• Nie Znaleziono Wyników

Tieck und Wackenroder

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Tieck und Wackenroder"

Copied!
430
0
0

Pełen tekst

(1)
(2)

'O ]

Was das Buch fpridif!

3ch geh e als guter Freund d e s (Tlenichen

Don Rand

zu ß a n d ; darum behandle mich gut,

Ichone mich, fchlage mich forgfältig ein und

behalte mich nicht länger, als du mich braudilt!

(3)
(4)
(5)

Deutfcfye

(6)

D e u t le

Batinmal -Xitteratur

fjiftorifcf? fritifcfye A u s g a b e

U n te r 2Tcittt>ir!ung p on

D r. ahrnofo, D r. <$. Oßame, p ro f» D r. ft. OSartfcD, p ro f» D r. fi. ^Sec&fletn, p ro f» D r. <©. 2Se&ag&eI, p ro f» D r. Sßitünget, p r o f . D r. 1$. Sßlümner, D r. OSoöertag, D r. ß . aßojröerget, D r. m . <Crei

3

enadj, D r. gfofj. C rü g e t, prof» D r. iM n tjer, p rof» D r. 3C.“ jfre p , % . JFuiöa, P ro f. D r. % . f e i g e r , D r. fi. E am el, D r. <£. ß?cnriti D r. jaa. Tßotfj/ p rof» D r. 1$. X am öel, D r. Bt. $rt)r» b. Xiliencron / D r. <

13

. jaailcfjfaCft^ P rof» D r. gf. jfö in o t, D r . juauncftec/ D r. p . jQerrltclj, D r. # efted ep , p r o f . D r. |£. paim , Prof> D r. p . # ip e r , D r. $ rö jjle, D r. 3CboIf Ctofen&erg, D r. % , J>auet, P r o f . D r.

Iß- % &cfjtöet, ift. S te in e t, p ro f» D r. % . & te rn , p rof» D r . jp. E e tte t, D r. <c. l©enbelet, D r. CJj. %o!Itng u. a.

Ijmmsgegefeen oon

3 ö fe p t? H ürfcfyrter

^ 4 5 . 23an&

Ctecf unb tPacfenrober

© B r ü n u n t i S t u t t g a r t , D e r la g oon ID. Sp errte

(7)

Steck tutfc H)achßncuöL'i'

^erausgcgeben

uon

Berlin unt> Stuttgart,

Der l a g t>on HX S p e m a n n

(8)

0 9 8 2 3 1

Z ilie Hecfyte p o rb e fy a lte n

(9)

Q n n l e i l u n g .

einer angefehenen berliner SBeamtenfamilie ftammenb (fein Vater ^ ra a r geheimer JMegSrat unb guftigminifter, ein Mann oon griebri= cianifchem ©eifte unb ber ättefte greunb StotlerS, bern biefer aber umfonft eine reiche bidjterifche Sftachfommenfchaft gemünfcf)t l^at) war 2öüf)etm Heinrich 2öac!enrober in bemfelben Safyre mit Xkd (1773) geboren unb nmrbe gugteic^ mit ihm unter ©ebicfeS Seitung am griebrich; Söerberfcfjen %mnafium ^erangebilbet. 3113 ber frühreife %kd gu Dftern 1792 bie Unioerfität begog, hielt ber ftrenge SBille feine§ VaterS ben jungen 2Bacfenrober noch gurn Sßrioats unb Vorbereitungsunterrichte in Berlin gurütf. 2ln ©teile beS perfönlidjen VerfehrS mufjte tiun ber briefliche treten unb bie noch erhaltene ^orrefponbeng ber Sugenbfreunbe gemährt unS ben (Sinbtid^ in ein Verhältnis oon feltener Qartheit unb £ieblichfeit. 2öac!enrober geigt fich als eine meiche h^gebenbe Sfatur, etmaS timibe, ftf)üchtern unb linfifcf), bei einer garten förperlidjen Drgani= fation ohne perfönlidjen 3Jhit, gerabe ihretwegen aber empfinblicher unb empfänglicher für alle ©inbrücfe beS ©cf)önen, reizbar befonberS für bie 9ttufif. Ungern, aber ohne $raft beS SBiberfprucheS, opferte er biefe feine SieblingSfunft, welche er fo gern gu feinem SebenSberufe ermählt

(10)

f)ätte, beut SBitten be3 $ater§ gegen bie 9?echt3gelehrfantfeit auf, roüljrenb fein roeicf)e§ ©erj »or bem falten S3eruf bes Jiichterä jurüdbebte. Äetne eigentlich probuftioe 9Iatur, bebarf er ^ur '^robuftion eine§ äußeren 2ln= ftofseä unb am liebften, roenn biefer Slnftofi oon feinem greunbe Sied fommt. 3jn feiner 2lrt liegt bie paffioe Eingabe an ben ©enufj ber fiunft unb befonberä in ber SJiufif fdjeint ifjnt bie paffiuc Aufnahme ber roahre ©enufj. @o fein ift feine Drganifation, bafj er fogar bie förpers liehe 2Birfung ber äJlufW auf feine reizbaren 3!eroen ju fügten glaubt, ©emütätief unb ahnungäooll tritt er überall bort, roo SBi§ unb ©cfiarf= finn »erlangt roerben, freiroillig juriicS. SiinftKch fteigert er feine (Sm> pfinbung roohl auch mitunter ju einer, im aufftärerifcfjen SBerlin freilich in ber Suft gelegenen ©mpfinbelei, ju Überfcfjroiinglicfyfeit unb ©chroärmerei, roäljrenb fic§ auf ber anberen Seite ber ©eift unb ©influfi feineg nüchternen SSaterS in feiner pünftlichen ©efchäftSorbnung unb unoerleparen 3eit= einteilung geltenb macht. Sßenn er fid) auch einmal nach e'net Aufführung oon Sabale unb Siebe in bie ungeftüme öeftigfeit gerbinanbä benfen unb an feinem ^Jla^e nicht anberä gehanbelt ju fiaben meinen lann, fo finb boch roeber im geben noch 'n bev $oefie bie erhabenen großen ©efühle feine Sache. Sßon grauenliebe ift in feinem geben nicht bie Siebe; ber greunbfdjaft aber ift er in Ijoljem SRafje fähig unb be= bürftig - er bebarf nur eine§ greunbeä, a&et fe*n 8an5eä §erS auäfüllen folt. 2ln biefen greunb fehltest er fich benn auch mit frauen= hafter Qärtlichfeit an: er geht in Sied auf, tnbern er fich freiroillig unterorbnet. äBenn er ©lieb in ber Äette fein fann, roelcfic Sied an bie SCBclt f eff eit, glaubt er feine Seftimmung erfüllt ju ha&en- Siedä greunbfdjaft ift fein größter ©tol^, feine höchfte greube; SiedsS SBorte finb ihm Drafel; Sied roill er alleä, roaä er ift, ju oerbanJen haben, ©ein @nthufia§mu3 oerfchönert unb oerebelt unaufhörlich an bem Silbe, ba§ er oon feinem greunbe in bem ^erjen trägt, er malt fich if)n 3unt Sbeal a«3. ßroingt ihn Sied ja einmal burch feine ©chroachheit unb ©elbftquälerei ju SBorroürfen, fo fügt er, noch e§e f'e auSgefprodjen finb, in sJ5arenthefe eine begütigenbe ©ntfchulbigung htnju. gaft eifer» füdjtig macht er über bie fchriftftellerifchen Salente feineä greunbeS; auf; richtig unb begeiftert im Sobe, fdjonenb unb toaljr im Sabel, roarnenb roo bie ©efahr allerbingS am nächften lag: oor Sielfchreiberei unb glüdjtigfeit ber 5(5robu!tion. SDBie er überhaupt mit ben Qaf>ren unb burch SiedS ©influß an ©elbftänbigfeit geroinnt, fo nimmt auch in biefer ©inficht fein Urteil fpäter an ©ntfehiebenheit ju.

Umgefehrt fpricht Xiecf in feinen Briefen überall alsi ber ©ereiftere, al3 ber Äfabemiter, ber fich *>em Primaner gegenüber fühlt; al§ ber be= lehrenbe greunb. ©r ift auch ^er mef>r Skfchäftigte unb barum in ber Äorrefponbenj roeniger eifrig: er oerlangt Sriefe, fchreibt aber (sroar nicht roeniger umfangreich, aber) feltener. ©r fucht ben ©nthufia§mu3 SßadenroberS für feine ^erfon einjubammen, er fürchtet bie auf ihn

(11)

folgettbe ©nttäufcfjung, er rebujiert bie Überfchäfcung auf baS richtige SRafs. ©r n>arnt SBatfenrober oor ben „tleinen ©tnpfinbungen", b. h- bet ©ntpfinbelei. giir i^n ift meljr baS ©rljabene, roie für SBatfenrober baS Siührenbe. 3)!it Vorliebe unb nietet ohne eine geroiffe ^Srahlfucht jeigt er fich als ben in Seiben ©rfahrenen, ben SJiitleibSbebürftigen, ber bie Schreien eines Slbballah, granj SRoor, ©uibo u. a. in feinem Snneren burdfigetebt I)at. Unb rote 5Cted in ben romantifefjen, faft nrörtlidj mit bem Slbballah übereinftimmenben Schtlberuttgen feiner Dualen, fo über= treibt SBatfenroberS 3ärttic^Ieit bie SSeforgniS. Stber auef) SietfS ©nt= pfittbung für ben greunb ift heifs genug, bafj er ohne benfelben nirfjt leben 5U Jönneit meint. Btudj £ietf roetteifert mit SBatfenrober, il)m baS <£töd^fte unb Söefte ju »erbanfen: feine Leitung non ber Schwermut, eine Verfeinerung unb SBereblung feiner ©efüljle. ®aS trifft roofjl auch im ganjen bie SBahrhett. SBatfenrober roirb, roie gefagt, in bem lurjen öriefroedifel fid^tlicfj fetbftänbiger; fieserer unb energifdjer nid)t nur in feinen ©mpfinbungen, fonbern aud) in feinen Urteilen, bie oorbem leicht aus einem ©jtrem ins anbere fielen. XietfS frühreifes, etroaS »orlauteS SBefen rourbe umget'e^rt burch SBatfenroberS Sanftmut gemilbert, roenn aud) in ben Briefen baoon roeniger bie Siebe ift als tron bem Sroft, ben SBatfenrober ber Sdjroermut feines greunbeS fpenbete. Unb roie SHetfS gugenb überhaupt burch bie Übertragung ber ®id)tung in baS SeBen cfjaraftet'ifiert roirb, fo fehlt aud) §ier nic£)t ganj bie Sünftelei: 5pofa unb ©arloS, Stafael unb SuliuS in Schillert eben erfdiienenen philofophifdjen Briefen finb bie SSorbilber, benen man nachlebt unb nacf)liebt.

Stur auf einige Sage tonnte SBatfenrober feinen Sietf in fgalle be= fuchen unb mit it)tn in ©emeinfe^aft eine Steife naefj Setpjig unb SBörK£ unternehmen. Sauernb jufammengefü^rt rourben bie greunbe erft ju Dftern 1793, als auef) SBatfenrober bie Unioerfität bejog. SamalS roar mit ben fränfifd^en gürftentümern SlnSbach unb Baireutfj auch bie Uni= »erfität ©rlattgen an Ißreujjen gefallen unb eS roar für ben Sohn eines pflichttreuen Staatsbeamten unumgänglich, boxt jur §ebung beS Kollegien» befucheS beiäutragen. £ietf anberfeits roar fein eigener §err unb 50g feinem greunbe ju Siebe gleichfalls nach Spanten. 3)tehr als in ben Jgörfälen, roelche SBatfenrober inbeffen mit geroohnter ^ßünftlichleit be= fuchte, erhielten bie greunbe hier unter ©otteS freiem §immel unb auf Steifen ihre Anregungen. Stuf ihre SBanberungen in ber fräntifchen Sanbfchaft, roelche fich bis ins Fichtelgebirge erftretften, tommt Xietf noch in *>em $hanM ug un^ *n feinen lebten StooeHen unermüblich äurütf. Sn Stürnberg erfdjlofj fich ihrem begeifterten Sinne jum erftenmal ber 3auber beS altbeutfchen ÄunftlebenS unb mit bem Stauten Sllbredjt SürerS oerbanb fich ^er *>eS §an§ Sachs. Sioch im ^ahre 1828 gebachte Sulpij Söoifferee auf ber Steife junt Sürerfefte in ber Sunfelf)eit unb Stille ber Stürnberger Strafen mit ©hrfurtht ^>er 3eit, in welcher SBatfenrober unb Sietf juerft roieber baS Slnbenten be§ alten ÄünftlerS erroetft hätten.

(12)

3ti SöamBerg traten bie erften unb mächtigen ©inbrütfe ^inju, roelche bie ©ohne eines proteftantifchen Sanbeä non bem tat£)oIifcf)en ©otte§bienfte erfuhren unb bie fich nach unb nach in ihren ©ebanlen mit ber alt» beutfchen Sunftroelt ju »erBinben begannen. 3n ©öttingen, roo fie ben SBinter 1793/94 ftubierten, nahm äBacfenrober nach folgen Slitregungen bie altbeutfchen ©tubien mit grünerem ©ifer auf, 'al§ er fie Bei Äod) in SBerlin Begonnen J)atte. Stucf) Sied, ber anfänglich recht aB ©ohn ber aufgellärten »ot: ßSefdjmacföüerberBnig geroarnt Ejatte, hatte je|t feine ©inroenbungen mehr 51t machen, roemt ficf» fein greunb in bie ®id)ter ber fog. SJaneffefdien Sammlung, in bie ÜKüUerfd^en Sammlungen ber alten Jpelbengebidjte ober enblid) in ben traulichen §an3 ©adj§ »er= tiefte, an beffen ©rafie fie in -Kürnberg geftanben Ratten. SBacfenrober burfte feinem berliner Seljrer, ber bamalS eben an feinem Betannten Sompenbium ber beutfchen Sitteraturgefc^tc^te arBeitete, -Kotijen über bie in ber ©iBIiot^el ju ©Bttingen Befindlichen altbeutfdjen SRanuffripte liefern. Sollen ©tubien machte bie SRücfleljr in bie SSaterftabt, welche bie beiben greunbe im ©ommer 1794 über SBraunfchroeig unb Hamburg nahmen, ein unerfreuliches ©nbe unb bie Söefdjäftigung in einem un= geliebten Serufe follte an ihre ©teile treten. 9lur neBenBei burfte SBacfen* rober fidj ber SJIufif roibmen, roelcfje er fo gern sum SebenSberuf erroählt hätte: er bilettierte fym, er bilettierte in ber -JJlalerei unb ®idjtung. @S brauchte in ber legieren längere $eit, ehe SBadenrober feinen eigenen Jon fanb: mit feinen SKacfjafymungen ber ©cfjillerfcfjen Qugenbltiril unb einem faft in§ SurleSJe auSlaufenben ©djitffalSbrama hatte er oor feinem greunbe roenig @hre aufgehoben unb fidj in ben ©traufjfeberngefchichten fogar ben gutmütigen «Spott £ied§ gefallen laffert müffen, ber feinen greunb ebenfo roenig als ficf) felbft fdjonte. Saburch eingefcfjüc^tert, roagte er ficlj mit ben 2lufjeid)nungen, roelche er au§ feinen ©efprächen mit £ied über bie Äunft angelegt hatte, lange nicht h^roor. ©S war bie 2lrt ber g-reunbe, fich über jeben Ißunft, in bem ihre Meinungen bifferenäierten, einmal ju oerftänbigen, ihre gegenfeitigen Meinungen mit einanber ju mifchen unb in eine SSaffe ju tneten, bie tünftig als ©igeni tum beiber gelten fonnte. SaS roar auch bei biefen 3lufjeichnungen ber galt, äu welchen bie gemeinfatnen Steifen ber Beiben greunbe in granJen bie erfte SSeranlaffung gaBen. ©rft auf einer fpäteren Dtofe nach SreSben (©ommer 1796), roo fich bie Serounberung ber großen SJialer ber ita= Henifchen SWenaiffance }u jener ber altbeutfchen Sünftler gefeilte unb biefetn ©ebanten neue Nahrung gaB, JEjatte SBatfenrober ben Wut, feine Serfuche »orsujeigen unb überrafcljte feinen greunb burdj i^ren gnhalt. Sietf, als ber geüBtere ©chriftfteller, nahm fich &er Überarbeitung biefer ©fiäjen an unb empfahl fie auf ber SBeiterreife an JJeidjarbt, ber nicht nur eine berfelben, baS „©hrengebäditniS SürerS", in fein Sournal „Seut[d)lanb" aufnahm, fonbern auch für bie ©inlleibung unb gortfe^ung ber folgenben uon ©influfj rourbe. Senn roeil eine folche ÄunftBegeifterung

(13)

ju biefen fetten w ^er Sßett unmöglich fei, riet er, bie Slufjeichnungen einem SJiönche äujufcfireiben, wobei ben greunben ber ©ebanfe an bie fromme ©infatt be§ Seffingfdfjen Slofterbruberä nahe lag. So erfdjienen, burch eine SSorrebe unb einige fleinere äluffä^e ähnlicher 9lrt »on Stecf Dermeljrt, 1797 im SSerlag be§ berliner SuchhänblerS Unger bie„§erjen§ = ergiefsungen eineä funftliebenben ßlofterbruberä". äUeljr noch alä bie ©ebanfen be3 $lofterbruber§ waren bie bem ÜBiufifuS 3ofef SSerglinger gugefcljriebenen Sbeen SBaiJenroberö ©igentum. Sie waren heroorgegangen aus bem SBiberfpruche jwifchen feiner amtlichen Sljätig5 feit unb feiner immer pnehmenben Steigung Äünftlerberufe; ein gwiefpalt, ber ihn innerlich »erjehrte unb gewiß auch 3U feinem frühen Sobe beigetragen hat ©r ftarb ben 13. gebruar 1798 am Siernenfieber. Sluä feinem Slachlaffe gab Sied unter ^injufügung eineä überwiegenben Äontingenteä eigener Stuffä^e bie „Sßhantafieen *>ie Äunft, für greunbe ber R u n ft" (Hamburg, bei griebriclj ^ertheS 1799) fjerauä. Sen urfprüngücf) in bemfelben Stile wie bie beiben genannten Schriften unb gleichfalls im S5erein mit äBacfenrober geplanten „Sternbalb" führte er, nrie in ber ©inleitung ju 33anb 144 ber Seut. 9Jat.=Sitt., 1. 31 b- teilung S . X II gejeigt worben ift, nach anberen Sbeen aus.

Ser Schaft ber „© erjenäergiefsungen" ift nicht, wie man oiel= leicht glauben toirb, ein theoretifcher. @§ finb vielmehr ßünfttergefdf)ichten aus ber 3eit be§ wiebererwacljenben KunftenthufiaSmuä, ber italienifchen unb beutfdjen Sienaiffance, unter nerfchiebener ©infteibung größtenteils bem Sßafari nadjerjählt. Ser 2lu3bli<f auf bie ©egenwart, ber ©egenfa| jroifchen jener fchönen 3«t unb feem funftlofen traurigen §eute, »errät fich allenthalben burch »erftohlene Seufjer. Sabet unterteilet fich Siecfä Sßortrag freilich auffällig oon bem feineg greunbeS: Sßadenrober leiht feinem ©egenftanbe einfach feine finbliche leutfelige treuherjige, mitunter auch roC1^ linfifcfje Sprache, ber ©egenftanb rebet burch ihn rote &er 3W5 mächtige bie Sippen beS Slnbädjtigen bewegt. Qn biefer 2trt fann Siecf nicht gegen ihn auffommen: er rebet weltlicher unb fann bie finbliche 3tnbacht feines greunbeS höchftenä affeftieren; er ergreift nicht als $lofter= bruber, fonbern im Slamen »ertiebter Äünftler baS SBort, er bringt bie Schilberungen erregter Seelenjuftänbe unb romantifcher Siaturbilber mit herein, welche in feinen weltlichen Schilbereien eine fo grofse Siolle fpielten. 2BaS bie in biefe fleineren ©rjählungen hitieingearbeiteten Äunftanfichten betrifft, fo tritt bie Übereinstimmung mit bem Sturm unb Srang, befonberS mit ben Blättern »on beutfcher Slrt unb fiunft, auf ben erften Slicf heroor. SRü Berber unb ©oethe wollen SBacfenrober unb Siecf ber altbeutfchen Äunft, jene ber altbeutfchen Söaufunft —• biefe ber altbeutfchen SJialerei, ju ihrem Siechte oerhelfen. SBie ©erber ber gotifchen Sirche ihre eigentümliche Schönheit neben bem griechifdjen Sempel ju= erfannt hatte, fo »erlangt auch äBacfenrober, bafi man fich jebem Äünftler hingebe, bie Singe ber Siatur mit feinen Organen fehen lerne unb fich

(14)

irt jebeS frembeS SBefen tjineinfühle. 2tBer freitief): roährenb bei ©oethe unb ,‘öerber bas emergierenbe 2)eutfcf)tum altes anbere in ben §inter= grunb brängt, beroa()rt fid) SBadenrober auch für bie italieniicfje Äunft einen freien Sinn, unb mo nach ber Schönheit bie grage ift, !ann er nicht umhin bem göttlichen Siafael oor bem geliebten Sllbrecht Siirer ben SJorjug ju geben. ®ie grage nach bem SBefen ber „öegeifterung", roetche als ber eigentliche Urgrunb alter Äunft erfcheint, bleibt am Schluffe eBenfo ungelöft wie am Slnfange: ber Äunftgeift täfst fich ^S geheimniS= tjolleit Schleiers nicht berauben. SBie öamann am Slnfange ber ©enie= jeit oerbinben SBadenrober=Sied am Slnfange ber Slomanti! bie beiben Siegriffe oon ©tauben unb ©eniuS: ber eine ift fo unbefinierbar unb rätfelhaft roie ber anbere. SaS ©öttliche im Sieben unb in ber Äunft muf man erft glauben, bann oerftehen; ja baS, roaS man fo gemeinig= lieh oerftehen nennt, ift hier überhaupt überflüffig. Sßie S3egriffe oon Sunft unb Religion serrinnen auf biefem SBege in einanber. Sie Sunft, beren fteljenbe ©eiroörter in ben §eräenSergiefsungen „heilig" unb „gött= lieh" toirb jur Steligion; bie Sunftbetrachtung jur Slnbacht. Sin biefer ©renje hält SBadenrober füll, beffen hiugebenbe fiunftanbacht uns mit berfelben Führung erfüllt, mit roelcher roir nur immer roahre grömmigfeit ju betrachten pflegen. Sache feines romantifchen ©enoffen roar eS, biefen !eufd)en ÄunftglauBen bis in bie Serjerrung ju treiben. Sdhon im Sternbalb lehrt Sied bie Sache um unb Beseidjnet bie Slnbacht umgetehrt als ben höchften unb reinften Äunftgenuf), beffen unfere menfd)= lithe Seele nur in ihren fdjönften unb erhabenften Stunben fähig ift; unb batb barauf burfte unb mufjte man im Senenfer Äreife ber Sioman» titer altes, fetbft baS ©etoöhnlichfte, bis jur Sietigion treiben. §atte SBadenrober übereinftimmenb mit Jgamann gegen ben Stjftemgtauben, gegen bie Sntoleranj beS SSerftanbeS, roetche fchlechter fei als bie beS ©e= füljlS, im £>inblid auf bie Siieolaiten beS SageS geeifert unb fid; freilich felbft fd)on ju bem Sa^e oerftiegen, baf? Sl6erglaube beffer atS Stiftern» glaube fei: fo ftimmte griebridj Schlegel balb barauf ein roahreS SoBIieb auf bie Unoerftänbtidjfeit, bie geinbin beS gefunben SKeufchenoerftanbeS, an. Unb roaS oon ben roeitreidjenbften Äonfequenjen roar: roenn SBaden= rober -ben ©egenftänben ber Äunft biefelbe Slnbetung unb Verehrung roie ben .©eiligen ber fiirdje jollte, fo oerriet Sied noch in ben öerjenS= ergiefjungen felbft bie geheimen $fabe, roelche bie folgenbe Siomantif ging, inbem er feinen altbeutfd)en SJialer in 5Jom junt ÄatholiciSmuS übertreten unb feinen Slbfall mit ben SBorten entfdjulbigen läfst: „ftannft ®u ein hohes S3ilb recht oerftehen unb mit heiliger Slnbacht eS betrachten, ohne in biefem Hiomente bie 2)arftellung ju glauben? unb roaS ift es benn nun mehr, roenn biefe $oefie ber göttlichen fiunft bei mir länger roir Et?"

gn ben jQerjenSergiefwngen roar auch Bereits ber Sontünftler Qofeph S3erglinger eingeführt roorben, unter beffen 3)iaS!e SBadenrober feinen

(15)

eigenen Sebenägang barftellte. 2lud) bie innere IragW in bemfelben Bricht erfdjütternb in ber filage 23erglinger3 §er»or, bafj er oielleicht mehr bie Äunft 5U genießen als augjuiiben berufen fei. ©inen iriel größeren 9iaum neunten bie ihm äugefdjriebenen äluffä^e in ben „5ßtjantafieen" ein. $ier ift ber älnteil üecfä ein bebeutenberer, faft überroiegenber; hier jeigt fidf) in ben <sd)lagn>orten bereite @influfs 3jafob Böljme§ ober ©djeltingfcher Siaturpfjilofopijie; £)ier tritt enblic§ mit ber gigur 5öerg= lingerS bie 2J!ufif oor ber fflialerei in ben Borbergrunb. SBacfenrobers! ätnffä^e jeugen »on feiner ju größerer ©elbftänbigteit unb Sicherheit fortfdjreitenben ©ntroicflung, r»ie mir fie oben fennen gelernt haben. @r tritt fiUjner f)eroor, gefällt ftd) barin einmal breift ju reben, unb »er= fteigt fiel) 3U ^arabojen roie „freoelhafte Unfc^ulb", reelle roenigfteng äujjerlicf) an griebridf) ©Riegel erinnern. Sffiaä SiedEä Sichtung praltifdE) in§ Söerf fefcte, bie Bereinigung ber ©renjen uon ®icf|tlunft, Sialerei unb SDiufü, ba3 gefd)ief)t t)ier in ber SEtjeorie. löne finb Sßorte unb garben finb £öne. Sie 9J!ufif toirb »on äßacfenrober bie reifere ©pradje ge* nannt, njeldje bie Jßorte »erachtet. Sie Sdjtlberung ber »erfdjiebenen Slrten ber Sirdjenmufif ober lanjmufif ift in ber ilja t nur eine Um= fe^ung ber SJIufif in SBorte, ein ©egenftüd ju Sied® romantifd)er Sichtuna. roorin gleichfalls bie 3Jlufif felbft ba§ Söort ergreift. liecE fagto utjä ntä? SBacfenrober hier nichts Sieueö; er hat oor bem greunbe aber ißl po'etif® gorrn »orauS unb fafst i^re Öebanlen in ben nadjmaB beruhten jBerf» jufammen, welche bie 3iomanti!er unermüblicf) gloffierti

„Siebe benft in füfsen Ionen, Senn ©ebanten ftehn 5U fern; 3iur in Ionen mag fie gern 2llle§, n>a§ fie toill, »ertönen. Srum ift eroig un§ jugegen, Sßenn SJlufif mit Mängen fprid^t, gtjr bie Spraye nidf)t gebricht, §olbe Sieb’ auf allen Sßegen, • Siebe fann fidj nic£)t beioegen, Seifet fie ben Dtljem nid;t."

Söir geben im folgenben bie jmeite ber eben befprod;enen © triften nad^ bem erften Srucfe, t»eil un§ baran gelegen ift, auch ü e c B Slnteil gehörig hernor treten ju laffen. Über SBacf'enroberS Seben giebt ü e tf felbft in ber neuen »eränberten Auflage ber „Sßhantafieen über bie fiunft »on einem funftliebenben filofterbruber" (B e rlin 1814, in ber Jtealfchul» buchhanblung), roelc^e SßacJenroberä alleinigen Stnteil enthält, unb bie Biographie Itecfö oon Äöpfe (Seipjig 1855, 2 Bbe.) im erften Banbe

(16)

V III tollen.

auf ©eite 70 f. 76. 218 ff. unb im jraeiten auf ©eite 267 f. 269. 270 ff. bie U)ünfcf)en3n)erten 3lu3fünfte. ©ine au3ge§eidj)nete 23efprecf)ung ber ©Triften be3 Mofterbruberö finbet man in §a^mö „romantifdjer ©djute" unb in 2)tftf)et)3 £efjen 0cfjreiermad()er3 (f, 280 f.). 2)ie Briefe SBacfen* roberg an Siecf finb bei §oltei, Briefe an Subroig iiecf IV. 33b. 6. 169 ff.; Xiecfö Antworten in ben breitjunbert Briefen au3 jraei $aJ)rf)unberten, f)erau3gegefjen t)on §o!tei IV . $eil ©. 27 ff. gebrutft.

(17)

$ l j a n t a f i e e n

it 6 e r i> i e

St

u tt ft,

f ü.r

^ r e u i t b e b e r $ u n f t .

Siecf u. !2Bacfenrober. 1 [ ^ I §erau£gege&ett \ HH öon £3 ß u b l u i g St i e dKJ H a m b u r g , £ c & e i | r i e b r i t| $ e r t $ e

3

. 1 7 9 9.

(18)
(19)

3

dj übergebe teils mit B la u e n , teils mit Ängftlidjfeit biefe ^Blatter bem ^ublifum. @itt £eil biefer 3luffä|e ift ein 33er= mäd)tniS meines oerftorbenen ^reunbeS SB. §. SBacEenrober, toooon er bie le|tem erft furj oor feiner Äranfljeit ausgearbeitet

5 unb mir mitgeteilt fjat, fie follten eine $ortfei$ung beS 23ud)§:

„IkrjenSergiefjungen eines funftliebenben MofterbruberS" fein, barum trifft ber Sefer fyier ben tarnen $3ofep^ 33erglinger, foroie im gangen ben &on jenes 33ud)eS toieber an. $ür bie 2luf-- fät?e über bie SJtufif Ijatte ntein $reunb eine befonbere Vorliebe,

10 unb er toünfdjte immer red^t fe^r, mit ber i^rn eigentümlichen frönen Sebfjaftigfeit, fie gebrucft ju fefyn. fann erft je|t feinen SSunfdj erfüllen, unb ber Sefer roirb mir für bie Mitteilung biefer Sluffätje banfen, in benen man eine nocfj fütjnere ®orftel= lungSart unb eine auSgearbeitetere ©pradje antreffen wirb, ©ein

15 ©til ift in biefen 2luffä|en gebrungener unb fräftiger, in feinen

Silbern mufj man oft baS ©eltfame, $üf)ne unb 2Bafyre benmn= bern, unb jeber füfylenbe Sefer wirb mit mir bie fdjöne Hoffnung beflagen, bie bie beutfdje Sitteratur burcf) feinen frühen iob oer= loren fyat.

20 SKit oieler ©diüdhternijeit Ijabe id) bie 33lätter Eiinjugefügt,

bie oon meiner £>anb finb. Sille biefe SSorftellungen finb in ©e= fprädjen mit meinem $reunbe entftanben, unb mir Ratten befdjloffen, aus ben einjelnen 2luffa|en geroiffermafjen ein ©anjeS ju bilben; — aber ba idj nunmehr bei ber Ausarbeitung felbft feinen Skt

25 unb feinen Seiftanb oermifjt fjabe, fo Ijat mir aud) ber 5Uut ge=

fe§It, ber midj in feiner ©efetlfdjaft befeelt Ijaben mürbe.

6. £ e r ä e n § e r g i e f $ u n g e r t e i n e s f u n f t l i e b e n b e n Ä l o f t e r b r u b e r S , ftef)e bie Einleitung.

(20)

SSon 28adenrober ift in ber erften 2tbtetfung bie erfte unb fünfte 9Jummer gefdjrieben, unter 33erglinger§ 2Iuffii£en gehören mir bie oier lebten an. ©inen unootfenbeten Sluffatj meines g-reunbe§ über 9(uben§ fjabe id) jurüdgelaffen, foroie eine (San= täte, mit ber er felber unjufrieben mar. 5

— 33tm jetjer roar e§ fein 2Bunfd), für bie &unft leben ,31t fönnen, feine fcfjönfte Hoffnung roar, einft unter ben Äünftlern genannt 51t roerben; roenn iljm aud) ba§ [entere cerfagt roirb, fo roirb i^n bod) geroifj niemanb, ber it)n tannte, nur einigen ©inn für feine eble unb lieben§roürbige Originalität fyatte, unb ber feine 10

innige Siebe für atte Äunft adjtete, jemals uergeffen fönnen.

3. b ie t> ier le b t e n , Safjre 1814 tyat S ie d unter bem S ite l „ ^ a n ta fte e n über bie Äunft, »cm einem funftliebenben ßlofterbruber" (neue neränberte Auflage) bie Beiträge 2Bacfenrober3 ju ben „£er*en$ergief}ungen" unb ben „^ fja n ta fieen " gefammelt. ©eine 2Iu§s toafjl ftimm t biö auf eine Kumm er (f. unten <3. 75) m it ben obigen Angaben überein.

(21)

1. Srtjilticrung, tute öie alten iicutfrijcit iUiitl'tlcr gelebt Ijabett; roobti , ;u (Krempeln angefüljrt roeröen 2Ubreri)t Dürer, neb|i feinem Unter sä- .JUbrertjt Oilrer bem 31ien.

s ' / G ä ift eine fd^örte ©adje, einen längft oerftorbenen Zünftler au§ ^ fe in e n Hinterbliebenen Söerfen fid) im ©eifte neu ju erfdjaffen, unb aus allen ben oerfdjiebenen teud)tenben ©trauten ben 33renn= puaft ju finben, roofjin fie jurüdfü^ren, ober t>ielmef)r benTjImm= lifdjen Stern, non roetdjem fie ausgingen. i£)ann Ijaben nur bie —urSSettfeete-aHer feiner Schöpfungen nor un§, — ein ©ebid)t unferer ©nbilbungSfraft, roonon ba§ roirflidje Seben be§ 5Ranne3 nöHig auSgefdjieben ift.

9todj faft fdjöner ift e§ aber, wenn wir in ©ebanfen biefeä fctjiminernbe ©eifterroefen mit $leifdj unb 'Sein betteiben, — toenit

15 mir ifjn un§ atö einen unferSgteidjen, al§ unfern $reunb unb

—trüber oorftelten fönnen, unb roie aud; er ein ©lieb ber großen Söienfdjenfette roar, an äußerer 33efd)affent)eit alten feinen geringeren Srübern äljnlidj. 3)ann ift un§ ber ©ebanfe gegenroärtig, roie bod) audj biefe fdjönfte Sltenfdjenfeete juerft au§ bem @i ber

20 albernen Sinbljeit fyenrorgefyen mufjte, — roie SSater unb SJJutter ein $inb jur Sßelt gebraut, otjne ein SBort pon feinem fünftigen ()ot)en ©eifte ju roiffen. SEÖir benfen uns ben tjerrlidjen Zünftler in atten Scenen be§ 2eben§: roir feljen i§n atö ^üngting, roie er ben atten SSater nerefyrt unb liebt, — als -Kann, roie er mit

25 $ ruber, Scfjroefter unb SSerroanbten ^reunbfdjaft t)ält, roie er ein SSÖeib nimmt unb felbft SSater roirb, — furj, roie aucf) er pon

2 ff. SBott 2Bacfenrober. Sßgt. bie (Einleitung oben ©. 4 unb bie 2Ut3ga6e ber ^tjantafieen üon 1814, ©. 1*23 ff.

(22)

f ber ©eburt bis jurn Tobe alle bie Scfjidfale erfährt, welche bem

''äRenfd^engefrf^Ied^te eigen finb.

23efonber§ rüijrenb, erquidenb unb le^rreic^ wirb mir nun biefe Betrachtung, wenn ein fotrfjer Äünftler, obwofjl er einen aufjerorbentlidjen ©eift unb feltene ©efdjicflidjfeit befaft, bennodj 5 fein Seben, als ein ganj fdfjlicljter unb einfältiger SJiann, auf bie= jenige Slrt burd)fül)rte, bie in ben oorigen ^afjrfyunberten bei unfern beutfefjen SSorfafyren allgemein itblid; mar, unb bie idj f)ier, weil fie meinem bergen fo inniglidj woljlgefällt, mit roenigem

fdiilbern null. 10

^n oorigen feiten mar e§ nämlid; Sitte, ba§ Seben als ein fd)öne§ §anbwerf ober ©eroerbe gu betrauten, ju meldjem fid) atte SWenfdjen befennen. ©ott marb für ben Söerfmeifter an= gefeiten, bie Taufe für ben Seljrbrief, ttnfer Sßallen auf @rben für bie 2Banberfd)aft. ®ie Religion aber mar ben 93ienfd)en 15

ba§ fc^öne (Srflärunggbud), woburd) fie ba§ Seben erft redfjt t>er= ftef)en, unb einfel;en lernten, woju e§ ba fei, unb nad) melden ©efetjen unb Regeln fie bie 2lrbeit be§ Seben§ am Ieidf)teften unb fidjerften »ollfüljren fönnten. Cljne Religion fcfjien ba§ Seben iljnen nur ein wilbes, wüfteS Spiel, — ein §in= unb öerfdjiefjen 20

mit SBeberfpulen, woraus fein ©ewebe mirb. ®ie Religion mar bei allen großen unb geringen Vorfällen beftänbig iEjr Stab unb ifjre Stü^e; fie legte iljnen in jebe fonft geringgeadfjtete 33egeben= l)eit einen tiefen Sinn; fie mar iljnen eine SBunbertinftur, worin fie alle ®inge ber 2Bett auflöfen fonnten; fie oerbreitete iljnen 25

ein milbeS, gleichförmiges, fjarmonifd^eS Sidfjt über alle oerroorrenen Sdjidfale ifjreS ®afein§, — ein ©efdjenf, meines woljl baS foft= barfte für fterbltdfje ÜJSefen genannt werben mag. fanfter $imi§ brad) ber grellen $arbe roilber SluSgelaffen^eit bie fc^arfe Spitje ab, — aber er roarf auc§ über bie trodne fdjwarje @rb= 30

färbe bee Unglüdö einen glänjenben Sdjimmer. -So führten bie 9)tenfd;en bie Stunben ifyre§ SebenS langfam unb bebädjtig, Schritt oor S tritt, unb immer im Semu^tfein ber guten ©egen= /wart, fort, ^eber 2lugenblicf war ifynen roert unb mistig; fie trieben bie Slrbeit be§ SebenS treu unb emfig, unb Ijielien fie 35

rein twn ^eljlern, weil fie e§ nid^t über il;r ©ewiffen bringen konnten, ein fo löbliches unb eljrentwlleS ©ewerbe, baä i^nen ju=

21. r o o r a u3 f e i n © e ro e b e r o tr b . 33gt. ba§ tt^nlicfje 93üb in @oet^e§ $au ft, Scene beS 2HepI)iftopf)eIe§ m it bem S p ü le r, unfere 2lu 3gabe 33b. 93, <3 . 79, 33er3 1568 ff.

(23)

geteilt war, burdj rudfjlofen Seicfjtfinn ju fdjänben. ©ie traten baS Steckte, nid)t um eines £of»n§ mitten, fonbern blof, aus bem nie erlöfcfienben ©efüljle ber ®anfbarfeit gegen benjenigen, roeldjer allein bie Äunft oerftanben, bie erften $äben itjreä SDafeinS an

5 baS unhaltbare SfticfytS anjujetteln. — 2lm @nbe, ba ber grofje

•ißerfmeifter fie oon ber SBerfftatt rief, gaben fie, aufgelöft in Jjeilige ©ebanlen, fid) unb iljr gangeS ü£ageroerl, mit fröfylidjer 3iül)rung, Üjtn in bie §änbe. üJiun mürben bie p e r s o n a l i a beS 33erblid)enen als eine lurge ßfyronif aufgefeitf, ober »or ben roeinen= io ben SSermanbten am ©arge marb eine Seidljenrebe gehalten, roelcfye iirfprünglicf) bie Sebeutung etneS ßeugniffeS oon ber treu unb reblid^ oollenbeten SebenSarbeit Ijatte, unb ber 3 u8ert^ junt ® or= Silbe biente. ®er unbefannte ©ott im Fimmel aber manbte baS oollenbete SCageroerl aisbann ju feinem großen, getjeimniSuoßen

15 S^ecfe an: benn aus allen ben Sftillionen oon ber @rbe abfd)eiben=

ben 2eben baut er, jenfeit jenes blauen Firmaments, eine neue, glän^enbere SSBelt, nä|er um feinen £f)ron Ijerum, mo jebeS ©ute feinen $lat$ finben roirb. — —

©o roaren bie SJienfdjen in oorigen frommen ^eitert befdjaffen. 20 Sßarum mufj idf) fagen: fie roaren? Sßarum, — roenn ein fterb=

lidjes SBefen alfo fragen barf, — roarum fyaft bu bie üfiktt ent­ arten laffen, allgütiger §immel?

SBefje ben t^öric^ten neuen Söeifen, roeldje, aus innerere. Slrmut unb Äranfljeit be§ ©eifteS, bie 9J?enfdjenroelt als einen

25 nidjtSroürbigen ^nfeften^aufen anfeljen, unb burdj bie 33etradf)tung

ber ^ürje unb 33ergänglid)feit ber taufenb roimmelnben Seben auf biefer @rbe ju einem trägen, mürrifdfjen SEritbfinn ober gu / frecher SSergroeiflung fic§ oerleiten laffen, roorin fie baS Ijö^fte $\d'

ju erfdjroingen glauben, roenn fie iE)r Seben als eine leere §ülfe

30 mutwillig ju jerbrüden unb ju gerquetfdfjen ftreben. 2öer fo baS

Seben oeracfytet, ber oerad)tet alle SCugenb unb Sollfommenfyeit, roooon ber -Iftenfdf) ^Begriff fyat, unb beren ©djaubüljne unb ÜbungS=

plaij allein baS Seben ift. — @in großer Unterfdjieb ift es, ob man fein ©eroerbe felbft »erachtet, ober ob man befd^eiben feine

35 Slrbeit gering anfdfjlägt, fein ©eroerbe aber liebt, ja blofj ju eigner

greube gu treiben fdjeint. — $reilidj finb roir nur tropfen im Dcean; freilidfj tanjen roir alle, ein roimmelnber Zeigen, nadj lurgem SDafein bem ÜEobe in bie Slrme: allein unfer ©eift iiber= fteiget bocl) bie engen ©djranfen, in iljm roofjnen ja bie unnenn=

(24)

baren, un§ felber unbegreiflichen Kräfte, toelc^c ben $immel unb bie gange Srbe, tue[c£;e ßeit unb ©roigfeit in ben engen Staunt jroifcfjen ©eburt unb ©rab ju uerpftanjen fäljig finb. — Unfer Seben ift eine teilte 33rüde, t>on einem bunfetn Sanbe 5um attbern tjinübergefdjlagen: fo lange mir barauf gehen, fe^en wir ba§ gange

5

l)irttmtifcf)e Firmament im Sßaffer fidj fpiegetn. —

$n jenen feiten unfrer beutfdjett SSorfaljren aber, — benn oorjügtid) auf ben ftitten, ernften Gtjarafter unfrer oaterlänbifchen Nation ift jene ©dEiilberung gegründet, — als bie SJlenfdjen bei atter grö^tidjteit bod) fromm, ernfttjaft unb tangfam ba§ 2torm= 10

gebäube be§ Seben§ au§ aufeinanbergefeijten ©tunben unb S£agen aufbauten: roeldje unter ben bamatigen -äJlenfdjen fömten unfrer jurüdfe^enben ©inbitbungäfraft roo()t ein heutigeres unb werteres 33itb barbieten, als bie Sünftler, bie atfo lebten? Senn ihnen mufjte ja ifjre $unft, — benn auct) biefe trieben fie nid)t oorne^m

15

als Siebhaberei unb um ber Sangenroeile mitten (roie je|t ju ge= fd)ehen' pPWrTönberh mit emfigem $leifse, roie ein §anbraerf,

— fie muftte,if)ncn, ohne baj? fie es fetber mußten, ein ge()eimnis= ootleS Sinnbitb ihres SebenS fein, £fa, beibeä, i^re Äunft unb ihr Seben, mar bei iljnen in etn UBerf eines ©uffeS ^uiammeir- 20 gefcijmoljen, unb in biefer innigen, ftärfenben Bereinigung ging ihr ®afein einen befto fefteren unb fidfjerern ©ang burd) bie flüchtige umgebenbe SBett hwburdf). ^n ruhiger, befd^eibener 3 title, ohne oiet fdjarffinnige SBorte, matten ober bitbeten fie ihre 5Jtenfd)en= figuren, unb gaben ihnen treutic^ biefetbe 5iatur, bie baS gef)eim= 25 niSDoll=rounberbare tebenbige Original ihnen geigte: unb ebenfo bitbeten fie ihr Seben ganj fotgfam nach ben oortreffticfjen £immelS= teuren ber Religion, ©ie backten aber leineSroegS an fpitjfinbige fragen, marum ber 3Renfdjenförper gerabe fo unb nicht anberS geftattet fei, ober $u roeldjem $roede fie ihn nad^rnten, unb 30 ebenfo menig fonnte es ihnen einfatten, nach ^ern ©runbe ju fragen, marum bie ^Religion ba fei, ober nach ber 23eftimmung, rooju fie fetber gefchaffen mären. 9tirgenbS fanben fie ßmeifet unb Stätfet; fie »errichteten ihre ^janblungen, roie fie ihnen natürlich unb not= roenbig fchienen, unb fügten ihre SebenSjeit ganj unbefangen aus 35 lauter richtigen, regelrechten •Sanblungen ^ufammen, ebenfo roie fie an ihren gemalten Figuren bie gehörigen $nodjen unb 9Jtu§tetn, woraus ber men)djlid)e Körper nun einmal gebaut ift, an= einanberfetjten.

(25)

Gs ift mir eine grofje .Öer^ensfreuöe, roenn icf) biefe treuen Arbeiter, in ber Äunft roie im Seben, roelche bie beutfdje SSorjeit, unb oor allem jenes fruchtbare iecf^efjnte ^aljrhunbert, heroor: gebracht hat/ m>t gefammelten ©ebanfen betrachte. Um aber ein

5 paar (Stempel anjuführen, fo roitl ich weine »orige allgemeine Slbfchilberung burd) etliche ganj einjelne $üge aus ^er ©efdjichte meines lieben Sllbredjt 2)ürerS, unb feines SSaterS, roelcher ber ©olbfdjmieb 3tl6recf)t ® ürer ber 2XIte ift, erläutern. Senn roenngleich biefe fleinen $üge an fi^ unbebeutenb fcheinen müßten,

10 fo benfe ich kocfj, ^af; man nac^ ^em »orauS oon mir entworfenen, oielfagenben ©emälbe ben richtigen Sinn berfelben unb ifjve roahre

Sebeutung beffer oerfteljen roirb.

^n bem Söerfe beS eblen Joachim oon Sanbrart (in roelcfjem berfelbe mit lobenSroürbigem ©ifer gern baS gan^e ©ebiet ber

15 ^unft mit beiben ^änben umfaffen roollen) finben roir in bem

Seben 3llbrecht SürerS einen fleinen ätuffafe oon biefem Zünftler felbft eingerücJt, roorin er, ihm felber unb feinen 9Zacf)fommen jum 3tngebenlen, einige Nachrichten oon feinem Seben unb oon feiner ^amilie, mit roenigen aber treuen unb frommen SBorten,

20 aufgegeichnet hat- roar damals nicht ungewöhnlich, feinem ooßbrachten SebenSlaufe burch genaue Slufjeichnung roieber nad)= §ubenfen unb ihn ju prüfen; unb niemals fonberte man fich in folcher S3efchreibung oon allen übrigen Sttenfdjen ab, oielmehr be= trachtete man fich immer nur als ein 50iitglieb unb SQtitbruber beS

25 grofjen 5ftenfchengefdjlechtS, inbem man fein ganjeS ©efchled)tS= regifter burchfül)rte, unb fich befcheiben feinen gehörigen ^talj auf irgenb einem Nebenjtoeige beS alten ehrrourbigen Stammbaums smroieS, nic^t aber fich allein jum ^auptftamme ber Söelt machte. ®ie Iieblich=oerfi$lungene $ette ber SSertoanbtfdjaft roar ein heiliges

3o35anb: mehrere Slutsfreunbe machten gleichfam ein einjigeS, ge= teilteS Seben auS, unb ein jeglicher fühlte fich ^efto reifer an SebenSfraft, in je mehr anbern §ersen baS gleiche uroäterliche 33lut fchlug: — bie ganje Berroanbtfdjaft enblich roar ber heilige fleine 33or£)of ju bem grofjen Inbegriff ber SJtenfchheit. 3)ie alten

35 3Sorfal)ren, bie ber Fimmel j$u Sßerfjeugen beftimmt h^tte, ber 13. ^ o a c f iim ^ o n S a n b r a r t , 1606— 1638, beutfdjer ü)laler,~&uprerfted)ev unb 5tunftf)iftori6er. $ a l oon £iecf benutze ffierf erid)ien u n te r bem £ ite l „2)ie beutfdje 2lfabemie ber 33au-, 33itb^auer- unb SDialerfunft" ju N ürnberg 1675— 167!) in jtoei ’-öänben; ^iecC benutze joofyt bie oon 3Jolfmann 1768— 1775 in ad)t Ö anben oeranftaltete 2tu3gabe (9lürn= berg).

(26)

fruchtbaren 9?ad)fomtnenfd)aft baS Seben, unb mittelbar alte ©üter beS SebenS (id) meine ^ugenb unb göttliche ©efinnung) gu fdjenfen, mürben, aus einem frönen, natürlichen Jnftinfte, nid)t anberS als mit banfbarer <Sf;rfurd^t genannt. $er ©oljn Ijordjte in ber Sugenb feinem alten Später roifjbegierig gu, roenn biefer oon feinen ober 5

feine§ SSaterS ©d)icffalen erjagte; er naljm alles eifrig in fein ©ebädjtnis auf, als roären eS roidjtige ©laubenSarttfel, benn aud) er follte baS SBerf beS SebenS burcfjfüljren, baS feine 33orfafjren fdjon io ru[)tnn)ürbig oollenbet fjatten.

®ieS finb bie ©ebanfen, roeldje bei mir auffteigen, roenn idj 10

beS 2llbred)t $ürerS 33erid)t oon feinem Sater unb feinen 23or= fahren lefe, welchen er mit folgenben ©ingangSroorten an^ebt:

Sllbredjt ®ürer ber jüngere Ijab gufammengetragen

aus meines 33aterS ©djriften, oon mannen er fjer fei, roie er {jerfommen unb blieben unb geenbet feliglid): ©ott fei iljm 15 unb uns gnäbig. Simen."

9llSbann ergäf)lt er: feines $aterS SSater, genannt Slntoni ®ürer, fei als Änabe in ein ©täbtlein in Ungarn gefommen gu einem ©olbfdjmieb, unb Ijabe allba baS §anbr»erf erlernt. ®ann habe er fic^ oerl)eiratet mit einer Jungfrauen mit 9?amen ©lifabetE», 20

mit biefer habe er oier Äinber geboren, unb ber erfte ©o§n, 2llbred)t ®ürer, fei fein lieber SSater geroefen, unb fei aud) ein ©olbfcijmieb roorben. $iefer fein lieber 23ater |abe fid) nachher lange Beit in SRieberlanben bei ben großen Zünftlern aufgehalten,

unb im 3ahre 1455 fei er nad) Nürnberg gefommen, gerabe an 25

bemfelben Tage, als SßljiKpp ^trfhaimer auf ber Sßeften ^ochgeit geljalten, unb ein großer Tanj unter ber großen Sinben angeftettt ^eroefen.

®aS ganje 28efen feines SßaterS fpridjt 2llbredjt ®ürer gleid; anfangs gar fräftig unb bünbig in jmeien ©orten aus, roenn er 30

—fagt: er fei geroefen ein fünftlirfjer unb reiner 9Jiann. Unb am Gnbe fügt er folgenbe Büge h^gu, bie uns iljn ganj lebhaft ror 3lugen fc^ilberrt. @S habe fid) berfctbe mit SBeib unb $in= bern »on feiner |>änbe Slrbeit notbürftig ernährt, unb fein geben unter mancherlei 9Jtühe, Anfechtung unb Sefdjtüerben hingebradjt. 35

33ei allen, bie ihn gefannt, hftbe er ein gut Sob gehabt, benn er fei ein gotteSfürchtiger 5Rann geroefen, gebulbig, fanftmütig, ehr= bar, unb immer roll 3)anlbar!eit gegen ©ott. Übrigens fei er

(27)

üon wenig 2Borten geroefen, fjabe aUjeit in ber Stille unb Gin= famfeit fortgelebt, unb fief) gar wenig roeltlidfjer greuben bebient. ©ein fyödjfteS 33egel)ren fei baljin gegangen, feine Äinber gur Csljre ©otteS aufgugieljen, barum fyabe et großen ^letf; auf fie geroanbt, 5 unb täglid) non ber Siebe ©otteS gu il;nen gefprodjen. (ünblicf), in ber ^ranffyeit, ba er feinen !£ob oor SCttgeit gefeljen, Ijabe er fid; roillig breitt gegeben, ^abe feinen Äinbern befohlen göttlid) gu leben, unb fei djriftlid) oerfdtieben, im 1502. Ja^re nor SJiitternadjt nad; ©t. 9JiattfyäuS=Abenb.

1/ ©in fotc^eS ftilleS, abhängiges Seben führen, ba man in feiner ©tunbe »ergibt, baf man nid;ts anberS ift al§ ein Arbeiter ©otteS, bieS f)eifjt ben fidjerften SJöeg gur ©lüdfeligfeit getjn. 28er aber feinen ©ott nereljrt, baS fjeifjt mit anbern SBorten, mer fid) fetber gum ©ott unb Sftegierer beS SBeltallS madjen roiCt, ber

15 befinbet fid) in einer ungliicffeligen SSerrüdung, unb geniest nur

bie traurige, falfdje ©lücffeligfeit eines tE)örid)ten, roaljnfinnigen 33ettlerS, ber fief) ein $aifer in ber $rone bünft.

SJJod) finben roir an bem oben gebauten Orte ein non bem alten ®ürer fyinterlaffeneS 3Sergeirf)ni§ aller feiner $inber, an ber

20 $al)l adjtge^n, roeldje er eigen^änbig, nad) Vornamen unb ttacf) %aa, unb ©tunbe ber ©eburt, in ein eigen 93ucfj forgfältig auf=

gegeidjnet Ijat. Sief er gute ^Bürger unb ©olbfdjmieb gu Nürnberg, ®ürer ber Alte, mag roäfjrenb feines SebenS genrifj oftmals niel= faltige gute ©ebanfen in feinem £opfe |eroorgebrac|t §aben: allein

25 »iel banon aufgufc^reiben ift il;m rool)l nid)t eingefallen, ja es

möchte iljm bieS oielleidjt feltfam »orgefommen fein: roeit natür= lid^er roar eS ifym, über alle $inber, bie ber ^rimmel il;m gefdjjenft l;atte, ein genaues SRegifter gu füljren. Son allen biefen ad;tge§n Äinbem aber gebenfen roir jetjt, nad; ein paar Jaljrljunßerten,

30 feines als nur beS geliebten AlbrecljtS, unb alle übrigen finb ber

SSergeffen^eit übergeben, roooon freilich ber äkter bei ber ©eburt nidjjtS aljnben fonnte, if>n nielme^r, otjne AuSgeidjnung, mit äljn= lid;en 28 orten als bie anbern, alfo auffüljrt:

„Jtem , nadj 6f)rifti ©eburt 1471 Ja ljr, in ber fecfyften 35 ©tunbe am ©anft ^Srubentien £ag, an einem Freitag in ber

ÄreugroocEjen gebar mir meine ^auSfrau Sarbara meinen \ anbern ©ofjn, ber roarb genannt Albredjt nad; mir."

9iad;bem unfer Albredfjt Sürer ber jüngere bieS 9iegifter non aHen feinen ©efdjroiftern aus feines SkterS 23ud) eingerüdt, fo

(28)

fe|t er ^inju: „9iun finb biefe meine ©efdjroifter, meines lieben SSaterS $inber, faft affe geftorben, etlidje in ber Suöen^/ an; bem fo fie ent>ad)fen roaren; nur mir brei 33rüber leben nodj, fo lange ©ott miff, nämlid) id) 2XIbrec^t, beSgleidjen mein 23ruber £>anS unb mein Sruber 2lnbreaS." — ©o lange ©ott miff! @in 5

fdjöner Sßafylfprudj! @in finblidjeS ©efitEjl, baß mir 2>tenfd)en un§ non ©ott, in ben teuren Sanben feiner Siebe fjingenb, fo lange unter ben 23Iumengerüd)en biefer grünen @rbe I)in unb fyer roiegen taffen, als eS iljm gut bünft baß unS bienlid) fei.

3>fym, unferm roerten Sllbrei^t ®iirer, fjat er ein 5 7jäfjrigeS 10

Sllter bienlid) gehalten; babei Ijat er iljm aber aud) gütig ner= liefen, in ber .ftunft ein rueit größerer 3JJann als fein Sater ju

merben. älnfangS lernte biefer ifjn jum ©olbfdjmiebgeroerbe an, unb moffte bie großoäterlidje £unft auf ben ßnfel Derpflanjen. Senn menn in ben norigen $eiten 2)eutfd)lanbS bie .fiunft einmal 15

bem ©tamme eines ©efdjledjtä eingeimpft mar, fo mürben gemeinig= lidj aud) bie nad)fdjießenben Bmeige uerebelt, unb baS 33anb ber Slutsfreunbfdjaft roarb gleidjfam nergolbet burdj biefe erbliche Tugenb ber Äunft, mooon unS mehrere eble Mnftlerfamilien, entfproffen aus ben blüljenben alten ©täbten beS füblidjen $eutfd)= 20

lanbs, ein 23eifpiel abgeben. — ®er junge 2llbred)t übte fidj alfo unter feines 93aterS Slnmeifung in ber ©olbfdjmiebarbeit unb Jam (roie ©anbrart erjäljlt) fo roett, baß er bie fieben gälte beS SeibenS GIjriftt in getriebener Slrbeit uerfertigte. ®atnalS mar eS jebem, ofjne fid) ju befinnen, baS nädjfte unb natürliche, fidj 25

burdj |eilige ©egenftänbe jur Äuttft einjuroei§en, unb für bie erlangte erfte jugenblicfje ©efc^icflic^feit bem §immel burd) eine Sßorftellung, bie iljm rooljlgefällig märe, fid) banfbar ju bemeifen. — ®ürer aber trug innerlich roeit größere Suft jur 9Jlaterei, unb obrool)l ber 23ater il)n gar gern aud) jum ©ofjne feiner Äunft 30

bemalten Ejätte, fo gab er bod) nacfj, unb — fpridjt 3tlbred)t Sürer — „im I486 öttt ©t. 2tnbreaS Tag »erfprac§ micfj mein SSater in bie Sefyrjafjr’ ju SRicfjael 2Bol)lgemutt), brei 3af)r lang iljm ju bienen; in ber 3^it oer!ie£;e mir ©ott gleiß, baß idj'mofyt lernete, aber niel non feinen $ned)ten leiben mußte; unb ba idj 35

auSgebient Ijatte, fdfjidt’ mid) mein SSater fyinroeg, unb blieb id) üier ^al)r außen, bis baß midj mein Ssater mieber forbert." 2>n biefem einfachen Tone jäljtt er bie Umftänbe feines SebenS Ijer: oljne fidj jur Siebten ober Sinfen umjufeljen, geljt er feinen geraben

(29)

2Seg fort, unb tfjut, als wenn alles, was ihm begegnet, fo unb nicht anberS fein müjjte.

feinen ©emälben, Kupferblättern unb .£>olgitidjen, roelche gum großen !Jeil geiftlirfje SSorftellungen enthalten, geigt unfer

5 ®ürer eine treue, banbroerfsinäfune (Sinfigfeit. SaS ©emüt, meines ihm baS ©treben nad) biefer in feinen Sinien auSgefü^rten S3ollen= bung, ba§ man fo offen unb unoerftellt in feinen SBerfen erblicft, einflöfjte, unb welches ihn trieb, ben beften unb richtigften $ro= portionen beS menfcf)Iicl)en Körpers forgfältig nachgufpüren, unb

io fie in einem Suche aufgubewahren, welches nachher in allen Sprachen

überfe^t, allen geidjnenben 33ölfern gum Kanon biente: bieS mar eben baSfelbe ©emüt, welches ihn aud) im Seben unb ^janbeln überall baS S^ed^te unb ©ute fo »erfolgen hiefs- Obgleich aber bie $ofaune ber $ama in ben beften Sänbern (SuropaS (nämlich

15 aufjer bem beutfchen 9ieidje in Italien, ^ranf'reid), Spanien, ■<QoU

lanb unb @nglanb) weit unb breit feinen SZamen auSrief unb tierherrlichte, fo baf; er foroohl »on ben berühmteften -Dealern bamaliger 3eit, als Don Kaifern unb Königen ber größten ©hren genof3, welches feinem SSater, bem ehrlichen ©olbfchmieb, feineS=

20 wegeS begegnet mar; fo widj) ber teure SÖlann bocf) in ber 2lrt gu leben gar nid^t t>on biefem ab, fonbern fe|te ben ^ilgerftab feiner irbifdfjen äöanberfchaft ebenfo Schritt oor Schritt, ftill unb bebädhtig fort, unb mar ein !ünftlid)er unb reiner 5ölann.

SluS folcfjen Seifpielen wirb man erfehen, bafi mo .Sunft unb

25 Steligion fidh oereinigen, aus ihren gufammenfliefjenben Strömen ber fcfjönfte SebenSftrom fich ergiefjt.

So wie aber biefe gwei großen göttlichen Söefen, bie 9teli= gion unb bie Kunft, bie beften ^üljrerinnen be§ SKenfdjen für fein äußeres, wirflidfjeS Seben finb, fo finb auch für ba§ innere,

30 geiftige Seben beS menfchlichen ©ernütS ihre Sdi)ät5e bie aller=

xeid^Ijaltigften unb föftlidhften ^unbgruben ber-©ebanfen unb ©e= fühle, unb es ift mir eine fehr bebeutenbe unb geheimniSoolle SBorftellung, wenn idj) fie groeien magifchen ^ohlfpiegeln oergleidhe, bie mir alle Sin ge ber Sßelt finnbilblid) abfpiegeln, burch 85 beren $auberbilber hinburch idh ben wahren ©eift aller Sin ge

erfennen unb oerftehen lerne.

10. i n e i n e m 9 3 u # e a u f } u 6 e r o a f » r e n , „2)ie oier ^öüd^er »on menfdjlidjer Ißro* povtion" finb 1528 nad) £)iirer§ £obe erfd)ienen. SSgl. 21. o. 3afyn, $ ü re r3 tfunftletyre unb fein $ er$ äitn i§ ju r SRenaiffance. Seipjiij 1866.

(30)

2 . ® inc (E rjnljlung, a u s rin n tt ttalien ifrtjcn öurljc n b tr f jijt.

— Jd) roar auf bem gewohnten ©ange nad) bem 26albe begriffen, unb id) freute mich fdjon im uorauä, baf; nun baS ©e= mälbe ber Zeitigen $amilie collenbet fein mürbe. ©S roar mir »erbriefjlidj, baf} ber Maler fo lange jögerte, baf; er immer nodj 5

nicht meinen bringenben Sitten nachgab, ju enbigen. 2lHe ©e= ftalten, bie mir begegneten, einzelne ©efpräd^e, bie ich unterroegS hörte, nid^tä ging mid) an, benn nidfjt§ banon hatte Sejug auf mein ©emälbe; bie ganje aufjenliegenbe äöelt roar mir jetjt nur ein Anfang, ^öc^ftenS eine ©rflärung gur Äunft, meiner liebften 10

Sefcljäftigung. ©inige alte arme Seute gingen ttorbei, aber e§ roar feiner barunter, ber ju einem Jofepf) getaugt hätte, fein Mäbdjen hatte ©puren »om ©efid)t ber Mabonna, jroei Sllte faijen mic^ an/ fie fid) uid)t unterftänben, ein Sllmofen gu begehren, aber erft lange nachher fiel e§ mir ein, baf} id) fie mit einer 15

^leinigfeit I^ätte frö^Iid^ machen fönnen.

@8 roar ein Weiterer ü£ag, bie ©onne fd)ien in bie $unfel= heit fparfam hinein, nur an einzelnen ©teilen fah id) bie lichte Släue be§ Rimmels. Jd() badete: „D, roie beglüdt ift biefer Maler, ber ^ier in ber ©infamfeit, groif^en fdjönen Reifen, groifc^en hohen 20

Säumen feinen ©eniu§ erroarten barf, bem feine anbre ber flein= licken menfchlidjen Sefdjäftigungen nahe tritt, ber nur feiner Äunft lebt, nur für fie Slug’ unb ©eele tyat. ©r ift ber glücflidjjfte unter ben Menfcfjen, benn bie ©ntgüdungen, bie un§ nur auf 2lugen= blide befugen, finb in feinem fleinen §aufe einheimifdj, bie hohen 25

©ötter fitjen neben if)m, geheimni8reid)e äl^nbung, järtli^e ©r= innerung fpielen unfic£)tbar um ihn, ^auberfräfte lenfen feine §anb, unb unter ihm entfielt bie rounberoolle ©d^öpfung, bie er fcf)on oor^er fennt, befreunbet tritt fie au§ bem ©Ratten heraus, ber

fie unfid)tbar jurüd^ält." 30

Unter biefen ©ebanfen hatte idj mich ^er SBohnung genähert, bie abfeitS im ^otje lag. 3luf einem freien roeiten ^latje ftanb ba§ <£>au§, hohe Reifen erhoben fich hinter feinem 9?üden, oon bem bannen fjerunterraufchten unb fraufeS ©ebüfeh fich i™ SBinbe

oben rührte. 35

1. G in e G r j ä l j l u n g :c. 23on $iecf. 93gl. oben bie E inleitung © .4 ; $Öp!e 1 1 ,242. — S p ä te r in bie U m arbeitung be3 „© tern b alb " (Schriften X V I , 171 ff.) aufgenommen (f. unten). 5)ort w irb fie a ls ©rjäfilung „eines au sw ärtig en ^veunbeS" mitgeteilt.

(31)

3;d) flopfte an bie öütte. Sic beiben Äinber be§ 9Raler3 roaren ju $aufe, er felbft roar nad) ber Stabt gegangen, um ein= jufaufen. 5>d) letzte mid) nieber, ba§ ©emälbe ftanb auf ber (Staffelei, aber es roar ganj nottenbet. Go übertraf meine Gr=

5 roartung, meine 2lugen mürben auf ben fdjönen ©eftalten feft=

gehalten: bie Äinber fpielten um mid) Ejer, aber id) gab nicht fonberlid) ad)t barauf, fie erjagten mir bann non ihrer fürstic^ geftorbenen 9Jlutter, fie roiefen auf bie SDtabonna, ihr fei fie äljn= lid) geroefen, fie glaubten fie nod; cor fid) ju fefjen. „2Bie I;err= io lid) ift biefe SBenbung be§ ^opf§!" rief id) au§, „roie überbaut, roie neu! 2Bie roo|I ift alles angeorbnet! 9lidjt§ ftberflüffigeS, unb bodj, roeldje fyerrlidje gülle!"

$a§ ©emälbe roarb mir immer lieber, id) fal) e§ in ©e= banfen fdjon in meinem Zimmer Rängen, meine entjüdten greunbe

15 banor oerfammelt. Stile übrigen Silber, bie in ber Sftalerftube umljerftanben, roaren in meinen Slugen gegen biefe§ unfdjeinbar, feine ©eftalt roar fo innig befeelt, fo burdj unb burd) mit Seben unb ©eift angefüllt, roie auf ber Tafel, bie idj fdjon afe bie meinige betrachtete. 35ie Äinber befdjauten inbeffen ben fremben

20 9)iann, fie nerrounberten fich über jebe meiner Bewegungen, ^hnen roaren bie ©emälbe, bie garben alltäglich, fie mußten fid) baran nichts ®onber!idje§, aber mein Äteib, mein §ut, biefe ©egenftänbe roaren ihnen bafür befto merfroürbiger.

9tun fam ber 2llte mit einem Sorbe »oll Gfjroaren au§ ber

25 ©tabt, er roar böfe, bafj er bie alte grau au§ bem benachbarten Sorfe noch antraf, bie für ihn unb feine Äinber fod)en mufjte. Gr teilte ben Äinbem einige grüßte au§, er fdjnitt ihnen etroa§ 33rot, unb fie fprangen bamit uor bie Tl)ür hinauf, lärmten unb oerloren fich balb in ba§ ©ebüfdj.

30 „3Sdj freue midj," fing ich an, „bafs $hr ®ilb fertig

gemacht habt. G§ ift über bie 9Jlaf$en roohl geraten, ich roill es noch heute abholen laffen."

®er alte SOJann betrachtete e§ aufmerffam, er fagte mit einem ©eufjer: „$a, e§ ift nun fertig, id) roeifj nicht, roenn ich roieber 85 ein foldje§ roerbe malen fönnen; lafjt eä aber bis morgen ftehn, roenn 3hr n'ir einen ©efaHen thun roollt, baj? id) es bis bahin noch betrachten fann."

^dfj roar ju eifrig, ich wollte e§ burdjauä nodj abholen laffen, ber SOialer mufjte fich enblich barin finben. $ch fing nun an,

(32)

bae ©elb aufjujählen, als ber 9JiaIer plöfclicf) fagte: „^dj ^abe e§ mir feitbem überlegt, ich fann es Gud) unmöglich für benfelben geringen preis taffen, für ben $hr ^a§ le^te befommen habt."

!Jch oerrounberte mid) barüber, ich fragte ihn, marum er bei mir gerabe anfangen motte, feine ©adfjen teurer ju galten, aber 5

er ließ ftd) babtirch nidjt irre machen. fagte, baß itjm ba§ ©ernälbe roal)rfd)einlich fteljn bleiben mürbe, menn er feinem Gigen= finne folgte, ba idj e§ befteUt habe, unb e§ fein anbrer nachher laufen mürbe, mie e§ ifjm fdfjon mit fo mannen gegangen. Gr antmortete aber ganj furj: bie Summe fei fleht, idj mödjte fie 10

Derboppeln, e§ fei nic£)t ju oiel, übrigens möchte idfj ihn nidjt meiter quälen.

Gs uerbrofi mid), baf; ber 3Jia(er gar feine 9tüdfid)t auf meine Ginroenbungen nafjm, idfj »erlief ihn ftitffdjtoeigenb, unb er blieb nad()benfenb auf feinem ©effet oor meinem Silbe fi|en. 3$ 15

begriff e§ nid^t, mie ein 9Jlenfdf), ber oon ber Slrrnut gebrücft fei, fo Ijartnäcfig fein fönnte, roie er in feinem ©tarrfinne fo roeit gehe, baß er t>on feiner Slrbeit feinen 5Ru|en fdfjöpfe.

3jdj) ftric^ im gelbe umher, um meinen SSerbruß über biefen Vorfall ju jerftreuen. 9ll§ idjj fo herumging, ftiejs id; auf eine 20

§erbe ©dfjafe, bie frieblidj im ftitten Sü^ate roeibeie. Gin alter ©d^äfer faß auf einem fleinen |)ügel, in fiel) »erlieft, unb idjj be= merfte, baß er forgfam an einem ©tocfe f^ui^elte. 3ll§ idj näljer trat unb ihn grüßte, falj er auf, roobei er mir feljr freunbtidf) banfte. Sich fragte iljn nadj feiner Strbeit, unb er antroortete 25

täcfjelnb: „©eljt, mein $err, je|t bin ich mit einem fleinen Kunft= ftücfe fertig, rooran ic(j beinahe ein halbes Jyahr ununterbrochen gefdjnitjt habe. G§ fügt fid) roo^l, baf; reidje unb oorneljme §erren fid) meine unbebeutenben ©ad^en gefallen laffen unb fie mir ab=

faufen, um mir mein Seben ju erleichtern, unb beSljalben bin ich 30

auf fotd^e Grfinbungen geraten."

3cfj befalj ben ©tod, als Knopf roar ein ®elpl)in au§= gearbeitet, mit red^t guter Proportion, auf bem ein SJtann faß, ber auf einer ßither fpielte. merfte, baß es ben 2lrion t>or= fteHen folle. 2lin fünftlidjften roar eS, baß ber §ifd) unten, roo 35

er fid; an ben ©tod fdfjtofj, ganj fein abgefonbert roar, es roar ju bemunbern, roie ein ginger bie ©ebulb unb ©efcfjicflidjfeit ju= gleich befeffen habe, bie giguren unb alle Siegungen fo genau ausjuholen, unb boch fo frei unb breift babei ju arbeiten, eS

(33)

riiljrte mid), baj? baö muffelige £unftftüd nur einen $nopf auf einem getuötjntidjen Stocfe bebeuten folfe.

®er alte 9JJann fufjr fort ju erjagen, baf; er unoermutet ein Sieb oon biefem ®elpl)in unb Slrion angetroffen, bao if)tn

5 feitljer immer fo im Sinne gelegen, bafj er bie ©efdjidjte faft tuiber feinen 23itten Ijabe feinigen muffen. „Gs ift redjt munber= bar unb fdjön," fagte er, „rote ber 9Jlann auf ben unruhigen 23ogen fi|t, unb ifjn ber fyil'cf; burd) feinen ©efang fo liebgeminnt, bap er ifyn fogar fieser ans Ufer trägt. Sange Ijabe id) mir ben io £opf barüber jerbrodjen, auf roetdje 23eife idj n>of)[ ba3 9Jteer machen fönnte, fo baf? man audj bie 9iot unb ba§ Gfenb be§

2ftanne§ getoaijr mürbe, aber bergleid;en mar pur unmöglid), roenn id) audj bie See mit Strichen unb Sdjnißen Ijätte amnad)eit motten, fo märe e§ bodj nadjljer nidjt fo fünftlidfj gemefen, mie

15 jefct ber Stod burd) ben feinen Sdjroan^ bee 3?ifdje§ mit bem obern Silbe cerbunben ift."

Gr rief einen jungen Surften, feinen Gnfel, ber mit bem •Öunbe fpiefte, unb befahl itjm bas alte Sieb abjufingen, morauf jener in einer einfachen ÜJBeife biefe 23orte fang:

20 „Slrion fc^ifft auf SJleereäroogen Siacf) feiner teuren §eimat ju, (Sr toirb »om SBinbe fortgejogen Sie See in ftitter, fanfter

9iuh’-Sie Schiffer fteljn »on fern unb flüftern, 25 Ser Sinter fie|t ins! Sltorgenrot,

Sladj feinen golbnen Schäden (iiftern SefdjKefjen fie be3 Siingerä Job.

Slrion rnerft bie ftilte SEücfe, ©r bietet ihnen all’ fein @otb, so ©r ftagt unb feufjt, bafi feinem ©lüde

SasS Schicffal nicht roie uorbem ^olb. Sie aber haben es Befdjtoffen, 9lur Job giebt ihnen Sicherheit, §iitab ins 9JJeer roirb er geftofsen, 85 Sd)on finb fie mit bem Schiffe roeit.

20. 2l r i o n w a r ein SiebtingStfjema ber 9iom an tifer; »gl. 2t. 2B. Sc§leget3 befannte 23aUabe unb unten ben „© ternbalb".

(34)

©r §at bie Seier nur gerettet, ©ie fdjroebt in feiner fdjönen §anb, gn äJieereäfluten Eingebettet Qft greube oon ifjtn abgeroanbt.

Sodj greift er in bie golbnen ©aiten Safj (aut bie Sßölbung toieberflingt, ©tatt mit ben Sßogen roilb ju ftreiten ©r fanft bie jarten Söne fingt:

Mnge ©aitenfpiel, 3n ber gtut SBädjft mein SJlut,

©terb’ ich gleich, »erfef)t id) nicht mein Qtel. Unoerbroffen

fiontm’ id), Sob, Sein ©ebot

©djredt mid) nicht, mein Seben roarb genoffen. 2M(e hebt

■Kid) im Schimmer, Söatb ben ©djnnmmer ©ie in tiefer, naffer glut begräbt.

©3 ftang baS Sieb burch a^e Siefen, Sie SBogen mürben fanft beroegt,

3lbgrunb§ Sdjlüften, mo fie fchliefen, Sie ©eegetiere aufgeregt.

2tu§ allen Siefen blaue SBmtber, Sie hüpfenb um ben ©änger stehn, Sie 3fteere§flädje meit hinunter Sefdjnrimmen bie Sritonen grün.

Sie äßelten tanjen, gifdje fpringeit, ©eit $enu§ au§ ben gluten tarn, 2Jian biefeä 3aud)}en, SBonneüingen 3in 2Äeere3»eften nicht Bernahm.

Slrion fieht mit trunfnen Süden Sautfingenb in baä ©eegeroühl, ©r fährt auf eine§ Selphinä SRüden, «Schlägt lächelnb noch fein ©aitenfpiel.

Seö gifdjerä ©inn jutn Sienft gelungen, ©r naht fid) fcf)on ber gelfenbant,

@r lanbet, hat ben gel§ errungen Unb fingt bem gährmann feinen San!.

10 15 20 25 30 35

(35)

2lnt Ufer Intet er, feanü ben ©öttern, Sap er entrann bern naffen $ob. Ser ©änger triumphiert in SBettern SBesroingt i^n nic|t ©efafjr, ntc|t 3tot."

5 Ser $nabe fang ba§ Sieb mit einem feljr einfachen 2tuS=

brude, inbem er ftets bie funftreidhe Strbeit feines ©rofjoaterS betrachtete, 3$ fragte ben Wirten, roietriel er für fein SCunftftücf

»erlange, unb ber geringe ^rei§, ben er forberte, fe|te mich in Grftaunen. $(f) 9«b ihm mehr als er wollte, unb er mar aufjer io fid) oor ^reuben; aber nodj einmal nahm er mir ben ©tod au§ ber £anb unb betrachtete iljn genau. @r meinte faft, inbem er fagte: „igdj ^abe fo lange an biefer $igur gefd§ni|t, unb mufi fie nun in frembe §änbe geben, e§ ift trietteidjt meine Ie|te Slrbeit, benn id) bin alt, unb bie Ringer fangen mir an gu gittern, id;

15 fann nichts fo $ünftlidje§ wieber ju ftanbe bringen. ©o lange

ich m barauf geübt habe, finb oiele ©adjen non mir gefdjnitten, aber noch nidf)t3 habe idfj bisher mit biefem ©ifer getrieben; e§ ift mein beftes 2öerf."

@r rührte mich, idfj na^m Slbfcfjieb unb begab mid; auf ben

20 28eg jur ©tabt. $e näher ich ^em ^hore ^am/ ie M mir auf, je wunberlidjer fam ich m'r ÜOr/ bafj ich einem fo langen ©tabe einherfcfjritt. 3$ bachte baran, wie e§ allen @in= mohnern ber ©tabt, allen meinen Sefannten auffallen müffe, wenn ic| wit betrt langen ^olje burdj bie ©affen jöge, an bem oben

25 ein grofjeä fdjwereS 93ilb fich geigte. $em ift leicht norjubeugen, bachte ich bei mir felber, unb fdfjon h“tte ich weine $auft an= gelegt, ben bunten $nopf herunterjubrechen, um il;n in bie ;Tafche §u fted'en, unb ben übrigen Steil be§ ©todS bann im $elbe fort= ^uwerfen.

so $cfj hielt roieber'ein. „2ßie oiele mühecolle ©tunben," fagte id), „hcift bu, 2llter, barauf nerwanbt, um ben fünftlidhen $ifcf) mit bem ©tode jufammenjuhängen, bir märe e§ leichter gewefen, ihn für fich Su fdjneiben, unb roie graufam mü^te es bir bünfen, bafs id; jetjt au§ falfcher ©d)am bie fchwerfte 2tufgabe beineS

35 mithfeligen SBerfS burcf)au§ üernidjten w ill."

$d) roarf mir meine Barbarei nor, unb mar mit biefen ©e= banfen fchon in§ £f)or grfommen, ohne e§ ju bemerfen. @S ängftete mich Sar ^af5 Seute mich aufmerffam betrachteten, wohlbehalten unb unnerle^t fe|te ich in meinem .Qimmer ben ©tod

(36)

unter anbern SUmftfadjcn nieber. ®ie Arbeit naijm fief; jroar nun nid^t metjr fo gut au§ als im freien $elbe, aber innigft rührte midfj immer nod) ber unermüblid)e ^leif;, biefe Siebe, bie fief) bem leblofen .öotje, ber unbanfbaren Materie fo »tele Sage I)inburd)

angefchloffert hatte. 5

Jnbem tcfj bas 2öerf noch betrachtete, fiel mir ber Maler roieber in bie ©ebanfen. Gs gereuete mid; nun recht her^lidj, baf; ich f° unfreunblidf) »on ihm gegangen roar. Jh m roar bie 33il= bung feiner $anb unb feiner -}>f)antafie aud) fo befreunbet, bie er nun für eine 9ticht3roürbigfeit einem $remben auf immer über= xo laffen follte. Jdh fdjämte mich, ju ihm ju gehn unb meine Steue ju befennen, aber ba ftanben bie ©eftalten ber armen iÜnber oor meinen Augen, ich fah ^ie biirftige 2Sohnung, ben befümmerten Zünftler, ber, non ber ganzen 2BeIt oertaffen, bie Säume unb benachbarten Reifen als feine ^reunbe anrebete. „Armer Gor= 15

reggio!" feufjte id) laut, „auch kein SebenSroanbel ging oerloren, rote magft bu bidj nad) einem greunbe gefehnt haben! Söie ein= fam ift ber Zünftler, ben man nur roie eine fchätjbare Mafd)ine behanbelt, bie bie ^unftroerfe Ijeroorgiebt, bie roir lieben, ben Urheber felbft aber oernadjläifigen. Gs ift ein gemeiner, oer= 20

bammlidjer Gigennufc."

Jcfj fdjalt meine ©djam, bie mich an ^em ^ a0e faft §roei= mal jum Sarbaren gemalt hatte; nod) oor Sonnenuntergang ging ich nad) bem iJßalbe hinaus. Als id) oor bem §aufe ftanb, hörte idj ben Alten brinnen mutieren; es roar eine wehmütige Melobie, 25

bie er fpielte, er fang baju:

„35on alter SBelt »erlaffen, SSift bu 9Jiabonna nah',

Sffienn SJlenfcf) unb äßelt mich Raffen,

©tehft bu mir freunblid) ba, 30

@0 bin ich nidit oerfaffen,

Sßenn ich bein 2luge fah-"

Mein ^»erj flopfte, ich rif; bie Sf)“ 1' auf, unb fanb ihn oor feinem ©emälbe fitsen. Jd) fiel ihm roeinenb um ben §al§, unb er muffte erft nicht, roa§ er au§ mir machen follte. „Mein ftei= 35

neme§ £ers," rief ich au§/ /M* M erweicht, oerjeiljt mir ba§ Unrecht, bas id) Glich heute Morgen that."

Cytaty

Powiązane dokumenty

These res- ults comprise new theoretical developments linking in-situ stress to dispersive seismic wave propagation in a transversely isotropic medium, evidence of a contrasting

podstawy etyki&#34;, Tadeusz Biesaga, Lublin 1989 : [recenzja]. Studia Philosophiae Christianae

treter einer ber int § 12 genannten ©efeltfctjaften ober ©enoffenfcgaften finb, bie fich im guftanbe ber gatjtunggunfäfjigfeit befinben. 91I§ gafjtunggunfäljig int

Iloœæ powstaj¹- cych wêz³ów sieci okreœlonego typu zale¿na jest od rodzaju kauczuku EP(D)M, iloœci i rodzaju nadtlenku, iloœci i rodzaju koagenta, a tak¿e od innych

1. auf ber Ehauffee nach dteuböfen, m it SOtareefe II. ¿u bejeichnen — bie Sefturanten aus ber Drtfd;aft SERareefe für ben ©ertet;r in ber ^Richtung nach

(Ein rounberbares lieben.. € rft auf ber © ru n b lag e einer SDeltanJdiauung, bie ber Qlrbeit ein tiefes ©tfjos ^ugrunbe legt, in nerhalb ber nationalfogialiftijdien

Autor niniejszego opracowania ani Biuro Maklerskie PKO Banku Polskiego lub jakiekolwiek osoby reprezentujące Biuro Maklerskie PKO Banku Polskiego nie ponoszą

Innym dyżur- nym tematem prasowym są coroczne wyniki badań czytelnictwa pokazujące bardzo mizerne miejsce Polski w rankingu europejskim i kurczenie się grupy osób mających