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Die Zukunft, 19. November, Jahrg. XVI, Bd. 73, Nr 8.

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XE. Jahrg. geklinden19.Yovember1910. syr.8.

Unwirka-

»Maximilian Hardm

Inhalt:«

seit- Murnale ...........;..................M MvhammedanifcheKunfh VonMarie von Haufen .....- ......248 HuekundJagd-ad VonRichard Hennig ....... ......255 DasGreisenalter desIngrimm- VonGuglielmo Ferrero. .—.". ...We

Unchdrnck verboten.

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Erscheint jeden Sonnnbend Preis vierteljährlkch5 Mart.die einzelne Nummer 50pp

Berlin.

Ver-lagder Zukunft.

WilhelmstraßeZa.

1910.

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Berlin, den 19.November 1910.

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Diurnale.

Matutina.

-,.»·»»-PiefünsundzwanzigMänner, die,von Washingtonbis aus

»Ff;Mac Kinley,denVereinigtenStaaten vonAmerika präst- dirten,haben,allezusammen,nicht soviel Lärmgemachtwieder sechsundzwanzigstePräsident:HerrTheodoreRooseveltausdem StaatNewYork DerschnittegerninalleNinden ein, daßerder klügsteundtapferste,derreinsteund größteMann seines Jahr- hundertsist;mindestens seines.JuristundKameralist,Historiker, Nationalökonom,Verwalter, Kriegsmann, Marinetechniker; Or- ganisatorundOberstderroughriders undSiegervonLasGua- simas; AchillundHomerineinerPersom dennerselbsthatseine kubanischeHeldenleistungandächtigderMenschheit geschildert.

Als er,nachderErmordungMac Kinleys,am vierzehnten Sep- tember1901 Präsident gewordenwar, kam baldhastigesLebenins Weiße Haus. DerVorgänger,einMann von ungewöhnlicher Jntelligenz,VoraussichtundWillenskraft,hattesich still gehalten undwarnur insLicht getreten,wenn einStaatsinteresse ihnaus demSchattentrieb. Derneue Herrwolltegesehen,imhintersten Winkel desErdballes gekannt seinundwarunermüdlichindem Bemühen,denwerthenNamen dem Stamm derWeltescheein-- zukerben.Mit behendesterKunst organisirteerseinenWeltruhm.

Sicherte heutedemOnkelSam dasgeweiteteJmperium. Rief, ein«an KostenderTrusts durchdieKlippenderVolkswahlGe-- lotster,morgen zumKampfgegendieUnternehmerkartelle, deren- HäuptererreicheNäuberschimpfte.Undversprach, übermorgen

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238 DieZukunft.

demMenschengeschlechthöhere Kultur,denBürgernderVer- einigtenStaaten dieGesundheitundSauberkeit desöffentlichen Wesensherbeizuzaubern.Hicetubique.EinDemagogevonstatt- lichemFormatznievonSkrupelnundZweiselngeplagt;zuschneller AuffassungundAnpassung fähig;und miteinem inder Neuen Weltnieerblickten Muthzu der Allure dessieghaftenImpera- tors. EineirgendwiebeträchtlicheLebensleistungdesFünfzigers istvonWeitem nichtzu erkennen. Erhatdie StällederUnion nicht gereinigt, derTrusthydra nichteinenKopf abgehauen; nur,durch dieAengstigung derKapitalisten,seineHeimathin eineKrisisge- rissen,aus derenGefahrNockefeller, Morgan und andere,,reiche Räuber« dasleidende Landrettenmußten.Amerikaner derhöhe-. renGeistesschichtsprechenimTonironischerGeringschätzungüber denMann undseineVluffs Doch mußimTonseines Wesensein Stück der,,Volksseele«zurobustemAusdruck gekommensein: sonst hätteerimYankeegedräng nicht solchen Anhangerworben und bewahrt...Vor siebenMonaten, als Herr Roosevelt,der in AfrikaallesjevonZoologenerwähnteTropengethierin denWü- stensandgestreckt haben sollte, durch Europa tosteund(derVer- fechter derMonroe-Doktrin,die jedeEuropäereinmischunginame- rikanische Politik abwehrt)denVölkern derAlten Welt unver- langte Lehreins Antlitz sprudelte,waren hier solche Sätzezu le- sen.Wurde gefragt,obman jenseitsvonder Atlantis indiesem Theodoros etwa noch einmüthig denNepräsentantenamerikani- scher Volkheit sehe.Undempfohlen,denMann,der unsinOst- asien gefälligwar,inderschwierigstenStunde neudeutscherGe- schichteaber fürFrankreichoptirtundder Dritten Republikfast mehrnochalsderVrite GreyundderNusseLamsdorfgenützthat, weder wieeinen Monarchennochwieeinen Hort deutscherNa- tionzuempfangen. »Herr RooseveltisteinPrivatmann, derzu seinem Vergnügen reist.Vielleichtwill er, derwieder Präsident zu werden wünscht,mitderThatsache,daßeranEuropens Höfen wieeinJmperator empfangen,inEuropensHauptstädtenwie ein volksthümlicherHeldgefeiert wird, auf seineLandsleute wirken undseineWahlchancen bessern. Staatsgeschäftsreisenderisterje- denfalls nicht.DieungemeinschnelleEntwickelungzumWeltim- periumhatAmerika derGefahrhochmüthigerSelbstüberschätzung genähert.DieYankeeneigungindenGlauben, derAmerikanersei

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Diurnale. 239

dervollkommene Ausdruck moderner Menschheitunddürfe auf seinerHöhedenzwischenVasaltenund verfallenenSchlöffernkeu- chenden Europäer belächeln,wird begünstigt,wenn Europa die Sippe Jonathans würdelos umdienert. Ob drübendieernsten Menschen,deren Geldgier nicht ärger,deren Pflichtgefühlund · Kultursehnen nichtgeringer istalsdeutscherKaufleute,starkgenug sind,umihrLandvorderSchädigung durchDemagogenkniffezu hüten,bleibtabzuwarten;dieSchätzungamerikanischerNüchtern- heit müßteschrumpfen,wenn Gauklerbravour dortaufdenhöchsten Sitz hülfe.«Daswirdnichtgefchehen:lasichinmanchem Brief,der übers Meer kam; auchdemGesprächmitAmerikanern der Vorder- reihemußteichdieseGewißheitentnehmen.Anderesprachenanders;

mitzweifelloser ZuversichtdieStimmen,die ausAmtssphären her- übertönten.DieSpektakelreiseNoosevelts,hießesda,ist widrigund überdenTaktmangeldesMannes,über dielächerlicheTrivialität seinerRedenkeinWort zu verlieren. Dasschadetihm hierabernicht imAllergeringsten.DieAmerikanerkennenihnundwissen,daß ihm dieReise,wieeinFaustkampfodereineLöwenjagd,einsensatio- nelles Erlebnißist,daseralsNervenfutter braucht,und haben seinelaute Bersicherung,niewerdeer,wieGeneralUlyssesSidney Grant inEuropaundAsien that, nachdemAblauf seiner Präsi- dentenzeit herumreisenundsichfeiernlassen, immerungläubigbe- lächelt.DieGelehrtenverhöhnen ihnebensoschonungloswie die LeuteinWallstreet. Wer dieMasse haben will, mußWesenszüge zeigen,die denfeineren Geist abstoßen. Roofevelt ist jetzt popu- lärer alsaufderHöhe seiner Präsidentschaft. DaßerdemPapst grobzu antworten wagte,hat seinenNimbus erweitert. Will er kandidiren,sokannKeiner ihn schlagen. Läßtersich aufstellen, so wirder1912mitnochnieerschauter Mehrheit gewählt;undwenns möglich wäre, ihn heute schon auf Tafts Postenzubringen, so würden neun Zehntelaller Amerikaner dafür stimmen.Warum?

WeilTaft,mitallfeinerTüchtigkeit,die LeutelangweiltundNoose-

,velt,mitseinem dramatischenTemperament,ihnen stetsneuen Un- terhaltungstoffbietet.Er kommtwiederan dieSpitze:unddeshalb ists klug, daß ihm Deutschlandalleerdenklichen Ehrenbereitet.

Sosprachen ernsthafte Menschen.Beieinem Trauergottesdienst zumGedächtnißEduards desSiebenten nannte, imMai, der Reverend Dr.Robert S.Mac Arthurin einernewyorker Kirche

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240 DieZukunft.

Herrn NooseveltdenKönigderErdenkönige. NachAllem,was ich gehörtundgelesen hatte, mußtemirdennochderzweifelblei- ben. DieSozialisten hassendenMann;haben ihnin einerSchimpf- fluth,vonderEuropens übertünchteHöflichkeitnichts träumt,zu ersäufen versucht.DenKatholikenkanner, der denPapst gekränkt unddieTräger hoherRömerwürde getäuschthat, nichtwillkommen sein. DieTrustmänner seheninihmdenErzfeindundfastalleBe- sitzendendenDemagogen, dessenLeichtfertigkeitdiePanik des Jahres 1907bewirkt unddas VermögenderMittelklasse(nicht der,,reichen Räuber«,die imtrübenWassernochneuen Gewinn fischen konnten)arggeschmälerthat.Und vonMond zu Mond schwolldieSchaar,diefand,einzügelloses,nur vonApplausgier geleitetes Temperament,daseingesternvorallemVolkgesproche- nes,gestern feierlich verpfändetesWortheutevergessenhabeund deshalbimmer wieder denScheinderUnwahrhaftigkeit undtreu- losenWortbruches auf sichlade, tauge nicht aufdenSitz,wodie Würde derfreien Nepublik thronen soll.Wiesollte füreinenvon sostarkenGruppenVefehdetensichdieMehrheit zusammenballen?

JnBerlin wurde ernicht,wieangekündetworden war,auf demVahnhofvomKaiser empfangen,wohnte auch nichtimSchloß.

Dochgabs, ihmzurEhre,einFestmahlundeineGesechtsübung;

erdurftein der Aula der berliner UniversitäteineVorlesunglei- sten (andiesichdiejüngsten SemesteringrimmigerHeiterkeiter- innern)undaufdie Devotion würdigerProfessoren,dieihnun- bedeckten undgebücktenHauptesbisan denWagen geleiteten, huldvoll herniedergrinsen.Deremsige Schreiberstab,derihmvon Egypterlandherfolgte, sorgte fürdengehörigen Widerhall. Jn der berliner Rede war nur derMuth zuplumper Umschmeichel- ungdesKaisersbeachtenswerth.Thut nichts, sagtendie Ueber- schlauenzderMann wirdwieder Präsident, hatalleWinde,die indenVereinigten Staaten dieStimmunghitzenundkühlen,im SchlauchseinesWillens undwirmüssenfroh sein,wenn eruns freundlichbleibt. UeberLondon (woderReisendedieeinfachste Taktpflichtunerfüllt ließ) gingsindieHeimath zurück. Jns wil- desteGetümmel derAgitation-Edward HenryHarriman,derTheo- dorum rechtinderNähe sah, hateinmal geschrieben,heutzutage gelte Einer,derredet,denMeisten mehralsEiner,derhandelt.

Herr Rooseveltredetetäglich.Tobte, schmähte,verdächtigte;mimte das GewissenAmerikas. Da erringsum, auchvon Freunden,

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Diurnale. 241 hörte,die Würde derPräsidentschaft heischevonDem,dereinst ihrTrägerwar, selbstimKampfeinenobleHaltung,sichver- einsamen fühlte und,outinthecold,zufrieren anfing,verbündete ersichdemmächtigenPreßkapitänHearst,denervorher bekämpft hatte; undschiendesSiegesnun völlig sicher.Eristgeschlagen worden. DieNation,dieihnso langereden ließ,hatbündiggegen ihngesprochenundderDemokratenpartei imKongreßdieMehr- heit verschafft.EinTriumphderTrusts? DieDemokraten, die dasEvangeliumvonderEbenbürtigkeitdesSilbers seitEleve- lands zweiter Präsidentenzeitaus derMassengunstgedrängthat, habendieZwingburg derTrustsfrüherundungestümerberannt alsdieNepublikaner. Nein: dasErgebnißderNovemberschlacht isteine ganz persönliche Niederlage Noosevelts Denwillman nichtlängeranderNampesehenDeristzinunvergleichlichhöherem Grade alsEleveland fürdieHandelskrisisdesJahres 1893, für denWindbruchvon 1907verantwortlich.EinUnruhestifter,der sichinCaesarsTogamummen möchte,morgenneue Panikerwir- kenkann undEuropens Spottsuchtwieder über denYankee lächeln lehrte.Amerika wollte beweisen, daßesnichtseiwieDieserund den BlickdurchPraestigia nichtblenden lasse. Dermannichfach begabteund(auchimgefährlichstenSinn)versatileMannmag sich, wenn ereineWeile geduldigimDunkel bleibt,vonder Nieder- lage erholen. Als Machtwerberisterfürs Ersteabgethan.Und mitihm, sowollen wirhoffen,einWahn,derallzulangedas deut- scheAugeumnebelt hat. Daßdieamtliche Verichterstattung irrte, ist,wiejederFehl armer Menschenschwachheit,verzeihlichWas aber triebimMai denn zuderProskynesis? DerGlaube, daß Roosevelt Deutschlands Freund, Englands Feind sei und,als Vertrauensmann Amerikas,imRothfalldieVereinigtenStaaten aufunsereSeitebringenwerde. DenWünschenSpecksvonStern- burg hatersichmanchmalwillfähriggezeigt; als der Senat das MarmorgeschenkdesDeutschen Kaiserszurückschickenwollte,den Vorschlagdurchgedrückt,daß dieser steinerne Preußenfritz nicht alsKönig, sondernalsFeldherrbehandelt und,nebenHannibal,

vor dieKriegsschuleinWashingtongestelltwerde;alsosehrpfiffig einesichtbareKränkungvermieden. Dochinderzeit anglo-deut- schen KonfliktesdieBereinigten Staaten gegen Englandmobil zumachen:Das vermöchte nichteinmal dergroßeGeorge,wenn

ervon seinem Reiterstandbild ins Leben niederstiege. Nochim

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heftigstenZank fühltder Amerikaner sichdemVriten verwandt.

Und wieungern geradediebestenElemente imLand schonin ruhigenTageneinefeindsäligeWendunggegen Englandsehen, habendrübendieDeutschen gemerkt,alsindiesemLenzderLuft- planeinerdeutsch-irifcheanteressengemeinfchaftaufgetauchtwar, deren GrundmauernurderGrollgegenBritanienmörtelnkonnte.

Auchwenn dernewyorkerBürgermeisterGaynoroderderHisto- riker Dr.Woodrow Wilson1912Tasts Nachfolger wird,kön- nen wir denAmerikanern befreundetbleiben (undvon einem Demokratenkabinet vielleicht sogar günstigereEinführmöglichkeit erwarten). Aber dieHoffnung, hinterder Atlantis einenBundes- genossenzufinden,der mitdem SchwertunsdieWeiteöffnet,muß endlicheingescharrtwerden; unddürfte,auchwenn ihr»bossssnoch einmal aufdieBeine käme,niewieder deutsche Köpfeverwirren.

Lau de s.

Klarheit ist,magsie auch Schmerz bereiten, immer nützlich;

wer sein Herz nichtanTrugbilder hängt, istvor Enttäuschung sicher.SeitFürstVülow,nachderAnnexionderValkanprovinzen, vonder inOesterreichs Fährniß bewährtenNibelungentreueder Deutschen sprach, hatbei uns zuHaus Mancher sich angewöhnt, das Berhältniß zuOesterreich-Ungarnpathetischzu betonen.Der vierte Kanzler trafalsCitator nicht jedesmalinsSchwarze.Als er,beieinemunnöthigenAusfallgegen Chamberlain, behauptete, schon Friedrich habedieSchmäher PreußensundseinesKönigs gewarnt, aufGranitzubeißen,lieherdemVorussenWorte, die der Korse NapoleonBonaParte gesprochenhatte. (»Lespamphlåtaires, jesuisdestinååStreleurpatüre,maisjeredoute peud’åtreleur vjctime:

ilsmordront sur dugravit- «)Als erseineLandsleute denMannen Gunthers verglich,bedachteernicht,wieschlimmden treuen Ni- belungenimHeunenland Etzelsgelohntward. Einerlei. Nur:

wirwollennüchternbleiben undauchvonOesterreichsUngarnnicht mehrerhoffen,alses,mitseinenCzechenundPolen,Magyaren und Südslaven,imDranguns zugewährenvermag.

JnderOefterreichischenDelegation(demausbeidenHäusern des Reichsrathes gewählten AusschußzurBerathung derden NeichshälftengemeinsamenAngelegenheiten)istwieder über die bosnische Krisisund diedeutsche Hilfe geredetworden. Und wieder mußtederHörerdieFülle PolitischerKultur bewundern, die in

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Diurnale- 2113

diesenvom ThorendünkelverrufenenHäusernzufinden ist;nach neidigem Seufzerdann wieder fragen,warum justbei unsjede Debatte über internationale Politik schonamQuellsokläglichver- sandenmüsse.DieDelegirten Marquis vonBacquehem, Dr.von Grabmayr, Kramarz, Lecher, FürstSchwarzenberghattenden Stoff,dasGewebe gründlichgeprüftundgabenihrerWillensmein- ungstets klaren, oft reizvollenAusdruck ; derSozialdemokratselbst sprachüberDynastie undMachtpflicht mitbesseremVerständniß unentbehrlicherRealitäten alsseitJahren jeeinGenosseimDeut- schenNeichstagNirgends wurde dieKlage gellend laut,daßdieAn- nexion zuvielGeld gekostet habe zundsiewäredochsehrviel billi- ger zuhabengewesen,wennFreiherr vonAehrenthal frühgenugfür dieSicherung derTruppentransporte durcheinzweitesBahngleis vorgesorgtundnichtzufrühdenSands chakNovibazarderTürkei zurückgegebenhätte.Jneiner ungemeinwirksamenNede (dievon dertraurigenGroteske deraustro-italis chenBundesgenossenschaft denSchleierzog unddemBetrachter zeigte,wieinderEisregion Südtirols österreichischeunditalienischeSoldaten einander als BorpostenfeindlicherHeere gegenüberstehen,wie dieRegirungen der verbündeten Reichegegen einander hastigdieGrenzenbe- festigen undDreadnoughts bauen),hatherrvonGrabmayrgesagt:

»Wir müssenfroh sein, daßdemMinisterdesAeußerendiefrische Farbe derEntschließungnichtvon des Gedankens Blässeange- kränkeltwurde; daßer, unter schwerer Verantwortung, denMuth fand, unser Recht aufVosnien zuproklamiren unddenMächten nichtsAnderes zuüberlassenals dieEintragung unseres ersessenen Rechtesindas europäischeGrundbuchund dieAnnullirung des obsoletgewordenenArtikels 25 des Berliner Vertrages« So dachten mindestens zweiDrittelderDelegation. Trauertöne ver- nahmman nur aus dem Munde desklugenCzechenführersKra- marz. Derfürchtet,die wiener Politikwerde fortanvonBerlin aus bestimmt,Oesterreich-Ungarngezwungen werden,alle Welt- händeldesDeutschenNeiches mitauszufechten, denWestmächten einGräuel zuseinund mitNußland,um dessenLiebeLexavonAeh- renthal sichdoch seit Jahrzehnten bemüht habe,inTodfeindschaft zuleben-Fürchteterswirklich?KurzsichtistdemhellBlickendennicht zuzutrauen. Wenn erfragt,aus welcher NothDeutschlanddenn demNachbar geholfen habe,könnteerselbst sichdieAntwortgebent Ausernster NothzdennOesterreichwarnurmilitärisch,nichtaberin

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derEis enbahntechnikzumKampf gerüstetunddurfte nicht riskiren, fürdenTruppennachschub,wieRußlandimmandschurischenKrieg, auseinen einzigen Schienenstrangangewiesenzusein. Freilich wußteer,daßvon derLippedesGrafen Aehrenthal dieseAnt- wort nichtkommen werde. Wußteauch, daß seine düstere Schick- salskÜUdUUgdiese LippezUmLächelnkrümmen müsse.DerTak- tikersprach:und nannte unvermeidliche Gewißheit,was erver- mieden zusehen wünschtund hofft. Marquis Vacquehem,der VerichterstatterderDelegation,hat ihnandieThatsacheerinnert, daßzwischen Petersburg undWien schonwieder recht freundlich verhandeltwird. UmsolcheVerhandlungzuermöglichen,hatHerr Stolypin denihm nahverwandten Sasonow aufdenPlatz Js- wolskijsgesetzt.UnddaßdieWestmächteOesterreichgernraschver- söhnen möchten,wardDenen,die daseifernde PaarCartwright- CroziernichtanderArbeit sahen,durchRoseberys Sendungnach Wien bewiesen.Seit denTagenvon SalzburgundReichstadt war das Habsburgerhaupt nicht soumworben. »Die Monarchie hatindas Getriebe dereuropäischen Politik machtvoll einge- griffen.DieKrisis hatmiteinemvollenErfolge geendet,miteiner Stärkung unseres AnsehensimAusland undmiteiner Erhöhung unseresSelbstbewußtseins,dienicht hochgenug anzuschlagen ist.

Unddas Deutsche Reich hat sichbereitgezeigt,dieletzten Konse- quenzen ausderVündnißpflichtzuziehen,wegenEtwas, dasFiirst VismarckdasVischenHerzegowinanannte,als ervondenKnochen despommerschenGrenadiers sprach«Das hat, nachdemBericht der Neuen Freien Presse, Marquis VacqueheminderSchluß- redegesagt;unddamitangedeutet, daßdererste KanzlerdieBünd- nißpflichtleichteralsder vierte genommen habe.Dergeistreiche Plauderer irrt. Amfünften Dezember1876sprachBismarck im Reichstag: »Ichwerde zuirgendwelcheraktiven Vetheiligung DeutschlandsanOrientangelegenheiten nicht rathen, solange ich indemGanzen für DeutschlandkeinInteressesehe, welches auch nur (entschuldigenSie dieDerbheitdesAusdruckes)diegesun- denKnochen eineseinzigenpommerschenMusketierswerthwäre.«

Damalsgabeskeindeutsch-österreichischesBündniß;warnicht vonderHerzegowina dieNede,sondern vonrussischenZöllenund vom ChristenschutzinderTürkei. Als Bismarck, nachdemBer- linerKongreßundnachdergasteinerBerständigungmitAndrassy, das Wort wiederholte, handelte sichsum Vulgarienzwaren die

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Diurnale. 245

vonAlexanderdemZweiteninNeichstadtdemKaiserFranz Jo- sephalsPreis der Neutralität imTürkenkriegzugesagtenPro- vinzenBosnien undHerzegowinaschonvonösterreichischenTrup- penbesetzt.Daßwirunter Vismarcks GeschäftsführungdasUn- gemachdesJahres1909erlebt hätten,istkaumvorstellbarzgewiß aber, daßderStifterdesBundes dessen Pflichtsichniefeigent- zogen hätte. Vielleicht hätteersie aufandere Weise erfüllt;wäre sein Nath, nochunter Nikolai Alexandrowitsch,inPetersburg so mächtig gewesen, daßernichtbiszurauher Drohungzuschwel- lenbrauchte.Das war einmal.Warum abermußte noch jetztbei- nahe jeder DelegirtederdeutschenTreue einKränzlein winden?

Dieser Frage mußder in dieKlarheitStrebende nachdenken.

Tropde fleurs· AuchinWien weißjederWache, daßDeutsch- land 1909gehandelt hat,wieeshandeln mußte;daß sein Inter- esse, nicht Oesterreichs, dieses Handelnerzwang. WelcherSchuld wegen wurdeOefterreichdenngescholtenundbedroht? Weilesin derAera desjungtürkischenParlamentarismus, derBosniaken undHerzegowzenan dieWahlurne rufen konnte,seinHoheitrecht demBereichdesZweifelsentrückt,dasAnsehendes altenKaisers zurErledigungeines demNachfolgerunbequemeren Staatsge- schäftes benutztund dieseitdreißigJahren okkupirtenBalkan- provinzen annektirt hatte?Nein: weil esdemDeutschen Reich verbündetundnoch nichtentschlossenwar, dieseBundesgenossen- schaftgegen einen anglo-russifch-französischenAssekuranzvertrag zutauschen;undweil,so langediemitteleuropäischenKaiserreiche nichtvoneinander zuhaken waren,dieEinkreisungDeutschlands nichtzu voller Wirksamkeitkommen konnte. Wurde Oesterreich eingeschüchtertund aus dem Bund geängstet,dann mußtenwir bereit sein,gegendiekaunitzischeKoalition(Frankreich,Nußland, Oesterreichunter britischemPatronat), deren Schreckbilddem erstenKanzlerdenSchlummerstörte,zukämpfenodervon ihr demüthigendeZumuthung hinzunehmen.Blieb da eineWahl?

Demnur, derauchOesterreichnochverlieren unddann vielleicht imFrostüberVereinsamungundMißachtungflennenwollte.Als, imMärz, unsere Offiziösen Herrnvon Aehrenthal zusanftmü- thigerMilde ermahnten, wurde hier gesagt, ohne noch längeres ZaudernmüsseimHirnderDeutschendieUeberzeugung geschaffen werden, daßvonOstmorgeneinKriegkommen kann,demnur ein Tronzaghaftausbiegenwürde und dernicht,wiedieBlindheit

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2216 DieZukunft.

wähne,für Oesterreichs, sondern für Deutschlands Lebensinteresfe zuführenwäre.Wurdean denverhängnißvollenFehlererinnert, denderstets ängstlicheFriedrichWilhelm machte,alser,trotz Steins wuchtigerWarnung,18050esterreich ungeschirmtderWuth Vonapartes überließ. Und, nach diesem Rückblick,gesagt: »Des Gezerrsund Gezeterswäre rascheinEnde und dieLautesten würdenstumm,wennman draußen erstwiederwüßte: Deutschland istzurKraftprobebereit.»«Auch ohnedas Gebot derVündnisz- pflicht mußtenwirthun,was wir thaten;und allzufürchterlich

war dieGefahrnicht,in die wirunswagten.Die Türkei mit über- reichlichem Trinkgeldabgefunden.Frankreich, derValkanbankier, zärtlichum dieRuhe Südosteuropasbesorgt.Nußland,wie in der Neichsduma offenausgesprochen ward,kaumfähig,dasfürden Grenzfchutz Rothwendige zuleisten.Mit solchen Partnern hätte Eduard sichnichtaufdasSpielgegen einenVankhaltereingelassen, aufdessenWink fünfMillonenVayonnettesblitzenkonnten.Das Alles weißderOesterreicher.Und dennoch, nachdem Wort des Berichterstatters, Lobgesänge,HymnenundDithyramben? Kal- chaskönntemißtrauischwerden. KeinDeutscher möchte zweifeln, daß Oesterreich injedem Vündnißfall seinerPflicht genügen würde;

auchwenns inzwischenmitRußlandwieder ganz einig geworden wäre. Davon wurde indenDelegationen nicht gesprochen.Nur derGedanke,Deutschlands KonfliktekönntenOesterreich-Ungarn schädigen,aus lächelnder Ruhezurückgewiesen;gelassen erklärt, dieDoppelmonarchie habevon denwestöstlichenBündnissenund ententes nichts Argeszufürchten;und,mitkräftigeremNachdruch verkündet, Negirung undParlament werde jede Anregung »ir- gendwelcher Art«,dieRüstungzumindern, mitredlichem Eifer- unterstützen.SirEdward Grey wirds, füralleFälle,notirt haben.

Vritanien, Nußland, Frankreich, Jtalien, Oesterreich-Ungarn:

fünf großeEuropäersindfürdieKontingentirung derWehrmacht..

DieKleineren müßten mit, selbstwenn sienicht sogernwollten.

DieUnited States derDemokraten undCarnegieswürdensichvon so löblichemStreben nicht ausschließen;undJapanhatveraltete Schiffeundnoch nichtdaszu modernen Neubauten nöthigeGeld.

ObnichtübereinKleines aus OstoderWesteinmajestätisches Rundschreiben denStaatshäupternderErdeeineEinladung nach demHaagbringt?Dann begönnederNibelungen Noth.Wer sein Herz nichtanTrugbilder hängt, istvorEnttäuschung sicher.

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Diurnale. - 247

Completorium.

WährendinWien demDeutschen Reich,weils vorandert- halbJahrenbereitschien,gegen Nußlandzumarschiren,Lobge- sänge angestimmt wurden, fuhrderZarallerReussennachBots- dam.,,DieMonarchen küßteneinanderherzlich aufbeideWangen.

KaiserNikolaus trug deutsche, KaiserWilhelm russischeUniform.« DerBrauch istalt(undkönntenachgerade modernisirt werden;

daßgegen Küsseunter Männern seitderNachtdesJüngerver- rathes leicht sichderChristenargwohn regt, hat,beiähnlichemAn- laß, schonLagardewarnend erwähnt ;undHöflichkeitläßtsichheute wohl erweisen, ohne daßderKriegsherreines Bolksheeressichins Kleideiner sremdenArmee knöpft,wider dieerübermorgenviel- leichtzudenWaffen rufen wird).Neu war nur, daß zugleichmit demKanzlerderStaatssekretär desAuswärtigenAmtes demGast vorgestelltwurde;derUntergebene zugleichmitdem alleinver- antwortlichen Chef. Erster SchrittzurAenderungeines Zustan- des,derdemKanzlereinenur demGiganten erträglicheLast aus- bürdet,oderfreiwilligediminutio capitis?Wovon zwischen Früh- stückundAbendmahlzeit,JagdundLichtspiel geredetwurde, hat draußen natürlichKeiner erlauscht.AmzweitenTagaberlasen Alle,imNeuen Palais undinderWilhelmstraßesei,,festgestellt worden, daßaufkeinemGebietzwischenDeutschlandundNußland irgendeineMeinungverschiedenheit bestehe«.Jubilate!Wenns die Spannung des Lachmuskelserlaubt. DerGedankenaustausch, dessen Ergebniß so lieblich aussieht, hatte gewißdenbezwingenden HerzenstonmännlicherAufrichtigkeit.,,UmdieFranzosenfür Jhre nächsteAnleihe nichtzuschwächen,habenwirdenUngarnund den Türkenausder Klemme geholfen;nun werden Sies ganzbequem habenundkönnen denMargemachernnocheinstattlichesStück abzwackenMett;nichtwahr?EinJahrhundertlangbeherrschteder anglo-russischeGegensatzinSüdosteuropaundVorderasien die Stimmung. SeitSiesichmitden Briten verständigthaben,ist diese Schwierigkeit beseitigt.JetzthoffenwirAlle inEintracht, daßunter derMondsicheleinestarke mohammedanische Militärmachtent- stehe,die Keinem dieMeerengenöffnet,denValkan wiederzittern lehrt unddieStoßkrastderpanislamischenBewegungverjüngt.

Waren wirje so einig?«DerFilm ist fertig,dasTaggestirnver- schwunden; sehtdemMann,der dieKurbeldreht,aufdieFinger!

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