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Die Entwicklung der Religionsbegriffe als Grundlage einer progressiven Religion. Bd. 2

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Das Pancatantram

Textus ornatior.

Eine alMische Märchensammlung

zum e rs te n M a le ü b e rs e tz t

1 von

Richard Schmidt.

In gr. 8° P i eis br. M. 12 — (oder in 3 Lieferungen ä-M . 4.— ) eleg. gebdn. M . 15.— ,

Von dem textus ornatior des Pancatantram is t bisher nur ein kleiner B ruchteil des Sanskrittextes veröffentlicht, worden, während eine Uebersetzüng überhaupt noch nicht unternommen worden ist.

Jetzt beginnt in Deutschland die erste wortgetreue und auf mehr­

jährige Forschung gegründete Uebersetzüng zu erscheinen, die dem Sanskritisten von Fach, dem Folkloristen, besonders aber auch dem grösseren P ublikum zu dienen bestim m t ist. Zum ersten Male w ird hier dem deutschen gebildeten Leserkreise ein Buch geboten, welches die Grundlage und den U rquell vieler unserer Märchen b ild e t, die ja bekanntlich aus Indien durch Persien und Arabien ihre Wanderung nach dem Westen angetreten haben und uns so in Fleisch und B lu t übergegangen sind, dass nur der Forscher noch im Stande ist, sie als

Frem dlinge zu erkennen. ,

Unsere Märchensammlung w ill nichts geringeres, als nn Gewände sinniger Fabeln tiefste W eltweisheit lehren. Sie erreicht diesen /w eck vollkommen in fü n f Büchern, deren jedes ein besonderes Gebiet um ­ fasst- 1. Entzweiung von Freunden, 2. Gewinnung von F reue' en, 3 K rieg zwischen Eulen und Krähen, 4. V erlust des Besitzes und 5 Unbedachtes Handeln. M ehr denn tausend köstliche Sprüche er­

höhen noch den Keiz des höchst eigenartigen Werkes, welches zwar durch und durch indisch is t, aber dabei doch z u gleich eine Sprache redet, die uns die fremde Umgebung le ich t vergessen lässt und in dem Herzen des auch n u r einigermassen gebildeten Lesers den tiefsten E indruck machen muss. . . . . , T . .... , n ,

Abgesehen von einigen indischen Naivetaten enthalt aas ±>uch nichts was ein keusches O hr verletzen könnte. Unser T ext zeichnet sich ausserdem vor dem bisher bekannt gewesenen durch eine blühende Sprache andere Anordnung des Stoffes und eine ganze Keihe neuer Fabeln aus Es is t ein ernstes Buch fü r das V o lk, turm hoch erhaben über die elende G o ld sch n ittlitte ra tu r, die leider heutigen Tages das ekle F u tte r des Publikum s bildet.

(3)

Die Genesis unserer Kultur.

Die Entwicklung

o o o

der

o o o

Religionsbegriffe

als Grundlage einer progressiven

Religion

von

Stefan von Czobel.

Z w e ite r Band.

Leipzig & Lotus =Verlag.

(4)

Ü 9 pożyczo się do domu

A lle Eechte Vorbehalten.

*

O ft ,V

(5)

Inhaltsverzeichnis.

V orw ort.

K a p ite l I. Von der G o t t h e it ...

„ I I . Theorie des W e rd e n s ...

,, I I I . D ie S e e le n le h re ...

I . D ie Entstehung der Seele und ihre V erbindung m it der M aterie . . . I I . D ie K ulturevolution der Seele . . . I I I . D ie M ystik.

1. A llg e m e in e s ...

2. D ie o ffizie lle M ystik des C h ris te n tu m e s ...

3. D ie K lo s te rm y s tik ...

4. D ie Moderne M ystik . . . . IV . W andlungen der Seele und das putative E n d z ie l...

V . Vergleich unserer Seelenlehre m it der C h ris tlic h e n ...

„ IV . D ie S itte n le h re ...

I. Grundzüge einer progressiven S itten­

lehre ...

A . T h ie re ...

B. Menschen vor der K u ltu r . . C. K u ltu rm e n s c h e n ...

D . M oral höherer Evolutionsstufen I I . Anwendung der allgemeinen Gesetze auf die spezielle Sittenlehre . . . A. D ie S in n lic h k e it...

B. Gesetz und F reiheit . . . . C. Das intersexuale V erhältnis . D . D ie A s k e s e ...

E. D ie S o z ia lm o ra l...

„ V . D er äussere K u ltu s ...

A. D er S ym bolism us...

B. D ie K u ltu sh a n d lu n g e n ...

C. D ie K unst in der R eligion . . . .

„ V I. Das P rie s te rtu m ...

„ V II. S ch lu ssb e tra ch tu n g e n ...

Seite 1

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D a w ir den analytischen T e il dieser Studien im ersten Band beendet haben, w ollen w ir in diesem zweiten Band das Ergebnis derselben synthetisch zusammenfassen, und hier ein m öglichst zusammenhängendes B ild jener B egriffe geben, die der menschliche Geist als E ndresultat seiner jahrtausende­

langen Geistesarbeit auf diesem Gebiet hervorgebracht hat.

Ih re E volutionsrichtung, so wie ihre Kategorie soll aus dem Ge­

sam tbild k la r hervorgehen, und uns zeigen, in welcher R ichtung sich die R eligion der nächsten Z u k u n ft entw ickeln muss, um die subjektive oder relative W ahrheit der Evolutionsstufe finden, hierdurch die geistig-sittliche E vo lutio n k rä ftig unterstützen, a ll­

m ählich W ahrheiten einer höheren Ordnung erklären, und den Gleichgewichtszustand auf höherer Stufe herbeiführen zu können. D ie absoluteW ahrheit b le ib t dem Menschen ewig un­

erreichbar, er könnte diese n ur auf der Stufe absoluter V o ll­

kommenheit verstehen, die dem B e g riff konkreter Wesen wieder­

spricht. Daher kann nur von einer relativen, d. h. einer solchen W ahrheit die Rede sein, welche der vorhandenen Kapa­

z itä t des Seelenorgans entspricht. A ber selbst diese relative W ahrheit, d. h. diese niedrige Stufe der E rkenntnis kann der Mensch hauptsächlich aus zwei Gründen nur in den seltensten F ä lle n finden. Erstens w eil er alles K onkrete als fü r sich be­

stehende Separatwesen oder Erscheinungen, und nicht als

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G lieder langer Kausalketten, also n ickt in ihrem ursächlichen Zusammenhang betrachtet. Zweitens weil der Mensch zur U nterstützung seines beschränkten Fassungsvermögens, einer ganzen Menge konventioneller H ilfs b e g riffe , einer besonderen Term inologie und einer dialektischen M ethodik bedarf, denen er infolge langem Gebrauchs und der Vererbung objektive R ealität zuzuschreiben geneigt ist. Solche Ausdrücke oder logische K u n stg riffe erscheinen ihm dann als aprioristische Grundwahrheiten, und erzeugen Irrtüm er, von denen er sich nur durch grosse Anstrengungen befreien kann. Diese zwei allgemeinen Irrtü m e r bilden ein solches Gewebe, dass sich der G eist in ihrem W irrs a l nur schwer zurechtfindet, die einfache W ahrheit auf Umwegen sucht, und leich t in die Sackgasse solcher Trugschlüsse geratet, aus denen er den Ausweg erst nach langen Irrfa h rte n finden kann. A ls er sich von der U n ric h tig k e it der lange Z eit hindurch fü r Grundwahrheiten ge­

haltenen Irrtü m e r überzeugt, ve rw irft er gewöhnlich das ganze Gedankengebiet, samt allen enthaltenen W ahrheiten und befolgt eine diam etral entgegengesetzte Gedankenrichtung. N u r selten ko rrig ie rt er die Rechenfehler und erhält ein befriedigendes Resultat.

Gegen obenerwähnten Positivism us, welcher alles K onkrete als fü r sich bestehende Erscheinungen betrachtet und ihren Kausalnexus vernachlässigt, giebt uns die Evolutionslehre eine mächtige W a ffe , w eil diese im Gegenteil alle Erscheinun­

gen als G lieder langer Kausalreihe, und als vorübergehende Zustände der S to fflic h k e it, daher n ich t als fü r sich be­

stehende, stabile Form en betrachtet. Sie kennt nichts A b ­ solutes und D efinitives, n ur Relatives und Veränderliches, aber im Sinne ewiger Gesetze Veränderliches. V on der zweiten Q uelle des Irrtu m s kann uns die klare Unterscheidung der Realforschung und der M ethodik, der Realphilosophie und D ia le k tik , des reellen Zahlenwerte und der blossen L og arith ­ men, bewahren. F re ilic h müssen w ir zur Ü bersicht grosser

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Gedankengebiete, oder langer Kausalreihen und ihrer un­

zähligen Kreuzungen, die synthetische K ra ft unseres Geistes üben, um die in der myriadengestaltigen Erscheinungswelt ver­

borgene W ahrheit so zu vereinfachen, dass w ir dieselbe als reines P rinzip oder Gesetz erkennen können.

Es wäre z. B. unm öglich, die Tendenz unserer R eligions­

begriffe, oder die progressive Skala unserer in tu itive n Ahnungen, die keine induktiven Beweise zulassen, zu erkennen, w ollten w ir irgend eine R eligionsform als D in g an sich, oder als eine d efin itive E n titä t untersuchen. W enn w ir aber alle uns be­

kannten R eligionstypen, als die G lieder einer Kausalreihe zusammenstellen, w ird uns schon diese re la tiv sehr kurze symptomatische Skala, wenigstens die allgemeine R ichtung der Kausalreihe und die ihres nächsten Gliedes andeuten, obgleich w ir die N atur eines weiteren Gliedes, das vielleich t noch gar n ich t vorhandene geistige Fähigkeiten erfordern dürfte, gar n ich t ahnen können.

W enn w ir die E volution a lle r R eligionsbegriffe so z. B.

der Gottesidee und Kosmogonie, der Seelen- und Sittenlehre, der M y s tik u. s. w. auf diese Weise untersuchen, können w ir die R ichtung ihrer Entw ickelung, sowie die höchste K ate­

gorie der vorhandenen B egriffe erkennen, und die nächste Stufe ihrer E n tw icklu n g schon im Voraus bestimmen.

Dieser analytischen Untersuchung unserer R eligionsbegriffe soll hier eine Kom bination der gleichwertigen Ideen folgen, und diese bezüglich ihrer logischen G laubw ürdigkeit, und ihrer W ir­

kung auf das Seelenorgan untersucht werden.

D ie hier angeführten M einungen sind keine Hypothesen oder E rfindungen des Verfassers, aber in verschiedenen Religionssystemen thatsächlich vorhandene Lehrsätze, von denen er jene, die sich logisch ergänzen, vereinigen, und m it dem Ergebnis der modernen W issenschaft in E in kla n g bringen w ill.

D a die geistige E volution nach ewigen Gesetzen vor­

schreitet, is t es natürlich, dass die E rkenntnis einer gewissen

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Entw icklungsstufe auch dem Bedürfnis derselben entsprechen muss. N u r finden hierbei tausenderlei Kreuzungen der Kausal­

reihen statt und erscheinen als Atavism en, Archaismen, T radi tionen, übernommene und erlernte B egriffe, welche die natürliche Ideenbildung stören, daher o ft dem geistigen Zustand wieder­

sprechende Anschauungen hervorbringen. Diese geistigen Kreuzungsprodukte müssen eben untersucht, und besonders, wenn sie retrogader A rt sind, e lim in iert werden. Sobald die R eligionsbegriffe einer gewissen Evolutionsstufe zusammenge­

s te llt werden, decken und ergänzen sie sich gegenseitig, weil sie die Produkte gleichartiger G eistesthätigkeit sind. W ie es die Ergebnisse dieser Erörterungen zeigen werden.

Nachdem die harmonische E n tw icklu n g der geistigen Fähigkeiten Z iel und Zweck a lle r geistigen Bestrebungen sein soll, müssen w ir die höchste bis je tzt erreichte Stufe trans­

zendentaler B egriffe vereinigen, um dieser Forderung ent­

sprechen zu können.

Dieser Aufgabe is t dieser zweite T e il meiner Studien gewidmet. Ic h werde trachten, dieselbe ohne V orurteile und vorgefassten Meinungen, ohne der Anerkennung irgend welcher A u to ritä t, und soweit dieses überhaupt m öglich ist, m it der grössten O b je ktivitä t zu erfüllen, ohne meine subjektiven Ansichten hervorheben zu wollen. D ie analytischen U nter­

suchungen des ersten T e ils, zeigen die höchste E volutions­

stufe der B egriffe und die R ichtung ihrer progressiven Evo­

lu tio n an, diese höchsten Ideentypen werde ich nebeneinander stellen, und ihre Übereinstim m ung m it dem E volutionsprinzip hervorheben, das is t das Ganze. U n d doch gnügt meiner A n ­ sicht nach schon diese, beinahe mechanische A rb eit, um die sichere Grundlage und den Ausgangspunkt einer zukünftigen R eligion zu finden.

Jede neue R eligion muss eine neuentdeckte W ahrheit enthalten. Diese W ahrheit ist das E volutionsprinzip, als Grundlage einer neuen W eltanschauung, die uns das Lebens-

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problem erklären, das ganze W eltgebäude aus einem neuen Sehwinkel zeigen kann. Sobald die logischen Konsequenzen dieser W ahrheit rich tig abgeleitet sind, is t das F eld fü r eine neue W eltanschauung vorbereitet, und es bedarf nur mehr eines mächtigen Geistes, um dieselbe einer grossen Menschen­

masse zu suggerieren, und hierdurch eine neue Grundlage fü r unsere weitere E volution zu schaffen.

Jenem neuen Erlöser der K ulturm enschheit müssen w ir trachten, den W eg zu ebnen, da nur ein solcher die Mensch­

heit aus jenem L a b yrin th von Lügen herausführen kann, in welchem sie sich unter der Flagge veralteter Ansichten und hochtönender Trugschlüsse v e rirrt hat. Den Faden der A riadne müssen w ir behutsam flechten und allm ählich verlängern, da­

m it es im M om ent der N o t zur Ila n d sei, zu dieser A rb e it habe ich mein Schärflein beitragen wollen, indem ich anzu­

deuten trachte, wo und wie die W ahrheit zu suchen sei.

N agy Eör, den 30. A ugust 1898.

D er Verfasser.

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Kapitel I.

Die Gottesidee.

D er G ottesbegriff bat sieb, wie w ir aus vorangegangenen Untersuchungen deutlich erkennen können, aus der u nm ittel­

baren Nähe des Menschen und aus einer konkret begrenzten Form allm ählich in höhere geistige Regionen erhoben und nähert sich dem absoluten, also einem über unseren geistigen H orizon t erhabenen Zustand, nachdem er alle Stadien vom Fetisch zum Götzen, dann zum Dämon und In dividu alg ott, von diesem zum pantheistischen W e ltg o tt und endlich zum ab­

soluten W eltgeist durchlaufen hat. W ir sehen also, dass er sich successive erweitert und vergeistigt, aus dem konkreten in den absoluten Zustand, von einer subjektiven und w illkü rlich e n zu einer objektiven und absoluten A k tio n erhebt. W enn w ir die lange Götterreihe m it dem Seelenzustand verschiedener Menschentypen vergleichen, bemerken w ir, dass die V ergeistigung der G ottheit m it der E vo lutio n gewisser Fähigkeiten im engsten Kausalnexus steht. Solange die rein sinnliche oder perzeptive G eistesthätigkeit vorherrscht, kann der Mensch nur das konkret Sachliche begreifen, darum w ird auch sein G ott ein konkret begrenztes Wesen sein. Selbst im F a lle Idealistenvölker eine mehr geistige Gottesidee annehmen, w ird diese sofort m aterialisiert, wie überhaupt jedes P rinzip oder jede A b ­ straktion. D ie Vergeistigung der B egriffe und Erscheinungen beginnt m it der Entstehung der Im agination und schreitet m it

C z o b e l , Entstehung der Religionsbegriffe, I I . Bd. 1

(12)

der E ntw ickelung der synthetischen K ra ft vor. So w ird auch die Gottesidee, m it dem F o rtsch ritt spekulativer F ähigkeit, a ll­

m ählich von allen m ateriellen Elementen und Z ufällig ke iten befreit und zum reinen P rinzip erhoben. D er menschliche Geist hat die G ottesvorstellung auf einer gewissen Stufe zur E rklä ru n g erfahrungsmässig unerklärlicher Erscheinungen her­

vorgebracht und allm ählich zum reinen P rinzip ausgebildet.

W ie G o tt ist, kann niemand wissen, w eil die E rkenntnis des Absoluten die F ähigkeit konkreter Wesen übersteigt, wie ihn aber der menschliche G eist bei fortschreitender E volution vorstellen kann und muss, können w ir aus der E volutions­

richtung der Idee selbst m it Sicherheit bestimmen. D er Gottes­

b eg riff is t fü r jede vorgeschrittene W eltanschauung oder Re­

lig io n als U rgrund des W e lta lls und als Q uelle der anfäng­

lichen Energie unentbehrlich. Selbst die angeblich atheistische indische Philosophie musste ihn unter anderen Namen, als Athm an, A d h i Athm a, Adhiboddha oder Puruscha beibehalten.

In der modernen m aterialistischen Philosophie erscheint er als U rgrund, Z e n tra lkra ft oder W eltprinzip, kurz, als das grosse Unbekannte.

D ie Gottesidee is t die unbekannte Ursache, und is t als solche dem menschlichen Denken inhärent, erscheint also auf einer gewissen Stufe geistiger E vo lutio n bei allen Menschen­

arten konsequent, entw ickelt sich nach dem Gesetz der psycho­

logischen E volution, kann daher fü r jede gegebene K u ltu rstu fe bestim m t werden, sobald man den psychologischen Zustand derselben kennt. Durchaus falsch is t aber die A nsicht, dass der G ottesbegriff dem Menschen angeboren sei, da die p rim i­

tivsten M enschenarten, wie Australneger, Buschmann und Fuëgianer keine A hnung hiervon haben, auf einer gewissen Stufe der E vo lutio n erscheint aber derselbe als ein durchaus unentbehrlicher H ilfs b e g riff.

Um die Gottesidee einer zukünftigen R eligion zu be­

stimmen, müssen w ir die Elemente der christlichen G ottheit

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m it dem Ergebnis unseres positiven Wissens und dem höchsten uns bekannten G ottesbegriff vergleichen, und hieraus die typische Form derselben ableiten. W ir haben die Bestandteile der christlichen G ottheit ziem lich eingehend untersucht, können uns daher m it dem Ergebnis jener Untersuchungen begnügen, ohne von A nfang beginnen zu müssen. In der T iiade der k irch ­ lichen Dogmen prädom iniert unstreitig das anthropomorphe Element. D er transzendentale L ic h tg o tt der A lexandriner wurde allm ählich m it Jehovah id e n tifizie rt und als individuelle Potenz dargestellt, trotz einiger A ttrib u te , wie der A llm acht, Allw issenheit, E w igkeit, U nveränderlichkeit u, s. w., die er noch aus jener spekulativen Periode beibehielt, und die sowohl seinem anthropomorphen W esen, als seiner w illkü rlich e n A k tio n w iderspricht. Schon die d e fin itive und w illk ü r­

liche Schöpfung aus N ichts korrespondiert einer in d i­

viduellen G ew alt, w iderspricht also einer absoluten G ottheit sowohl, als dem Naturgesetz. W ir wissen, dass die Formen entstehen und vergehen, dass die höheren Tierarten und der Mensch erst sehr spät erscheinen und dass ihre Form en sich immer verändern. W enn w ir ferner jene M illio n e n von Sonnen­

systemen betrachten, die den H im m el beleben, so muss uns die U nm öglichkeit einer derart zersplitterten göttlichen Thätig- keit, die alle vergänglichen Formen nach einem im Voraus festgesetzen Plane erschafft, und sich um die Interessen so unbedeutender W esen, wie der irdische Mensch is t, speziell bekümmert, auf den ersten B lic k einleuchten. In jenem T e il der N atur, den w ir m it unserem heutigen W issen erkennen, is t kein P latz fü r eine individuelle und w illk ü rlic h e T hätigkeit.

H ie r geschieht alles automatisch, nach ewigen Gesetzen. A lles ist die W irkun g unabänderlicher und ewiger K rä fte , deren ver­

schiedene Kreuzungen, als sie die M aterie durchdringen, die M an nig fa ltig ke it der Formen spontan erzeugen. A ls der Mensch die Ursache der meisten Naturerscheinungen noch nicht kannte, erschienen ihm die kom plizierteren derselben als

1*

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W under, daher supponierte er eine unberechenbare, w illkü rlich e M acht, welche dieselben hervorbringt. Heute kennen w ir die Ursachen der meisten physischen Erscheinungen, daher kommen solche angebliche W under zumeist nur auf dem noch nicht gründlich erforschten übersinnlichen oder geistigen Gebiete vor, daher ist auch die T hä tigke it Gottes auf dasselbe beschränkt.

W ir erkennen jedoch allm ählich auch hier das W alten ewiger Gesetze, die jenen der physischen N atur vollkom m en analog, ja m it denselben identisch sind. W ir überzeugen uns a ll­

m ählich, dass auch die Erscheinungen des geistigen Lebens nur Konsequenzen ganz allgemeiner, in der physischen und psychischen Sphäre vollkom m en identischer Gesetze sind.

A uch hier verschwändet also die W illk ü r, und die N atur­

notw endigkeit nim m t ihre Stelle ein, eine solche jedoch, welche durch geistig-sittliche Anstrengungen bis zu einem ge­

wissen Grad ebenso m odifiziert werden kann, wie viele N atur­

krä fte in der m ateriellen W e lt. Das Gesetz is t ewig und un­

abänderlich, ihre W irkungen sind aber veränderlich und m odifizierbar. D er W irkungskreis einer w illkü rlich e n M acht is t hierdurch gänzlich aufgehoben, die Existenz eines Individualgottes, der alles w illk ü rlic h erschafft und regiert, die Menschen nach G utdünken belohnt und bestraft, un­

möglich.

D er trotz seiner Irrtü m e r doch immer fortschreitende menschliche Geist kann an einem solchen G ott und an eine solche göttliche T hätigkeit nicht mehr glauben, da er in allem und jedem n ur die W irku n g ewiger Gesetze und K rä fte entdeckt, solche aber auch eine ganz allgemeine Ursache, eine alles durch­

dringende, einheitliche Z e n tra lkra ft bedingen. N u r diese einheit­

liche Q uelle einer unveränderlichen, in ihrer ewigen T hä tigke it die ganze Masse der M aterie durchdringenden und selbst- thätig gestaltenden K ra ft kann bei dem heutigen Zustand des Geistes und des Wissens als W eltseele oder G ottheit ange­

nommen werden.

(15)

Trotzdem die grosse Masse der Menschheit eine so ab­

strakte und absolute Gottesidee noch nicht begreifen kann, daher unbedingt m aterialisieren muss, kann doch keine Re­

lig io n bestehen, die auf dem P rinzip einer individuellen G ott­

heit beruht, w eil der Glaube durch die Gebildeteren sanktio­

n ie rt oder zerstört w ird, die hierdurch auch den Glauben der Massen beeinflussen. Unsere Kenntnisse widersprechen jener archaischen Anschauung derart, dass dieselbe n ich t mehr vor der K r itik bestehen kann, und selbst im F a lle die unteren Schichten daran noch felsenfest glauben, kann ein derartiger Glaube der geistigen E vo lutio n nichts mehr nützen, da jene Schichten, welche stets die Führung übernehmen, nicht mehr daran glauben, daher auch n ich t die R ichtung der E volution angeben könnten. D ie Idee eines Individualgottes ist eine in der Philosophie längst widerlegte Thatsache, kann daher nicht mehr als absolute W ahrheit gelten.

Etwas anders verhält es sich m it dem emanatistischen P rinzip im christlichen G ottesbegriff. Diese Theorie gehört, wie w ir gesehen haben, einer etwas höheren Kathegorie an, bedingt aber auch eine präm editierte, w illk ü rlic h e A k tio n der G ottheit, was sowohl dem Wesen des Absoluten, als unseren heutigen Kenntnissen über die W eltentstehung entschieden widerspricht.

D ie Präexistenz der Idee, die sich m aterialisiert, als sie in die Erscheinungswelt h e re in tritt, is t der K e rn dieser Lehre, die un­

gefähr der platonischen Idee entspricht und aus welcher die Lehre von Christus und dem heiligen Geiste fliesst. A ls die K irche die G ottheit C hristi hervorhob, war die W e lt­

anschauung im allgemeinen eine emanatistische, besonders in der Gnosis, aus welcher die Christologie und die Trinitätslehre hervorging. A ls aber die jüdische Denkungsart allm ählich mehr hervortrat, widersprach diese A n sicht dem individuellen P rin zip , der K am pf der griechisch-emanatistischen und der jüdisch-individualistischen Prinzipien brachte eine ungeheuere Zahl von Häresien hervor, bis endlich im Symbolum nicäanum,

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dem Homousios und der Lehre von der ewigen Zeugung C hristi und des Paraklet, der Individualism us endgültig siegt. H ie r­

durch wurde der W iderspruch der individ ue llen G ottheit und der progressiven Seelenlebre, also des Stabilism us, der Em a­

nation und teilweise der geistigen E vo lutio n dogmatisiert, und trägt zum grossen T e il die Schuld an dem Unglauben unserer Zeit.

D ie emanatistische Lehre is t in ihrer ältesten Form als demiurgische Schöpfung sehr a lt, stammt noch aus dem U r- magismus, überging dann in die R eligion der Assyrer und Phönizier, teilweise auch in den Mosaismus, wo dieselbe aber allm ählich mehr den C harakter eines individuellen Schöpfungs­

aktes annahm. E ine eigentümliche Auffassung der G ottheit lie g t dieser Lehre zu Grunde, näm lich eine von oben nach unten emanierende P ersonifikation der Naturerscheinungen, die dann eine in C yklen geteilte H yerarchie und den ersten A n fa ng einer pantheistischen W eltanschauung bilden. A lle Semiten nahmen die C yklusgötter der M agier an, die Triade der Phö­

nizier bestand aus E l, Baal oder B aaltis und A donis, diese übernahm Moses, und seine Triade besteht nach der Sub­

stitu tio n von Jehovah aus E l, Jehovah und Adonis. A lle Semiten waren also zur Annahme der demiurgischen Schöpfung und der G öttertriaden geneigt, wie es die V erbreitung der babylonischen Theosophie, die sich aus dieser Grundidee ent­

w ickelt hat, in der vorchristlichen Z eit deutlich beweist. Sogar die spekulativen Griechen konnten sich ihrem E influss nicht entziehen. Aus dieser Lehrm einung is t der Sabäismus und später die Gnosis entstanden, und gewann, als die nach Westen gedrungene buddhistische Lehre aus M angel an Verständnis pervertiert wurde, auch in der K irche die Oberhand. A lle Bestrebungen wurden daher auf die H erstellung der christ­

lichen Triade gerichtet, Christus als erste Em anation zur G ott­

heit erhoben und zur Ergänzung der D reiheit das Pneuma hagion herbeigeholt. So wurde der G öttercyklus der A lte n

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von seiner alten Grundlage, von Sonne, M ond und Erde oder von H im m el, Erde und U nterw elt in eine mehr geistige, aber auch mehr anthropom orph-individuelle Form übertragen. Ob­

zwar diese G ötterlehre mehr zusammenfassende oder spekulative K ra ft bedingt als die Konzeption einer L oka lg otth eit, w eil sie einen gewissen Zusammenhang des Weltgebäudes bedingt, steht sie doch auf einer sehr niederen S tufe, w eil sie eine Teilung der einheitlichen K ra ft und eine Begrenzung der göttlichen W esenheit voraussetzt, die einer vorgeschrittenen philosophischen D enkungsart sowohl, als unserer heutigen W issenschaft wider­

spricht, welche überall die A k tio n derselben einheitlichen K ra ft wahrnim m t.

W ir wissen heute, dass der H im m el hohl, die Atm os­

phäre blosse L u ft, die Erde eine A nhäufung von Rohmaterie, desgleichen die Planeten, und die Sonne ein noch brennender H im m elskörper ist, die auf das gesamte irdische Leben wohl einen allgemeinen, nicht aber auf den einzelnen Menschen einen w illkü rlich e n E influss ausüben können. Darum ist sowohl die alte magische, als die mehr g eistig-individuelle Triade des Christentumes m it unserem heutigen Bewusstsein unvereinbar. W ozu die Spaltung der E in h e it in Personen, wozu die demiurgische A ktio n , wozu die dualistischen Speku­

lationen der Gnosis und der H äretiker? N ur, um die aus der falschen A nsicht, dass die geistige K ra ft n ich t auf die M aterie w irken kann, entstandenen, also selbst gemachten Schwierig­

keiten zu beseitigen, die durch die Annahme einer alles durch­

dringenden Z e n tra lkra ft von selbst wegfallen, und hierdurch das grosse W elträtsel bedeutend vereinfachen. D ie absolute Trennung von G eist und M aterie erzeugt den Dualism us, dieser bedingt, als V e rm ittle r zwischen G ott und Erscheinungswelt, den Demiurgos und die H yerarchie der Engel und Erzengel, d. h.

eine ganze Reihe halb geistiger, halb m aterieller Wesen. Dieser Gedankengang hat auch das Paradoxon der göttlichen E inheit, das sich seinem Wesen nach in eine D reiheit zerspaltet, in

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der christlichen Lehre hervorgebracht. Bei der monistischen W eltanschauung fa lle n alle diese K om plikationen von selbst weg, der Geist oder die absolute Z e n tra lkra ft w irk t auf die inerte M aterie direkt, durchdringt und belebt diese, giebt ihrer E n tfa ltu n g den ersten Anstoss und jene unwandelbaren Ge­

setze, die alle Form en und Lebensbedingungen spontan er­

zeugen. D ann sind Dem iurgos, Dämonen und verm ittelnde Geister sowohl, als der vorgefasste P lan, die E rlösung und das letzte G ericht überflüssig. A lle s geht seinen geregelten Gang nach jenem ewigen Gesetz, und in der Erscheinungswelt kann n ur der menschliche Geist, als das uns einzig bekannte, selbstthätige und bewusste Aktionszentrum , diese Kausalreihen innerhalb gewisser Grenzen w illk ü rlic h m odifizieren, d. h. seine eigene E volution befördern und hierdurch sein Schicksal kon­

trollieren. A lle obigen Hilfshypothesen, alle V e rm ittle r zwischen A llg e is t und konkreter K re atu r sind in diesem F a lle über­

flüssig, die einheitliche K ra ft der G ottheit w iik t ungeteilt und unbegrenzt, in ewiger G leichartigkeit. D ie C yklusgötter, der Demiurgos, die heruntersteigende Geisterhyerarchie, die Teilung der göttlichen E in he it der emanatistischen Lehre widersprechen unserem W issen und dem Gesetz unseres Denkens derart, dass w ir diese n ich t mehr begreifen, daher auch n ich t glauben können, und zwar hauptsächlich darum, w eil sich uns eine vie l einfachere Lösung des grossen W eltproblem s darbietet, wenn

■wir n ur die Konsequenzen der E volutionslehre logisch ableiten und etwas allgem einer anwenden wollen.

Das d ritte Elem ent der christlichen Gottesidee is t die durch die progressive geistige E vo lutio n bedingte absolute G ottheit, die Weltseele, der L ic h tg o tt der P latoniker, das L ic h t- plerom der Gnosis, der m it den A ttrib u te n der E inheit, U n ­ endlichkeit und A llm a c h t ausgestattet ist. W enn w ir das Wesen dieses F aktors untersuchen, so sehen w ir zwar, dass die Idee der geistigen E v o lu tio n , eines der H auptkorolarien einer absoluten G ottheit, dam it verbunden is t, dass es aber

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doch n ich t als der alleinige U rgrund auf gefasst, dass ihm im Gegenteil eine ganze Menge dualistischer und individualistischer, also beschränkender und begrenzender B egriffe anhaften. Der L ic h tw e lt w ird die D unkelw elt, der G ottheit Satan als nahezu ebenbürtige M acht, der geistigen Vervollkom m nung eine emana- tistische oder gar w illk ü rlic h e Schöpfung und die Theorie des göttlichen Ursprungs und der Präexistenz der Seelen gegenüber­

gestellt, und hierdurch das P rinzip zerstört. D ie Lehre ver­

w ickelt sich hierdurch in W idersprüche, da der absolute G ott kein anderes P rin zip neben sich dulden, keine Spaltung oder Individualdifferenzierung seiner W esenheit zugeben kann. Daher kann neben dem allm ächtigen G o tt keine satanische M acht bestehen, daher auch keine E rlösung aus dessen G ewalt statt­

finden, dem göttlichen Gesetz kein Naturgesetz gegenübergestellt werden. Gottesgesetz und Naturgesetz is t ein und dasselbe, nichts kann absolut böse oder G ott m issfällig sein. N u r die menschliche T hat kann re la tiv böse w irken, wenn er vermöge seines freien W illens gegen jene ewigen Gesetze handelt. Sonst is t die Idee einer allgemeinen G ottheit unm öglich, das System geratet in unlösbare W idersprüche und ve rw irrt den mensch­

lichen Geist in seiner ewigen Forschung nach W ahrheit. W ir können also kein anderes Z iel haben, als das Vorhandene zu erkennen, die Gesetze desselben zu erforschen und unser Leben nach denselben einzurichten, um unser Z iel zu erreichen. Jede selbstgeschaffene Theorie, alles, was m it der N atur, der einzig sichtbaren O ffenbarung Gottes im W iderspruch steht, is t falsch und fü h rt auf Irrwege.

Jene Verworrenheit der christlichen Theorie, die oben an­

geführten, verschiedenen Gedankenelemente und P rinzipien ver­

einigen w ill, ist die Konsequenz der geringen spekulativen Be­

gabung und der M acht der T radition. D ie absolute Gottesidee und das E volutionsprinzip, wenigstens bezüglich des Geistes, war in der indischen W eltanschauung logischer und klarer aus­

gedrückt. A ls diese aber in die Hände der verschiedenen, zum

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grössten T e il sehr sinnlichen W estländer gelangte, die daraus die Theorie des Christentumes kom binierten, wurde die logische K la rh e it derselben getrübt, ihre P rinzipien m aterialisiert, m it der alten T radition vieler V ö lk e r verm ischt, so dass der logische A ufbau derselben sofort zerfiel. D ie geringe spekulative Be­

gabung der W estländer konnte dem Gedankengang der indischen Lehre n ich t folgen, daher die V erw irrung der P rinzipien und der W iderspruch, der unseren Glauben erschüttert. N icht, als ob w ir einer höheren Konzeption der Gottesidee fähig wären, als jener, die dem christlichen Gottesbewusstsein zu Grunde lie g t und sich in manchem göttlichen A ttrib u t dokum entiert, aber w eil es durch viele prim itivere B egriffe verunreinigt, sich in W idersprüche verw ickelt.

W ir sehen also, dass die christlichen Dogmen, trotzdem sie viele solche Elemente enthalten, die unserem geistigen Zu­

stand entsprechen könnten, wegen vielfacher Trübung doch nicht als Leitfaden fü r unsere geistige E volution und E rkenntnis dienen, daher auch keinen festen Glauben finden können, dem­

zufolge zum M aterialism us und zum V e rfa ll unserer K u ltu r führen müssen, weil m an, statt den enthaltenen K e rn der W ahrheit weiter auszubilden, aus U nfähigkeit, Verrohung, Eigen­

nutz und Herrschsucht a lle rle i veraltete Lehren dam it verband, die logische E in he it zerstörte und durch den starren Dog­

matismus und die Orthodoxie sie sogar ihrer E volutionsfähig­

k e it beraubte.

D ie Frage is t nun die, wie soll ein solcher G ottesbegriff fo rm u lie rt werden, der sowohl unserem W issen, als dem Gesetz logischer Gedankenbildung, der R ealität der Erscheinungswelt und unseren in tu itive n Ahnungen entspricht, daher fü r eine längere Z eit unserer Spekulation als Grundidee dienen, unsere geistige E volution befördern und unser geistig-sittliches G leich­

gewicht sichern könnte? Es ist also vom G rundbegriff der R eligion und der philosophischen W eltanschauung die Rede, von dessen relativer R ich tig ke it alles andere abhängt, weil alle

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anderen Glaubenssätze aus demselben logisch hervorgehen müssen. W ie G ott ist, kann kein Mensch wissen, w eil uns das Absolute stets verborgen bleibt. A ls objektive R ealität können w ir ihn also auch n ich t konzipieren. G ott, als U rgrund alles Seienden, is t uns aber zur E rkenntnis des W e lta lls ein unentbehrlicher B e griff, w eil w ir den A nfang und das Ende, die anfängliche Energie des mächtigen Lebensprozesses ohne einer derartigen Z e n tra lkra ft oder W eltenergie durchaus nicht vorstellen können. W enn w ir die K a usa lität von S ch ritt zu S ch ritt verfolgen, gelangen w ir zu einem P unkt, wo die uns bekannten Ursachen aufhören und w ir eine allgemeine trans­

zendentale Ursache annehmen müssen. D a w ir an Personifi­

kationen der N aturkräfte, an dualistische Dämone oder anthro- pomorphe Spezialgötter nicht mehr glauben können, da w ir in der ganzen N atur die W irkungen identischer Gesetze be­

obachten, müssen w ir eine einheitliche Endursache, d. h. eine absolute G ottheit als den Anfangsgrund des W e lta lls annehmen.

W e il w ir überall die W irku n g einer ewigen, alles durchdringenden und belebenden K ra ft beobachten, muss auch deren Quelle oder Ursache eine ewige, einheitliche und absolute sein. Diese Endursache is t fü r uns das grosse Unbekannte, das w ir als G ott bezeichnen können, sonst begegnen w ir selbst in der kos­

mischen A k tio n lauter bekannten physischen K rä fte n, die w ir messen und berechnen können. N u r der U rgrund des W e lt­

alls, die alles bewegende Z en tralkraft, die den ersten Anstoss zu a lle r Bewegung giebt, is t unbekannt, dieser ist der archi­

medische P u n kt des W elträtsels, n ur dieser kann heute noch als G ottheit angenommen werden.

Dieser U rgrund oder die G ottheit kann heute ebensowenig, als in der Z u ku n ft erforscht oder unm ittelbar geschaut werden.

W ie immer sich die geistige K ra ft in der Z u ku n ft entwickeln, wie w eit immer das telepatische Schauen in Raum und Z eit hineinblicken mag, werden konkrete, also begrenztes Wesen, niemals das U nendliche schauen oder begreifen können. Doch

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giebt es auch in der Erscheinungs- und Ideenw elt E ntitäten, deren Wesen w ir n ich t kennen und begreifen, daher auch ihre Existenz und ihre N atur n ur auf indirektem Wege aus ihren W irkungen erkennen und beweisen können. So is t es auch m it der G ottheit, es fehlen uns die M itte l zu ihrer Erkenntnis, doch lie g t das ungeheuere Gebiet ih re r W irkungen offen vor uns, und w ir erkennen successive das Gesetz ihrer A k tio n mehr und mehr. Diese Gesetze zeigen uns das einheitliche P rinzip ihrer A k tio n , diese lassen uns seine ungeheuere Grösse und A ll­

gegenwart erkennen. Dieser einzig möglichen, m ittelbaren E r­

kenntnis Gottes war bis je tzt hauptsächlich die irrige Trennung von Gottesgesetz und Naturgesetz hinderlich. D a es nur einen G ott, eine Weltseele oder eine Z e n tra lkra ft geben kann, können eben auch n ich t zweierlei Gesetze vorhanden sein, und das Naturgesetz is t m it dem Gottesgesecz notw endigerw eise identisch.

N u r die K u rzsichtigkeit des Menschen hat zwischen beiden einen W iderspruch erkennen wollen, der in der W irk lic h k e it nicht vorhanden sein kann, weil dann neben G ott die N a tu r als eine ebenbürtige M acht bestehen und die A llm a ch t und U nendlich­

k e it Gottes zerstören würde. D er Mensch hat diese grosse H arm onie des W e lta lls nie verstehen wollen, und hat in seinem Eigendünkel das falsche P rinzip des Guten und Bösen und der zweierlei Gesetze aufgestellt, bloss weil manche Erscheinungen der physischen W e lt ihm subjektiv nachteilig erschienen, kurz, w eil er das W e lta ll aus einem engen, subjektiven S tandpunkt beurteilt, und alles, was ihm m issfiel, einer bösen M acht, dem G o tt gegenübergestellten Dämon der Sinneswelt zuschrieb. Es is t was da ist, w eil es eben n ich t anders sein kann, denn alles is t das P rodukt des einen und ewigen Prinzips, darum auch notwendigerweise gut. Es steht dem Menschen n ich t zu, die W eltordnung, die A k tio n der G ottheit zu b e kritte ln oder dieser eine w illk ü rlic h erfundene substituieren zu wollen, er muss nur trachten, dieselbe so w eit als m öglich zu erkennen, sich ih r an­

zupassen, dam it er seinen B eruf e rfü lle n , m it sich und

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seiner Umgebung in Harm onie bleiben und relativ glücklich sein kann.

W as uns die offen vor unseren Augen liegende grosse N atur durch unsere sinnliche E rke nn tnis, E rfa hrun g , Ge­

dächtnis, In d u ktio n , Generalisation und K la ssifika tio n der E r­

scheinungen, durch D eduktion, Synthese und in tu itiv e Ahnungen verkündet, zeigt alles darauf hin, dass es nur eine einheitliche K ra ft giebt, die alles durchdringt, erschafft und ordnet und keine andere neben sich duldet. D ie scheinbaren W idersprüche sind nur Kreuzungen der Kausalreihen, die das allgemeine Gesetz nicht stören oder verändern können, und erscheinen uns in manchen F ä lle n nur darum so w ichtig, w eil sie z u fä llig unsere subjektive Sphäre berühren. D er Mensch v e rfä llt zumeist in den Fehler, dass er eine entdeckte W ahrheit als etwas A b ­

solutes betrachtet, darum eher geneigt ist, alle Erscheinungen, die derselben zu widersprechen scheinen, als W under oder als die A k tio n w idernatürlicher, w illk ü rlic h e r Gewalten anzuerkennen, als seine Ansichten jenen Thatsachen entsprechend zu m odifi­

zieren. E r stört lieber die W eltordnung als seine Dogmen.

D ie Geschichte der geistigen E volution lie fe rt uns die treffendsten Beweise, dass der Mensch noch niemals die ab­

solute W ahrheit gefunden, dass sich seine, lange Z eit hindurch fü r Grundwahrheiten gehaltenen Vorstellungen verändern und dem Ergebnis der fortschreitenden E rkenntnis anpassen müssen, n ur um sich im Laufe der Z eit abermals zu verändern. Dies zeigt deutlich genug, dass er n ur die seinem geistigen E volutions­

zustand entsprechende relative W ahrheit, n ich t aber die reale W irk lic h k e it finden und verstehen kann. Diese relative W ahr­

heit kann nur solange bestehen, bis sie n ich t m it Thatsachen im W iderspruch ist, sonst w ird sie zum Aberglauben, der den geistigen F o rtsch ritt und die E rkenntnis n ur hindern kann.

D a w ir uns G ott und die N atur n ur insofern getrennt vorstellen können, als diese das Ergebnis des ersteren ist, darum schliesst der heutige Zustand unserer E rkenntnis jedes W under, alles

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W idernatürliche aus, G ott und N atur können niemals in W ider­

spruch geraten. W ürde G ott etwas Ü bernatürliches thun, müsste er m it seinem eigenen P rinzip, das sich im Gesetz der E r­

scheinungswelt offenbart, in K o llis io n kommen. Ebenso kann die N a tu r niemals etwas dem göttlichen Gesetz W idersprechen­

des hervorbringen, weil dieses Gesetz ih r Lebensprinzip, die in ih r wirkende göttliche K ra ft ist. Demzufolge sind alle W under nur uns unverständliche, aber durchaus natürliche Erscheinungen, und unsere Anschauungen müssen m it jenen Thatsachen der Erscheinungswelt übereinstimmen, die als Ergebnisse der gött­

lichen K ra ft uns dessen Prinzipien offenbaren. Eben darum dürfen w ir auch keine starren Dogmen annehmen, die unsere freie G eistesthätigkeit beschränken, weil solche nur einen relativen W e rt haben und bei einigem F o rtsch ritt des Wissens uns un­

bedingt m it G o tt und N a tu r in W idersprüche verw ickeln müssen.

Desgleichen dürfen w ir auch nichts Ü bernatürliches anerkennen, w eil dies dem Aberglauben Thor und T h ü r ö ffn e t, dieser wiederum den F o rtsch ritt unserer E rkenntnis hem mt, ausser­

dem eine Im pie tät invo lvie rt, da es G ott einer Inkonsequenz beschuldigt.

Obgleich es nichts Übernatürliches geben kann, giebt es eine U nzahl übersinnlicher, uns unverständlicher und unserem empyrischen W issen widersprechender Erscheinungen, deren Kausalnexus zu erforschen w ir bestrebt sein müssen, um unsere E rkenntnis Gottes und der N a tu r zu erweitern und unser Be­

nehmen diesen anzupassen.

* *

*

D ie indirekte Bestimmung der W esenheit Gottes w ird aus der Theorie des Seins und W erdens v ie l deutlicher hervorheben, w eil w ir dasselbe n ur aus seinen W irkungen erkennen. H ie r müssen w ir uns auf die Feststellung dessen beschränken, wie

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die E volution des Gottesbegriffes erfolgt, welche Stufe es er­

reicht, wie es sich elim in a tiv geklärt hat, in welcher Form es unserem heutigen Denken annehmbar erscheinen kann, und das Ergebnis dieser Erörterungen in einer D e fin itio n zusammen- zufassen.

Bis je tzt haben w ir die Gottesidee des Christentumes analysiert, nun müssen w ir diese Untersuchung aus einem ganz freien und objektiven Standpunkt ohne R ücksicht auf die be­

stehenden Anschauungen fortsetzen. Aus unseren Erörterungen geht es ganz deutlich hervor, dass sich die Gottesidee m it der E volution des Seelenorgans p arallel entw ickelt hat, also von dieser abhängt, daher auch keine objektive R ealität, sondern die subjektive V orstellung einer unbekannten Potenz ist, deren W irkungen w ir aber teilweise kennen, daher auch einigermassen auf ihre W esenheit schliessen können. Diese Schlüsse aus der W irku n g auf die W esenheit der G ottheit oder der unbekannten Ursache bilden die S tufenleiter der Gottesvorstellungen. A n ­ fangs sucht der rohsinnliche Mensch nur m aterielle, später, als er die Gründe der konkreten Erscheinungen successive kennen lernt, immer allgemeinere Ursachen. Demzufolge erhebt sich die Gottesidee von der konkret-m ateriellen Form der Fetische, Totengötter, anthropomorpher Wesen u. s. w. zur abstrakten, d. h. geistigen Form der U niversalgottheit oder W eltseele, also zum reinen P rinzip oder zur geistigen Potenz. Das allgemeine Entwickelungsgesetz dieses Begriffes is t also die allm ähliche Vergeistigung oder A bstraktion desselben. Je mehr man das­

selbe von m ateriellen, zufälligen, konkreten, w illkü rlich e n und subjektiven Elementen befreien kann, umsomehr w ird es der, durch die ungeheuere Geistesarbeit der K u lture volutio n fest- gestellten W ahrheit entsprechen. N u r das Allgem eine und A b ­ solute kann den B e g riff einer einzigen Endursache decken, das K onkrete und Spezielle muss zu unlöslichen W idersprüchen führen, da die absolute und unendliche A k tio n der N atur eine absolute K ra ft bedingt. D er Mensch kann sich eine geistige

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Potenz bis zu einem sehr vorgeschrittenen Evolutionszustand n ur nach seinem eigenen V o rb ild , also nur in anthropomorpher G estalt vorstellen. D erartige V orstellungen sind aber m it dem B e g riff einer ewigen und unbegrenzten K ra ft und ihrer gleich­

fa lls unendlichen A k tio n in eklatantem W iderspruch. Darum sind alle jenen Gottesvorstellungen, wo von konkreter Form , begrenzter In d ivid u a litä t, Teilung der K ra ft und w illk ü rlic h e r A k tio n die Bede ist, m it sich selbst im W iderspruch, zerstören die E in h e it und das absolute P rinzip, des Urgrundes oder der W eltseele, und vereiteln jede halbwegs befriedigende Lösung des W elträtsels.

A lle diese K om plikationen und sich selbst widersprechen­

den Trugschlüsse bezüglich der G ottesvorstellung stammen zu­

meist aus jenem Irrtu m , dass der Mensch die K örperw elt und den G eist als sich absolut widersprechende E n titä ten betrachtet und gegenüberstellt, die sich n ich t einmal berühren und durch­

aus n ich t aufeinander w irken können. U m die hierdurch ent­

standene K lu ft des dualistischen Irrtu m s auszufüllen und den Zusammenhang des W e lta lls zu sichern, haben die verschiedenen philosophischen und Beligionssysteme die verschiedensten und kom pliziertesten Hypothesen aufgestellt, d. h. den Dualism us bis zum Äussersten ausgebildet, und hierzu a ll die Demiurgen, Dämone, Emanationen, Äonen, Archonten u. s. w. erfunden.

Sobald man aber ein einheitliches Grundelem ent annim m t und den Geist n ur als einen verschiedenen Stofflichkeitszustand des­

selben betrachtet, fa lle n diese K om plikationen von selbst weg, die V erw irrung k lä rt sich, das B ild des Weltgebäudes w ird ver­

ständlich und unser eigenes Z iel tr itt deutlicher hervor. D er menschliche G eist kann sich aber n ur auf einer gewissen Stufe spekulativer Schulung, von der chaotischen V erw irrung dua­

listischer Theorien zum einfachen Monismus erheben, indem er den B a lla st falscher Traditionen und H ilfs b e g riffe vernichtet und die ungeheueren Kausalreihen des Seins ohne V orurteile

überblickt.

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D ie A usbildung der Gottesidee hat ihren H öhepunkt un­

streitig in der indischen Philosophie erreicht. D er Athm an oder Parabrahm der Vedantalehre, das Puruscha der Sankhja oder der Adhiboddha der Buddhisten, kommen der absoluten E inheit, einer ewigen Z e n tra lk ra ft oder W eltseele am nächsten. Doch w irk t selbst hier noch die dualistische Auffassung von Geist und M aterie störend, so zwar, dass die Vedanta C akti und P ra k riti, die Sankhja P ra k riti und Lingham oder den U rle ib als verm ittelnde Potenzen annehmen und hierdurch die K la rh e it des P rinzips trüben muss. Das Swabhävä oder die W e lt­

ordnung der Buddhisten kom m t der spontanen E volution, der einm al in Bewegung gebrachten M aterie noch am nächsten.

Swabhävä is t die m it In te llige nz begabte und alles durch­

dringende W esenheit, welche sogar jenen intellig en te n und un­

endlichen Baum = Akagas in sich fasst, aus welchem sich alle Wesen nach dem Gesetz spontan entfalten. A ls diese Wesen die menschliche Stufe der E vo lutio n erreichen, erlangen sie die F ähigkeit, durch eine bewusste und fre iw illig e T hätig- k e it N irvana, d. h. die höchste Stufe der V ollkom m enheit und des Glückes zu erreichen. W enngleich im Buddhismus das P rinzip einer absoluten Z e n tra lkra ft und als deren logischen Konsequenz der spontanen E n tfa ltu n g der M aterie deutlich ausgedrückt ist, w ird dasselbe durch dialektische G riffe und ad Absurdum fortgesetzte D eduktionen verdunkelt. Auch hat sich diese Lehre noch durchaus n ich t von der dualistischen A u f­

fassung, von G eist und M aterie befreien können, welche, wie w ir später sehen werden, ihre Sittenlehre störend beeinflusst.

Dieser Dualism us ist in der brahmanischen Philosophie noch vorherrschender, zersplittert die E in he it der W eltseele und bedingt ein zweifaches P rinzip der Entstehung, eine fortgesetzte Schöpfung oder Em anation der Erscheinungswelt und eine progressive E volution des Geistes, also sich absolut widersprechende Prinzipien.

D er G ottesbegriff griechischer Philosophen, selbst Platos und der N eoplatoniker, steht auf einer vie l niedrigeren Stufe,

C z o b e l , Entstehung der Religionsbegriffe, I I . Bd« 2

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als jener der indischen Philosophie, welcher er entlehnt ist, braucht also n ich t berücksichtigt zu werden. D ie indische Philosophie hat also den G ottesbegriff in der durch die Gesamt­

evolution angegebenen R ichtung am weitesten entw ickelt und nahezu die menschenmögliche V ollkom m enheit erreicht. Doch leidet derselbe in der brahmanischen Philosophie noch immer an dualistischen Trugschlüssen; im Buddhismus w ird er hingegen derart su btilisiert, dass er sich von der realen W e lt ablösst, in einem gehaltlosen Nom inalism us ve rflü ch tig t, irreel w ird , zur Negation und zum Pessimismus fü h rt, daher die geistig-sittlichen Bedürfnisse n ich t befriedigen kann. Dem Glauben ist dieser U rgrund zu durchsichtig und im m ateriell, die Wissbegierde be­

frie d ig t er nicht, w eil er der sichtbaren R e a litä t w iderspricht und diese als blosse Täuschung wegräumen w ill. D er Mensch muss eine, wenn auch n ich t m aterielle, aber doch reelle G rund­

lage fü r seine W eltanschauung suchen, sonst flu k tu ie rt der G eist in einem Zustand der U ngew issheit, der leich t zum geistigen N ihilism us führen und ihm alle Stützen berauben kann. Darum war die W irku n g des doch so hoch stehenden Buddhismus a uf die geistige E ntw ickelung der V ö lk e r ein un­

befriedigender. Seit jener Z eit hat die Philosophie des Morgen­

landes keine F ortschritte gemacht, wenn w ir einige als Geheim­

lehre nach Europa gebrachten Bücher abrechnen, deren E ch t­

h e it zwar bezweifelt werden kann, die aber einigen F o rtsch ritt im Denken und in der E rkenntnis des W e lta lls bezeugen, da dieselben eine durchaus monistische G rundlage haben und eine E vo lutio n von der tiefsten bis zur höchsten Stufe der S to fflich ­ k e it annehmen. Doch leiden diese Lehren an der in Indien so allgemeinen U nkenntnis der Erscheinungsw elt, neigen auch zur buddhistischen Negation, die in der Nirvanaidee ku lm in ie rt.

Sie stellen statt dem einheitlichen U rg run d eine unendliche H ie ra rch ie von Geistern a uf, die in einer V o lksre lig ion , deren die Menschheit noch lange bedürfen w ird , die elim inierte Gottesidee wohl ersetzen könnte, aber ohne dieser keinen lo g i­

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sehen Abschluss hat. D er einheitliche U rgrund oder die W e lt­

seele is t die notwendige Grundlage jeder R eligion und jedes philosophischen Systems, ohne welcher dieselben der leitenden Idee entbehren und in Athom e zerfallen müssen. D ie Fehler der sogenannten esoterischen Lehre oder des Geheimbuddhismus sind also: D er M angel eines einheitlichen Prinzips, sodann die U nkenntnis der Erscheinungswelt, die Negation der Materie, die veralteten B egriffe von M aja und N irvana, ihre Neigung zur Negation, ihre W eltentsagung und ih r Pessimismus, die aus der Verachtung des m ateriellen Lebens fliesst. Ih re V o rteile:

D ie logische D urchführung des E volutionsprinzips, die absolute Vereinigung des geistigen und physischen Prinzips, also die Zer­

störung jener Scheidewand, die der E rkenntnis so vieler Jahrhunderte H indernisse gegenüberstellt, die logische D e fin itio n des freien W illens und des geistigen Lebens u, a. m. vereitelt. Doch können w ir auch dieses System n ich t als W ahrheit anerkennen, w eil sie unserem positiven W issen vielfach w iderspricht und auch keine befriedi­

gende E rklä ru n g des grossen Problems geben kann.

W ir müssen noch die athomistische Theorie der Vaigeshika- Lehre erwähnen, welche das W e lta ll aus der V erbindung der Athom e nach mathematischen Proportionen erbauen w ill. Diese Theorie entspricht jener unserer modernen Naturphilosophie, leidet aber auch an demselben M angel, dass sie keinen einheit­

lichen U rgrund dieses Aggregationsprozesses annim m t, gleich­

fa lls n ur die W irku n g mechanischer Gesetze anerkennt und alles Übersinnliche negiert, w eil sie es m it ihren unzu­

reichenden M itte ln n ich t erklären kann. W ir geben gerne zu, dass w ir im W e lta ll n ur die W irku n g der causae efficientes erkennen, n ur sind diese n ich t alle rein m aterieller A rt und folgen in ihrer Gesam taktion einem Gesetz, deren Ursache w ir n ich t kennen oder doch n ich t sinnlich wahrnehmen können.

Jene Ergründung der physikalischen Gesetze, welche indische Athom isten sowohl als unsere modernen Forscher befriedigt, genügt demzufolge n ich t, um das W e lta ll und unsere wahre

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Lage in demselben zu erkennen, darum müssen w ir noch einen U rgrund, eine einheitliche Z en tralkraft, eine W eltseele oder eine G ottheit als die unbekannte Ursache der einheitlichen W irku n g a lle r Naturgesetze annehmen.

Trotz ihrer M ängel und ih re r Negation der G ottheit, die aber als A d h i Boddha oder unter anderen Namen immer wieder erscheint, müssen w ir doch bezüglich seiner theoretischen W e lt­

anschauung dem Buddhismus den ersten P latz zuerkennen.

W enn w ir den A d h i Boddha wie b illig statt G ott substituieren, da sich die Negation eigentlich n ur auf die Individualgötter, auf die Devas der Veden bezieht, dann is t diese W eltanschau­

ung einheitlicher, dem menschlichen Verstand begreiflicher, als die irgend eines anderen Systems. N u r jene neueren Produkte des indischen Geistes, die, wie es scheint, aus der kontem p­

lativen G eistesthätigkeit geheimer Gesellschaften entstanden, nach Europa gedrungen sind, müssen w ir, ihre naturwissenschaft­

lichen Irrfü m e r und die Negation der G ottheit abgerechnet, den Vorzug geben, da sie uns eine noch einfachere Lösung des Problems bieten. Obige Irrtiim e r sind dem indischen Geiste inhärent und stammen aus dem durchaus falschen M ajabegriff, d. h. der ungerechtfertigten Verachtung der Erscheinungsw elt;

ein verhängnisvoller Irrtu m , da diese, als die sichtbare O ffen­

barung verborgener K rä fte der einzige W eg zur E rkenntnis derselben als ihre unm ittelbare W irkun g, das sicherste K enn­

zeichen der Ursache ist. Ih r Atheism us ist eine blosse Negation der Dexas, eine atavistische Schwäche indischer Philosophie, die den G ottesbegriff unter anderen Namen als U rgrund, U rk ra ft oder W eltseele doch n ich t entbehren kann. Es is t also n ur die Negation jener w illkü rlich e n Individualm ächte, die in unserer W eltanschauung keinen P latz haben. Diese Schwächen des Systems, diese Geheimschriften abgerechnet, die dem materia­

listischen Europa jedenfalls einen mächtipen Anstoss zur Spe­

ku la tion gegeben haben, müssen w ir ihrem Vorzug über alle bekannten Systeme anerkennen, woher immer sie stammen mögen.

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So w eit und n ich t weiter is t die E volution der Gottesidee vorgeschritten, doch v e rfä llt selbst diese Lehre in eine zweifache Negation und lässt uns auch noch unbefriedigt. D arum müssen w ir trachten, aus den tausend zersplitterten Elementen der W ahrheit, die in Tausenden von Systemen zerstreut sind, ein befriedigendss R esultat, die pro tempere mögliche subjektive W ahrheit unserer Entwickelungsperiode herauszufinden, d. h. die zusammengehörigen Elemente zusammenzusuchen und in einer logischen Synthese, als einheitliche W eltanschauung, zusammen­

zufassen. D ie uns zugängliche relative W ahrheit ist vorhanden, n ur is t sie zerstreut, eine jede R eligion enthält ein Athom der­

selben. Niemand kann sie w illk ü rlic h erfinden, denn sie hat sich ja allm ählich entw ickelt. Doch kann man diese zusammen­

gehörigen Elemente sammeln, sie von den anhaftenden Irr- tüm ern befreien und zu einem zusammenhängenden System ver­

einigen. Dies mag bei ganz unbefangener Betrachtung, unter der A n le itu n g der als rich tig anerkannten Evolutionslehre, auch dem einfachen D enker gelingen.

Versuchen wir, zu diesem Zweck zuerst die elim inative Methode anzuwenden. U m von Fetischen und Götzen gar n ich t zu reden, is t es uns unm öglich, an die Personifikation der N aturkrä fte oder einzelner Gebiete der N atur, deren w illk ü r­

liche M acht und deren E in fluss auf das Schicksal einzelner Menschen, z. B . an die göttliche M acht der Sonne, der A tm o­

sphäre oder der Erde, d. h. an die alten G öttercyklen oder Triaden zu glauben. W ir wissen, dass alle diese Erscheinungen ganz allgemeinen Gesetzen unterworfen, nur W irkungen und n ich t erste Ursachen sind, dass sie nur automatisch und me­

chanisch, niemals aber bewusst und w illk ü rlic h auf uns und unsere Umgebung w irken, dass sie einem höheren Gesetz der N aturnotw endigkeit gehorchen. W enn die Sonne z. B. der Erde W ärme zu füh rt und ih r hierdurch die K ra ft zur Erzeugung organischer Form en verleiht, is t diese eine rein physische, durch eine höhere Ursache bedingte A ktio n , die sie bewegt und regiert,

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D ie D eifizierung einzelner Teile der N a tu r is t also heute eine durch Thatsachen widerlegte logische U nm öglichkeit, w eil alle Erscheinungen Konsequenzen und n ich t selbstthätige Ursachen, n ich t gesetzgebende Mächte, aber höheren Gesetzen gehorchende und automatisch wirkende Zustände der M aterie sind. D ie G ottheit kann also in der sinnlichen Erscheinungswelt, die nur die m aterielle O ffenbarung der U rk ra ft is t, n ich t gesucht werden.

Demzufolge muss der Sitz dieser U rk ra ft in der über­

sinnlichen W e lt sein, wo die Ursachen der W eltbewegung sein müssen, da w ir in der sinnlichen W e lt nur lauter W irkungen, aber keine selbstthätigen Ursachen entdecken können. W enn w ir uns von der sinnlichen zur übersinnlichen, d. h. geistigen W e lt erheben und dort den B e g riff der ersten Ursache oder der G ottheit feststellen wollen, erscheint es uns gleichfalls un­

m öglich, dass irgend ein in d iv id u e ll begrenztes Wesen oder G eist das ungeheuere W e lta ll regieren und ihm so allgemeine Gesetze verleihen konnte, die von einem P ol bis zum anderen und bis an das Ende der Zeiten in ewiger G leichartigkeit, ohne Rast und ohne Störungen fortw irken.

Eben wegen dieser ewigen G leichartigkeit der in der N a tu r thätigen Gesetze is t auch die Spaltung der sonst als absolut gedachten G ottheit in Personen, die im W e lta ll ver­

schiedene Funktionen verrichten, unzulässig. W ir sehen, dass in der N a tu r alles auf mechanischem Wege spontan entsteht und weiter fu n ktio n ie rt, sobald der erste Anstoss hierzu gegeben ist, daher auch kein F eld fü r die T hä tigke it eines Demiurgos oder w illk ü rlic h e n Schöpfers übrig bleibt. W ir sehen, dass die W irk u n g der ersten Ursache eine ganz unm ittelbare, von einem Ende der W e lt bis zum anderen vollkom m en identische ist, dass alles diesem W ille n oder diesem Gesetz gehorcht und die A k tio n eines anderen W illen s absolut ausschliesst. Eine dä­

monische M acht, ein Demiurgos oder eine Spaltung der G ottheit in C yklen und Triaden, wie auch im Christentume, sind also

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aus der U rzeit herübergebrachte Vorstellungen p rim itive r Denkungsart, die durch garnichts gerechtfertigt erscheinen, weil sie die Beschränkung der absoluten K ra ft, die partielle A u f­

hebung der Gesetze involvieren, die sowohl der unwiderlegbaren L o g ik der Thatsachen, als dem Gesetz logischen Denkens und der in tu itive n Ahnung des menschlichen Geistes widersprechen.

Diese In tu itio n , die in uns unbewusst w irkt, kann jene K om pli­

kationen zumeist beseitigen, die bei der logischen D eduktion aus der ungeheueren Menge der Gedankenelemente entstehen, aus welchen eine grosse Synthese zusammengefügt w ird, und daher das Bewusstsein verw irren. D ie in tu itiv e L o g ik geht gerade auf das E ndresultat los, und giebt, sofern sie n ich t durch vor­

gefasste M einungen, fix ie rte Trugschlüsse und Konventionen verdunkelt w ird, meist richtige oder doch der Evolutionsstufe entsprechende, einheitliche B ilder. Aus dieser Q uelle stammt die schon seit Jahrtausenden vorhandene Ahnung der E in he it des U rgrundes, so der D in g ir der A kkaden, das Fatum der Griechen u. s. w., die der p rim itive und voreingenommene Geist jedoch niemals logisch auszubilden vermochte, daher durch eine U nzahl von H ilfsb e g riffe n m it dem realen W e lta ll zu ver­

binden bestrebt war, welche das Bewusstsein verwirren, welches darum das einfache und reine P rinzip aus dem Auge verliert, diese H ilfs b e g riffe zum Selbstzweck erhebt und das E ndresultat n u r schwer erreichen kann. A lle diese Irrtü m e r und über­

flüssigen H ilfs b e g riffe müssen elim iniert werden, dam it w ir, soweit dies überhaupt m öglich ist, zur E rkenntnis des reinen

P rinzips gelangen.

Es bliebe noch, die Emanationstheorie, unstreitig die höchst ausgebildete dieser H ilfsb e g riffe , zu untersuchen, deren mehr entw ickelte Formen, sofern sie n ich t durch dualistische V o r­

stellungen verdunkelt werden, schon einen einheitlichen A n ­ fangsgrund voraussetzen. D ie Em anation von oben, statt der E vo lutio n von unten liesse sich auf den ersten B lic k theoretisch wohl m it der absoluten Gottesidee, n ich t aber m it jener A k tio n

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des Urgrundes vereinigen, die sich in der ganzen N a tu r so deulich offenbart. W ir sehen in der ganzen N a tu r, soweit unser geistiges Auge re ich t, nirgends eine Veränderung der wirksamen Gesetze, überall w irken sie m it derselben unabänder­

lichen Genauigkeit, so dass w ir nirgends ein Gebiet fü r die F ähigkeit verm ittelnder Potenzen entdecken können. Ausserdem is t die R ichtung der Bewegung sowohl auf dem physischen, als auf dem geistigen Gebiet jener der emanatistischen Theorie direckt entgegengesetzt. W ir sehen, dass sich sowohl die an­

organische, als die organische M aterie und die geistigen K rä fte progressiv entw ickeln und verfeinern. W ir sehen, dass die Form en aus unvollkom m enen Keim en hervorgehen, sich in einer langen Stufenreihe entw ickeln und dann vergehen, um durch vollkommenere ersetzt zu werden. D ie allgemeine R ichtung is t also eine von unten nach oben strebende E volution, bei H im m elskörpern und organischen A rte n sowohl, als beim menschlichen Geist, kurz, auf jedem uns zugänglichen Gebiet der N atur. Es is t daher kein Grund, anzunehmen, dass der Prozess in umgekehrter Reihenfolge stattfindet. D ie A n ­ schauung, dass G ott die V o rbilde r der Erscheinungen in ihrer d efinitiven Form konzipiert, durch demiurgische Potenzen m aterialisiert und diese dann bis ans Ende der Zeiten stationär blieben, is t demzufolge offenbar falsch. D ie Emanationslehre z e rfä llt also vor der K r itik und dem Beweis der Thatsachen und erscheint als blosser H ilfs b e g riff oder Hypothese, die sich der menschliche Geist in seiner jahrtausendelangen Anstrengung, um die W ahrheit zu ergründen, aus einer ganzen Reihe von Konventionen und Irrtüm ern m it einer gewissen Scheinlogik aufgebaut hat. Jene Trugschlüsse, welche zur Entstehung der emanatistischen Lehre beigetragen haben, sind hauptsächlich folgende: D ie Tendenz der p rim itiven Im agination, bei der K la ssifika tio n der Erscheinungen, die durch verschiedene A ttrib u te bezeichneten K lassen, als durchaus verschiedene Kathegorien oder als absolute Gegensätze gegenüberzustellen,

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