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Zur Exemplifizierung ausgewählter Reduktionsformen im Gespräch als Ausdruck des endogenen Aussprachestandards

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Robert Skoczek

Zur Exemplifizierung ausgewählter

Reduktionsformen im Gespräch als

Ausdruck des endogenen

Aussprachestandards

Lublin Studies in Modern Languages and Literature 2930, 129-148

2006

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29/30, 2006, h t t p ://w w w .l s m l l .u m c s .l u b l i n . p l

Robert Skoczek

Maria Curie-Skłodowska University,

Lublin, Poland

Zur Exemplifizierung ausgewählter Reduktionsformen

im Gespräch als Ausdruck des endogenen

Aussprachestandards

E inleitung

Es steht außer Zw eifel, dass eine sprechsprachliche K om m unikation nur dann erfolgreich abläuft, w enn sich neben sem antischer und gram m atischer Ebene der lautliche A usdruck als korrekt und den außersprachlichen B edingungen angem essen erw eist. D as Interesse an dieser S prachebene nim m t unter soziophonetischem A spekt in letzter Zeit sukzessiv zu.

R ege K ontakte zu A usland, R eisefreiheit, geschäftliche M obilität gehören zu den unzähligen G ründen, die es hervorheben, dass interpersonelle B eziehungen in der Sprechsprache in vivo zunehm en. S oziale V eränderungen, L ockerung vieler sozialer A ktionsform en schlagen sich ebenfalls au f der lautlichen Ebene der lebendigen Sprachen, hier der deutschen, die zum G egenstand dieses B eitrags gehört, nieder.

V erfolgt m an die jüngsten K odifizierungsarbeiten zur deutschen A ussprachenorm , die in erster Linie in den phonetischen Instituten der U niversitäten H a lle-w itte n b erg und K öln erfolgen, so kann m an aus vielen F orschungsergebnissen der beiden Institute schließen, dass eine

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gew isse L iberalisierung der orthophonischen (orthoepischen) Norm (en) zustande kom m t. V iele phonetische A lternativform en kann m an schlechthin nicht als N ovum betrachten, denn sie w aren schon im m er in der Sprechsprache präsent, jedoch bew usst und gezielt in den bisherigen K odifizierungsarbeiten nicht m iterfasst. Die A usspracheform en w urden nur für eine Präzisionsstufe angegeben, als w äre die deutsche S tandardaussprache phonetisch hom ogen und für alle sprechsprachlichen Interaktionen universell.

D iese engstirnige S ichtw eise ist nichts Sonderbares und resultiert aus der über 100-jährigen K odifikationstradition der deutschen A ussprache. D ie älteste bekannte, 1898 geschaffene genorm te L autung ist die „B ühnenaussprache“ von T heodor Siebs, die in erster Linie eine einheitliche A ussprache a u f der B ühne erm öglichen sollte. Siebs selbst beabsichtigte ein A usspracheideal zu konstruieren, an dem sich die künftigen exzellent phonetisch geschulten Sprecher orientieren sollten, auch w enn sie selbst selten diese N orm erreichen konnten, w odurch sein Ideal zu einem K unstgebilde verkam . Siebs K odifizierung erlangte aber eine viel w eiter gehende G eltung und ist daher m ehrm als überarbeitet w orden. Seit 1969 liegt die 19. A uflage des Siebs-A ussprachew örterbuchs m it dem U ntertitel "R eine und gem äßigte H ochlautung m it A ussprachew örterbuch" vor. H ier gibt es die ersten Indizien dafür, dass eine m onostilistische, m axim alistisch begriffene und schriftorientierte A ussprachenorm scheitern und dauerhaften M odifikationen unterzogen w erden muss. D er Siebssischen T radition verfiel ebenfalls das D uden­ A ussprachew örterbuch (1990) von M angold und stützte sich auch oft au f die R echtschreibung.

N ur das „G roße W örterbuch der deutschen A ussp rache“ (1982) zeugt davon, dass die deutsche Standardaussprache kein hom ogenes O rgan ist und eine R eihe der von situativen und sprachlichen K ontexten bedingten A lternativform en aufw eist. In diesem R egelw erk w urde die deutsche Standardaussprache in drei phonostilistische E benen unterteilt (GW DA 1982:73):

- die A ussprache der R ezitation und des feierlichen, festlichen V ortrags;

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- die A ussprache in der L esung von M anuskripten im R undfunk und von schöngeistiger Prosa;

- die A ussprache des ruhigen, sachlichen G esprächs und V ortrags m it geringem Spannungsgrad.

A uch diese K odifikation hebt sich noch w eitgehend von der erw ünschten realitätsnahen K odifizierung ab, denn die Sprechsprache im pliziert nicht nur die ruhigen w ohlbedachten und neutralen G esprächsform en. E s ist eher um gekehrt. E ben das G espräch kennzeichnet sich a u f der phonischen Ebene durch große em otionale F ärbung und rege Agogik, die eine F ülle von phonetischen S chw ächungsprozessen innerhalb des W ortes, des S yntagm as oder des gesam ten T extes nach sich ziehen. D em zufolge kann m an sich an dieser S telle K ohlers A nsicht anschließen, der die bisherigen K odifikationen der deutschen A ussprache folgenderm aßen kritisiert:

Gesprächsformen, insbesondere im privaten Bereich, werden auch bei geschulten Sprechern Verschleifungen enthalten, die in der kodifizierten Hochlautung nicht zugelassen sind. Niemand kann aber ernsthaft fordern, dass auch hier die Hochlautungsnorm zu gelten hat, dass Reduktionen in formbewusstem Sprechen in der Unterhaltung nicht zulässig sind, weil sie der so genannten Umgangssprache angehören (Kohler 1995:38).

I. Phonostilistik und exogene und endogene Standards

D ie laufenden K odifikationsarbeiten, die 1990 initiiert w urden, gehen zw ar a u f die F orschungsm ethoden des w issenschaftlichen K reises um H ans K rech zurück, aber m an geht davon aus, dass die phonetische E bene ebenfalls als B estandteil des D iasystem s (B ellm ann 1983) zu betrachten ist, in dem jegliche U nterschiede im A usdruck diatopisch, diastratisch und diaphasisch bedingt sind. Professor E berhard Stock, der tatkräftig an den A rbeiten zur N eukodifizierung beteiligt ist, sagt zu den S chw erpunkten und dem Z iel der A rbeit in einer R adiosendung m it dem Titel „W as ist eigentlich H ochdeutsch?“ Folgendes:

Wir versuchen im Grunde genommen zu erarbeiten ein situationsbezogenes Regelwerk, das heißt, wir wollen Regeln angeben, die vorschlagen, wie in einzelnen Situationen zu sprechen ist. Und das unterscheidet sich, wir sprechen da von Phonostilistik, also wie man einen Brief anders schreibt als einen wissenschaftlichen Aufsatz, so sind wir der Meinung, sollte man auch auf der

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Bühne anders artikulieren als etwa vor dem Mikrofon und anders artikulieren, sagen wir, in einer Talkshow oder in einem Interview. So etwas, nicht? Also eine situationsbezogene Kodifizierung, in der im Grunde genommen situationsspezifische Artikulationsweisen beschrieben werden. Das ist unser Ziel. (Deutsche Welle, Datum unbekannt).

M an darf som it den N orm begriff a u f keinen Fall eindim ensional betrachten, sondern m uss ihn als V orschrift- und G ebrauchsnorm deuten. Zu guter Letzt kann m an sich der term inologischen U nterscheidung von Stehl (1991) anschließen und der Standardnorm in die exogene und die endogene untergliedern.

Unter exogenem Standard versteht Stehl die ‘zumeist schriftsprachlich gestützte Norm der exemplarischen Form des Standards’ (Stehl 1991:15), die von den Sprechern als eine nicht heimische Ausprägung des Standards empfunden wird, der sie sich allein aufgrund ihres prestiges anzunähern bemüht sind, ohne sie meist wirklich zu verwenden. Der exogene Standard bleibt somit unter pragmatischem Aspekt eine referentielle Sprachform mit virtuellem Status, sein kommunikativer Wert im Alltag ist gering oder sogar gar nicht vorhanden. Demgegenüber stellt der endogene Standard die Realisierung der als Referenz dienenden Norm in einer gegebenen Sprachgemeinschaft dar. Er ist der empirisch nachvollziehbare Gebrauch der Standardsprache in einem bestimmten Sprachgebiet durch Angehörige einer bestimmten Sprechergruppe in einer besonderen Sprechsituation. (Hoinkens, 1997:42)

II. M einholdsche G liederung der S tandardaussprache

W as in anderen Sprachen, z.B. im E nglischen schon längst in den S tandard eingegangen ist - m an unterscheidet da grob etw a „full style o f pronunciation“ und „rapid fam iliar style" - findet sukzessiv Einzug auch in den Sprechstandard des D eutschen, der nach R ues A uffassung folgenderm aßen zu begreifen ist:

Standardaussprache wird verstanden als Norm oder Richtschnur für eine natürliche, stilistisch adäquate, also situativ variable Lautung. Sie ist eine realitätsbezogene Sprechweise, die aufgrund entsprechender Kommunikationserfahrung erwartet und eher unauffällig ist und vom Kommunikationspartner als angemessen akzeptiert wird (Rues, 1997: 119). D as Ziel, die Standardaussprache in ihrer ganzen stilistischen B andbreite zu erfassen, verfolgte M einhold (1973, 1986), der die

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phonostilistische V ariabilität der deutschen Standardaussprache in vier P räzisionsstufen bereits in den 60er Jahren untergliedert:

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Gliederung der deutschen Standardaussprache nach Meinhold/Rues

• gehobene Formstufe (Ia)

• gemäßigte Formstufe (Ib)

• gehobene Gesprächsstufe (IIa)

• lässige Gesprächsstufe (IIb) (Nord-Südsprechstandard)

• großräumige dialektgeprägte Regionalsprachen

D ie dargestellte, etw as für diesen B eitrag m odifizierte S tandardgliederung ist hier eher für den in D eutschland geltenden S tandard gedacht. W ährend die Ebenen Ia und Ib eher a u f die reproduzierende Sprechw eise B ezug nehm en, d.h. Gesang, Prosa- und N achrichtenlesung um fassen, geht die Ebene IIa au f das produzierende S prechen etw a in Talkshow s, in öffentlichen S ituationen zurück, w o zw ischen den G esprächspartnern noch D istanz vorherrscht. D ie Präzisionsstufe (IIb) spiegelt sich in kontaktfördernden, vertrauten S ituationen w ider, z.B . unter Freunden. N atürlich kann m an zw ischen den einzelnen F orm stufen keine scharfe G renze ziehen, denn R eduktionsform en (‘w eak fo rm s’), die für die Textsorte ‘G espräch’ typisch sind, können zw ischen den Form stufen fluktuieren. D ie ‘w eak form s’ w erden nach M einhold (1973) und R ues (1993) noch differenzierter in zw ei K lassen gruppiert. Die A utoren sprechen von den Prestoform en (Allegroform en) und Lentoform en

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(A ndanteform en). W ährend die erstgenannten nur bei schnellem Sprechtem po als unm arkiert und dialektneutral w irken, lösen die L entoform en hingegen bei m äßiger Sprechgeschw indigkeit keine D ialektgeprägtheit aus und gelten als angem essen für die G esprächssituation. D araufhin sind m anche Prestoform en auch in den reproduzierenden Texten gang und gäbe, sow eit sie keinen hohen G rad an Ö ffentlichkeit und D istanziertheit aufw eisen, etw a in M ärchenlesung von den phonetisch nicht geschulten S tandardsprechern für eigene Kinder.

III. E m pirischer Teil

D ie vorliegende U ntersuchung verfolgt das Ziel, den Einsteiger in die P roblem atik einzuführen, einige gesprächstypische R eduktionserscheinungen bew usst zu m achen und sie anhand von einer G esprächsaufnahm e zu exem plifizieren. Die R eduktionsform en w erden hier nur selektiv behandelt und dokum entiert. S om it soll die U ntersuchung lediglich stichprobenartig au f die interessantesten und häufigsten R eduktionsphänom ene fokussiert w erden:

1. R ealisation der Endung <-en>,

2. R ealisation der V okale in Synsem antika, 3. F ester V okaleinsatz und seine Substituenten,

4. E lim inierung der apikalen G este in häufigen W ortform en, 5. R -R ealisation nach kurzen V okalen in der S ilbenkoda und

kom pensatorische D ehnung

D ie U ntersuchung greift ebenfalls au f die bereits in diesem Bereich vorliegenden Erkenntnisse zurück und w ill sie verifizieren, spektrografisch veranschaulichen und bestätigen. D ie V erifizierung der R eduktionsform en geht nach den von M einhold (1973), Rues (1993) und K ohler (1995) genannten A uftretensbedingungen vonstatten, die sow ohl linguistischer, als auch paralinguistischer N atur sind. Zur ersten G ruppe gehören:

1. D er zentrierende Akzent, der den unbetonten Silben die A rtikulationsenergie entzieht und ihre A rtikulationspräzision w eitgehend beeinträchtigt.

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2. Sprechtem po - in den akzelerierten Lautstrecken sind ,w eak fo rm s’ der S chw ächung eher ausgesetzt, als in den retardierten.

3. R hythm us - die unbetonten S ilben gruppieren sich proklitisch und enklitisch um den betonten N ukleus und bilden A kzentgruppen, die zu rhythm ischen G ruppen zusam m enschm elzen (Stock, 1997:74). D ie A bstände zw ischen den rhythm ischen G ipfeln streben nach B eibehaltung des zeitlichen G leichm aßes. D ie D ifferenz der unbetonten Silbenzahl w ird durch die quantitativen und qualitativen R eduktionsprozesse kom pensiert, indem m an die A rtikulationsdauer der Segm ente kürzt oder die Segm ente elidiert.

4. D as sem antische G ew icht des W ortes - W örter, die a u f das vorher G esagte referieren oder eine gram m atische Funktion haben (Form wörter, Funktionsw örter oder Synsem antika), unterliegen häufiger der S chw ächung als die inhaltsreiche A utosem antika, die a u f D enotate in der außersprachlichen W irklichkeit verw eisen.

H insichtlich der paralinguistischen Faktoren sind folgende erw ähnensw ert:

1. D er em otionale Z ustand des Sprechers; 2. Sprechsituation;

3. D ie soziale Position dem K om m unikationsem pfänger gegenüber;

4. G esprächsstoff, Them a;

5. Zahl der Em pfänger des K om m unikats; 6. Zeit und Ort;

7. A rt des Textes: reproduzierend oder produzierend.

D as untersuchte G esprächskorpus basiert a u f einer ausgew ählten A ufnahm e aus der A udiodatei „V erbm obil“, d.h. einer D atensam m lung, die am Institut für Phonetik der U niversität K iel im Z eitraum 1990-1996 angefertigt w urde. D ie F orschungsgruppe arbeitet an der künstlichen Intelligenz und ist aufgrund dessen bem üht, ein m obiles Ü bersetzungsgerät für G eschäftsdialoge D eutsch

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-Englisch zu entw ickeln. D iese Sprachdatensam m lung enthält etikettierte D ialoge zum T hem a „Term inkalender, T erm inabsprache“. D ie S precher haben zur A ufgabe bekom m en, sich a u f einen Treffensterm in zu einigen und diesen festzulegen. D ie A ufnahm e w urde im Studio präpariert, daher hat m an hier m it einem quasi echten G espräch zu tun, das in großem M aße inszeniert w ird. Es w ird ebenfalls allein durch die Situation v or dem M ikrofon beeinflusst, w as letztendlich zur E ntstehung des B eobachtensgefühl führt. Zum anderen hat m an hier m it einer regen verbalen Interaktion und einer face-to-face-Situation zu tun. D as persönliche Engagem ent m acht das G espräch authentischer. D er G esprächsablauf w urde nicht geplant und vorbereitet. M an hat hier so zu sagen m it einer Stegreif-Sprache zu tun, die natürlich und ungezw ungen w irkt, also m it keinem gestelzten Deutsch. Die S precher schlüpfen in ihre R olle als G eschäftspartner von gleichem sozialem Status, so dass die D istanzierung zw ischen den beiden dadurch m aßgeblich reduziert w ird.

D ie A usw ahl der Probanden erfolgte nach folgenden Kriterien: 1. dialektneutrale U m gangssprache aus dem norddeutschen

Sprachgebiet,

2. die Ä ußerungen sind verständlich und kom m unikativ,

3. die Probanden sprechen natürlich, ungezw ungen und situationsgem äß.

D ie G espräche betrafen kein anspruchsvolles Them a, w odurch m an kom plizierte Fachterm ini um gehen konnte, so dass die Probanden m eistens über etw as ihnen B ekanntes sprachen, ohne ausgearbeitete schriftliche V orlagen. H ier w urde versucht, ein L autkorpus auszusuchen, der Stegers D efinition der gesprochenen Sprache aufs Engste entsprechen w ürde. „Als gesprochene Sprache kann nur akzeptiert w erden, 1. w as gesprochen w ird, ohne vorher aufgezeichnet w orden zu sein; 2. w as gesprochen w ird, ohne vorher länger für einen bestim m ten V ortragszw eck bedacht w orden zu sein “ (Steger, 1967:262). Es sollte dem nach ein G espräch untersucht w erden, in dem die S precher ein echtes G esprächsverhalten aufw eisen. A ls typisches G esprächskriterium soll hier die intensive Interaktion der K om m unikationsteilnehm er gelten, zu der für die G esprächsstufe

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typische P aram eter w ie ein hoher G rad an Spontanität, prosodische V ariabilität und gesprächstypische Schw ächungserscheinungen zählen.

F ür dieses R eferat w urde das G espräch m it der K ennung ,g 0 7 4 a’ aus der A udiodatensam m lung ,V erb m o b il’ ausgew ählt. Es enthält 18 D ialogsequenzen. Jede von ihnen w ird m it einer N um m er versehen, z.B.: g74a010 - Sprecher 7, D ialog 4, D ialogsequenz 10. Die G esam tdauer der untersuchten A ufnahm e beläuft sich a u f 2 m in 52 sek. Beide Sprecher erreichen ein nach N eppert (1999) gesprächstypisches Sprechtem po (Sprecher 1 - 5,13 silb/m s; Sprecher 2 - 4,97 silb/m s).

Tab.1: Silben und Sprechgeschwindigkeit (Mittelwert) (Neppert 1999:250).

Sprechgeschwindigkeit Anzahl der Silben pro ms sehr langsam 2,9 bis 3,0

langsam 3,1 bis 3,5

normal 4,5

erhöht (Gesprächsstil) 5,0 schnell bzw. sehr schnell 5,6 bis 6,0

E rgebnisse der em pirischen U ntersuchung

1. R ealisation der Endung <-en>

N ach Frikativen bleibt die Silbenzahl nach der S chw a-E lision konstant. D er N asal w ird som it zum Silbenträger. N ach der Elidierung des M urm elvokals nach den Explosiven können die R eduktionsprozesse unterschiedlich verlaufen. D er E xplosiv kann erstens nasal gesprengt w erden. D er alveolare N asal erliegt einem w eitergehenden Prozess und w ird der A rtikulationsstelle des vorangehenden Explosivs angepasst. Bei schnellem Sprechtem po und in der sonoren L autum gebung können T enues dann noch lenisiert oder glottalisiert (laryngalisiert) w erden. Im Falle der G lottalisierung setzt die N asalität vorzeitig ein und die Präsenz des E xplosiven w ird durch

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einen Stimmlippenverschluss oder durch irreguläre Schließung und Öffnung der Stimmritze substituiert, es kommt zur so genannten Laryngalisierung, die hier mit einer Tilde unter dem IPA-Zeichen markiert wird:

Abb. 1: g074a000 <vorbereiten könnten> [ fo > 9 β < ^ ® α ε9 ν0 ν kJvvO v]

Im Falle der Mediae können die Lenes-Explosive nach der vorherigen Elision des Schwa und der progressiven Ortsassimilation des [n] der regressiven Assimilation der Artikulationsart unterliegen und Geminate bilden oder total assimiliert werden:

Abb. 2: g074a 010 <vorschlagen> Abb. 3: g074a 011 <muss ich sagen>

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Nach N asalen w ird der Zentralvokal sehr oft synkopiert und der alveolare N asal nach der A rtikulationsstelle angeglichen. E s kann zunächst zur G em inatierung m it B eibehaltung der Silbenzahl oder durch G em inatenreduktion zum völligen Silbenverlust kom m en:

Abb. 4: g074a 003 <dann können wir> [δ « ν kJv v ]

Nach den V okalen kom m t es a u f der Ebene des G esprächs zur E lision des S chw a-L autes und Silbenzahlreduktion:

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N ach den Schw irrlauten dom inieren die vokallosen Form en der E ndung <-en>. A ufgrund der R eduktion der Silbenzahl befindet sich /r/ nun nicht m ehr im Onset, sondern in der K oda der Silbe, w as letztendlich zur V okalisation des V ibranten führt und ein B ew ies für S prachharm onie (harm onische D istribution der V ariante des Phonem s /r/ darstellt:

Abb. 6: g074a 003 <in der Woche passieren> [Iv] И ξχ« πασι Ί 9ν] 2. R ealisation der V okale in den S ynsem antika

H ier bew ahrheiten sich die E rkenntnisse vieler Phonetiker (M einhold 1973, K ohler 1995, R ues 1993). Die schw achen Form en unterliegen generell, sow eit sie prosodisch nicht herausgestellt w erden, der Zentralisation. D ie A rtikulation der langen und gespannten V okale geht über die Q uantitäts- und Q ualitätsreduktion entw eder in R ichtung a u f [ « ] oder [_ ] hin (vgl. Abb. 4 „w ir“) oder es kom m t zum völligen Schw und des Vokals:

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Abb. 8: g074a 001 <das ist> [δ 8 « σ σ] Elision des Vokals 3. F ester V okaleinsatz und seine Substitute

Bei der E rm ittlung des G lottisschlages w urden vo r allen D ingen die akzelerierten Strecken und die nicht akzentuierten Segm ente berücksichtigt. M an kann hier konstatieren, dass die Synsem antika in schw acher Form oft den festen G lottisschlag durch Laryngalisierung oder gar durch den w eichen Einsatz substituieren. Es kom m t hierzu

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nicht selten zum völligen V erlust und zur V erschiebung der M orphem grenze :

Abb. 9: g074a 005 <wäre ich> [И X]

Abb. 10: g074a 011 <muss ich sagen> [μΥσ IX ζσ]Ν]

E s besteht ebenfalls eine K orrelation zw ischen R eduktionsbereitschaft der einzelnen V okale und der E lision des V okaleinsatzes. N ach R ues (1993) nim m t die R eduktionsresistenz in vertikaler R ichtung au f die hohen V okale hin schrittw eise ab. Proportional geht der V erlust des G lottisschlages einher.

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4. t- A usfall als Indikator für die G esprächsstufe

Eine rein phonostilistische E rscheinung in der G esprächsstufe sind die A usfälle des /t/-L autes in W örtern w ie <nicht, ist, jetzt, und, sind, sonst, bist, vielleicht>. D ie F orm en ohne /t/ sind auch in höheren Form stufen verbreitet. D ort versucht m an aber im m er den V erlust zu vertuschen, daher tritt diese S chw ächung vorzugsw eise in solchen Positionen auf, w o der A usfall unauffällig ist. In der G esprächsstufe ist er auch an der prävokalischen Stelle verbreitet. Im A ufsatz „K om m unikative A spekte satzphonetischer Prozesse im D eu tschen “ (K ohler 1978) spricht K ohler von einer sprachökonom ischer Erscheinung, denn die K oordination der apiko-/dorsoalveolaren Geste kostet viel A rikulationsenergie und Präzision bei ihrer A usführung:

Abb. 11: g074a 012 <sonst>[Z8 νσ] Abb. 12: g074a 012 <auch nicht> [vIX] Es lässt sich schlussfolgern, dass die T otalassim ilation von /t/ bei den oben genannten W örtern als S ignalelem ent für die G esprächhaftigkeit einer Ä ußerung, als ein Indikator für die phonostilistische Ebene des G esprächs innerhalb der S tandardaussprache fungieren kann.

5. R ealisation der V ibranten nach kurzen V okalen in der Silbenkoda und kom pensatorische Dehnung

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Bei der Realisation der Vibranten nach kurzen Vokalen in der Silbenkoda stimmen die hiesigen Ergebnisse mit den Erkenntnissen

von Krech (1997:100) überein. Hier hat man mit zwei

Realisierungsmöglichkeiten zu tun. Einerseits kommt es zu seiner Vokalisation. Andererseits kann der R-laut getilgt und der vorausgehende Vokal kompensatorisch gedehnt werden:

Abb. 13: g074a000 <ich w ürde> [?IX ® Ψ > δ « ]

Die kompensatorische Dehnung kommt oft in der

Segmentverbindung [vd] zum Vorschein, auch an der Morphem­ /Wortgrenze besonders in ,weak forms’ - Häufungen. Es kommt zur Totalassimilation des Lenis-Explosiven, wobei der übrig bleibende alveolarer Nasal gedehnt wird. Dabei muss man anmerken, dass mit der Ersatzdehnung ein stärkerer und festerer linguo-alveolarer Verschluss entsteht. Bei der Aufhebung des Verschlusses wird dadurch die Realisation des /d/ angedeutet. Am Sonagramm ist dieses Substitut kaum erkennbar:

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Abb. 14: g74a001 <passen dann haben wir> [π α σ νΊα ν η α μ v ]

Abb. 15: g074a012 <finde ich> [φίν IX]

IV. Schlussbemerkung

Diese stichprobenhaltige empirische Untersuchung beweist, dass Reduktionsformen heutzutage ihren Gebrauch nicht nur in der Alltagsrede finden, sondern, wie es im analysierten Lautkorpus der Fall ist, in halböffentlichen Gesprächen weiterleben, natürlich nur in denjenigen Situationen, in denen es sich um ein lebhaftes, spontanes und nicht präpariertes Gespräch handelt. Der Text ist nur als eine Stichprobe anzusehen, daher liegen hier keine umfassenden

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E rgebnisse vor. A n einigen B eispielen gelangt es zu bew eisen und dam it den bisherigen Forschungsstand zu bestätigen, dass die Standardaussprache nicht nur als eine exogene Norm zu betrachten ist, sondern sie stilistisch variabel ist. D ie R eduktionsform en, die sehr lange als um gangssprachlich abgew ertet w urden, bilden einen festen B estandteil je d e r natürlichen Sprache auch innerhalb der Standardsprache. D ie phonostilistische V ariabilität ist nicht nur für S prechw issenschaftler und dam it für die neuen K odifizierungsarbeiten beachtensw ert gew orden. Sie w erden dem nächst ebenfalls eine gravierende R olle für den B ereich D aF und für die P honetiklehrer und F rem dsprachendidaktiker im A usland spielen.

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