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Theologisches Literaturblatt, 27. September 1912, Nr 20.

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Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r de r t h e o l o g i sc h e n W i s s e n s c h a f t und P r a x i s

herausgegeben von

Dr. t h e o l . L u d w i g I h m e l s

Professor der Theologie in Leipzig.

Nr. 20. Leipzig, 27. September 1912. XXX111. Jahrgang.

Erscheint vierzehntägig Freitags. — Abonnementspreia jährlich 10 J t. — Insertionsgebühr pr. gesp. Petitzeile 30 4. — Expedition i KOnigstrasse 13.

Zu Tatians Diatessaron.

VBlter, Dr. Daniel, Mose und die ägyptische Mythologie.

Salzberger, G., Salomos Tempelbau und Thron.

Ctoodspeed, Edgar J., The Toronto Gospels.

B aderm acher, Dr. Ludwig, Neutestamentliche Grammatik.

Helnrlei, C. J . Georg, Die Eigenart des Christen­

tums.

Anlän, Gustaf, Till belysning af den lutherska kyrkoid&i.

Goeters, Wilh., Die Vorbereitung des Pietismus in der reformierten Kirche der Niederlande.

H auck, Dr. Albert, Die Trennung von Kirche und Staat.

Frischeisen - K Shler, Max, Wissenschaft und Wirklichkeit.

H unzinger, D. Dr. A. W., Das Wunder.

Lange, E. D r., Zum Problem von der Freiheit des menschlichen' Willens.

Oesterreich, Dr. phil. Konstantin, Die deutsche Philosophie in der zweiten Hälfte des neun­

zehnten Jahrhunderts.

Snlze, D. Dr. E., Die Evangelische Gemeinde.

Lebendige Gemeinden.

Verhandlungen des Dritten Evangelischen Ge­

meindetages.

Vögele, K. A., Höhenblicke.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Verschiedenes.

Um ungesäumte Erneuerung des Abonnements ersucht die Verlagshandlung.

Zu Tatians Diatessaron.

D er kgl. ord. Hochschulprofessor D r. Sebastian E n r i n g e r in D illingen a. D . veröffentlicht im 2. H eft des X V II. B andes der Bardenhewerechen „ B i b l i s c h e n S t u d i e n “ (Freiburg i. Br.

1 9 1 2 , Herder [71 S.]; 2 ,5 0 Mk.) höchst bem erkensw erte U nter­

suchungen Aber „ D i e U e b e r l i e f e r u n g d e r a r a b i s c h e n U e b e r s e t z u n g d e s D i a t e s s a r o n s “. N ach einer orientieren­

den E inleitung erörtert der scharfsinnige Verf. zuvörderst

„die Rubriken (Ueberschrift und Unterschrift) der Handschrift B(orgianus)u, d. i. der vom koptischen N otabein Halim D ös in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dem Museum Borgianum der Propaganda in Rom geschenkten kostbaren Handschrift einer arabischen U ebersetzung deB Diatessarons, w elche neben dem cod. V at. arab. 1 4 der arabischen Diatessaron- A usgabe von P . Ciasca 1 8 8 8 zugrunde liegt. E uringer m acht sehr wahrscheinlich, dass die Unterschrift, w onach der „Priester A b ü M - .F a r * g 'Abdu-’ Ilah ibn a t-T a jjib “ ( f 3 1 . Oktober 1 0 4 3 in Bagdad) die U ebersetzung aus dem Syrischen und zw ar aus einem von Robast (rectius: *Isä) ibn 'A li al-Motajjib (reotias:

M otatabbib) geschriebenen Codex angefertigt habe (dieser 'Isa ist kein Geringerer als der bekannte syrisch-arabische L exiko­

graph, t 8 7 3 ), glaubw ürdig ist. Im grösseren, wichtigeren T eil seiner Untersuchungen aber beschäftigt sioh Euringer m it den sog. B e i r u t e r F r a g m e n t e n , drei Pergam entblättern des ara­

bischen Diatessarons, die im Jahre 1 8 9 0 zufällig von Druckerei­

arbeitern an der K losterpforte von Luaiza nordöstlich von B eirut aufgefunden und im Jahre 1 8 9 7 von J. B . Chabot dem O rientalistenkongress zu Paris in photographischer N achbildung nebst einem B egleitschreiben des bekannten Orientalisten P . Cheikho S. J. vorgelegt wurden (abgesehen von den ersten drei Zeilen und der U nterschrift schon veröffentlicht in der Chrestom. arab. I I , auctore P . L. C heikho, 1 8 9 7 ; als B eilage in Euringers Sohrift S. 6 3 — 71 a r a b is c h u n d d e u t s c h von Pfr. D r. G e o r g G r a f , der im Jahre 1 9 1 1 in Beirut für Euringer die B lätter photographierte), beginnend mit Luk. 2 2 , 2 7 — 3 0 ; 7 — 8 ; Mark. 1 4 , 1 3 . 1 4 ; sohliessend m it Matth. 2 6 , 2 5 ;

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Joh. 1 3 , 3 0 . 3 1 , — und zwar w esentlich mit dem Kolophon (fol. 2 b , Zeile 9 und fol. 3 a ) , in dem der Stammbaum der Handschrift mehrere K opistengenerationen aufwärts verfolgt wird. N ach sehr eindringenden U ntersuchungen ergibt sich folgender Stammbaum:

T atian (Syrischer Archetyp?)

Codex des Nestorianers fIs& ( f 873), Byrisch

arab. Uebers. des Nestorianers Abü’-l-Farag ibn at-Tajjib ( t 1043) (5) Cod. antiquus Antiochenus*

Cod. Ä (Vat. arab. 14), aus Aegypten stam­

m end, 12. Jahrh., (ohne Kolophon).

Cod. B(orgianus), aus Aegypten stammend, 14. Jahrh.

(4) Cod. d. kopt. Bisch, v. Fuwwah (bei Rosette) Jüaäb ibn al- Muhabrik (konsekriert ca. 1236) (3) Cod. d. kopt. Priesters Sim än,

13. Jahrh.

(2) Cod. d. kopt. Priesters u. Mönchs Jühannä ibn aJvMu taman, ge­

nannt ibn a

8

-Sait) (Sohn des Greises) v. Kloster St. Mercurius zu Sahrän b.K airo; Patriarche- kandidat 1238

(1) Abü- 1-Barakät ibn A b i-1- [Kibr ?]

vollendete den 20. Ju li 1330 im P atriarchat zu Altkairo d. Codex, . dem jene jetzt in der Jesuiten-

Bibliothek zu Beirut befindlichen B lätter angehören.

Die bezifferten fünf Glieder werden: im Kolophon erwähnt.

Euringer Bohliesst: D ie Beiruter Fragm ente, speziell der Kolophon derselben, können die A ngabe des Codex Borg, über Ibn atrTajjib als den U ebersetzer des syrischen Diatessarons ins Arabische nicht erschüttern (gegen Cheikho). E s sei aber noch m ethodisch zu untersuchen, ob derselbe tatsächlich d ie, oder genauer gesprochen, eine arabische U ebersetzung des D ia-

* G r a f übersetzt die lückenhaft erhaltenen Zeilen (die letzten auf Bl. 3 a): „D er V ater Anbä (Jüs)äb erwähnt, dass er sie aus einer sehr alten Abschrift übertragen habe . . . . in der Stadt Gottes . . . dass er (sie) vollendet habe“ . . . Dazu bemerkt Euringer S. 56: D ie H an d ­ schrift; utammte wahrscheinlich aus der „Stadt Gottes“, d. i. Antiochien (©cdiroXtc).

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tessarons angefertigt, h a b e, nnd zn diesem Z w ecke müsse die V eröffentlichung des dazu nötigen Materials endlich einm al g e ­ schehen.

„D a die K opisten des Beirnter D iatessarons ausnahm slos K opten sind, so darf man vielleicht hoffen, dass in A e g y p t e n n o c h w e i t e r e D i a t e s s a r o n - H a n d s c h r i f t e n e n t d e c k t w e r d e n . . . . D a ferner die ältere U eberlieferung des Cod. B sich innerhalb der nestorianischen Kirohe v o llzo g , so drängt sich die V erm utung auf, dass das lange gesuchte und verm isste s y r i s c h e D i a t e s s a r o n in d e r B i b l i o t h e k d e s n e s t o r i a n i ­ s c h e n P a t r i a r c h a t s z u K o t s c h a n n i s o d e r n o c h w a h r ­ s c h e i n l i c h e r z u A s c h i t a ( K u r d i s t a n ) , d e m Z e n t r u m n e s t o r i a n i s c h e r G e l e h r s a m k e i t , d e s e n t d e c k e n d e n E u r o p ä e r s w a r t e t . D a an beiden Orten europäische Missio­

nare wirken, w ürde es w ohl nur der geeigneten A nregung be­

dürfen, um hierüber G ew issheit zu erhalten. A us den jakobi- tischen und den übrigen syrischen Kreisen ist w ohl infolge der V erpönung des D iatessarons durch R abbula, Theodoret u. a.

k eine Handschrift der uG em isohten” zu erwarten.“

Jener H offnung geben auch w ir an dieser Stelle Ausdruck und fü gen h inzu, d&SB wir gerade auch in dieser Rücksicht Euringers verdienstvollen E ssay hier zur A nzeige bringen.

G. W ohlenberg.

V ö lt e r , Dr. D aniel (Prof. d. Theol. in Amsterdam), M o s e u n d d ie ä g y p t i s c h e M y t h o l o g i e , nebst A nhang über Sim son.

Leiden 1 9 1 2 , Brill (59 S. L®x.-8). 1 .5 0 .

D ie vornehm , fast w ie die Publikationen der Akadem ien, gedruckte Broschüre setzt des Verf.s frühere Schriften: Passah und Ma§got; A egyp ten und die B ib el, fort. D er biblische Mose ist ein e Sum m e von V orstellungen und M ythen, die vor­

her an dem ägyptischen M ondgotte T h o t gehaftet haben; nach­

dem der a t’liche G ottesglauben einen N eb en gott nicht mehr er­

tru g, wurde dessen Gestalt erst als Mensch und in der F olge auoh als historische Person gedacht. Ursprünglich war Jahw e die dem Monde gegenüberstehende Sonnengestalt gew esen ; den B e­

w eis hierfür macht sioh die E inleitung besonders leicht. E ine andere Sonnengestalt ist natürlich Sim son, und zw ar in kananäischer L okalfarbe, die Stoffe überzogen h a t, die ehedem gleichfalls ägyptisch w aren. Völters T endenz ist w ie bei H ü sin g -S iek e, das E inzel verfahren w ie b ei Jensen: Assoziation ohne Skrupel.

DaBS dann im m er etw as passt, darüber w undert sich schon lange kein Mensoh mehr. Ioh bezw eifle jedoch, dass V ölter den Traum Josephs Gen. 3 7 , 9 träumen wird. Gerne soll anerkannt werden, dass der Versuch', statt m it allgem einen m ythologischen K a te­

gorien m it einer geschichtlich bezeugten und national gestalteten, überdies durch kulturelle B eziehungen K anaans mehr als ein­

m al n ahegelegten, M ythologie den V ergleich anzustellen, einen w ichtigen Fortschritt bedeutet; übrigens einer Forderung ent­

sprechend, die auoh ich vor einigen Jahren erhoben hatte. Aber sobald m an mit festem , geschichtlich erstarrtem Material arbeiten m uss, statt m it Gum m ischablonen, werden erst die V erlegen­

heiten des m ythologischen V ergleiches kund. H ier sollen da­

g eg en kein e E inw ände erhoben w erden; w enn nicht einm al die Erm ans b ei Völter etw as gefruchtet h ab en , dürften sioh auch die m einigen auf kein besseres Schicksal gefasst machen. W as soll man aber dazu sagen, dass die dreitägige Finsternis E x . 10, 2 1 — 2 9 ohne U m schw eife für eine Sonnenfinsternis im astronom i­

schen Sinne erklärt wird S. 1 7 ? U nd dass auch sie „vielleicht die Mondnatur des Mose bestätigt, w enn der Verf. gew usst hat, dass

der Mond die Sonnenfinsternis bew irkt“. D as ist doch ein offenkundiger R ückfall in die unm ythologische M ythologie. N och ein B eispiel (S. 15): T hot h eisst, nach B rugsch, der starke R edner mit süsser Z unge (der die Zaubersprüche fehlerlos vor­

trägt). H in gegen beruft sich der biblische Mose auf sein schw er­

fälliges Sprechen, um sich dem A ufträge Gottes zu entziehen, E x. 4, 4 — 13. V ölter fin d et, dasB von dem Epitheton deB ägyptischen Gottes auf diesen E inzelzug an Mose ganz be­

sonders ein helles Licht fällt. W äre es nun nicht einfacher gew esen, diese D ifferenz als solche zuzugestehen?

E r la n g e n . Lic. Dr. W ilhelm Caapari.

S a lz b e r g e r , G ., S a lo m o s T e m p e lb a u u n d T h r o n in der sem itischen Sagenliteratur. (Schriften der Lehranstalt für die W issenschaft des Judentum s, B d. I I , H eft 1.) B erlin 1 9 1 2 , Mayer & Müller (X, 1 1 0 S. gr. 8). 3 Mk.

D ie Sagenforschung ist jetzt ein beliebtes und auch wirk­

lich w ichtiges A rbeitsgebiet. Sie besitzt volle w issenschaftliche B erechtigung, w enn sie mit G ründlichkeit in b ezu g auf Quellen­

benutzung und m it N üchternheit in b ezu g auf V erknüpfung und H erleitung der Sagen betrieben wird. D iese E igenschaften kom m en in seltenem Masse dem B uche z u , das G. Salzberger veröffentlicht hat. Er behandelt seinen G egenstand mit g e ­ lehrter B enutzung der prim ären, nam entlich auch arabischen Q uellen, die im Grundtexte m it den Varianten g eg eb en und übersetzt werden. Auoh verfolgt er die S a g en , w o es nötig is t, trotz des T itels über daB sem itische G ebiet hinaus in die indische und persische Literatur (S. 4 3 . 5 7 ff. 9 8 f.). U nrichtig­

keiten sind nur selten zu bem erken, w ie „der T em pel wurde gebaut aus ganzen gebrochenen Steinen“ (1 K ön. 6 7 ; das R ichtige gib t m ein Hebr. W örterb. 2 3 3 a). A uf S. 51 fehlt beim arabischen W orte für „Adler“ der letzte K onsonant, der das r von n a s r hätte ausdrüoken sollen. — D ie gebotenen D arlegungen sind von grossem geistesgeschichtliohem Interesse.

D enn sie zeigen aufs anschaulichste, w ie die V orstellungen m it dem V erlaufe der Zeit über ihre ersten einfachen G estalten hinausgew aohsen sind. So sollen z. B . die Arbeiter am T em pel erst von A egyp ten hergeholt w orden sein (S. 15) oder ein un- gew öhnliohes Schicksal gehabt haben: „V on all den Arbeitern, die am H eiligtum bauten, starb keiner und wurde keiner krank, keinem zerbrach ein Grabscheit oder eine Schaufel; er hatte k ein e A ugensohm erzen usw .“ (S. 17). D ann aber wurden die L uftgeister usw . in den D ien st des T em pelbaues gestellt: „Ornias m uss die Steine behauen, Asmodi muss W asser holen und Lehm treten, B eelzebub muss thebaisohen Marmor sägen usw .“

(S. 13). V on diesem W achsen der späteren A usschm ückung der alten V orstellungen könnten noch viele Proben g egeb en werden von S. 29 f. 3 6 ff., besonders auoh 4 5 . 6 6 f. A ngesichts dieser V orgänge mnss man sioh nur immer w ieder über die N üchternheit des ältesten Berichts w undern, w ie er im A lten T estam ent vorliegt.

B o n n . _______ Ed. König.

G o o d s p e e d , Edgar J. (Prof. of biblic and patristic Greek, the U niversity of Chicago), T h e T o r o n t o G o s p e ls . (Historical and Linguistic Studies in Literature related to the N ew T estam ent. I. Series, T exts. V ol. II: Greek T exts, P a r t II.) Chicago 1 9 1 2 , U niversity of Chicago Press (21 S. gr. 8).

Beschreibung und K ollation einer bei G regory und v. Soden

noch nicht verzeichneten Handschrift der Evangelien, der ersten

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aas Kanada bekannt werdenden. D aher ihr T itel. N ach der Unterschrift wäre sie am Sam stag der Käsewoche, den 1 5 . Februar 5 3 0 1 durch einen PrieBter D iog(enes) vollendet worden; leider m acht der Bearbeiter dazu nur die Bem erkung, dass 6 3 0 1 = 7 9 3 viel zu früh se i, die Handschrift aus dem Ende des 1 1 . oder A nfang des 1 2 . Jahrhunderts sein werde. S ie hat einige seltene Lesarten, z. B . IXouexo Joh. 5, 4 w ie AKFL*; auch sonst stimm t sie mehrfach m it KÜ* oder einer derselben zusam m en; z. B.

Luk. 2 4 , 4 3 ; Joh. 4 , 4 2 ; 6, 1 0 ; 7, 2 3 ; 11, 1 6 ; 14, 3 0 . B ei Tischendorf nicht gebuchte, aber b ei W ettstein bezeugte Les­

arten sind die W eglassung von alioviov Joh.

5 , 3 9 ,

von

ü|xTv 2 °

in 1 3 ,1 5 ; autov für

t o v ’Iy jo o u v

12, 2 1 ; ähnlich 13, 3 4 ; 14, 3.

Ganz neu 6, 5 1 aa>xTjptac statt Conjc; 1 8 , 1 3 die W eglassung von au. D ie V ergleichung, die nach dem Oxforder Abdruck des Stephanus von 1 5 5 0 gem acht ist, scheint sehr sorgfältig;

lehrreich wäre es daneben zu stellen, w ie sich eine V ergleichung nach Tischendorf ausnehmen würde. Gregory wird die Hand­

schrift künftig 2 3 2 1 nennen.

M a u l b r o n n . Ebi Nestle.

B a d e r m a o h e r , Dr. L udw ig (o. Prof. an d. U niversität W ien), N e u t e s t a m e n t ü c h e G r a m m a tik . D as Griechisch des N euen Testam ents im Zusamm enhange m it der Volkssprache.

(Handbuch z. N euen T est, von H ans Lietzm ann. I , 1.) T übingen 1 9 1 1 , J. C. B . Mohr (2 0 7 S. gr. 8). 4 Mk.

D iese neutestam entüche Grammatik bietet eine höchst an­

regende und interessante L ektüre, namentlich in den ersten K apiteln, die eine kurze, treffende Charakteristik der K oine geben und die Einflüsse fremder Sprachen sow ie die wirkenden Kräfte der Sprachentwickelung besprechen. D as war ja anch das Ziel, das ihr von vornherein durch den Plan in LietzmannB Handbuch zum N euen T estam ent, als dessen eineB Glied sie erscheint, gesteckt war. In dem Prospekt zu demselben war dieses gleich dahin bestim m t worden: „eine nicht bloss die Tatsachen registrierende, Bondern ein lebendiges Bild der neu­

testam entlichen Sprachentwickelung anstrebende Grammatik er­

öffnet den ersten Band.“ U nd dies Z iel, sow eit es sich über­

haupt verwirklichen lässt, ist von dem Verf. voll erreicht worden.

Er hat es m it gutem Geschick verstanden, die Eigenart der neutestam entlichen Sprache lebendig in die dam alige Sprach- b ew egung hineinzustellen. D er Untertitel, den er obenan hinzu­

gefü gt hat: D as Griechisch des N euen Testam ents im Zusammen­

hänge m it der Volkssprache, deutet darauf hin, in welcher W eise er der ihm gestellten Aufgabe zu genügen gesucht hat. Im grossen und ganzen kann man ihm auch darin beistim m en. D er Zusamm enhang m it der Volkssprache ist unbestreitbar und ist besonders durch die neueren Funde und Untersuchungen deutlich gemacht. „Seitdem wir die Volkssprache der Zeit k en n en , ist alles anders geworden. W ir w issen nun, dass in den E vangelien Männer des Volkes zu uns reden“ (S. 14). D as ist sicher gut herausgebracht. Nur muss auch gleich gegenüber einer ein­

seitigen V erwertung dieBes Prinzips in einer dreifachen B e ­ ziehung eine Einschränkung hinzugefügt und scharf im A uge behalten werden. Einmal hebt Radermaeher doch selbst am A nfang mit Nachdruck hervor, und bleibt dies U rteil auch neben jenem anderen bestehen, dass „die literarische Prosa des H elle­

nismus durchweg eine K u n s t s p r a c h e se i, die Gelehrtes und Gelerntes in der Grammatik und im W ortschatz aufzuweisen habe“ (S. 4). Radermaoher beleuchtet das im Laufe der Dar­

stellung an verschiedenen Punkten. Sodann gilt auch das andere (S. 5), |dass „der B egriff der Volkssprache doch nicht leicht zu

fassen sei“. Vor allem aber bleibt es zu beachten, dass, w as für die F o r m e n l e h r e und für die S y n t a x zutrifft, darum sich doch nicht auf die W ö r t e r und ihre B edeutung zu erstrecken braucht, noch ebenso für die B e g r i f f e in An­

spruch genom m en werden darf. B ei ihnen kommt aber eigen t­

lich erst die F rage zur Entscheidung. D a sie jedoch nioht in die Grammatik hineingehören, hat hier der angegebene Versuch sein gutes Recht, und es sollte die Erinnerung an diese Punkte nur die Schw ierigkeiten beleuchten, die in dieser H insicht b e­

stehen. Radermaohers Grammatik hat in der geschickten Durch­

führung des angedeuteten Prinzipes ihre Bedutung. S ie erhält dadurch neben W iner-Schihiedel, Blass u. a. ihr besonderes Gepräge und nähert sich am ersten der Grammatik von Moulton an.

D iese Eigenart jedoch, so sehr sie Anerkennung verdient, hat nun auch, so w ie sie hier w enigstens zur Geltung gebracht ist, für eine Grammatik ihr Missliches, zunächst schon, w as den Gebrauch derselben angeht. Sie ist, um es gleich kurz zu­

sam menzufassen, eher zum Durcharbeiten als zum NachBchlagen d a , und doch werden die D ienste einer Grammatik besonders gern in der letzten B eziehung in Anspruch genom m en werden, w as speziell das Studium der neutestamentlichen Sprache an­

geht. D ies wird in der R egel an der H and der Lektüre vor sich gehen. D as ist hier erschw ert, nicht nur w eil, w ie das Stellenregister auch dartut, die neutestam entlichen Schriften nur w enig Verwertung gefunden haben und aus ihnen nur ver­

einzelte B eispiele herangezogen sin d , sondern noch m ehr, w eil eben von dem allgem einen Prinzip aus vornehmlich die zeit­

genössische Literatur in ihrer gramm atikalischen Eigentüm lich­

keit geschildert wird. Man könnte eher von einer Grammatik der dam aligen K oine m it Einbeziehung des N euen Testam ents reden, als umgekehrt. Für die neutestamentüche Forschung wird darum immer noch die Grammatik von Blass besser zu benutzen sein, im besonderen, sow eit die Bedürfnisse eines Studierenden gehen. Sie wird ja auch hier immer wieder gleichsam zur Er­

gänzung herangezogen (S. 8 6 usw.). — D azu noch ein letztes.

Sollen die sprachgeBchichtüchen Zusamm enhänge aufgezeigt w erden, so ist die F rage naoh der ursprüngUchen W u r z e l einer Erscheinung entscheidend. E s kann bei gleichen Er­

gebnissen doch ein verschiedener Ursprung festgestellt werden.

Dadurch, dass schliesslich das Gleiche herausgekom men is t, ist noch keinesw egs auf dieselbe Quelle zu schüesBen. A uf dem Gebiete der neutestamentüchen Sprachforschung hat das be­

sondere Bedeutung für die sog. Hebraismen. So sehr Radermaeher darin recht hat (S. 1 5 ff.), in Erinnerung zu bringen und auch seinerseits zu bekräftigen, dass manches, w as früher als Hebraismup galt, nunmehr als gutes Griechisch festgestellt ist, und so sehr ihm beizupflichten ist, da er(S. 20) in bezug auf grammatische D inge gegenüber den Hebraism en zur Vorsicht m ahnt, so ist doch auch das andere sicher, dass in der Gegenwart in dieser B e­

ziehung der Fehler gern nach der entgegengesetzten Seite geht, alles durchaus auf die gleiche W eise entstanden sein lassen und darum ebenso erklären zu wollen. W enn sich eine B e ­ sonderheit anch sonst in der zeitgenössischen Literatur belegen lässt, so ist es darum noch keinesw egs erw iesen, dass für das N eu e Testam ent nicht vielleicht doch in diesem Falle ein Hebraismus anzanehm en ist. D ie E rw ägung wenigstens ist anzu- stellen nach den etw aigen Beziehungen zum aramäischen resp.

hebräischen Sprachgut, und so sehr darum auch die Mitarbeit

der Philologen gerade auf dem Gebiete der neutestam entüchen

Sprache m it Freude und mit D ank zu .b e g r ü sse n is t, so sehr

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Bind ihnen doch auch die Hände gebunden, sow eit sie nicht die aramäische Vorbildung haben. Einem theologischen Forscher dürfte es z. B . gar nicht zw eifelhaft sein , dass die W endung (Lnk. 10, 3 7 ): oiconjoac eXeo; fiex’ autou allein vom Aramäischen resp. Hebräischen her zu erklären ist (vgl. ntos m it d s oder n x Gen. 2 4 , 1 2 ; 4 0 , 14), und dass demnach die W endung ein B ew eis ist für die pedantische G enauigkeit, m it der Lukas gerade teilw eise die ihm vorliegenden, ans dem Aramäischen stammenden nnd später übersetzten Quellen übernommen hat.

Radermacher zitiert auch die Stelle (S. 2 0 ), änssert sich aber sehr unsicher zu ihr. Auch das Urteil über den Gebrauch des Genitivs an Stelle eines Attributs (S. 19 nnd 89 ) hätte auf Grund dieser V oraussetzung zuversichtlicher lauten können.

Ebenso würde sich die Anschauung über die A pokalypse und ihre etw aige aramäische Grundlage (S. 87 ) unter diesen U m ­ ständen m odifizieren müssen. Schliesslich wäre vor allem auch das Satzgefüge nach der Seite hin noch einer Untersuchung zu unterziehen. Es erscheint noch keinesw egs ausgeschlossen, dass nicht auch die Parataxe bei einzelnen Schriftstellern des N euen Testam ents eher ihre aramäische Vorbildung bekundet, als dass „wir an ihr die Volkssprache erkennen“ (S. 182). Es wären da W ellhausens interessante sprachliche Untersuchungen zu ver­

gleichen nnd stärker zu berücksichtigen, die er als A nhang zu seinem Johannesevangelium (S. 1 3 3 ff.) — leider nur als An­

deutungen — gibt. Beachtensw ert ist es in der Hinsicht, dass Badermacher das sprachliche Verhältnis des Johannesevangelium s zu der Apokalypse am ersten so zu erklären bereit ist, dass für das erstere eine literarische B eihilfe anznnehmen sei. — Als Druckfehler notiere ich S. 7 2 , Z. 5 o.: p statt X.

E ld e n a b. Greifswald. Julius Zögol.

H e i n r i c i , C. J. G eorg, D ie E ig e n a r t d e s C h r is t e n t u m s . R ede beim Antritt des Rektorats. L eip zig 1 9 1 1 , J. C. Hinrichs (23 S. gr. 8). 6 0 Pf.

Im G egensatz zur religionsgeschichtlichen Ström ung, die das Christentum nur als ein Produkt der Religionsm ischerei aus der ersten römischen E aiserzeit erklären m öchte, w eist H einrici, ein alter B ekäm pfer dieser Auffassung, auf die Bekenntnisse hervor­

ragender antiker Persönlichkeiten hin, die b ei ihrem Uebertritt zum Christentum

ob

deutlich aussprachen, dass sie hier etw as gefunden hatten , w as sie sonst vergeblich gesucht, also etw as E i g e n a r t i g e s , N e u e s . D ieses N eu e wird dann auf Grund der ä l t e s t e n Zeugnisse, näm lich der Schriften des N euen T esta­

m ents, schlicht und klar, bisw eilen in schöner knapper Sen­

tenzenform , zusam m engefasst und seine E igenart gegenüber der zeitgenössischen Philosophie und R eligion kurz charakterisiert:

es ist die B indung des Christentums an die Person Jesu und die daraus fliessende religiös-sittliche R einheit nnd K raft, die den B ew eis der W ahrheit in sich selber trägt. — Ausführlicher h a t sich Heinrici über diese D in g e ausgesprochen in der Schrift:

H ellenism us und Christentum (Bibi. Zeit- und Streitfragen V, 8), auf die mit wiederholter E m pfehlung hingew iesen sei.

L e ip z ig . Hans Preuss.

A u le n , Gustaf, T i l l b e l y s n i n g a f d e n lu t h e r s k a k y r k o id ö n . U p sala, A lm qvist & W iksell; L eip zig , 0 . H arrassow itz (2 3 6 S. gr. 8). 6 Mk.

D er Upsalenstir T h eologe A u le n hat

u u b

hier ein inter­

essantes Buch gegeben. D ie H auptgesichtspunkte sind w ohl eben nioht neu, und von den vier H auptabschnitten ist nur der dritte

terra nova in der W issenschaft, aber sein Buch ist zur Orien­

tierung vortrefflich, und der V erf. ist ein belesener Mann.

Sein T hem a ist die lutherische K irchenidee. D er erste A b­

schnitt behandelt ausführlich Luthers A nschauung, der zw eite die der Confessio Augustana, M elanchthon, die Orthodoxie, den Pietism us und Rationalism us und zuletzt die verschiedenen A uf­

fassungen in der ersten H älfte des 19. Jahrhunderts, unter anderem Schleierm acher, die O xfordbew egung und Grundtvig.

D er dritte H auptabschnitt, der also das eigentlich N eu e ist, schildert ausführlich zw ei schw edische M odifikationen der luthe­

rischen K irchenidee im 1 9 . Jahrhundert, die eine von der U ni­

versität in Lund ausgehend, die andere von der Universität in U psala. D ie Lundenser sind — w ie ihre G egner gesa g t haben — beinahe „halbkatholisch“ , indem sie stark hervor­

h eb en , dass die K irche nach lutherischer A uffassung Gnaden­

anstalt ist. D ie Gnadenm ittel sind das Fundam entale im Organismus der Kirche. D ie U psalenser gehen nioht von der G nadenanstalt und den Gnadenm itteln aus, sondern vom Glauben.

D ie K irche ist in erster R eihe die V ersam m lung der G läubigen.

F ür die Lundenser ist also das objektive Moment das erste in der K irchenidee, für die U psalenser das subjektive Moment.

D er vierte Hauptabschnitt gib t das Schlusswort über die B e­

deutung der lutherischen K irchenidee.

D as Buch ist w ohl um des dritten A bschnittes w illen g e ­ schrieben, D ieser ist näm lich nicht allein unverhältnism ässig w eit ausgeführt, sondern ruht durch und durch auf selbständigen und gründlichen S tudien, während besonders der zw eite A b­

schnitt nioht mehr g ib t, als w as die D ogm engesohiohten ent­

halten. Dadurch kom m t

o b ,

dass die O xfordbew egung und der Grundtvigianism us zusam m en m it kaum fünf Seiten erledigt w erden, während die beiden schw edischen R ichtungen gegen 7 0 Seiten erhalten.

D as E igentüm liche in der Kirohenidee Luthers findet der Verf. darin, dass für Luther das E vangelium Subjekt und Prinzip der K irche ist. Sow ohl g eg en Rom als g eg en die Schwärmer h ebt Luther die A ktivität des E vangelium s hervor.

N icht die subjektive G läubigkeit, sondern die A nteilnahm e an den christlichen H eilsgütern ist für Luther Grund und Ursache zur kirchlichen Aktivität. A ulen steht hier w ie K . Müller g eg en P. Drews.

. Für die B edeutung der Sakram ente hat A ulen nicht gen u g Verständnis. Er spricht immer vom „E vangelium “. Insofern ist er sehr modern. Aber es ist doch eine grosse F ra g e, ob diese beständige Subsum ierung der Sakram ente unter das „W ort“

wirklich lutherisch ist, und ob die K irchenidee nicht reicher und grösser w ird, w enn die Selbständigkeit und besondere Gnade der Sakram ente respektiert wird.

Aber interessant und lehrreich, auoh für N ioht Schw eden ist Aulens Buch zw eifellos.

K o p e n h a g e n . A lfred Th. Jörgensen.

G o e t e r s , W ilh. (Privatdozent in H alle), D ie V o r b e r e it u n g d e s P i e t i s m u s in d e r r e f o r m ie r t e n K ir c h e d e r N i e d e r ­ la n d e bis zur Labadistischen Krisis 1 6 7 0 . L eipzig 1 9 1 1 , J. C. H inrichs (V III, 3 0 0 S. gr. 8). 7 Mk.

D ie U eb ergän ge, die von der Orthodoxie zum Pietism us und von diesem zum Rationalism us führen, enthalten noch im mer ungelöste Problem e. D ie B iographie J. K . D ippels von W ilh. Bender (1 8 8 2 ) enthält schon auf dem T itelblatt den H in­

w eis, dass der pietistische Subjektivism us notw endig zum ratio­

nalistischen Subjektivism us hinüberführe (inneres L icht, Geist,

(5)

465 466

ratio, angeborenes Christentum u. dgl.); aber auoh Horst Stephau h at kürzlich erst den Pietism us als Prinzip des Fortschritts ver­

herrlicht, d. h. des subjektiven und (richtig verstanden) kirchen­

feindlichen „N euprotestantism us“, etw a im Sinn von Ernst T röltsch (Der Pietism us als Träger des Fortschritts in Kirche, T heologie nnd allgem einer Geistesbildung; T übingen 1 9 0 8 ).

A uf der anderen S eite m acht m an die Orthodoxie für die A ufklärungsreligion verantw ortlich, da schon die Konkordien- form el aus jedem D ogm a, selbst dem der Prädestination (Müller, S. 7 1 4 und 5 5 5 ), nur „Tröstliches“ für das erschrockene Ge­

wissen herausfinde und von hier ans eine gerade Linie zu den

„T röstungen der R elig io n “ im R ationalism us hinüberführe, während noch M elanchthon (Loci ed. K o ld e 3 S. 68) gelehrt hat, man solle aus der Prädestination b e i d e s , timor und fiducia, horleiten. A uf andere Zusam m enhänge zw ischen Orthodoxie und Rationalism us haben E . Tröltsch (Vernunft und Offenbarung b ei Joh. Gerhard und M elanchthon 1 8 9 1 ) und E. W eber (Ein­

fluss der Protestant. Sohulphilosophie 1 9 0 8 u. a.) aufmerksam gem acht.

Schon ältere T h eologen , w ie etw a Tholuek und Ritschl, standen in der B eurteilung des Pietism us ebenso scharf g eg en ­ einander, so dass man auf beiden Seiten von Tendenz reden darf. Um so w ohltätiger ist die B eschäftigung m it tendenz­

iöser, rein historischer K leinarbeit, zu der die vorliegende Monographie zu rechnen is t, die in den Bahnen der bisher unentbehrlichen dreibändigen „G eschichte des christlichen L ebens in der rheinisch-w estfälischen evangelischen K irche“ von Max G oebel (184.9— 60) w andelt und nach dem Vorwort diese „er­

neuern“ möchte.

An die oben genannten Streitfragen wird man beständig erinnert, z. B . S. 2 1 3 ff., w enn der U trechter W allonenpredigar W olzogen in den Pietism us L abadies die T hese hineinwirft, dass die H eil. Schrift lediglich nach der Vernunft auszulegen sei. Ist es w irklich (S. 2 1 5 ) ein „Zusamm enstoss der pietistiBchen F assung des Schriftprinzips mit dem Rationalism us“ oder nicht auch ein H inübergleiten der einen geistigen B ew egu n g in die andere? Goeters deutet den Vorstoss (im Sinne Labadies) als zugleich orthodox und rationalistisch (m echanische Inspiration, M itteilung übernatürlicher Vernunftw ahrheiten S. 2 2 4 ) , die orthodoxe Scholastik vom Rationalism us beherrscht, die beiden G egner V oetius und D escartes innerlich gar nicht so verschieden;

ihnen steht der labadistische Pietism us mit seinem Irrationalismus, sainer Personalinspiration scharf gegenüber (S. 2 1 5 . 2 2 4 ). Aber steht nicht ebenso scharf die an eine feste dogm atische Grösse (Luthers Lehre, K atechism us, R echtfertigungsdogm a) gebundene Schriftauslegung der Orthodoxie dem Pietism us und Rationalism us gegenüber, die die B ibel nur nach dem Geist oder dem inneren L icht auslegen w ollen? D iese Fragen werden wahrscheinlich nooh lan ge im FI

usb

bleiben.

D en K ern des Buohes, dem w ertvolle neue Materialien, auoh Flugschriften, zum T eil aus eigenem B esitz des Verfjs, zugrunde lie g e n , bildet eine feinsinnige Studie über die theologische E igenart der volkskirchlichen Reform partei, in der vom Verf.

m it R echt die Vorläufern» des deutsehen Pietism us gesehen wird. Stichw orte Bind: Pr&zisität, persönliches geistliches Leben, m editatio, praxis pietatis, das G em essen Gottes,. B ekehrung und H eiligung, das „affektvolle G efühl“ als K ern des Gnadenstandes u. a. m. D ie w ichtigsten N am en der Periode sind Voetius, W ilhelm und Johannes T eelinek, Brakei, Saidenus, Lodenstein.

E in zw eiter T eil b ietet dann (S. 1 3 9 ff.) eine ausführliche D ar­

stellung der Labadistisohen K risis (1 6 6 6 — 70), die den all­

m ählichen U ebergang L abadies zum Separatismus, der „separierten HauBgemeinde“ schildert. Beidem al ist das Ergebnis in klaren Sätzen zusam m engefasst, auf die hierm it verw iesen sei (S. 1 1 8 ff.

2 8 5 f.). D er Grundgedanke des Buches, dass in dem kirehlioh, politisch und kulturell (Rembrandt, Cartesius, Spinoza, Grotius u. a.) sehr hochstehenden H olland des 1 7 . Jahrhunderts viele W urzeln des deutschen Pietism us liegen, ist gew iss richtig oder dooh in bestem Sinne diskutabel. Letzteres wird er dem Leser durch die starke Uebersohätzung des Calvinism us, der fast an die neueste unhaltbare H ypothese von Max W eber und E. Tröltsch erinnert, den Calvinismus als V ater des modernen Kapitalism us hinzustellen. Schon dass der Verf. u. a. ausländische E inflüsse (S. 21 ff.) m itberückaichtigt h a t, zeig t, dass auoh an der E nt­

stehung des deutschen Pietism us das Luthertum dooh nicht ganz unbeteiligt gew esen ist. Ja, ioh könnte m ir denken (ohne mir ein m assgebendes U rteil Zutrauen zu w o llen ), daBs ein anderer Spezialforscher auB vielen k leinen, rein lutherischen B ächen den ganzen Ideengehalt des deutschen Pietism us her­

leiten w ollte.

Im einzelnen w äre vieles Schöne, auoh stilistisch A nziehende hervorzuheben, vor allem die interessante Schilderang des Jesuitenschülers und M ystikers Labadie selbst mit seinem hoch­

gespannten Individualism us und Konventikeltum (S. 2 7 0 ff.), die beide für ihre reform ierte und pietistische U m gebung fast nur zersetzend gew irkt haben (die spätere noch mehr auflösend w irkende T ätigk eit L abadies in D eutschland fällt nicht mehr in den Rahmen dieses Buohes). Ganz richtig charakterisiert der Verf. den „Labadism us“ im G egensatz zur „kirchlichen Reformpartei“ dahin, dass ihm „der W ert des K onventikeis zum absoluten“ gew orden Bei (3. 2 6 9 ), und man kann dieses Kirchenideal nicht besser kritisieren, als w ie es der Voetianer K oelm an getan hat (S. 2 7 9 ), der darin nur eine „Schmoll- oder Protzkirohe“ sieh t, zum Schm erze der Pastoren, aus der nur U neinigkeit zu gew ärtigen sei.

Dooh w ir m üssen abbreohen. N ioht nur eine hervorragende historische A rbeit lieg t in dieser M onographie vor, die unsere K enntnis der niederländischen K irchengeschichte w esentlich b e ­ reichert, sondern auoh eine für die kirohliohe Praxis w ertvolle Studie, denn es kom m en hier die V ersuche nach praktischer Kirchenreform , nach Gründung von H eiligungsgem einschaften und Gemeinschaften der H eiligen zu lehrreicher D arstellung.

Aehnlich w ie man aus dem Radikalismus der russischen Sekten b ei K . Grass v iel lernen kann zur Beurteilung unseres extrem en Sektenw esens, so hier zur B eurteilung unserer heutigen Gemein- Bohaftsbewegong. E ine persönliche N ote hat das Buch erhalten durch das starke B etonen des r e f o r m i e r t e n Standpunktes, von dem aus der Verf. alles beurteilt und der sioh besonders in fortlaufender Polem ik g eg en die parallele, aber stets „ver­

kehrte A uffassung Ritschls“ des gleichen Stoffes kundgibt (S. 5 3 ff.). Aber während man b ei neueren reform ierten, an sich verdienstlichen Gesohicbtswerken oft fragen m uss, ob es denn gar nicht m öglich sei, den Calvinismus darzustellen, ohne zugleich als dunkle Folie das gleichzeitige Luthertum au malen, so zeichnet sieh das W erk von Goeters duroh wohltuendes Streben nach Objektivität aus. W enn vorhin gesagt worden is t, dass m an hier die moderne G em einschaftsbew egang „im Liehte der Geschichte“ neu studieren könne, so gilt dieser Satz besonders in dem S inn, dass die prim itiven Form en in ihrer tastenden und oft fehlgehenden Art b e s o n d e r s lehrreich sind.

Für soleh ein Studium kann jedenfalls das B ueh von Goetera

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gute D ienste leisten. (Seite 2 1 4 lies „der“ statt „das“ livre synodale).

B r e s l a u . F . Kropatecheck.

H a u c k , Dr. A lbert (Professor in L eip zig), D ie T r e n n u n g v o n K ir c h e u n d S ta a t . E in Vortrag. D ritte A uflage.

L eipzig 1 9 1 2 , J. C. Hinrichs (2 9 S. 8). 6 0 Pf.

D ie Kirchengesohichte w eist etliche kurze Schriften auf — es sei an die katechetischen Schriften A ugustins, an Luthers Flßgschriften, an C areys Misßions- und M enckens Z eitpredigt erinnert — , die w eitreichende W endung und G estaltung der V erhältnisse heraufführten. W enn die gegen w ärtige, an A gi­

tation und Schlagw örtern reiche Zeit nicht alsbald auf die tiefe, zeiten- und ew igkeitskundige Stim m e eines ihrer grössten Lehrer achten würde, so w erden gew iss die T a g e der nächsten Zukunft der eindringlichen, schlichten, wahrhaft seelsorgerlichen R ede volles Gehör schenken, m it der das grosse, tiefverankerte und beziehungsreiche Problem des Verhältnisses von E irohe und Staat von einem Meister nnd Lehrer der Gesohiohte behandelt wird. W erden und W achsen des V erhältnisses, seine tatsäch­

lichen Ergebnisse in hohen und starken W erten keinesw egs einseitiger N atur w erden ab gew ogen und ausgedeutet, und die G egenw art muss R echenschaft g eb en , w o und w ie sich die T rennung des V erhältnisses eingeführt und durohgesatzt hat.

Sind w ir berechtigt, genötigt, gekräftigt, um Trennung zu tragen? B ei der Betrachtung dieser Momente tritt m it dem gew eihten E m st einer aus G ottes W ort geklärten U eberzeugung ein treuer W arner vor alle die Kreise, w elche allzueilig W erte darangeben, die nioht gen u g erkannt sind und a lte, rissige H ü tten , die lan ge Schutz und Obdaoh gew ährten, abbrechen, ohne genau berechnet zu haben, ob sie, einen N eubau aufzu­

führen und zu vollenden, K raft und Gabe gen u g besitzen. U nd mit heilsam em Nachdruck ordnet die R ede die M ahnung vor, das Jetzt auBzunutzen und den E ifer zu betätigen, dessen ver­

zehrende Grösse Jünger bei ihrem Herrn trafen und priesen.

V ielleicht w äre zu fragen, ob nicht die empirische Kirche, genauer das empirische Kirchtum, das vom Staate gelöst werden wird, einen äusserlich w ie nur im mer geform ten E rsatz haben m öchte, über den der V ortrag hinw eggeht. —

Aber diese F rage soll nur von dem lauteren D ank Z eugnis a b leg en , zu dem mich ein V ortrag verpflichtet h at, den ich Pfarrkonferenzen, theologischen V ereinen und nicht zum letzteu unseren Gebildeten nicht zur L ektüre, sondern zum Studium em pfehlen muss — aus innerster N ö tig u n g , nicht als ein von der Redaktion erforderter „R ezensent“.

M ü n c h e n . Hermann Bezzel.

F r i s c h e i s e n - K ö h l e r , M ax, W is s e n s c h a f t u n d W ir k l i c h ­ k e it . (W issenschaft und H ypothese. XV.) Leipzig-Berlin 1 9 1 2 , T eubner (V III, 4 7 8 S. gr. 8). Geb. 8 Mk.

In der gegenw ärtigen philosophischen Literatur dürfte es kaum ein zw eites W erk g eb en , das so w ie das vorliegende in die philosophische Diskussion der G egenw art einffihrt. K eine der nennensw erten Ström ungen ist übergangen, so dass also die L ektüre zur Orientierung in der G egenw art vorzüglich geeign et ist. D en Verf. befähigt zu solcher universalen Umschau der eigentüm liche Standpunkt, den er einnim m t und der als aus­

geprägter Verm ittelungsstandpunkt ihn nach links und rechts verständnisvolle Fühlung gew innen lässt. Im Vordergrund der Auseinandersetzungen steht die D iskussion m it der „Marburger Schule“ und im Zusam m enhang dam it zugleich m it der W indel­

band-Rickertschen B egründung der Geisteswissenschaften. Von hier nim m t die D arstellung ihren A usgang, nachdem zuvor kurz die Grundlinien der eigenen erkenntnistheoretischen Position g e­

zeichnet sind. D iese Grundlinien zeigen den Verf. in engster Verwandtschaft m it dem gleich darauf bekäm pften „logischen Idealism us“ der Marburger Philosophie. N ach der letzten wird der G egenstand seinem gesam ten U m fang und Inhalt nach vom D enken gesetzt oder gesch affen , während er nach dem Verf.

lediglich seinem form alen B egriff als Gegenstand naoh durch das „reine D en k en “ gesetzt wird. „Man kom m t damit noch gar nioht an die W irklichkeit heran.“ D as logische W esen eines G egenstandes ist erschöpft dadurch, dass er als identischer und unterschiedener erkannt wird. W as w ir aber nicht selbst setzen, das ist der individuelle Charakter, der A nschauungsw ert, die Sinnlichkeit, sow ie besonders der historische Charakter. D ies alles steht vor dem reinen D en k en als ein x , indes nicht als ein absolutes x, denn sonst könnte es dem reinen D enken nicht eingeordnet werden. Im V erfolg dieser Grundanschauung trennt sich der V erf. dann im m er mehr von dem logischen Idealism us, er sieht sich g en ötigt, die Idealität von Kaum und Zeit preis­

zugeben, und erblickt ia den einfachsten Elem enten der reinen Arithm etik bereits „alogische Faktoren“. So nur glaubt er sich sicher vor den K onsequenzen des Subjektivism us und im stande, denjenigen B egriff von W irklichkeit zu finden, der die W issen­

schaft nicht von der Erfahrung und vom Laben trennt, sondern sie innig dam it verbindet. E s gib t also ein Transsubjektives gegenüber dem erkennenden Subjekt. Aber dies T ranssubjektive ist sorgfältig zu unterscheiden vom T ranszendenten, w elches abgelehnt wird. W ohl gilt der Satz im vollsten U m fang, dass alle W irklichkeit Bewusstseinsinhalt sei, trotzdem sei der G egenstand mit dem Bew usstsein zugleich da, und die W issen­

schaft habe die A ufgabe nicht einer unendlichen Setzung des G egenstandes, sondern der K onstatierung dessen, w as da ist und w as gew esen is t, so jedoch, dass immer zugleich der Zu­

sam m enhang mit den W illenszielen des handelnden Menschen gew ahrt bleibe. In diesen Grandzügen sow ie besonders in der D arstellung der A ufgabe der Geisteswiaeenschaften schliesst sich der V erf. nun überall aufs engste an D ilth ey an. Er w ieder­

holt seine bereits an anderem Orte g egeb en e K ritik des Rickert- schen Standpunktes in noch schärferer Pointierung. zum T eil überzeugend, zorn T eil w eniger glücklich. Er ist doch selbst zu innig verw andt mit jenem bekäm pften Idealism us, zum al dort, w o er sich mit der D efinition einverstanden erklärt, dass die G eschichtswissenschaft es tatsächlich zu tun habe m it dem

„Individuellen“. Indem er nun dies Individuelle als „An­

schauung“ bestim m t, grenzt er es glücklich gegen R ickert ab, aber w enn er im mer w ieder auf die „A utonom ie“ und „Frei­

heit“ des handelnden M enschen in der Geschichte zurückkom m t, der sich „W erte“ und „Ziele“ Betze, w enn er diesem Indivi­

dualismus an verschiedenen Orten schroffsten Ausdruck verleiht, wenn er Geist und N atur begrifflich als verschiedene Quali­

täten der A ussenw elt und Innenw elt hinstellt (S. 3 3 2 . 3 5 3 ff.), so bietet er dem G egner doch zu leichte Angriffsflächen. D er V erf., der m it dem einen Fuss im reinen D en k en , mit dem anderen in der selbständigen Erfahrung steht, hat es überhaupt nicht leicht, durchw eg befriedigende und widerspruchslose For­

m eln zu geben. Er erscheint aber im m er am angreifbarsten, w o er sioh, in offenbarer E ntfernung von D ilth ey, in die Idee des autonom en Individuum s verliert. D ie historische A ufgabe ist es aber naoh D ilth ey, die Zusam m enhänge und die W echsel­

w irkungen der Individuen zu bestim m en, kurz die Wirkung*-

(7)

469 m

Zusammenhänge in der Geschichte ia ihrer Eigengeaetaiicdikeit.

D er V erf. aber, der w ohl diese A ufgabe anerkennt, m eint eie im mer noch w esentlich ergänzen zu sollen durch die von den einzelnen Individuen ausgehenden Ziele nnd Z w ecke (S. 2 58).

Ist doch jedes Individuum in einer totalen A bgeschlossenheit und Einsam keit zu denken! K eine Brücke führt vom einen znm anderen, es sei denn durch die gem einsam e Sinnenw elt.

W ohl nehm en alle teil an einem gem einsam en Bewusstsein, aber dies „B ew usstsein überhaupt“ ist nur eine Abstraktion, ein Kunstprodukt des D enkens (S. 2 6 6 ), das w irkliche B ew usstsein, das em pirisch-phänom enologische, ist eine völlig in sich ab­

geschlossene W elt, so dass m an äusserste Mühe h a t, dem Solipsism us zu entrinnen. U eberw unden w ird er aber auch nur au f phänom enologischem W eg e resp. auf dem psychologischen, sofern das Individuum im merfort m it seinen W illensim pulsen auf H em m ungen stösst — natürlich ist damit k ein e G ew issheit der A ussenw elt gew on n en , denn w ir bleiben im K reis des phänom enologischen B ew usstseins. N achdem einm al der g e­

m einsam e A nteil am B ew usstsein in Form des B ew usstseins überhaupt zur leeren A bstraktion verflüchtigt ist, bleibt für den phänom enologischen T eil lediglich die Erfahrung dieses sub­

jektiven Ich zurück. D er logische Idealism us reduziert auf ein letztes form ales Apriori, auf die Idee deB Gegenstandes an sich

— w obei die Idee des Zusam m enhanges im Sinne der G esetz­

m ässigkeit noch ganz unbegründet bleibt — , hängt buchstäb­

lich zw ischen Him m el und Erde. D as Transzendente findet er nicht, w ill es auch nicht, und das* D iesseits erreicht er auch nicht, w ie er w ohl möchte. „W ir verstehen es nicht, w ir er­

leben es nur“ (S. 4 5 5 ). Tatsächlich ist denn auch die Einzel- wiasenachaft w ie das praktische L eben ganz unabhäugig von dieser Erkenntnistheorie (S. 4 7 4 /4 7 5 ) . Man wird m it einem G efühl der Enttäuschung entlassen, nachdem m an nicht geringe Mühe und Zeit auf die Lektüre verw endet hat. H ier muss doch w ohl ein Fehler stecken, denn für nichts hätte der Verf.

seine doch sonst fesselnde und bedeutende Theorie auch nioht geschrieben. In W ahrheit hat er doch etw as erreicht, w as ihm vorschwebte, näm lich die Forderung unbedingter G esetzm ässig­

k eit in allem G eschehen, das im übrigen alogischer N atur bleibt. D arauf geh t doch w ohl das Ziel des G anzen. W ir leben in einer gesetzm ässigen, im übrigen aber geheim nisvollen W elt, wir konstruieren sie nioht m ehr, w ir erleben sie und w ollen auch in unserer W issenschaft sie nur tiefer und inten­

siver erleben; nur ein Postulat halten wir aufrecht: die Gesetz­

m ässigkeit. W o aber bleibt daun die A utonom ie des Menschen?

dieser zw eite Edelstein neben der G esetzm ässigkeit in der K rone moderner W issenschaft? H ier klafft ein Hiatus in dem Ganzen.

D er anhaftende Individualism us hindert hier w ie sonst so viel­

fach an e in e r reinen D urchführung einer gesetzm ässigen W irk- lichkeitsbetrachtung. Er hindert ferner, das Transzendente zu erfassen, und er gestattet nicht, das T ranB su b jek tiv e anders als in Gestalt eines unpersönlichen Nioht-Ioh zu begreifen, in dem das System der m echanischen G esetzm ässigkeit vorw altet. W o er dann w ieder unter dem Z w ang des Tatsächlichen das W irk­

liche ergreift, da ersoheint es ihm als regelloses Chaos beseelter m ystischer W esen und K räfte (S. 2 8 0 f.). Aber als einen Mark­

stein am W eg e zum n e u e n Ziel glaube ich das B uch dennoch lebhaft begrüssen z u dürfen. Prof. D . Dunkmann.

H u n z i n g e r , D . D r. A. W . (ord. Universitätsprofessor in Erlangen), D a s W u n d e r . E ine dogm atische Studie. L eipzig 1 9 1 2 , Quelle & M eyer (1 6 5 S. gr. 8). 3 Mk.

Von der Lektüre des obengenannten Werkeu von Frischeisen- K öhler herkommend, war es mir von besonderem Interesse, den T heologen der G egenw art über das W under reden zu hören.

H unzinger operiert mit durchaus modernen K ategorien, die der modernen D iskussion der Erkenntnistheorie und Geschichtsphilo­

sophie entlehnt sind. N ach einer geschichtlichen Einleitung über die E ntw ickelung des W underbegriffs, in der besondors dar ortho­

doxe B egriff eines G eschehens g eg en die N aturordnung, ein­

geschränkt auf die H eilsgeschichte, getadelt w ird, geht er zur Behandlung des Stoffes selbst über, den er sehr glücklich teilt nach vier Gesichtspunkten: 1. W esen und B edeutung des W un­

ders; 2. die heilsgeschichtlichen W under; 3. Naturwissenschaft und W underglaube; 4 . das W under und die Geschichtswissen­

schaft.

Im ersten A ufsatz gibt nun H unzinger eine D efinition des W unders im G egensatz zum N aturgeschehen. D ie N atur sei die Summ e notw endiger und gesetzm ässiger B eziehungen; „wir kennen sie von K ant her.“ Im W under tritt eine Grösse vor uns, die nicht aus dieser W elt stammen kann. Jene andere W elt, in der das W under erlebt w ird, ist die W elt der Frei­

h eit, der Persönlichkeit. H ier gelten die „K ategorien der höchsten Freiheit, der höchsten W erte und des höchsten Zw eckes“. D ie natürliche W elt ist ganz und gar eine „sub­

jektive“, aber „im religiösen Erleben — w elches unmittelbar m it den vorhin genannten K ategorien der Freiheit usw. gem eint ist — unterliegt der Mensch einem Bestim m t werden, das diese Schranken durchbricht“ (S. 40 ). So treten zw ei grundver­

schiedene G ebiete der Erfahrung auseinander. E s sei die Stärke der Herrmannschen P osition, dass sie „immer w ieder mit der grössten Strenge diese G ebietsscheidung vollziehe“. Jedes W under ein persönliches Erlebnis und um gekehrt. D eshalb heisst ein W under erleben Gott erleben. D eshalb wird Stanges D efinition abgelehnt, die darauf geht, dass durch das W under der Glaube an die L ebendigkeit Gottes begründet würde. „Es ist gerade das W esen des W unders, dass es in uns die G ewissheit um transzendente W irklichkeit begründet“ (S. 47). D eshalb also

„erlöst“ uns das W under auch, näm lich von der Natur, es hebt uns über sie hinaus. J a , die N atur wird durch das W under

„zerstört“. Trotzdem heisst es nun aber gleich darauf, dasB die sinnliche N atur uns das W under verm ittelt, Bonst würden wir „bei der M ystik stranden“. D ie Erfahrung des W unders sei gegenüber der U nterscheidung von N atur und G eist ganz indifferent (S. 54 ). D iese letzte Gedankenreihe wird nun in den folgenden V orträgen betont. D ie Heilsgesohiohte zeigt uns ein G ebiet des W unders in der realen W elt. N icht das innere L eben Jesu allein sei das W under der Offenbarung, sondern dasselbe im Zusam m enhang mit seinen T aten und Ereignissen, besonders m it dem K reuz und der A uferstehung. „In der O ffenbarung Gottes lässt sich ein Aeusseres und Inneres n ie­

m als trennen“ (S. 78 ). G eschichte beotehe in „W echselwirkung von N atur und Geist“. N ur das m ache die Geschichte zur H eilsgeschichte. N och stärker dringen diese Anschauungen im dritten A ufsatz durch. Jetzt lesen wir, dass es „für den heid­

nischen W underglauben charakteristisch sei, dass er ausschliess­

lich an dem G egensatz g eg en das natürliche Geschehen orien­

tiert sei“ (S. 95). D enselben W underglauben findet der V erf.

vorher auch im A lten Testam ent. A uch Herrmann habe seine Autorität für das contra naturam in die W agschale gew orfen.

Herrmann operiere m it einem philosophischen B egriff von N atur

und nicht mit dem jenigen der sittlichen Verderbtheit! „D arin

folge er K ant und seiner E inseitigkeit.“ (!) Schon in der

Cytaty

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senius ist der, daß das neue Buch nicht mehr in die Hand der Schüler paßt, sondern für den Lehrer und für den Sprachforscher und A usleger bestimmt ist.

sprechen, er w ill offenbar die Sündlosigkeit Christi nicht antasten. Deshalb erklärt er denn auch, dies Kindern vorzutragen, halte er nicht für notwendig und

liche Reformation hinarbeitende Elemente gewirkt haben. Hashagen zeigt, daß die Landesherren, die teils aus Opportunismus, teils aus Herzensbedürfnis treu zum päpstlichen

nur für geschwächt, nicht für verloren hält, die eine Regierung der Völker durch den Stellvertreter Gottes kennt, in der die Menschen zu ihrem Heil und nach

D as w ahre V erhältnis von R eligion und Sittlichkeit präzisiert dann M andel noch näher dahin, dass der Anlass zum sittlichen H andeln in dem Vorhandensein

sprochenen K apitels (B eziehungen des Farbenkanons zur alt- testam entlichen Sakralkleidung, Sym bolik der liturgischen Farben) gehen wir nioht ein. G en u g, dass

holte (vgl. 31 ff.*, 135 ff.) Benützung eines angeblich von einem Zeitgenossen Jesu verfassten Schriftstückes, das den Täufer und Jesus aus dem Essenerorden

sagen kann, zumal auch sonst in der diplomatischen Praxis dergleichen Wechselbeziehungen nachweisbar sind. Ausser diesen Mss. XII, heran- gezogen; andere werden noch