• Nie Znaleziono Wyników

Steffys Backfischzeit. Erzählung für junge Mädchen.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Steffys Backfischzeit. Erzählung für junge Mädchen."

Copied!
250
0
0

Pełen tekst

(1)
(2)
(3)

fitge dRtfter

0\diserring &

(4)
(5)

Stcffija

(6)
(7)
(8)

4

L ^

(9)

0teffU0

SackfifdjMit

«Erjätjlung für junge TBäödien

oon

UlnQÖn ^rott

intt 1 Kunflblatt von Kurt JOnffet'

SButfibrucfereiunb Sßerlaflsanffalt SßoaeT & 23o0®IG.m.b.5., Ceipätg.

(10)

Sitte '-Rechte,

insbejonbere bas ber Uebenewna,

»otbebalten.

3Jacf)bru<t »erboten.

SBudjbrutferei 33oael & 33oßel ®. tn. b.£>., öeipjtß=')l.

V

X

(11)

1. Ä ap i t e I.

Der fleitte Drt fReifenftein war rings non prädjtigen Sßälbertn umgeben. Das modjie audj ber ®runb fein, bafj fidj in ben Sommermonaten «ine SJlenge greimbe hier ein«

fanben, bie in bem würgigqn SBalbtlima Stärfung iljrer Sternenunb ©riholung fudjten. So Ijerrfdjte in Sleifenftein mätjrenb ber Sommermonate ftets ein lebhaftes Dreiben unb in ben ausgebehnten SBatbungen falj man hell ge- gleibete Damen aller gkoninjen [parierengehen.

Unweit ber Stobt, etwa aetjn fflünuten non bem lebten

»illenartigen (Sebäube entfernt, lag bie Dberförfterei Dannbaitfen. 3br unterftanben »erfdjiebene gorftbejirfe, überbie jebesmal dn görfter ju wa^enbatte. Die Heinen gorftljäufer, bie in bem gro&en gorft »erftreut lagen, bil=

beten ülusflugspunfte für bie Sommergäfte, benn bie freiiinblidjen görftersleute gaben ihren (Säften gern ein (Blas gute SJlildj» ein prächtiges Stütf felbftgiebatfenes

«Brot, bas bitt mit eigenjuberetieier«Buttergeftridjen war.

Die Dberförfterei, ein recht hübfehes weifjes (Sebäube mit blihenben genfterf^eiben, lag in einem grofjen ®ar»

ten, ber eine forgfame pflege »erriet. Die ^Bewohner »on gteffenftein wufjttn,bafj bie Dberförfterin nicht allein eine

(12)

6

gute Hausfrau, [onbern audj eine oorjügUtße (gärtnerin war, bie es oerftanb, ißt Sjausmefen unb all ißren 93-epitj in be[ter Drbnung ju ßalten. Studj bei Dberförfter Ußbe gatt als ein tiidjtig er, geregter unb liebens würbiger $etr, bei oon [einen Seamten, unb oon [einen greuuben unb Sefannten feßr gefdjäßt würbe. SJiancß neibifdjer Slid bet oorübergeßejtben Somimergäfte flog in ben pradjtoollcn

©arten mit ben nieten Dbftbäuimen, oon benen bie toten itirfdjen, bieprädjtigen Simen, bie Sßfirfidje unb Pflaumen ladjten. ®s war nidjt feilten, baß biefer ober jener fießen blieb unb bei frößlidjem <Styar jufcßaute, bie [idj auf bem weiten Safenplaße tummelte. Sille bie, bie bie gamiffie bes Dberförfters näcf>t fo genau tankten, wollten es faum glauben, baß Jenes junge Wbdjcn mit ben flatternben Söpfen bie fiebaeßnjäßrige Dodjter Stefani war, benn bu=

benßaft [prang bie jugenblidje Grfdjeinung neben bem Stoßen Sagbßunbe über bie ©infaffung ber Seele, um im nädjften Slugenblid auf einen ber Säume ju tlettern unb [idj bort an ben grüdjten gütlidj ju tun.

Sie Dberförfterin butte fdjon manchmal ihrer Sieb»

Seßnjäßrigen ernftüdj ins (gewißen gerebet. Sie fei bodj jeßt lein Äinb meßt, man würbe fie bemnädjft in bie Se»

fellfdjaft einführen. Da müßten oor allen Dingen bie

^ängejopfe ßübfdj orbentlidj um ben Äopf gefterft werben.

Slber Stefani ladjte nur, [djlang ißre Slrme um bem $als bes Saters unb bettelte:

„9lidjt maßt, Säterdjen, idj bin nodj immer beine Keine Steffp unb notß lange feine Dame?“

Dann ladjte Ußbe unb weßrte feiner grau ab, benn

(13)

7

bas Kinb war iljm in feiner überfprubelnben ßebensluft ge-rabe fo red#. Crim SBunber war es ja nid#, bag Steffi) megr einem Jungen als einem SJläbtgen gbidj. Sie war bas eingige SJläbcgen oon fünf Äinbern, war mitten in ber SBrüberfdjar aufgewadjifen. Suerft gatte fit mit ben beiben Slelteren, mit 2Berner unb ßeopolb geruimgetollt.

Später, als ficg bie beibenSBrüber fdjon ju grog bünften um mit beim Meinen SJläbigein ju fpielen, ba gatte fidj Steffp eiinfatg ben beiben jüngeren SBrüberm Karl unb Stöbert jugewanbt unb für bie gab es fein größeres 93er=

gnügen, als tgre ältere Sdjwefter ju immer neuen Kraft*

proben unb Streiken angufeuepn. Sie Siiebaegnjägrige war im Klettern bem fünfaegnjäigriigen Karl entfdjieben über. Slucg mit bem breiaegnfägrigen Stöbert nagm fie cs auf, unb wenn non biefem bie Slufforberung erging:

„SBolien mal fegen, wer juerft am gödjften in biefem Sitgbaum figt," bann gab es ein SBettflettern, unb fdjlieglidj famen Steffp unb Stöbert ju gleicger 3eit bei«

nage in ber Krone bes Sarnes an.

Stidjt minber tücgtig war fie im Stubern unb Sdjwim*

men. Sie Hinterfront bes ©artens ber Dberförfierei ftieg an einen giemlicg grogen See. Ser Dberförfter bes jag ein eigenes Soot, unb in biefem fugr Stefanie mit ben ©efdjwiftern faft täglidj. Sas 3iel biefer Stuber*

fagrten bilbete gewögnlidj bas fleine Jagbfdjlog, bas am gegenüberliegenben Ufer bes Sees lag. ©s gatte lange 3eit ben SBaronen oon SBrenten gegärt, fegt war eine alte fiebaigfägrige Same bie alleinige SBefigerin, bie aber fern bei SJerwanbten lebte unb bager bas Jagbfdjlog

(14)

-* 8 *

bem Dberiförfter llljbe übergeben fiatte, bamit er bin unb wieber bort einmal nadj bem «Rechten Jähe. Seit meljr als fünfgeijn Sauren ftanb bas Sdjlöfgdjen unbewohnt unb ber Bahn ber 3©it nagte an ben bereits morifdjen äJiauerit.

3>iir bie Äinber bes Dberförfters batte bas Eleine Sagb*

fdjlofj etwas reibt Slngiehenbes. Sie fannten fein große*

res Vergnügen, als mit bem Sater ober ber SRutter in bie wenigen 3'immer gu geben, fie bidjteten jebem alter*

tümliiben SJiöbelftüü eine fdjaurige (Sefdjicbte an, unb als Steffi) gar erfuhr, bafe man im Ort oon bem Sagbfdjlofj ergäblte, ein (Seift gebe bort um, ba nahm ibr Sntereffe oon lag gu Dag mehr gu. gurdjt fannte fie niibt, an (Seifter glaubte fie audj niibt. Sie batte fidj in bet Stabt jene Spufeefdj'idjte ausfübrlWj ergäblen laffen. Sn bem Sdjlofj häufte eine weiße grau, aber oon 3eit gu Seit ging bort auch nodj ein anberes Ungeheuer um, bas batte einen riefenbaften Äapf, feurige Slugen unb fpie glam*

men. Steffi) ladjte, wenn bie SBewobwer oon «Retifenftein am Slbenb einen großen Sogen um bas SaffWoßrijen machten, ttarl war fogar fo weit gegangen, einmal eine grau aus bem Ort, bie fidj aus bem Sßalbe $olg geholt batte, gu erfdjrecten. Sr batte fidj ein Settlafen umige*

nomnien unb fidj inber Dämmerung in bie Dür bes Sagb*

fdjlößdjens geftellt. So »erharrte er regungslos, bis bie grau oorüberfam, fdjeu glitt ihr «Slict gum Sdjlößdjen bin*

über. Da fdjrte fie laut auf, fie batte bie weiße ©eftalt erblicft. Sils nun Äarl fogar noh brummenbeßauie aus*

ftiefj,ba lieb bie Säuerin ibr $olg im Stich unb rannte fo Wnell wie fie ihre güße nur trugen, baoon. «natürlich

(15)

9

»erbrieitiete fiel) in gang Sieifenftein bie üiacbrid)t fehr raftf), baft üm SagituftfilöS tatfäcf>ltd) bie weifte grau häufe, uni) ftfjieuer benn je nahmen bie Einwohner non Steifen®

fieiin ihren 2Beg bort »orbei.

gür Steffi) unb ©ruber Stöbert war biefe ffltasferabe Äarfe nctitiirfid) eine helle greube. Sie ladjten nodj tage®

lang über ben Streid), fd)wiegen aber gegen bie Eltern, weil fie genau wuftien, baft bie SJlutter mit ben über®

mütigen Streiken ihrer Äinbet nidjt immer einnerftan®

ben war. Sebesimal wenn bie brei Eefdjwifter gum S'Ogb»

fd)ilö^dj.en ruberten, gab es aufs neue Eelädjter, in Er®

innienung an jene Gegebenheit.

Sn biefem Sommer herrlfdjte befortbers reges Sehen in bet Dberförfterei. Sülle fünf Sefdjmfter hatten fid) etngefunben. Der feist breiunbgwangigiährige Sßerner, ber Sleltefte, »erlebte bie Unioerfitätsferien im Eltern®

häufe. Er hatte ft<h bem mebiginiiifdjen Stubium guge®

waUbt unb brachte eine SJlenge Güdjer unb Snftrumente mit, bie bie Slufmerffamfeit ber jüngeren Safdjmifter er®

regten. Gefonbers ein Xotenfdjäbel intereffierte bie Sdjmefter. Sie bejah ft<h bas Stücf non allen Seiten unb begann halb barauf gangball bamit gu fpielen. Da tarn fie aber bei SBerner fdjledjt an. Er »erwies ber Heber®

mütigen bas Spiel unb nahm ihr ben Xotenifdjabel einfach weg. Sßerner war überhaupt ein ernfter unb ftrebfamer junger SJlann, ber fdjon immer ben Ettern bur<h feine gu®

ten 3ewfuren greube gemadjt hatte.

3Xid)t gang fo tüdjtig war Seopolb. 2Iudj er war heiimgetommen. Er h®tte fid) bes Gäters ßaufbahn er®

(16)

10

wählt unb bef u<hte ougeniblicflich in Sübbeutfdjlanb eine grorftatabemie. Sruber ßeopiölb war immer fyeiiter uni) guter OTngie, immer luftig unb oergnügt, er erflärte fidj gern bamit einoerftanben, wenn Steffp ifjn gu irgenb einem tollen Streike aufforberte. Go tobte unb lärmte es jetjtin ber Dberförftere® burdjeinanber, man genoB bie fdjönen Sbmmerwodjen in oollen Sägen.

Obwohl Dberförfters Steffp in gang Jleifenftein wegen ihrer übermütigen unb tollen Streiche befannt war, vermochte bodj ntiemianb bem jungen SJtäbcfjen gu gilrnen. Ging fie in ihrem Uebermut mitunter gu weit, bann oerfudjte es Steffp stach 9Jlögli<h?eit.wieber gutgu»

machen unb ihre aufrichtige bleue nerföljnte alle Grollen«

ben halb wieber- So paffierte es auch, baB bie ®liem nur gang feiten oon ben witoen Stretchen ihrer Xodjter er»

fuhren. Xrotjbem hatte bie Oberförfterin hoch riete Sor»

gen um Steffp. Sie Xodjter erfdjien ihr gar gu wilb unb unbänbig, unb feljnfüdjtig wünfdjte fie, baB Steffp irgenb eine gefittete gleichaltrige fyreunbin finben möge, non ber fie allerhanb Gutes lernen fönne. Slber Steffp felbft madjte all bilefe Sßläne gufdjanben. Gs gab in JKeifenftein eine gange SJienge gleichaltriger junger OTäbdjen, bie auch gefellfchaftlich gu Steffp paßten, aber fdjon nach wenigen Stunben bes SSetfammenfeins erflärte bie Dberförfter»

tochter, baB äl)r bie Goa HJienbe nicht paffe, weil fie oiel gu langweilig fei, bie Grete Sauer war ihr gu gegiert unb 3na oon Ärödjer bilbete fich bereits ein, mit fiebgeljn Jahren eine Oame gu fein, deines ber jungen SJläbdjen hatte Jntereffe an Saumbefteigungen, Sßettlauf, Stein»

(17)

11

werfen uni) onberen Dingen. kuraum, «Steffi) wehrte ficf) gana energilfdj, öfters mit ben jungen SJiöbdjen bes Ortes jufamimensutommien.

»ergeblich Ijatte bie Sliutter »erfucfjt, iljre Dodjter umauftimmen. Sie l'u«b bie jungen SJläbdjen auf bie Dber«

förfteret ein, aber Steffi) war eine fo unltebenswürbige SefeHifdjafterfin, baß alle bileife »efudje nidjt lange bauet«

ten. Sin ihrem 33ater fanb bas junge SJläbdjen einen ftarten IRücfhalt. Er wollte fein 3J?äbel noch t-ecfji lange als bas fröblinbe kittb feben.

Da tarn'bas f>cölber Dberförfterin au $ilfe. Der

»riefbote trug ein Gdjreiben ihrer Sdjwefter, ber g-rau Sßrofeffot klattermann,ins §aius, bie bei Uljbes anfragte, ob es wohl angenehm fei, wenn fie mit ihrer adjtaebm jährigen Dodjter Slngela auf einige Sßodjer als Saft in bie Dberförfterei fäme. Slngela, bie in lebtet Seit fid) fehr angeftrengt habe, ba fie fid) für bas Söläbdjengpmnafium

»orbereite, fei bodj recht fdjwädjilidj unb madje ben Eitern oiele Sorge. Der Slr»t habe große »lutarmüt feftgefteHt unb »erlangt, Slngela muffe einige SBocfjen alle Slrbeiit ruhen laffen unb fich in walbreidjer Segenb träftigen.

Die Dberförfterin eilte fogleidj mit bem »riefe 3U ihrem Satten unb fpradj eingeljenb mit ihm barüber. 3wi=

fcfjen ben beiben Shroeftem hatte ftets ein heraßdjes ®er«

hältnis geherrfdjt. Sbenfo war ber Dberförfter feinem Schwager, bem Sßrofeffot gerbinanb klattermann, recht angetan, ertannteben Selehrten, ber in »erlin feine »or«

leifungen hielt, als ein Gicht ber SBiffenfdjaft. Sludj Sin«

gela war oor awet fahren-bereits einmal in Dannhaufen

(18)

12 *

gewefen. 3wor hatte bas fülle, ruhige SKäbdjen nidjt ganj Steffps Sbifall gefunten, Sauber Äaril abe® behauptete, aus ber fleineut ®rofefiäbteriu fei „nodj etwas ju mähen“.

Sie fei nur nerfdjiidjiter't unb er werbe ihr fdjon helfen.

Sa audj Slngela mitunter über bie Streiche ber brei ®e=

fhtöifter Wlidj Iahte, fo liefe audj Steffp biefe Safe gelten.

llijbe ertlärte fidj fofort bereit, bie Schwägerin unb feine Slidjte aufjunehmen..

„Sem armen Sing wirb unfere SBalbluft gut betom»

men. ®s iftja .eiigienhil'ih eine oerbrebie 3bee oon Slngela, ftubieren ju wollen- Gie hätte beffer getan, nah ^bfolnie»

rung bes üpjeums baheim ju bleiben. Slber meinetwegen, bas tümmert rnidj nidjt. 3efet fall fie fih mal erft hier in unferem fdjönen Sßalbe grünblidj erholen."

SBeglüdt fdjriieb fjraiu Uhbe nodj am gleichen Sage nah Berlin unb forberte bie Shwefter auf, fie möge um»

gehenb mit Slngela nah Sxnnljaufen fommen Sn ber Dberförftereifei gSiafefür oiel ®efu<h. 5üanhoffe, Slngela redjt lange hier behalten ju tönnen, barnit fie fih grünte lih träftige. Sie Dberförfterin tonnte es faum erwarten, bafe ter SBefudj enblidj tarne. Slun befam ihr SEilbfang bodj eine (Sefährtp'i, bie im günftigen Sinne Steffp beein»

fluffen würbe. hoffentlich Wtieb Slngela Älattermann reht lange in Xanntjaiufen unb Steffp lernte oon ihr bas SBefte.

Slahbem ber SBrief gefhrieben war, teilte fie ihren Äinbern ben 3,11 erwartenben Sefudj mit Steffp rümpfte ein wenig bie Slafe.

„3la, weifet bu, SDlutthens wenn bie Slngela aber fo

(19)

13

eine berliner 3ierpuppe geworben ift, bann foll fie mir ge- ftofylen bleiten.“

Stuber hart aber fügte mit Hebergeugung fjinju:

„SBir werbenfie fdjon Hinteren. 3<h oerftelje mid) fdjon auf derartige Srofeftabtbamen. SBir werben fie fdjon guredjt fänden."

Sn ber gangen Samitlie fab ”ian fdjltefelid) mit lln=

gebulb bem Sefudj entgegen. Sau hlattermann batte auf ben Sief ber Dberförfterin ljin mitgeteilt, bafj man fcfjon Anfang ber nädjften SBodje in Xannbaufen eintreffen werbe, unb gwei Xage fpäter gab ein Xelegramm hunbe, bafe man am Xienstag, gegen SJlittag, bort anfärne.

Die Sre'mbengimmer warben hergeridjtet, es waren hübfdje bell« Stämme, Stau Uh'be bereitete mit grofeer Sorgfalt alles oor, bamiit fidj ihre (Säfte redjt wohl in ibrem $auife fühlen folltem Sefonbers für Slngela hatte maneinen laufdjigen SRauim gu'oethtgemadjt. Xas nab bem See hinaus gelegene Sintmer hatte einen Heinen Salton, ber Slliif ging über bas SBaffer hinweg, hinüber gum Sagbfdjlofe unb gu ben grünbewalbeten Jpötjen. Jm 3im=

mer felbft hatten freunblidje h«Ue XUöbel Slufftellung ge=

funben unb jetjt, als man nod) saTjlreidje frifdje Slumen*

fträufee auf Sdjreibtifih, Sdjranf, ßdbrett unb Xifdj [teilte, gltih ber -Kaum einem Heinen Sarabiefe.

„Gs fehlt nodj etwas,“ tufdjelte Steffi) ihrem Sruber hart gu. „Xie Xante hat hoch gefdjrieben, bafe Slngela SKebigin ftubierien will. SBir müffen uns oon SBerner ben Xotenfopf holen unb müffen ihn Slngela auf ben Schreib*

(20)

14

tifdj ftellcjru Smimer inbioibuetl mag man bie JJlenfdjen bebanbetn. JJleinft bu nidjt aud), Karlemann?“

Der ©ruber war natürlidj bamiit einoerftanben, unb fo begaben ficb beide auf heimlichen Gdjteidjwegen nad) bem 3immer Sßerners, um bort Umfdjau nadj bem Dotenfopfe ju batten. Sie fanden ihn auch, unb nun mürbe er im 3ln=

gelas Simcmer gebracht.

„Gr fiefljt noch nicht feftüich genug aus,“ meinte Steffp, unb war im Slugenblid öerfdjwunben. 9Tacf) faum einer Stünute febrile fie wieber unb hielt einige frifche ©turnen in ber $anb.

„So, bie roten helfenftecfen mir ihm in ben Schnabel unb hier bie Kornblumen fommen in bie Slugenböhlen.

Jia, ift bas Ding nidjt fein. Drbentlitfj freundlich fidjt er aus.“

„Jlocb nicht fdjön genug,“ meinte ©ruber Kart. „(Einen

$ut mufj er haben.“

Sie überlegten nur ein SBetlchen, bann batten fie bie Srage gelöft. Oben auf bem ©oben befanb ficb ein alter Splinberhut, ber mürbe tjwun'te.rgeiljolt, aber ba er niet ju groß war, ftopfte man ihn erft tüchtig mit $eiu aus.

„Satonmägig ift er immer nod) nicht,“ tabette Steffp.

„(Er hat noch feinen Kragen unb feine Krawatte.“

Sofort machte ficb Kart baran, aus weigern Rapier einen Kragen ju f^nenben, Steffp gab ätjre blaue $aar«

fhteife, unb nun war man mit bem Sffierf jufrieben. Das junge ffltäbdjen fnijte böflitfj.

„©egrüfjen Sie meine Kufine redjt artig, Ejerr Knochenmann’, bas rate id) Shnen.“

(21)

Die beiben amüfierten fidj föniglidj, bann oerliefjen fieunter Seither bas Stimmer. SBruber Stöbert würbe na«

türlidj nodj in bas (Seljelimnis eingeweiljt, ber ebenfalls feinen Spaß an beim Dotenfopfe ljatte.

So lam bie Stunbe ber Slnfunft Ijera«. ©er Ober«

förfter unb feine (Satin waren jur SBahn gefahren, um ben Slefudj dbguljolem Sian ljatte audj Steffi? aufgeforbert, mitjufommen, aber jene wollte nidjt.

„SBir empfangen fie liier an ber Sartentür, bas ift oiel ftimmungsooller,“ entgegnete bas junge 3Jläbdjen, unb war baoongefprungen. So erwarteten jetjt bie (Eltern ben 3ug, ber fiel) faudjenb näherte.

SRan ljiefj grau Älattermann unb Slngela auf bas hergüchfte willfommen.

„Du ljaft es allerbings nötig, Sßalbluft gu atmen,“ meinte ber Dberförfter gutmütig, inbem er Slngela über bie blaffen SBangen ftridj. „Spafj auf, SKäbel, in einem SJionat fefjion fieü)ft bu gaftg anbers aus.“

Sßäfjrenb man bann ber Dberförfterei gufuhr, be«

tradjteten grau Älattermann unb Slngelabie Ijübfdje ßanb«

fdjaftmitt fettemSntjücfen. (Es mar auchein feiten fdjöner Slugufttag. E>ell unb warm ftraljlte bie Sonne oom $iiim»

mel, fo baß bie roten Dädjer ber Käufer nur fo leuchteten.

Dann enblicfj üeriliefj man bas Stäbtdjen, unb fdjon geigten fidj redjts unb ttnls bie prächtigen alten S3äume, bie ftäm«

rnigen Sichen, bie fdjlanfen (Ebettannen, bie SBudjen mit ihren grauen Säuilenftämmen. (Entgücft fdjweiften bie _ Slugen Slngelas über all biefe Sßalbpradjt.

„(Es ift mir, als fei ber SBalb in ben gwei Sohren, ba

(22)

16

icg iignnidjt ge>)ef)e>n gäbe, nodj x>iel,oiel fcgöner geworben.

SW) Dnfel, Hurt, idj glaube, id) mefbe frei ß;uct) ju oolb wangig werben, benn Xante Signes wirb ja aud) bafür for=

gen, bag n-cfjtnur bas Slug«, fonbern arid)ber SU-agen etwas Gdjönes befomimt."

„Slber Slngela,“ fabelte grau ißrofeffor Hlattermann,

„wie barfft bu benn fo etwas jagen.“

Sie Dberförifterin ladjte beluftigt. „gdj werbe bidj trügt enttäufgen, Slngela. Su wirft mit meiner Hodjfunft fdjon jufrieben fein.“

Unb nun fdjimmerte bereits bie Cberförfterei burdj bas ®rünber Säume. Uijbe ftredte bie §anb aus. „(5leitf>

finb wir ba.“

Slodjeine SUinute unb ber SBagen ^telt oorbeim eifer*

nen ©arien^aune. Sudjienb fdjaute fidj bie Dberförfterin um. Singer igrenbeiben älteften Söginen war niemianb ju fegen. Sßo blieb benn Steffi)? SKarum tarn fie nidjt, bie Xante unb Hufine ju begrüßen?

SBerner unb ßeopolb golfen ben Sleuangefommenen aus beim SBagen, bie SJlagb trug mit beim Hnedjt biebeiben Hoffer ins Sjaus unb nun fdjritt man burd) bie Rappel*

allee jur Dberförfterei. 33or bem roeigen Sau ftanb redjts unb linfs je eine mädjtige Haftanie. gn bem Slugenblirf, ba grau Sprofeffoit Hlattermainji mit Slngela fid) unterben Säumen befamb, würben oon oben ger megrere §änbe ooll SBalb* unb Sßiefenbiumen gieruntergeworfen, ßatgenb blidten alle auf. Oben in ben Sweigen fag ber breijegn*

jägrige Stöbert unb ftaeute bie Slumen als SBillfommens»

grug gerab. x

(23)

17

„3>as nenne id) einen ^er&lii^en Compfang,“ lachte bie Srofefforin unb rief «Robert einige herglidje SEilltommens»

Worte ^inauif. —

Sind) in ber Dberförfterei war weher ron Stefanie nodj oon Äarl etwas ju febmn. Das berührte grau Uijbe febr unangenehm, all ibr SRufen war oergeblidj, bie beiben Äinber liefjen fidj n-i($t [eben, nicht hören. So blieb benn ni<bts weiter übrig, als bie Sleuangefommenen bie Steppe hinauf, in ifjne Sogiierjiimmer ju führen Slngela umfaßte mit freuhig aufleudjtenben Slicten bas [idj ihr bietenbe Sifflb, als [ie in ihr 3immer eintrat. SBie fdjön war es hier, wie traulich-' Unb bann ber herrlidje Slict hinüber über bas Sßaffer 301 bem ausgebeb-nten SBalb. Der Ober*

förfter, ber bie gührung übernommen batte, ba fidj bie Dberförfterin mit ihrer Sdjwefter befchäftigte, tiifjte 2ln=

gela aufbie Sttrp

„9Röge es bir biet bei uns recht gut gefallen, mein liebes «Richt(fj«n, mögeft bu hier neue Strafte fammeln ,?u beiner Slrbeit."

„Db, Dntel,“ entgegnete Slngela, „wie follte es mir hier nicht gefallen? SBeldj berrlidjen Slict, welch reifens bes Stübchen! geh freue mich herjltcb auf bie fommenben SBodjen."

Sils [ie [ich wieber 00m genfter wanbte, um im 3im=

mer Umfdjaiu 311 halten, fiel ihr Slict auf ben Dotentopf.

Serwunbert, ohne ju wiffen, was bas fei, trat [ie näher unb nun brach «i« fo heiteres Sachen oon ihren Sippen, baß fie [ich förmlich Rüttelte. Slngeloctt oon biefem greu=

X.=23. 1. SteffpsSatfftfdjäeit 2

(24)

18

benausbrudj trat aud) ber Dberförfter tjeran unb audj er mußte über bie Slusftattung bes Sdjäbels tjerjlidj ladjen.

„Da I^aftbu meine Steffp, bas ift natürlidj ißr SBerf.

Solche Dummheiten Ijerft beine liebe Äufine faft jeben Dag aus.“

^Beh'utifasnt mürbe berDotenfopf nebenan in bas 3im=

mer ber SJlutter getragen, bie fidj ebenfalls barüber be=

luftigte.

„Sa, ia,“ fenfate grau Uijbe, „bashat natürlidj meine Steffp getan;. SBenn idj nur wüßte, wo bas SJläbel bleibt.“

Slngela feljrte i;n ihr Stimmer jurütt unb trat hinaus auf ben tlielinen SBalton, oon bem aus fie einenfreien SBlicf über ben See hatte- (Erftaunt fctjaute fie auf bas Sßaffer.

Da fdjiwamm inber SJlitte bes Sees ein großes Sßafcfjfafj, in bem ein junges SJläbdjen unb ein größerer Änabe hod=

ten. Dais gaßbreßte fidj ftänbiig am fidj felbft herum, bie Snfaffen befaßenMn Jluber unb mußten fict) jiellostreiben laßen. Slngela fdjüttelte ben Äopf. Sßie tarn bas gaß auf ben See unb was für unoorfi<htige SJlenfdjen hatten fidj bort htneüngefeßt? Sie wollte fogleidj ben Datei barauf aufmerfjam madjen, um oielleidjt ein Unglüd gu oerhüien.

llßbe befanb ficfj nod) im Siebengimmer bei feiner Gldjwägeriin. Slngela bat ihn, auf ben SBalton ju lammen unb bann wies fieauf bas gaß.

„Sietjft bu bie beiben SJienfdjentinber bort braußen in bem gaß?“

„ißoß SGetter!“ entfuhr es bem Dberförfter. „Das finb ia Steffp unb Äarl!“

(25)

„Sie werben oerunglüden,Dnfel, man muß iljnenbocfj fogleicf) gu $ilfe fommen.“

Uijbe rief nach feinem Sohne ßeopolb unb Ijieß ihn, er möge mit bem Kahn ju besi 23eiben rubern unb jebes ans Ufer holen. Gr ahnte fdjon ben Sufammenljang. Seine beibenübermütigen Kimber hatten bas große gaß, bas nodj oon ber leßten Sßäfche Ijer am Ufer geftanben ljatte, ge=

fehen, waren hineingeftiegen unb bann ljatte eine leidjte Strömungbas gaß oom Ufer abgetrieben. Da bie beiben fein 31 über befaßen, war es ihnen uinimöglidj geworben, wieber ans ßanb ju fommen.

Sn angftoollem Sangen »erfolgte Slngela bas SBei=

fere- ßeopolb batte mit wenigen Siuberftfilägen bas gaß erreidjt, hielt Steffp bie Kette bes Kahnes, bie an bem gaß befeftigt würbe, hm unb fo fhieppte er bas gaß unb Snfaffen ans ßanb aurücf.

3lun woran bie Seumißten gefunben unb farnen im nädjffen Slugenblicf lärmenb bie Steppe ijinaufgeftürimt, um bie SBerwanbten ju begrüßen.

Die SJlutter empfing Steffp mit einem ftrafenben Slitf, aber bie Dodjter fdjüttelte ladjenb ben Kopf.

„Du mußt unsnidjtböfe fein, SJiuttdjen. 2Bir wollten für Slngela ein paar fdjöne SBafferrofen holen unb ba ge«

rabe bas gaß baftajnb, finb wir bort eingeftilegen. Sßir tonnten ja nidjt wiffen, baß wir oom Ufer fo weit ab«

getrieben werben würben. Sinn aber finb wir ja wieber gefunb hier unb nun will ich ber Dante unb Safe Sin«

geila erft einmal recht h^öliidj guten Dag fagen.“

Sn ihrer wilben, ungeftümen Slrt warf fie fich ber

(26)

20

Tonte um ben Sjwls unb tü^te fie fyerjfyaft ab. Dann iam Slngela an bie Steife. $ier war bie Ulufterung fdjon tritifdjer. Slber ba Slngela fie freunbüdj anlat^ite unb fo»

fort bamit begann, bafj man gut greunb fein wollte, nidte Steffp wohlgefällig unb meinte:

„31 a, idjbemfe, wir beibe werben uns fdjon»ertragen.“ Dann liefe man bie (Säfte allein, bie in einer halben Stunbe jum Gffen unten im gemeinfamen Glimmer er?

wartet würben. Slngela bradjte bagu ben geifdjmiidten Totentopf mit.

„Gr ift gar fo fdjön,“ Iahte fie. „Gr muh aud) beim Gffen neben mir flehen.“

Sils Sßerner ben Totentopf erblidte, 30g fid) feine Stirn fünfter jufammen: „SBas gehen biet) bem meine Sa?

djen an, Steffp? $abe id) bir nidjt verboten, ben Toten?

topf anaurüljren?“

Steffp oer3og ben 3)lunb fdjmollenb. „Deinen bum?

mien Totentopf tut es niht mehr web, wenn id) ihm ®(u?

men in bie Slugenhöhlen ftopfe. 3Jiit bir würbe id) bas ja niht üerfudjen."

Da muhte felbft ber ernfte SBerner Iahen unb ber grieben war wieber b'&®9eftellt. Slber als er bann nah bem Gffen bei ber 3igarre fafj unb einen Slugenblid auf?

ftanb, umberMutteretwas herbehjuholen unbbie 3igarre auf ben Slfdjenbedjer legte, ba judte es Steffp fdjon wie?

ber in ben gingern. Slur SBruber Äarl bemertte es, bah fie mit blitzartiger (S-eiihwinbigfeit bas feudjte Gnbe ber Bigarre in ben ißfeffernapf tauh'te unb bann bie Bigarre wieber an ihren alten ^ßlatj legte.

(27)

21

Gefpannt gingen bie Slugen ber beiben Gefchwifter an Stuber SBerner, als bielfer wieber feinen Sßlah einnahtn unb nadj feiner 3igarre IJriff. §u, wie fdjftiell batte er bie 3igarre wieber aus bem SJlunbe. Ganj rot war er im (Befidjt geworben. Steffgs Singen aber blitzen luftig. Gr fab fie mit einem ftrafenben Slict an.

„Du follteft blich nicfjtfdjon am erften tage oon beiner beften Seite geigen,“ grollte Sßernier. „Gs ift wirflicfj an ber Seit, baß bu mit beiinen fieibjehn Saljren enblidj biefe ßinbereien läßt/*

Obgleich et nur leife gefprodjen batte, waren bie oer=

wetfenbeu Sßorte bodj gehört worben unb bie SJlutter fragte, was es fdjon wieber gäbe. Slber Sßerner wehrte ab unb Steffp fühlte fiel) baburdj entwaffnet.

„Gin anftänbiger Stuberhilft bu bodj;,“ meinte fie, „idj werbe es auch nidjt wieber madjen."

So »erging ber lag ber Slntunft heiter unb giemüt»

lidj unb als fich bie Gäfte bes Slbenbs jur Stube begaben, äufjerte fich Steiffp: „Sch bente, wir werben noch mandjen tollen Streich gufammen ausführen tönnen. Du mußt nur recht lange bei uns bleiben, Slngela.“

2. Kapitel.

grau Äliattermann unb ihre lochtet Slngela weilten bereits adjt läge in ber Dberförfterei. ObwohlSlngela an ben weiften tollen Streichen Steffis nicht teilnahm, hatte fid) bodj eine ftarte Buneigung jurilfdjen ben beiben jungen SJläbdjen entwicfelt. Sruber Äatl meinte allerbings, bah

(28)

Slngela 3U jimperlidj fei, aber Steffp behauptete, man werbe fidj bie Äufine fdjon erstehen. Sßirflidj hatte fich Slngela audj fdjon an einigen übermütigen gorfdjungsä reifen burdj ben Sßalb beteiligt, unb bie beiben SJläbdjen hatten ntandjen Spaß gehabt.

„Sie wirb fdjon langfam werben", fpradj an jobben Slbenben Steffp mit bem ©ruftton ber Ueberseugung ju

©ruber Äarl.

Sim weiften freute fidj Srau ©rofeffor Älattermann über ihre Xodjter. 3hr nxtr Slngela ftets ju ernft unb ftill gewefen. 3e^t fdjalüe bas fröhliche Sachen ber Xodj*

ter gar häufig burdj bas $aus unb ba Steffp ftänbig bem Slnlaß baju gab, war bie ©rofefforin ihrer S^icfjte non

£>erjen banfbar, baß es jener gelang, bie ftille Slngela fo anjuregen. SBenn bann bie ©rofefforin mit ihrer Sdjwe=

fter Signes über Steffp ifprndj, wenn erftere bie Slidjte über alle SJlaßen labte, bann lächelte bie Dberförfterin ein wes nig forgennoll.

„3h wollte,Steffp hätte mehr non beitter Slngela an fich.“

„Slber ni^t bodj", wehrte bie ©rofeiffortn. „Deiji le=

bensfprühenbes SJläbbl ift ja berreine Sonnenfdjein.“

„SBenn bu alle ihre tollen Streiche wüßteft, SJiinna, würbeft bu nicht fo lobenb oon Steffp reben. (bemiß, fie ift ein gutes,harmlofes Äiinb, aber für ihr Sliter müßte fie gefeilter fein.“

Slber bie ©roifefforin nerteibigte bie Süchte auf bas leibenfchaftlildjifte unb fo tarn es auch, baß Steffpin ihr eine warme Sürfpredjerin bei all ihren tollen Streichen fanb.

(29)

- 23

Sin ei,wem fdjönen ‘Jiadjmiitag forberteberDberförfter feine gamitiewange^örigen unb Säfte auf, gemtoinfam mit if)m gum gagbfdjloß hinüber ju rubern, er wolle bart nod) einmal nad) bem Stedjten f elfen, ba in ben nädjften Sagen ber Meine 33efiß »erlauft mürbe. Sie alte SBaroniin oon Sremten fei wegen bes Sßerfaufs bereits in Mnter^anb=

lang getreten unb ber SRefietiant mürbe fdjton übermorgen ermattet, um fid) ben Sau angufetjen.

Steffi) giertet bet biefer Stacfyridjt faft außer ftcf>. Sas mar benn bod) eine Unuerfcfjämtljeit. Siefes gagbfdjloß batte fie immer als ibr Eigentum betradjtet. gn bem Kleinen ©arten tollte fie feit 5dt)ren uimljer, auf ber Ser»

raffe faß fie ftunbenlang unb jeßt wollte fo ein frember tommen ujnb bas ^agbfdjtoß taufen. g'ljr Storger macfite fid) in enitrüfteten Slusrufen 2uft.

„Sas geljt bodj aber nidjlij, 33äterdjen, menn bet Ääu=

fer tommt, fo fagie Hlj>m, er mödjte ficbtD° anbers antaufen.“

Sind) Äarl empörte fid)- „Sag iljm bodj, baß in bem Gcfjtoßbie weiße grau umtgeljt. Sann fürdjitet er fid) niet leidjtt.“

„Er barf einfad) nidjt taufen,“ erflärte Steffi) turg,

„unb menn er es tauft, roirb er es halb roieber »erlaufen, gdj weiß fcfton, rote idj üjn ärgern roerbe. Wißt bu was, Äarl?“ roanbtefie ficf) anben SBruber. „Sßir fahren bann feben üiladjmittag mit bem .ftaljn auf ben See, bu bellft wie ein "fjunb, idj miaue wie eine Äaße unb bu Slngela niimmft jroet Sopfbedel aus berÄüdje unb fcf)dägft bajuben Saft. SBenn wir bas an jebem Jladjmiitag mehrere Stun=

ben lang madjen, roirb er fidjerlfdj halb roieber ausjietjen.“

(30)

24

„®as glaube idj audj“, meinte ber Dberförfter, „benn ber neue Sefißer foll ein (Sete^rterfeift, ber SBiic^er [djreibt unb NielWulfe bräunet."

„Um fo belffer“, meinte Steffp trocfen, „wir werben i^m bas Schlößchen fcf>on »erieleln/'

®ie gemeinfame «Befichtißfung bes tfeinen «Baues war vorgenommen worben, es jeigbe [idj, baß bas «Wobilar bodj nodj in brtoudjibarem 3'üftanbe war, ein neuer SBefißer tonnte alfo ohne große Schwiertgteiten feine 2Bohnustg bort auffdjlageit. Steffp war ben gianjen Sag über leidjt

»erftimmt, fie ljatte fdjon jeßt einen heftigen Born auf ben Einbringung. Obwohl Äatl ihr heiiniidj aitterfei ju»

tufdjielte, fam bodj bie alte fröhliche Stimmungheute nidjt mehr über fie. Sie belegte ben neuen Käufer mit wenig fcßmei^elbiaiften Slusbrücten, fo baß fidj bie «Wutter fdjließ»

lief) veranlaßt fah, ihrer heftig erregten Xodjter einen em»

ften Verweis au erteilen.

Sßäljrenb bes nädjften Sages hatte man bas Sagbfdjloß fißon wieber »ergeffen. Steffi? hatte bereits ein neues Dbjeft für ihre tollen Streiche. Sn bem «Bureau ber Dberförfterei arbeitete ein junger gorfteteve, ber einen äußerfthochmütigen Sinbrutf madjte. Steifenjungen «Wann hatte fießSteffi? fürihre Webereien auserfetjen. «Bäte banb fte bie Steimel feines «Wanteis mit Striefen ju, fo baß er beim ^eimgeheü nicht in ben «Wantelhinein tonnte, bann wieber (topfte fie feinen ^ägeUhut voll Stroh, to baß er ißn oorbem Sluffeßenerft ausräumen mußte. Sinartberes SJial nahm fie fidj ben SWantelbes (Jorfteleoen auf ihr 3im=

mer unb nähte jeben Slermel an ber Seite bes «Wasttels

(31)

-* 25

feft. Gie rief n<adj Slngela unb gemeinifam beobachteten bie beiben jungen 2Jläi>cf)en bie oerjweifelfen SSerfudje bes jungen SJlannes in ben SJlarttel hinein jiu tornmen. Die fgnft fo ftille Slngela Ijaitte ein fo föftlidjes SBergpügen baran, baß fie felbft am fommenben Tage ben SJtantel in Steffis 3imlmier brachte, bamit mian mieber etwas rinrher- nähme.

„Sßollen wir ihm Gthnecten im bie Dajfcfjien ftecfen?“

Slngela lachteh®U auf;, bann hufchtenbie beiben SJiäb»

<benbaoon unb wirbt lange barauifhing ber Sftantel wieber fein fäuberlich im glwr, wäbrenb einige Dutfenb Grbnecfen oerfudjten, fiel) aus ben tiefen SJlanteftafdjen tjerausju=

fchlängeln.

SJlitten in biefes übermütige. Xreibenhinein aber tarn bie Äunbe: bas Sagbfchloß ift oerlauft, ber neue «Befiher Steift bereits morgen' eint Gteffh war aufjer fiefr- Der SJlann muffte »erjagt werben. Sim Slbenb ergähilte bann ber Sfater Genaueres. Der ©ele^rtei, Slobrigo Sllgabore mit Kamen .brachte fid) iogar einen Diener mit, einen SHobren. Verheiratet warer nicht,ex glatte fiel) bas 3agb=

fefylof? getauft, um in aller Kühe feine gorf^iungen, bie ibn in alle (Erbteile geführt batten, in Suchern nteberjw legen.

„Gr ift jahrelang bei ben S'ubianem gewefeni, fennt beren Gitten unb Gebräuche genau, bat fich an ben fjor»

fdfwngen bes Äongo-Gebietes beteiligt, eir war fogar bei ben Gstimos. Äurjum, er hat faft bie ganje Sßelt gefehen unb fcfieint mir ein recht intereffanter SJlann gu fein. $ch

(32)

26 "*"*

beule, wejtn wir m'i't ihm befannt werben, fönnten wir mandjen frönen Slbenb jufiajmmen »erleben.“

„3h will bem altem 3nbianer erft garniidjt fennen lernen", ergriff Steffp wrlaut bas Sßort. „SBaruim bähen ibnbennbie ffllenfheinfteffer niht auifgefreffen!"

„Steffp“, »erwies bie SJluitter, „was finb basnun wie»

ber für Sieben."

„3h Jamm ibn eben jetjt fcfjion niht leiben“, beharrte bas junge Sftäbdfen, „warum nimmt er mir bas 3agbfhloB weg. Ss wirb bah in ber weiten SBelt nod? »iete anbere Jfjäulfeir geben, in benen erungeftörtarbeiten fann. Sßarum tommt er gerabe hierher“

Sim liebften hättefie geweint. Slngela batte berjlihes SDlitleib mit ber Äufifte. Sie überlegte, wie fie ihr wobt helfen formte. Steffp felbft tarn ihr babei ju Jjilfe. Sils bie beiben 'Hlöbdjen am Slbenb Slrim in Slrrn burcf) ben

©arten fhlenberten, filng Steffp wieber an:

„SJian mü&te ihm einen ©mpfanig bereiten, bag er gteicfr wieber einpatftunb baoongeht“

„SBielleiht fann man ihm erzählen, bafj es in bem feinen Schloff umgebt“,entgegnete Slngela. „®r wirb jwar nidjt redjt baran glauben, aber---“

„3h häb’s!“ rief je^t Steffp mit lautem Sandten.

„Sßir werben bem SJlanne beweifen, baff es wirfüdj inbem Skbilöfjh®n fpuft.“

SBeirftänbnislos bliifte Slngela bie Rufine an.

„3h fpiele felbft bie weifte grau. 3h h^be bir bodj erzählt,bafj Äarl fhö,n einmal eine Bauernfrau mit einem Bettlafen erffdjretft ha-t. 5®ns meinft bu, wenn ih mir

(33)

27

bie §aare auflöfe, e'in< Settlafen überwerfe unb fo bet jJlonbenidjein auif einmal oor ibn trete. Dber bann nidjt rod) bas ©tufeln Er'ved^t.?“

Slngela lachte. „®r wirb-aber anbie weißegrau nidjt glauben. Gr wirb ben Sput näher unterfudjen, er .wirb bidj am Gnbe gar feft^altein unb was bann?“

„D, idj werbe i8jn fdjon grulfeJiig machen. Du mußt mir babei niatürliirfj helfen. Du mußt bicf) im ©arten »er»

ftecten u>nib »an 3®it ju Seit „SBetfje, webe“ rufen Du follft mal fehen, bann befommt er ftc^erlicfj Slngjt.“

Slber obwohl Steffi) ber Äufine biefen ißlan in allen Ginjelbeiten fdjilberte, erfdjien es Slngela bodj nicht rat»

fam, ben Sput ausjuführen.

„9la, wenn bu Slngft haft“, entgegnete Steffi) gering»

fct)ät>ig, „fo werbe id) fdjon anbere $'ilfstruppen ftinben.

^ebenfalls barf [ich ber alte gnbianer nicf)t in bem gagb»

fdjlojfe feftfeßen.“

3u Slngela lfe& fie inber folgenben 3eit nidjts mehr oon ihrem ißlan oerlauten. Dafür aber butte fie riete geäjeimnisooHe llnterrebungen mit SSruber Äarl unb SRo»

bert. Silan mußtefidj beeilen, benn bie Slnfunftbes grern»

ben war fdjon für morgen nachmittag geimelbet.

Sim nädjften Sage waren auch Steffp, Karl unb Slo»

bert oom SJliittageffenanunfidjtba.r. Sßerigeblidj forfdjte bie Dberförftertn nadj, wo bie Äiinber wohl geblieben feien, bodj niemanb tonnte ihr barüber SBefdjeib geben.

Die brei SBerbünbeten batten fidj bereits auf ben SBeg gemacht. Sie wußten, baß ber 53ater bem gremben felbft

(34)

28

bie Sdjlüffel ausdjänbigen wollte unb ben Saft am Stacb’ mittag im Jagöfcbloffe erwartete. Das war alfo nidjt bie redjie 3eit um ju geiftern. Slber man traf wäbrenb bes Stadjmittags alle SBorbereitungen unb lehrte am SIbenb piintitidj jum Effen 5®im. Sludj ber Dberförfter ljatte fidj wieber eingefunbenunb erjäljlte non bem neuen Stadjbar, ber einen burdjaus günftigen Einbrud auf ifjn gemadjt habe. Das ^ntereffe in ber gangen Xlfjbe’ftfien gamilie war natürlich ein äufjerft reges, jeher wollte wiffen, wie ber neue SBewoljnerausfähe, wie alt er fei!, upib bet Ober»

förfter beantwortete alle biefe grageii fo gut er oermodjte.

„Etwas auslänbifdjes bat er allerbi’ngs an fich- 2Iucfj feine Kleibimg ift eigentümlich. Er trägt Jjoije gelbe Stiefeln unb eine wette lofe SBlufe unb großen Sdjtapp»

but. Sein fcl^ttraraer Start bangt ibm bis auf bie SBruft berab unb feine bunfien Slugenblipen wie ein paar fdjtoarge Diamanten. Ein redjt ijitterceffanier SKann, bas ntufj ich fagen. Bur Sebienung bat er fiel) einen Steiger ntitgebradjt, fonft wirb niemanb bas Heine §aus beiwohnen. Seine jaljlreidjen Kiften unb Koffer finb noch unterwegs, er will in aller Stube b'ter arbeiten.“

,,3d) fann ibn mir fdjon oorftellein", meinte Steffp.

„Er wirb wie ein Snbianerbäuptling ausfehen. Kann er benn überhaupt beutfdj reben?“

„Ein bisdjen fdjwerfäHig Hingt feine Spradje aller»

bings“, entgegnete ber Dberförfter, „aber bas fommt wobt bähet, bafj firij $«r Sllgabore in ben testen fahren ftänbig im Stustapbe aufgebaltenbat."

„Drägter audj einen Kopffdjntutf mit bunten Rebern?“

(35)

29

Sie amtieren Slnwefenben lasten. „Saoon ßabe idj nun gerabe nidjts gemeßen“, entgegnete ber 33ater beluftigt.

„3a, ja, er wirb ißn nod) in eine ber Kilften verpadt ßaben.“

Sas Slbenbeffen ging fdjnell vorüber, mandj geßeiim»

nisvolles Seiten würbe jwiijfdjen Steffp unti Karl ge=

roedjfelt. Sils man bann vom lifdje aufftanb, eilten bie brei 3üngften rafdj bavon. Wan ging ßinabjum See, löfte ben Kaßn unb wäßrenb Steffp unter ber 23anf ein größeres Sünbel Sadjen ßiervorjog unb ijn ben Kaßn legte, ruberte Karl hinüber gum jenfeiltigen Ufer.

Sie große Stunbe war ba, fegt es, ben Singriff wagen. Wöglidjft geräufdjlos legte man am gegenüber»

liegenben Ufer, unterhalb bes Sagbfdjlößdjens an. Sann Heiterten bie brei aus bem Kahn unb fudjten fidj ßinter

einem Sebüfdj ju verbergen. Sort begann fogleidj bie Soileltte. Steffp löfte bie fjaare, [(ßöfte lange blonbe

$aare unb banb fid) bann mialerif^ bas SBettudj an ben Sdjultern jufaimnnenunb rafftees miet eiineimweißen ®anbe in ber SaHle. Heber bas £>aar warf fie ein Stüd SiiH»

gatbine, ba fie eines weißen ©Bieters nidjt ßatte ßabßaft werben fönnefi. Sie faß ganj reijenb aus in bielfer 53 er»

tleibung unb SBrube^ Karl meijnte bewunbernb, fie fei bie edjte, redjte weißefjrau.

Slun tarn Karl an bie Sleiße. Sin größer ausgeßößlier Kürbis jeigte fid), in ben miau' eine ftßreifliiß ausfeßenbe

Srimaffe ßineingefcßnittenßatte. Sin brennenbes ßiißt im Snnern follte bem Ungeßeuewbas nötige graufige Sius»

feßen verbeißen. Sluf ben Kopf bes Kürbis tarn bet alte

(36)

30

Splittberbut, ber mit mieibrieren £wtnabeln feftgeftodjien mürbe. Ser Äiirbis würbe auf eine Stange gefpiefgt unb betaut bann feinen SJiantel um, eine bunfelrote Sammet«

portiere, bie bie Dberförfterstinber eiinfac^oom gfenfter bes Sdjlafgimmers abgemacht Ratten. 311s «Rod biente ein buntles lud). Stas würbe Äarl um ben §als gebunbeit.

Grtrug bie Stange mit Äiirbis unb «Kantel in ben $«nben upb fo war bas Ungeheuer ein «Riefe an Geftalt. Siir «Ro=

bert war feine XRasterabe norgefeijen. Grfollte ingwifdjen tim Satten ober im Syausftur Storniere fte^en. 2Bar bann altes gegliictt,bannfieliljm btiie «Rolle gu, inmöglidjft fdjau«

rigen Ionen feine Sßeijerufe erfdjallen gu laffen.

Gs war bebauerlidj, bafj es nod) immer fo Ijell war, baburdj wirfte ber fdjauerlidje Sput ni'djt genug. Slber immerhin, Slngft tonnte man oor ben beiben Seftalten frtjotn Ijaben. «Roch einmal lachten fid) bie 5>rei nadj $er»

gens'lulft aus, bann würbe Stöbert oorgefdjtdt, um bas lerrain ju unterfudjen.

Gs bauerte auch gar nidjt lange, ba tarner gurüd unb melbete erfreut, bag ein«Kann miteinem langen fdiwargep Starte fidj in bem Grfgilmmer befänbe unb bie uorljanbene SBiibliotljet einerSurdjfidjt untergiehe»

„Gr ftefxt oor bem Sdjrant, ben «Rüden nadj ber Siir.

£ae Simmet ift, weil edig gebaut, gilemllidj bunfel. Sßir haben Gdücf. Ser anbete, berSdjwarge, ftefyt in ber Äiidje unb beigudt fidj löpfe unb Teller.“

„Stuf, ans Sßert", befahl Steffp, unb ber 3ug fehle fidj in ^Bewegung. Starn «Robert, bann bie weiße grau unb

(37)

ijuletjt bet Äürbtsrteie. ©ang bedjutfam, Strittfür Stritt ging manvor. Sinber$austür rnacl>te man Ijiali.

Steffi? wanbte fidj an bte Stüber. „Sßäre es nid)*

beffer, wir gutften erftmal burd)basgenfter bes Edäimmers unb geigten uns?“

„Sa“, ftimmie iljr Äarl bei. „Su, als weiße grau, mufjt fo oorüberljufdjen. Sdj fann nidjt fo fdjnell laufen, benn ber alte ßumpen um bie Seine ftört mid). Slufjerbem ift audj bie Stange jiemliidj fdjwer

(Befagt, getan. Sie beiben Srüber blieben an ber Siir ftefjen. Steffp ging uim bas §aus Ijcruin, bis an bas genfter bes fogenannten Slrbeitsgimmers. Neugierig be=

haftete fie ben fDtann;, bann podjie fie mit bem gangem leife an bie Sdjeibe. Ser neue Sefityer breite fid) uim unb jeßt fab Steffp fein gelbfidjes, oon einem fdjwarjen Sart umraljmtes C&efictjt. Stur mit ÜJlüije oerbifj fie fidj bas ßadjen. Sann be'fdjrieb fie mit broljemb erhobenem Zeigefinger einige rätfelUjafte giguien in ber ßuft. SRutjig mufterte Slljabore bie weifte (Beftatt, bann trat er ans genfter ujub öffnete es. gim Stu war Steffpum bie Rauseite nerffdjiwunben, Sljabore fdjüttelte bem Stopf, fdjaute niad) redjts unb liinfs, bemerkte aber nidjts. Sa rief er nadj feinem Siener unb gab itjim in fpanifdjer Spraye ben 9lu|f=

trag, er möge einmal ijinausgeljen, um nadjjufeijen, ob je=

manb ba fei. Ser Sieger uerf^wanb unb begab fidj inben Hausflur,aber juft inbem Slugenblirf würbeaud) fdjon oon auften bie Haustür langifam geöffnet unb allen noran trat Steffp über bie Sdjiwellie. hinter iljr fdjritt Äarfl. Sils bei Sieger bie riefige (Beftalt erblidte, als er liinauffdjaute

(38)

ju bem Äürbislopfe, ba fträuhten fid) feine £>aare oor Snt*

feien, feinefdjjlottermbe Seftalt wich ßurücf uni» bann brüllte er los, wie ein wilbesXi er. Dasmähte Steffi) SJiut. Sie eilte bem Slengftlichen nach» ben Heinen Äordibor entlang unb blieb erft ftehen, ails ber fdjjwarje Diener biie Tür jum Bimmler feines lijerrn aufrife unb mit oerjerrten Sefichts*

jügen hineinftürmte unb atemlos Jjeroorftiiefj:

„Der böfe Seift!“

«Steffp hörte ben Slusruf unb hielt es je|t noch für ratfam, wieber rücEwärts ju gehen, aber Karlwollte nid)t.

Gr hatte SJiühe, in beim nicht aillju hohen $ausflur feine oolle Sröfje jur Seltupg ju bringen; Gr wollte fid) ben Spafj, audj ben Snbiainer ju erffdjredieiw, burdjaus nlidjt ent*

gehen laffen. Sils fich Slljabore jetjt jur Tür begab, uim nadjijufehen, was feinen Diener fo erfhredt habe, prallte er faft mit Karl jufammen. 3m allererften Slugeniblide widj er bodj jwrürf. 3m Hausflur herrfdjte fdjon jiemlidje DuinteHjeit unb fo wtrftien bie feurigen Singen unb ber breite SJlunb gerabeju gefpeinftilfdj. Da aber Slljabore ni^t ber SJfann war, ber fid) fürchtete, fo blieb er einfach oor beim Seift flehen unb fragte:

„SBas wollen fie hier?“

Sius ber Tiefe bes Hausflur es tönte es fd)aurig:

„Sßeh'e, wehe!“

Der Diener ftanb in einer Scfe, ängftlüh jufantmen«

gebrüht, hatte bas Sefidjt geigen bie SBanb gebreht unb jiiterte heftig. Karl alber ftanb unbeweglich.

„Sßollen fie mir niun enbidj fagen, was bas alles ju bebeuten hat,“ nahm Slljabore bas Sßort. „Sie werben

(39)

33

•*

bodj nidjt glauben, bafe idjbiefen SJfwmmenftHtwignidjtburdj«

fdjaue.“

3efet Hielt es Steffp für ratfaim, bem bebrängten ®ru=

ber gu $ilfe gu lammen. S>iie weifee grau erfdjien, iljr ginger ^ob ficfj broljenb gegen Sllgabore. Da griff ber

©eteijrte in feine SBrufttafdje unb im näcijftcn Slugenblid ljatte er einen Jleuolaer ^eroorgegogen.

„Sjinaus, ober idj fdjiefee!“

Da tarn Geben in Starl unb Steffp. SJlit einem 5luf=

[rfjrei fjufdjte bas junge SDläbdjenbanon, Äarl aber warf bie lange Stange gu ©oben, mit (gepolter lotterte ber teiirbis in bas 3iimmer hinein,ber rote SJlantel lag ebenfalls auf ber (Erbe unb Äarl,ber je&t alter Slasterabe entffeibeit mit biofeem Stopf unb beim um ben $als gebunbenen Dudje ba=

ftanb, nttfjmfdjleuinigft Jteifeaus. 3m Salopp ging es burdj ben &artqn unb erft als bie brei (Sefdjiwifter wieber tyiinter ber $>ede angeJomanen waren, atmeten fie erteidjtert auf.

Sn ben erften SJiinuten fdjiwiegen alle brei, bas Sjerg f^lug iljnen bodj gulieftig in ber SBruft. Dannaber fürdjtetenfie audj, bas bärige Sdjeufal fönne ihnen nadjfpüren, tonne feine Drofeungbes Grfdjiefeens waljrmadjein unb fo oerbiel«

ten fie fiel) mäusdjenftill. Sefct erft bemerften fie bas geilenbes roten Vorhanges. Das war ein neuer Sdjred.

Die SBorljänge waren noch tabeilos, unb bie SKrtutter mufete fdjan morgen benSöerluft entbeden. SBas follte manfagen?

3agljaft begann Steffp: •

„Sßeifet bu, Slobertdjen, bu Haft jabeim alten Snbiaeuer nidjts getan. Du geHft ins Sjaus unb bitteft feljr feöflidh er möge bir ben roten SBotljang Herausgebern“

S,.®, 1. Steiiijs ®adfiidseit 3

(40)

34

Sa aber tarn fie fdjledjt an. Ser SBruber braufte heftig auf. „3Jieinft bu, idj werbe mid) für eure Summbeiten tot=

fdjießen taffen? $ole bir ben Sßorbang mut ruhig alteinie jurütf.“

„Su bift ein geigling“, jürnte Steffi).

„23iift bu etwa mutig?“ gab Stöbert gereigt gurütf.

„Su bift baoongelaufen, el)e ber Spaß richtig losging.“

Steffp judte nerädjdlidj bie Sldjljeln unb wanbte fid) an Äabl. „Dtyroe ben 23orijang bürfen wir nidjt beimfom=

men. Su ljaft ibn hingeworfen, nun hole Hjn audj wieber.“

„Sas fällt mir gar nicf)t ein“, polterte Äart. „SJlid) tjat er ertannt. Sdj ftanb ja oor iljim otjne jebe ßaroe oor bem (Befiehl. Ser SBortyang ift aus beinern 3immer, Ijole itin bir, wenn bu iljn wieber haben wilbt.“

„SBirft bu ben SBorJjang fogleidj Jjoteim Sdj bin eure ältere Sdjwefter unb iiljr habt mir ju gehorchen.“

Sa ladjten bie beiben SB rüber ibr breiift ins ©efidjit.

„(Bar nidjts baftbu uns ju Jagen,“ unb als Steffp je^t nod) dorniger würbe, liefen fie einfach baoon.

SBäbrenb bas junge Slläbdjen nodj überlegte, auf wetdje Sßeife fie wieber in ben 33efiß bes roten Vorhanges fäme, hörte fie leisten SRuberfchilag unb fab, wie bie beiben

«Brüber im Äa>bn baoonfubren. Sas war benn buch ber

«pöfjepunft. Seßt liefe man fie fyvex im (Bebüfdj als weiße gtaiu fißen, benn ihre Äteihbeflagen im Stabn- Saut rufen wollte fienicht, benn fie fürchtete, fie tönne Slljabore baburch herbeiloden. Smmer weiter entfernte fidj ber ftaljn unb voller Sßut traten bem jungen «IRäbdjiein bie Tränen in bie

(41)

35

Slugen. 3Bas follte fie nun Ijier anfangen? Gs bliieib iljr nichts weiter übrig, als gu Kufe beimgulebren umib um ben gangen See betumgugeljen. Der 2ßeg war aber weit unb bie (Eltern würben fid) gewiß ungiftigen, bennoor gehn Uhr konnte fie nidjt baljeim fein. Unb bann in bem Slufguge.

SBenn fie irgenb jemanbem begegnete, wie follte ficf) ber=

jeniige itjr Slußifeljen erklären? Binar floht fie bie offenen

^aiare wieber gu groei 3öpfen gufaimmen, aber bas 33ett=

laten konnte fie nidjt oblegen, benn was follte man oon iljr beenden, wem man fie im Unterrod einherkommen falb?

Slber bie ©rüber, bie fällten es bekommen. Stile wieber würbe fie mit bem Svarl unb bem Stöbert gut werben.

Seinbfdjaft für ewige Seiten.

Sßenn fie nur ben roten ©orbang hätte! 2Tdj was, fie fdjicftie morgen bie SJtogb ins Stfjlö&hen, bie muffte irgenb etwas Unklares ergäblen unb fragen, ob nicht aus ©erifeljen ein roter ©ortjang bort fei.

Sticht erft lange überlegen, fdjnell auf ben Sßeg, benn bie Seit brängte.

Sie kannte jebecn ©fab. Der Jßeg burdj ben Sßalb oerurlfadjte ihr Seltne gurdjt, mutig fdjaitt fie vorwärts.

Sils fie umeine SBegbiegung tarn, fab fie inber ungewiffen Dämmerung eine männliche ©eftalt auf fidj gufommen. Sie erifdjraf unb wollte fiel) fdjeu in bie 23üfdj.e fdjbagen, aber ber Siäibertommenbe butte fie bereits gemerkt . . 2ludj er blieb flehen unb rief laut: „SBer ba!“

Steffp fdjwieg Berängftigt. Slber als ber Unbekannte jeijt fogar SJtiene machte, ihr gu folgen, ba ftredte fie ihm ftobenb bie fjänbe entgegen:

(42)

36

„Saften fte rnidj, tdj tue ihnen ja nichts. gd) gebe nut fpajieren."

„Das tann jeher fagen“, nahm her anbere bas SBort.

„Rontmen fie fogleidj mal aus bem (Sebüfdj bervor.“ 3ögcrab folgte Steffp bem SBefefjl, aber im nädjften Slugenblicf brach ein lautes ßatfjen non ben Sippen bes ÜJiainnies. „Sie finb es, gräulein UI)be. 2ßas machen fie benn jeftt notfj im Sßalbe unb in bem Ülufjuge?"

Süudj Steffp fiel ein Stein vom ^erjen. 3n bem greniben erfannte fie ben $egeimeifier Dornborf, einen altem Beamten ihres SBaters. Sin Hein wenig fdjämte fie fidj boeb vor ihm, benn fie wuftte nidjt, wie fie iljm biefe Mas­ te rabe erflären follte.

„Sldj, $err Sjegemeifter, ich wollte mir nur einen Heinen Spaft machen. Jtun will idj aber fdjnell beim- gelben."

S)er gorftbeamte lachte noch immer. „Rann mir fchon beulen, gräulein Steffp, was fie wollten. Sie haben wohl ein bisdjen bie weifte grau gefpielt? Jiurn verftefte id) aueb, baft bie Beute mir fo häufig fagen, fie hätten es im Sagbftbloft umgeben hören.“

„Sie bürfen rnidj wicht verraten, $err $egemeifter", bat Steffp, unb lacftenb »erfpradj ber $egeme-ifter, iftr (Ge­

heimnis ju hüten. Gr begleitete fie nodj ein ganges Stücf bes Sßeges unb mit fyitfitym Danf verabfiftiebete fiel) Steffp, als bie Dberförfterei in Siebt tarn.

Slutf) bie beiben SBrüber waren eben erft heimgetoim- men. Sie batten, als fie in ber Mitte bes Sees antamen, boeft heftige (Sewiftensbiffe betommen unb waren jurücf-

(43)

37

genubert, um Steffp gu holen. Da man fie t)intei bem SBuf^ioeif nicht fanb, Juchten beibe Brüber behutjam ben Santen ab, aber ohne Cerfolg. Da man ihnenbocf) fehr Slngft geworben; miit tjängenben köpfen begaben fieficij heim unb fragten bie SKagb, ob Steffp fdjon baljeim fei. Slber bie SJiagb tonnte nur berichten, bafj auch bi'c ®ltem bereits in Sorge feien. Bon Steffp fei nichts ju fehlen. So liefen bie Brüber angftooll vor ber Dbercförfterei auf unb ab unb als fie jeht bie Sdjmefter tommen Jähen, ftürgten fie ihr entgegen. Steffp aber mufterte bie Brüber nur mit einem

»erüdjtlidjen Blicf.

,,3br Feiglinge!“ Das war alles, was fie ihnen ent-- gegienfdjleuberte. Da fugten bie Brüber gar nichts mehr unb gingen baoon. Sluf ber Dreppe ftief? Steffp mit Sln­

gela gufammen.

„Slber Steffp, wie fiehft bu benn aus?“

„Still, füll“, fliifterte Steffp. „ftornm mit in mein 3immer, bort erzähle idj bte alles."

„SBir haben bich alle fo fehr gejucht, wo warft bu benn?“ —

Steffp erzählte ber Äufine alles. Slngela mußte laut aufladjen, aber Steffp war über bie Bosheit ber Brüber nochgu fehr oerärgert.

„SEas mache ich nui mit bem Borhang? <J3as foll ich benn ber SJlutter jagen?“

Slngela überlegte. „SBir werben morgen beibe ge=

meinfam hinüber gehen unb ben Borhang abholen."

Steffp blicfte bie Äufine erftaunt an. „Du, bas ift

(44)

38

ein gong geföhrlidjer Äerl, ber läuft ftänlbig mit einem 9le=

ooloer umher."

„2Ben.li wir artig gu iljm fommen, fann er uns nidjt erfcftiieften. «Richtig ift es ja nidjt, baft wir ben fremben SJlann auffudjen, aber oielleidjt ift er gar nicht baljeiim uinb fein fdjwaraer Steuer fann uns ben «Borijang austjäm bigen.“

„Jia, wenn bu meiinft“, oerfeftie Steffp gebest, „jagen bürfen wir baoon ja feinem JJlenfdjen etwas. Slber fo ein Feigling, ber Äarl. Silles läftter im Sttdj. Sas hätte idj nie oon iljm gebadjt.“

JJlit oorwurfsoollem 23lid empfing bie SRutter iljre Sodjter. „Gs gefjt wirtlich nicht, Steffp, bafj bu feben Slngenblid baoonläufft, oljne ums ju fagen, wo man bidj fudjen fann. Gs fann bir etwas paffieren unb niemanb weift, wo bu ju finben bift.“

Sie Softer fdjiwieg fdjulbbewuftt unb audj bie beiben SBrüber faßten nidjts. Sils fidj aber bie ® liefe oon Äarl unb Steffp trafen, ba ftedte Steffp bem ©ruber fräftig bie Bunge heraus.

»Steffp, was ift bas für ein ^Betragen“, fagte bie Slutter, bie ben ©organg gefeljen hatte.

„Gr ift ein Feigling,“ piaftte bas junge Släbdjen Ijer»

aus, aber meljr war aus iljr nicht berausjubefommen.

Äar.1 aber fdjwur berSdjwefter für^terüdje«Radje. Gr, als giinfaeljniäljriger, burfte fidj eine foldje SBeftaniblung oon einem ©adfiljdj nicht gefallen laffen. Gr würbe fdjon eine Gelegenheit finben, um ihr bie Ijierausgeftedte 3unge unb bie Slamage, öffentlich ein Feigling genannt au werben,

(45)

39 -

heimjugahlen/ Er 30g ©ruber Stöbert ins Vertrauen uni) geimeinfam fannen bie ©eiben, auf weldje Sßeife fie bie erlittene Gdjmadj rädjen tonnten. T)as burfte Giefft) nidjt ungestraft fjingcljen, es würbe fidj Rljon eine Selegertljeit bieten, Stemindje ju nehmen.

Sn ber folgenben STacfjt fdjlief Gteffp fdjledjt. Gie bilbete fid) jwar ein, es tarne non bem fetytenben roten

©orhang Ijer, aber bas war es woljl nidjt. Gie ljatte gräfeti^es Sllbbrüden, träumte oon einem Ungeheuer mit feurigen Slugen. SJian erfdjojj fie oiermal nadjeinanber unb ein Sieger, mit, bieten roten Sippen, pacfte fie an ber Äeljle. Gtö^nenb wälzte fie fid) auf bem Sager t)in unb Ijer unb war froh, als enblidj ber SJlorgen Ijeraufbämmerte.

Sjeute würbe fie ben roten ©orhang jurüctholen, bann war alles wieber gut unb »ergeffen.

3. Kapitel.

Sim zeitigen ©ormittag madjte fid) Slngela mit Giefft) aufben SBeg. Gie nahmen nidjt bem Äaljn, benn fie fürdj=

teten, man tonne fie bewerten unb fragen, was fie brüben beim SuQ^äjlüjjdjen wollten. Go roanbcrten bie beiben jungen SJläbdjen burdj ben Sßalb, aber oon Gteffps Seite tarn feine fröljldje Unterhaltung in Sang. Sh* war heute nidjt redjt wohl jumute. gurdjit war es weniger- Sie fdjämte [ich ein wenig oor bem grembepi, ber fie »ielteidjt bodj wieber erlernten würbe. ißlöhlidj hbelt fie Slngela jurürf.

(46)

40

„!Du, Slngela, es gebt nidjt, baß idj fo biefem Snbianer gegenübiertrete. (Er erfennt midj fidjier. SBile wäre es, wenn idj mid) ein bisdjen oeränberte?"

Slngela lacbte. „SEas willft bu benn jetjt wieber für eine 9Kasfera.be oorneljtnen?“

„$dj werbe mir ein älteres, würbigeres Slusfeljen ge»

ben. SBenn idj etwa wie fünfgig aiuslfelje, wirb mir ber Snbianer foldjjen tollen Streidj nidjt gutrauen. 9Keinft bu nidjtaudj?"

Slngela falj ber Äufine ladjenb ins (Befidjt. „SBie willft bu bas benn fertig bringen?“

>,^ßaß mal auf.“ Sie lüfte bie f^ledjiten unb oerfudjte einqn Sdjeitel. Slber bie wiberfpenftigen fjaare wollten nidjt redjt folgen. „SBir müffen fie tüdjtig mit Sßaffer an»

ffeben, ©ort brüben ift ein fleiner ®adj, ber foll beifein.“ Sie liefen bin, Steffi) madjte fidj bie fjänbe naß unb unter großen Sdjwierigfeiten gelang es audj wirtlid), bie

$aare gu fdjeiteln unb an beiben Seiten feft über bie Obren gu legen. „Sinn muß idj nodj einen feften .Quoten am $interfopfe gufammenbreben, bas madjt alt.“

©efagit, getan. Sludj biefe SIrbeit gelang, aber nadj fünfgig Satjren wollte Steffi) llßbe bodj nidjt ausfetjen.

„Slber ein bißdjen anbeirs febe idj bodj aus?“ forfdjte fie.

„Jlatiirlidj", ftimmte Slngela bei. Sliemanb wirb bidj wieber erfenmen.“

So ging Steffp beruhigter weiter. Slber als bas 3agb»

fdjlößdjen in Sidjt fam, war ibr bodj wieber reefjt unbeljag»

lidj gu SKute,

(47)

41

„äßen« id) nunc wüßte, was id) bem ifehretfUidjen SJlanne fuge, bamit er nidjt merft, bafe mir mit ^er ®adje gufam=

menbängen.“ Slber gang plöfelidj jaudjgte fie auf. „Sjalt, idj feab’s. Sin bifedj'ein Shroiübelet wirb mir ber liebe Sott fidjerlidj nidjt übel nehmen.“

SJlutig ging fieauf bas Sdjilöfycljemgu, öffnete bie 8rlur=

tür unb betrat bas Snniene bes Kaufes. ©er fdjroarge ©ie=

ner, ber bie Shritte gehört hatte, Sam ^ex>5»ei unb fragte fie in einem febr mangelhaften ©euifdj nadj ihrem S8e=

geljr. Slber nodj ehe fie fiel) nerftänblidj gemäht hatte, mürbe eine anbere Xür geöffnet unb fie ftanb Slobrigo Sllgabore gegenüber. Slngela, ber es äufeerft peinlidj war, bas frembe $aus gu betreten, roar an ber Tür fteljen ge=

blieben, fo bafe Sllgabore jene nidjt feben Sonnte.

SBürbiig neigte Steffi) bas §aupt. „SSergeihen fie,mein

£>err, bafe idj es wage, in iljr $eiim eingubringen. Slber idj Somme in einer febr beliSaten SlngeSegenfljeit. §aben fie oiellieiidjt gufällig in ihrer SBelfeaufung einen roten 33or=

ban gefunben, ber nidjt gu ihrem Eigentum gehört?"

„SßoIIen fie nidjt näher treten, meine Snäbige?"

©ie Spradje bes 9Jlannes_ Slang fdjroer, feine Stimme roar bunfel. Steffp. bähte an bie SBaffe unb Sehnte bantenb ab.

„3h bante febr, aber idj mähte fie nidjt beläftigen.

3h mähte fie nur bitten, mit ben roten SBorJjang gurücf=

gug eben.“

ißrüfcnb glitten bie 33licte bes Sefehrtea an bem jun«

gen SJläbhen herab. „Silit roem habe idj bas SSergnügen?“ Steffps Singen irrten fudjenb hin unb her. „3h Wn

(48)

42

Stau murmelte fie fo unbeutKdj, bafe es heim beften SBillen nidjt mögtidj war, biefen halb ^ün.gei^ttu^'t’en, halb geniefeten Statuen ju tuerftehen.

„Sehr erfreut, aber idj bitte bodj, näher ju treten.“ Slur feljr jögernb folgte fie feiner Slufforberung unb trat, ihm »oran, in bas SBiblioihetjimmer. Sie ernannte es fofort wieber, benn hier auf ber Gdjwelle batte fie fdjon einrrmt als weifee fjraui geftanben. Unter feinen, fie form- lieb burdjbotjreinben SBtiden würbe ibr bodj unbehaglich, fie roanbiefdj'eu bie Slugen jur Gleite unb wieberbolte:

„^aben fie ben roten Sorljang ober nidjt?“

„©ewife, mir würbe geftern abenb ein foldjer 93or*

bang ins $aus gebradjt. Sie ©elfter ber biefigen ©egenb fdjeinen febr Kebenswürbig ju fein. 3dj weife nun aber nidjt, ob idj bllefes Stiitf, bas idj auf fo eigentümlidje Sßeife betaut, wieber herausgeben barf?“

Steffp bob ben 23Iic£ unb bemerfte ein eigentümlich fpöttifdjes 2ä(b®In um feine SJtunbwintel. Shre ©erlegen«

beit nahm ju, eine bunfie Siöte buffte über ibr Sefidjt.

„3h febb, ich ntufe ihnen leiber bept 3uiammenbang ertlären unb bitte für bie Ungezogenheit meines — meiner Sodjter um ©ntfdjulbigung. SJleine lodjter batte fidj ben Spafe gemacht---. SJleine Sodjter wufete nidjt, bafe bas

£>aus bereits bewohnt ift unb audj meine beiben Söhne mähen häufig bergleidjen Unfinn. 3h bin barüber fehr betrübt, aber fie tönnen boh eine SJtutter für bie über*

mutigen Streike ihrer Äinber nicht jur Stadjenfhaft jiehen.“

Sefet fab fie auf, um fdjneH wieber ben ©lief ju Jen«

(49)

43

Jett. Srnrner forlfdjenber ruhten bie Singen Slljobores auf ihr-

„So, fo, alfo bielfe Beiben mertroürbigen Geftalten waren ihre Äinber. 3h hätte faunt »ermüdet,“ fügte 911=

jabore mit leidjtem ßädjelnIjingu, „bafe fie, gnäbige gnau, fcfjon eine erwahfene Xodjter Ijabepi.“

„Slidjt waljr“, beeilte fich Steffp ja erwibern, „man glaubt mir gar nidjt, bafe idj iftfjon fo alt bin.“

„Serjeihen fie, gnäbige grau, aber idj felbft hielt fie für taum bem S&adfifdjialtier entwahfen.“

Gr lädjelte gar fo eigentiümlidj. Steffi) würbe es wieber recht unbehaglich unb rafdjftiefe fie Ijerrwr: „Jia ja, es finb eben meine Stieftinber. 3d) fyabe einen gianj alten JJlann geheiratet.“

Sie würbe unter ben forfdjenben Süden Slljabores immer »erlegener unb wünfdjte fidj taufenb.Jüeilen oon Bier fort. „JKödjten fie mir nun ben Sorfjang geben?“ 3nbem Slugcnbüd fiel Slljabores Slict burdjbas gen*

fter auf Slngela, bie um bas $aus berumgegangen war.

„Sie junge Same bort, ift fie »ieleidjt ihr gräulein Xodjter?“

„3lun natütlidj", eiferte Steffp los.

„3h möchte fieherein bitten laffen.“

Gine belle Sbngft glitt über Steffps 3üge. „Sih, nein, nein, laffen fie meine Schier ruhig braufeen flehen. Sßir haben audj grofee (Eile, idj mufe ja heim bas JJiittageffen lohen.“

„3ftber SEeg benn fo weit?“ lähelte er-

„D ja“. Steffps $anb ftredte fidj in unbeftimmier

(50)

44

SRidjtung aus. „Dort gattjj fjünter bem SEalbe, ba liegt unlfer Heines Sefifetum. Darf idj fie nun bitten, mir ben Sovljang ju geben?“

Da bolte er bas <5>emiiTUfdjte. Steffp rife es ihm faft aus ben $ämben. Sie liefe audj gar nicht erft ju, bafe er benSorbang einroicfelte. SJliteinem rafdjen „Dante“ wollte fie fidj entfernen.

„öeftatten fie, gnäbige grau, bafe idj fie roenigftens b'i nausgeleite.“

(Er fdjritt neben ibr V)-er bis jur gburtiir. Dort ftanb Slngela, unb Steffp roar roieber voller Slngft, bafe all ibr Heiner Sdjroinbel ans Dageslidjt tarne-

„3Jlein aiame ift Slljabove“, fpradj er, fidj leicht oor Slngela nerneigenb. „gdj b«be ihrer grau SDlutter bepr roten Soorbang bereits ausgeljänbigt. gib bitte feljr um (Entlfdjulbigung, bafe ich fie geftern mit meinem ^Revolver bebrotjte. §ätte idj geroufet, bafe ficb unter ber 9Jlummerei ein fo barmlofes Spiel verbirgt, fo hätte ich bie böfen Sei»

fter gern ju einem Ißlauberftünb^en eingelaben.“

Slngela ftarrte faffungslos oon einem auf ben anbern.

Slber Steffp ergriff Saftig bas Sßort. „(Es roirb jebenfalls nicht roieber vortomman. Slochmals vielen Dant unb nun tomm, Slngela."

Sie 30g bie Äufine faft mit ficb fort, immer fdjneller mürbe ber Schritt ber (Enteilenbett unb fdjliefefidj bemertte Slljabore, bafe bie Selben $anb in Ezartb infdjnellen Sprün=

gen bavonltefen- (Er fdjiittelte ben Stopf.

„SJlertroiirbig, Ijödjft merfroiirbig.“

Sils bie beiben jungen 3Jläbdjen aufeer Sichtweite

(51)

45

waren, blieb Slngela fielen. „Du, Steffp, was haft i>ubem SJlanne benn eigentlidj ergäiljlt?"

„Sich“, wehrte bie Slngerebete »erlegen, „ber arme SJiann ift leiber etwas irre im Äopf. Er bat mich für eine gnäbige grau gebalten. SEabrfdjeiinlich f)<at er eine u;n=

glücflidje Siebe ju einer gnäbigen grau,“

„Den SBorbang will er meiner SJiutter gegeben haben unb babei haft bu ibn bodj im SIrm."

„ga, fieibft bu, er ift eben vollfommen gieiftesgeftört“

„Oottlob, bas wir gefunb aus bem $auife finb.“ 8ln=

gela fdjauberte nodj in ©ebaplen an bie große (gefaßt, in ber fie gefdjwebt batten- „Db er bidj erlanmt bat?“

„Sieb bewabre, fein Seift ift ganj zerrüttet.“

Sßeäßt bu, Steffp“, nahm Slngela nadj einer Sßaufe wieber bas SEort: „Eigentlich müßten wir bem Dntel oon biefer gefährlichen Sladjbarfdjaift ergüßlen. Tente bodj, ber Äranfe fann euch ja alle unglücflidj machen“

„Sldj, laß nur“, meinte Steffp gleidjgültig. „SEir ba=

ben alle SJtut, wir fürsten uns inidjt“

Enblidj war bie Dberförfterei wieber erreicht, unge=

{eben tarn Steffp mit bem 33or'bang in ißt 3iimmer unb be=

eilte fidj fogleidj, ihn wieber an feinen alten gSlaß ju brin=

gen. Sils fie bamit fertig war, lehrte fie erleichtert ins Eßzimmer jurüd. Das paßte ihr gerabe,baß bortÄarlan=

wefenb war. Jfjerausforbenb ftelltefie fid) oor ihn bin:

„SEeißt bu woßer ich foeben tomme? Stein, bas weißt bunidjt. geb bin im gagbfdjloßgewefen unbhabe für beine geigbeit gerabe geftanben. Du tannft bidj überzeugen, baß oben, in meinem Btmmer ber rote Sappen wieber am gen=

(52)

46

fter Ijöngt. Du freilidj warft ja nichtba ljingegangen. sj3a, was bift bu für eine 23-angebüj!“

„SBenn bu bagew-efen bift, brauche id) i<J nidjt mehr tjiiittijuig-efyeTt. 3dj n>iw ßeraibe int ^Begriff bas gu tun“, ent*

gegneie Äarl.

Steffi) la-djte laut auf. „So fiebft bu aus! £>aft ja nidjt für fülnf ^Pfennige 3Jlut in ber ’Bruft. Siel) mid) an;

ber SJlann ift oollfotnmen irrfinnig, lyat bie lebten in einer SInftalt oerbradjt, aber trotjbem fiircfjte idj miet) nidjt.“

„Jia, idj mödjite feljenmiie bu laufen würbeft, wenn 311 bir ein ffiefpenft tarne.“

3Jtit einem oerädjtlidjen 231-ict mufterte Steffi) ben SBruber. „3u mir fann bas gange ©eifierreidj tommen, ict) würbe i-brn mutig entgegentreten unb Jagen: madjt baß ibr fjinaustommt, idj ferne ben Sdjnicffchnacf. 3d) wüßte ja, baj? bu unter ber ©ermummung ftedteft.“

3?un ladjte aud) Äiarl. „$-aft ja einen feb-r großen JJtunb. Jlatürlidj ^ier im §-aufe fpuft ja feine weihe grau fonft warft bu Iängft baoongelaufen.“

„$alfe enblidj ben JJiunb, bu geigding“,fdjnitt Steffi) jebe weitere Unterrebung ab. „Du follteft bich oor mir fdjämen, aber bu b®ft le™ Sewiffen.“

JJllt einem Sefübl ber Ueberlegenbeit verlieh fie ftolg erhobenen Hauptes bas 3immer. ftarls Saune war burdj biefen Vorfall natürlich nidjt beffer geworben. 2ßas bil=

bete fid) benn bas bum-me JJläbel ihm gegenüber ein? So brauchte fich ein anegefefljener Sperr bod) nicht bebanbeln gu

(53)

47

laffen. SBieber erwähle ber Saheburft in ihm unb er eilte 3U Sruber Stöbert, um mit ihm bas Sßeitere gu besprechen.

$er jdjöne grojjegorft gab eilne SJtengeherrtiherSpa»

giergänge ab. grau klattermann bemitgte beinn audj faft feben Sladjmittag, uni mit einem ihrer SSermanbten im Sßalibe umher gu ftreifen. Die töftlidfe Stille tat ihr gut.

$äufig würbe fie oon Slngela begleitet, bie oon Tag ju Tag mehr aufblühte. 3hr'e blaffen SGangen wiefen bereits eine gefunbe Stöte auf. Sludjbie »iele SJlild) unb biegute 2anb=

foft trugen feijr gu ihrer (Erholung bei, unb fo tonnte grau klattermann mit größter greube feftftellen, baß ihre Todj=

teroon Taggu Tag gefunber ausifcbaute. Das war ihr eine rechte greube,benn fie hatte fich W'On grojje Sorgen um bie allgu garte Slngela gemacht. Sie teilte bie günstigen Sie»

Imitate bem (Satten mit, ber umgetjenb gurücffhrieb, man möge Slngela fo lange, als nur angängig, bei ben Sßerwanb»

ten laffen, er felbft werbe, wenn es geiftaittet fei, nad) S3e=

enbigung feiner nodj bringenb ooriliegenben Slrbeiten auch für einige Tage nach Tannhaufen fommen, um feine (5at=

tin abguholen. Slngela möge ruhig nodj länger bei ben SSerwänbten bleiben.

Sludj baß Slngela jeßt fo häufig mit Steffp h«mm=

tollte, madjte ber gkofeifforiin lebhafte greube. Gie falj ja, wie gut bem kinbe biefe Bewegung tat, aujjenbeim fehlen es ihr oiel natürlicher, baff ein fehgehnjähriges Stäbchen fröhlich burch £aus unb ©arten tollte, als ftänbig hinter ben Suchern gu Ijocfen.

Sius ber faoaliermäjjigen Sewunberung, bie 2eopoib feiner kufine sollte, mähte fidj Slngela anfdjetuenb wenig.

Cytaty

Powiązane dokumenty

PZinna bectte bereite ben Slbenbbrottifcp.. Slnpünftlicpfeit frnb mir non unferer Sötte gemöpnt. SDiutti »ergebt nor Slngft. ®ein SBort bracpte fie in iprer ©rregung

Seine Slutter ift franf unb fdjwadj, fie braudjt bidj, unb bu wiltft nur beinen Sßünfdjen folgen. @ufe würbe baS nidjt tun, bie muff iljre Slutter bodj lieber Ijaben

Jeszcze tego samego dnia odby³o siê podsumowuj¹ce zebra- nie plenarne Rady Zak³adowej rozszerzonej o przewodnicz¹- cych rad oddzia³owych.. Taki sk³ad plenum sta³

Die narrative Gestaltung von Migrations- und Fluchtprozessen sowie die Darstellung von Fremdheitserfahrungen in der zeitgenössischen deutsch- sprachigen Literatur birgt damit

Zuzanna Pierzchała Dexters Team Nowy Sącz / Nowy Sącz U-12 chłopcy -30 kg.. Tymoteusz Barczyński Team Sukata Poland / Mielec U-12 chłopcy

wenn Verstand nnd Vernunft sich nicht den Sinnen swiedersetzen.s Ei giebt einen Seitpunet, nemlich in der Kindheit-, da der Mensch seines Verstan- des noch« nicht mächtig ist,

3 ngtv&gt;ifd)eu toareu ungeit ju einem großen sD?ittagSmable gemadß loorbeit. Sind) mürben junge Stauben eingeliefert, aber anonym... nuv für

[r]