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Die Zukunft, 17. Dezember, Jahrg. XVI, Bd. 73, Nr 12.

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XIX. Jahrg. Herlimden U.Dezember1910. gr.12.

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Zukunft-i-

Herausgehen

Maximilian Hardem

Inhalt:

Seite Spekkaktel...........;..............-...MI-

Eukdenmng oder Erfindung? VonHedwig Vohm ..........M

Mann undweil-. VonHelene Simon ................M

prienkleixre. VonMartin Zuber· .."................M

Belbllanxeigem Von Weber,8ethge,Ve Not-a ............M

DieGrvijeBerliner. voncadon ...................M

nachdruck verboten.

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Erscheint jedenSonnabend.

Preisvierteljährlich5 Mark, die einzelneNummer 50Pi.

Derltw Veilag der Zukunft.

Wiihelmstraße« Za, 191o.

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Berlin, den 17.Dezember 1910.

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Spektakel.

Republikaner.

Musdemgrauen Jammereiner Reichshaushaltsberathung, inderTagelangnichtdaskleinste Fünkcheneines vorwärts weisendenGedankens aufglimmt und.die,weilsienurden hundert- mal beschnüsseltenundbeleckten Brei als Atzung bietet,keinen Hungerndenzusättigenvermag, fliehtder Sinn gernindieJu- gendzeitdesdeutschen Parlamentarismusz aus derFutter- und SchoppenstättederLeutevonMittelmaßzurückindiefrankfurter Paulskirche, indieJakobGrimm undFriedrichDahlmann,Uh- land undJordan,Arndt undJahn,Mathy undWaitz,Döllinger undVincke,ausSüd undNord diebestenMännerzu dem Ver- suchabgeordnet waren,denDeutscheneinReichund eineVer- fassungzuschaffen.DerVersuchmißlang;undmußte,weildie EinungderdeutschenStämme durch Parlamentsbeschlüssenicht haltbarzusichernwar,mißlingen,selbstwenn auf PreußensThron einfesterKönigswillesaß. Diese Nationalversammlung hatin ihremkurzenLebenaber gezeigt,dasz auch inDeutschland einPar- lament möglichist,von demdas AugederGebildeten sichnicht hoffnunglosabzuwendenbraucht.JmTonruhigerWürde,die denanders Denkenden nichteinen schlechtenKerlund Landes- verräther schimpft, erörternPatrioten dieFrage,ob ausDeutsch- land eine Republikwerden könne oder eineMonarchiewerden müsse.Ernst MoritzArndt spricht: »Wirkönnenkeinegroße,all- gemeine Republikhaben,wirdürfen sie nicht haben nach unserer ganzen Sinnesart, nach unserer VielseitigkeitundMannichfaltig- keit;aberRepublikenvon allerArt,wenn sie stehenkönnen und

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überhaupt’menschlichssind,die könnenwirhabenundvertragen.«

FriedrichDahlmann: »IchbinkeinVerächterderVolkssouve- rainetät; ich ehredenGrundgedanken,derindiesemWort liegt, wenn ich auchdasWort selbst nichtebenleidenschaftlichliebe.Die KraftderSelbstbestimmung einesVolkes soll soweitwieirgend möglichgefördertgwerdewAberichwünschtegarsehr,daßdie Ve- geisterungderHerren fürdieVolkssouverainetät indieVegeister- ungfürdenStaat überginge,derdas Heildes Volkes und der Negirung gemeinsam inssich begreift.« Wilhelm Jordan: »Wir sindvordenThronenstehengeblieben,weil wirinder demokra- tischen Monarchie diefüreineins Mannesalter derReifege- langte Gesellschaftpassendste Staatsform sehen.«Gabriel Riesser·:

»Eine republikanische SpitzederStaatspyramide, einewirkliche Gewalt,vomVolkoder vondessenVertretern gewählt,undunter dieserGewalt erblicheFürstemDas isteinWahnsinn.«Friedrich Vassermanm »Mir ist jederWeg,aufdemDeutschland Einheit undKraft findet,lieber alsPrinzipienstreite, lieber alsWorte.

Jch glaube,wir Deutsche sollten endlich anfangen,Vraktikerzuwer- den,undnichtnochlängerTheoretikerbleiben.« FürstFelix Lich- nowski: »Ich gehöre nicht zuDenen,welchedieNepublikalseinen Jugendtraum geliebthaben.Wenn durchGottes Willen die vier- unddreißig deutschenSouveraine undihreFamilienvon dieser Erde hinweggenommen würden,so,binichüberzeugt,würdeman sichvereinen undneue andieSpitze diesesLandes stellen,wenn auch nichtinso großer Anzahl« KarlMathy: »Wenn ichdie Schmeicheleienhöre,diejetzt so oft derMasse gemacht werden, so möchteicheinesolcheSchmeichelei nichtminder unwürdigfinden alsdas KnienvordemThroneines gekröntenHauptes.« Friedrich LudwigFahn:»WieeinKutscheraufdemBockist,einLotseam Steuer,einLenker aufdemFeuerwagenderEisenbahn,einKoch amherdundeinArztamKrankenbett, so wünscheich einenKaiser fürDeutschland.« GustavRümelim »Wirwollen einenpreußi- schen Erbkaiserebendarum,weilwir nichtpreußischwerden wollen.

Wir wollen uns ganz hingeben;aber wirverlangendasSelbe auchvon Preußen:wirverlangen, daßesseinenstaatlichenOr- ganismus alseinfügsamesGlied indiedeutscheVerfassungein- reihe, daßes unsinBerlin nichtdenDoppelgängereinesNeichs- tageshinstelle,daßesnichtdieStellung und Gliederungeiner

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Spektakel. 373 Großmacht fortbehalte. DieseForderung können wirabernur stellen,wenn dieVerbindungkeinezeitliche,sonderneine unauf- lösliche isLudwigUhland:»Icherkläremichfürdieperiodische Wahl desReichsoberhauptes durchdieVolksvertretung Der unverantwortliche, erblicheMonarchisteinpersonifizirterVegrifs dereinheitlichenund stetigen Staatsgewalt, einallegorischesWe- sen,eineFiktiondesNegirens, keineerweisliche Wahrheit. Da ernichtvermöge seiner persönlichenEigenschaften, sondern durch dasErbsolgerechtzurGewalt berufen ist, so müssenfürdenrich- tigenGebrauchdieserGewalt verantwortliche Näthe einstehen.

Unter dieser Bevormundung kann ein selbständigerCharakter schwer gedeihen;und wenn solche Eharaktere sich fühlen,wenn

sieaus derlästigen Stellung eines lebenden Gemäldes hervor- brechen wollen, sokommen siemitdemkonstitutionellen Rahmen .

inWiderstoß.Eine mächtigeVolkserhebung muß sichaus ihrem eigenen Geistdieihrangemessene Form schaffen.Jstdennunsere politische Neugestaltung von dermonarchischen, dynastischen, aristokratischenSeitedesbisherigen deutschenStaatslebens aus-

gegangen?Nein:unbestrittenvonderdemokratischenDieWurzel alsoistdemokratisch;derWipfelaberschießtnichtvondenZweigen, sondernausderWurzelemponDas wäredemnatürlichenWachs- thumderneu erstehenden deutschen Eiche nichtgemäß,wenn wir ihremWipfeleinVrutnesterblicherReichsadler aufpflanzenwoll- ten.Jch hoffe,meine Herren,Sie werden nicht fürdaserblicheKai- serthum stimmen;solcherVerzichtauthrWahlrecht stehtinWider- spruchzu demGeist, durchdenSie hierher gerufensind.DieRevos lution undeinErbkaiser:Das isteinJünglingmitgrauenHaaren.

Retten Sie dasWahlrecht,dieses letztefortwirkendeWahrzeichen desvolkmäszigenUrsprungesder neuenGewalt !GlaubenSie,mei- neHerren:es wirdüberDeuts chlandkeinHauptleuchten,dasnicht miteinemvollenTropfen demokratischenOelesgesalbt ist.«Georg FreiherrvonBincke: »Die Bedeutung derkonstitutionellenMon- archie hat sichinEnglandgezeigt.Wirerinnern uns, daß Georg derDritte geisteskrankwar,daßerdasParlament mit,Mylords undWasserschnepfen«anredete unddeshalbunter Kuratelgestellt werden mußte:undselbst solcheZuständehabenden-Konstitutio- nalismus nichtzuFallzubringen vermochtundnoch heutesingt derEngländermitBegeisterung:Godsave theang! Jchbin der

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Ansicht,daß jedekonstitutionelle Monarchieeinerepublikanische Veimischunghabenmuß;aberich glaube auch, daßman die Mon- archiestarkmachen muß,um demUebersluthendieses republi- kanischenElementeseinen Damm entgegenzusetzen.«Schüler:-

»Einpersönlicher,sichtbarer,bleibender Repräsentantder Staats-- ideeundderBolkseinheit, dessenWürde vonGeschlechtzu Ge- schlechtsichsorterbt, giebteinenMittelpunkt, andendersinnliche Mensch sich leichteranklammert alsandie abstrakte Idee-«Si- mon: »JndemGrundsatzdererblichenMonarchie liegen mehr- Keime derTrägheitalsinallenVettlern derWelt. Dadurchwird anerkannt, daßinderSpitzedieBerdienstlosigkeit,dieerlaubte UntüchtigkeitundErschlaffung,ohnealleVerpflichtungzurArbeit, sitzen dürfe.«Welcker: »Beiuns siegtdieNepublik nicht eher,als bissichdasKönigthumselbst vernichtet hat, nicht eher,alsbisdie unglückseligenZeitenwiederkehren,dieErzbischof Hinkmarvon Reims aus denTagenLudwigs desFrommen und seiner Söhne berichtet. Erstwenn andiedeutschenFürsten,weilsieindemfürs- Baterland Nothwendigen nichtzusammenstimmen,kein Glaube mehr ist,wirdinDeutschlanddieRepubliksiegen.«Karl Vogt:

,,Kon.stitutionelle Negirungen sindweiter nichtsalsAnstaltenzur Fortsetzung,zurBerewigung derVureaukratie. Das preußische Erbkaiserthum wirduns den Streit zwischen deutscherundpreu- ßischerVersammlung bringenundderAbsolutismus wirdsichdas- hin flüchten,woerdenbestenBodenfindet,nachPreußen,umvon dortausdieWirksamkeit desanderen gesetzgebendenKörperszu paralysiren.«Waitz: »Ichbinviel zusehrDoktrinär undFreund derGeschichte,als dasz ichdierepublikanischeNegirungsorm an sichverwerfenodermißachtenkönnte ;aberDas, waswir inEuro- paneuerdings alsrepublikanischkennen gelernt haben, erscheint meinemAugedurchausnichtalseinZustandstrotzenderGesund- heit,sondernalseinSymptomvonKrankheitUndAuflösung«

JstdasDeutscheReich,dasschließlichdochnicht,wieUhlandge- glaubthatte,»von derdemokratischenSeiteher«,sondernausdem Pulverdampf dreier unter dynastischerFührungsiegreich durch- gefochtenen Kriege kam,eineMonarchiegeworden? »DenNamen Deutscher Kaiser führtderKönigvonPreußenks der, nachdem elstenArtikel derNeichsverfassung, PräsidentdesEwigenVuws desist.RichtMonarch, nichtSouverainz nur nach einemAngriff

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aufdas Bundesgebiet oderdessen Küsten nichtan dieZustimm- ung desBundesrathes gebunden. Souverain istdas Reich,in dessenNamendasRechtgesprochen,derKriegerklärt,derFriede, jedes Vündnißundjeder Vertrag geschlossen,jeder Gesandtebe- glaubigtundempfangenwird.Monarchien sahen,vonderAssyrer- zeitbis in dieTageNikolas vonMontenegro, anders aus« Als ChlodwigHohsenlohe,der eineWeile denKanzlerimGeschäfts- bereichdesAuswärtigenAmtes vertrat,in einer andenBotschaf- terPrinzen Neuß nachWien geschicktenDepeschedieFortschritts- parteirepublikanischer Gesinnungbeschuldigt hatte,schrieb Lagar- de:»Jeder,der dieVerfassungurkundedesDeutschen Reichesals einletztesWort ansieht,istRePublikaner.Wirhaben eineNepublik noch nichtdagewesenetArt,aberwirhaben eineRepublikundrecht- lich istder Kaiserihr Präsident.«DerjungeVismarckhatsicheinen diplomatischenRepublikanergenanntzderalterndehatKarlSchurz versichert,daßerinderTheoriedenNevublikanern sehr nah sei; derentlassene hat öffentlich erzählt,wieofteraus dem Munde von Standesgenossen bittere und geringschätzigeUrtheileüber

«MonarchenundderenHandeln gehört habe.Jetzt, dreißigJahre nachChlodwigs Depesche,einundsechzig Jahre nach den«-Verfas- sungdebatteninderPaulskirche, redet derhöchsteNeichsbeamte, als seidieGrundmauerDeutschlands bedroht,weileinAbgeord-- neter gesagt hat:»Wir SozialdemokratensindNepublikaner.«Das wußtenwirnicht seit gestern. Dasist,vonschrillerenStimmenund imTonheißererLeidenschaft,hundertmaldurchs Reich gerufen worden. Wem hats geschadet?Keinem Kaiser, König, Herzog auchnur eineStunde vergällt.Denn noch ist,invierJahrzehn- ten,nichteinmalderwinzigste VersuchzurAenderungderReichs- form gemachtworden. Jn FrankreichundPortugal lebenMon-·

archisten,inDeutschland,Oesterreich-Ungarn,Belgien,Norwegen, Italien, Spanien Nepublikaner. Darüber mögenKinder nachts greinen. Erwachsene wissen,daßnurdie Kaiser unser Kaiserthum gefährdenkönntenunddaßvonallendeutschen Sorgendieumdie Reichsformdieallergeringste ist. KingEdward soll,in munterer Laune, seinenEnkeleinst GästenausFrankreichals»den letzten Britenkönig« vorgestellt haben.Mit derMöglichkeiteiner Ew- .lution,dievon denheute nochbrauchbaren Ueberbleibselnalter Königsgewaltwegdrängt, müssen, auchinernsterer Stimmung,

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alleMonarchenrechnen. DochalleaufdeutschemBodenlebenden dürfenmitziemlicher ZuversichtindienaheZukunftschauen,wenn sie bedenken, daszeinjedem Auge sichtbarer, jedem Ohr hörbarer Herrschernichtlebenkannwieeinhinter Purpurwolken imEllen-—- beinthurm thronender,dennuranNationalfeiertagen derBlick der- MengeamFensterdergoldenenSänfteerhascht,undwenn siemor- gensundabends sichdesNathes erinnern,denNikolai Pawlo- witsch,MonomachosundZarallerReussen,ihnenindemSatz hin- terließ:,,WirFürstenmüssenallesErdenkliche thun,umfürdieun- geheurenVorrechteunserer Stellung vomVolkVerzeihung zuer- langen.« Daßsanftmüthigequnsch oderwilder Gewaltmorgen gelingen könne,dengekröntenVundesstaatshäuptern,die,inWal- . deck wie inPreußen, noch recht ruhig imBesitzrecht wohnen,einen Präsidentenüberzuordnen,glaubt keinWacher.Keiner sollteaber auchglauben,inDeutschland (wo fünfBiertelmillionen Menschen inNepubliken leben)werde derTeutonenzornPrasselnd ansto- dern,weileinePartei,um das Gesichtzuwahren, ihr Vekenntniß zumRepublikanerideal wiederholt. Jstsnicht kläglich,daß1910 inBerlin bezetertwird,was 1849inFrankfurtgelassenerwogen wurde? MüssenstolzeDenkersich diesesWandels nicht schämen?

Excellenzen.

JmlangwierigenLanderHaushaltsberathung, die wie eine aufgewärmteSchüssel schmeckte,gabesnureinNeues:den Erfolg desReichsschatzsekretärsDas Schatzamt galt stetsalsdasun- dankbarsteimReich;seinJnhaberwarderTürkenkopf,um den aus allenBudenflinten dieVleiklümpchenknatterten. HerrWermuth wurde vonderMehrheit bejubeltundhörte auchausdemLager ihrerGegnerkaum eineleise Rüge. Nach seinersachlichen,knappen, putzlosenRede wußteimHohenHaus Jeder: DiesesAmtist so gutgeleitet,wie wirsnur wünschenkonnten.War auchdie Steuer- litanei vor Ernsthaften nicht mehr wiederholbar.Dadievonden FraktionenderKonservativen und des Centrums imJahr1909be- willigtenSteuern dennächstenNeichsbedarf gedeckt,weder Pro- duzenten noch HändlerndieSchwungkraft gelähmtunddem Ver- braucherheerdieLebensbehaglichkeitnichtgeschmälerthaben:wo- rübersollman fortan noch keifen undflennen? MitderThatsache, daßdieErbschaftsteuernicht aufüberlebende Ehegattenundauf

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Waisen ausgedehntwurde, wirddasdeutscheVolksichallgemach wohl ohne Grausen abfinden; gegen dieseAusdehnung hatten einpaar Jahrezuvor ja auchdieMinisterBülow undRhein- baben,dernationalliberale Abgeordnete PaascheundRichters Erben sichheftig gewehrt.DieMeinung zuändern,war ihr Recht;

nicht,die im altenUrtheilBeharrenden SchelmeundRäuber zu schelten.DieZifferndesHerrn Wermuth habeneine Legende durchlöchert,dienochüber dieStichwahlzeit hinaus dauernsollte.

Undder Mann fängt erstan;kannnun erst,imBesitzvonBertrauen undAutorität, zeigen,was erals FinderundSchöpfervermag.

Wenn erdenVundesstaaten dieMöglichkeit beträchtlicherEr- sparniß (durchInteressengemeinschaftdergroßen, Verwaltung- fusionderkleinen) zeigt,dieEinheitderdeutschen Steuersysteme vorbereiten hilftund demReich dadurch großeEinnahmen schafft, daßerihmdiedauernde Distribution wichtigerJndustriestoffe (Elektrizität,Kohle,Petroleum)sichert,wirddieGeschichteihnals einen Reichsretter rühmen.VonderSteuersucheistnichtmehr ge- nugheimzubringen.Das Reich mußsich(nichtals Produzent,nur alsVertheiler) nacheinträglichenGeschäftenumsehen.Dieesnicht selbstmachen, sonderninPacht gebensollundderenVerstaatlich- ungkeinenderjetzt thätigenDistributeurs zuschädigenbraucht.

DerErwähnung werth ist noch, daß mindestens zweiDrittel desHohenHauses zurAnnahme derneuenMilitärvorlagebereit waren, ehederKriegsministerzu einer (nichtgeradeüberwälti- genden)Empfehlungden Mund aufgethan hatte.Warum stöhnen dieHerrenaufderEstradegarsolautundklagenüberVerkenn- ungundUngebühr? Leichterkanns eineRegirung, die,als Ge- sammtheit,noch nichtsgeleistethat,dochwirklichnichthaben.Leid- licheFinanzen undfüralles derReichsmachtzuLand undzu Wasser Rothwendige eineübers Bedürfniß großeMehrheit.

Erstes Auftreten zweier StaatssekretäreimReichstag.Herr von Lindequist sichert sich durcheinLobliedchen aufdieExcellenz Dernburgs (der ungeduldig jetzt aufdieErlaubnißwartet,dem KaiserüberOstasienzuberichten)denBeifallderharmlosen Leute, die denzweiten GroßenBernhard,trotzseiner schroffenAbkehrvon demersten, trotzder ausderTiefe seinestreuen Royalistenherzens erwachsenen Verdammung desRovembersturmes, nochimmer alsdenMärtyrerungestümenFreiheitsehnensbewundern.Recht

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pfiffig;dochkeineUeberraschungvon Einem,dergewöhnt ward, dieVorgängerzupreifen, derenPolitik erimwichtigsten Punktzu ändernberufen ist. AuchvondemUnermeßlichen,dersogardem Handkoffer,alsechter Demokrat,denExcellenztitelaufpinseln ließ (und dennoch,wenneranNückkehrdächtegimKolonialamtebenfo wenigeineMehrheitfändewie inderDarmftädter Vank), weicht HerrvonLindequistdaab,woderHauptfrage (Negerkolonieoder Europäerfiedlung?)dieAntwort zufuchen ist.JmUebrigem nett, bescheiden,»fympathisch«;oberseinAmt,das jetzt fastdesorga- nisirt fcheint,indenZustandgenügenderLeistungfähigkeitbringen kann,wirdsichbaldzeigen.Kannersnicht, so vermag esgewiß mühelos HerrvonRechenbergDerüberfchätztdie Kolonien nicht, kenntihreVölker wieEiner,der mitihnen erwachs, ifteinOrgani- satorvon unbeugsamerWillenskraft undwürde,mitseinem süd- deutschenKaltblut,rechtgutnebenHerrnvonKiderlenpaffen.Auch derSchwabe istinderneuenWürdeDebutant; undkann,alser seinkurzesSprüchlein gesagt hat,demWerthOeffentlicherMein- ungnachfinnen.VorzweiJahrenwurde hier gefragt: »Mußteman HerrnvonKiderlen,denan Praktikerbegabungundan Jäger- witterung reidchstenunsererDiplomaten, wie einen Tölpelbe- gröhlen,weilereinehäßlicheWeste trug,derSchwabenmundart sich nicht entwöhnt hatund sichindieundankbare Pflichtlocken ließ;inder Debatte Über dieGefprächedesKaisersdasAus- wärtigeAmt zuvertheidigen, dessenArbeit erseitvierzehn Jah-

ren dochaus demAugeverlor?« Damals hieltman denVer- treter des gehätfcheltenHerrnvon Schoen für abgethan; zitterte selbstHolsteinfürdenFreund, defsenVerufung demschonKrän- kelnden fastdiealteFrischewiedergegeben hatte. JmReichstag, hießes, isterunmöglich; erbarmunglos, wie niemals einZufalls- kommissar,ausgelachtworden;fürimmererledigt.Dochder wackere Schwabe forcht sichnit. TrotzderFarbenblindheit stimmterdie Kleidungftückejetztsecundum ordinem zueinander; fprichtaber nochwie ein mitSpätzle Aufgepäppelter.Und wirdvondenfelben Abgeordneten,dieihnhöhnten, umjauchzt.Weiler einhohesZiel zeigt?Nein: weilerFurchtnichtzukennenscheint, deutsche Inter- effen nichtinschüchternerZagheitdemFeind preisgiebtundwie Einer redet,derweiß,was erwill.Lorber iftbilliggeworden.

Jst endlichfogardemKanzlererreichbar,den dieVolksgunst

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Spektalel. 379 bisher nichtverwöhnt hat.Der entbürdetdenStaatssekretärvon derPflicht, ausführlichüberdas internationale Geschäftzu sprechen;willselbstdas Errungene demParlament vors Auge rücken.Erstens: Dank,lieberAehrenthal und SanGiuliano,weil JhrsofreundlichüberunsereBeziehungen gesprochenhabt;Dank, lieberSanGiuliano undAehrenthal.(DankvomDeutschenReich, weil dieMinister zweier schwächeren,ihm seitJahrzehnten ver- bündetenStaaten gesagthaben, daßsiedasBündnißnichtlockern wollen. UnbescheidenheitdarfderGerechte unserer Politik nicht mehrnachsagen.) Zweitens:DaßdieTürkeiaus deutschenVank- kassenGeldbekommen hat, findetdieKaiserlicheRegirungerfreu- lich.(Nichtmindererfreulich findetsHerrPichon,der,mitderErsten HypothekinderTas che,Anderen dasermüdendePumpvergnügen gönnen darf.Wenns indiegroßenSummen geht, muß dochwie- derdiepariser Hexe dran,diesich inzwischen fürdieStrapaze derNussenanleihe ausruht.) Drittens:.MitGroßbritanien wollen wireinen zwanglosenundvertrauensvollen Gedankenaustausch überpolitischeundwirthschaftliche Jnteressen;nichteinenVertrag, derdieFlottenzisfernfestlegt.»DiePourparlerswaren vonfreund- schaftlichemGeistgetragen.«(SchaffenunsabernichtdieThatsache

vom Hals, daß England, weilesdurch unserenFlottenbauge- zwungen ist, für seine Seewehr mehrGeldauszugeben, alsihm sonst nöthigschiene,uns aufallenSeiten Schwierigkeitzuhäufen undzulähmen sucht).Viertens: Als derZarinPotsdam war, ist,,konstatirt worden, daßDeutschlandundNußlandeingleich- mäßigesInteressean derAufrechterhaltungdes status quo im nahenOrient habenunddaherkeinerlei Politik,vonwelcherSeite sieauchkommenmöge,unterstützenwerden,dieaufeineStörung diesesZustandes gerichtetwäre «.(Wers glaubt,wirdselig. cNuß- landwünschteineschwache,DeutschlandeinestarkeTürkei. Für Nußland istdieOrientalische FrageheutedieMeerengenfrage undjeder zurechnungfähige MinisterdesZarenwirdjede Poli- tik,vonwelcherSeitesie auchkommen möge, fördern,die denstatus quoändert, Oesterreichs EinflußindieSüdslavengebietedämmt unddenRussendenWegausdemSchwarzenins Mittelländische Meer öffnet.)JnNordpersien hatNußlandeineprivilegirteStel- lung,dieihmdasRecht aufalleKonzessionenzuEisenbahn-,Te- legraphen-undWeganlagengiebt;dochwirdesunseren Handel

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nicht hindernunddieAnschlußliniederVagdadbahn erleichtern.

(Die Vagdadbahn sollamEuphrateinentranskaspischen Strang erhalten,inden dierussischeAusfuhrmündenkann.Wirhelfenden Russen alsoandenPersischen Golfund aufdie kürzesteStraßenach Indien«Mit demVersprechen,dendeutschen Handel,derauf Staatskonzessionenverzichtenmuß,nichtzuhindern,istdieserDienst nichtallzutheuerbezahlt.),,Beide Regirungensindentschlossen,sich inkeinerlei Kombinationen einzulassen,die eineaggressive Spitze gegenden anderen Theil habenkönnten.«(Das istnichtneu. Schon inSwinemünde hatNikolaiAlexandrowitsch zumDeuts chenKaiser gesagt:,,AufderSeiteDeinerFeindewirstDu michniemalsfinden. « DaRuszlandfürsErstekeinenKrieg führen kann, istderVerzicht aus,,aggressive Spitzen« ihmkeinOpfer,derVerzichtDeutschlands aber einbeträchtlicherGewinnWenn zweiMänner,dereneinerge- sundundstarkist,derenanderer siechimSpitalliegt, sichverpflich- ten,nichtgegeneinander zufechten,macht derLazaruseingutesGe- schäft.NuszlandistdenVriten undFran zosenbefreundet,denOester- reichern noch verfeindetzwer glaubt»,dasalte vertrauensvolleVer- hältnisz«sei wiederzufinden,währendwir imOrientOesterreichund dieTürkeizustärkentrachten, istumdieEinsalt seineskindlichenGe- mütheszubeneiden.) DieseErrungenschaftensind nichtderNede werthWerdenimReichstag aberals»höchstbedeutsameErklärun- gen« gebucht.Da istAllesbrünstigerBewunderung voll,weileine Großmacht,die über vierMillionenVayonnettes undeinestarke Flottegebietet, nicht auf SchrittundTrittgeärgertundbelästigt wird. DieHaltung ist,die Allure besser geworden.Dochimmer noch mußman, wievordreiundsünfzig JahrenVismarck,fragen:

»KönnenSiemireinZielnennen, das unsere Politik sichvorge- steckthat, auchnur einenPlan auf einigeMonate hinaus? Und glauben Sie, daßbeidenLeitern eines deranderen großenStaaten dieselbeLeereanpositivenZweckenundJdeen vorhanden ist?«

Nochimmer seufzen: »Um soweiter zuvegetiren,dazu bedürfen wir eigentlichdes ganzen Apparates unserer Diplomatie nicht.

DieTauben,dieuns gebraten anfliegen, entgehenuns ohnehin nicht.Einepassive Planlosigkeit, diefroh ist,wenn sieinRuhe gelassen wird,können wirinder Mitte von Europanicht durch- führen; siekannuns heuteebensogefährlichwerden,wiesie1805 war,undwirwerden Ambos,wenn wirnichtsthun,umHammer

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Spektakel 381 zu werden« EineJahresausgabe vondreizehnhundertMillio- nenMark müßte demReichkräftigerenRährstosfeinhandeln,als dievom Kanzler ausgespreitetenRaschwaaren ihmbieten.

DerReichstag (und mancherdeslangenHaders müde Re- dakteur)bestauntsie;darf sichdabei aber nichtdieVolksstimme wähnen.»Unsereinneren Verhältnisseleiden unterihren eigenen Fehlernkaummehralsunter demPeinlichenund allgemeinen Gefühl unseres Verlustes anAnsehenimAusland unddergänz- lichPassivenRolle unserer Politik. Wir sindeine eitleRationz esistuns schon empfindlich,wenn wirnichtrenommiren können, undvoneinerRegirung,die unsnach außenhin Bedeutunggiebt, lassenwiruns,selbstimBeutel,vielgefallen-« Auch diese Sätze ausVismarcks zornigem LenzbriefanGerlach klingen wieder,als wären sie gestern geschrieben. Vielleicht hat sie HerrvonBeth- mann gelesenund deshalbdie vierPunkteilluminirt. Kann,mit offiziöserNachhilfe,der Glaube geschaffen werden, daßDeutsch- land draußenvorwärts kommt,dann sinken drinnenwohlbald die

· Rebel.Die Hoffnungaufandere Stimmungmittelscheintfastschon geschwunden. ZwarruftderKanzlerdieVürgerfraktionenzu ge- meinsamerArbeit an derReichsversicherungordnung,demGesetz überdieStaatsangehörigkeit,derStrafprozeßordnung,demStraf- gesetzbuchundderVerfassung für Elsaß-Lothringen.Glaubt aber sicher selbst nicht, daß vonsodürrem Boden einErnteglückzuholen ist.Mit etwas festererZuversichtmageraufdieWirksamkeitdes Rufes bauen,der denSozialdemokraten grimmenKriegankündet.

Dochwarum dieKriegserklärung2WozudiedemAnsehenDeutsch-

lands schädlicheAufbauschungdersozialdemokratischenGefahr, dieJahrzehntelangmitvielschlimmerenSchreckendrohteund das Reichdennochniemals auchnurfürTageentkräftet hat? Mancher wird insolchemMühen dieTaktik derVerzweiflung erkennen;wenn garnichts gelingenwill unddasBürgerheerwederdurchTrommel- schlag noch durch Lockpfeifchenunter eineFahnezusammeln ist, kannnur dasRothe GespenstdieHaufenzusammenscheuchen.Wer heute noch solchen Versuch wagt,wirdihnrasch bereuen lernen.

Durchfurchtlosen Spott(inseinenbestenStundentrafFürstVülow denTon), nicht durchdiegellendeAnkündung einerHauptschlacht (zuders,kautedecombattants,dochniemals kommt)kanneinRe- girenderderSozialdemokratieschaden.,,EinGlück, daßwirdie

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