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Dorota Wesołowska

Zur argumentativen

Themenentfaltung in der Textsorte

politischer Zeitungskommentar

Acta Universitatis Lodziensis. Folia Germanica 5, 39-47

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F O L I A G E R M A N I C A 5 , 2 0 0 9

D o ro ta W esołowska*

ZUR ARGUMENTATIVEN THEMENENTFALTUNG IN DER TEXTSORTE POLITISCHER ZEITUNGSKOMMENTAR

1 . G R U N D B E G R I F F E D E R A R G U M E N T A T I O N S T H E O R I E

Im vorliegenden Beitrag geht es in erster Linie nicht darum , den ter­ minologischen Stand der Argumentationstheorie zu skizzieren, sondern darum die G rundbegriffe der argum entationstheoretischen L iteratur zu nennen und sie zu definieren, was bei zahlreichen Vorschlägen zur Charakterisierung und Abgrenzung des Them as nicht einfach ist. Bei der Begriffsbestimmung wird Bezug genommen auf solche Arbeiten wie Völzing (1979) und Klein (1980, 1987). Die G rundform der Argumentation ist ein Schlussverfahren, in dem die W ahrheit der Folgerung zwingend aus der sprachlichen Form und W ahrheit der Argumente abgeleitet wird. D urch die A rgum entation soll beim Adressaten die Erkenntnis oder der begründete G laube erzeugt werden, dass die These w ahr oder akzeptabel ist (Lum er 1990, S. 43). In jeder argum entativen Situation muss es prinzipiell minimal 2 K ategorien geben: 1. die K ategorie des Strittigen, w orüber Dissens herrscht, 2. alles, was als M ittel zur Beseitigung der Strittigkeit eingesetzt wird. W enn etwas nicht geteilt wird, gilt als strittig und muss vom kollektiv Fraglichen auf dem argum entativen Wege ins kollektiv Geltende überführt werden (vgl. Klein 1980). Die Strittigkeit ist das entscheidende pragm atische K riterium für die Bestimmung von A rgum entation. In der A rgum entationstheorie geht es um die Strittigkeit dessen, was Geltungsansprüche hat (vgl. H aberm as 1971, S. 117). Es kann nach Nussbaum er (1991, S. 209) sein: 1. der m it einer Tatsachen - Behauptung erhobene W ahrheitsanspruch, 2. der m it einer W ertung erhobene A nspruch auf Allgemeinverbindlichkeit, 3. der m it einer H andlung erhobene Anspruch au f Gerechfertigkeit, 4. der m it einer Auffor­ derung zu einer H andlung erhobene Anspruch a u f Richtigkeit solchen Tuns. A usgangspunkt für die A rgum entation ist die Problem atisierung eines

Sach-* D r . D o r o t a W e s o ł o w s k a , L e h r s t u h l f ü r d e u t s c h e u n d a n g e w a n d t e S p r a c h w i s s e n s c h a f t , U n i v e r s i t ä t Ł ó d ź .

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Verhalts. D as Einschätzen und Antizipieren eines erhobenen G eltungsan­ spruchs als strittig führt zum argum entativen H andeln, m it dem m an einen vorhandenen Dissens aufheben will. Es handelt sich nicht um entgegen gesetzte Behauptungen und W idersprüche, deren W ahrheitsanspruch einzulö­ sen ist (vgl. K opperschm idt 1973). Die A rgum entation zielt eher darauf ab, problematisierte Geltungsansprüche so durchzusetzen, dass sie für den K om ­ m unikationspartner als konsensfähig deutlich gemacht werden. Es ist ein Verfahren, m it dessen Hilfe Aussagen, die unsicher sind, durch andere Aussagen, die sicher sind, G laubwürdigkeit verschafft wird - konstatiert K opperschm idt (1973). Sie bedeutet einen Versuch, andere m it sprachlichen und nicht sprachlichen M itteln dazu zu bringen, die eigene Perspektive auf einen in Frage stehenden Sachverhalt zu verändern. D adurch wird eine neue gesellschaftliche W ahrheit geschaffen (vgl. H aberm as 1973). D en Prozess der Ü berführung einer Situation der Strittigkeit in eine Situation des Konsens nennt m an Persuasion, Überzeugen. N ach K opperschm idt (1973) stellt die persuasive K om m unikation eine sprachlich vermittelte und argumentativ bestimmte F orm der Zielrealisation dar. Will m an jem anden überzeugen, erhebt sich sofort die Frage, was m an bei den Textrezipienten beeinflussen will- ihre Einstellung oder noch ihr Verhalten.

2 . A R G U M E N T A T I O N S M O D E L L V O N T O U L M I N V S . F O L G E R I C H T I G K E I T D E R A R G U M E N T A T I V E N T E X T E

Die logisch-semantische Struktur von A rgum entation lässt sich am Modell darstellen, das Toulm in (1975) entwickelt hat und das sowohl Erweiterungen (Völzing 1979) als auch Abwandlungen (Brinker 1992) erfahren hat. Das Schema, a u f dem das Argumentieren basiert, bildet eine Sequenz von Daten (Argumenten) und Thesen. D as prim äre Ziel der A rgum entation besteht darin, den Textrezipienten mit rationalen G ründen von der A kzeptabilität der These zu überzeugen. D er Textproduzent begründet eine Behauptung, These, die das Textthem a repräsentiert, durch das Vorbringen von A r­ gumenten. Als Argum ente können die Aussagen gelten, die in einem kon­ kreten Text von seinem Produzenten als Tatsachenfeststellungen angeführt werden. D as sind die unmittelbaren partikulären Stützen für die Behauptung. Argumente sind m ehr oder weniger adressatenspezifisch. In Argumentationen werden im m er bestimmte Vorwegnahmen der Wünsche, Meinungen und Gefühle des anderen verwertet. A rgumente rechnen tendenziell m it dem potentiellen Rezipienten. Die A rt der Begründung ist völlig an der Erw ar­ tungshaltung des Rezipienten orientiert. Die Entscheidung, ob der Text­ rezipient das argum entative Angebot akzeptiert oder nicht, trifft er durch Schlussfolgerungen. Die Schlussregel ist eine allgemeine hypothetische A us­

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sage, die die Form hat: Wenn D, dann T. D ie A ngabe einer Schlussregel legitimiert den Schritt von bestimmten Tatsachen zur Konklusion. Klein (1987) verwendet in diesem Zusamm enhang die Bezeichnung regelhafte Beziehung, die sich in F orm von K onditionalen darstellen lässt. Regelhafte Beziehungen, die A rgum entationen zugrunde liegen, gelten aus naturgesetz­ lich-empirischen G ründen ausnahmslos. Sie bleiben meistens in Texten als Präsuppositionen und dam it als ungesagte Selbstverständlichkeit. Die Zuläs­ sigkeit der Schlussregel erweist der Textproduzent durch eine Stützung. Die K ategorie Stützung umfasst alle F akten oder Gesetzmäßigkeiten, m it deren Hilfe die Schlussregel unterstützt werden kann. Sie kann als eine kategorische Tatsachenaussage formuliert werden. M it der K ategorie Ausnahmebedingung werden U m stände genannt, die die These relativieren können. Die M odalo­ peratoren drücken den G rad der Stärke aus, den die D aten der Konklusion aufgrund der Schlussregel verleihen. D ie Zielrichtung des Schlussprozesses in argum entativen Texten ist jedoch etwas anders als in Toulm ins Modell. In der im Text aufgebauten A rgumentation geht das Strittige voraus, um dessen willen argum entiert wird. Im Anschluss an eine Feststellung oder Behauptung werden bestimmte D aten im Sinne einer Begründung oder Rechtfertigung genannt, die durch Inform ationshandlungen vom Typ Fest-

steilen, Mitteilen, Behaupten realisiert werden (vgl. Rosengren 1987). Der

argum entative C harakter von Texten resultiert aus illokutiven Beziehungen des Begründens und Folgerns. Argumentative Texte folgen also einem Beweisgang, der darin besteht, dass Sätze als A rgum ente vorgeführt werden, auf die m an sich als unmittelbare Belege für die aufgestellte K onklusion berufen kann. Die K onklusion wird nicht immer explizit gegeben, sondern dem Textrezipienten überlassen. D er Textrezipient ist durch das argumen­ tative Schema so beeinflusst, dass er die tendierten K onklusionen als offen­ sichtlich betrachtet. Eine Argum entation, bei der der m it einer Tatsachen­ behauptung erhobene W ahrheitsanspruch das Strittige darstellt, besteht aus einzelnen Illokutionen, die von ihrem kategorialen Status her fast immer Aussagen sind. In der Sprechaktklassifikation heißen Aussagen gewöhnlich Assertiva (vgl. Searle 1971). Nach M otsch (1987) ist das gemeinsame M erk­ mal von Aussagen, dass der Sprecher die Proposition p, die er aussagt, für w ahr oder richtig hält und dass er m it dem Ä ußern dieser Proposition

p m öchte, dass der Textrezipient die gleiche Einstellung zu dieser Proposition

hat. F ü r eine erfolgreiche K ommunikation ist es nun wichtig, dass der Textrezipient erkennt, welchen Status der Textproduzent seinen Aussagen beimisst. N ur dann können die Argumente, die dem Textrezipienten als propositionale Gehalte der Illokutionen überm ittelt werden, für ihn evidente G ründe sein, etwas zu glauben. Wenn der argum entative Text seinen kom­ m unikativen Zweck der Persuasion erreichen will, muss er dieser Intention auch in der sprachlichen Gestaltung entsprechen. Die Zuordnung einzelner

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Textsegmente zu den K ategorien des A rgum entationsschem as erlaubt die determinative Bezogenheit der konstitutiven Teilillokutionen aufzuzeigen, aber sie kann nicht mechanisch erfolgen. Ih r muss eine Analyse des Textes vorausgehen, die sowohl semantische Beschreibungsebene als auch prag­ matischen A spekt mitberücksichtigt, was auch m it der exemplarischen A na­ lyse eines K om m entartextes nachgewiesen wird.

D er deutsche K om m entartext ist in der „Frankfurter Rundschau“ in 1993 erschienen und ist ein Bestandteil eine größeren Textkorpus (vgl. Wesołowska 2001). Er trägt den Titel Einer kam nicht zum Schw of im Kreml - Hausherr

Jelzin. Russlands Demokraten feierten unter dem Doppeladler und wussten nicht, dass sie die Wahl verloren haben. M akrostrukturell dom iniert in dem

analysierten K om m entartext ein argum entativer Textaufbau, obwohl m an auch zahlreiche Textstellen findet, wo die deskriptive Form der Themenentfal­ tung charakteristisch ist. Es lässt sich dadurch erklären, dass die eigentliche Texteinleitung von K om m entartexten formal der Einführung in den thematis­ chen Zusam m enhang dient. Die grundlegenden them atischen K ategorien der deskriptiven Them enentfaltung sind die Situierung und Spezifizierung. Der Textrezipient bekommt zunächst m it detaillierten Raum - und Zeitangaben die Ausgangsposition konkret dargelegt. M it der Texteinleitung wird ein unmittel­ barer Situationsbezug hergestellt. Im analysierten K om m entartext wird darauf referiert, ob und wie die Russen die ersten demokratischen Parlamentswahlen feiern. Solche deskriptiven Stellen in argum entativ strukturierten Texten, die dazu dienen Thesen und Argumente in einen bestimmten K ontext einzuord­ nen, werden im Anschluss an Brinker (1992, S. 80) die Einbettung genannt. M it der Texteinleitung verfolgt der K om m entator das Ziel, die Diskrepanz zwischen den an die Parlamentswahlen gestellten Erw artungen und der W irklichkeit zu betonen. Sie wird schon im U ntertitel des K om m entars angedeutet und im Textverlauf explizit ausgedrückt:

(1) Russlands Demokraten feierten unter dem Doppeladler und wussten nicht, dass sie die Wahl verloren haben. [...] Die sicher geglaubte Mehrheit kam nicht zustande.

Im argum entativen Vorgehen werden Ursachen für diese politisch prekäre Lage analysiert. Vom K om m entator wird bezweifelt, ob der russische P rä­ sident in der T at ein m ächtiger Politiker ist. Die H auptthese wird folgender- m aen formuliert:

(2) Doch Jelzin ist politisch angeschlagen.

D adurch wird der A nspruch auf die Allgemeinverbindlichkeit der explizit ausgedrückten W ertung erhoben. Im Verlauf des Textes ist der K om mentator bestrebt, hinsichtlich der Gültigkeit der gegebenen Aussage eine

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Überein-Stimmung zu erreichen. Die These steht im deutlichen W iderspruch zu der vorausgehenden Textpassage, die die Vollmachten des russischen Präsidenten zum A usdruck bringt:

(3) Der Präsident hat mit der neuen Verfassung bekommen, was er wollte. Seine Vollmachten werden erweitert. Er bleibt für die Regierungspolitik zuständig, kann die Außenpolitik bestimmen und die Armee kommandieren. Fürderhin ist er der starke Mann in Moskau.

F ü r diesen Textabschnitt ist der G ebrauch der argum entativen Partikel doch kennzeichnend (vgl. Beispiel 2), die auf eine eingehende Analyse der politi­ schen Szene hindeutet. Sie betont den argum entativen C harakter der Ä ußerung m it der tadelnden Ablehnung der früher referierten Behauptungen. Nach Engel (1988, S. 742) signalisiert doch einen Gegensatz zwischen zwei Sachverhalten. D ie N ennung der Argumente ist mit der für eine Diskussion typischen Form el: Das mag form al zwar stimmen eingeleitet. Das Modalverb

mögen drückt hier eine Einräum ung aus (vgl. Duden 1984, S. 105). Somit

wird ein Streitgespräch m it einem imaginären D iskussionspartner stimuliert. D er K om m entator lässt deutlich erkennen, dass die A rgum entation hierar­ chisch aufgebaut wird. Als Argumente werden solche Sachverhalte expliziert, die m it der These regelhaft verbunden sind. Die A rgum ente gruppieren sich einerseits um das vom K om m entator referierte Geschehen, andererseits um dessen absehbare Folgen. Die Hauptargum entationslinie richtet sich gegen die Reform er, die in den Parlamentswahlen verloren haben:

(4) Doch die Parlamentswahl geriet zu einem Fiasko für die aufgesplitterten Reform­ blöcke.

Die Niederlage der Reform er bedeutet für Jelzin Verlust der politischen U nterstützung. So lässt sich die Schlussregel paraphrasieren, m it der ein inhaltlicher Zusamm enhang zwischen zwei Sachverhalten (Beispiele 3, 4) erfasst wird. D er Vergleich der vorläufigen Wahlergebnisse m it W ahlprog­ nosen verleiht dem Argument die Glaubwürdigkeit. Die Zahlen sind ein Wahrheitsnachweis:

(5) Der führende Reformblock „Russlands Wahl“, der sich noch in der vergangenen Woche 30 Prozent zutraute, wurde am Montag bei 12 Prozent vermutet, etwa gleichauf mit der kommunistischen Partei.

Das H auptargum ent wird in seiner Aussagekraft durch ein weiteres A r­ gument unterstützt, indem vom K om m entator auf den unerwarteten Sieg der rechtsradikalen L D PR hingedeutet wird, was die idiomatische Wendung

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(6) Wie ein Geist aus der Flasche entstieg den Wahlen ein Mann und feierte Triumph Wladimir Wolfowitsch Schirinowskij.

Die Niederlage der Reform er und der unerwartete Sieg der rechtsradikalen K räfte sind für den Textproduzenten ein direkter Anlass geworden, über eine negative Tendenz in der Entwicklung russischen D em okratie zu pro­ gnostizieren:

(7) Nun aber dürften im Parlament erneut Regierungsgegner die Mehrheit haben. M it dieser Prognose wird der W ahrheitsanspruch durchgesetzt, dass der Sieg der rechtsradikalen Partei m it Schirinowskij an der Spitze eine G efahr für die Reformbewegung bedeutet. Die zweite These zeichnet sich durch ihren prognostischen C harakter aus, was an ihrer S truktur zu erkennen ist. Das M odalverb dürfen im K onjunktiv II drückt unsichere V erm utung aus (vgl. Engel 1988, S. 475). D ie Partikel aber zeigt an, dass in der betreffenden Äuerung die argum entative Gegenposition zur direkten vorausgehenden Ä uerung vertreten wird (vgl. Engel 1988, S. 89). N icht ohne Bedeutung ist die Verwendung der Partikel nun. N ach Engel (1988, S. 91) gehört sie zur Klasse der Rangierpartikeln. Als Element dieser Klasse kennzeichnet nun den Beginn eines neuen A rgumentationsstranges, einer neuen Gedankenfolge. Es wird für den W ahrheitsgehalt der These argum entiert, indem Fakten geliefert werden, die diese Befürchtung um die Zukunft der Reformen rechtfertigen. In Argumenten werden mögliche Bündnisse in Betracht gezogen, die den Demo­ kraten erlauben würden, ihr Reform program m zu realisieren:

(8) In der Duma freilich sieht sich das Reformlager vor Alternative bei der К P oder LDPR anklopfen zu müssen, um Gesetzentwürfe durchzubringen.

Engel (1988, S. 472) charakterisiert die Bedeutung des M odalverbs müssen als starke Verm utung des Sprechers au f G rund objektiver Gegebenheiten. Die m it dem M odalverb ausgedrückte V ermutung wird durch den G ebrauch der Partikel freilich relativiert. M it freilich wird signalisiert, dass es Umstände gibt, die A rgum ente in ihrer Q ualität, AJczeptabilität schwächen. Die N om i­ nalgruppe sich vor Alternative sehen, die eine argum entative Behauptung indiziert, signalisiert gleichzeitig den G rad der W ahrscheinlichkeit, m it der die genannte K oalition zustande kommt. Völlig ausgeschlossen scheint die Zusam m enarbeit der D em okraten m it Nationalisten:

(9) „Ich werde nie einem Faschisten Hand geben“, erklärte Privatisierungsminister und Vizepremier Anatolij Tschubais vom unterlegenen Reformblock „Russlands Wahl“ , und ich werde nicht mit einem Faschisten in einer Regierung Zusam­ menarbeiten.

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Aus dem R epertoire der sprachlichen M ittel wählt der K om m entator die Negation. In diesem Falle spricht Engel (1988, S. 789) vom Bestreiten, Verneinen. M it der Verneinung wird ein Sachverhalt in A brede gestellt und das Gegenteil behauptet. Die Verweigerung der Zusam m enarbeit wird m it verschiedener emotionaler Intensität ausgedrückt (negiertes Substantiv - keine

Bereitschaft, negiertes Verb - nicht Zusammenarbeiten, negierte phraseologische

W endung - nie H and geben). Sie resultiert aus der negativen Bewertung Schirinowskijs, der als Koalitionspartner die gesetzten M aßstäbe nicht erfüllt. Aus diesem G runde lehnen auch die K om m unisten die M öglichkeit ab, m it der Partei Schirinowskijs eine K oalition zu bilden:

(10) Zwar gebe es in der LDPR eine Reihe von Politikern, mit denen man Zusam ­

menarbeiten könne. Doch bestehe bei den russischen Kommunisten „keine Bereitschaft zu Militärmärschen nach Süden und nach Norden.“

In diesem K ontext ist die Verwendung der einräumenden K onstruktion

zwar ... doch maßgebend. D er m it dem K onjunktor zwar signalisierte Gegen­

satz erweist sich als abgeschwächt. Die M inderung des Gegensatzes wird durch die Partikel doch betont. Es wird auf das Program m von Schirinowskij referiert:

(11) ...stellte Schirinowskij sein Expansionsprogramm vor: Zuerst solle die Hilfe an alle Regionen eingestellt werden, womit die anderen ehemaligen Republiken gemeint sind, Möglich sei, dass sich die russischen Grenzen „weiter weg bewe­ gen“ bis zu den Grenzen des ehemaligen Russlands.

Es kom m t hier nicht auf eine politische Auseinandersetzung an, sondern vielmehr darauf, Schirinowskij in einem K ontext darzustellen, der A nhalts­ punkte für pejorative K onnotationen schafft. Eine eingehende Analyse des Programm s von Schirinowskij lässt ihn als Bedrohung für die Weiterentwic­ klung der D em okratie wahrnehmen. Die Berufung au f höhere Werte erweist sich als ein wichtiges M uster der politischen Argum entation. Brinker (1992) verwendet in diesem Zusamm enhang die Bezeichnung W ertbasis. D er A r­ gumentationslogik liegt das vom Textrezipienten geteilte gemeinsame N or­ mensystem zugrunde, das an die G rundwerte appelliert und eine moralische Basis der Bewertungen konstituiert. M it der Verwendung der direkten und indirekten Rede (Beispiele 9, 10, 11) bem üht sich der K om m entator in den H intergrund zu stellen. Er tritt nicht als subjektiv wertendes Individuum, sondern übernim m t die Rolle der vermittelnden Instanz (vgl. Heidolph, Flämig, M otsch 1981, S. 524). Die indirekte und direkte Rede gehören zu solchen M itteln, die eine allgemeine Gültigkeit betonen. D adurch wirkt das A rgum ent stärker au f die Textrezipienten. D er Schein der Selbstverständ­ lichkeit soll das Interesse der Textrezipienten wecken und bei ihnen die

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Zustim m ungsbereitschaft auslösen. D er typische sprachliche Index für die indirekte Text Wiedergabe ist der K onjunktiv. D er Wechsel zwischen dem K onjunktiv und Indikativ signalisiert die Absicht des K om m entators, den

nicht verbürgten C harakter der A ussage zu unter­

streichen. Eine ähnliche W irkung wird durch Zitate erzielt. Die Kenzeichnung von W örtern durch die Anführungszeichen ermöglicht es, eine Bewertung des Sachverhalts auszudrücken und gewisse D istanzhaltung zu bewahren. A n einer exemplarischen Textanalyse wurde gezeigt, was das Toulminsche A rgum entationsschem a als Analyseinstrument für die in Texten vorkom ­ m ende A rgum entation leistet, ob und inwieweit es erlaubt, A rgumente in ihrer K om plexität zu beschreiben. Argumentieren in Texten wird mittels m ehrerer A rgum entationsschritte vollzogen, die aus explizierbaren Teilen Argum ent, K onklusion und Schlussregel bestehen. Interessant ist zu zeigen, wie die jeweils gewählte sprachliche Realisierung die argum entative Funktion von Äußerungen abhängig macht.

L I T E R A T U R V E R Z E I C H N I S B r i n k e r K . ( 1 9 9 2 ) , L in g u i s t i s c h e T e x t a n a l y s e . E i n e E i n f ü h r u n g in G r u n d b e g r i f f e u n d M e t h o d e n , B e r l i n , N e w Y o r k . D u d e n (1 9 8 4 ) , G r a m m a t i k d e r d e u t s c h e n G e g e n w a r ts s p r a c h e , M a n n h e i m . E n g e l U . ( 1 9 8 8 ) , D e u t s c h e G r a m m a t i k , H e i d e l b e r g . H a b e r m a s J . (1 9 7 1 ) , V o r b e r e it e n d e B e m e r k u n g e n z u e i n e r T h e o r i e e i n e r k o m m u n i k a t i v e n K o m ­ p e t e n z . I n : H a b e r m a s J . , L u h m a n n N . , T h e o r i e d e r G e s e l ls c h a f t o d e r S o z i a l t e c h n o l o g i e , F r a n k f u r t , S . 1 0 1 - 1 4 1 . H a b e r m a s J . (1 9 7 3 ) , W a h r h e it s t h e o r i e n , l n : F a h r e n b a c h H . ( H r s g . ) , W i r k l i c h k e i t u n d R e f l e x i o n . W a l t e r S c h u h z u m 6 0 . G e b u r t s t a g , P f u l l i n g e n , S . 2 1 1 - 2 6 1 . H e i d o l p h K . , F l ä m i g W . , M o t s c h W . ( 1 9 8 1 ) , G r u n d z ü g e e i n e r d e u t s c h e n G r a m m a t i k , B e r l i n . K l e i n J . ( 1 9 8 7 ) , D i e k o n k l u s i v e n S p r e c h h a n d lu n g e n . S t u d i e n z u r P r a g m a t i k , S e m a n t i k , S y n t a x u n d L e x i k v o n B e g r ü n d e n , E r k l ä r e n - W a r u m , F o l g e r n u n d R e c h t f e r t i g e n , T ü b i n g e n . K l e i n W . ( 1 9 8 0 ) , A r g u m e n t a t i o n u n d A r g u m e n t . I n : Z e i t s c h r i f t J u r L it e r a t u r w i s s e n s c h a f t u n d L i n g u i s t i k , B d . 3 8 / 3 9 , S . 9 - 5 7 . K o p p e r s c h m i d t J . ( 1 9 7 3 ) , A l l g e m e i n e R h e t o r i k , S t u t t g a r t . L u m e r C h . ( 1 9 9 0 ) , P r a k t i s c h e A r g u m e n t a t i o n s t h e o r i e : t h e o r e t i s c h e G r u n d l a g e n , p r a k t i s c h e B e - g r ü n d u n g u n d R e g e l n w ic h t ig e r A r g u m e n t a t i o n s a r t e n , W i e s b a d e n . M o t s c h W . ( 1 9 8 7 ) , Z u r I l l o k u t i o n s s t r u k t u r v o n F e s t s t e l l u n g s t e x t e n . I n : Z e i t s c h r i f t J u r P h o n e t i k , S p r a c h w i s s e n s c h a f t u n d K o m m u n i k a t i o n s f o r s c h u n g , S . 4 5 - 6 7 . N u s s b a u m e r M . (1 9 9 1 ) , W a s T e x t e s i n d u n d w ie s i e s e i n s o l le n , T ü b i n g e n . R o s e n g r e n I . ( 1 9 8 7 ) , B e g r ü n d u n g e n u n d F o l g e r u n g e n a l s s p r a c h l i c h e H a n d l u n g e n . I n : M o t s c h W ., S a t z , T e x t , s p r a c h l i c h e H a n d l u n g , B e r l i n , S . 1 7 9 - 1 9 7 . S e a r l e I . R . ( 1 9 7 1 ) , S p r e c h a k t e . E i n s p r a c h p h i l o s o p h is c h e r E s s a y , F r a n k f u r t . T o u l m i n S . ( 1 9 7 5 ) , D e r G e b r a u c h v o n A r g u m e n t e n , K r o n b e r g . V ö l z i n g P . L . (1 9 7 9 ) , B e g r ü n d e n , e r k lä r e n , a r g u m e n ti e r e n , H e i d e l b e r g . W e s o ł o w s k a D . ( M S . 2 0 0 1 ) , I n t e g r i e r t e T e x t a n a l y s e u n t e r b e s o n d e r e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r a r g u m e n t a t i v e n S t r a t e g i e n in p o l i t i s c h e n Z e i t u n g s k o m m e n t a r e n , Ł ó d ź .

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Dorota Wesołowska O A R G U M E N T A C Y J N Y M R O Z W I Ń I Ę C R J T E M A T U W T E K S T A C H T Y P U P R A S O W Y K O M E N T A R Z P O L I T Y C Z N Y ( S t r e s z c z e n i e ) A u t o r k a n i n i e j s z e g o a r t y k u ł u p o k a z u j e , w j a J ti s p o s ó b ś r o d k i j ę z y k o w e w p ł y w a j ą n a f u n k c j ę a r g u m e n t a c y j n ą w y p o w i e d z i . W t y m c e l u o d n o s i s ię d o t e o r i i a r g u m e n t a c j i , d e f i n i u j e k a t e g o r i e m o d e l u a r g u m e n t a c j i T o u l m i n a , m a j ą c e g o z a s t o s o w a n i e p r z y o p i s i e r o z w i n i ę c i a t e m a t y c z n e g o t e k s t ó w a r g u m e n t a c y j n y c h .

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