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Technik und Kultur : Zeitschrift des Verbandes Deutscher Diplom-Ingenieure, Jg. 20, H. 4

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Technik und Kultur

□ □

□ D

Z E I T S C H R I F T D E S V E R B A N D E S

D E U T S C H E R D I P L O M - I N G E N I E U R E □o □ □

S c h r if tle ite r : © ¡ p l . - S l i g . K . F . S t e i n m e t z

H E F T 4 B E R L I N , 15. A P R I L 1929 20. J A H R G A N G

D i p l o m - I n g e n i e u r - T a g u n g 1 9 2 9 i n C l a u s t h a l a . H . :

Die Mitglieder und F reunde des Verbandes laden wir hierm it zur Teilnahme an der in C l a u s t h a l a. H. s t a t t ­ findenden D iplom -Ingenieur-Tagung ergebenst ein. F ü r die Tagung ist folgende T agungsordnung aufgestellt:

F reitag, den 31. M ai: 8 U hr (20 h) Z w a n g lo s e Z u s a m m e n k u n f t der Teilnehmer im H otel Voigtslust, Clausthal-Zellerfeld.

Sonnabend, den 1. J u n i: 4 U hr (16 h) A u t o r u n d f a h r t im Harz.

8 U hr (20 h) B e g r ü ß u n g s a b e n d m it gemeinschaftlichem Abendessen im Hotel Voigtslust.

Sonntag, den 2. J u n i: 11 U hr F e s t s i t z u n g in d e r A u la d e r B e r g a k a d e m ie Clausthal:

Begrüßung durch den H errn Verbandsvorsitzenden.

Ansprachen.

Vorträge.

6 U hr (18 h) F e s t t a f e l , anschließend Tanz im H otel Voigtslust.

M ontag, den 3. J u n i: 9 U hr B e s i c h t i g u n g e n im H arzer Bergbau, 2 U hr (14 h) S c h l u ß t r u n k in G o s la r , Achterm ann.

Zu allen V eranstaltungen sind die D a m e n herzlichst eingeladen.

Der P r e i s d e r T e i l n e h m e r k a r t e b eträ g t einheitlich RM 10.— je Person; in diesem Preis ist einbegriffen: das trockene Gedeck des Abendessens beim Begrüßungsabend (am 1. Juni) und der Festtafel (am 2. Juni) sowie die Teilnahme an den Besichtigungen. D er Preis der A uto ru n d fah rt w ird noch bekanntgegeben.

A n m e ld u n g z u r T a g u n g : Zur Anmeldung liegt diesem H eft der Zeitschrift eine P ostkarte bei. Schluß der Anmeldungen: 15. Mai d. J.

Wir bitten um recht zahlreiche Beteiligung an der Tagung.

Verband Deutscher D iplom -Ingenieure E. V.

Der Vorstand.

Geheimer R egierungsrat Professor ©ipt.-3ng. Fr. R o m b e r g Vorsitzender.

O r d e n t l i c h e A u s s c h u ß - T a g u n g 1 9 2 9 :

Gemäß § 15, Ziffer 5, V erbandssatzung, berufen wir hierm it die

Ordentliche A usschußtagung 1929

für S o n n a b e n d , d e n 1. J u n i 1 9 2 9 , v o rm . 9 U h r , n a c h C l a u s t h a l a m H a r z , H o t e l V o i g t s l u s t (Station Clausthal-Ost), m it folgender T agungsordnung:

1. Eröffnung und Feststellung der stim m berechtigten Anwesenden.

2. Berichte des Vorstandes und des K uratorium s der Hilfskasse.

3. Vorstandswahlen und W ahl des K uratorium s der Hilfskasse.

4. R echtlicher Schutz der Bezeichnung „Ingenieur“ . 5. Hochschulfragen.

6. Gewerbesteuerpflicht der Freien Berufe.

7. Praktische Ausbildung der Diplom-Ingenieure nach dem Studium . 8. A nträge der Bezirksvereine.

9. Verschiedenes.

Wir bitten die H erren Ausschußm itglieder (und ihre Stellvertreter) um M itteilung über ihre Teilnahm e bis spätestens 1. M ai 1 929 an die Verbandsgeschäftsführung. Die V erhandlungsunterlagen gehen den H erren A usschuß­

mitgliedern durch ihre Bezirksvereine noch zu.

Verband Deutscher D iplom -Ingenieure E . V.

Der V orstand.

Geh. R eg.-R at. Prof. ©ipl.-3ng. F r. R o m b e r g , ©ipl.-3ng. K. F. S t e i n m e t z ,

ord. Professor der T H Berlin, V erbandsdirektor.

Vorsitzender.

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62 E. R e s p o n d e k : Löhne und Wohlstand in den Vereinigten Staaten Technik u. Kultur

K o n s u l D r . E R W I N R E S P O N D E R , B e r l i n t

L Ö H N E U N D W O H L S T A N D L N D E N V E R E I N I G T E N S T A A T E N V O N A M E R I K A *

D ie hohen Löhne der A rbeiter und der allgemeine W ohlstand in den V ereinigten S taaten von Am erika werden als ein ebensolches W eltw under angesehen wie seinerzeit die R entenm ark. Als D eutschland nach dem V erlust seiner alten Mark vor einem Nichts stand, fanden wir gleichsam über N acht durch die R entenm ark neuen, festen Boden. Zu den wenigen W irtschaftsfragen der Nachkriegszeit, die eine größere A ufm erksam keit auf sich zogen, gehören auch die hohen Löhne der am erikani­

schen Arbeiter. Die A rbeiter und Einkom m enbezieher aller L änder blicken voller Bew underung auf ihren hohen S tand und ihre anhaltende rasche Steigerung.

W ir fragen nach den U r s a c h e n .

Ein Teil der B eobachter und K ritiker sieht die E r ­ klärung darin, daß die Löhne in kluger, w irtschaftlicher Einsicht einfach heraufgesetzt w urden und so den Anstoß zu einer größeren Produktion, zu einer allgemeinen, u m ­ fassenden W ohlstandsentw icklung gegeben haben. Dieser W ohlstand wiederum g estattete in natürlicher Weise weitere E rhöhungen der Löhne und G ehälter vorzunehm en.

So bedingt eines das andere und fü h rt die Gesam tentw ick­

lung des ganzen Landes im m er w eiter nach oben.

Andere B eobachter sehen die U rsachen in erster Linie darin, daß die Vereinigten S taaten, wie alle Statistiken und Bilanzen lehren, das reichste Land der E rde sind.

Gewiß, das L and verfügt über unermeßliche H ilfskräfte an Rohstoffen aller A rt. D er Flächeninhalt der Vereinigten S ta ate n ist etw a 17mal so groß wie der D eutschlands; die Einw ohnerdichte hingegen b eträg t höchstens ein Neuntel derjenigen von D eutschland. Es verzeichnet die größte Erzeugung an Rohstoffen, gleichgültig ob es Eisen und Kohle, Baumwolle u nd G etreide, Öle u nd K upfer sind;

es zeigt von J a h r zu J a h r wachsende P roduktionserträg­

nisse; es vergrößert unaufhaltsam seinen gesam tw irtschaft­

lichen P rodu k tio n sap p arat und verw endet die sorgfältigst entw ickelten technischen H ilfsm ittel, insbesondere arb eit­

sparende Maschinen, die das persönliche Los der arbeiten­

den Menschen so sehr erleichtern.

W ie so oft, so liegt auch hier die W ahrheit in der M itte zwischen diesen beiden Auffassungen.

Der geradezu überw ältigende w irtschaftliche und finan­

zielle Aufschwung dieses Landes findet seine Begründung in einer wechselseitigen Einw irkung des sich verm ehrenden natürlichen R eichtum s und W ohlergehens m it den wach­

senden Einkom m en, den Löhnen, G ehältern und K a p ita l­

renten. Die Leichtigkeit des Schaffens und Fortkom m ens, die Gesundheit des Volkes, ein ebenso w eiter wie freier Spielraum für kulturelle Möglichkeiten, die große soziale E ntspannung b rachten es m it sich, daß die A rbeiterschaft in Am erika eine ganz andere Grundeinstellung zur W irt­

schaft bezeugt als es beispielsweise in den europäischen In d u striestaaten zu sehen ist. D enn dieses allgemeine W ohlergehen aller Bürger der V ereinigten S taaten, welches eine große K au fk raft auf dem inneren M arkt bedeutet, die ihrerseits die Produktion wieder an treib t, die Löhne steigert usw., bew irkt die freudige B ejahung W erte schöpfender, gemeinsamer A rbeit von U nternehm ern und A rbeitern.

Die kluge A usnutzung der Vorteile, die der R eichtum an Rohstoffen, die F ru ch tb ark eit des Bodens, das W achstum

* D ie V e rö f fe n tlic h u n g i s t d ie W ie d e r g a b e e in e s R u n d f u n k - V o r ­ t r a g e s , d e n d e r V e rfa s s e r a m 21. F e b r u a r 1929 a u f d e r B e r lin e r W e lle g e h a l te n h a t . D e m E n tg e g e n k o m m e n d e r „ F u n k s t u n d e B e r l i n "

v e r d a n k e n w ir d ie G e n e h m ig u n g z u r V e rö f f e n tlic h u n g d e r b e a c h te n s ­

w e r te n A u s fü h ru n g e n . D ie S c h r if tle itu n g .

der K apitalien, das Fehlen politischer Grenzen der am eri­

kanischen W irtschaft gegeben haben, w urde sta rk gefördert durch die praktische und energievolle Einstellung des am erikanischen Arbeiters zur A rbeit, des ganzen Volkes zur P ro d u k tiv itä t und zum w irtschaftlichen F o rtsch ritt.

Diese Einstellung h a t die großzügige u nd zielbewußte A rt des Vorgehens erm öglicht, m it der A rbeit u nd K ap ital ge­

m einsam die N utzbarm achung der natürlichen R eichtüm er des Landes in Angriff genommen haben.

Wie die tatsächlichen Lohnverhältnisse in den V er­

einigten S taaten sind, mögen einige Zahlen kennzeichnen.

Der statistische Vergleich der Gegenwart m it der Vor­

kriegszeit bringt das klare Bild:

Die Löhne der Vorkriegszeit in In d u strie und L andw irt­

schaft, im V erkehr usw. werden m it 100 P u n k ten angesetzt, um eine Ausgangsbasis zu haben. Die am tlichen V er­

gleichsberechnungen zeigen dann, daß in den Ja h re n 1927 und 1928 der D urchschnitt aller Löhne über 200 liegt. Die sehr sorgsam erm ittelten Ziffern für 1927 belehren uns im einzelnen, daß z. B. der Lohn in den verarbeitenden I n ­ dustrien, also in den hochgewerblichen U nternehm ungen 217 P u n k te gegen 100 betrug. Bei den Gas- und E lek­

trizitätsw erken w aren 209 P u n k te erreicht. Diese L ohn­

höhen gegenüber 1913 sind um so bem erkensw erter, als in den Vereinigten S taaten die Arbeitswoche um 10% kürzer als vor dem Kriege ist.

N ur in einem einzigen Zweige der am erikanischen W irt­

schaft ist die Lohnhöhe u n ter 200 P u n k ten geblieben, näm lich in der L andw irtschaft. H ier erreichten die A r­

beiter nur 166 P u n k te gegen 100 im Ja h re 1913. D er G rund hierfür ist ein rein w irtschaftlicher. Auch in A m erika ist eine schwere landw irtschaftliche Krisis hereingebrochen, die besonders kraß im Gegensatz zu der glanzvollen E n t­

faltung der Industrie steh t. Diese Krisis drückte au f die Landw irtschaft in einem so starken A usm aße, daß. in der Zeit von 1919 bis 1925 rund 800000 L andw irte bzw. in der Landw irtschaft tätig e Personen aus diesem W irtschafts­

zweig endgültig ausgeschieden w urden. Es ist ungewöhn­

lich interessant, aus den B erichten der Regierung zu e n t­

nehm en, daß diese beschäftigungslos gewordenen Menschen eine restlose Aufnahm e in anderen W irtschaftszw eigen des Landes fanden. D abei ging dieser Um schichtungsprozeß rasch, leicht und reibungslos v o n statten .

Die am erikanische W irtschaft zeigte eine solche e rstau n ­ liche Aufnahm efähigkeit noch in anderen Fällen. So weist der D irektor im H andelsdepartem ent, K le in , in einem Bericht d arau f hin, daß auch nahezu 1,25 Millionen A rbeiter (917 000 in der verarbeitenden In d u strie und 240000 T ransportarbeiter) durch den R ationalisierungs­

prozeß in der Zeit von 1919/1925 ausgeschieden w urden und durch die bleibende V eränderung in der S tru k tu r der Industrie bzw. des V erkehrs tatsächlich gleichsam über­

flüssig geworden sind. Aber auch diese A rbeiter w urden in dem großen U m schichtungsprozeß von der W irtschaft restlos aufgenommen und w ieder in dauernde A rbeits­

m öglichkeiten eingestellt.

Forschen wir n un etwas gründlicher nach den letzten Ursachen dieser staunensw erten K raft des Landes, hohe Löhne zu zahlen, stets ausreichende Beschäftigung fü r die G esam theit zu stellen, so erkennen wir bald, daß diese E r ­ scheinung durchaus kein erstaunliches M ysterium ist.

Das Geheimnis der hohen Löhne u nd des W ohlstandes in diesem Lande liegt in einer richtigen Anwendung m ensch­

licher und m aschineller A rbeitskräfte und K apitalien, in einer unerm üdlichen und gemeinsamen A nstrengung aller

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20 (1929) Nr. 4 E. R e s p o n d e k : Löhne und Wohlstand in den Vereinigten Staaten 63

im Arbeitsprozeß stehenden K räfte, im m er m ehr W aren und G üter zu produzieren und dabei das billigste und beste Erzeugnis auf den M arkt zu bringen. H inzu kom m t, daß die W irtschaft selbst nicht m inder angestrengt bem üht ist, für ihre Erzeugnisse einen stets bereiten und aufnahm e­

fähigen M arkt zu suchen und zu schaffen. Man sieht also, daß der hohe Lohn und der W ohlstand das Ergebnis von einer Reihe auf ein gleiches Ziel gerichteter K räfte ist.

Die hohe und ständige Steigerung der Löhne überrascht nicht m ehr so sehr, wenn Avir uns nam entlich eine Tatsache klar vor Augen halten:

W ir sehen, daß die Menge der erzeugten W aren und G üter w ächst und m it ihr die Leistungsfähigkeit der A rbeiter. In Amerika kennt m an einen sehr sorgsam aus­

gearbeiteten M aßstab zur Messung der Produktionsm enge und der Arbeitsleistung. Dieser M aßstab wurde von der Regierung erstm alig für das J a h r 1919 angesetzt und nach 5 Jahren, also 1925, zum zweitenmal besonders vorsichtig erm ittelt.

B etrachten wir die festgestellten Ergebnisse.

Die Am erikaner setzen erstens die Gesamtzahl der A rbeiter in den einzelnen W irtschaftszweigen, sowie zweitens die Summe der Produkte, welche sie erzeugen, für das J a h r 1919 m it je 100 P unkten an. Die E rm ittlungen des Jahres 1925 für die gleichen O bjekte zeigen alsdann das folgende Bild:

Die Zahl der Arbeiter in L andw irtschaft, Bergbau, in säm tlichen verarbeitenden Industrien und im gesamten Transportwesen, welche 1919 also m it 100 P unkten ange­

setzt ist, betrug 1925 genau 93 P unkte, d. h. es tr a t eine Verringerung in der Gesam tarbeiterzahl um 7% ein. Dem­

gegenüber zeigt die Menge der Produktionsgüter, welche diese Arbeiter von 1919 und von 1925 schafften, ein anderes Bild. Die A rbeitergruppen h a tte n 1919 eine Produktions- mengen-Leistung von 100 P unkten vollzogen, im Jah re 1925 hingegen von 120 P unkten. Noch günstiger ist das Verhältnis in den verarbeitenden Industrien allein. Hier zeigt die Gegenüberstellung der A rbeiterzahl 1919:100 P unkte, 1925: 92 Punkte.

Die A rbeitsleistung auf den K opf des A rbeiters hingegen ist in diesem Zweig ganz besonders hoch:

Arbeitsleistung des einzelnen Arbeiters 1919: 100 Punkte, 1925: 140 Punkte.

Es ist klar ersichtlich, worin der Effekt der am erikani­

schen W irtschaft steckt. Trotz verm inderter A rbeiterzahl ist das Gesam terträgnis dieser hier eben behandelten G ruppe: verarbeitende Industrie, um 43,5% gestiegen.

Dies ist der erste und einer der schlagkräftigsten Gründe für die E rklärung des ständig steigenden Lohnes und W ohl­

standes in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Selbstverständlich sind derartige Steigerungen in den E rträgnissen nicht allein m it dem persönlichen Fleiß des einzelnen A rbeiters zu erklären. Eine außerordentlich große Hilfe leistet hier auch die innere Organisation des Betriebes, die technisch und fachlich wissenschaftliche U nterstützung der A rbeit, die Einstellung des Arbeiters in einen vorzüglichen und hochentwickelten Maschinen­

park, die Verwendung bester W erkzeuge und M aterialien in den Fabriken selbst. Sie sind es, die derartige große Erfolge der einzelnen arbeitenden H and wesentlich m it begünstigen. Verschiedene amtliche und auch private E r­

hebungen beweisen dies. Die amerikanische Stahlindustrie z. B. wies kürzlich nach, daß in einem Arbeitsvorgang ein bestim m tes Leistungsquantum h eu t von zwei Männern gestellt Avird, für das vor nicht zu langer Zeit noch 20 Män­

ner tro tz sorgsamster Ordnung dieses Arbeitsprozesses benötigt wurden. Die „Bethlehem Steel W orks“ m eldeten, daß heute ein hochspezialisierter A rbeitsvorgang von sieben M ännern geleistet Avürde, für den sie früher 128 A rbeits­

kräfte anzusetzen h atten . Ebenso schlagende Beispiele bieten andere Industrien. Dies sind Einzelerscheinungen einer Avundervollen EntAvicklung, die unserem gegenwärti­

gen Z eitalter den Stem pel der Spezialisierung, S tandardi­

sierung für die M assenproduktion u nd dam it der in d u ­ striellen M achtentfaltung großen Stils gegeben haben.

Eine zweite und ebenso wichtige Ursache finden Avir in einer neuartigen g e i s t i g e n u n d s e e l i s c h e n E i n s t e l ­ lu n g d e r A r b e i t e r u n d U n t e r n e h m e r z u m S in n u n d W e s e n d e r W i r t s c h a f t . W ir können diese Quelle des Aufstiegs als den psychologischen F ak to r in der P ro ­ duktion bezeichnen, der aber eine große Rolle spielt. H oher Lohn, W ohlstand und Aufstieg werden näm lich auch wesentlich beeinflußt durch die E rkenntnis, daß K apital und A rbeit gemeinsame Interessen haben. In den Ver­

einigten S taaten ist diese E rkenntnis so klar und so all­

gemein, daß sie eine ständig zunehm ende gegenseitige Verständigung bew irkte und zur Bejahung praktischer Zusam m enarbeit zwischen U nternehm ern und A rbeitern führte. A rbeiter und U nternehm er huldigen hier gleichsam einer besonderen Geschäftsphilosophie, von deren R ichtig­

keit sie fest überzeugt sind und an Avelche sie glauben.

Die Meinung der führenden U nternehm er in der am eri­

kanischen W irtschaft geht etAva dahin:

Das H auptziel aller unserer Anstrengungen besteht darin, die K aufkraft, wie sie einmal in den gegenwärtigen Löhnen liegt, soll u n ter allen U m ständen erhalten werden. Aller­

dings haben die Industriellen allein keine M acht, hohe Löhne zu zahlen und ein sich im m er erhöhendes Lohnniveau zu schaffen. Hohe Löhne können nur solange gezahlt werden, wie die wirtschaftlichen Bedingungen sie zu zahlen es gestatten.

D aher soll der A rbeiter an dem U nternehm en, in wel­

chem er schafft, auch interessiert sein.

E in solches Interesse des Arbeiters am U nternehm en und an der HerausAvirtschaftung des höchstmöglichen Ertrages kann in verschiedene äußere Form en gebracht werden.

Das System, das die am erikanische Industrie hier an- zuAvenden beginnt, läuft im K ern darau f hinaus, den A r­

beiter gleichsam als eine A rt von Teilhaber am U nter­

nehm en zu betrachten. Dabei ist dieser Gedanke der Teilhaberschaft nicht an einen R echtstitel, etw a an eine Aktie oder dergleichen, gebunden. Beide Teile, A rbeiter­

schaft und U nternehm erschaft, haben vielm ehr die Mei­

nung, daß diese Beteiligung im S y s te m d e r i n d i v i d u e l ­ le n E n t l o h n u n g d e s A r b e i t e r s f ü r s e in e L e i s t u n g u n d s e in T a l e n t lie g t. Und tatsächlich scheint hier die richtige Lösung des Lohnproblems ganz allgemein zu liegen. Denn der W unsch eines jeden einzelnen Menschen, in der Bezahlung au f eine gerechte und gesunde Basis gestellt zu werden, d. h. seine wirkliche Leistung bezahlt zu bekommen, ist ebenso fundam ental Avie elem entar. Es entspricht ja auch einer ebenso natürlichen wie alten menschlichen Eigenschaft.

Die beste Triebfeder zum Avirtschaftlichen Aufstieg wird also in einer E ntlohnung gesehen, die dem V erdienst der individuellen A rbeitsleistung des einzelnen Menschen gerecht wird.

L etzten Endes b ietet sich diese Methode als ein Versuch dar, die individuelle Leistung zu steigern. Eine Lohn­

zahlung, die sich dieses Ziel setzt, heißt in den Vereinigten S taaten das „intensive System “ . Es wurde sehr w eit­

gehend entAvickelt, und bereits heute ist ein großer P rozent­

satz der A rbeiterschaft an dem W ohlstand des U n ter­

nehmens, in dem er tä tig ist, über dieses Lohnzahlungs­

system beteiligt.

Es ist für uns in E uropa von sehr großer B edeutung, eine richtige Vorstellung von dieser w irtschaftlich und sozial so außerordentlich wirkungsvollen Regelung des Lohn- und K apital-Interesses zu haben. Eine h e u t praktisch gewordene Anwendung wird dies am besten veranschau­

lichen:

Die am erikanischen Industriellen verweisen ihre A r­

beiterschaft darauf, daß ein Angriff au f den L ohnstandard von seiten der ausländischen K onkurrenz zu erw arten steht. Die Löhne in E uropa seien w eit u n te r denjenigen

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64 E. R e s p o n d e k : Löhne und Wohlstand in den Vereinigten Staaten Technik u. Kultur

der V ereinigten S taaten , so daß die europäischen In d u strie­

staa ten , also in erster Linie D eutschland, F rankreich und E ngland w irksam gegen Am erika w erden konkurrieren können. Gewiß müsse die am erikanische W irtschaft, das Bem ühen E uropas, den Lebensstandard seiner A rbeiter­

schaft zu erhöhen, durchaus billigen. A ber dies bedeute v erstä rk ten E x p o rt auf dem W eltm ark t u nd dam it schwere K onkurrenz für die am erikanische In d u strie, die ihre P roduktionskraft z. Zt. m it kaum 60% ausnutzen kann.

Es ist daher Pflicht und selbstverständliches Eigeninteresse eines jeden A rbeiters, seinen A rbeitsplatz voll auszufüllen.

Dies heißt, die Erzeugung zu steigern, ihre K osten zu v er­

m indern, so daß jedes einzelne U nternehm en fähig ist und bleibt, der kom m enden K onkurrenz w irksam er als bisher zu begegnen, d. h. die am erikanischen W aren zu v er­

kaufen, und zwar m it einem N utzen, der es g e sta tte t, den heutigen W ohlstand zu h alten und im m er höhere Löhne zu zahlen.

W enn wir diese Auffassungen au f uns voll einwirken lassen und uns fragen, woher es kom m t, daß in diesem großen Lande die schwersten Fragen des w irtschaftlichen Daseins und K am pfes so leicht gelöst werden, so haben wir noch eine andere T atsache zu kennzeichnen. Es be­

steh t bei U nternehm ern wie bei A rbeitern die Vorstellung, es sei ein volkswirtschaftliches Gebot, nicht nur für W oh­

nung, K leidung u nd E rnährung zu sorgen, sondern auch die glückhafte Em pfindung zu erwecken, daß es die Dienste des A rbeiters und U nternehm ers sind, welche den gesell­

schaftlichen und sozialen Aufstieg ermöglichen. Der amerikanische A rbeiter glaubt an diesen idealen Zweck seiner T ätigkeit und rich te t sich demgemäß als Einzelner u nd in seiner G esam theit au f den Dienst am U nternehm en ein. So zeigt er kein Mißvergnügen, sondern im Gegenteil große Freude an dem w irtschaftlichen und finanziellen Erfolg des U nternehm ens, in welchem er steckt. So be­

g rü ß t und ach tet er den L eiter des U nternehm ens, der für ihn nicht nu r Arbeitgeber, sondern im w eiteren Sinne M itarbeiter, F örderer und F ührer ist.

Das gleiche ökonomische Interesse bindet U nternehm er und A rbeiter auf dieses eine Ziel: Zusam m enarbeit zur Vermehrung des W ohlstandes.

Die Größe der U nternehm ungen u nd die W eite des Landes haben den Gedanken einer m odernen Zusam m en­

arbeit zwischen U nternehm ertum und A rbeiterschaft in Am erika frühzeitig nahe gelegt. Wie auch in europäischen In d u striestaaten , so sind natürlich auch in den Vereinigten S taaten auf beiden Seiten bei der E rörterung dieser grund­

legenden sozialen Frage verschiedene M ißverständnisse auf­

getreten, die nicht zuletzt auf die G egensätzlichkeiten in den beiderseitigen O rganisationen un d ihren V ertretern zurückzuführen sind. A ber der L auf der Dinge belehrte die U nternehm erschaft, daß niedrige Arbeitslöhne nicht n o t­

wendig einen hohen Gewinn für das K apital auslösen.

E r belehrte um gekehrt die A rbeiterschaft, daß hohe Löhne nur durch gesteigerte Arbeitsleistung und in einem gesunden U nternehm en gewonnen und gehalten werden können. In Amerika h a t sich sehr rasch die E rkenntnis v erb reitet, daß die Leistung des A rbeiters von dem Grad seiner Zufrieden­

heit bestim m t wird, von dem Geist und dem Stolz des A rbeiters auf sein W erk.

Es ist klar, daß eine solche grundsätzliche Einstellung des Am erikaners keinen R aum für soziale Klassengegen­

sätze m it den aus ihnen erwachsenden w irtschaftlichen Schwierigkeiten läß t. Die ,,hum an relations“ , die rein menschlichen Beziehungen werden in Amerika sehr ge­

pflegt. D er Auswahl von „U nterführern“ aus der A rbeiter­

schaft w ird große A ufm erksam keit geschenkt und sie h a t

sich zu einem wissenschaftlichen Zweiggebiet ausgewach­

sen. Die „M enschenführung“ in der In d u strie ist m it eine der stärksten A ntriebskräfte zum allgemeinen F o rt­

sch ritt und W ohlstand des ganzen Landes.

Das bekannte M itglied der Dawes-Kommission von 1924 u nd der jetzige V ertreter Am erikas in der R ep aratio n s­

konferenz vom F eb ru ar 1929 zu P aris, Owen V o u n g , der L eiter eines der größten E lektrizitätsunternehm en der W elt, führte jü n g st aus, daß der m oderne In d u strie­

mechanismus von einem unterschiedlichen C harakter gegenüber dem der Vorkriegszeit sei, u nd daß neue Wege gegangen werden m üßten, um die in der W irtschaft tä tig en K räfte zur höchsten E n tfaltu n g zu führen. E r sagte w örtlich:

„W enn die Zufriedenheit verschw indet, w ird die A rbeit zur Qual. Zufriedenheit ist ein w esentlicher Teil der physischen V oraussetzung bei der A rbeit. Sie ist aber w eitgehend beeinflußt durch die geistigen Ström ungen im Lande. H andeln w ir daher recht an unseren M itmenschen, sorgen w ir für alle unsere F a ­ milien, u nd zwar nicht allein m it K leidung, N ahrung und Behausung. A rbeiten wir auch für unsere Sicher­

heit, für jene Zeit, da wir nicht m ehr w erden arbeiten können. Sorgen wir für die kulturellen Möglichkeiten für uns und für die anderen, dann sind wir freie Männer.

H ier in Am erika haben w ir den S tan d ard politischer Gleichheit erreicht. W erden wir in der Lage sein, ihr die volle w irtschaftliche Gleichheit zur Seite zu stellen ? K ein Mann ist eher w ahrhaft frei, als bis er sowohl politisch als auch w irtschaftlich freisteh t.“

Die einheitliche Auffassung u nd Zielsetzung der G edan­

kenw elt, in welcher die beiden T räger der W irtschaft, U nternehm er und A rbeiter, dienend tä tig sind, erstau n t uns nicht m ehr, wenn wir schließlich eine letzte Triebfeder erw ähnen: es ist dies der in allen Teilen des Volkes h e rr­

schende Trieb nach persönlicher Bildung u n d guter E r­

ziehung. Insbesondere ist es die Schulung für die Erfüllung der w irtschaftlichen u nd sozialen A ufgaben des Landes, die sehr gepflegt wird. In Am erika sind Regierung und Volk der Ü berzeugung, daß die Millionen ju n g er Menschen, welche in den Schulen erzogen werden, die künftigen Leiter der Geschicke des ganzen Landes sind. Ih n en m uß daher die beste und zweckmäßigste Ausbildung zuteil w erden;

eine Erziehung zur Pflichterfüllung gegen sich selbst und das W ohl des ganzen Landes. In der T a t stellt die richtige Schulung nicht nur für die physische u nd technische Leistungshöhe, sondern auch für den seelischen G ehalt der Menschen eine wichtige V oraussetzung fü r den F o rtsch ritt allen w irtschaftlichen A rbeitens dar.

W ir sehen an der B etrachtung des Beispiels, das die V ereinigten S taaten hieten, daß es in richtiger Anwendung allgemein geltender w irtschaftlicher Prinzipien u nd unter E insatz eines ebenso klaren wie einheitlichen u nd festen Willens sehr wohl möglich ist, die W irtschaft zu meistern.

Auch in den europäischen In d u striestaaten w erden wieder W ohlstand und auskömmlichere Löhne zu erzielen sein, w enn auch nicht in jenen A usm aßen und H öhen, wie wir sie in den V ereinigten S taaten sehen. D er Krieg m it seinen Folgen, die großen B elastungen, haben die Vor­

aussetzungen für einen Weg, wie ihn Am erika geht, bei uns außerordentlich schwer gedrückt. T rotzdem , u n d vielleicht gerade, weil der D ruck ein so stark e r in E uropa ist, sollten aus dem Beispiel der V ereinigten S taate n in vieler H insicht Anregungen zu einer V erwirklichung der dort geltenden G rundsätze in der W irtschaft u n d für die W irtschaft und dam it zum W ohle aller in ihr arbeitenden Menschen ge­

wonnen werden.

(5)

20 (1929) Nr. 4 P. B ü n g e : Die Grundlagen der europäischen Eisenindustrie 65

S>ipl.-3ng. P E T E R B Ü N G E :

D I E G R U N D L A G E N D E R E U R O P Ä I S C H E N E I S E N I N D U S T R I E 5. Italien.

I talien ist von N atu r nicht zum Eisenindustrieland be­

stim m t gewesen. Es fehlt an Kohle und an Erz. Lediglich auf E lba und im Tal von Aosta finden sich Eisenerz­

vorkom m en von Bedeutung. Merkwürdigerweise h a t Italien trotzdem eine Eisenindustrie ins Leben gerufen u nd sie selbst in der Deflationszeit sehr ertragreich zu gestalten gewußt.

Noch 1900 wurden erst 24000 t Roheisen erblasen, hauptsächlich auf E lba, 1913 die 18fache Menge, über 400000 t, wozu über 900000 t R ohstahl treten . Diesen Aufschwung h a t der Krieg noch wesentlich beschleunigt.

Das drückt sich schon in der Eisenerzförderung aus, die von 366000 t (1905) auf über 700000 t (1914) steigt, um im Jah re 1921, dem europäischen K alam itätsjahr, auf 279000 t zu fallen. E ntsprechend der hohen Stahlerzeugung ist der Schrottverbrauch groß. E r wird vornehmlich aus Frankreich gedeckt und spielt eine Rolle in der beider­

seitigen Handelspolitik.

1921 zählte m an 45 Stahlwerke, in denen sich neben Bessemerbirnen 68 Siemens-Martinöfen und 80 E lektro­

ofen befanden. Dies zeigt, welche Bedeutung in Italien der Elektroofen h at, und, da der A usbau der W asserkräfte planm äßig fortschreitet, w eiter haben wird.

Die H auptforderung erfährt die italienische Eisen­

industrie durch die günstige Handelslage des Landes.

Man denke nur an die neuen H afenpläne für Genua, in denen der bisherige H afen zum künftigen etw a das Größen­

verhältnis aufweist, wie die Tasche zu einer Hose. Des­

gleichen brachte der A utom obilverkehr und die E lek tri­

sierung und Zweispuriglegung großer Bahnlinien der ge­

sam ten Eisenindustrie lohnende Aufträge, die eben früher ins Ausland gingen, und je tz t im Lande bleiben sollen.

A uf der Basis einer nationalen Schwerindustrie wachsen die übrigen von selbst. Großartig h a t sich der Schiffbau entwickelt, der heute die größten Uberseemotorschiffe liefert. Die Stahlerzeugung betrug 1925 rund 1,6 Mill. t, das ist 20000 t mehr, als im letzten K riegsjahr 1917, in dem die Anforderungen der R üstung natürlich außer­

gewöhnlich waren. Italien m arschiert seitdem an 6. Stelle der stahlerzeugenden Länder h inter Amerika, Deutschland, E ngland, Frankreich und Belgien. Das ist aber keine to te Ziffer, sondern pro K opf der italienischen Bevölkerung werden, s ta tt wie vor kurzem noch 25 kg, heute bis 55 kg Stahl verbraucht. Vielleicht besitzt diese Zahl Leben genug, um zu zeigen, wie Italien zum Industrieland wurde.

Dabei wird noch für rund 1 Milliarde Lire an Stahlwaren eingeführt. Deswegen sollen die eigenen Bodenschätze neu geprüft, neue L agerstätten gesucht, die vorhandenen w irt­

schaftlicher abgebaut werden.

In großem Stil haben sich die italienischen E isenhütten zu einigen wenigen Konzernen zusammengeschlossen. An ihrer Spitze marschieren die Ilva- und Ansaldo-Gruppe, die allerdings nach dem Kriege ihr K apital scharf Zu­

sammenlegen m ußten. Daneben ist die „E lb a“ und

„ F ia t“ bekannt. Alle w aren 1925 glänzend beschäftigt und verteilten hohe Dividenden. Damals profitierte m an von der rutschenden V aluta, aber m an bereitete sich nicht überall rechtzeitig auf die Änderungen vor, die eine S tabi­

lisierung der W ährung m it sich bringen muß. Diese Ver­

hältnisse sind nun eingetreten. Die Nachfrage ist durch­

gehend schwach geworden, die Bestände mehren sich, und die W erke müssen sich zu Betriebseinschränkungen v er­

stehen. K apital wird immer knapper, und die A uslands­

ware dringt wieder auf den so lang gesperrten italienischen M arkt vor.

Diesen Rückgang der Beschäftigung erwähnen auch sämtliche Berichte der großen Aktiengesellschaften für

(S c h lu ß v o n S e ite 4 3 —46)

das verflossene Ja h r. Noch sind ja die E rträgnisse gut geblieben, die Dividenden schwanken zwischen 8 bis 12 bis 15 v. IL. Aber m it der Inflationsblüte ist es vorbei, und m an beginnt in Italien den Rationalisierungsvor- sprung, nam entlich der deutschen Industrie, m it der Auf­

m erksam keit des Selbstinteressenten zu betrachten.

Die Rohstoffeinfuhr vor allem soll beschränkt werden durch V erhüttung eigener, mulm iger Erze und die Ver­

arbeitung der P yritrückstände auf Roheisen, die möglichst zur vollkommenen Stillegung einer ausländischen E rz ­ einfuhr entw ickelt werden soll.

Man m uß sich wundern, daß es der italienischen Eisen­

industrie ü berhaupt noch so gut geht, da ihre Preise längst die des W eltm arkts überschritten haben. Man d arf eben nicht vergessen, daß, wie die Franzosen, auch die Italiener außerordentlich geschickte G eschäftsm änner sind, die bisher m it den Schwierigkeiten der Inflation u nd De­

flation unzweifelhaft besser fertig zu werden verstanden, als.ihre Vorgänger.

Anders wäre es nicht zu verstehen, daß tro tz der sich dauernd verschlechternden Lage je tz t die Ferrerie di Voltri 10 v. H. Dividende zahlt, die Soc. An. Acciaierie e Ferrerie di Novi Ligure 12 v. H ., La Magona d ’Italia, Soc. An Firenze 22,5 v. H ., die Fonderia Milanese di Acciaio 10 v. H. und die Trafilerie e Lam inatio di Metalli, Soc. An. Milano 9 v. H . Das sind Ergebnisse, die beweisen, wie sehr m an für die Zukunft m it der italienischen Eisen­

industrie rechnen muß.

6. Balkan.

Die K ohlenvorräte S ü d s la w ie n s werden au f etwa 4,3 Milliarden t geschätzt, von denen jährlich rund 3 Mill. t abgebaut werden. Dazu stand dem L and die K riegsent­

schädigungskohle aus U ngarn und Bulgarien in Höhe von rund 0,5 Mill. t jährlich zur Verfügung. In Nordbosnien findet sich das wichtigste Eisenerzvorkom m en von schätzungsweise 100 Mill. t Brauneisenstein. Auch R o t­

eisenstein wird in M ittelbosnien in steigender Menge ab­

gebaut. Der sichere Erzbesitz Südslawiens ist auf etwa 150 Mill. t zu berechnen.

Da der gesamte H üttenkoks eingeführt werden m uß, h a t sich eine große" Eisenindustrie noch nicht entwickeln können. Am w ichtigsten ist die H ü tte von Vares m it über 50000 t Roheisenerzeugung (1912). Eine Rolle spielt außerdem Jesenice in Slowenien, das über 5 Siemens- Martinöfen, W alzwerk usw. verfügt. 3 Siemens-M artin­

öfen h a t Zenica. Ravne h a t sich auf Edelstahlerzeugung eingestellt. Zusammen m it einigen kleineren w eiteren W erken w urden 1912 = 115000 t an Walz- und Schmiede- erzeugnissen hergestellt. D er B edarf des Landes würde sich aus eigenen W erken decken lassen, wenn nicht der Mangel an brauchbarem Koks und das ungenügende Eisen­

bahnnetz hindernd im Wege ständen. Einstweilen bietet daher Südslawien Einfuhrm öglichkeiten, die auch von der deutschen Industrie wahrgenommen werden.

In Griechenland w aren schon im A ltertum Erzlager bekannt. Im großen wurden sie jedoch erst ab 1901 (zu­

m eist durch französisches K apital) abgebaut. Günstig ist überall die nahe Lage zum Meer m it seinen Verschiffungs­

möglichkeiten. Eine Sonderstellung bedeutet die F örde­

rung von Chromerzen (1915 über 10000 t). D urch den Krieg ist Griechenland in seiner industriellen Entw icklung stark zurückgeworfen worden.

Rum änien ist erst durch seine Erdölvorkom m en aus der Reihe der rein agrarischen Länder herausgetreten. Eisen­

erz wurde schon zur römischen Zeit in kleineren Mengen abgebaut. Um 1860 wurde m an im D om bow itabezirk und

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66 P. Bün.ge : Die Grundlagen der europäischen Eisenindustrie Technik u. Kultur an ändern Stellen auf Braunkohle fündig. Das in Versailles

e rg atterte große Stück ungarischen Landes bescherte R um änien erst die ersehnten großen Stein- u nd B rau n ­ kohlen- sowie Eisenerzlager, so daß sein jetziger Eisen­

erzbesitz au f etw a 30 Mill. t geschätzt werden kann. Auch hier ist es m erkw ürdig, wie die Versailler Auffassung vom Selbstbestim m ungsrecht der Völker rein durch Zufall übereinstim m t m it der schw erindustriellen B edeutung der erlösten Gebiete.

Die Förderziffern von Steinkohle betrugen 1919 über 200000 t , 1925 über 300000 t, die für Braunkohle 1.3 Mill. t gegen 2,6 Mill. t. An Eisenerz w urden in den gleichen Ja h re n etw a je 110000 t abgebaut. Die R oh­

eisenerzeugung stieg von 30000 t (1922) a u f 64000 t (1925) und die R ohstahlerzeugung ging im gleichen Z eitraum von 67000 t auf 100000 t. H ieraus w urden gewalzt 1922 fast 75 000 t, 1925 120000 t. Die gleiche Menge an W alz­

erzeugnissen w urde noch eingeführt. Man begreift, daß R um änien alle A nstrengungen m acht, seine Eisenindustrie a u f doppelte Erzeugung zu bringen. Bis je tz t ist dies nicht gelungen, da es an geeigneter Kokskohle fehlt. Aber viel­

leicht weiß der V ielverband auch hier noch einm al ein Mittelchen.

7. Ö sterreichisch-U n garisch e N achfolgestaaten.

Nirgends sind durch Friedensbedingungen w irtschaft­

liche Zusam m enhänge so auseinandergerissen worden, wie in Österreich, das früher — tro tz des w eiten Auseinander- liegens seiner Bodenschätze — einen wesentlichen Anteil an der W elteisenerzeugung h a tte . Seine Steinkohlen lagen in M ähren u nd Österreich-Schlesien, geringere Vorkommen in U ngarn. Sehr reich w ar es m it B raunkohlen versehen, die sich v o r allem am südlichen Erzgebirgsrand fanden.

Gefördert w urden 1913 über 20 Mill. t Steinkohle und über 33 Mill. t B raunkohle. D er Steinkohlenbedarf w ar jedoch bedeutend größer, und es m ußten noch 13,5 Mill. t eingeführt werden. An Braunkohle w urden 7 Mill. t aus­

geführt.

Im gleichen J a h r w urden über 5 M ill.t Eisenerz gefördert, fast 1 Mill. t eingeführt. Die Roheisenerzeugung betrug 2.3 Mill. t, die Stahlerzeugung 2,6 Mill. t. L etztere erreichte im K riegsjahr 1916 die ansehnliche Höhe von 3,3 Mill. t.

Das alles sind Zahlen, die von der B edeutung der früheren österreichischen Eisenindustrie sprechen. Es ist n icht viel davon übriggeblieben.

Die Steinkohlenvorräte von D e u t s c h - Ö s t e r r e i c h werden au f 12,5 Mill. t angegeben, die Förderung im h e u ti­

gen G ebietsum fang ist von 87000 t a u f 166000 t (1922) fast verdoppelt worden. Die E isenerzvorräte werden auf 219 Mill. t geschätzt, wozu wahrscheinlich weitere 23 Mill. t kommen. H iervon b irg t allein der steirische Erzberg 200 Mill. t , die in großartigen Terrassenbauten abgegraben werden. Die V erhüttung erfolgt in den naheliegenden W erken zu D onaw itz, Vordernberg, Eisenerz u nd Hieflau.

B ekannt ist auch der H ütten b erg er Erzberg in K ärnten.

Das größte Eisenw erk liegt in Donawitz, die Alpine Mon­

tangesellschaft, die so lange im Stinneskonzern und an der Börse eine Rolle gespielt h a t. Ihre Gesam terzeugung von 637000 t Roheisen (1916) sank 1919 au f 60000 t.

Die Steinkohlenausfuhr spielt h eute keine Rolle m ehr.

Dagegen w urden 1926 über 4 Mill. t Stein- u nd V* Mill. t B raunkohle, dazu Va Mill. t Koks eingeführt. Die E rz­

ausfuhr b etru g 40000 t. Die A usfuhr an Eisen und Eisen­

w aren (ohne Maschinen) 286000 t, die E infuhr 128000 t»

U ngarn h a t in T rianon 75 v. H . seiner Steinkohlen­

förderung verloren. N ur der Bezirk von F ünfkirchen ist ihm geblieben. Die Tschechei, R um änien und Jugoslaw ien haben seine Eisenerzreviere eingesteckt. U ngarn ist ein m utm aßlicher V orrat von 23 bis 24 Mill. t Eisenerz ge­

blieben. M an vergißt leicht, daß U ngarn 1913 nicht weniger als 9,2 Mill. t B raun- und Steinkohle gefördert h a t.

D urch den W eiterausbau seiner heutigen G ruben könnte

es zwar den B edarf der eigenen In d u strie decken, aber es fehlt an Koks. Zum großen Teil erhalten blieb U ngarn seine M aschinenindustrie, die fast überall erst nach 1900 en tstanden, daher neu eingerichtet u nd in der Lage ist, auf den B alkanm arkt einen w esentlichen Einfluß auszuüben.

Eisenerz förderte U ngarn 1926 = 131700 t u n d erblies fast 190000 t Roheisen. Beide Ziffern b ed euteten das D op­

pelte des Vorjahres. Die M aschinenindustrie ist, in der H auptsache durch neue Ü berlandzentralen, gut m it A uf­

träg en versorgt, obwohl sich da E ngland m it Rohstoff­

lieferungen hineingeschoben h at.

Die T s c h e c h o s l o w a k e i verfügt je tz t über 3/i der Stein­

kohlenfelder der alten M onarchie, dazu über ungeheure V orräte einer ausgezeichneten B raunkohle. D er E rzreich­

tu m ist geringer (insgesam t geschätzt au f 309 Mill. t). Die natürlichen Grundlagen für eine E isenindustrie sind dam it gegeben, und bereits vor dem K rieg entw ickelten sich in Böhm en bedeutende U nternehm ungen, wie W itkow itz, Skoda usw. Um B rünn und P rag herum siedelte sich eine Reihe von W agenbauanstalten und M aschinenbauanstalten an. Die Roheisenerzeugung betru g 1913 etw a 1,5 Mill. t u nd sank bis 1921 au f 543000 t , w ährend die R ohstahl­

erzeugung (1921) ru n d 900000 t ausm achte (in der H a u p t­

sache Siem ens-M artin-Stahl, daneben etw as Bessemer- und Thomas- sowie E lektrostahl).

Im Ja h re 1926 h a tte sich die Erzeugung au f 1,35 Mill. t Roheisen und 1,6 Mill. t R ohstahl erholt (1% der Gesamt- W elterzeugung); der B eschäftigungsgrad steigt augen­

blicklich. Im ersten V ierteljahr 1927 haben die böhmischen W erke die ihnen im R ahm en der In tern atio n alen R ohstahl­

gem einschaft zustehende Rohstahlm enge überschritten.

8. Schweiz.

W enn auch die Schweiz gewiß kein eigentliches In d u strie­

land d arstellt und auch n icht darstellen will, so verdienen doch die dortigen Kohlen- und Erzvorkom m en einiges Interesse. Vor allem im W allis findet sich A n th razit, dessen Gewinnung allerdings noch m it zu hohen G estehungskosten verbunden ist. Geringer ist die B edeutung der Braunkohle- u nd Schieferkohle-Vorkommen.

Vor dem K rieg verb rau ch te das L and etw a 3 Mill. t K ohlen, die zum vorw iegenden Teil eingeführt werden m ußten. Es lag au f der H and, nach E rsatz in den W asser­

k räften zu suchen, die diesem L and ja reichlich zur Ver­

fügung stehen. W ir sehen daher seit Ja h re n in dieser H insicht eine großartige technische E ntw icklung in der Schweiz vor sich gehen.

A n Eisenerz spielen vor allem die oolithischen Vorkom­

m en im F rick tal m it w ahrscheinlich w eit über 25 Mill. t eine Rolle. Das Interesse der eisenhüttenm ännischen W issenschaft für diese Erze ist groß, da m an sie im Elektro- hochofen verschm elzen will. Selbstverständlich sind alle elektrischen Öfen für die Schweiz von großer Bedeutung.

Man begann schon w ährend des Krieges m it der synthe­

tischen Roheisenerzeugung im E lektroofen, stellt ferner E lektrostahl u nd Gußeisen in Elektroofen dar. Letzteres ist von B edeutung, da es auch in D eutschland gelang, aus einem hochphosphorhaltigen E insatz durch Ü berhitzung des flüssigen Eisens in einem 6-t-N athusius-O fen au f 1500°

bis 1700° ein hochwertiges Gußeisen zu erzeugen.

9. Polen.

Im m er buntscheckiger w ird die industrielle K arte E uropas. Auch Polen zählt heute, dank der Versailler Be­

dingungen u nd im W iderspruch zu der Volksabstim m ung in Oberschlesien, zu den Eisenländern. Das Polen des früheren Zarenreiches besaß an Steinkohlen reichlich 500 Mill. t, an abbauw ürdigen E rzen vielleicht 300 Mill. t.

Die polnische V orkriegs-Eisenindustrie w ar fast durch­

weg von den D eutschen ins Leben gerufen worden. Es handelte sich um Tochterw erke der D eutschen in O ber­

schlesien, die au f diese Weise die Zollm auern um gingen.

Gerade in den letzten V orkriegsjahren, von 1908 bis 1913,

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20 (1929) Nr. 4 P. B ü n g e : Die Grundlagen der europäischen Eisenindustrie 67

h a t die deutsche Industrie die Leistungsfähigkeit der auf polnischem Boden liegenden W erke verdoppelt. Sie stieg von 210000 t Roheisen (1908) auf 418000 t (1913). Man m uß daran zurückdenken, wenn m an den R aub von Deutsch-Oberschlesien in seiner ganzen Bedeutung würdigen will.

B ekanntlich h a t dabei Polen 86 v. H. der deutsch-ober­

schlesischen Steinkohlenvorräte m it einem Fördergewinn von jährlich 28 Mill. t Steinkohle annektiert. Es handelt sich um nicht weniger als 77 Kohlenzechen von 90, 22 E rz­

bergwerken von 30, und 46 H ü tte n von 56.

Polen im heutigen Gebietsumfang förderte 1913 = 464000 t Erz gegen 323600 t (1926). An Roheisen w urden erschmolzen 1913 = über 1 Mill. t, 1923 = 520000 t, 1926 = 326000 t ; an Stahl 1913 = 1,7 Mill. t, 1923 = 1,1 Mill. t, 1926 n u r noch 789000 t. Ein Zurückgehen auf der ganzen Linie, obwohl Polen von der rutschenden V aluta h ätte profitieren können. Es ist deutlich zu sehen, daß Polen m it dem gestohlenen industriellen Besitz nicht zu w irtschaften im stande ist.

10. Schweden — Norwegen — Finnland.

B erühm t w ar und ist S c h w e d e n durch sein H olz­

kohlenroheisen. Aber seine, einst ganz Europa m itbeherr­

schende Stellung als Eisenerzeuger ist heute verloren, da sich andere Länder m it günstigeren RohstofFbedingungen vorgeschoben haben. Von steigender Bedeutung ist sein Eisener zb ergb au .

Es gibt verschiedene mächtige Lager von sehr hohem Eisengehalt. Am ältesten ist der Bergbau au f M agnet­

eisenstein, der heute aus 160 Gruben gefördert wird. Nach der Einführung des Thom asverfahrens kam en zur Bedeu­

tung die mittelschwedischen Lager, von denen das Gränges- berger allein au f 51 Mill. t geschätzt wird. Selbstverständ­

lich finden w ir auch hier den Zusammenschluß zu großen Konzernen, die rationeller arbeiten, als die früheren K lein­

betriebe.

Eigenartig sind die Vorkommen von K iruna und Gel- livara nördlich des Polarkreises. Ganze Bergabhänge be­

stehen dort aus M agneteisenstein von 60 bis 70 v. H. Eisen­

gehalt! Sie wurden früher während der langen W inter in R enntierschlitten über die lange Strecke von 220 km bis zum Ostseehafen Lulea verfrachtet. H eute geht die elek­

trische Eisenbahn durch das Gebiet und verbindet es sowohl m it Ost- wie Nordsee (Narvik). Neuzeitliche Groß­

güterwagen m it Selbstentladung bewältigen den T ransport.

Die schwedische Eisenerzförderung hob sich von noch nicht 1 Mill. t (1890) auf 7,5 Mill. t (1913), sank dann und erreichte 1922 wieder 6,2 Mill. t. Diese wurden zum größten Teil ausgeführt. Um jedoch einer vorzeitigen Erschöpfung der Erzvorkom m en zu steuern, h a t die schwedische R e­

gierung seit längerem ihren Einfluß geltend gemacht.

Da es an Kohlen fehlt, h a t sich eine große Eisenindustrie nicht entwickelt. Den Steinkohlenverbrauch deckt E ng­

land. Dies gab den Anlaß zu erhöhtem Interesse für säm t­

liche Elektroverfahren. 1911 w urden die ersten elektrischen Roheisenöfen in Betrieb gesetzt. 1920 betrug die Elektro- roheisenerzeugung bereits über 80000 t. Die Gesam t­

roheisenerzeugung betrug 1913 = 730000 t, stieg 1917 auf 829000 t und sank 1922 au f 264000 t. Bis 1926 h a t sich die Erzeugung auf 456000 t erhöht, auch die Ausfuhr nahm zu, jedoch klagen die H ersteller über ungenügende Preise.

Durch die Brennstoffpreise sind die Herstellungsbedin­

gungen, auch für die Zukunft, belastet. Die Stellung dem ausländischen W ettbew erb gegenüber ist daher nicht sehr stark.

N o rw e g e n besitzt ein Eisenerzvorkommen hoch im Norden, fast an der russischen Grenze, von schätzungs­

weise 100 Mill. t, aber geringem Eisengehalt, aus dem 1913 rund 1 Mill. t gefördert wurde. Auch sonst liegen ver­

schiedene kleinere Vorkommen günstig zur K üste. Rei­

chere Erze finden sich in M ittelnorwegen (Drontheim).

Das große D underlandvorkom m en ist zwar der Menge nach bedeutend (ca. 120 Mill. t), m uß aber wegen seiner Eisen­

arm ut aufbereitet und konzentriert werden.

Es fehlt an eigenen Kohlen. D aher gehen die Erze nach D eutschland und England. Einen Ausgleich bieten die unerschöpflichen W asserkräfte, die bereits in den Dienst der Elektro-Roheisengew innung gestellt w urden. Diese betrug 1914 fast 7000 t und sank bis 1922 au f 1700 t.

In F i n n l a n d gibt es einige E rzlagerstätten, zu denen die unendlichen W älder die heute so seltene und kostbare H olz­

kohle hergeben. Auch w urden die W asserkräfte zu einem Elektro-R oheisen-U ntem ehm en ausgenutzt, das in prim i­

tiven Schmelzöfen ähnlich einem K riegsunternehm en in Norwegen arbeitete. W ährend jedoch das norwegische W erk nach Aufhören der K riegskonjunktur den Betrieb eingestellt h at, arbeitet m an in Finnland noch m it w irt­

schaftlichem Erfolg dank der besonders günstigen örtlichen Verhältnisse.

11. Rußland.

Eigenartig ist die eisenindustrielle Entw icklung R u ß ­ lands, die sich im Zarenreich hauptsächlich im Ural, Polen und Südrußland abspielte. Die Gebiete lagen m ithin sehr w eit auseinander. D urch den Krieg h a t R ußland die be­

deutendsten Kohlen- und Eisenerzreviere an Polen und die Ukraine verloren. Die kaukasischen Manganerze gehören zur neuen Republik Georgien. Es bleiben also n u r M ittel­

rußland und Ural zurück.

In lebhaftem Steigen befand sich die Kohlenförderung des alten Zarenreiches: 1910 über 23 Mill. t, 1914 über 33 Mill. t! D avon entfiel der H au p tteil au f Südrußland und Polen. Die Eisenerzförderung betrug 1911 = fast 7 Mill. t, 1912 = 8,2 Mill. t. In der H auptsache sind an ihr der ukrainische Bezirk von Krivoi Rog und der Ural be­

teiligt. Roheisen wurde erblasen 1911 = 3,6 Mill. t, 1912 = 4,2 Mill. t. Die Rohstahlziffer stieg von 3,8 Mill. t (1911) au f 4,8 Mill. t (1913). Und Fertigerzeugnisse endlich wurden geliefert 1911 = 3,3 Mill. t, 1912 = 3,7 Mill. t.

D ann sank w ährend des ganzen Krieges die Erzeugungs­

höhe.

Das heutige Z entralrußland besitzt keine großen Kohlen­

vorkom m en. Gefördert w ird im U ral und im Moskauer Becken. Von den m ittelrussischen Eisenerzlagern sind die von Nischni-Nowgorod von Bedeutung. D er U ral besitzt bedeutende Vorkommen von Magneteisenstein, sie kommen aber bisher nicht zur vollen Geltung, da die Verkehrs- Verhältnisse ungünstig, die E ntfernung von allen Ver­

brauchsgegenden bis zu diesem RohstofFzentrum u n ­ geheuer sind.

F urchtbare Jah re h a t die russische Eisenindustrie hinter sich. In den ersten Ja h re n des Bolschewismus lag m ehr oder weniger alles still, verrostete, wurde abgerissen und nach theoretischen Produktionsprogram m en an anderen Stellen wieder aufgebaut. E rst seit kurzer Zeit b lü h t wieder Leben aus den Ruinen. In der ersten H älfte des W irtschaftsjahres 1926/27 w urden erzeugt = 1,4 Mill. t Roheisen, 1,7 Mill. t Stahl und 1,3 Mill. t W alzeisen. Das sind Steigerungen von 12 bis 43 v. H . gegen das V orjahr, in dem die Produktion etw a 60 v. H . derjenigen von 1913 ausm achte. Nach wie vor übersteigt die Nachfrage das Angebot, zumal Verkehrswesen, L andw irtschaft, all­

gemeiner M aschinenm arkt einstweilen noch eine riesige A ufnahm efähigkeit haben.

Der Plan der A bteufung von 15 neuen Schächten im Donezbecken m it 6,5 Mill. t Jahresförderung lenkt wieder die Augen auf ein Gebiet, das erst seit den achtziger Ja h re n bekannt wurde. Damals h a tte n dort Engländer und Belgier vergeblich ihr Geld in nicht vorangekommene W erke gesteckt. M itte der neunziger Jah re setzte eine große B autätigkeit ein. W itte schützte das Revier durch Schutzzölle und zog westliches K apital herein. Es ström ten auch ganz ungeheure Summen, schätzungsweise von 1893 bis 1908 = 1,8 Milliarden Mark. Dies führte eine am erika­

nische Entw icklung herbei, die prom pt um 1900 zur Ü ber­

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68 0. O h n e s o r g e : Die patentfähige Erfindung usw. Technik u. Kultur zeugung führte, so daß selbst angefangene W erke still­

gelegt u nd wieder abgebrochen wurden.

Die ganze Entw icklung ist lehrreich. Französisches und belgisches Geld standen au f dem Spiel. N achdem der R ussisch-Japanische K rieg für eine E isen k o n ju n k tu r ge­

sorgt h a tte , wurde der system atische A usbau des russischen Eisenbahnnetzes betrieben. F a st alles Linien, die zunächst strategischen W ert gegen D eutschland h a tte n u nd erst in zweiter Linie w irtschaftliche B edeutung besaßen. Die K ugel w ar auf die schiefe Ebene gesetzt und rollte dem Krieg entgegen, sollte nicht erneut die ganze Eisenindustrie zusam m enbrechen. Die russische Volksw irtschaft bot für die Scheinblüte gar keinen N ährboden. Noch 1911 v e r­

b rau ch t der Russe im J a h r 25 kg Eisen gegen 136 kg des Deutschen. E r w ar dam it gegen D eutschland um 70 Jah re zurück und wurde in einen Krieg hineingehetzt, um diese 70 Jah re m it einem Schlage auszugleichen.

Noch 1911 besaßen erst 57 von 762 russischen S täd ten die elektrische Beleuchtung. N ur 23 h a tte n Gas. In 631 S tädten b ran n te noch die P etroleum -Straßenlaterne, und in den übrigen 49 herrschte nach Sonnenuntergang idyllische Finsternis. E ntsprechend verhielt es sich m it allen übrigen Erfordernissen der Zivilisation, die für die russische Eisenindustrie ein n u r zu dankbares A rbeits­

gebiet dargestellt h ätten . Ist es nicht vielsagend, daß in den Ostseeprovinzen, in denen seit je das deutsche Elem ent K u ltu rträg er w ar, auch das Zivilisationsm om ent am stä rk ­ sten in Erscheinung tr a t m it fast 28 kg E isenverbrauch der Bevölkerung je K opf und J a h r ?

S chlu ß.

Die heutige europäische Erzeugungsm aschine läuft leer.

Man nahm D eutschland etw a 80 v. H . der Eisenerzförde­

rung, 30 v. H . der K ohlenförderung, 30 v. LI. der R ohstahl­

erzeugung und ebensoviel seiner W alzleistung. Frankreich annektierte die elsaß-lothringische E isenindustrie, Polen Oberschlesien, die Tschechei österreichisches Industrieland.

Säm tliche M ärkte w urden dam it in Verwirrung gebracht, so daß wir in E uropa heute noch nicht den Eisenverbrauch von 1913 wieder erreicht haben. E uropa erzeugte 1925 =

11 Mill. t w e n ig e r Roheisen und Stahl als 1913, die V er­

einigten S taaten = 20 Mill. t m e h r . D er E isenverbrauch in E uropa fiel um 5 v. H ., in Am erika stieg er um 50 v. H.

Schon aus dieser Lage heraus m ußte die internationale Rohstahlgem einschaft kommen.

H eute w ird in der W elt so viel Roheisen hergestellt, wie 1913, aber E uropas Anteil daran stellt sich in den Ja h re n 1925/26 um 20 v. H . geringer. Die W elt-R ohstahlerzeugung ü b e rtra f den D urchschnitt der 5 Ja h re 1908 bis 1913 um 44 v. LI., eine Steigerung, die fast ausschließlich der am erikanischen E isenindustrie zufällt. Die übrigen, nicht europäischen, Erdteile v e r d r e i f a c h t e n gegenüber 1913 ihre Roheisen- und v e r s e c h s f a c h t e n ihre R o h stah l­

erzeugung.

Ziehen wir die Bilanz, durch die sich als ro ter Faden w indet : die E ntw icklung zum K rieg hin und der N utzen, den einige wenige aus dem K rieg gezogen haben. Aus der Geschichte der englischen E isenindustrie ist herauszulesen, wie England in seiner Ja h rh u n d erte alten und bequem en Vorm achtstellung von dem jungen D eutschen Reich über­

ra n n t w urde, und welche politischen K onsequenzen der E ngländer daraus gezogen h a tte . Es ist aus der Z ertrüm ­ m erung alter und u n tren n b arer W irtschaftszusam m en­

hänge zu sehen, welchen Zwecken der K rieg gedient hat.

Es ist keinem Interessierten übersehbar, m it welchem Erfolg seit dem Krieg die M ehrzahl der europäischen Politiker bem üht ist, die von ihnen geschaffenen Zustände zu erhalten, trotzdem sie den industriellen U ntergang E uropas bedeuten. A ber es ist nicht zu verstehen, wie trotzdem in D eutschland w eite Kreise von K am pfgeist gegen eine Industrie erfüllt sind, die ihre große E rnährerin ist. Dieser K am p f w ird geführt, als handele es sich um nichts anderes, als etwa einen unerschöpflichen Geldschrank.

W er aber die W ahrheit verbreiten will, der soll n icht u n ­ erw ähnt lassen, daß die Gewinne der deutschen Eisen­

industrie in den Ja h re n 1925 und 1926, seihst u n te r der nicht wieder zu erhoffenden Nachhilfe des großen englischen Streiks, u n ter 100 Millionen RM betrugen, w ährend die­

jenigen der Vereinigten S taaten in der gleichen Zeit den Gewinn von nicht weniger als 1,7 M illiarden RM abwarf.

© tp l.-S n g . O T T O O H N E S O R G E , P a t e n t a n w a l t in B o c h u m :

D I E P A T E N T F Ä H I G E E R F I N D U N G , I H R E V O R W E G N A H M E U N D I H R E N A C H A H M U N G

*

D er V ortrag w ar nicht von der Absicht geleitet, eine gedrängte P aragraphenübersicht über das P a te n t­

gesetz oder eine der beliebten Anleitungen zur A n­

m eldung von P a te n te n .z u gehen, sondern es sollen nach einem einheitlichen Leitgedanken einige grundsätzliche Fragen behandelt werden, wie sie für den P rak tik er als Erfinder, V erteidiger seiner P aten te und Belcämpfer u n ­ berechtigter A nsprüche aus solchen, vor allem aber als G utachter auftreten. Demgemäß werden auch die jeweilig entw ickelten G rundsätze an H and von praktischen Bei­

spielen, besonders Grenzfällen und A usnahm en, erläutert.

Die B erechtigung für eine derartige Zusammenfassung und tiefere D urchdringung solcher G rundsätze w ird in den politischen u nd w irtschaftlichen E rschütterungen der Gegenwart gesehen, die auch das Gebiet des gewerblichen

* D ie n a c h s te h e n d e n A u sfü h ru n g e n s in d ein e Z u s a m m e n fa s s u n g ein er im „ H a u s e d e r T e c h n ik “ in E sse n g e h a lte n e n V o rtra g s fo lg e . D e r Z e its c h rift

„ G e w e r b lic h e r R e c h ts s c h u tz u n d U r h e b e r r e c h t“ , in d e re n J a n u a r h e f t 1929 d ie se Z u s a m m e n fa s s u n g e rsch ien , s in d w ir f ü r d ie A b d r u c k e r la u b n is d a n k b a r .

D ie S c h riftle itu n g .

Rechtsschutzes nicht u n b erü h rt gelassen h ab e n 1); ferner in den — m it R echt oder m it LTnrecht — beh au p teten derzeitigen U nstim m igkeiten in der P aten terteilu n g durch das P a te n ta m t einerseits und in der Auslegung durch die Gerichte andererseits2).

Angesichts des durch keine Definition des Begriffs

„ E r f i n d u n g “ aus der W elt zu schaffenden irrationalen F a k to rs3) — der doch die Abgabe eines W erturteils in jedem Einzelfalle verlangt — w ird davon abgesehen, eine solche üb erh au p t zu versuchen. Um aber einem ungefähren L eit­

gedanken zu folgen, w ird davon ausgegangen, daß bei einer

„V orrichtung“ es nicht einfach die A nhäufung der körper­

lichen E lem ente, bei einem „V erfahren“ n icht schlechthin die Aufeinanderfolge derE inzelm aßnahm cnist,die so, wie sie sich bei rein anschaulicher B etrachtung darstellen, jeweilig

J) V e rg l. V o rre d e z u J s a y , H e r m a n n : P a t e n t g e s e t z 4. A u fl.

B e r l i n : F . V a h le n 1926

2) M a r k e n s c h u tz u . W e t tb e w e r b 27 (1 9 2 7 /1 9 2 8 ) 1 3) G e w e rb l. R e c h ts s c h u tz u . U r h e b e r r e c h t 2 8 (1 9 2 3 ) 60

(9)

20 (1929) Nr. 4 O. O h n e s o r g e : Die patentfähige Erfindung usw. 69

als Erfindung anzusprechen sind. Träger des Erfindungs­

gedankens ist vielm ehr die „ t e c h n i s c h e G e s e t z m ä ß i g ­ k e i t “ , die in diesem räum lichen Nebeneinander oder zeit­

lichen N acheinander zum erkennbaren A usdruck gelangt und die relativ zu der zu lösenden A u f g a b e neu sein m u ß 4).

(Dabei erscheint es m indestens zweifelhaft, ob u n ter Um ­ ständen schon in der Stellung der Aufgabe allein einer Erfindung zu sehen is t6).

Eine so große Bedeutung in diesem R ahm en die erzielte n e u e W ir k u n g spielt, kann sie jedoch allein nicht die Patentfähigkeit begründen6), auch genügt nicht das E in ­ tre te n einer neuen W irkung an sich, sondern dies erst in einer praktisch in B etracht kom menden G rößenordnung7).

Auch darf die Erfindung nicht auf G rund einseitig behaup­

te te r Vorteile beurteilt werden, sondern maßgebend ist die algebraische Summe der ursächlich zusam menhängenden Vorteile und N achteile8), die ihr wie jeder technischen E in ­ richtung als regelmäßigem Kompromiß zwischen ver­

schiedenen, sich oft geradezu widersprechenden Forderun­

gen eigentümlich sind.

Ist also im allgemeinen über bloße quan titativ e Ä nderun­

gen gegenüber dem Stande der Technik hinaus eine q u a l i t a t i v e zu verlangen, so bildet die anerkannte Patentfähigkeit von M aßverhältnissen hiervon nur eine scheinbare Ausnahme, da sie nur dann gegeben ist, wenn diese die Verwirklichung einer neuen technischen Gesetz­

m äßigkeit bilden. Als Grenzfall ist es anzusehen, wenn im R ahm en einer erwartungsgem äß proportionalen E ntw ick­

lung ein örtliches „ O p t i m u m “ der bekannten W irkung, also eine Sprunghaftigkeit festgestellt wird (Auer- P atent) 9).

B ildet das räum liche’Nebeneinander oder zeitliche N ach­

einander der einzelnen Elem ente eine untere Grenze, in der die Erfindung noch nicht verkörpert wird, so stellt gleich­

sam die (wissenschaftliche) A bstraktion des technischen Gesetzes die obere Grenze d ar; jedenfalls sind n a tu r­

gesetzliche Erscheinungen wie die Kondensation, die Über­

hitzung, die gleichförmige Beschleunigung an sich noch keine Erfindung, sondern erst in ihrer Anwendung auf die technische Sonderleistung. Es handelt sich also um

„zweckgerichtete Größen“ , wobei „Zweck“ hier als tech ­ nische Maßnahme zu verstehen i s t 10).

Die erforderliche O f f e n b a r u n g e i n e r E r f i n d u n g kann demgemäß entweder dadurch erfolgen, daß die tech ­ nische Gesetzmäßigkeit als solche herausgeschält wird oder indem sie in G estalt eines eindeutigen konkreten V ertreters verw irklicht w ird; jedenfalls m uß letztere Form als Beweis für die D urchführbarkeit der Erfindung immer vorhanden sein11). Da für die Verdolmetschung der Erfindung neben der Zeichnung und Form el nur die S p r a c h e zur V er­

fügung steh t, so wird hier eine W arnung vor rein philo­

logischer Behandlung ausgesprochen, und zwar sowohl be­

züglich des Versuchs, au f diesem Wege einer Erfindung erweitern zu wollen, als auch ihr um gekehrt so Abbruch zu tu n 12).

Die wissenschaftliche Erkenntnis ist nicht m aß­

gebend, selbst ein Irrtu m in dieser Beziehung schadet nicht, solange die handwerksm äßige W iederholbarkeit der technischen Regeln nicht beeinträchtigt w ird13).

Eine (sachlich unberechtigte) Ausnahme hiervon besteht allerdings in der heutigen Behandlung der Legierungen, die bei ihrer Auffassung als t physikalische Gemenge

4) M itt. V e rb , d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 3 , 41 5) M i t t . V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 5 , 27

*) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 1 6 , 66 7) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 1 , 5

*) M i t t . V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 5 , 28

*) G e w e rb l. R e c h ts s c h u tz u . U rh e b e r r e c h t 3 3 (1928) 776 10) G e w e rb l. R e c h ts s c h u tz u . U rh e b e r r e c h t 2 6 (1921) 108 M) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lte 1 9 2 7 , 170 1E) M a r k e n s c h u tz u . W e ttb e w e r b , 24 (192 4 /1 9 2 5 ) 172 13) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 4 , 46

schutzfähig, als chemische V erbindungen nicht schutz­

fähig sein sollen14).

Auch für die V o r w e g n a h m e e i n e r E r f i n d u n g ist die Grundforderung zu stellen, daß entw eder die gleiche tech­

nische Gesetzmäßigkeit als solche ausgesprochen oder derart konkret verw irklicht sein m uß, daß der Fachm ann sie daraus m it Notw endigkeit entnim m t, dazu m uß dies in der besonderen Form einer Anregung zur N achbenutzung er­

folgen; die Offenbarung m uß also a k t i v e r N atu r sein15).

D araus ergibt sich also, daß W eiterbildungen einer Vor- veröffentlichung — Abänderungen sind ü berhaupt grund­

sätzlich ausgeschlossen — sich nicht auf subjektivem H er­

antragen an sie, sondern nu r au f o b j e k t i v e m E ntgegen­

bringen, vor allem auf der Grund age des E r f o lg e s auf- bauen können16). Ist die „Offenkundige V orbenutzung“

selten in der Lage, die technische Gesetzmäßigkeit u n ­ m ittelbar zu offenbaren, so kann ein Gegenstück dazu die sinnfällige, zur Erforschung der Ursache anreizende W ir­

kung sein; jedenfalls besitzt sie als gewichtiger Schritt vom bloßen Gedanken zur T at die größere E indringlichkeit17).

Bezüglich des zweiten Hindernisses für die P atentierung einer Erfindung, nämlich ihrer bereits erfolgten „ V o r- p a t e n t i e r u n g “ geht die augenblickliche Rechtsprechung dahin, daß tatsächlich eine „D oppelpatentierung“ der­

selben Erfindung möglich ist, wenn:

a) das V orpatent nur einen konkreten V ertreter, das N achpatent einen zweiten solchen betrifft,

b) das V orpatent nu r einen Teil, das N achpatent einen anderen Teil des gesamten Anwendungsgebiets der Erfindung um faßt.

c) das V orpatent eine „K ategorie“ (Verfahren, E inrich­

tung, Erzeugnis), das N achpatent eine andere „ K a te ­ gorie“ betrifft.

Jedenfalls erscheint diese an sich wohl logische B ehand­

lung der Frage so unpraktisch und verw irrend, daß sich eine diesbezügliche Änderung, gegebenenfalls durch Gesetz, empfiehlt, für die auch eine sachliche Begründung durchaus möglich is t18).

Bei der Frage der F e s t s t e l l u n g v o n P a t e n t v e r l e t ­ z u n g e n ist zunächst davon auszugehen, daß diese grund­

sätzlich unterschiedlicher, nämlich rein p a s s i v e r N atur ist, womit jede Verschleierung wirkungslos wird. Dabei ist Patentverletzung jede Verwirklichung derjenigen tech ­ nischen Gesetzmäßigkeit, die zum erstenm al, wenn auch nur in konkreter Form , in dem P a te n t verkörpert wurde.

Ein besonderer Fall ist die unvollkommene — nicht n o t­

wendigerweise im m er verschlechterte — N achahm ung des meist in einer gewissen Idealform gebrachten P atents. Wie die „abhängigen“ P aten te dartu n , wird die P aten tv erlet­

zung auch um gekehrt nicht durch eine gegebenenfalls selbst eine Erfindung darstellende Verbesserung oder W eiter­

bildung ausgeschlossen. Der selbständige Schutz eines Kom binationselem entes ist nu r auf der gleichen Grundlage anzuerkennen19).

Die Ausbesserung einer befugterm aßen gelieferten p aten ­ tierten E inrichtung ist zulässig, solange nicht durch diese Arbeiten die ursprüngliche räum liche oder zeitliche Leistungsfähigkeit gesteigert wird, in W ahrheit also eine Neuherstellung, wenn vielleicht auch nu r teilweise, vor­

lieg t20). Nach denselben G rundsätzen ist es zu beurteilen, inwieweit an sich das P a te n t noch nicht verkörpernde Teile für eine im patentfreien Auslande (bzw. erst in der Zeit nach A blauf des Patents) entstehende Patentverw irklichung vom Inland aus (bzw. noch innerhalb der P atentdauer) h er­

14) G e iv erb l. R e c h ts s c h u tz u . U rh e b e rre c h t 2 9 (1924) 116 15) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 3 , 41

16) M a rk e n s c h u tz u . W e ttb e w e rb 27 (1 9 2 7 /1 9 2 8 ) 483 17) M i t t . V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 3 , 44 1S) G e w e rb l. R e c h ts s c h u tz u . U r h e b e r r e c h t 3 3 (19 2 8 ) 81 19) M i t t . V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 2 5 , 25 20) M itt. V e rb . d e u ts c h . P a t.- A n w ä lt e 1 9 1 8 , 89

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