A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S
F O L IA G E R M A N IC A 1, 1997
Brygida Brandys
D IE G E ST A L T E N DE R D R A M E N Ö D Ö N V O N H O R V A T H S IN IH R E M L O K A LK O LOR IT
A m 1. Juni 1988 wird die literarische W elt den 50. T o d estag eines D ichters feiern über den K laus M ann einm al m it g ro ß e r A n e rk en n u n g sagte: „ E r w ar ein D ich ter“ . M an n b eto n te dabei, d a ß (sic!) n u r wenige diesen E h ren n am en verdienen. „D ie A tm o sp h äre echter Poesie w ar in jedem Satz, den er geschrieben h a t...“ schrieb M an n und h o b h erv o r „...u n d w ar auch um seine Person, war in seinem Blick, in seiner R ed e“ 1. H o rv a th selbst sagte ü ber sein Schaffen, d a ß er n u r zwei D inge habe, gegen die er schreibe, die D um m heit und die Lüge, und zwei für die er eintrete, die V ernunft und die A u frichtigkeit2. Sehr treffend ch a rak terisierte d as Schaffen Ö d ö n von H o rv a th s d er 35 jährige C arl Z uckm ayer, als er ihn im Ja h re 1931 zu dem K leist-Preis vorgeschlagen hatte.
H o rv á th - schrieb Z u ck m ay er - scheint m ir u n ter d en jü n g ere n D ra m a tik e rn die stä rk ste B egabung u n d , d a rü b e r hin au s, d e r hellste K o p f und die p rä g n an tes te P ersö n lich k eit zu sein. Seine S tü ck e sind ungleichw ertig, m an c h m al sp ru n g h a ft u n d o h n e S ch w erp u n k t. A b e r niem als w ird sein A u sd ru ck m ittelm äß ig - w as er m ach t, h a t F o rm a t - und sein Blick ist eigenw illig, eh rlich , rück sich tslo s. Seine G efah r ist d as A n ek d o tisch e, seine S tärk e die D ich tig k eit d e r A tm o sp h ä re, die Sicherheit k n a p p er F o rm u lieru n g , die lyrische E ig e n art d es D ialo g s [...] Es ist an zu n eh m en , d a ß er d er d ram atisch en K u n s t, die im m er ohne E in s ch rä n k u n g eine K u n s t d er M ensch- u n d W o rtg e staltu n g b leibt, neue lebensvolle W erte z u fü h re n w ird 3.
A ls es E nde der 60er Ja h re zu einer H orvath s-R en aissan ce gekom m en w ar, unterstrich Peter W apniew ski, d aß es unter den U rteilsfähigen, Stim m en
' K . M a n n : Ü ber Ö dön von H orvath. In: Ö dön von H orvath. H g. v. T . K risc h k e. F ra n k fu rt/M . 1976, S. 268.
2 E b d ., S. 273. 3 E b d ., S. 274.
gibt, die H o rv á th für einen größeren D ichter h alten als B ertolt B recht4. N och einige Jah re frü h er sah F riedrich T o rb e rg H o rv á th schon a u f dem W eg zum K lassiker5. D as d ram atische Schaffen Ö dön von H o rv a th s, das fü r eine du rch zwei W eltkriege d eterm inierte E poche typisch und ganz und g ar von der politischen und w irtschaftlichen P roblem atik d er 30er Ja h re d u rc h d ru n g en ist, läßt sich schwer in irgendeine S trö m u n g einordnen. M an findet d o rt sow ohl Einflüsse d er expressionistischen D arstcllungsw cise als auch die des kritischen R ealism us und der N euen Sachlichkeit. Im höchsten G ra d e blieb es aber d er T ra d itio n d er W iener V olkskom ödic verpflichtet d er Stücke von F erd in an d R aim und und Jo h a n n N ep o m u k N cstroy. N estroy schätze H o rv a th am höchsten. In einem seiner Briefe, k urz vor dem A usbruch des Zw eiten W eltkrieges, schrieb H o rv a th an seinen besten F reu n d F ra n z T h e o d o r C so k o r, d aß m a n N estroy sein m üßte, um alle diese Z eiten zu verstehen6. H o rv á th selbst versuchte seine Z eit zu verstehen, indem er d as V erhalten der M enschen und ihre sprachlichen U n zulänglich-keiten registrierte. „...Ich schreibe nichts gegen...“ m einte er selbst „...ich zeige cs n u r, und es besteht die M öglichkeit, d a ß cs d a n n gleich ,gegen1 w irk t“ 7.
H orv áth s Blick a u f den M enschen ist der eines M oralisten - schonungslos und bitter aber nicht resignierend, im m er m it verschäm ter Liebe für die m enschlichen Schw ächen. F a st alle G estalten sind O pfer des m oralischen und geistigen K leinbürgertum s. F a st alle sind O pfer d er G esellschaft, der U m w elt und d er sozialen G egebenheiten, in den sie leben. O ft w erden sie zu W erkzeugen in d er H a n d d erer, die sie nach ihren W ün sch en zu m anipulieren verstehen. H o rv á th schildert in seinen D ram en kleine, oft gescheiterte Existenzen, stellt die V ertreter eines deg rad ierten M ittelstandes vor, gibt Querschnittsanalysen des gegenwärtigen gesellschaftlichen Bewußtseins, m it dessen Hilfe die H elden sich allen K onflikten zu entziehen versuchen. Sein G estalten scheinen das P ro d u k t ihrer Zeit zu sein. Im D ra m a Kasim ir und Karolinę heißt es: „...die M enschen sind weder gut noch böse. A llerdings werden sie durch unser heutiges wirtschaftliches System gezwungen egoistischer zu sein, als sie eigentlich w ären, d a sie doch schließlich vegetieren m üssen“ “. D a s A ufkom m en des N ationalsozialism us, die U nentschlossenheit d er Sozial-d em o k ra tie , Sozial-die A rbeitslosigkeit, In flation unSozial-d W irtschaftskrise, A tten tate und politische M o rd e d as ist eine W irklichkeit, in der die d ram atisch en H elden H o rv a th s gezw ungen sind sich irgendw ie abzufinden. D ie äu ßeren
4 E b d ., S. 286. 5 E b d ., S. 286.
6 F . T h . C so k o r (über N estroy) in „ H an n o v ersch e A llgem eine Z eitu n g “ , 28.02.1966 7 T . K risch k e: M utm aßungen über Ödön von H orvath. In: Ödön von H orváth. H g. v. T . K rischke. F ra n k fu rt/M . 1976, S. 273.
U m stän d e, ihre U nvcrständlichkeit und V erw icklung übersteigen ab er die D enkens- und Verstehensm öglichkeiten dieser Figuren. M it scharfem B eobach-tungsblick zeigt d er D ich ter die D urchschnittsintelligenz d er G estalten , ihre heuchlerisch m an ip u lierb are M oral, P hantasielosigkeit, T räg h eit des H erzens, H abgier, ihren A berglauben, ihre Vorteil- und Selbstsucht und die U nfähigkeit sich ein anderes Leben zu gestalten als dieses, d as ihnen ihre kleinen M a ß stä b c vorschreiben. H o rv ath s d ram atische H elden, das sind m eistens M enschen, die ü ber A b n o rm itäten lachen und dabei nicht begreifen, d aß sie schon längst zu eigentlich noch krasseren A b n o rm itäten v erk rü p p elt sind. H in ter den F assad en braver A nständigkeit und bürgerlicher B iederkeit und G em ütlichkeit ist G em einheit, N iedertracht, Feigheit und K leinm ütigkeit versteckt. D ie allgem eine N o t artet zu einem E xisten zk am p f aller gegen alle aus, in dem die einfachsten G esetze m enschlicher S o lid a ritä t au ß e r K u rs gesetzt sind. Im D ra m a Glaube, Liebe, H offnung läß t d er für die Polizei arb eiten d e B aron bei einem R endezvous das M ädchen M a ria wegen eines D iebstahls verhaften, obw ohl es ihm vorher nicht zu geringfügig erschienen w ar, sich einen Betrag von drei M ark bei ihm zu leihen9. M ad a m e P rantl fü h lt sich wegen E lisabeths B etrugs in ihrer bürgerlichen M o ra l beleidigt, ab er sie b ed au ert ihren Sohn, wenn er von seinen K am e rad e n , die er bestohlen hat, verprügelt w ird10. H inter jedem heiteren W ort lauert Vernichtung und das, was sich als Idylle präsentiert, en tp u p p t sich als eine W irklichkeit, gegen die d er M ensch nicht ankom m t. H o rv á th s H elden handeln sp o n ta n , unüberlegt - deshalb auch unlogisch. Sic verstricken sich in eine quasi-tragische A usw eglosigkeit. D as N icht-D en k en -K ö n n en und noch m ehr d as N icht- D enken-W ollen w erden zum D ra m a dieser H elden.
In n e rh alb d er H orv áth sch en D ra m atik k ann m an von zwei un tersch ied -lichen, n ebeneinander existierenden W elten sprechen und zw ar von d er M än n e r- und F rauenw elt. D ie beiden leben in völliger K o n tak tlo sig k eit geteilt in ihren Interessen. A uch die gem einsam e Lage verbindet sie nicht. A lle P roblem e des gesellschaftlichen Lebens betreffen n u r die M ännerw elt. D ie F ra u e n sind n u r d a n n d a ra n interessiert, w enn sie sich p ersönlich in ihrer Existenz b ed ro h t fühlen. Bei H o rv á th erscheint die K leinbürgerei nicht so sehr gebunden an die K lasse als an das G eschlecht. K leinbürgerlich sind v or allen die M än n er. Sie w erden ohne Illusion der W irklichkeit ausgeliefert. D e r D ich ter läßt sie m it boshaftem E goism us a u f die U m w elt reagieren. D ie M ä n n e r sind schw ach und feige und es resultiert w eniger au s B osheit als aus B equem lichkeit, N achlässigkeit und Egoism us. T h re T ra g ik wird jedoch abgeschw ächt dadu rch , d aß sie dem Prinzip des Selbsterhaltungstriebes folgend, in M elancholie, S entim entalität o der kitschiges M itleid ausw eichen.
9 Ebd., s. 143. 10 E b d ., S. 159.
Im D ra m a Glaube, Liebe, H offnung reagiert z.B. K losterm eyer a u f E lisabeth T o d m it dem sentim entalen B edauern, das er sofort a u f sich ü b erträg t, w enn er sagt: „ D u arm es M enschenkind. Ich h ab kein G lü c k “ 11. Sein scheinbares M itgefühl ist P hrase und selbstgefällige D e k o ratio n . Sein P flicht-kodex, a u f den er sich beruft ist unm enschlich. H o rv a th geht es im m er um die M itschuldigen, um die H erzensträgheit, die scheinbar h arm lose aber gefährliche B lindheit d er M itm enschen, um ihre A ngst, ihre D u m m h eit und U nvernunft. In dem schon ö ften erw ähnten D ra m a Glaube, Liebe, H offnung will ein Schupo die H eldin des D ram as, E lisabeth, heiraten, zieht sich aber von ihr zurück, als er erfäh rt, d a ß sie wegen einer K leinigkeit v o rb e straft ist. Sein V erhalten verursacht den T od der H eldin. E r wird d u rc h seine P assivität zum M örder. In der W elt dram atischen H elden H o rv a th s scheint d as G esetz als die oberste und letzte M ach t zu w irken, als eine m ach t, die die M enschen vom D enken erlöst und ihre unm enschliche, sogar m örderische, H a n d lu n g bestätigt. Diesem G esetz nach k an n m an den M enschen aus d er H eim at verjagen, wenn er kein P apier vorweisen kan n , wie es d er D ich ter in seiner K o m ö d ie H in und her zeigt. Ein Stück gestem peltes P apier wird hier für die G ren zbeam ten zum Idol. F ü r sic soll der M ensch „...lieber to t, aber legal...“ sein12, ln dem Schauspiel Sladek oder die schwarze A rm ee gilt d er Befehl als die beste R echtfertigung für den M angel am selbständigen D enken. „ ...D u h ast nichts selbständig zu d en k e n ...“ heißt es d o rt „...D u bist S oldat D u weißt was Pflicht ist? G ehorchen, bedingungslos...“ 13. In seinem ein J a h r später geschriebenen Schauspiel Sladek der schw arze Reichs-wehrmann, kam es H o rv a th , wie er es selbst sagte, „...v o r allem d a r a u f an, die gesellschaftlichen K rä fte aufzuzeigen, aus denen dieser T y p en tstan d en ist“ 14. Bei d er U ra u ffü h ru n g dieses D ram as an d er „A ktuellen B ü h n e“ in Berlin am 13. O k to b er 1929 reagierten „die gesellschaftlichen K rä fte “ m it U nruhe. D ie Presse w ar sich nicht einig. „...E in tö rich tes Stück [...] ein Z e itric h te r ist H o rv a th n ich t, ...“ schrieb H e rb e rt Ih e rin g 15. U n d d er K ritik er A lfred K e rr fragte: „...P ro p ag an d a stü c k m it K u n st? M anchm al. Z w ischendurch die S puren eines D ich ters“ 16. D erselbe A lfred K e rr schrieb am 2. M ärz 1931 nach d er U ra u ffü h ru n g des neuen V olksstückes H o rv a th s D ie italienische N acht, d aß „...es d er beste Z eitspaß unserer L äu fte“ ist17. E ines d er H a u p tp ro b le m e dieses Stückes ist die politische E instellung d er
11 ö . von H o rv á th : G laube, L iebe, H offnung. In: D ers.: G esam m elte W erke. F ra n k fu rt/M . 1970, S. 379.
12 ö . von H o rv a th : H in und H er. In: D ers.: S tü cke, H a m b u rg 1962, S. 336.
13 ö . von H o rv á th : Sladek oder die schwarze Arm ee. In: D ers.: Stücke. H a m b u rg 1961, S. 21. 14 T. K rischke: M utm aßungen über Ödön von H orvath. In: Ö dön von H orvath, S. 271. 15 E bd., S. 271.
16 E b d ., S. 271. 17 E b d ., S. 271/272.
H elden. B edeutungsvoll ist hier schon selbst der O rt der H a n d lu n g , ein W irtshaus, dessen In h ab er, ein G egner der Politik, sein L okal sow ohl den F aschisten als auch den R epublikanern zugänglich m acht. D er S ta d tra t, der hier m it zwei V orstandsm itgliedern S kat spielt, versichert, d a ß „...solange es einen republikanischen Schutzbund gibt [...] solange k an n die R epublik schlafen“ 1*. D er S ta d tra t Übersicht die G efahr, die von seiten d er F aschisten d ro h t auch d a n n noch, nachdem diese das W irtshaus um zingelt h a tte n und die A nw esenden verprügeln w ollten, doch von M artin , dem A n fü h re r der L inken verjagt w urden. E r verkündet, er habe recht gehabt: „...V o n einer ak u ten B edrohung der dem okratischen R epublik k an n natü rlich keinesw egs gesprochen w erden“ 19. F ast alle in dem D ram a Italienische N acht auftretenden F ig u ren sind apolitische Spießer. Sie behaupten oft, d a ß sie sich um die P olitik nicht küm m ern. W enn sie sich schon m it der Politik beschäftigen, d a n n dienen sie m e h r d e r T ra d itio n als den Id e alen , die sie in ih rer B eschränktheit nicht verstehen können. Diejenigen dagegen, die sich für die Politik interessieren - wie M artin - sind d a n n so sehr von d er Idee Politik zu m achen ab so rb iert, d aß sie das Interesse an den M enschen verlieren. A uch die S ozialdem okratie gilt in dem D ra m a Italienische N acht als eine M odcllw elt des republikanischen Elends, als Beispiel eines S chutzbundes, d er m it S elbstvertrauen und T arockspielen allein die G e fah r d e r b rau n en K o lo n n en zu überstehen sucht. Gezeigt werden hier M enschen d a n k deren solche wie F ran z , ein H eld des D ram as Sladek oder die schw arze Arm ee, von den H akenkrcuzlern verprügelt wferden, weil sie es für sinnlos finden, d aß „...um d er verlorenen E hre willen [...] weitere 10 M illionen a u f dem Felde d er E hre fallen“ 20. Im K leinbürger der Zw ischenkriegszcit sah H o rv á th den Z otengräber der D em okratie und den U rheber der tödlichen Verwirrungen des Jah rh u n d erts.
R echt interessant ist in H o rv a th s D ram en die E instellung d e r M ä n n e r zu r F am ilie, F ra u und Liebe. Einerseits herrscht in den F am ilie die p artia l- chalische S tru k tu r, in der d er M an n über d er F ra u dom iniert und als V ater wieder die T ochter für die Ehe erzieht, andererseits kom m t es zur K om pension n o rm ale r T riebbefriedigung durch anorm alen Sadism us und M asochism us. Im D ra m a Glaube, Liebe, H offnung haben wir z.B. m it einer A rt der m aso ch istisch en E rsa tz b efrie d ig u n g zu tu n , w enn E lisab eth s V a te r v o r seinem „ F ra u c h e n “ einen H u n d spielt. A n d e re d ra m a tisc h e G e sta lte n H o rv a th s wie z.B. O sk ar aus dem D ra m a Geschichten aus dem W iener W ald sind sentim ental, reagieren a u f die W elt m it Selbstmitleid, aber m it raffinierter G rausam keit. O skar will M arianne heiraten, aber n u r unter der V oraussetzung,
'* ö . von H o rv a th : Italienische N acht. B erlin 1931, S. 8. 19 E b d ., S. 8.
d a ß ih r K ind m it Alfred stirbt. D ie anderen, wie A lfred, sind berechnet. Sie leben nach d er Devise, d a ß eine m enschliche Beziehung erst d a n n echt w ird, wenn m an was v o neinander h a t21. So lassen sie sich auch von älteren F ra u e n aushalten. In d er Liebe versagen alle - von D o n Ju a n bis zu dem S chupo. M it den F ra u e n haben sie viel M itleid und falsche V erständigung. „ ...D u bist ein gefallenes M äd c h en “ - sagt im D ra m a Z u r schönen Aussicht M üller zu C hristine und schlägt ihr vor: „...ab er ich leite dich re to u r in die bürgerliche A tm o sp h äre“ 22. G leichzeitig versucht er das M äd ch en in den A ugen seines L iebhabers zu verleum den. Diese M än n er bekennen sich sogar zu einem gewissen F o rtsc h ritt, weil wie sie m einen „...sie nich t im finsteren M ittelalter leben und als m oderne M enschen auch im W eibe den M enschen gelernt h a b e n “ 23.
M it besonderer Vorliebe beschreibt H o rv a th die F rau en w elt. Es ist m eistens eine W elt, in d er die F rau e n in ihren H offnungen e n ttä u sc h t sind, die Schutz vor der Bosheit d e r W elt suchen und ihn nicht finden, die sich verschw enden wollen und gedem ütigt w erden, die sich Illusionen erlauben und die schließlich zum O pfer des m ännlichen E goism us w erden. In d er S childerung der F rauengcstalten d rü c k t sich d er G lau b en des D ichters an die M enschlichkeit und Liebe aus. Alle F ra u e n in H o rv ath sch en D ram en sehnen sich nach Liebe. Sie w ollen lieben und m ö c h te n geliebt sein. M an ch m al w ählen sie eine E he ohne Liebe wie F ra u H u d e tz im D ra m a D er jüngste Tag o der bilden sich Illusionen des G lücks wie die H eldin des D ra m a s Unbekannte aus der Seine. Die F ra u e n ü b ertrag en die unerfüllten G efühle a u f die K inder, ihre Beschäftigung und ihr H aus. M an ch e begehen S elbstm ord, weil ihnen die W elt ohne Liebe unerträglich ist. Die Liebe ist aber auch oft m it einem G eschäft verbunden o der wird selbst zum G eschäft. Im D ra m a Z u r schönen Aussicht sagt die H eldin: „...ich weiß nur, d a ß ich dich nun liebe, weil d u 10 000 M ark hast. O hne diese Sum m e h ä tte ich auch keine R eue em pfunden...“ 2''. D ie aus der bürgerlichen G esellschaft gescheiterten F ra u e n wie z.B. die dem M äd ch en h än d ler v erkaufte F ra u aus d er Posse R und um den Kongreß, haben keine R ü ck k eh r in die bürgerliche W elt. Ih re neue R olle steht im W iderspruch zu d er bürgerlichen M o ral. A uch ein M ädchen, das ohne Eheschließung m it einem M anne zusam m engeht, ist in A ugen d er K leinbürger eine am oralische F ra u . In Geschichten aus dem W iener W ald reagiert A lfreds G ro ß m u tte r m it dem S tandesstolz der verheirateten F ra u a u f M arianne. Sie verhält sich dabei unm enschlich. Ih rer M einung nach, h a t M aria n n e das K in d im Z u stan d d er T odessü n d e geboren
21 O . von H o rv á th : Geschichten aus dem W iener Wald. In: D ers.: G esam m elte W erke, Bd. 1, S. 163.
22 E b d . (Z u r schönen A ussicht), S. 69. 23 E b d ., S. 75.
24 E b d ., S. 73.
und deshalb bringt sie den kleinen L eopold um . D as E rschreckende a n d er T a t der G ro ß m u tte r ist, d aß sie ihre Skrupellosigkeit aus d e r G ew ißheit gew innt, sich im E inklang m it der bürgerlichen M o ra l zu befinden. N icht zum ersten M al w urde in den D ram en Ö dön von H o rv a th s die K lein b ü g er- gcscllschaft, m it ihrem O pfer, dem er die G estalt eines von den M enschen verlassenen arm en M ädchen gibt, k o n fro n tiert. N icht zum ersten M ale hat die kleinbürgerliche K o n v en tio n ü ber den Einzelm enschen gesiegt.
D ie H orv ath sch en H eldinnen haben im P rinzip kein Interesse fü r Politik und gesellschaftlich-w irtschaftliche P roblem e. D o ch m an ch m a l sind sie gezw ungen, sich m it solchen F rag en zu beschäftigen. Z u solchen F ra u e n gehören: A n n a aus Sladek oder die schwarze Arm ee, A n n a und A dele aus Italienischer N acht und E lla W ald aus Don Juan ko m m t aus dem Krieg. Alle beschäftigen sich m it Politik nur aus Liebe zu ihren M än n e rn . A n n a in Sla d ek oder die schwarze Arm ee m ischt sich n u r deshalb in die Politik ein, weil sie S ladek n ich t in d e r schw arzen A rm ee sehen will. Ih ren E ntsch lu ß m u ß sie m it dem Leben bezahlen. D och w enn A n n a b eh a u p te t, d aß „...die Z eitungen endlich aufhören sollen, die V ölker gegeneinander zu hetzen, d a es doch keinen Sinn h a t...“ 25 so ist d as ein E rgebnis d er reinen V ernunft, nicht der politischen Einstellung. W enn A dele stän d ig von ihrem M a n n u n terd rü ck t und m iß ach tet, gegen die F aschisten a u ftritt, so ist sie nicht politisch engagiert. Sic nim m t n u r ihren M an n in Schutz. D ie einzige e m an zip ierte F ra u ist E lla W ald, die T eiln eh m erin ein er U ndefinierten A rbeiterbew egung. Z u D o n Ju a n kom m t sic nicht als eine F ra u , sondern als gleichwertige P artn erin , die fü r ihren G enossen H ilfe und G eld fo rd ert. U n ter den H orv ath sch en F rau e n - und M ännergestalten fehlen au ch nicht K a rik a tu re n . „D ie H o rv áth sch e K u n st der M en schendarstellung“ - schreibt H e rb ert G am p er in Theater heute „...b esteh t d arin , d aß er den E inzelnen a u fsp ü rt in d er S p annung zw ischen dem , was er sagt und dem w as er em pfinden g laubt oder vorgibt und dem , was er w irklich em p fin d et“ 26. D ie T rag ik und K om ik d er dram atisch en G estalten H o rv á th s b eru h t d a ra u f, d a ß sie sich nicht erkennen und nicht artikulieren können. D ie H orvathschen H elden entstehen d u rc h die S prache, und d a n k der S prache gew innen sie d as R echt, a u f der B ühne zu existieren. D urch die gleiche S prache w erden sie in ihrer D um m heit dem askiert. D ie Sprache spielt in d er D a rstellu n g d er H elden eine besonders große Rolle. Alle F ig u ren w erden n u r desw egen ins Leben gerufen, weil sie d er S prache als ein M ittel, als ein darstellendes M edium dienen. D ie R ede enthüllt die D enkfaulheit und G ed an k en leere der G estalten und ihr E ntfliehen vor d er D esignation. H o rv a th b en u tzt die S prache dazu, um seine F iguren v o neinander zu isolieren. E r h a t die
25 ö . von H o rv á th : S tü cke. H a m b u rg 1961, Bd. 3, S. 16.
Sprachlosigkeit der H elden e rk a n n t, die aus d er S innlosigkeit d e r S prache resultiert, wenn die G estalten nicht m ehr in der Lage sind, im S prechenden die E rin n eru n g an die A b sprache hervorzurufen, die sie gem eint haben. D as ergibt das Proletariat der Sprachlosen, sprachliche Ersatzhandlungcn, Floskeln, M editieren in S chablonen, S prichw örtern und H öflichkeitsform eln. Solche A ussagen wie: „...V crzeitung. Ich bin näm lich frem d und kenn m ich nicht aus. Ist cs schon 19 U hr?...“ 27 - gebrauchen ziemlich oft die H elden der H o rv ath sch en D ram en . D er H orv áth sch e H eld wird lebendig d u rc h die Sprachc, die d er A u to r selbst B ildungsjargon nennt. Diese spezifische A rt v on Ja rg o n , in dem sow ohl E rn st wie auch Ironie anzutreffen sind, ist eine gewisse Schöpfung des K leinbürgertum s, das ihn sta tt des D ialekts gebraucht. A us d er S pan n u n g zwischen D ialekt und H och sp rach e will H o rv a th iro- nisch-kom ischc W irkungen erzielen. In seiner G eb rauchsanw eisung schreibt d er D ich ter, d aß „...jede von seinen G estalten so reden sollte, wie jem an d , d e r so n st D ialekt spricht und sich d azu zw ingt h o ch deutsch zu re d en “ 28. H o rv a th bediente sich der S prache als eines D em askierungsm ittels, als einer A rt d e r K o n tra s tic ru n g , d e re n S o n d erfo rm die D e sillu sio n ie ru n g und B loßstellung allgem ein gängiger leerer P hrasen und S chlagw orte ist. D ie F ig u ren sprechen nicht m ehr, sic sind gesprochen. Jede R ede wird zur A usrede. D ie G estalten kom m en nicht zum W ort, sondern zu W örtern. Sehr oft k o m m t das Z itat als „...o b stin ateste F o rm der U neigentlichkeit...“ vor - schreibt D ieter H ild eb ra n d t in seiner A rbeit Der Jargon der Uneigen- tlichkeit29. D as Zitieren um jeden Preis trä g t zu r völligen K o n tak tlo sig k eit d e r Sprechenden bei. In Italienischer Nacht lesen wir z.B.:
S ta d lra t: A dele liebt die Ö ffentlichkeit n icht, sie ist lieber daheim . Rin H a u sm ü tte rch e n .
K ra n z: T ra u te s H eim , G lü c k allein, h äu slich er H erd ist G o ld es w ert,
D ie G ru n d la g e des S taates ist die Fam ilie W as k an n schöneres sein als ein Lied aus W ien. Betz: ein Schelm 50.
S ehr oft tauchen auch Selbstzitate auf. E lisabeth, die H a u p th e ld in das D ra m a s Glaube, Liebe, H offnung, an tw o rte t a u f die F rag e, w as sie von B eru f sei, folgend: „...jetzt habe ich eigentlich nichts, es soll ja noch sch lech ter w erden, a b e r ich lasse den K o p f nich t h ä n g e n “ 31. D a sse lb e w iederholt sie im Sterben, obw ohl in einer solchen S itu atio n diese W o rte
27 ö . von H o rv a th : R und um den Kongreß, ln : D ers.: G esam m elte W erke, Bd. 1, S. 107. 2* E bd., Gebrauchsanweisung, Bd. 8, S. 663.
29 D . H ild eb ra n d t: D er Jargon der U neigentlichkeit, „A k ze n te “ , A p ril 1972, S. 109-123. 30 ö . von H o rv a th : Italienische N acht, S. 58.
p arad o x klingen. O ft grenzen die Z itate an A b su rd itä t. In S la d ek oder die schwarze A rm ee sagt d er H auptheld: „...ich bin näm lich ganz an ders, aber ich kom m e n u r so selten d a z u ...“ 32 D ie F ig u ren zeigen eine u n -gew öhnliche A n sp re ch b ark eit a u f R eizw orte in E rw a rtu n g , sie zu v e r-w enden, d azu etr-w as zu sagen, m it ihnen um zugehen. Als ein Beispiel d a fü r k an n d as folgende G espräch aus d er Posse R u n d um den Kongreß gelten:
F e rd in an d : M a n m u ß n u r zu rü ck d en k en - als ich zur ersten heiligen K o m m u n io n sch ritt, h a tte P a p a gerade d en Pelz gestohlen. G ro ß p a p a w ar übrigens auch v o rb estraft.
A lfred: U n d M am a.
F e rd in an d : L aß M am a. Sie h a t u ns geboren und d as g en ü g t33.
N eben dieser Z itaten su ch t offen b art sich bei H o rv á th sch en H elden die besondere N eigung zur V erw endung d e r Sprichw örter, die als ein M u ste r d er scheinbaren Schlagfertigkeit und verbreiteter G edankenlosigkeit gelten. Eine besondere R olle spielt bei H o rv a th in der D arstellu n g d er zw ischen-m enschlichen Beziehungen d er D ialog. D ie T ragik des H andelns d er H o rváthschen B ühnengestalten teilt m an dem Z uschauer als K o m ik d e r D ia loge m it. D a s S cheinhafte des Selbst und W e ltv erstän d n isses, die I r -re a litä t, d .h . d a s S cheinhafte d e r K u ltu r, d e-ren P ro d u k te die H elden d u rc h ihre Sprache sind, ist an d er U nangem essenheit d e r geschw ollenen R eden sarten und banalen S ituationen sichtbar. D ie K o n v e rsatio n zw ischen den M enschen schw ebt, sta tt sie zu verbinden, w ird sie unverbindlich. Sie h a t keinen subjektiven U rsp ru n g und kein objektives Ziel, sie fü h rt nicht w eiter, geht in keine T a t über, deshalb kan n sie nicht den M enschen definieren. Wie ihr T h em a Z ita t ist, zitiert sie T ypen d er realen G esell-schaft.
H o rv á th h a t sich sehr oft gegen die These verw ahrt, d aß er „...S atire geben will“ 34. E r wollte kein P aro d ist sein, sondern im m er nur eine w ahre Begebenheit beschreiben. D och das ständige Z itieren d e r R ealität h a t die S atire geschaffen. D abei m uß betont w erden, d aß S atire als Synonym zum Satirischen verwendet wird, d.h. im Sinne einer ästhetischen D arstellungsw eise und nicht als eigenständige historische G a ttu n g . Die S atire besitzt nach Jü rg en B rum m ach drei grundlegende Bestandteile: „...ein individuelles: H a ß , W ut, A ggresionslust, eine private Irrita tio n , ein soziales: d e r A n g riff dien t einem guten Zw eck, soll abschrecken o der bessern und schließlich ein ästhetisches, das in seiner B esonderheit von den beiden ersten bedingt
32 ö . H o rv á th : S la d ek oder die schw arze A rm ee, S. 56. 33 ö . von H o rv á th : R u n d um den Kongreß, S. 87.
ist...“ 35. Bei H o rv á th h aben wir es vor allem m it dem aggressiven W itz zu tu n . D er Z u sch au er bzw. Leser ist im dram atisch en Schaffen Ö dön von H o rv a th s ein u n ab d in g b arer B estandteil d er Satire, die nach d er A uffassung Sigm und F reu d s dreier Personen b ed a rf d.h. „...a u ß e r d er, die den W itz m a c h t, einer zw eiten, die zum O bjekt d er feindseligen A ggression genom m en w ird und einer d ritten , an d er sich die A bsicht des W itzes L ust zu erzeugen, e rfü llt“ 36. D as sich d a ra u s ergebende K o m m u n ik atio n sm u stcr besitzt zwei P ole, weil die R olle des O b jek ts und des A d re ssaten zusam m enfallen. E in zelw ah rh eitcn e in a n d e r gegenüberzustellen, die fü r sich genom m en, unverbindlich erscheinen, ist ein satirisches V erfahren, d as m a n im m er w ieder in H o rv ath s Schaffen finden kann. D ie Z itate, die er oft gebrau ch t dienen nicht selten satirischen Zw ecken. Solche Sätze wie „ ...n u r niem als A u to ritä t verlieren. A bstand wahren! P atriarc h at kein M a tria rc h a t. K o p f hoch! D au m en runter! Ave C aesa r, m o ritu ri te s a lu ta n t...“ 37, die d er Z au b e rk ö n ig in den Geschichten aus dem Wiener W ald sagt, klingen in seinem M unde m indestens lächerlich. D as S atirische befindet sich oft in der N ähe der Verfremdungseffekte. D as V ertraute, näm lich die irgendw o gelesenen o d er gehörten aus dem K o n tex t herausgerissenen Sätze, w erden d a n n in einen neuen K o n tex t gestellt. D er A u to r m ach t den Z u sch au er bzw. Leser a u f eine neue W eise m it dem verfrem deten b ekannt, den n er en tlarv t, wie klischeehaft, verkitscht und verfälscht d as D enken des P ublikum s selbst ist. D e r Z u sch au er ist gezwungen, in den gesprochenen W orten eine satirische P o in te zu suchen, den n die B em erkungen d er a u f d er B ühne au ftreten d en P ersonen w erden von ihnen selbst ernst genom m en. N ach Jö rg S chönerts M einung „...lach t m an m it dem A u to r, aber nich t m it d er F ig u r, die unfreiw illig zum O b jek t d er F eindgeselligkeit w ird ...“ 3". S ch ö n ert hebt h ervor, d a ß eine solche S atire „...die S prache d e r F ig u ren m an ip u lie rt, d eren R olle d e r S atiriker übernim m t, quasi über ihre K öpfe hinw eg und v erk eh rt ins Z w eideutige...“ 39. D ie satirische E instellung H o rv a th s seinen G e sta lte n gegenüber h a t d az u beigetragen, d aß „...sein P ublikum ihm unbehaglich w erden m u ß te, d enn er sagte und zeigte den P hilistern aus allen L än d ern , wie das Leben w irklich ist...“ 40. O ft wird d er satirische C h a ra k te r n och d u rc h das G ro te sk -P a rad o x e , d u rc h m a k a b re A ssoziationen und schw arzen H u m o r unterstrichen.
35 J. B rau m m ach : Z u B e g r iff und Theorie der Satire, „ D eu tsch e V ierteljahreszeitschrift fü r L iteratu rw issen sch aft und G eistesgeschichte“ 1971, S o n d erh eft „ F o rsc h u n g sre fe ra te “ , N r. 45, S. 278.
36 S. F reu d : D er W itz und seine Beziehung zu m Unbewußten. F ra n k fu rt/M . 1958. 37 ö . von H o rv a th : G eschichten aus dem W iener W ald, S. 173.
38 J. S chönert: Rom an und S atire im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur P oetik. S tu ttg a rt 1969. 39 E bd.
Einen bedeutenden P latz nim m t auch in Ö dön H o rv a th s D ra m a tik die D ra m atu rg ie des Schweigens ein. D er D ichter b etrach tet die Stille als ein künstlerisches M ittel, das eben den K a m p f zwischen dem B ew ußten und U n terb ew u ß ten stark betont. Seine Personen, w enn sie nich t zu r R ede kom m en, stehen stum m a u f der Bühne. Dieses S tum m -S tehen v erstä rk t scheinbar den E indruck, die M öglichkeit d er R uhe und den W affenstillstand zw ischen d er G esellschaft als V ertreter d er K u ltu r und dem Individuum , als dem E lem ent des H eidnischen, Prim itiven, U rsprünglichen, zu gew innen. D as Schweigen bereitet jedoch im mer den nächsten A ngriff. D ie F o rtfü h ru n g d e r Stille h a t im m er den V orgeschm ack einer D ro h u n g , ist M aske für etw as, dessen A usgang bereits entschieden, ab er noch nicht m itgeteilt ist. Einem ähnlichen Zw eck dient auch die M usik. E ntw eder ü b t sie eine o rn a m e n te F u n k tio n aus, oder tritt als ein m it dem B ühnengeschehen verbundenes L eitm otiv auf. In Kasim ir und Karolinę w erden die H elden die ganze Zeit von den lustigen M elodien aus dem R um m elplatz begleitet. Die M usik beginnt aber als etw as E ntfrem detes zu w irken, wenn die beiden P a rtn e r voneinander Weggehen. D ie kitschige, idyllische M usik des O k to b er- festes p a ß t nicht m ehr zu der S tim m ung d er beiden P artn er. In d e r Posse R und um den Kongreß w irkt die M usik fast däm onisch, wenn Luise G ift den T ra u crm arsch vor sich hin sum m t, w ährend sie ihr M ak e -u p e rn e u t41. D ie M usik zeugt von ironischer Einstellung des A u to rs seinen H elden gegenüber und von der Ironie des m enschliches Schicksals an sich selbst. In G eschichten aus dem W iener W ald k e h rt die zu sa m m e n g eb ro ch e n e M a ria n n e zu O sk a r zu rü ck und diese Q u asi-V ersö h n u n g geschieht im R h y th m u s des idyllischen W alzers A n der schönen blauen Donau*1. Die M usik verfrem det und faßt die bisherige H andlung a u f d er B ühne zusam m en. Sie entlarvt die triste, in sich kom ische und böse kleine W elt d er H orvathschen H elden. In Glaube, Liebe, H offnung singt ein B ettler ein Lied, m it dem sich die ganze Existenz der H orvathschen M enschen rekapitulieren läß t. In diesem Lied h eiß t es:
ich sterbe, und weiß nich t w an n ich lebe, und weiß n ich t w arum ich fah re, und w eiß n ich t w ohin
m ich w u n d erts, d a ß ich so frö h lich b in43.
Um die G efühle seiner H elden a u f p räg n an teste W eise au szu d rü ck en , bediente sich H o rv á th auch d er Symbole. D as W asser gilt bei dem D ich ter als Sym bol d er ungestillten Sehnsucht und verlorenen H offnung, d er Schnee
41 ö . von H o rv a th : R und um den Kongreß, S. 81.
4! ö . von H o rv a th : Geschichten aus dem W iener W ald, S. 187. 43 ö . von H o rv a th : Glaube, Liebe, H offnung, S. 379.
als Sym bol der K älte, die N ach t als Sym bol d e r E insam keit und die G ebirg slan d sch aft als Symbol d er H erzenskälte und m enschlicher G leichgül-tigkeit den M itm enschen gegenüber. In Revolte a u f C ole 3018 ist das M eer für den aus Stettin stam m enden Śliwiński eine E rin n eru n g an die alte H eim at. In Geschichten aus dem Wiener W ald beh au p tet M aria n n e am U fer d er blauen D o n a u ihr G lück zu finden'". In Glaube, Liebe, H offnung sieht E lisabeth im W asser die einzige und letzte M öglichkeit, sich von den Sorgen zu lösen45. In der N a tu r, in ständiger A nw esenheit d er physischen K älte, w iderspiegelt sich das Innere eines M enschen, der n u r genießend in seine Liebe verliebt w ar, aber nie selbst etw as schenken wollte.
H o rv a th s d ra m a tisc h e G e sta lte n , ihre u nverw echselbare F a rb e , d a s A bgründige im Spießer-IIerz, d er U ntergang der R einheit in einer W elt der K ä lte und des E goism us, die eigenartige, halb sp ö ttisch e, halb e rn ste A tm o sp h äre seines T heaters, sein schw arzer H u m o r, alles das h a t noch heute nichts an A k tu alität verloren. H o rv ath s Stücke provozieren nicht durch eine bestim m te W eltanschauung, sondern d u rc h ihre illusionslose M enschcnschilderung. „...D ie K u n s t“ - schrieb im Ja h re 1948 H o rv a th s Zeitgenosse Iw an G oll - „...ist nicht dazu da, es dem fetten B ürger bequem zu m achen, d aß er den K o p f schüttelte: Ja, ja , so ist es! Jetzt gehen wir in den E rfrischungsraum . Die K u n st, sofern sie erziehen, bessern o d er sonst w irken will, m u ß den A lltagsm enschen erschlagen, ihn erschrecken, wie die M ask e ein K in d “ 46.
Ö dön von H orváths Stücke enthüllen das D äm onische, das fast m echanisch W irkende d er scheinbar guten und gem ütlichen bürgerlichen W elt.
Brygida Brandys
P O S T A C IE D R A M A T Ó W Ö D Ö N A V O N H O R V Á T H A W IC H K O L O R Y C IE L O K A L N Y M
P rzed m io tem ro zw ażań a rty k u łu jes t p ró b a określenia p ostaci w ystępujących w tw órczości d ra m aty czn ej zn an eg o p isarza au striack ieg o , tw orzącego w okresie m iędzyw ojennym , Ö d ö n a von H o rv á th a . P rzy stęp u jąc d o analizy poszczególnych p ostaci a u to rk a a rty k u łu przyjm uje za p u n k t w yjścia stw ierdzenie sam ego p isarza n a tem a t w łasnej tw órczości, k tó re j p o sła n n ic tw o w idział w w ypełnienieniu d w óch zad ań : w zw alczaniu wszelkiej g łu p o ty i k łam stw a o ra z w w alce o zw ycięstw o ro z sąd k u i praw ości. W alkę tę p o d jął p rzez „rejestro w an ie“ różnych
44 Ö. von H o rv á th : Geschichten aus dem W iener W ald, S. 191.
45 ö . v e n H o rv á th : U nbekannte aus der Seine. In: D ers.: G esam m elte W erke, Bd. 2, S. 192. 46 I. G oll: M athusalem - die G roteske a u f den Bourgeois. W ien 1948, S. 36.
fo rm zach o w ań ludzkich, n a k tó re sk lad ala się sytuacja p o lity czn o -g o sp o d arcza lat m iędzy-w ojennych. W c en tru m z ain tere so iędzy-w a n ia p isa rz a z n ajd u je się zaiędzy-w sze d ro b n o m ie sz cz a n in . H o rv a th p ró b u je o k reślić je g o sta n o w isk o w obec p ro b lem ó w społecznych, k u ltu ra ln y c h i politycznych, p o słu g u jąc się p rzy tym n iep o w ta rza ln ą saty rą, h u m o rem , sy m b o lik ą i m uzyką. P isarz szczególnie o stro a ta k u je o b o jętn o ść ludzi w obec losu innych o ra z o k ru cień stw o zaw arte w ich p o stęp o w an iu . Św iadom ie naw iązuje przy tym d o tradycji wiedeńskiej sztuki ludow ej, w tym przede w szystkim d o głów nych jej przedstaw icieli F e rd in a n d a R a im u n d a i J o h a n n a N e p o m u k a N estroya.