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Die Zukunft, 19. Dezember, Jahrg. XVII, Bd. 65, Nr 12.

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Topika.

erdeutscheHimmelhängtjetztvollvonkonstitutionellenGeigen.Sie-

» sindzwarvorersteinigermaßenverstimmt;dieministeriellenBögen scheine11«mitSeife,stattmitKolophonium,geschmiert,undlockennur heisere Tönehervor.Aber wasthuts?Manfragtnicht mehr,ob DiesoderJenes gut,zweckmäßig,—verständig,man fragtnur, ob eskonstitutionellseiHier ist man konstitutionell,indemman bestehendenVerhältnissenRechnungträgt;

dortistman konstitutionell,indemman bestehendeVerhältnissenichtachtet;

hierhältman scheinbardasgegebeneWort,um konstitutionellzuscheinen.

Konstitutionell: schteitsin allen Kammern. Konstitntionell: wispertsanal- lenHösen.AusderBierbank, hinterdemOfen,inEisenbahnwagonsundauf Bauernkarren,überalldrehtsichdasGesprächumdasWort,konstitutionell«;

überallfragtman: Wasistkonstitutionell?Nunwohl denn, Ihr Konstitu- tionellen: ichwillEuch aufEureFrageneineAntwort geben,dieHörner undZähnehaben soll. Jchwillsie Euchzeigen,diesekonstitutionelleMon- archieimThierreich,mit demAlleinherrscheranderSpitze,dersogarseine eigenenKindertötet,umsichaufdemThronzuerhalten,mit dererblichen Pairie,gestütztaufdieNichtverpflichtungzurArbeit,mit demarmen,gedrück- tenVolk,dasseinerührendeSorge aufdiePflegungderKinder und die Er- nährungderNachkommenschaftrichtenmußnnddasnur zuweilenausder Sklaverei sichaufrafst,um aufsNeuewiederdarin zuversinken.Jchweißzwar wohl, daßJhrdarum dochnichtklügerweidet; Jhr glaubtder Stimme der Naturso wenig,wenn sie durchdieThiere,wiewenn sie durchdieMenschen spricht. Jhr habtdasSeufzendesVolkes inseinem Unglück,die Donner- stimmeseinesZornesinseiner Erhebung nicht gehört: Jhr hörtnichtdas

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dumpfe Brausen,dasunterEuren Füßen durchziehtund den Boden des altenEuropamitleisenSchwingungen durchzittert.«Siebenundfünfzig Jahre sindvergangen, seitKaerogt, dernach derRebellenzeitin dieSchaar derReichsregentenerhöhtworden war,dieseSätzeschrieb.Jetztpassensiebei- nahewieder.DaßimDeutschenReichWilhelmsdesZweitendieWahrung konstitutionellen Geisteslautgefordertwird, ist gut;warnöthigundkann nützlichwerden.Vor dem conventional cant desKonstitutionalismusaber müssenwiruns hüten.KeinepersönlichePolitikdesKaisers mehr,die das Reichbindet;dasVolk,dasselbstsichdenWerthschuf,willselbstauch sein Schicksalgestalten:so heißtnun dieLosung·DasSelbstachtungbedürfniß hatsie aufAllerLippegedrängt.Undsiewirdnichtverhallen.WerzurRück- kehrin diePatriarchalsitten,indiefreundlicheGewohnheitdesKrypto- absolutismus räth,gefährdetdieZukunftdesHerrscherhausesmehrals die desReiches.Daswirdsichhelfen.DieDynastieaber könnte denSchmerz einerverlassenenBraut kennen lernen.Könnte:wenn derpfiffigeMenschen- verstand,dendieHohenzollernin die Markmitbrachten,völligversiechtund dieKraft ihnengenommen wäre,mitUnvermeidlichemsichabzufinden.Das wirdnicht sein. Doch istdesSehnens Zielnun erreicht?Nein. Wasfortan geschieht,soll nichtjnur,,konstitutionell«sein, sondern auch,,gutundverstän- dig«.MitgedoppeltemEifer mußdie Nationwachen.AnjedemAbendsich, anjedem Morgenfragen,obgethanworden ist,wasgethanwerdenmußte;

undnichteher sichzumSchlummer hinstreckennochhastigandie Erwerbs- arbeiteilen,als bisdieseLebensfragebejahtward· KeinKaiser istjetztfür JrrthumundFehler haftbarzumachen.KeinKanzlerentbürdet die Nation vonderGewissensnoth.FürallesGeschehenistdasVolknunverantwortlich.

DerReichstag?Mansoll ihn jetztschonen; seinAnsehennicht schmä- lern·Wir brauchen ihn für dieZeitderLysis.Dürfenabernichtverschweigen, daßerim Geländeinternationaler Politik nochimmer, fastbeijedemSchritt, strauchelt.WasimReichstag,währendderErörterungdesHaushaltes,über dieLagedesReichesgesagtwurde,wardürftigoderschädlich.ZweiBeispiele.

EinAbgeordneter erfreutdasAusland mitder altenMärvonderKriegs- partei,derenHauptin derWilhelmstraßeeinWirklicherGeheimer Rathge- wesensei.Die Märistalt und bleibtewigunwahr;dochwenn sieselbstrich- tigwäre: einPolitikerdürfteinsolcherStundeniemalsso sprechen.Einan- dererAbgeordnetererklärt,einanglo-deutschesAbkommenüber dieFlotten- stärkemüsseDeutschlanddemüthigen.Warum denn?Große Reichekönnen

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Topika. 439

·«fich,wiegroßeBankenundJndustriegesellschaften,über denUmfangihrer

·Machtmittelverständigen,ohnedaßeinsdadurchirgendwiegedemüthigtwird oderauchnurscheint.Demüthigungwärees,wenn wir einerKoalition wichen, die unsgeböte,dieSeerüstungeinzustellen.Docheine demfreienWillenzweier GroßmächteentstammendeVereinbarung,dievonbeidenSeitenKonzessionen brächte?Großbritanien hat aufdemMeer, DeutschlandaufdemLandedie Uebermacht.DaisteinanständigerAusgleichmöglichunmöglichwäre er,wenn Deutschland nurseineFlottehätte,diesichmitderEnglands nochnichtmessen kann;nie können wird. Aber eshatvierMillionen wehrfähigerMänner:

also Beträchtlicheszu bieten. EinPolitiker darfdasheuteoder morgenNoth- wendigenichtverschreien;nichtins Landhinausrufen,einVertrag,dendie NothdernächstenWochevielleichtherbeisehnt,seinur um denPreiseiner Demüthigungzuerkaufen.Oftgenugwar in denletztenJahrenGrund,vor,

demüthigenderNachgiebigkeitzuwarnen. DaschwiegderReich-stag.Nahm Alleshin;fandAllesherrlich.JetztsuchterdenvernünftigstenGeschäftsab- schluß,denwir indiesemAugenblickerreichenkönnten,zuhindern·Jsterbe- reit, nochmehrzubewilligen,als derVoranschlagfürdasJahr1909 fordert?

FürdasHeer 817, fürdie Marine 411Millionen Mark.FünfViertelmil- liarden.AmHeer ist nichtszuerknausernzund dieFlottesoll raschwachsen.

JedeKlasse, Gruppe,Interessengemeinschaftwehrtsichgegenneue Steuern, WoherdasGeld nehmen? Spart, heißtstäglich.DochdieeinzigeErfparniß- möglichkeitwird dem VolkvondenpatriotischenAbgeordnetenverekelt.

Als imLenzdesJahres1900dasFlottengesetzvom Reichstagange- nommen war,bescheinigtederKaiser sichineinerDepesche,daß sein »Stre- benzumBestendesVaterlandes anerkannt werde«,undfügtedenSatz hin- zu:»Nunaberunermüdlichweiter, daßdiebegonneneArbeitbald vollendet wird;dannwollen wirauchaufdemWasser Frieden gebieten.«Arbiter mundi: dieSehnsuchtlangte nachderWeltrichterrolle.Damals waren hier SätzezUlesen,dienoch nichtveraltetsind. »Obes imdeutschenVaterland Bürger giebt-dieheute nochglauben,einneuer,-herrlicherMorgen seiange- brochen, heute noch, trotzdemdasKraftverhältnißderGroßmächte durchdie Flottenvermehrung nichtimGeringstenverändertwird,vondenSchlacht- schisfendesKaisersWundererwarten? Daswäremöglich;denndiesehrein- facheAngelegenheitistinsReichderMystikentrückt worden. DasguteGe- schäftderletztenJahre hatdieGeisterverwirrt. EinNüchternerwürdesagen:

WirsindaufdenMassenexportangewiesenundbrauchen fürdiedazu nöthige sp-

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iMO DieZukunft.

imperialistischePolitikSchutzschiffeundüberseeischeStützpunkte.Sohört- mans auchoftimPrivatgespräch;öffentlichaberklingtesauseiner anderen Tonart.Damüssenwircivilisiren, ChristenthumundGesittunghinausm- gen, einergewaltigenVitalitätdieihrgebührendeSeegeltungschaffenund die- übers MeerverschlagenenDeutschenvorFährlichkeitschirmen.EsistdieWeise, dieschonCarlylesundRuskinsounerfreulichinshorchendeOhrklang.Ueber- haupthandeltessichbei derganzenGeschichtejanurum den etwasspätunters nommenen Versuch,denenglischenJmperialismusinunsergeliebtesZeutsch zuübersetzen.Warumauchnicht?SofragendieLüsternen.Wirmüsseneben.

zurSeesostarkwerden,daßwirEnglandausdemRangdererstenWelthandels- macht verdrängenkönnen. EinallerliebsterGedanke.Englandhatseinenalten Reichthüm,seineblühendenKolonienundeineKapitalistenreserve,dieinNoth- fällenniemals versagt.UndaußerEngland giebtesnochRußland mitseiner Fülle ungehobenerBodenschätzeundseinen billigenArbeitern undNord- amerika,dasfürdieKohle,das Getreide derJndustriestaaten,ein Drittel desinDeutschlandverlangtenPreisesbezahlt·ThutnichtszDeutschlandwird- dieersteWelthandelsmacht werden,wenn esnur genugSchiffebaut.Gegen solchenWahn sollman nichtkämpfen;ihnwirdbald dieErfahrungdurch- löchern.DemUrsprungderVorstellungennachzuspüren,istimmerschwer-, undeinetransszendentaleTopik nachkantischemMusterwiirde denModernen rechtrückständigscheinen.Sollesaberunmöglichsein,dasZielzuerkennen, das denvomZwangderVorstellungBeberrschtenderBlickzeigt'sDie loci communos, aufdenendieWünschewachsen,können demsuchendenAuge nichtentgehen.WasalsosolldieWeltwendebescheren,die uns verkündet ward ? WelcheWunder bringtderneue Morgen auf goldenemSonnenwagenaus derMeerestiefe heraus?«Baldsindneun Jahre seitdemvergangen. Uner- müdlichist aufdemWasserweitergearbeitetworden. Der Wunderwartenwir noch.Könnennochimmernicht ,,Frieden gebieten-Zder demReichfrommt.

Daskannnur Einer,demdieNachbarschaftdenEntschlußunddie- KraftzurKriegführungzutraut.DersichvonkeinemBluffschrecken,dieThat nicht hinterdem Wortzurückbleibenläßt,niemehr verspricht,alserhalten will,undvomFreundin derNothstetszufindenist.Das konnteDeutschland in derZeitdes BerlinerKongressesWir? PaulKrüger,Abd ulAziz,Abd ulHamidzeugen wieder uns.SollAloisvonAehrenthalsichihnen gesellen?

»Die versäumtenGelegenheiten,welchein die beidenZeiträumevon 1786bis 1806 undvon1842bis1862fallen, sinddenZeitgenossennurselten

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Topikce 444 verständlichgeworden; noch selteneristdieVerantwortlichkeitdafür sofort richtigvertheiltworden.ErstdieAusschüttungderArchiveunddieDenkwürdig- leiten MithandelnderundMitwissendersetztenfünfzigbishundert Jahre späterdieOeffentlicheMeinungin denStand, fürdieeinzelnenMißgriffe daskptdkw ipstog dieGabelungauf denunrichtigenWeg,zu erkennen.

FriedrichderGroße hinterließeinreichesErbevonAutorität undvonGlan- benandiepreußischePolitikundMacht.SeineErben konnten,wieheuteder neueKurs vonderErbschaftdesalten,zweiJahrzehntehindurchdavonzehren, ohnesichüber dieSchwächenundJrrthümerihrerEpigonenwirthschaftklar zuwerden;nochin dieSchlachtvonJenahinein trugensiesichmitderUeber- schätzungdeseigenenmilitärischenundpolitischenKönnens.ErstderZusam- menbruchderfolgendenWochenbrachtedenHofund dasVolk zu dem Be- WUßtseiILdUßUngeschickundJrrthuminderStaatsleitungobgewaltethatten.« 1786bis1806,1842bis1862,1888bis 1908: zum drittenMalwarens just zweiJahrzehnte BismarcksProphetensinnhatsgeahnt.Hört ihndrum weiter.»DieEntscheidungüberWegeundAbwegeliegt oftinminimalen, abereinschneidendenWendungen,zuweilenschoninderTonartundderWahl derAusdrücke einesinternationalenAktenstückes.SchonbeigeringerAbwei- chungvonderrichtigenLiniewächstdieEntfernungvonihr oftso rapid, daß derverlasseneStrangnichtwiedererreichtwerdenkann und dieUmkehrbis zu demGabelpunkt,woerverlassenwurde, unausführbarist.Dasübliche Amtsgeheimnißdeckt dieUmstände,unterdeneneineEntgleisungstattge- funden hat, Menschenalterhindurch;und dasErgebnißderUnklarheit,in welcherderpragmatischeZusammenhangderDingebleibt,erzeugtbeileiten- denMinistern,wie Das beimanchenmeinerVorgängerderFallwar,Gleich- giltigkeitgegendiesachlicheSeitederGeschäfte,sobalddieformalesdurchkö- niglicheUnterschriftoderparlamentarischeVotagedeckterscheint...Der reine Absolutismus hatimmer nochdasGute, daßihmeinGefühlderVerant- wortlichkeit fiir eigeneThatenbleibt.GefährlicheristderdurchgefügigePars lamente unterstützte,der keiner anderen Rechtfertigungals derVerweisung

-aufdieZustimmungderMajorität bedarf.«Wirhabensleidend erlebt.

Sollen wirsnochlängererleben? WerbeiderErörterungdesVerhält- nisfeszqufterreichdenersten deutschenKanzlercitirt, mußdraufgefaßtsein, daß ihmBismarcks mißtrauischesWarnerwortentgegengehaltenwird.»Der KaiserFraanoseph isteineehrlicheNatur;aber dasösterreichisch:ungarische Staatsschiffistvonso eigenthümlicherZusammensetzung,daß seineSchwan- kungen,denenderMonarch seine HaltunganBordanbequemenmuß,sich

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442 DieZukunft

kaum imVoraus-berechnenlassen.DiecentrifugalenEinflüssedereinzelnen Nationalitäten,dasIneinandergreifendervitalenInteressen,dieOesterreich nachjderdeutschen,deritalienischen.derorientalischenund derpolnischenSeite- hingleichzeitigzu vertreten hat,dieUnlenksamkeitdesungarifchenNational- geistesundvorAllem dieUnberechenbarkeit,mit derbeichtväterlicheEinflüsse diepolitischenEntschließungenkkeuzen,legenjedemBundesgenossenOester- reichsdiePflicht auf, vorsichtigzuseinunddieInteressendereigenenUnter- thanennichtausschließlichvonderösterreichischenPolitik abhängigzumachen.

SinddieRückwirkungenderwechselndenEreignisseundSituationen aufdie Entschließungendes wienerKabinetsfürdie Dauerunberechenbar, so istes·

auch für jedenBundesgenossenOesterreichsgeboten,aufdiePflegevonBe- ziehungen,ausdenensichnöthigenFallsandereKombinationen entwickeln ließen,nicht absolutzuverzichten«.Osthatersogesprochen;sehroft gewarnt, leichtenHerzens fürOesterreich-Ungarnzuoptiren Aber,all inseinemTrüb- sinn,auch nichtgeahnt,inwelcheLagezehnJahre nach seinemTodedasReich gerathen seinwerde. Dem bleibtheutekeineWahl. Angenehmists ja nicht, demHausHabsburg-LothringenzuHilfeverpflichtetzusein undvonihmsich inZahlunggebenzulassen,wiedie Bankiers sagen.Diesagen auch: Hütet Euch,imBalkangebietdenOesterreichernvorwärts zuhelfen,undseidbe- sonderszufrieden,wenn die Serbensichihnen verfeinden; ists fürunsdenn nichteinSegen, daßeinLand,in das wirjetztjährlichWaarenimWerthvon fünfunddreißigMillionen Mark einführenunddasKohle, Kupfer, Vieh, Bleisilbererzehat, sichunseremKonkurrenten sperrt? Währenddesaustro- serbischenZollkriegeshat unser Jmport sichfast vervierfacht; seid also froh, wenn zwischenWienundBelgraddieFeindschafteinen unüberbrückbaren Grabenzieht.Dasklingt vernünftig;ists-aber nicht.WirmüssendieFolgen alter undneuerFehler tragen;unddeshalb auchauf unbequemenWegenmit Oesterreichgehen.Das wirdsichinSüdostsåttigenoderversuchen,derdeutschen Frageeine andereAntwort zufinden,als sie1866und1870gegebenwurde.

MitdieserMöglichkeithatschonBismarckgerechnet.Nur, so langeerim Amt war,gehofft,DeutschlandwerdefürdenNothsallimmer dieNussen haben.

Diegehörennun zu EduardsConcern,derOesterreichumwirbtund umdroht.

Mitallen Mitteln. Die GuineerolltenachSerbien, Montenegro,ins- Osmanenreich (woderPräsidentdesbritischenBalkankomiteesmächtigerist als derGroßwesir):undüberallregte sichsraschgegenOesterreich.Jtaliener- putschinWien, CzechenkrawallinPrag,Waarenboykottin derTürkei. Sir Edward Grey schütteltunwilligdasHaupt; Herszwolskij zeihtden wiener

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Topika. 443 KollegenderUnaufrichtigkeitzHerr Pichon weigertdenVermittlerdienst;

HerrGiolittidrücktdieHanddesAbgeordnetenFortis,dergegenOefterreich, alsdenErzseind Italiens,zumKampfgerufenhat (und,da ervom Volk wie einHerosbejubelt ward,übermorgenwiederMinisterpräsidentseinkann).

Aufallen Seiten wirdOesterreichgeängstet;wirdihm bewiesen,wie unbe- haglichsichsdraußenin der Kälte mitDeutschlandlebt. Und dieumzingelte GroßmachtmußindiesemmitlistigerGrausamkeitgeführtenKriegeinePosi- tionnachderanderenräumen.SiehatdenFeindimLand.Fürdie Serbenwirkt dieSolidaritätderslavischenJnteressen;undGrasFranz Thun,derdenWahl-s reformatorFreiherrnvonBeckbeseitigthat,machtseineLeuteauchgegendenall- zuhochgestiegenenAehrenthalnunmobil.DerReichsrathwill derAnnexion nicht soschnell,wie insolchemDrangnöthigwäre,zustimmen; willKompensa- tionenherauspressenundzunächstwissen,unterwelchenBedingungeninBöh- men derWaffenstillstandvereinbart werdensoll.DerbeidenReichshälften gemeinsameMinisterdesAuswärtigenistwaffenlosundmuß sichducken.

SerbienundMontenegrozderbegreiflicheZorn Enttäuschterverflackertwohl rasch.England:traditionellerFreundschaftsiehtderWeiseManche-snach- Frankreich:derGläUbigerallerSlaven und TürkendarfsichnichtindieHitze wagen.Jtalien:amEndeistsnichtsobösgemeint.Rußland:Mißverständnisse DieJungtürken:vermögengewißnichtswiderdieRachsuchtderMohamme- danermasse.UnddieMagyaren,dieBosnienunddieHerzegowina fürdas ReichderStephanskrone heischen,lassenspäternoch mit sichreden.Waskühn begann, boglängstindenBereichzaghafterVerniinsteleiab. Warum? Weil dieHoffnungaufDeutschlandsHilfeverkümmertscheint.Warundistman .in Berlin entschlossen,Oesterreich,wenn esvoneiner Koalition angegriffen

oder zumKampfgezwungenwird,mitderganzenWehrmachtzuunterstützen?

Dann warHerr vonSchoenwieder einmalkluggenug,nichtklugzusein,als ermiteifernderHeftigkeitimReichstagdenVerdachtabwehrte,Deutschland habeinWienWaffenhilfeangeboten.Ermußtesagen:»Wirwünschen,daß Oesterreich-Ungarnseinen Besitz ohne Kriegsichernkönne;dürfenaber kei- nen ZweifelanunsererEntschlossenheitaufkommenlassen,imNothfalldem Verbündeten denBeistandzugewähren,ausdenerAnspruchhat.«Weilers Nichtsagte, weilauchaus desKanzlers (klügerer)RedekeinStahl hervor- blitzte,mußteBaron Aehrenihal,knirschendwohl, seineTaktik ändern.

UeberdieAnnexionwirdmitEuropa nichtverhandelt;eineKonferenz nichtbeschickt,aufderman uns solcheVerhandlungzumuthenkönnte;und der BotschafteransdemOsmanenreichabberufen,wenn dieJungtürkenregirung

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444 DieZukunft.

dasBoykottgebotnichtschleunigzubrechenvermag.So stolzklangdas wiener Programm.Wasistdraus geworden?OesterreichsWaarensindinderTürkei geächtet,OesterreichsSchiffekönnen wederihreLadunglöschennochHeim- fracht erhalten:aberMarkgrafPallaoicinibleibt inKonstantinopel.Bleibt undverhandeltmit derPforte.AuchinPetersburgundLondon wirdverhan- delt.UndHerrszolskijläßtosfiziös»dieweiseMäßigungder wiener Re- girung«preisen.Dasist Wermuth.Diehöchstgeschickteundan’Unterord- nunggewöhntePresseOesterreichsmöchtedenRückngmaskiren.Kanns aber nicht.Vor derHabsburgergruftinderKapuzinerkirchesprachBonapartedas Wort:,,Vanitatnm vanitn8,——horsla tot-ce!uDieseKrast,diealleinGelt- ung wirkt undvorUngebührschützt,hatOesterreich-Ungarndiesmalnichtge- zeigt.VonKleinen(SerbienundMontenegro)undGroßen (JtalienundEng- land, RußlandundderTürkei)Allessänstiglichhingenommen.Undsichdann zuBerhandlungenbequemt,die esvorhermit der nationalen Ehreunt-nein- bargenannt hatte.«D-aswird keinSchwarzgelberjevergessen.UndFranz Fer- dinandwirdsichalsKaiser nochderHindernisseerinnern,dieseiner ersten sichtbarenRegententhat entgegengethürmtwurdenunddie derBundesge- nossemitschönerRedeihm nichtüberwindenhals.WelchenWerth hatein Bündniß,dasfürdenNothbedarseinerSchicksalsstundenicht ausreicht?

AuchdiemuthigstePolitik hättedieKnochendespommerschenGre- nadiersnicht ernstlichgefährdet.Undsiewären imschlimmstenFall nicht einesGaukelspieleswegen derKugel ausgesetztworden. Deutschland muß wiederbeweisen,daßesdieäußerstenKonsequenzenseinesHandelnsund Wol- lensnichtscheutundbereitist,fürdenGesährten,derihmvertraut,dasSchwert zuziehen.DasglaubtKeinermehr,seitwiramVaal,amSinai,amAtlas derBlutprobeausgewichensindund die mitHätschelwortengefüttertenund zu keckerThat gestacheltenFreunde kühlimStichgelassenhaben.Die Ge- legenheitwargünstig. Nicht sremdenInteressenhättederKampf gegolten, sonderndemBeweis, daßdiedeutscheBundesgenossenschaftnochdemvonder ganzengroßmächtigenMeuteUmheultendieSelbständigkeitsichert.,,England undRußland,Italien unddieTürkei,PeterundNikita:SechsgegenZwei.

Wåhvt Jhk,Unsdamitzuschrecken?WerOesterreichhindert, seinBalkan- hauszuschließenundfestzuverrasnmeln,Derhatmitunszuthun. Jhrwißts;

nunentscheidet.«Dashättegewirkt.DernüchterneHerrStolypinhättedemra- seurdes AuswärtigenSchweigengeboten,HerrTittoni sichbinterdiegilbende Bündnißurkundeversteckt,HerrAsquithgefunden,daßGladstonedieTürken eigentlichganzsrichtigbeurtheilte,undderSerbesein Flintenpulverin die

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445 Topika.

Nachtluftverknallt. Undim ganzen Orienthätteman sichgesagt:»Diese DeutschenzuFreundenzuhaben, ist dochwaswerth.Die Anderenstopfen uns mitVersprechungen,pumpenwohl auchmalGeld;dieDeutschensetzen dasLeben ein undhabendiestärkstenBataillone.« KeinerhättedasHabs- burgerheerangegriffenundOesterreichwäre unter deutschemPatronatans Ziel seinerWünschegelangt.DannstündeDeutschlandgroßvordemJllum·

Jetzt?Der Britenconcern kann einenneuen Sieg buchen;denstillsten:nichtden unwichtigstenDenOesterreichernistbewiesenworden,wasausDeutschlandzu holenist;undsiewerdendieLektionnichtvergessen.AlsSchlauköpfenatiirlich

-aberthun,alsseien siemit Gott und demNachbarniesozufriedengewesen.

DasDeutscheReich hat nach zweiJahrzehnten spottschlechterPolitik nocheinenTrumpf:seinHeer.Entwerthetesden, läßtesmerken,daßesihn unter keinenUmständenausspielenwerde: wasbleibt dann?Nichtein zuver- lässigerGefährte.(Oesterreich,das mitgeschmälertemAnsehenUngarn nicht bändigenundsichimOrientnichtsättigenkann,wird inallerStillewärme- renUnterschlupfsuchen.)UmunsanständigenundeinträglichenFriedenzuwah- ren,müssenwirzeigell,daßWir zumKriegbereitsind.Keiner wirdHändelmit UUssUchUDWMUJedekWeiß,daßschließlichgesochtenwerdenmuß.AuchEng- landnicht.Das danktseine kontinentalen Erfolge unsererWillensschwäche;der Gewißheit-daßjedeEinschüchterunginBerlin wirkt.ZweiTagenachBismarcks Entlassung schriebChlodwigHohenloheinseinTagebuch:»Dinerim Weißen Saal DerKaiser hielteineRede zuEhrenderKöniginvonEnglandund des PrinzenvonWales(dessenSohndieJnvestituralsRitterdesSchwarzenAdlers erhalten hatte)underwähntedieErnennungzumenglischenAdmiral (dessen Unisormertrug)unddieWaffenbrüderschaftin derSchlachtvonWaterloo;

UUchhoffteer,daßdieenglischeFlottemit derdeutschenArmeegemeinsamden Frieden erhaltenwerde.Moltke sagte:,EinpolitischLied,eingarstigLied«;auch spracherdieHosfnungaus, daßdieseRedenichtinderZeitungerscheinenwerde.«

SieistnichterschienenDochEduardhatsiegehört.WaterlooundderFriedel«0r

ever-. Heute haterAlle,RussenundFranzosen,YankeesundJapaner, Ita-

liener undOesterreicher,Türken undChinesen,Romanen undNiederländer, Südslavenund Skandinaven Und würdetrotzdemmorgendemDeutschen ReichjedevcrnünstigeKonzessionmachen,trotzAlledem einenVertragmitihm schließen,derbeidenReichendenBesitzstandverbürgt,wenn esihm,zugleich ,mitdemEntschluß,Britanien undsichselbstunnützlicheAusgabefortanzu

ersparen,denfelsensestenWillenerkennenließe,imNothsall seinLebensrecht und dieWiederkehrdesaltenRespektesmit blankemSchwertzuerstreiten.

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446 DieZukunft.

«

Der Gordische Knoten.

WieVeröffentlichungder englischenund amerikanischenJnterviews des Kaisers hatdemdeutschenVolkundseiner Presse füreinenAugenblick denschon lange erfolgten Niederbruchderdeutschen auswärtigen Politikzum Bewußtseingebracht.Wohlaus Respektvor demTrägerderKronewurde fürdenMißerfolg seinerPolitik inerster Reiheseinnicht konstitutionelles VorgehenalsUrsache angeführt.Wersich.dieser Auffassungguten Glaubens angeschlossenhätte,würdeirren. GeradedieNeigungunddieMöglichkeit, vonkonstitulionellenBanden sichzubefreien,hätte einemstaatsmännischver-

anlagten HerrscherGelegenheit geboten,weitüberdenDurchschnitt hinaus auf- internationalem Gebiet,das immer dieDomäneeinzelnerbesondersstarker Persönlichkeitenbleiben wird,fürdasWohldesLandes zu wirken DerVer- gleichmitnoch lebendenHerrscherndrängt sich auf·

Jetzt scheint sich,dadie strengste konstitutionelle Zurückhaltungge- wahrtwerden soll,inPresseundReichstagdasGefühlzuregen: Nunmuß sich Alles, Alleswenden. Wer überdeninnerstenGrund derMißerfolge kaiserlicherPolitik, die zum Theil (Dasmußheute gesagtwerden) auch diedes deutschen Volkeswar, sich klar gewordenist,kanndieseHoffnungnichthegen.

DertiefsteGrund allerMißerfolgewar dasFriedensbedürsnißdesKaisers;

ein Bedürfnis,mitdemerimdeutschenVolknichtallein stand. Wenndieser Friedensdurst (so darsmans wohl nennen)durch rasch aufeinander folgende Jnitiativen,denenimentscheidendenMoment immerwieder bescheideneNach- giebigkeit folgte,zumöffentlichenGeheimniß·ward,sowurde darin nichtder Fehler selbst sichtbar, sondernnur eineVerschlimmerungdesFehlers. Die durchdiekaiserlichePolitik geschaffeneLage ist so unbequem, daßunter dem Motto ,,L’Allemagnese recueille« dasReichausdenWirrnissen,diees sichinzwanzig Jahren geschaffenhat,nichtmehr gerettetwerden kann.

AmviertenDezember brachtedieAugsburgerPostzeitung,dasführende OrgandesbayerischenCentrums,eineniwohlvon eineminformirtenGroß- deutschenstammenden)Artikel »Die Gefährdungdes deutsch-österreichischen Bündnisses«,dermitdenfolgenden Sätzen schließt:»DasBündnißzwischen Deutschlandund Oesterreich-Ungarn,wieesbisheute bestanden, hat seinen inneren Werth verloren;darübermußman sichauchinDeutschland klarwer- den. Das DeutscheReich mußderverbündetenMonarchiewirkliche moralische und materielle Vorlheile bieten; sonst lassen sichdiezehnVölker dieses Rei- chesnicht längerindemBündnißhalten. Hierüberwirdman sichinBerlin soschnellwiemöglichentscheidenmüssen-«Nunhat allerdingsindenletzten Tagen FürstBülow zweimalimReichstagmitEmphase Ocsterreich-Ungarn derunbedingten BündnißtreueDeutschlands versichert.Man kannannehmen,.

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Wenn die Aktionäre sich damit einverstanden erklären, daß ein bestimmter Theil des Ge- winnes auf neue Rechnung vorgetragen wird, so stunden sie der Gesellschaft nicht einen

nünftiger existiren solle: so ist eben die Voraussetzung hier nicht«daß es auf- die Besonderheit des Charakters ankomme. Es ist bei einer vollendeten Or- ganisation des Staates nur

Ex sagt die Gestalten und Klänge, und merkt, daß er nicht das Erlebniß sagt, nicht den Grund, nicht die Einheit, und möchte innehalten und kann nicht und fühlt die Unsagbarkeit wie

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ung bestreiten kann, wurden auchdiesefremd klingenden Worte mit der ge- ziemendenEhrerbietunghingenommen. Aehnlich war das Empfinden, das bald darauf die in Potsdam vor

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