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Theologisches Literaturblatt, 28. September 1928, Nr 20.

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Theologisches Literaturblatt

U nter M itw irkung

zahlreicher Vertreter der theologischen Wissenschaft und Praxis

herausgegeben von

Dr. theol. L u d w ig I h m e ls Dr. theol. E rn st S o m m e r la th

Landesbischof in Dresden. Professor in Leipzig.

Nr. 20. Leipzig, 28. September 1928. XLIX. Jahrgang

Erscheint vierzehntägig Freitags. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter sowie vom Verlag. — Inland-Bezugspreis: Rm. 1.85 monatlich, Bezugspreis für das A usland vierteljährlich: Rm. 3.75 und Porto; bei Zahlungen in fremder Währung ist zum Tageskurse umzurechnen. — Anzeigenpreis: die zw ei­

gespaltene P etitzeile 40 Goldpfennige. — Beilagen nach Uebereinkunft. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königstr. 13. Postscheckkonto Leipzig Nr. 62873

Bergsträfier, G., Hebräische Grammatik.

Palästina-Jahrbuch.

Heman-Harling, Geschichte des jüdischen Volkes seit der Zerstörung Jerusalems.

Eusebius Werke. VII. Band, 2. Teil.

Ohm, Thomas, P., 0 . S. B., Die Stellung der Hei­

den zur Natur und Übernatur nach dem hl. Thomas von Aquin.

Lutherana V.

Rieder, Hans, Dr. jur., Dr. phil., Staat und Kirche nach modernem Verrassungsrecht.

Devaranne, Theodor, Der gegenwärtige Geistes­

kampf um Ostasien.

Hartmann, Richard, Die Krisis des Islam.

Harnack, Theodosius, D., Luthers Theologie.

Kuntze, Friedrich, Dr.. Erkenntnistheorie.

Feldmann, Josef, D. Dr., Okkulte Philosophie.

Neueste Theologische Literatur.

Bergsträfier, G. (Univ,-Prof. in München), Hebräische Grammatik, mit Benützung der von E. Kautzsch b e­

arbeiteten 28. Aufl. von Wilhelm Gesenius' hebr.

Gramm. II, 1. Leipzig 1926, Hinrichs. (VIII, 85 S.

gr. 8.) 5.— Rm.

Das Buch wird in einem Obertitel als die „29. A ufl.“

des alten Gesenius bezeichnet und soll im Büchermarkt an dessen Stelle treten, die der einst hochgeachtete auch unter der Stagnation der lezten Auflagen behauptet hatte.

N ichtsdestow eniger w erden wir ein neues Buch erhalten.

Es muß um sein D asein kämpfen; und die neue (zweite) Lieferung legt in einem Vorworte die äußeren Schw ierig­

keiten dar, die sich bis jetzt in seinen W eg gestellt haben.

Der tiefstgreifende Unterschied gegenüber dem alten G e­

senius ist der, daß das neue Buch nicht mehr in die Hand der Schüler paßt, sondern für den Lehrer und für den Sprachforscher und A usleger bestimmt ist. L etztere beide w erden sich mit dem Fortschreiten der Lieferungen ihr U rteil bilden. Aber eine A nzeige einer Einzellieferung mag zur Fortsetzung ermutigen und den Lehrer der hebräischen Sprache auf die reichhaltige und vorzügliche Informations­

quelle hinweisen, die ihm durch Bergsträßer erbohrt wird.

12 §§, denen zw ei vorbereitende vorausgeschickt sind, handeln vom hebr. Tempussystem, von der F o r m des Perfekts, Impf usw., und von der B e d e u t u n g des ein­

fachen pf und impf (§§ 6. 7), des Konsekutivs (§§ 8. 9), des imp und seiner Verwandten (§ 10), des inf (§§ 11. 12), des ptc (§ 13) und erreichen mit einem § 14 über das Qal ihr vorläufiges Ende. S. 25— 74 der Lieferung dienen einheit­

lich der Frage, w ie man verbale Satzteile richtig über­

setzt, Man sieht, w ie die neue Grammatik ihre Aufgabe sucht. Die übliche hebräische Sprachlehre zählt die Sprachformen auf, macht auch einen Versuch, deren Ent­

stehung zu zeigen und gibt dann allgem eine oder aus ein­

zelnen G elegenheiten gew onnene W inke, w ie diese Formen zum Ausdruck von Vorstellungen und Gedanken ange­

w endet werden. Schon der Raummangel, für w elchen in der R egel der G elehrte nicht verantwortlich ist, verhindert, daß derartige Bemerkungen dem Anfänger bei Einarbeitung in die Lektüre nützen. M ehrere bedeutende Grammatiken

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erfuhren das Verhängnis, in der Formenlehre stecken zu bleiben. Die Folge ist eine Verachtung der originalen Zeitmaße durch die Leser oder Übersetzer, w elche zu den schönsten V erw egenheiten berechtigt. Diesem Notstände kann nur durch ganze A rbeit abgeholfen werden. Berg­

sträßer ist entschlossen, sie zu tun. Sollten naheliegende Bemängelungen Vorkommen, w ie daß der Stoff nicht scharf gegen Syntax und Auslegung abgegrenzt w erden könne, daß die Auseinandersetzung über Einzelstellen, die ja zahl­

reich gebracht werden mußten, uferlos werden müßte, daß die Sprachlehre in Abhängigkeit von Textkritik oder Über- lieferungs-R espekt hin- und herschwanke, so ist der letzt­

genannten Befürchtung überhaupt nicht allgemeinhin vor­

zubeugen, die vorletzte trifft den Vf. nicht, die erste ist zum großen T eile durch seine A rbeit w iderlegt und im übrigen könnte er sie tragen, Auseinandersetzungen anzuregen ist kein Nachteil. Ich halte es z. B, für unbestreitbar, daß met (bab, und) hebr. noch immer „sterbend“ bedeuten kann (S. 13, 69) und m öchte hingegen nicht in jul(l)ad ein ptc erkennen. Der Druck ist ausgezeichnet. Möchte dem Buche auch aus der erzwungenen m ühevollen Art seiner Entstehung keine Beeinträchtigung seiner Übersichtlich­

k eit für den Gebrauch erwachsen! — In der eigentlichen Formenlehre nimmt B, gegenüber Bauers und Ungnads Konzeptionen eine zurückhaltende Stellung ein: Zum imp trat durch Präformative ein Jussiv, der bald für den G e­

brauch in der Erzählung als A ussage dessen, w as nicht mehr besteht, eingerichtet wurde. Diesem Verb stand der Nominalsatz als Feststellung des Gegenwärtigen gegenüber.

Innerhalb des Zwiegesprächs konnte s e i n subj auch pro­

nominal sein; durch Zusammenziehung der B estandteile unter e i n e n Satzton entstand hieraus das pf 1. u. 2. pers.

Die V okale der 3. sg scheinen nach dem Genus des subj zunächst eine persönliche und eine sächliche Aussprache durchgeführt zu haben; diese waren aber nicht von vorn­

herein zu A ussagen über b e l i e b i g e Gegenstände ver­

wendbar, sondern hafteten an b e s t i m m t e n , an denen sie regelmäßig abgelesen wurden; erst auf dem W ege der Metapher wird sich ihre Anw endbarkeit in vielerlei Aussagen, die A bstraktion und dadurch das eigentliche

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V e r b ermöglicht haben. Hierbei geriet aber das G esetz des Vokalismus weithin um seinen ursprünglichen Sinn, auch infolge des ton-psychologischen Prinzips der Polari­

tät. Jedenfalls ein reiflich durchdachter Versuch, in das Labyrinth vorliterarischer Vorgänge genetische Ordnung zu bringen, übrigens aber für das Buch nicht von zentraler Bedeutung. Die Formenlehre mußte die Grenzen, die jeder Teilsprache gezogen sind, überschreiten; die Bedeutungs­

lehre läßt recht eigentlich die — relative — Sprach-Indi- vidualität des Hebräischen erkennen. W ie in keiner ver­

w andten Sprache sind durch Arbeiten, die anderen Zw ecken gedient hatten, die W ege zur Erkennung der Individualität d e s H e b r ä i s c h e n geebnet. Man darf gespannt z. B. der Darstellung des Piel durch Bergsträßers berufene Hand entgegensehen; das wird eine außerordent­

lich dankbare Aufgabe sein und ein m. E. spruchreifer G e­

genstand. Zu wünschen ist noch eine Klärung des B e­

griffs „spätalttestam entliche Sprache“, und zwar für m eh­

rere Zw ecke. Der Begriff stammt aus der Literatur­

geschichte, kann aber aus zeitlichen A nsätzen einschlägi­

ger A bschnitte nicht abgeleitet werden. Abnützung der Sprachm ittel, A nalogie und Entlehnung, Schulstil und Ideale haben in verw ickeltem Zusammenwirken das Spät­

hebräische hervorgebracht und es gegenüber der Umgang­

sprache in eine schwer bestimmbare Selbständigkeit ver­

setzt, w elche anders beschaffen ist als die der Zunft- und Fachsprache innerhalb des A lthebräischen und wieder anders als das Mischnische. L etzteres hatte in dem alten G esenius einige vorschnelle Gastrollen gegeben. Natürlich kann man Vorblicke auf jüngere Abkömmlinge des G egen­

standes nicht verwehren, zumal wenn vielleicht zu seiner Erklärung beitragende A nalogien beobachtet w erden können. Grundsätzlich ist jedoch eine streng sprach- geschichtliche Betrachtung zu fordern und diese besteht w eniger darin, daß Erscheinungen a n d e r e r Sprachen zum V ergleiche herangezogen werden, als in dem Nach­

w eise des Eigengutes der Teilsprache, seiner Ausbildung und geschichtlichen Abwandelung. D iese gesunde B e­

schränkung des Stoffs wird gerade durch den sprachver­

gleichenden W eitblick des Vf. gew ährleistet.

W i l h e l m C a s p a r i - Kiel.

Palästina-Jahrbuch des deutschen evangelischen Instituts für Altertum sw issenschaft des Heiligen Landes zu Jerusalem. Hrsg. v. Prof. D. Dr. D. G u s t a f D a l - m a n. 22. Jahrg. (1926.) Mit 8 Abbildungen auf 6 Tafeln und 1 Karte. Berlin 1926, E. S. M ittler u. S.

(143 S. gr. 8.) 4.75 Rm.

Die normaler gewordenen Verhältnisse im Buchhandel ermöglichen jetzt w ieder den üblichen Vertrieb des Jahr­

buches und haben daher zur Auflösung des es finanziell stützenden Vereins der Palästina-Freunde geführt; auch das A nschw ellen des neuen Bandes erfüllt seine Freunde mit froher Hoffnung. Der jetzige Leiter, Prof. D. Alt, bringt den nam entlich topographisch sehr ertragreichen Bericht über die A rbeit des Instituts im Jahrgang 1925; es folgt einer der zum erstenmal seit 1914 w ieder öffentlich v er­

anstalteten Institutsvorträge über „Die Tradition in Pa­

lästina“ von Propst Lic. Hertzberg. A lt bringt auf Grund der amerikanischen Ausgrabungen neues Material zur G e­

schichte von Beth-Sean (1500— 1000 v. Chr.), Dalman solches zur „Tradition" von nebi samwll, Mizpa und Gibeon und einen Bericht über das in Greifswald errichtete Palä- stina-Institut. W eitere K reise der Bibelfreunde dürfte Dal-

mans mit Bildern geschm ückte Studie „Viererlei A ck er“

interessieren, aus der allerlei Anschauliches über Jesu G leichnisse zu lernen ist; w elche Bedeutung diese Art der Palästinakunde auch für den Religionsunterricht erlangen kann, habe ich in dem Buche „Schule, Religion und L eben“

(1926) gezeigt. A lte, lern- und erlebensfrohe Zeiten des Einsammelns wurden in dem B erichterstatter w ieder w ach­

gerufen durch die poetischen „Institutserinnerungen“ seines Zeitgenossen Eckardt vom Jahre 1905.

E b e r h a r d , Berlin-Hohen Neuendorf.

Heman-Harling, Geschichte des jüdischen Volkes seit der Zerstörung Jerusalems, in zw eiter gekürzter und bis auf die G egenwart fortgeführter Auflage. Stuttgart 1927, Calver Vereinsbuchhandlung. (445 S. gr. 8.) Geb.

12.— Rm.

Da sich keine andere Feder gefunden hat, eine brauch­

bare G eschichte der Juden für Nichtjuden zu schreiben, so war die Neuauflage bei der w achsenden Bedeutung der Judenfrage eine N otwendigkeit; und w ieder darf die Chri­

stenheit in der gerechten Darstellung Hemans die ganze Tragödie der Judenheit erleben. O. v. Harling ist nur mit pietätvoller Zurückhaltung dem Geheiß, zu kürzen, nach­

gekommen, und hat in der Fortführung der G eschichte bis in die G egenwart ganz im G eiste Hemans geschrieben.

D iese letztere Aufgabe war nicht leicht, da sich die G e­

schichte der em ancipierten Judenheit in die Breite zerteilt, aber mit sicherem Griff hat er nicht nur die w ichtigsten Er­

eignisse aus der Fülle ins Licht gerückt, sondern auch die bedeutungsvollsten Bücher jüdischer und antijüdischer Literatur vorgestellt.

Gewiß wird die Knappheit für manches G eschehen den Wunsch nach einer Spezialabhandlung w eck en , aber sie er­

laubt, alle Fäden jüdischer W irksam keit in dem G ew ebe der jüngsten W eltgeschichte sichtbar zu machen und zu der rechten geschichtlichen Folgerung und Beurteilung zu

helfen. K n a b e - Arnsdorf.

Eusebius Werke, VII. Band: D ie Chronik des Hieronymus Hieronymi Chronicon, herausgegeben von Dr. Rudolf Helm, Prof. an der Universität Rostock. 2. Teil Les­

arten der Handschriften und quellenkritischer A ppa­

rat zur Chronik. (Die griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh. 34. Band.) Leipzig 1926, J. C. Hin­

richs. (XLVIII, 778 S. gr. 4.) 35 Rm.

Nachdem 1913 der T ext der Chronik des Hieronymus in der K irchenväterausgabe von Helm herausgegeben wurde, erscheint erst nach 13 jähriger Pause, die durch den Krieg vor allem bedingt ist, der quellenkritische Apparat. Die überaus m ühevolle Arbeit, einen relativ gesicherten T ext der Chronik herzustellen, die Helm in glänzender W eise gelungen ist, und wofür er das hohe Lob Hermann D iels erntete, findet nun durch Herausgabe dieses 2. Bandes ihren Abschluß. Unter dem Zwange der Verhältnisse mußte er diesen Band selbst schreiben, um so durch Ver­

m eiden des Satzes die U nkosten zu verringern und das Erscheinen der Ausgabe überhaupt zu ermöglichen. Es ist ein Zeichen der Zeit, daß, w ie H. im Vorwort sagt, ein deutscher Philologe zu einer solchen M önchsarbeit durch die N otlage verurteilt ist, nur um seiner A rbeit dazu zu verhelfen, daß sie überhaupt das Licht der Öffentlichkeit erblickt. In der Einleitung w eist er zunächst auf die A us­

gabe der Chronik von Alfred Schöne hin, die für ihre Zeit ein verdienstvolles Unternehm en war, aber daran litt, daß

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in ihr die besten Handschriften nicht oder nicht voll ver­

merkt waren, w eil Sch. eine durch ihr A lter täuschende, vielfach entartete Handschrift, den Codex Bongarsianus aus dem 7. Jahrhundert zur Führerin gewählt hatte. Die Seitenzahlen der inzwischen 1923 erschienenen englischen A usgabe der Chronik von J. K. Fotheringham hat H. am oberen Rande seines 2. Bandes vermerkt, um so diesen Band auch für die englische Edition verwendbar zu machen. Dann folgt eine Charakterisierung der Hand­

schriften, die H. in seiner Textausgabe benutzt hat. An der Spitze stehen der Cod. O xoniensis (O.) und der Cod.

Floriacensis (S.), die beide nach Traube dem 5. Jahrh.

zuzuweisen sind. Der erstere ist vor dem letzteren da­

durch bevorzugt, daß er fast vollständig erhalten ist und nicht erst auf w eite Strecken durch Abkömmlinge von ihm ergänzt w erden muß. Dann folgt der aus dem 7. Jahr­

hundert stammende cod. Amandinus (A.), der von Helm mit Recht für eine Abschrift von S. gehalten wird, das­

selbe gilt für den cod. Petavianus (P.) und cod. Turonensis- Berolinensis (N.), beide aus dem 9. Jahrhundert. Von ge­

ringem W ert für die Textgestaltung, aber von Helm noch berücksichtigt sind der cod. Bongarsianus (B.) aus dem 7. Jahrhundert, der cod. Lucensis (L.) aus dem 8. Jahr­

hundert und der cod. M iddhlehillensis (M.) aus dem 8. Jahr­

hundert. Von den zahlreichen sonst erhaltenen Hand­

schriften der Chronik, auch von den von Fotheringham verw erteten, hat Helm in der vorliegenden Ausgabe A b­

stand genommen, w eil sie jünger oder willkürlich zurecht gemacht sind. Nach Helm kann es keinem Zweifel unter­

liegen, daß die beiden Handschriften S. und O. auf ein ge­

m einsam es Original bezw. eine gleichartige Vorlage zu­

rückgehen, die einen 26 zeiligen Typus hatte. Dann b e­

spricht Helm die Einrichtung der Chronik des Hieronymus, die Verwendung roter Farbe für einzelne Königreihen, der großen und kleinen Schrift, die Beziehung der Ein­

tragungen zu den Zahlen. Da die Ausgabe von H. aber nicht nur des Hieronymus Chronik repräsentieren, sondern das Original des Eusebius in seinem T ext so w eit als mög­

lich rekonstruieren soll, so sind sowohl die völlig selb­

ständigen w ie die Erweiterungen Eusebianischer Notizen durch den lateinischen Übersetzer bezeichnet. Hier stehen als Beweism aterial die arm enische und syrische Über­

tragung — erstere ist von Karst, Eusebius 5. Band Leipzig 1911 besonders herausgegeben — sow ie die Entlehnungen späterer griechischer Chroniken einerseits, die lateinischen Parallelen und Vorgänger des Hieronymus anderseits zur Verfügung. Wenn auch der T ext des Eusebius nur mit einem gew issen Grad von W ahrscheinlichkeit festgestellt w erden kann, so hat Hieronymus in der äußeren Form die Eusebianischen Tabellen zw eifellos reproduziert. Endlich handelt Helm noch ausführlich von der Beziehung der Ein­

tragungen zum Zahlengerüst bei Eusebius und erw eist m. E.

durchschlagend, daß von Eusebius jede angeführte Notiz außer gew issen Sam m elnotizen zu einem bestim m ten Jahre gem eint war. Dann folgt der ausführliche quellenkritische Apparat, der auch gew isse Irrtümer der Textausgabe korrigiert. Er ist mit musterhafter Gründlichkeit gear­

beitet, vielleicht wäre es nicht nötig gew esen, alle Schreib­

fehler der Handschriften zu registrieren. Jedenfalls hat sich Helm auch durch diesen Band, der die Lesarten der Handschriften und den quellenkritischen Apparat zur Chronik enthält, ein nicht hoch genug zu veranschlagendes V erdienst erworben.

G. G r ü t z m a c h e r - Münster i. W.

Ohm, Thomas, P., O. S. B. (Dr. theol.), Die Stellung der Heiden zur Natur und Übernatur nach dem hl. Thomas von Aquin. Eine m issionstheoretische Untersuchung.

(M issionswissenschaftliche Abhandlungen und T exte, herausgegeben von Prof. Dr. Schmidlin, Münster i. W., Heft 7.) Münster i. W. 1927, Aschendorff. (XIII und 351 S. gr. 8.) 14.90 Rm.

D iese umfängliche Schrift w ill einen Beitrag zum Ver­

ständnis der inneren Einstellung der Christenheit zum Heidentum darbieten. Nur w enn man die begründete Über­

zeugung hat, daß die Heiden aus ihrer eigenen Kraft nicht zu Gott kommen können, ist die Mission Recht und Pflicht der Christenheit (S. VI). Von diesem Gesichtspunkt aus unternimmt es der Verf., die Bedeutung der Heidenmission in der Ideenw elt des hl. Thomas darzustellen. Er hat es sich mit seiner A rbeit nicht leicht gemacht. Er hat nicht nur die philosophischen und dogmatischen W erke des Thomas studiert, sondern auch seine exegetischen A r­

beiten vorgenommen. Er hat auch nicht bloß die Stellen behandelt, in w elchem Thomas direkt von Heidentum und M ission spricht, sondern er stellt auch eingehend den um­

fassenden Begriffsapparat des Thomas dar, der das Leben und die Fähigkeiten des natürlichen M enschen sow ie die göttliche Gnade und ihr mannigfaches W irken zum G egen­

stand hat. Dazu kommt eine ausgiebige A useinander­

setzung mit der unermeßlichen älteren und neueren Thomasliteratur, denn es liegt dem Verf. nicht nur daran, die Meinung des Thomas geschichtlich festzustellen, sondern sie auch als m aßgebende W ahrheit für die M issionsarbeit zu erw eisen. — Trotz der großen Mühe, die der Verf. auf­

gewandt hat, macht das Buch, bem essen an seinem Zweck, auf den Leser keinen recht befriedigenden Eindruck.

Man hat fortgesetzt die Empfindung, daß in diesem Fall w eniger eigentlich mehr gew esen wäre. Ein großer Teil des Buches ist der W iedergabe gew isser dogmatischer Lehren des Thomas gewidm et, über die man sich auch anderwärts gut orientieren kann. Die Anwendungen auf die Mission (z. B. S. 193, 235, 300 f.) sind doch ziemlich selbstverständlich, w ie auch die Beurteilung des H eiden­

tums, die eben doch ohne ein tieferes religionsgeschicht­

liches Verständnis von Thomas unternommen werden mußte. Zwar kommt dem 13. Jahrhundert auch in der M issionsgeschichte eine große Bedeutung zu, aber man ge­

winnt wirklich nicht den Eindruck, als wenn Thomas diese Bedeutung in ihrer T iefe erfaßt hätte oder gar den M issio­

naren praktische Anregungen hätte geben w ollen odei können. W as er vorbringt, geht doch über die einfachen Gedanken nicht hinaus, daß der Heide heilsfähig w ie heils­

bedürftig ist und daß nur die Gnade in ihren verschiedenen Wirkungen und durch die M ittel der Kirche ihm Heil zu bringen vermag. W äre es nicht wirkungsvoller und lehr­

reicher gew esen, w enn der Verf. diese Gedanken knapp und eindrucksvoll zusam m engestellt hätte, um daran die Frage zu knüpfen, was diese G edanken in jener Zeit w ie heute für die Missionare zu bedeuten hatten und zu b e­

deuten haben? V ielleicht hätte in diesem Rahmen auch eine etw as eingehendere Behandlung des W esens der Sünde und der Kraft der Person Christi hineingezogen w erden können.

Aber ich verstehe, w ie der Verf. zu seiner Darstellung gekommen ist. Er w ollte einerseits die Not des H eiden­

tums mit ihrem inneren Bedarf und der Unerschöpflichkeit der Gnade kräftig unterstreichen, und er w ollte andrer­

seits nicht bei allgem einen W ahrheiten es bewenden

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lassen, sondern sie in rational w ie autoritativ begründeter Form vorführen. So geriet er allmählich immer tiefer in dogm engeschichtliche Untersuchungen, die in manchen Stücken dankenswert sind, aber zu der „M issionswissen­

schaft“ immerhin nur in einem ziem lich lockeren Zusam­

menhang stehen. Ich hebe aus diesen Untersuchungen einige hervor und em pfehle sie zugleich der Aufmerksam­

keit der Dogmenhistoriker. So etw a die Lehre von der potentia obedientialis als die dem Heiden bleibende Ge- horsamsfähigkeit gegen G ott (S. 239 ff.), die Vorbereitung auf die heiligm achende Gnade durch die aktuelle Gnade (S. 258 ff.), durch die Thomas auch das facere quod est in se zustande kommen läßt (S. 263). Der appetitus apti- tudinalis als ein desiderium naturalis, eine inclinatio naturalis zur Gnade (S. 248 ff.), w obei hier w ie auch sonst mit Recht hervorgehoben wird das Aufeinandergeordnet­

sein der natürlichen Anlagen und der Gnadenwirkungen in der Lehre des Thomas. Ferner verw eise ich auf die außerordentlichen H eilsw ege in dem Heidentum, etwa durch Wunder, Engel, Propheten (S. 339 f.), sow ie auf die Frage, ob alle Heiden verdammt w erden oder ob auch im Jenseits M ittel zu ihrer Rettung vorhanden seien oder ob, ähnlich w ie der limbus puerorum, für sie ein „ewiger M ittelort“ anzunehmen sei (S. 340 ff.), w as aber nicht im Sinn des Thomas wäre. Nicht glücklich formuliert scheint mir die thom istische Lehre über das meritum de congruo (S. 219 f.) zu sein.

So ließe sich noch m ancherlei Beachtensw ertes aus dem fleißigen W erke anführen, das jedenfalls in mancher Hinsicht einen lehrreichen Beitrag zum Verständnis des Thomismus darbietet. Noch merke ich ein paar Druck­

fehler an. N eben dem fast unvermeidlichen Origines (S. 340) ist S. 153 A bsatz 1 motus (für modus) primo primi zu lesen und S. 167 sub. IV, w o statt „die G ötzen b i 1 d e r heißen idololatrae“ jedenfalls gem eint ist: die G ötzen- d i e n e r . R. S e e b e r g - Berlin-H alensee.

Lutherana V. Fünftes Lutherheft der Theologischen Studien und Kritiken 100. Band, 2., 3. Heft. Gotha 1928, Leopold Klotz. (S. 168— 353; gr. 8.)

H. V o 1 z w eist in einer Abhandlung über die Frage

„W ie Luther in der G enesisvorlesung sprach" nach, daß von zw ei Nachschriften zu einem Stück von Luthers großer G enesisvorlesung (Ausführungen zur Prädestination vom 18. 2. 1542) die eine (von Ligarius, Kirchenarchiv von Norden, ed. H. Ernst) nur verbreiternde Abschrift aus dem gedruckten Kommentar ist, daß dagegen die andere (anonym, Gotha), w ie die Gegenüberstellung zeigt, selb­

ständige, sicher unmittelbare Nachschrift ist. Darauf w eisen vor allem die zahlreichen deutschen Ausdrücke, die zw eifellos original sind und die der Druck nachher ins Latein übertrug. — In einer langen Abhandlung (S. 197 bis 347) über „Die D oppelschichtigkeit in Luthers Kirchen­

begriff" schüttet F. Kattenbusch ein Meer von kritischen Betrachtungen über die neuere und n eueste Literatur aus, die sich Luthers Kirchengedanken zugew endet hat (merk­

w ürdigerw eise ist das w ichtige Buch von W alther über­

gangen worden), baut dazwischen eigene G edanken ein, die darin gipfeln, daß Luther innerhalb der wahren Kirche zw ei „Schichten" (es ist aber immer mißlich, in B e­

schreibung Lutherscher Gedanken unlutherische Termini einzuführen) unterschieden habe: „Kirche“, sensu gene­

rali, als Christenheit in der begriffsmäßigen T otalität ihrer Merkmale, d. i. in der Vollvorhandenheit, Vollbetätigung,

als Volk G ottes oder Reich G ottes, schlechthin als das corpus Christi auf Erden, und sensu speciali, „Kirche" als eine Provinz im R eiche G ottes, als Kultgemeinde, wofür V. auch „gottesdienstliche Gemeinde" zulassen könnte (S. 268). An diesen Hauptfaden wird eine Fülle von G e­

danken und N otizen in wenig übersichtlicher W eise ange­

hängt, zuletzt besonders der Hinweis auf die drei G ottes­

stifter, Kirche, Staat, Familie, mit ihrer inneren Bestim m t­

heit zu dieser Kultgemeinde. — Überzeugend w eist endlich J. F i c k e r (S. 345 ff.) aus Luthers wohlverstandenen W or­

ten nach (WA. 50, 519), daß dessen erste Vorlesung die über die Psalmen von 1513/15 gew esen ist, nicht über die Genesis; das erste Buch der Bibel kann derselbe nur zu jener Zeit in kleinem K reise ausgelegt haben, nicht in einer öffentlichen Vorlesung. H. P r e u ß - Erlangen.

Rieder, Hans, Dr. jur., Dr. phil. (Regierungsrat in Berlin), Staat und Kirche nach modernem Verfassungsrecht.

Berlin 1928, Carl Heymanns Verlag. (164 S. gr. 8.) 9 Rm.

Die von Dr. Rieder vorgelegte Abhandlung beschäftigt sich mit „Staat und Kirche nach modernem Verfassungs­

recht" (richtiger: im D eutschen Reich). Sie hat als D isser­

tation die Billigung der Kölner juristischen Fakultät ge­

funden. Ihr Aufriß: I. Einleitung, II. G eschichtliche Ent­

wickelung des Verhältnisses von Staat und Kirche bis zur W eimarer Reichsverfassung, III. Das kirchenpolitische System der W eimarer Reichs Verfassung, IV. Das W esen der Staatshoheit über die Kirche, V. D ie Lockerung der bisherigen Staatshoheit gegenüber der Kirche durch die Reichsverfassung 1. in bezug auf das staatliche Refor­

mationsrecht, 2. in bezug auf das staatliche Aufsichtsrecht über die kirchliche Autonom ie, die Einrichtung der kirch­

lichen Organisation, die Neubildung und Veränderung der Kirchengemeinden, die kirchliche Vermögensverwaltung, die Ausbildung der Kirchenbeamten, die kirchliche Ämter­

verleihung, die geistliche (besser: kirchliche: mit Rücksicht auch auf die evangelischen Kirchen) Disziplinär- und Straf­

gerichtsbarkeit, das Ordenswesen, die Kirchenmitglied­

schaft, das Bestattungsw esen, 3. in bezug auf das staatliche Schutzrecht, erschöpft in der Einteilung den gew altigen Stoff. W enn das G leiche in der Durchführung zu erreichen w eder beabsichtigt noch möglich ist, so hat Rieder doch sehr viel und auch manches Eigene zu sagen. W enn er schon S eite 3 gegenüber einer einseitigen Auslegung des Art. 137 RV. sowohl bei einzelnen Schriftstellern w ie auch manchen Landesgesetzgebungen den Versuch, mit Hilfe der öffentlichen K orporationseigenschaft eine rückläufige Bewegung der in der W eimarer Reichsverfassung abge­

schlossenen R echtsentw ickelung anzubahnen und die frühere, mit der heutigen Reichsverfassung völlig unver­

trägliche besondere Kirchenhoheit auf Um wegen w ieder einzuführen, schärfstens ablehnt, so klingt das w ie ein Programm des Buches. W enn er auch in manchem Ein­

zelnen sein Prinzip überzieht, vor allem z. B. bei der Kirchenmitgliedschaft, die er auch bei den „Landes­

kirchen" in anscheinend allzugroßer Abhängigkeit von Meß (Arch. d. ö. R. 1925) rein vereinsmäßig aufbaut, so hat er doch im allgem einen ungefähr recht und kann eine er­

freuliche Kritik an dem preußischen — w ie ich es nennen m öchte — G esetz gegen die Kirchen vom 8. April 1924 üben, w ie die m aterielle und formelle Reichsverfassungs­

m äßigkeit der bayerischen Kirchenverträge von 1924/25 nachw eisen. Daß er insbesondere die verstärkte Ordens­

tätigkeit in Bayern u n d a n d e r w ä r t s staatskirchen­

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rechtlich auf die Grundlage der Reichsverfassung (nicht in Bayern des Konkordats) stellt, ist richtig und für manchen gut zu hören. Leid tut mir persönlich, daß er meine beiden A rbeiten „Evangelisches K irchenrecht?“ (Allg. Evang.- Luth. KZ. 1925) und „Die Rechtsgrundlagen der bayerischen K irchenverträge“ (Bayer. Verw.-Bl. 1926) anscheinend übersehen hat. Ich h ätte mir zum K apitel „Autonom ie"

eine anregende Diskussion versprochen. Alles in allem sind w ir um eine treffliche Abhandlung reicher.

R u d o l f O e s c h e y - Leipzig.

D evaranne, Theodor (Missionsinspektor, Pfarrer), Der gegenwärtige G eisteskam pf um Ostasien. Der reli- gions- und missionskundliche Ertrag einer O stasien­

reise. G otha 1928, Leopold Klotz. (96 S. 8.) 3 Rm.

Der Inspektor der Ostasienmission b ietet hier den E r­

trag seiner letzten Reise durch Jap a n und China, und d a­

m it einen w ertvollen Beitrag zum V erständnis des Kon­

fliktes zwischen der w estlichen und der ostasiatischen Kul­

tur. Er behandelt Chinas religiöses Erbgut, die Krisis der Mission und des Christentum s in China, den lebendigen Buddhismus in Jap an und Japans Zukunftsreligion und gibt dam it den G ebildeten unserer Zeit einen guten W egweiser durch die recht schwierigen Verhältnisse des Ostens. Für die Mission scheint mir ein w ichtiger Ertrag in dem V er­

such zu liegen, die U nterschiede zwischen dem japanischen M ahayanabuddhism us und dem Christentum herauszu­

arbeiten. Er wird auf die Form el zwei- bezw. drei-dim en­

sional gebracht und damit wird im tiefsten Grunde ein absoluter W ertunterschied statuiert. N atürlich w irken die Problem stellungen der Theologie des P rotestantischen M issionsvereins noch stark nach, und es mag zweifelhaft sein, ob je die K aiserverehrung und die Ahnenverehrung in die japanische C hristlichkeit so eingebaut w erden können, wie sicher P ietät und Vaterlandssinn, aber es ist doch sehr ernst zu prüfen, ob die hier vorgetragene Fassung der U nterschiede nicht ein erfreuliches A brücken von der bisherigen theologischen Position und eine grund­

sätzliche Annäherung an die von den alten deutschen Missionen v ertreten en Überzeugungen bedeutet.

M. S c h l u n k - Tübingen.

Hartmann, Richard, Die Krisis des Islam. (Morgenland­

darstellung der Geschichte und K ultur des Ostens, Heft 15.) Leipzig 1928, J. C. Hinrich. (27 S. gr. 8.) 1.50 Rm.

Die moslemische W elt wird m ehr und m ehr in eine Krisis hineingezogen. Die w estliche K ultur gerät in Kon­

flikt mit den althergebrachten religiösen Ordnungen des Islams. In diese Krisis führt das Heft des bekannten H eidelberger Islamforschers ein, der uns schon früher in Heft 11 „Die W elt des Islam einst und heute“ geschichtlich auf die gegenwärtige Spannung hingewiesen hatte. Die Schrift v e rtritt den zweifellos richtigen G edanken, daß die M odernisierung des Islam nicht zu einer Auflösung der islamischen Gemeinschaft führen wird. Ein Teil der Mo­

ham m edaner wird in steigendem M aße versuchen, durch Reformbewegungen die neuen G edanken in den Dienst der alten islamischen Ideale zu stellen. Ob freilich der Mo­

dernism us w irklich den gesam ten Islam von Grund aus um gestalten wird, bleibt auch bei dem Verf. eine offene Frage; aber die These, daß es verfrüht ist, dem an­

scheinend e rsta rrten Islam ein baldiges Ende vorauszu­

sagen, hat sicherlich ihr volles Recht. Die w ertvolle

Schrift beleuchtet u. a. die wichtigsten m odernen Be­

wegungen, die Säkularisierung der Türkei, der W ahhabiten Bewegung und die Bemühungen zur Erhaltung des Kalifats.

S i m o n - Bethel bei Bielefeld.

H arnack, Theodosius, D. (weil. Professor in Erlangen und Dorpat), Luthers Theologie mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs- und Erlösungslehre. Neue Ausgabe. 2 Bände. München 1927, Chr. Kaiser. (XII, 546; VIII, 464 S. gr. 8.) 11 Rm. und 12.50 Rm.

F ür die Neuausgabe gebührt dem A nreger Georg Merz, ferner Lic. Wilh. F. Schmidt, der den ersten, und Oskar G rether, der den zw eiten Band bearbeitete, endlich dem Verleger hohes Lob. Den B earbeitern vor allem für die 164 Seiten füllenden Tabellen der Lutherzitate, die neben den von H arnack angeführten Stellen bei W alch die aus WA, E A \ EA2, aus der Clemenschen und Braunschweiger Ausgabe nachweisen. Es ist gewiß ein Wagnis, eine histo­

rische Darstellung, deren erster Band 1862, der zw eite 1885 erschien, mit unverändertem T ext neu zu drucken.

Eine Bibliothek von L utherliteratur ist seitdem erschienen.

Neue, wichtige Lutherquellen sind seitdem erschlossen.

Vor allem ist uns allen durch die W eim arer Ausgabe die Fragw ürdigkeit zahlreicher Lutherdrucke, die H arnack noch, dem G ebrauch der Zeit entsprechend, W ort für W ort als aus Luthers F eder entsprungen zitierte, zum Be­

wußtsein gekommen. Dazu kommt, daß man beiden Bänden des W erkes die theologiegeschichtlichen Situationen, in denen sie entstanden sind, auf Schritt und T ritt anm erkt.

Es zeigt sich etw a in dem fast offiziellen Bekenntnis zu den K enotikern (II, 162), in der Polemik gegen Hofmann (II, 236, 247, 312), vor allem gegen Ritschl im ganzen II. Bande. Dem ersten m erkt man die Nähe von G. Tho- masius an. Kurzum, H arnacks W erk ist ein Buch des 19.

Jahrhunderts und kann nie etw as anderes sein. W enn trotzdem die Neuausgabe gewagt wurde, so kann es nur in der Überzeugung geschehen sein, daß es in einem b e­

stimm ten Sinne noch nicht überholt ist. Und da das bis­

her U nersetzliche daran nicht der Rückzug auf den „jungen Luther" ist, den Georg Merz selbst in eindrucksvollen Studien behandelt hat, so wird man wohl als das noch nicht überholte formale M erkmal der Grundposition an- sehen dürfen, daß H arnack den g a n z e n Luther ern st nimmt.

Auch H arnack kannte selbstverständlich die Entw icke­

lungen, die Luthers Theologie durchgem acht hat. Die v er­

schiedenen Phasen seiner Praedestinationslehre hat er sehr ausführlich (I, 113— 190) und gerade hier mit Quellen­

belegen, die in den wichtigsten Stücken unanfechtbar sind, behandelt. Allerdings mit Ergebnissen, die der Theologie, die Luther zu calvinisieren oder doch im Interesse des heute besonders zielbewußt angestrebten M ischtypus von der Theologie der lutherischen Bekenntnisse möglichst ab ­ zurücken sucht, kaum erw ünscht sein können. Er zeigt nämlich nicht nur, daß seine Kampfschrift gegen Erasmus etwas anderes m einte als irgendeinen philosophischen De­

terminismus, daß er seit 1528 in immer stärk eren A us­

drücken die U niversalität der Gnade lehrte, sondern auch, daß die später von L uther abgestoßenen M omente der Praedestinationslehre solche sind, die seinem theologischen Grundprinzip w idersprechen, das ihn v o n A n f a n g a n beherrschte. Die Anwendung der Grundstellung Luthers auf die Praedestination läßt sich nicht treffender charak te­

risieren als mit dem Satz der Konkordienform el, sie sei

(6)

nequaquam ex tra m ediatorem Christum consideranda.

H ierbei handelt es sich nicht um irgendeine Konzession an den Philippismus oder um ein Theologumenon der M änner der Konkordienformel, sondern um den einzigen sicheren Ausgangspunkt, von dem aus sich auch, abgesehen von allen dogmatischen Interessen, allein das historische V er­

ständnis der Theologie Luthers erschließt — voraus­

gesetzt daß man sie wie H arnack wirklich als Ganzes ernst nehmen will. In diesem nequaquam ex tra Christum liegt nicht nur die fundamentale Divergenz vom Calvinismus, die bis in alle Einzelheiten des Dogmas hineinwirkt. Es bezeichnet zugleich genau den Punkt, wo der Calvinismus in die Aufklärung übergehen konnte und mußte und wo diese w ieder mit dem Idealismus verw andt ist.

Die christozentrische Betonung der Theologie Luthers ist das stärkste inhaltliche M erkmal des H arnackschen W erkes, oder vielm ehr die Folgerichtigkeit dieser Be­

tonung. Denn die Betonung an sich haben auch Ritschl und seine Schüler nicht ohne G rund für sich in A nspruch ge­

nommen. A ber w ährend bei ihnen Christus — und die gesam te christliche Heilslehre — in einer R ubrik auftritt, die aus erkenntnistheoretischen Überlegungen schon vorher bereit gestellt ist, hat er bei Luther, so wie ihn H arnack richtig zeichnet, auch als Erkenntnis p r i n z i p funda- m entierende Bedeutung. Indem H arnack schon im ersten Bande (S. 73 f.) nachweist, daß Luthers Unterscheidung von

„G ott und G o tt“ — „G ott und die W elt in Christo und außer Christo" — mit dem Kantischen Dualismus keines­

falls verw echselt w erden darf, hat er die entscheidende K ritik an einem großen Teil der späteren L utherinter­

pretatio n vorweggenommen. Luther kennt kein W elt­

verhältnis des M enschen, das nicht durch sein G ottes­

verhältnis bestim m t w äre. H at er aber dabei nicht G ott in Christo vor sich, dann mit unausweichlicher Sicherheit den G ott des Zorns. Ein neutrales Zwischenverhältnis gibt es hier nicht. Das ganze Pathos des ersten Bandes bei H ar­

nack konzentriert sich in dem Nachweis, daß der Zorn G ottes bei Luther nicht nur ein dunkler H intergrund für die Lichtseiten seiner Heilslehre ist oder gar ein Rest von M önchstheologie, sondern daß nur an ihm die Paradoxie fühlbar w erden kann, die Christus zum Chistus des Glaubens macht. H at H arnack auch nicht alle Problem e empfunden, die in Luthers Lehre vom Deus absconditus, vom opus alienum u. a. später gefunden w urden — das Entscheidende darüber h a t er gesehen und gesagt. Auf der anderen Seite kann er Christus so in den M ittelpunkt der Theologie Luthers rücken, ohne in die Irrw ege der R itschlschen Interpretation zu verfallen, weil er ihn ganz und gar theozentrisch denken läßt.

Indem H arnack die integrierende Bedeutung der Lehre vom Zorn G ottes für Luther erkannte, m ußte ihm auch das V erhältnis der reform atorischen zu den traditionellen Ele­

m enten seiner Theologie anders erscheinen als Ritschl und seinen Schülern. Es besagt eigentlich alles, daß er seinem W erk den U ntertitel gab: „Mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs- und Erlösungslehre". Die R echt­

fertigungslehre steht ganz am Schluß des zw eiten Bandes.

Sie tritt vielleicht über G ebühr zurück, wie überhaupt der zw eite Band vielfach die innere Größe des ersten, auch dessen divinatorische Sicherheit und Selbständigkeit in P erspektive und Aufbau verm issen läßt. A ber gegen Ritschl und manchen ändern späteren L utherinterpreten, auch der jüngsten Zeit, w ird H arnack doch immer recht be­

halten, wenn er das kirchliche Versöhnungsdogma nicht

als vorreform atorische Eierschalen, sondern als unverm eid­

liches M oment in Luthers R echtfertigungslehre zeichnet.

Der Aufgabe, Luthers Theologie nach rückw ärts richtig einzuordnen, w ar er nicht gewachsen. W enn er auch Richtiges über anti-ockam istische Elem ente darin nach­

w eist — so gehört doch alles, was er sonst über L uthers V erhältnis zur Scholastik und M ystik sagt, zu den schwäch­

sten Teilen des W erkes. Daß hier viele uns heute geläufige Tatsachen erst später gefunden wurden, kann ihn en t­

schuldigen, Man kann aber auch fragen, ob er Luther selbst, soweit er ihm zugänglich war, ausgeschöpft hat, auch wenn er sich auf die besonders betonten Z entral­

lehren beschränkte. Am m eisten fällt auf, daß er Luthers Schriften zur A bendm ahlslehre kaum benutzt, in denen das G ott-W elt-V erhältnis, mit dem sich lange K apitel des ersten Bandes beschäftigen, oft schlagend charak terisiert wird. Daß die handgreiflichen Ockamismen darin H arnack abgeschreckt haben sollten, ist kaum anzunehmen. Dieses Übergehen m acht sich um so m ehr fühlbar, als der Zu­

sammenhang der G nadenm ittellehre mit der P rädesti­

nationslehre von H arnack zw ar richtig gesehen und be­

hauptet, aber nur schwach mit Quellennachweisen u n ter­

baut wird.

A ber keine Schwäche, keine Lücke im einzelnen kann die Bedeutung des Ganzen verkleinern. Man m öchte wünschen, daß dieses Buch von jedem Theologiestudieren­

den gelesen würde. Man lasse sie hierm it den Aufbau einer eigenen Bibliothek beginnen. Und auch diejenigen Pfarrer, die — mag es auch paradox klingen — mit den theologischen W andlungen von heute in Fühlung bleiben wollen, sollten dieses Buch des vorigen Jahrhunderts sich zu eigen machen. E i e r t - Erlangen.

Kuntze, Friedrich, Dr. (Professor in Berlin), Erkenntnis­

theorie. (Handb. der Philosophie. Lief, 16,) München u. Berlin 1927, R, Oldenbourg, (112 S. gr. 8.) 4,55 Rm.

Der Anlage des gesamten Handbuches entsprechend ist auch die vorliegende Darstellung der E rkenntnistheorie historisch orientiert. Bis K ant ist die Darstellung in der zu erw artenden B reite dargestellt, w ährend K ant selbst dann verhältnism äßig breit behandelt ist. Die E rkenntnis­

theorie nach K ant wird sehr kurz abgetan. Das erk lärt sich aus dem U rteil des Verfassers, daß nach K ant bisher kein beherrschendes Erkenntnissystem aufgekommen ist, was dam it begründet wird, daß die in Form eln sich aus­

sprechende S tru k tu r der Physik sich seit Kant nicht ge­

ändert hat. Indessen ist es noch ein anderes, was dazu ge­

führt hat, das Kantische System als einen vorläufigen A b­

schluß festzuhalten, es immer mit neuen V erbesserungen und A nbauten zu versehen, und nicht ein anderes, gleich­

falls auf der m athem atischen N aturw issenschaft fußendes, wie etw a den Positivismus, in den V ordergrund zu stellen.

Das ist die schier unbegrenzte Anpassungsfähigkeit, die das Kantische System besitzt. „Die einzelnen Lehrstücke:

das Apriori, das Synthetische, das offizierende Etwas, sind je und je mit aller G ründlichkeit »vernichtet* w orden — und standen bald darauf in sieghafter G estalt w ieder d a . . . Und noch mehr. Die R ehabilitation solcher L ehrstücke erfolgte nicht durch im m anente Kritik, sondern daher, daß sie von ganz and erer Seite, mit ganz anderen D enk­

m itteln w ieder entdeckt w urden." W er selbst erkenntnis­

theoretisch K antianer ist, wird sich über diese Sätze nur freuen können. J e 1 k e - Heidelberg.

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Sie Darlegung bed lectern UmfłanbeS hätte іф gern vermieben, tocmi іф піфі baraitS Ijätte æeranlaffuiig nehmen toolíeit, an bie geehrten -öetoohncr nuferer lieben

фе§ aber von einzelnen Schülern auch in einem halben Bal)re erreicht mirb, ift in allen .Klaffen genau bemeffen, fo baj) alfo jeb er «Schüler, ci) e er bad 14. 8ebcndjal)r