ungen oder durch Bildung von U nter­

stützungskassen die L age der A rbeiter zu bessern.

Nach der von S ch m o lle r selb st m it so starken W orten constatirten Entartung des A rbeitervereins­

wesens dürfte dieses erziehende M oment jed ocli weit zurücktreten hinter die üblen Einw irkungen, denen die A rbeiter in jen en Vereinigungen je tz t ausgesetzt si nd; denn sie s i nd, besonders aucli infolge des von S ch m o ller gleichfalls zugegebenen, im m er w eiteren Eindringens sociaid em okratischer Id e e n , m ehr geeignet, die bösen Leidenschaften zu entw ickeln und zu deren Bethätigung an ­ zustacheln, als den A rbeiter m oralisch und geistig zu heben.

P ro fe sso r S ch m o lle r betrach tet es auch als eine Forderung der G erechtigkeit, d a ß das A r-' beitervereinsw esen nicht gehindert w erd e, weil ohne dasselbe die A rbeiter ihren berechtigten Interessen nicht A nerkennung verschaffen können.

Icii glaube behaupten zu d ürfen, d a ß in keinem Lande der W elt die Interessen der A rbeiter eine so weitgehende B erücksichtigu ng gefunden haben wie in D eutsch lan d; au f dem bedeutungs­

vollsten Gebiete der A rbeiterversieherungsgesetz- gebung ist diese Berücksichtigung eingetreten nicht nur nich t infolge der Bestrebungen der A rbeiterverbände, sondern trotz des W iderslands der m eisten und bedeutendsten derselben.

Der A rbeiterschutz ist gleichfalls in D eutsch­

land am weitesten gediehen, und um dieses Ziel zu erreich en, bedurfte es des D rängens der A rbeiter­

verbände nicht. Die Erw eiterung des A rbeiter­

schutzes w ar die Folge des allgem einen Cuitur- fortschrittes, w elcher die G esellschaft zur größeren

schutzes w ar die Folge des allgem einen Cuitur- fortschrittes, w elcher die G esellschaft zur größeren

W dokumencie Stahl und Eisen, Jg. 12, No. 23 (Stron 27-32)

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