B A N K - A R C H I V
Zeitschrift fü r B ank- und Börsenwesen.
X X V I I I . Jahrgang. Berlin, 15. Oktober 1928. Nummer 2.
I n h a l t s - V e r z e i c h n i s .
B ila n z v o rla g e — K re d itk o n tro lle .V o n W i l l y D r e y f u s , B e rlin . K o n ju n k tu rw e n d e u n d B a n k p o litik .
V o n P riv a td o z e n t D r . M e l c h i o r P a l y i , s c h a ftlic h e r B e ir a t d e r D e utsche n B an k, B e rlin .
P riv a tb a n k e n o d e r ö ffe n tlic h e B anken?
V o n D r. A r w e d K o c h , Jena.
G e ric h tlic h e E n ts c h e id u n g e n . w is s e n -
B ü c h e rb e s p re c h u n g e n .
Bilanzvorlage — Kreditkontrolle.
V on W illy D reyius, B e rlin .
Di e E rfa h ru n g e n d e r le tz te n M o n a te haben ge
zeigt, daß selbst b e i ve rh ä ltn is m ä ß ig g u te r K o n ju n k tu r Zusam m enbrüche m it e rh e b lic h e n V e rlu s te n fü r die b e te ilig te n G lä u b ig e r, insbesondere auch fü r die B anken, n ic h t v e rm ie d e n w e rd e n können . U m so größ er e rsch e in t die G e fa h r, daß b e i A u s b ru c h e in e r K ris is noch e m p fin d lic h e re V e rlu s te e in tre te n , w enn n ic h t re c h tz e itig gegen M i ß b r ä u c h e i n d e r K r e d i t i n a n s p r u c h n a h m e V o rso rg e g e tro ffe n w ird .
Es lie g t heute m e h r denn je im Interesse der B anken, die G efahren, die m it je d e r K re d itg e w ä h ru n g u n v e rm e id lic h ve rb u n d e n sind, auf e in M in im u m zu v e rrin g e rn , zum al in D eutschlan d, w o sich die B anken b e i d e r im Lande herrschend en K a p ita la rm u t in einem sehr v ie l größ eren Ausm aße als frü h e r d e r W irts c h a ft zu r V e rfü g u n g ste lle n müssen.
Es s o llte daher von den B anken, um M iß b rä u ch e so w e it als m ö g lich auszuschließen, zum G ru n d sa tz erhoben w e rd e n , b e i G e w ä h ru n g vo n K re d ite n , die n ic h t d u rc h fu n g ib le W e rte g e d e ckt sind, die V o r l a g e d e r B i l a n z zu fo rd e rn . E in e B ila n z ka n n indessen — d a fü r sprechen n ic h t n u r die b e trü b lic h e n E rfa h ru n g e n , die in le tz te r Z e it w ie d e ru m in D e u tsch la n d gem acht w o rd e n sind, sondern auch die G ru n d sätze, die sich im A u s la n d e längst d urchgese tzt haben — n u r dann v o lle n W e r t beanspruchen, w enn sie vo n e in e r unabhängigen un d zuverlässigen S te lle ein e r N a ch p rü fu n g u n te rzo g e n w o rd e n ist. W e lch e B edeutung die se r F rage sp e zie ll in E ngland und A m e rik a beigem essen w ird , d a fü r genügt ein H in w eis auf die E in ric h tu n g d e r c h a rte re d accountants, deren v e rd ie n s tv o lle s W ir k e n m an auch in D e u tsch la n d neuerdings b e i A u fn a h m e v o n A u slä n d sa n le ih e n ke n n e n g e le rn t hat.
F ä lle , in denen m an aus b e stim m te n G rü n d e n die V o rla g e e in e r B ila n z n ic h t fo rd e rn k a n n oder w ill oder in denen d e r K re d itn e h m e r die B ila n z v o rla g e v e rw e ig e rt, w e rd e n indessen in D e u tsch la n d zunächst noch v e rh ä ltn ism ä ß ig z a h lre ic h b le ib e n . W ill man darum u n e rfre u lic h e n U eberraschu ngen in der Z u k u n ft Vorbeugen, so e rsch e in t es geboten, neue E in ric h tu n g e n zu tre ffe n . E ine von den B a n ke n gem ein
sam ins L e b e n zu ru fe n d e K r e d i t k o n t r o l l e d ü rfte das zw eckm äß igste M it t e l sein, um in k u rz e r Z e it p ra k tis c h e R e su lta te zu e rzielen.
Es u n te rlie g t k e in e m Z w e ife l, daß gegen eine solche E in ric h tu n g schw ere B e d e n ke n bestehen; sie kö n n e n d u rc h die S ch la g w o rte „u n n ö tig e M e h r
be la stu n g “ un d „V e rle tz u n g des B ankgeh eim nisses“
k u rz g e ke n n ze ich n e t w e rd e n . U e b e r die M e h r
belastung u n d die d a m it ve rb u n d e n e n K o ste n , die den einzelne n B a n k e n e rw a ch se n können , d ü rfte m an le ic h t h inw egko m m e n, w e n n m an sich v o r A u g e n hä lt, w e lch e R is ik e n auf dem S p iele stehen, denn die erw achsenden K o s te n stehen in k e in e m V e rh ä ltn is zu den V e rlu s te n , die b e i auch n u r e in e r einzigen Z ahlun g se in ste llu n g m ittle re n U m fangs die K r e d it gebende B a n k bedrohe n. S c h w e re r w ie g t das B e denken, daß d u rch eine d e ra rtig e C e n tra ls te lle das P rin z ip des Bankgeheim nisses d u rch b ro ch e n w e rd e n kö n n te . D ie O rg a n is a tio n d e r C e n tra ls te lle muß da h e r so aufgezogen w e rd e n , daß jede n u r d e n kb a re G e w ä h r gegen eine V e rle tz u n g des Bankgeheim nisses gegeben ist.
D ie O rg a n isa tio n der C e n tra ls te lle k ö n n te in fo lg e n d e r A r t a u fgeb aut w e rd e n :
1. D ie C e n tra ls te lle fü r B a n k k re d ite w ir d einem gem einsam en T re u h ä n d e r der S p itz e n verb ä n d e des p riv a te n u n d ö ffe n tlic h e n B ankw esens u n te rs te llt.
2 . Jedes M itg lie d eines jeden die se r S p itz e n verbände so ll g ehalte n sein, d e r C e n tra l
ste lle folgende A n g a b e n zu m achen:
a) N am en un d S itz des K re d itn e h m e rs ; b) Höhe u n d A r t d e r ein g e rä u m te n K re d ite
(e inschließ lich d e r im A u s la n d zu r V e r fügung g e s te llte n R e m b o u rs k re d ite sowie de r re in e n F in a n z k re d ite w ie D is k o n tie ru n g v o n D o m iz ilw e c h s e ln usw.) u n te r B ezeichnung d e r gegebenen S ich e rh e ite n nach A r t u n d Höhe.
A ls u n te rs te G renze fü r zu m eldende K re d ite k ö n n te m an zunächst ein e n n ic h t zu n ie d rig zu bem essenden M in d e s tb e tra g in A u s s ic h t nehm en.
3. Jede p riv a te oder ö ffe n tlic h e B a n k w ird u n te r e in e r C h iffre in den L is te n d e r C e n tra l
s te lle g e fü h rt. U n te r dieser C h iffre
das M itg lie d seine M itte ilu n g e n
tra le m B rie fb o g e n an die C entralste
N am en d e r u n te r d e r C h iffre zeit
B a n k firm e n d ü rfe n le d ig lic h der
18 P a 1 y i , Konjunkturwende und Bankpolitik.
h ände r bzw . d e r vo n diesem m it d e r B e a rb e itu n g b e tra u te n P e rs ö n lic h k e it b e k a n n t sein.
Es sei h ie rb e i a u f die ä h n lich e E in ric h tu n g ve rw ie se n , die d e r E n q u e te - A usschuß angew a ndt hat.
4. D ie C e n tra ls te lle e rric h te t nach A r t e in e r K a rto th e k ein V e rze ich n is d e r in B e tra c h t kom m enden K re d itn e h m e r, in dem u n te r B e zeichnung d e r je w e ilig e n C h iffre die e in zelnen K re d ite a u fg e fü h rt w erden,
5. D ie C e n tra ls te lle m e ld e t a u f A n fo rd e ru n g h in jedem M itg lie d e fo rm u la rm ä ß ig d ie G e sam tsum m e d e r K re d ite , die einem K r e d it- neh m e r von anderen B a n ke n b e re its g e w ä h rt sind, sow ie d ie Z a h l d e r K re d itg e b e r ohne E inzelang aben ü b e r die H öhe d e r K re d ite o d e r die N am en d e r K re d itg e b e r. E in e r U eberlegu ng w ir d die F rage bedürfen , ob ein M itg lie d b e re c h tig t sein soll, die A u ffo rd e ru n g ohne w e ite re s zu ste lle n oder e rst dann, w enn es einen K r e d it ta ts ä c h lic h g e w ä h rt hat. H a t das M itg lie d nunm ehr B edenke n gegen die H öhe d e r zugesagten K re d ite , so s p ric h t es d e r C e n tra ls te lle gegen
ü b e r den W u n sch aus, sich m it den anderen K r e d it gebenden M itg lie d e rn ins Benehm en zu setzen. D ie C e n tra ls te lle le ite t diesen W u n sch u n te r N ennung des den A n tra g ste lle n d e n M itg lie d e s an die in Frage kom m enden B a n ke n w e ite r, die dann ih r e r seits d e r C e n tra ls te lle m itte ile n , ob sie zu d e r gew ünsch ten A u ssp ra ch e b e re it sind.
H ie ra u f v e rs tä n d ig t die C e n tra ls te lle den A n tra g s te lle r, d e r dann seinerseits die w e ite re n S c h ritte in die W ege zu le ite n hat.
V e rä n d e ru n g e n in dem S tand der K re d ite sind a lsb a ld d e r C e n tra ls te lle anzuzeigen.
6 . D ie C e n tra ls te lle h a t sich selbst z u ’’ fin a n z ie re n ; die K o s te n d ü rfte n n ic h t a llz u e rh e b lic h sein. E in Schlüssel fü r ih re A u fb rin g u n g w ir d sich u n sch w e r fin d e n lassen.
D a die S p itze n ve rb ä n d e k e in e n Z w ang a u f ih re M itg lie d e r ausüben können , sich v o rste h e n d e n M a ß nahm en anzuschließen, so w ä re die C e n tra ls te lle a lle rd in g s auf die B e r e itw illig k e it der M itg lie d e r an
gewiesen. Im F a lle sich die m a ß g e b e n d e n p r i
v a te n un d ö ffe n tlic h e n B a n ke n h ie rz u b e re it e rk lä re n , is t jedoch anzunehm en, daß auch die anderen B a n ke n n achfolg en w e rd e n .
E in n ic h t u n w ic h tig e r P u n k t b e d a rf noch be
sonderer E rw ä h n u n g . E in e rh e b lic h e r T e il d e r in s besondere ersten F irm e n g e w ä h rte n K re d ite w ir d vo n ausländischen G eld g e b e rn u n m itte lb a r ohne D a z w is c h e n tre te n und ohne K e n n tn is deu tsch e r B a n k s te lle n g e w ä h rt. D a rin lie g t fü r sie ein erhöhtes G e fa h re n ris ik o , das sie v e rm e id e n k ö n n te n , w e n n sie sich de r V e rm ittlu n g ih re r in lä n d is c h e n B a n k fre u n d e bedienen w ü rd e n . D a diese d ire k te n B eziehungen a b e r nun ein m a l zw isch e n deutschen K re d itn e h m e rn und ausländischen B a n ke n bestehen u n d ih re A u f- hebung in a lle n F a lle n w e d e r m ö g lich noch z w e c k m äßig is t, d ü rfte es sich em pfehlen, auch den aus
ländische n B a n ke n eine B e te ilig u n g an d e r C e n tra l
ste lle zu gew ähren.
Es sei w e ite rh in d a ra u f hingew iesen, daß in anderen W irts c h a fts k re is e n , w ie z. B. b e i den in der
deutschen T u c h k o n v e n tio n zusam m engeschlossenen in lä n d isch e n T u c h fa b rik e n , eine ä h n lich e E in ric h tu n g b e re its b e ste h t un d m it E rfo lg a rb e ite t. Es fin d e n sich a b e r auch im A u sla n d e entsprechende E in ric h tu n g e n ; insbesondere in den V e re in ig te n S taaten vo n A m e rik a sind u n te r de r A e g id e d e r A m e ric a n B ankers A s s o c ia tio n bei den ö rtlic h e n C le a rin g - house-A sso ciations K re d itb ü ro s geschaffen w orden, w e lch e im w e se n tlich e n in d e r oben vorgeschlagenen W eise aufgezogen sind und dem V e rn e h m e n nach zu a llg e m e in e r Z u frie d e n h e it a rb e ite n .
W e n n sich die K o n tro lls te lle im V e rk e h r der B a n ke n u n te re in a n d e r b e w ä h rt, so w ir d m an zu e r
w ägen haben, ob es n ic h t zw e ckm ä ß ig erscheint, auch andere K r e d it gebende K re is e w ie W a re n firm e n , In d u s trie lle usw. an dieser E in ric h tu n g zu b e te ilig e n .
T ro tz a lle r B edenken, die z w e ife llo s gegen die E rric h tu n g e in e r C e n tra ls te lle zu r K re d itk o n tro lle g e lte n d gem acht w e rd e n können, erscheinen b e i sach
lic h e r A b w ä g u n g de r V o rte ile und N a c h te ile e in e r solchen E in ric h tu n g die G rü n d e fü r ih re E rric h tu n g d e ra rt g e w ich tig , daß m an ohne w e ite re n V e rzu g p rü fe n so llte , in w e lc h e r Weise: d ie A u fg a b e p ra k tis c h z u r D u rc h fü h ru n g gelangen kann.
Konjunkturwende und Bankpolitik.
V o n P riv a td o z e n t D r. M e lc h io r P a lyi, w isse n sch a ftlich e r B e ira t de r D eutschen B ank.
I.
A lle k o m p e te n te n K o n ju n k tu rd e u te r sip d sich d a rü b e r einig, daß die deutsche E n tw ic k lu n g in diesem Som m er ih re n H ö h e p u n k t ü b e rs c h ritte n h a tte . F re ilic h lassen sich daraus fü r die W e ite r e n tw ic k lu n g n ic h t ohne w e ite re s F olg e ru n g e n ziehen.
o - i i 6S s*.c^ ^lo ß um ein e n vorüb e rg e h e n d e n R ückschlag, w ie e r in je d e r H ausseperiode e in zu tre te n p fle g t, um b a ld einem neuen A u fs c h w u n g zu w e ich e n ? O d e r sind w ir b e re its in d e r D epression angelangt? U n d w ir d diese eine A r t S ta g n a tio n auf dem e rre ic h te n S tand b e deu ten? O d e r ge h t die le n d e n z in die R ic h tu n g w e ite re r V e rs c h ä rfu n g der Baisse, um v ie lle ic h t sogar fö rm lic h e K ris e n erscheinungen auszulösen? F ü r das F olgende ko m m t es n ic h t auf solche Prognose an; es h a n d e lt sich v ie l
m e h r um eine g ru n d sä tzlich e F ra g e ste llu n g , de r die M ö g l i c h k e i t k ris e n h a fte r E n tw ic k lu n g v ie l
le ic h t einige A k t u a lit ä t v e rle ih e n d ü rfte .
W ie die N a c h k rie g s s itu a tio n D eutschlan ds die A n w e n d u n g h e rk ö m m lic h e r K o n ju n k tu rv o rs te llu n g e n ü b e rh a u p t w e s e n tlic h e rs c h w e rt, so s te h t die augen
b lic k lic h e Lage insbesondere im W id e rs p ru c h zu unseren ü b lic h e n V o rs te llu n g e n vo n d e r z y k lis c h e n R e ihenfo lge d e r Phasen. W ir stehen b e i b e trä c h tlic h zunehm ender Z a h l v o n V e rg le ic h e n , W e c h s e l
p ro te s te n un d Z a h lu n g se in ste llu n g e n (d a ru n te r vo n
solchen, die n ic h t n u r q u a n tita tiv , sondern auch
q u a lita tiv sch w e rw ie g e n ) sow ie b e i r e la tiv v e r
s c h le c h te rte r Lage am A rb e its m a rk t, also b e i la u te r
D e oressionsm e rkm ale n, n ic h t einem sin ke n d e n bzw .
r e la tiv n ie d rig e n , sondern w o m ö g lic h noch steigenden,
je d e n fa lls „ v e r s te ifte n “ k u rz fris tig e n Z inssatz gegen
P a l y i , Konjunkturwende und Bankpolitik. 19
ü b e r1). Diese z e itw e ilig e Z in s e n e n tw ic k lu n g (bei a u ß e ro rd e n tlic h günstigem S tatus d e r R e ich sb a n k!) soll h ie r n ic h t auf ih re tie fe re n U rsachen h in u n te r
sucht w e rd e n . K o n ju n k tu rp o litis c h k ö n n te sie das S ym ptom d e r E n tw ic k lu n g in d e r R ic h tu n g z u r K ris e sein, die in dem A u g e n b lic k e in tr itt, w e n n die K r e d it
v e rte u e ru n g oder gar K re d itv e rw e ig e ru n g b e i den B a n ke n einen b e trä c h tlic h e n T e il des P ro d u k tio n s apparate s sc h le c h th in s tille g t. Sie is t zu g le ich eines der M itte l, die die schm erzhafte N e u v e rte ilu n g der P ro d u k tiv k rä fte u n te r den P ro d u ze n te n h e rb e i
fü h re n und le tz te n Endes fü r die A u sm e rzu n g d e r in d e r vorangehenden Hausse e in g e tre te n e n A usw üchse sorgen: ein G esundungsprozeß, d e r an sich d u rc h aus zu begrüßen is t; la n g fris tig gesehen g e re ic h t er zum V o r te il d e r V o lk s w irts c h a ft als G anzem . A b e r e r b e d e u te t k u rz fris tig einen schm erzhaften und k o stsp ie lig e n A npassungsvorgang, dessen R eibungs
ko s te n v e rm in d e rt, gem äßigt, auf eine längere Z e it v e r te ilt w e rd e n kö n n te n , — b e i einigem guten W ille n u n d v e rn ü n ftig e r Z usam m enarbe it.
W e n n es im Folgende n v e rs u c h t w e rd e n soll, einige g ru n d sä tzlich e G e s ic h ts p u n k te d e r „ K o n ju n k tu r p o litik " a u f dem G e ld m ä rk te selbst zu e r
ö rte rn , so sind da b e i fre ilic h z w e i V o rb e h a lte zu m achen. E in m a l w ir d m an w o h l ka u m aus dem A uge v e rlie re n dürfen, daß die deutsche E n t
w ic k lu n g der le tz te n un d w a h rs c h e in lic h auch de r n ä chstfolg enden J a h re w e s e n tlic h vom A u sla n d e h e r b e d in g t ist. G erade d a rin b e ste h t zum T e il d e r a n o r
m ale C h a ra k te r u n se re r K o n ju n k tu re n , daß sie v ie l
fach, w e n n n ic h t ü b erw iege nd, eine F u n k tio n des in te rn a tio n a le n K a p ita lv e rk e h rs un d ä h n lic h e r V a ria b le n sind. Das is t jedoch e in G ru n d m ehr, um die k u rz fris tig e Z in s b ild u n g im In la n d e als w i r t s c h a ftsp o litisch e F rage e rste n Ranges anzusehen.
D e n n gerade der U m stand, daß die H ausse w e lle n sich w e s e n tlic h auf frem de K a p ita lz u fu h r stützen, ka n n die R ückschläge, die b e i A u s b le ib e n dieser Z u fu h r e in tre te n , besonders ve rsch ä rfe n . Ja h rze h n te a m e rik a n is c h e r E rfa h ru n g , n a m e n tlic h die K ris e am A n fa n g d e r 90er Jahre, a b e r auch die vo n 1873 haben den K u n d ig e n genügend ü b e r die S chärfe des K o n ju n k tu rw e c h s e ls b e le h rt, die in einem vo n K a p ita le in fu h r abhängigen Lande b e i V ersie g e n d e r Z u fu h rq u e lle zu entstehe n verm ag. G erade u n te r solchen V e rh ä ltn is s e n eines S chuldnerlandes, dessen Z inszahlungen die K a p ita le in fu h r noch lange n ic h t b a la n cie re n , is t b e i R ücksch lä g e n b e w u ß te V o rs ic h t gegenüber d e r in te rn e n G e ld m a rk te n tw ic k lu n g am
Zum z w e ite n a b e r is t d e r n o rm a le K o n ju n k tu r rü c k schlag z w a r eine „n a tu rg e m ä ß e " E n tw ic k lu n g , die im großen u n d ganzen w e d e r re g u lie rt w e rd e n k a n n , noch b ü ro k ra tis c h o d e r sonstw ie k ü n s tlic h re g u lie rt w e rd e n s o l l . A b e r die N a tu rg e m ä ß h e it eines P ro zesses ste h t n ic h t in W id e rs p ru c h d a m it, daß m an ih n in seinem V e rla u f einigerm aß en re g u lä r gestalten k a n n u n d soll. D ie A u to n o m ie der K o n ju n k tu r
/ ) P as 9 b ' f e . b a t. ^ en S tand de r Dinge im A u g u s t und S eptem ber d. J . im Auge. Es h a n d e lt sich dabei n ic h t n u r um die saisonmaßige V e rs te ifu n g d e r G e ld m ä rk te ; das „ In s titu t fü r K o n ju n k tu rfo rs c h u n g in B e rlin m elde t fü r die d r itte Sep
tem be rw o che d u rc h s c h n ittlic h um H bis 1 pC t. höhere G e ld - satze als in der entsprechenden B e ric h tw o c h e des V orjahres.
— U n n ö tig zu sagen, daß die A u sfü hrun ge n des T extes, die von eine r g ru nd sätzlich en F rage stellung ausgehen, du rch U m schwung am G e ld m a rk t oder auch in de r gesamten K o n ju n k tu r n ic h t „ w id e r le g t ' w e rd e n können.
e n tw ic k lu n g un d ih re s N iederschlags auf den K r e d it
m a rk t sch lie ß t ein E in g re ife n , das die S p itz e n g lä tte t und den ganzen Prozeß ru h ig e r g e s ta lte t, k e in e s wegs aus.
l II.
D ie F rage la u te t also: ob der w ie im m e r e n t
standene H o c k s ta n d der G e ld m a rk ts ä tz e nach U e b e rs c h re itu n g des K o n ju n k tu rh ö h e p u n k te s ein re stlo s e rfre u lic h e r G esundungsvorgang ist, oder ob un d w ie w e it e r d e r K o r r e k tu r b e d a rf. U e b e r die W ic h tig k e it der F rage k ö n n e n s c h w e rlic h Z w e ife l bestehen. N ic h t w e il m an n o tw e n d ig A n h ä n g e r e in e r m o n e tä re n K o n ju n k tu rth e o rie zu sein b ra u c h t, w ie sie h eute e tw a v o n A lw in H a n s e n und R, G. H a w t r e y v e rtre te n w ird . E in großer, w e n n n ic h t d e r größte T e il des u n fru c h tb a re n S tre ite s um das W e se n der K o n ju n k tu r r ü h r t daher, daß m an es n u r zu h ä u fig u n te rlä ß t, zw isch e n der F rage nach den le tz tlic h ka u sa l m aßgebenden K rä fte n a u f d e r einen S eite un d dem je w e ils u n m itte lb a r w irk s a m e n M echanism us a u f d e r anderen zu u n te rsch e id e n . N u r im le tz te re n Sinne soll h ie r d e r K re d itm e n g e und dem sie re g u lie re n d e n Z inssatz k o n ju n k tu rb ild e n d e B e deutu ng zugeschrieben w e rd e n . S o w e it k a n n aber k e in Z w e ife l bestehen, daß steigende oder auch n u r r e la tiv angespannte Z inssätze un d m ith in eingeengtes K re d itv o lu m e n den A b la u f entsch e id e n d b eeinflu ssen können, — g le ic h g ü ltig , w e lc h e tie fe re n K r ä fte im S p iele sind, denen die G e ld m a rk tla g e selbst le tz tlic h ka u sa l zuzurechne n ist.
D ie entscheidende F rage is t dann die nach der F u n k tio n d e r Z inssatzhöhe un d -te n d e n z u n te r solchen U m ständen. W e lc h e n E in flu ß w e rd e n sie auf K a p ita la n g e b o t u n d a u f die N a ch fra g e nach K a p ita l ausüben? W as zunächst das A n g e b o t b e tr ifft, so m üßte h ie r m it e in e r d u rc h die T ra d itio n geradezu g e h e ilig te n D o k tr in e n d lic h a u fg e rä u m t w e rd e n : m it der D o k tr in v o n d e r E l a s t i z i t ä t d e s K a p i t a l a n g e b o t e s . Es w a r n ic h t n u r eine F rage v e r
fe h lte r F o rm u lie ru n g , sondern e in e r der p ra k tis c h und th e o re tis c h sch w e rw ie g e n d ste n Ir r tü m e r der k la s s i
schen N a tio n a lö k o n o m ie , re stlo se A n p a ssu n g sfä h ig ke it d e r K a p ita lm e n g e , d. h. d e r E rsparnisse, an das S teigen o d e r S in k e n des Zinses anzunehm en; daß also b e i steigendem Satz die S p a rtä tig k e it angeregt, b e i sinkende m gehem m t w ü rd e . E in e th e o re tis c h e A u f fassung, die je d e r E rfa h ru n g w id e rs p ric h t u n d die sich n u r aus gewissen a p r i o r i -V o ra u s s e tz u n g e n e r
k lä re n lä ß t. D ie V oraussetzu ng der K la s s ik e r w a r ih re Z in s th e o rie : b e k a n n tlic h haben sie den Zins als e in E n tg e lt fü r die s u b je k tiv e n K o s te n des K a p ita lis te n zu e rk lä re n v e rs u c h t, die m it dem „ W a r te n “ , m it dem V e rz ic h t a u f K o n s u m tio n v e rb u n d e n sind oder sein sollen. D araus fo lg t a p r i o r i , daß, je hö h e r das E n tg e lt, desto größ er die B e re its c h a ft zum „ O p fe r " des V e rz ic h te s sein m üßte u n d u m g e k e h rt. U n d dazu ka m das an W u n d e rg la u b e n grenzende V e rtra u e n d e r sogenannten L o h n fo n d s
th e o rie an die P r o d u k tiv itä t des K a p ita ls , das, im G egensatz zum „B o d e n “ , dem abnehm enden E rtra g s gesetz n ic h t u n te rw o rfe n sein s o llte ; e in G laube, der sich fü r p ra k tis c h e Z w e c k e n u r a u fre c h t e rh a lte n ließ, w e n n m an zu g le ich eine le d ig lic h d u rch den Z inssatz b e s tim m te E rn e u e ru n g s- und V e rm e h ru n g s
quote dieses P ro d u k tio n s fa k to rs annahm . B e re its
A lfr e d M a r s h a 11 h a t dem gegenüber n a c h d rü c k
lic h auf die T atsache hingew iesen, daß, w e n n e r
20 P a 1 y i , Konjunkturwende und Bankpolitik.
h ö h te r Zins die einen zu v e rm e h rte m S paren a n re iz t, e r b e i den andern das U m g e k e h rte b e w irk t, indem ja e in bestim m tes, fü r die Z u k u n ft e rw ünschtes E in ko m m e n b e i höherem Zins m it geringere m Sparen e rre ic h t w ird . A b e r tro tz d e m b lie b e r und b lie b e n m it ihm die M e h rz a h l d e r T h e o re tik e r sow ie die M a jo r itä t d e r P r a k tik e r b e i d e r T h e o rie vom elastischen K a p i
ta la n g e b o t; sonderbare U e b e re in stim m u n g zw ischen T h e o rie un d P ra xis, die m an sonst, gerade bei ric h tig e n T h e o rie n , so h ä u fig sch m e rzlich v e rm iß t2).
D ie T h e o rie is t falsch, d. h, sie s te h t im W id e r spruch zu den T atsachen. Sie se tzt e in ra tio n e lle s A b w ä g e n ü b e r V o r- un d N a c h te ile des Sparens beim S p a re r voraus und ü b e rs ie h t fo lg lic h , daß, vom e r
zw ungenen S paren ganz abgesehen, die A k k u m u la tio n zum großen T e il d u rc h T ra d itio n , G e w o h n h e it u n d S itte b e s tim m t w ir d ; v ie lfa c h w ir d auch von einem S p a rin s tin k t gesprochen, d e r sich sogar beim K in d e ä uß ert und der le tz tlic h v ö llig irra tio n a l b e d in g t sein m üßte. W ie es auch d a m it stehen mag, so vie l is t z w e ife llo s sicher, daß ein großer T e il des Sparens, w e n n n ic h t d e r a lle rg rö ß te , m it dem V e r g le ich g e g e n w ä rtig e r Genüsse m it z u kü n ftig e n , w ie das die klassische T h e o rie des „W a rte n s “ oder die d e r ö s te rre ich isch e n Schule des p o s itiv e n A g io s der G e g e n w a rts g ü te r a n n im m t, n ich ts zu tu n hat. E in w e s e n tlic h e r, w e n n n ic h t d e r w ic h tig s te Z w e c k des Sparens is t v ie lm e h r in d e r W ir k lic h k e it: die S iche
rung e in e r K a p ita ls u m m e fü r die Z u k u n ft, g le ic h g ü ltig , ob diese noch den zu sä tzlich e n V o r te il eines Zinses b rin g t oder n ic h t3). F ü r sich un d seine A n gehörigen S ic h e rh e ite n zu ve rsch a ffe n , den R is ik e n des Lehens und gar des Todes vorzubeugen, is t gerade b e im ra tio n e ll abw ägenden S p a re r der w e se n tlich e Z w e c k , neben dem d e r d u rc h die Zinsen gebotene M e hrgenu ß vo n G ü te rn eine sehr bescheidene R o lle s p ie lt. Das g ilt insbesondere fü r den k le in e n und m ittle re n S parer. M a n b ra u c h t einen solchen n u r zu fragen, um sich zu überzeugen, daß e r die S p a r
tä tig k e it b e i einem Z inssatz v o n n u ll p C t. k e in e s wegs e in s te lle n w ü rd e .
D e r L e h re vom elastischen K a p ita la n g e b o t lie g t a b e r noch ein a n d e re r Ir r tu m zugrunde, d e r v ie l
le ic h t ebenso sch w e r w ie g t w ie d e r eben genannte.
Es is t dies die p rin z ip ie lle U n te rsch e id u n g zw ischen k o n s u m tiv e r und p r o d u k tiv e r T ä tig k e it in ih re r A n w endun g auf das P ro b le m d e r K a p ita la k k u m u la tio n . N a m e n tlic h die G re n z n u tz e n le h re islt d a fü r v e ra n t
w o rtlic h , diese D is tin k tio n dogm atisch in die K ö p fe eingeh äm m ert zu haben. Sie h a t n a tü rlic h fü r ge
w isse Z w e c k e ih re v o lle B e re ch tig u n g ; fü r andere ist sie jedoch u n b ra u ch b a r. U n d ein solch e r F a ll lie g t gerade h ie r v o r. S paren is t n ic h t bloß eine „ p r o d u k tiv e “ T ä tig k e it, sondern zugleich auch eine k o n su m tive . M a n spart, m it anderen W o rte n , n ic h t n u r z u k ü n ftig e r V o rte ile h a lb e r, sondern w e il das S paren
2) N och in a lle rjü n g s te r Z e it is t v o n sehr nam haften G e
le h rte n w ie d e rh o lt de r V ersuch gem acht w o rde n, the oretisch e A n g e b o ts k u rv e n des K a p ita ls zu zeichnen, die in ih rem ganzen oder je de nfalls w e sen tliche n V e rla u f m eh r od er w e n ig e r sta rke E la s tiz itä t aufweisen. — V gl. z. B. U m b e rto R i c c i , „ L 'o ffe r ta del ris p a rm io " im „G io rn a le d e g li E c o n o m is ti", 1926, S. 96 ff.;
Jaco b V i n e r , „ P o litic a l aspects o f in te rn a tio n a l fin a n c e " im
„J o u rn a l of Business o f th e U n iv e rs ity o f C hicago", A p r il 1928, S. 169 ff. —
3) V gl, F. W . C 1 o w e r : N o te on the sup ply curve fo r c a p ita l, in „T h e A m e ric a n Econom ic R e v ie w ", J u n i 1928, S. 273:
„T h e m a jo rity o f econom ists have c o m p le te ly o v e rlo o k e d the p rin c ip a l its e lf as an in du cem en t to saving".
gerade im A u g e n b lic k , in dem es e rfo lg t, bzw . durch die bloße S ich e ru n g eines w e rtv o lle n Besitzes, b e re its F re u d e n b e re ite t, die m it denen d e r sonstigen k o n s u m tive n Genüsse durchaus k o n k u rrie re n können.
Das g ilt n ic h t n u r fü r den G eizhals und fü r jeden, de r eine N eigung nach dieser R ich tu n g h a t; es g ilt v ie l
m ehr insbesondere fü r den „G ro ß s p a re r“ . O der le b t m an noch im m e r in der n a iv e n V o rs te llu n g , daß e tw a den großen U n te rn e h m e r n ich ts anderes re iz t, als m e h r Cham pagner, noch m ehr A u to s u n d ähnliche H äufung vo n Genüssen? W e r n ic h t aus eigener A n schauung w eiß, w ie w ic h tig in der M o tiv a tio n d e r U n te rn e h m e rtä tig k e it un d d e r K a p ita la n sa m m lu n g die d a m it ve rb u n d e n e n „G enüsse“ des sozialen Prestiges, d e r M a c h t, des S e lb stä n d ig ke itsg e fü h ls usw.
sind, dem m üßte es w enigstens ein le u ch te n , daß die H äufung de r Konsum genüsse ü b e r eine gewisse G renze hinaus schon in fo lg e d e r abnehm enden R e iz em pfindung z w e c k - und sinnlos erscheinen w ü rd e . U n n ö tig zu sagen, daß die H öhe des Zinses a u f eine solche M o tiv a tio n , die u n te r a lle n halbw egs m odernen V e rh ä ltn is s e n eine entscheidende R o lle sp ie lt, u n d die w e s e n tlic h am B e sitz selbst o rie n tie rt ist, p ra k tis c h ke in e n E in flu ß haben kann.
V o n w e lc h e r S eite m an sich auch dem Prozeß d e r K a p ita lb ild u n g n ä h e rt: v o n A usnahm en a b gesehen, w ir d m an nirgends w eitg e h e n d e q u a n tita tiv e Anpassung derselben an die V e rä n d e ru n g e n des Zinses fin d e n k ö n n e n 4). B eim e ig e n tlic h e n K o n sum enten ebensow enig w ie b e i d e r U n te rn e h m u n g s
le itu n g , die ü b e r die V e rw e n d u n g d e r R e in e rträ g e und die V e rte ilu n g derselben zw ischen D iv id e n d e n a u f de r einen S eite un d In v e s titio n e n auf d e r anderen zu entscheiden h a t; h ie r w e rd e n eher „ P r o f it " - denn Zinsaussichten n enne nsw erten E in flu ß ausüben können . U n d zum T e il ka n n m an sogar vo n e in e r ne g a tive n E la s tiz itä t des K a p ita la n g e b o te s sprechen.
S o w e it es sich n ä m lich um die K a p ita lb ild u n g h a n d e lt, die ih re n N ie d e rsch la g in d e r F o rm vo n — le tz te n Endes auf K re d its c h ö p fu n g der B a n ke n selbst b e ruhenden — D e p o site n fin d e t, h a t ein steigend er Zinssatz i m a l l g e m e i n e n eher die Tendenz, die K re d ite e in zu sch rä n ke n und m ith in auch die daraus erw achsenden D e p o site n zu v e rm in d e rn . S ta tt m ehr D e p o site n w ir d m an also b e i steigendem Zins eher w e n ig e r zu e rw a rte n haben; s o w e it h a t m an es also m it e in e r n e g a tiv e n E la s tiz itä t zu tu n . (Es s tim m t d a m it n u r scheinba r überein, daß die D e p o site n in d e r D epressionsze it (bei n ie d rig e m Z insfuß] r e la tiv höheren u n d in d e r Hausse [b e i höherem Zins]
r e la tiv tie fe re n S tand zu ve rze ich n e n p flegen ; denn das is t in d e r H auptsache anderen U rsachen zuzu
schreiben.)
III.
D a m it sind w ir b e re its a u f d e r N ach fra g e se ite angelangt: die eben g e n a n n te 1 n e g a tive E la s tiz itä t r ü h r t in W ir k lic h k e it daher, daß die fra g lic h e n D e p o site n k e in spontanes A n g e b o t sind; v ie lm e h r
4) E ine solche A usnahm e b ild e t der F a ll, w enn der Zins p l ö t z l i c h und s e h r b e t r ä c h t l i c h s in k t; auch dann d ü rfte die fra g lic h e W irk u n g n u r solange dauern, bis m an sich an den neuen Satz als den nunm ehr „la n d e s ü b lic h e n " gew öhnt hat. F e rn e r is t e i n T e i l des Sparens allerd in gs d a u e r n d als vom Zinsfuß abhängig anzusehen; vgl, Ch, R i s t , L ’épargne, in de r „R e v u e de M é ta p h ysiq u e et de M o ra le ",
1921, S. 374 ff.
P a 1 y i , Konjunkturwende und Bankpolitik. 21
b ild e t das V o ra n g e h e n einer e ffe k tiv e n K re d itn a c h frage die V oraussetzung ih re s Z ustandekom m ens.
Diese N achfrage aber re a g ie rt elastisch, un d d a rin is t der h e rk ö m m lic h e n T h e o rie durchaus b e iz u stim m en, auf die V e rä n d e ru n g e n des Zinsfußes. Im D u rc h s c h n itt lä n g e re r P e rio d e n g ilt es z w e ife llo s nahezu unein g e sch rä n kt, daß höherem Zinsfuß w o m öglich m ehr als entspreche nd h ö h e re K a p ita ln a c h frage auf dem Fuße fo lg t; und u m g e k e h rt bei n ie d rig e re m Zinsfuß. D araus e rg ib t sich die b e k a n n te F u n k tio n des Zinssatzes, die K a p ita ln a c h frage zu re g u lie re n und m ith in die V e rte ilu n g der P ro d u k tiv k rä fte e in e r V o lk s w irts c h a ft dem je w e ilig e n Z ins- und P re isn ive a u entspreche nd zu ge
sta lte n . E ine g rundleg end w ic h tig e F u n k tio n , deren autom atische E rfü llu n g in den L e h rb ü c h e rn als ein R u h m e sb la tt u nserer W irts c h a fts o rd n u n g g e fe ie rt zu w e rd e n p fle g t.
In d e r T a t d ü rfte es sch w e r fa lle n , die Bedeutung die se r F u n k tio n u n d ih re r „a u to m a tis c h e n “ W ir k sa m ke it zu v e rk le in e rn . M a n d a rf jedoch z w e i E in schränkung en n ic h t vergessen, o b w o h l diese z. T.
m ehr S ch ö n h e itsfe h le r als g ru n d sä tzlich e Schw ächen aufdecken. Zunächst is t w o h l zu beachten, daß d e r Zinssatz n ic h t d e r einzige preism äßige F a k to r ist, der die K a p ita ln a c h fra g e re g u lie rt. E r is t z w e ife llo s der w ic h tig s te und fü r die la n g fris tig e B e tra ch tu n g , die also den D u rc h s c h n itt m e h re re r K o n ju n k tu rw e lle n im A u g e hat, k ö n n te m an vo n den anderen v ie lle ic h t auch ab- sehen. A b e r fü r B e tra ch tu n g e n und w irts c h a fts p o litis c h e Fragen, die es m it k ü rz e re n F ris te n , m it P erioden in n e rh a lb d e r K o n ju n k tu rw e lle zu tu n haben, sind die anderen n ic h t zu vernachlässigen.
E in sehr b e k a n n te r W irts c h a fts th e o re tik e r h a t n e u e r
dings v ie l A u fh e b e n s m it dem S atz gem acht, daß der Zins ein P reis sei w ie je d e r andere. So ric h tig das vo n d e r la n g fris tig e n V o g e lp e rs p e k tiv e aus ist, so k o m m t es fü r p ra k tis c h e Z w e c k e v ie lfa c h gerade auf den U n te rs c h ie d zw ischen dem Zins als P reis und den sonstigen P reisen an. O b die N a ch fra g e nach G e tre id e elastisch oder u nelastisch is t: die E la s ti
z itä t b e zie h t sich a u f das V e rh ä ltn is d e r angebotenen bzw . n a ch g e fra g te n M engen zu den V e rä n d e ru n g e n des G e tre id e p re ise s. A u f n ic h ts anderes k o m m t es dabei an. B e i d e r K a p ita ln a c h fra g e un d ih re m V e r h ä ltn is zum P reis des K a p ita ls k o m m t es dagegen n ic h t n u r a u f diesen P reis selbst, sondern auch auf
„N e b e n b e d in g u n g e n " an, u n te r denen das K a p ita l b e im je w e ilig e n Z inssatz e rh ä ltlic h ist. Z inserhöhung p fle g t n ic h t n u r zu bedeuten, daß das K a p ita l v e r te u e rt w ird , sondern auch, daß m an es m it größ erer V o rs ic h t, m it g e rin g e re r B e r e itw illig k e it, h e rg ib t.
D ie w ic h tig s te technische F o rm , in der sich dieser zu sätzliche F a k to r äußert, is t die A uslese der
„S ic h e rh e ite n " vo n S e ite n d e r K re d itg e b e r. S te i
g e n d e ^ Zinssatz k ö n n te a b e r auch u m g e k e h rt in der Z e it, in d e r die V o rs te llu n g e n d a rü b e r, was eine liq u id e A n la g e ist, sich g e w a n d e lt haben, w irk u n g s los an der K a p ita ln a c h fra g e Vorbeigehen. U n d da diese W a n d lu n g e n de r B a n k p o litik , die vo n der a m e rika n isch e n B a n k lite r a tu r m it so großer Em phase h e rvo rg e h o b e n w u rd e n 5), sich n ic h t n u r auf die „k u rz e F r is t “ zu b eschränke n brauchen,
6) V gl. H. G. M o u l t o n , C om m ercial b a n kin g and c a p ita l fo rm a tio n , im „J o u rn a l of P o litic a l E co n o m y" 1918; fe rn e r B. M . A n d e r s o n , The value o f m oney, N e w Y o rk , 1917;
W a ld o F. M i t c h e l l , The uses of b a n k funds, Chicago, 1925.
v ie lm e h r d a u e rh a fte n B estand haben können, so b ra u c h t m an die z e itlic h e B edeutung dieses M o m entes n ic h t e in m a l n o tw e n d ig so einzuschränken, w ie w ir es v o rh in getan haben.
P ra k tis c h noch w ic h tig e r, o b w o h l re in k o n ju n k tu r e ll b e d in g t, is t eine andere E in sch rä n ku n g des Satzes v o n d e r a u to m a tisch e n Anpassung d e r K r e d it
nachfrage an den Zins. Ich m eine die w o h lb e k a n n te T atsache, daß dieser im allgem eine n g ü ltig e Satz d u rch die „S tim m u n g “ in ausgeprägten K o n ju n k tu re n eine E in sch rä n ku n g e rfä h rt. In e in e r m ächtigen Hausse-Phase d e r w irts c h a ftlic h e n E n tw ic k lu n g k ü m m e rt sich d e r U n te rn e h m e r ve rh ä ltn ism ä ß ig w enig um das S teigen des Zinssatzes, w enn die anderen, fü r ih n q u a n tita tiv w ic h tig e re n K o s te n - elem ente, h in te r d e r a llgem eine n P reisste ig e ru n g r e la tiv n achhin ken. D ann s p ie lt d e r Zins eben eine ve rh ä ltn ism ä ß ig bescheidene R o lle u n te r den K osten, zum al die A u s s ic h te n a u f P ro fit un d die o p tim is tis c h e S tim m ung a lle H em m ungen zu ü b e rw in d e n tra c h te n . G le ic h e rw e is e n ü tz t die Z inssenkung in e in e r aus
geprägte n B a is s e -S itu a tio n w enig, um d ie S tim m ung zu v e rä n d e rn ; schw ere D epressione n sind lange Z e it h in d u rc h b e i g le ic h z e itig n ie d rig e m S tand der Z in s sätze m öglich. G ew iß, im D u rc h s c h n itt m e h re re r K o n ju n k tu re n s p ie lt das alles k e in e R o lle ; frü h e r oder sp ä te r w ir d die V e rb illig u n g des K a p ita ls w enn n ic h t sogar die N a ch fra g e w a ch ru fe n , so doch w enigsten s eine b e im W ie d e re rw a c h e n d e r H ausse
stim m ung als V o ra u sse tzu n g u n d M ö g lic h k e it neuer E n tfa ltu n g entscheidende R o lle spielen. A b e r zu
nächst, in d e r gegebenen S itu a tio n , is t es durchaus m ö g lich und nach a lle r D e p re ssio n se rfa h ru n g häufig d e r F a ll, daß s in ke n d e r o d e r längere Z e it h in d u rch n ie d rig stehend er Zinssatz die Baisse n ic h t zu u n te rb re c h e n verm ag. E rs t re c h t is t da eine re la tiv e V e rk n a p p u n g des K re d itm a rk te s zum m indesten ü b e rflü ssig : da die S tim m ung ohnehin
„ fla u “ ist, b e d a rf es n ic h t so lch e r M itte l, um sie noch w e ite r zu däm pfen. G anz zu schw eigen v o n ^ de r M ö g lic h k e it, daß solche v e rs c h ä rfte n D epressions
m itte l u. U . k a ta s tro p h a le F o lg e n ze itig e n können.
IV .
V o n den a n geb lichen V o rte ile n steigenden Z in s satzes f ä llt also d e r eine — die vie lg e p rie se n e A n regung de r K a p ita lb ild u n g — ü b e rh a u p t w eg; d e r andere aber, die E indäm m ung d e r N achfrage nach K re d it, v e r lie r t seine B edeutu ng a u f e in e r K o n ju n k tu rs tu fe , an d e r die rü c k w ä rtig e n o d e r S ta g n a tio n s
sym ptom e genügend ausgeprägt sind, um v o n de r Sorge v o r ra sch e r E x p a n sio n zu entheben. E in e P o litik also, die u n t e r s o l c h e n U m s t ä n d e n die Z inssteigerun g v o rs ic h tig zu hem m en un d dad u rch e tw a ig e r K ris e n g e fa h r vorzubeug en tra c h te t, w ü rd e eine ebenso b e re c h tig te P ro p h y la x e bedeu ten w ie die P o litik , die in d e r u m g e ke h rte n S itu a tio n die Senkung des Zinses a u fz u h a lte n tra c h te t. S elbst w e r a u f dem B oden e in e r ra d ik a le n „la is s e z -fa ire - P h ilo so p h ie steht, k ö n n te s c h w e rlic h u m h in zuzu
geben, daß sich h ie r M ö g lic h k e ite n eines sachlich und z e i t l i c h b e g r e n z t e n E in g re ife n s b ie te n
— das keinesw egs vo n e in e r Z e n tra le aus zu erfo lg e n b ra u c h t.
G ew iß lie g t h ie r eine der A u fg a b e n der
m od e rn e n N o te n b a n k, die ih r fre ilic h n ic h t im m e r
22 I a 1 a y i , Konjunkturwende und Bankpolitik.
a k tio n s b e re it g e gen übersteht0). Das A usm aß de r H em m ungen is t zunächst eine P e rsonalfrag e: es k o m m t a u f die p e rsö n lich e E in s te llu n g des N o te n b a n k le ite rs an. D a rü b e r hinaus is t a b e r eine Z e n tra lb a n k heute auch sachlich n ic h t ohne w e ite re s geeignet, d e ra rtig e A u fg a b e n , die äußerst feine un d rasche B e w e g lic h k e it e rfo rd e rn , zu lösen. Ih r auf die W e ch se lku rse g e rich te te s A u g e h a t in einem Lande, in dem „in n e r e r G o ld a b flu ß " p ra k tis c h n ic h t in Frage k o m m t, diejenige P o litik zu d ik tie re n , die d u rc h die in te rn a tio n a le n G o ld - (und D evisen-) Bew egungen b e d in g t w ird . U n d das andere, das
„K o n ju n k tu r-A u g e “ d e r N o te n b a n k h a t v o r a lle m die großen L in ie n des Phasenwechsels zu ve rfo lg e n . A n sich schon fe h lt es einem In s titu t, das sich v o n den a n deren durch die fo rts c h re ite n d e E n tw ic k lu n g zu r
„B a n k d e r B a n k e n " u n te rsch e id e t, an d e r G e s c h m e id ig ke it, die n u r aus dem u n m itte lb a re n G e s c h ä fts k o n ta k t m it den fo rtw ä h re n d e n Z uckungen des G e ld - und K a p ita lm a rk te s erw achsen kann.
V o lle n d s muß ih r die aus ih re r z e n tra le n S te llu n g erw achsende „ N e u tr a litä t“ im S tre ite d e r Interessen v ie lfa c h eine gewisse Z u rü c k h a ltu n g und E n th a ltu n g z u r P flic h t machen.
W ie dem auch sei, d e r G e l d m a r k t s e l b s t muß aus sich heraus die M it t e l u n d W ege fin d e n — w o m it die e tw a ig e U n te rs tü tz u n g so lch e r P o litik d u rch die N o te n b a n k keinesw egs gering eingesch ätzt w e rd e n soll. Sie is t a b e r selbst beim besten W ille n n u r e i n F a k to r des M a rk te s u n te r za h lre ich e n anderen, unabhängigen K rä fte n . Das S p ie l v o n A n g e b o t u n d N achfrage k a n n v o n einem einzelnen F a k to r, und mag e r noch so hoch g e w e rte t sein, s c h w e rlic h ausreichen d m a n ip u lie rt w e rd e n . V ie l
m ehr sind es die A n b ie te n d e n und N achfragen den selbst, die sich ü b e r d ie S itu a tio n K la r h e it v e r schaffen müssen. K la r h e it ü b e r die K o n ju n k tu rw e lle im a llg e m e in e n u n d die G e ld m a rk tla g e im besonderen sow ie ü b e r die M ö g lic h k e ite n , d ie da b e i aus d e r ge
gebenen Z in s e n tw ic k lu n g erw achsen können. D a b e i is t m it e in e r p o p u lä re n V o rs te llu n g entschieden a b zurechnen : m it d e r V o rs te llu n g , "daß die B anken sch le ch th in m aßgebend seien in diesem A n g e b o t- N a ch fra g e -S p ie l, Das w ä re n sie a u f die D a u e r selbst b e i w irk s a m e r K a rte llie ru n g a lle n fa lls n u r im H in b lic k a u f die v ie lu m s tritte n e Spanne zw ischen D e b e t- un d K re d its a tz . E in e M o n o p o ls te llu n g im e ig e n t
lic h e n Sinne k ö n n te aber auch e rst b e i „S c h u tz z o ll“
a u f K re d ite in fu h r, b e i A u ssch a ltu n g de r K o n k u rre n z ö ffe n tlic h -re c h tlic h e r In s titu te u n d entsp re ch e n d e r Z u sa m m e n a rb e it der K re d itb a n k e n zu v e rw irk lic h e n sein. B e v o r das e in t r it t — was h o ffe n tlic h niem als _ k o m m t es fü r jede noch so bescheidene
„M a rk tr e g u lie r u n g " a u f die w echselseitig e K o o p e ra tio n ^ d e r B a n k e n u n d B a n k k u n d e n an.
U n n ö tig zu sagen, daß die B a n ke n in d e r absteigenden o d e r auch n u r „g e h e m m te n " K o n ju n k tu rp h a s e k e in In te re sse an hohen M a rk ts ä tz e n haben. D enn es lie g t ja k e in e a l l g e m e i n e N o tw e n d ig k e it zum
„B re m s e n v o r; und im E in z e lfa lle lä ß t sich das durch d is k rim in a to ris c h e M it t e l e rre ich e n . (W ie sie um g e k e h rt in d e r Hausse gerade am s tä rk s te n daran
, 6) D ie P Q litik d e r R eichsbank, die in diesem F rü h h e rb st tr o tz gü nstig er W echse lku rse und s tarken G oldzuflusses an ih rem , den D is k o n t der v o rjä h rig e n H aussezeit um einen v o lle n P roze nt übersteigenden Satz fe s th ie lt, soll h ie r n ic h t a n a ly s ie rt w e rde n; ih re M o tiv a tio n d ü rfte a n d e rw e itig zu suchen sein.
in te re s s ie rt sein müssen, k e in e Senkung des Zinses zuzulassen.) U n d re in p riv a tw irts c h a ftlic h gesehen lie g t d ie Sache so, daß hoher D eb e tzin s entsprechend hohen K re d itz in s zum K o r r e la t hat, so daß h ie r k e in V o rte il e rw ächst. W ä h re n d a n d e re rse its d e r K r e d it
nehm er v ie lfa c h o d e r abw echselnd auch A u s le ih e r is t un d sich b e w u ß t w e rd e n m üßte, daß die scharfe A u sn u tzu n g e in e r „ v e rk n a p p te n " S itu a tio n von S eiten des G eldgebers sich n u r zu le ic h t rä c h t, w enn man ih r in B älde w ie d e r als G e ld n e h m e r gegenüber
steht. — D iese w e chselseitig e V e rfle c h tu n g d e r p r iv a t w irts c h a ftlic h e n Interessen d ü rfte es nahelegen, M it t e l und W ege d e r V e rstä n d ig u n g zu suchen, um im eigenen w ie im v o lk s w irts c h a ftlic h e n Interesse je w e ils zu v e rh in d e rn , daß eine z u fä llig e G e ld m a rk t
k o n s te lla tio n sich re s tlo s u n d ohne R ü c k s ic h t auf k o n ju n k tu re lle F o lg e n a u s w irk t. E in sein e r A u f gaben b e w u ß te r G e ld m a rk t — B a n ke n und B a n k - ku n d e n in b e g riffe n — , de r n ic h t n u r A n g e b o t und .Nachfrage d e r gegebenen Stunde, sondern auch die c e r kom m enden Tage un d W o ch e n tu n lic h s t in Rechnung s te llt, d ü rfte das O rgan sein, das besser als jede b ü ro k ra tis c h e In sta n z geeignet ist, „ K o n j u n k t u r p o l i t i k “ zu tre ib e n . —
V .
Das sind „fro m m e W ü n s c h e “ , w ir d d e r P ra k t ik e r m einen, und n ic h t m it U n re c h t. W ie soll m an sich p ra k tis c h ein re g u lie re n d e s E in g re ife n v o rs te lle n , das k e in e n e ig e n tlic h e n T rä g e r h a t? W ie die D inge liegen, w ir d es v o re rs t — u n d bis auf w e ite re s — a u f d i e B a n k e n s e l b s t ankom m en. U m a b e r zu unserem A u sg a n g sp u n kt z u rü c k z u k e h re n , zu d e r b a n k p o litis c h e n Frage, die sich aus d e r z e itw e ilig e n , eingangs c h a ra k te ris ie rte n S itu a tio n ergab: so k o m m t es d a ra u f an, daß die K re d itb a n k e n in d e r fra g lic h e n K o n ju n k tu rla g e ebenso den M u t zu e in e r zins- senkenden P o litik au fb rin g e n , w ie in d e r entgegen- gesetzten zu r k re d itv e rte u e rn d e n . D a b e i is t w ic h tig , daß die T a k tik von dem B e w u ß tse in g le ic h g e ric h te te r P o litik a lle r G ro ß b a n ke n getragen sein muß (n a tü r
lic h auch in A npassun g an die je w e ilig e n in te r n a tio n a le n G eldbew e gungen); jede A k tio n eines E in z e lin s titu te s w ü rd e aus G ründen, die m an le ic h t e rra te n ka n n , vo n v o rn h e re in z u r E rfo lg lo s ig k e it v e r
u r t e ilt sein. U n d noch w ic h tig e r is t die Frage nach den M i t t e l n e in e r solchen te m p o rä re n P o litik .
U n te r K r e d itp o litik d e r B a n ke n v e rs te h t m an in a lle r R egel eine P o litik , die Zinssätze u n d sonstige B edingungen des A k t i v geschäftes re g u lie rt; das Passivgeschäft p fle g t als A nhäng sel, das dem a k tiv e n
„a u to m a tis c h fo lg t, angesehen zu w e rd e n . Das t r i f f t
in der T a t zu, s o w e it m an das B a n kw e se n als
ganzes im A u g e hat. E in u n te r e in h e itlic h e r L e itu n g
stehendes B a n ksyste m b ra u c h te sich fo lg lic h n u r
um die Sätze d e r D e b e tse ite zu k ü m m e rn ; die
andere S eite w ü rd e sich dem anpassen. N ic h t so
e in fa ch hegen a b e r die D inge in e in e r W e lt k o n -
'u rrie re n d e r E in z e lb a n k e n . E ine re stlo se K o o p e
ra tio n is t h ie r naturgem ä ß niem als zu e rz ie le n ; selbst
bei energischem E in g re ife n e in e r m ä ch tig e n N o te n
b a n k kaum , un d e rs t re c h t n ic h t, w e n n dem N o te n -
m s titu t d e r W ille o d e r die M ö g lic h k e it zu einem
solchen E n e rg ie a u fw a n d fe h lt. U m so w ic h tig e r
also, daß d e r D ru c k a u f b e id e n S e ite n un d g le ic h -
z e itig e in se tzt: a u f d e r S eite des K re d itk a u fe s w ie
a u f d e r des K re d itv e rk a u fe s . D ie Sätze d e r beiden
K o c h , Privatbanken oder öffentliche Banken? 23
S eiten müssen sich ja ohnehin zie m lic h genau p a ra lle l bewegen. Das g ilt aber n ic h t im m e r fü r den „s h o rt ru n den w ir h ie r im A uge haben. F ü r eine z e itlic h eng begrenzte P o litik g ilt v ie lm e h r d e r Satz, daß der rUc^ . a, n b e i d e n E n d e n anzusetzen hat, um zum Z ie le zu fü h re n . A u s G ründen, die h ie r n ic h t naher a usgefü hrt w e rd e n können , ohne den R ahm en zu sprengen, h a t die K o n k u rre n z de r B a n ke n in e in e r „v e rk n a p p te n “ S itu a tio n z u r Folge, daß eine ZUr äußersten A n sp a n n u n g ih re r L iq u id itä t e n tste h t; m it d e r w e ite re n Folge, daß sie sich ängst
i g um die „sch w e b e n d e n K a p ita lie n " des M a rk te s emu en, deren E rw e rb ih re n S tatus verbessern zw. die M ö g lic h k e it zu w e ite re r K re d ite x p a n s io n le en w ü rd e . D araus k a n n n ic h t n u r eine k u m u - a iv e V erschärfung d e r S itu a tio n , sondern auch eine psyc ologische A tm o s p h ä re folgen, die die A u g e n d e r a n k le ite r a u f ih re K re d ito re n p o s te n b a n n t un d ih r e rh a lte n k u r z f r i s t i g sogar vo n d e r K r e d i
to re n se ite h e r b estim m en lä ß t. N u r eine A k tio n , die diesen psycholog ischen K rä fte n R echnung trä g t, k a n n die A u fg a b e e rfü lle n , w e lch e sich aus der th e o re tis c h e n A n a ly s e fo lg e re c h t ergab: eine z e it
w e ilig d e r b e tre ffe n d e n K o n ju n k tu r als G anzem zu
w id e rla u fe n d e Z in s e n tw ic k lu n g in die ric h tig e B ahn zu le n ke n . G e lin g t sie, so w ird , w ie gesagt, w e d e r dem F o r ts c h r itt d e r K a p ita lb ild u n g , noch ü b e rh a u p t dem k o n ju n k tu re lle n „G esundun gsprozeß “ ein S te in m den W e g gelegt. - V oraussetzu ng ist fr e ilic h auch eine K o n j u n k t u r d i a g n o s e , die an solchen p ra k tis c h re le v a n te n P ro b le m e n und n ic h t an la b e lle n fre u d ig k e it o r ie n tie r t ist.
Privatbanken oder öffentliche Banken?
V o n D r. A rw e d K och, Jena.
In der D eutschen W irts c h a fts - Z e itu n g vom 27. S e p te m b e r 1928 n im m t C o h e n - Reuß z u r Frage de r P riv a tw irts c h a ft und ö ffe n tlic h e n W irts c h a ft S te llu n g , un d e r g ib t sein e r M e in u n g d a h in A u s d ru c k , daß diese A n g e le g e n h e it vo m S ta n d p u n k t d e r P r o d u k t i o n s l e i s t u n g aus b e tra c h te t und dem gemäß die^F rage g e s te llt w e rd e n müsse, w elch e d e r beiden W irts c h a fts fo rm e n die ra tio n e lls te sei. In - o gedessen müsse m an beide U n te rn e h m u n g sa rte n fr e i aus sich heraus a rb e ite n lassen, ohne eine von ihnen irg e n d w ie zu begünstigen.
D iese A n re g u n g m ö ch te ic h in folgendem d u rch ein B e is p ie l aus d e r P ra x is illu s trie re n . Ic h b rin g e h ie rz u die k ü rz lic h v e rö ffe n tlic h te B ila n z __ die H erausgabe d e r B ila n z u n d des G e sch ä ftsb e rich ts w u rd e n m ir a lle rd in g s v e rw e ig e rt m it d e r B e g rü n dung, die v o rh a n d e n e n E x e m p la re seien den V e r w a l
tu n g s ra ts m itg lie d e rn V o rb e h a lte n — d e r in P e rso n a l
u n io n stehenden S ta d tb a n k un d S ta d tsp a rka sse e in e r m itte ld e u ts c h e n P ro v in z s ta d t. (S. u n te n s te h . T a b e lle .)
D ie S ta d tb a n k, w e lch e u n g e fä h r im J a h re 1920 gegrü n d e t w u rd e , h a t es ve rsta n d e n , in w e n ig e n Ja h re n einen großen K u n d e n k re is zu e rw e rb e n und D e p o site n in so lch e r Z a h l heranzuzie hen, daß die bei 1*l r eingelegten fre m d e n G e ld e r m e in e r Schätzung nach je tz t u n g e fä h r so hoch sind, w ie d ie fre m d e n G e ld e r d e r ü b rig e n an dem g leichen P la tze a rb e ite n den P riv a tb a n k e n zusam m engenom m en. D iesen E r-
V e rm ö g e n . B i l a n z d e r S t a d t b a n k
a m 31. D e z e m b e r 1927. V e r b in d lic h k e ite n .
1. K a s s e n b e s t a n d ...
2. K r e d it e in la u fe n d e r R e c h n u n g 3- B a n k g u t h a b e n ...
4. W e rtp a p ie re
5. W e c h s e l ... ...
6. H y p o th e k e n . . 7. D a rle h e n a n G e m e in d e n
■ r * “ *■;
10. ' iC b » ™ D « te h ä 'k “ p itS l d0r 11. I n v e n t a r . . .
12. G e b ä u d e . . . * * * * ...
13. V orsch üsse . . . ...
14. S tü c k z in s e n . . ...
15. B ü rg s c h a fte n ( 10952__
R H P f R H P f
59 079 52 1. E i n l a g e n ... 3 390 356 61 2 190 828 29 2. D a r le h e n ... 310 200
_
81058 92 3. B e t r i e b s k a p i t a l ... 30 000 — 789 385 60 4. R ü c k la g e ... 119 758 86 170 623 49 5. H i n t e r l e g u n g e n ... 1 408 53
60 368 85 6. B ü r g s c h a f t e n ... 10 952.
40 000 — 235 000
_
64 990 — 1
_
1
_
147 332 83 2 000 — 11 154 50
3 851 724 — 3 851 724 —
D e r B a n k v o r s ta n d .
V e rm ö g e n . B i l a n z d e r S t a d t s p a r k a s s e
a m 31. D e z e m b e r 1927. V e r b in d lic h k e ite n .
1. K a s s e n b e s ta n d
2. B a n k g u th a b e n ! ...
3. W e r tp a p ie r e . . ...
4. I n v e n t a r . . . 1 ...
5- H y p o th e k e n . . ...
6. D a rle h e n a n G e m e in d e n ...
i
1«: Ä S E b " e " • » • » » ‘ » o k . H y p o i h e U i ! 11. Stückzinsen . . ... . .
R H P f R M P f
15 532 81 1. S p a r e i n l a g e n ... 3 947 412 02 377 717 02 2. A u fg e n o m m e n e L o m b a r d - D a r le h e n . 200
621 686 50 3. R e n te n b a n k - K r e d ite 8 104 05
1— 4. R ü c k la g e . . . 80 208 24
2 529 615— 5. A u f w e r t u n g s - K o n t o ... 4 260 47 427 375—
19 340— 32 000 — 8 104 05 1280— 7 533 40
4 040 184 78 4 040 184 78
D e r V o rs itz e n d e des V o rs ta n d e s d e r S ta d ts p a rk a s s e .
24 K o c h , Privatbanken oder öffentliche Banken?
fo lg v e rd a n k t die S ta d tb a n k in a lle re rs te r L in ie ih re m P riv ile g d e r M ü n d e ls ic h e rh e it, m it dem sie a u ß e ro rd e n tlic h s ta rk gew o rb e n h a t und noch heute w ir b t un d sodann dem U m stand, daß sie b e re its im J a h re 1924 a u f G ru n d d e r S teuerzah lungen — die Z ahlungen fü r S ta d t und S ta a t flössen fast ausnahms
los d e r S ta d tb a n k zu — über flüssige M it t e l im K re d itg e s c h ä ft ve rfü g e n ko n n te , w elch e in diesem Ausm aße den ü b rig e n B a n ke n n ic h t im E n tfe rn te s te n z u r V e rfü g u n g standen. W e ite r ka m ih r zugute, daß die h in te r der S ta d tb a n k stehende K om m une jä h rlic h u m fangreich e B a u a rb e ite n ausführen ließ, b e i denen n u r diejenig en F irm e n b e rü c k s ic h tig t w urden, w elche ein K o n to b e i d e r S ta d tb a n k u n te rh ie lte n ; o ffiz ie ll is t dieses P rin z ip heute aufgegeben, ta ts ä c h lic h b e ste h t es nach w ie v o r. S ch lie ß lich h a t die K om m une ih re sä m tlich e n B eam ten ve ra n la ß t, n u r m it d e r S ta d tb a n k zu a rb e ite n , w o fü r sich die S ta d tb a n k d u rch B e v o r
schussung d e r G e h altszah lungen re v a n c h ie rte , vo n w elchem E ntg e g e n ko m m e n anscheinend auch so s ta rk G e b ra u ch gem acht w o rd e n ist, daß die S ta d t
b a n k die se r K re d itin a n s p ru c h n a h m e v o r ku rze m d u rc h ein R u n d sch re ib e n e n tg e g e n tre te n zu müssen glaubte . A lle diese U m stände, w e lch e die G e schäftsausdehnung de r S ta d tb a n k e rm ö g lich te n , s te lle n s e lb s tv e rs tä n d lic h eine u n b e re c h tig te e in seitige, die fre ie K o n k u rre n z ausschließende, B e günstigung dieses U n te rn e h m e n s v o r den P r iv a t
b a n ke n dar.
Fassen w ir n u n die R e n ta b ilitä t dieses B a n k unterneh m ens ins A uge, so s te lle n w ir fest, daß im J a h re 1926 e in G e w in n v o n ca. R M 70 000.— und im J a h re 1927 ein G e w in n vo n ca. R M 32 000.—
e rz ie lt w u rd e . J e d e r Fachm ann w ir d h ie r zugeben, daß diese E rtra g s z iffe rn , gemessen an den hohen E in la g e g e ld e rn und den g le ic h fa lls sehr hohen K r e d ite n , a u ß e ro rd e n tlic h bescheiden sind, zum al die S ta d tb a n k sich i m a l l g e m e i n e n an d ie Sätze d e r B a n k e n v e re in ig u n g h ä lt. N im m t m an a b e r hinzu, daß die S ta d tb a n k S te u e rfre ih e it genieß t1), so muß das R e s u lta t als v o llk o m m e n ungenügend b ezeichn et w e rd e n . In ru n d e n Z ahlen h ä tte n ä m lic h die S ta d t
b a n k im J a h re 1927, fü r w elches die v o rlie g e n d e B ila n z g ilt, folgende S te u e rn e n tric h te n müssen, w e n n sie in g le ich e r W e ise w ie ein p riv a te s B a n k u n te rn e h m e n b e h a n d e lt w o rd e n w ä re :
1. K ö rp e rs c h a fts te u e r (20 p C t.
v o n R M 70 000.— ) . . . . ca. R M 14 000.—
2. X
A p C t, V e rm ö g e n ste u e r .. ,, R M 700.—
3. G e w e rb e s te u e r 2 'A p C t., z u zü g lich 100 p C t. G e m e in d e
zuschlag ... R M 3 500.—
4. A u fb rin g u n g sa b g a b e 7,1 p ro
M i l l e ... ... „ R M 1 000.—
insgesam t: ca. R M 19 200.—
H ie ra u f w ä re e v tl, ein B e tra g v o n ca. R M 6000.—
fü r vorausgenom m ene K a p ita le rtra g s te u e r in A n rechnung zu brin g e n . Je d e n fa lls v e rb lie b e aus dem G eschäftsjah r 1927 ein R e in g e w in n vo n höchstens ca. R M 20 000.— . *)
*) Im Jah re 1928 w u rd e die S ta d tb a n k zu r K ö rp e rs c h a ft
steuer v era nlagt, wogegen sie E in spru ch erhoben hat. Das O rts gesetz s o ll nu nm ehr zu r Um gehung de r K ö rp e rs c h a fts te u e r du rch die Bestim m ung ergänzt werden, daß als T re u h ä n d e rin fü r die gem einnützige und m ild tä tig e V erw endung des Vermögens und der Bestände der S tadtbank, der Sparkassen- und G iro ve rb a n d fü r P ro v in z Sachsen, T h ü rin g e n und A n h a lt be stim m t w ird .