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Zeitschrift für Kirchengeschichte, 1897, Bd. 17, H. 4.

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(1)

J

Ausgegeben den 15. Januar 1897.

V ,

ZEITSCHRIFT

FÜR

K I R C H E N G E S C H I C H T E .

I I K R A U S « K G H I S K N V O N

D. T H E O D O R B R I E G E R ,

n l l l l l i N T I , . I ' I I O F Ü S K O R r >Kl t K I H C M l K N ' J F . S r i l l O i n ' K , A N IIF.K U N I V U n S I T Ä T I . K 1 P 7 . K ) ,

UND

Phof. Lic. B E R N H A R D B E S S ,

ZUR ZEIT HÜLKSARHEITER A\ DER KOL. UNIVfiRSlTÄTSIMIII.IOTHEK ZU UfiTTlNGKN.

XVII. Band, 4. Heft.

GOTIIA.

F R I E D R I C H A N D R E A S P E R T I I E S .

1897.

K________ _________ r

D ie H e f te dev „ Z e its c h r ift fü r K ir c h e n g e s c h ic h t e “ e r s c h e in e n z u B e g in n e in e s je d e n Q u artals.

(2)

D ie g e e h r te n H e r r e n M ita r b e ite r w e r d e n g e b e t e n , h in fo r t in d er R e g e l ih r e M a n u sk rip te an d en z w e ite n R e d a k te u r zu sen d en .

A u c h s e i d a r a u f h in g e w ie s e n , d a fs m it d em W e g fa ll d er N a c h ­ r ic h te n v o m n ä c h s te n J a h r g a n g ab e in b e d e u te n d s c h n e lle r e r A b ­ d ru ck d er e in g e s a n d te n B e itr ä g e er fo lg e n w ir d .

D ie N a c h r ic h te n w e r d e n d u rch e in e B ib lio g r a p h ie e r s e tz t w e r d e n .

(3)

Peter von Murrhone als Papst Cölestin Y.

Von

Dr. H a n s S c h u l z in Berlin.

(Sclilifs.)

3 . D ie A bdankung *.

B ereits ab er w ar es au ch Cölestin zum Bew ufstsein ge­

k o m m en , dafs er seinen P latz n ich t ausfülle. M an w ird nach dem bisher geschilderten V erlau f seines P ontifikates sagen d ü rfe n ; dafs er die ihm angebotene W ü rd e ü b e r­

nom m en h atte, ohne eine A h n u n g davon zu haben, w as sie von ihm fo rd e rte : welche positiven K enntnisse un d L e i­

stu n g en u n d welche A ufopferung a lte r Gew ohnheiten. E rs t als er sich in dem neuen A m te selbst b e fa n d , lern te er dessen A nforderungen k e n n e n , d a ab er w urde er sich zu­

gleich d a rü b e r k la r , dafs n ich t blofs seine körperlichen wie geistigen K räfte n ich t ausreichten 2, sondern dafs er auch keine B efriedigung in den neuen V erhältnissen fand.

1) S. oben S. 363.

2) „ Debilitate corporis “ heifst es in der Abdankungsformel (siehe S. 493 Anm. 4). Jac. Card. III. III, 475:

Defectus, senium, mores, inculta loquela,

Non prudens animus, non mens experta, nec altum Ingenium, trepidare monent in sede periclurn

sagt er selbst vor den Kardinälen. — Villani, Hist. Fiorentine VIII, 5:

ap. Murat. SS. rer. Ital. XIII, 347: non sentendosi sufficiente. — Schrei­

ben der Kardinäle bei Bai an, II processo di Bonifazio VIII, Rom 1881, S. 82 : humiliter defectus proprios recognoscens patentes et notos, propter quos impotens reddebatur et prorsus inhabilis ad summi aposto- latus officium exercendum, in tantum, quod nec mala, que egerat in papatu, revocare poterat, nec sciebat, sed nec a rnalis agendis in antea

Zeitschr. f. K.-G. XVII, i. 31

(4)

W ir haben gesehen, wie seine V erfügungen in O rdens­

angelegenheiten d as einzige w a re n , was sich in seinem bis­

herigen G esichtskreise b ew egte, von den politischen A b ­ m achungen zw ischen A rag o n u n d N ea p el, w elchen seine Bullen d ie n ten , v erstan d er nichts l. M ehr a b e r als d as G efühl seiner U n zu län g lich k eit beu n ru h ig te es ih n , dafs e r zu seinen gew ohnten B ufsübungen nicht m ehr Z eit gen u g fa n d , un d als er sich dieselbe verschaffte, geschah es a u f K osten d e r P flich ten , die er als P a p st h a tte ; beim H e ra n ­ nahen d er A dventszeit liefs e r sich eine hölzerne Zelle in einem abgelegenen T eile des P alastes bauen 2, die fast n u r fü r ihn un d einen A lta r R aum bot. H ier suchte er in G e­

beten und B ufskäm pfen die verlorene R uhe d er Seele w ieder­

zu g ew in n en , u n d hier w ird es gew esen sein, wo ihn eines T ages F ra n z e sk o d a B a rb e rin o , der p ro v en9alische D ich ter, erblickte, wie er an einem S tü ck B ro t n a g te , w ährend ein D ien er einen K ru g hielt, au s dem er tr a n k ; dies sei, sa g te d er P a p st, die weiseste A rt zu essen u n d zu trin k en , die es auf d er W e lt geben k ö n n e , und das habe ihn seine M u tter gelehrt. Oft erk lä rte e r auch d e n S e in ig e n : „ W e n n es n icht um E uretw illen w äre, wollte ich n icht P a p st s e in “ ; als sie ihn fragten, aus w elchem G runde, an tw ortete e r: „W eil ich des H errschens so sehr ü b erd rü ssig b in , dafs es m ir ein gröfserer T ro st ist, w enn ich alles d u rch m ich selber th u e.“

I n solcher L a g e m ag e r oft g en u g des B ibelw ortes g ed ach t h a b e n : „ W a s hülfe es dem M enschen, so er die ganze W e lt gew önne u n d nähm e doch S chaden an seiner Seele “ 3.

abstinere, propter que anime sue periculum reformidans elegit magis papatui cedere etc.

1) Brief bei Barth. Cotton ap. Mon. Germ. XXVIII, 611: tempo- ralium et omnino inexpertum.

2) Jac. Cai d. III. III, 321 ff. Anonymus s. den Anhang S. 505.

3) A. T h o m a s , Francesco da Barberino et la letterature proven<jale en Italie au moyen äge (Paris 1883), p. 14 et 181 sqq.: Vidi quendaro pontificem, cuius nomen taceo in presenti, qui de vili statu ad digni- tatem pontificis promotus extiterat, nec servierat unquam ulli nec alius unquam sibi. Contigit quod rüdes multi sibi similes secuti sunt eum et viventes ut rustici ei rustice ministrabant. Semel enim per quandam cameram euntem illum inveni cum pane uno in manu, mordentem illum,

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D ie F ü h ru n g d er G eschäfte überliefs er drei K a rd in ä le n ; zu ihnen w ird m an auch B enedikt G aetan i zu zählen h aben, w elcher von n u n an m ehr u n d m ehr in den V o rd erg ru n d tritt. D ie üb erg an g en en K ard in äle jedoch w aren m it d er Ü b e rtra g u n g d e r R egierungsgew alt n icht einverstanden; schon w a r die päpstliche V e ro rd n u n g , welche die drei V e rtre te r bevollm ächtigen sollte, fertig gestellt, d a eilte M atthäus O rsini von Rom herbei un d erhob lebhaften W id e rsp ru c h dagegen, dafs an die Stelle eines P ap stes drei trä te n 1.

D e r erste V ersuch C ölestins, sein früheres M önchsleben w ieder aufzunehm en u n d m it seinem P a p sttu m zu vereinigen, w a r somit gescheitert un d m ufste scheitern, denn nach seiner A uffassung sollten bei diesem A usgleich die F o rd eru n g en des P ap sttu m s zurückstehen h in ter dem heiligeren, u nm ittel­

b aren D ienste Gottes, a b e r je n e hatten, wie die V erhältnisse w irklich la g e n , die bei weitem gröfsere K raft, sich G eltung zu verschaffen. W ä re Cölestin auch n u r etw as m eh r S ch arf­

b lick eigen gewesen, so hätte er den K onflikt schon v o rau s­

sehen können, als die G esandten d er K ard in äle ihn in seiner Zelle a u f dem M urrhone au fsu ch ten , un d ihn vielleicht v er­

mieden. K la re r sehende K öpfe haben ihn thatsächlich frü h er erk a n n t, die K ard in äle L atin u s u n d B en ed ik t G aetan i h atten ebenso wie K a rl II. a u f diesen Z w iespalt ih re B erechnungen g e b a u t, a b e r es absichtlich u n terlassen , P e te r aufzuklären, weil sie gerade aus der U n v e rein b ark eit der G egensätze in

PETER VON MURRHONE ALS PAPST CÖLESTIN V. 4 7 9

et unum ex servitoribus urceum tenentem vini, cum quo bibebat, et di- centem pontificem quod hoc erat sapidius bibere et commedere quam esse posset in mundo et quod hoc sibi dixerat mater sua... Dicebat etiam iste pontifex sepe suis: „Nisi propter vos nollem pontifex esse.“

Querebant quare. Dicebat: „Quod in tantum me imperare tedet, ut maius sit michi sollatium cum omnia facio per me ipsum.“ — Casti bei Antinori S. 172 verlegt die Scene vor die Ernennung der zwölf Kardi­

näle, welche am 18. September in Aquila stattfand, und benutzt sie zur Begründung derselben. Doch läfst sich Barberino noch am 22. Sep­

tember urkundlich in Bologna nachweisen (Thomas S. 13), und der ganze Text scheint mir, namentlich wegen der geschilderten Gemüts­

erregung Cölestins, ziemlich sicher auf die Zeit vor der Abdankung in Neapel hinzudeuten.

1) Neben Jacob. Card. vgl. Lei. Marin. 1. c. p. 523, 104.

3 1 *

(6)

ihm V orteil zu ziehen gehofft hatten. M enschlicher fühlte u n d handelte Ja k o p o n e von T o d i; er wufste, dafs P e te r ein ruhiges L eb en d a h in g a b , um entw eder K am p f und Streit oder ein d rü ck en d es Jo c h dafü r einzutauschen, un d w arn en d rie f er ihm zu

„Ist's das Amt, das Dich berauschet, Hast Du wahrlich schlecht getauschet;

Wohl ein Fluch ist’s, Gott zu missen Wegen eines solchen Bissen.

Deine Wahl hört ich mit Schmerzen, Hede drum aus offnem H erzen;

Hast ein Joch jetzt auf dem Nacken, Dran Dich Satan leicht kann packen.

Wenn ein Held, ein kühner Streiter, Steht auf höchster Sturmesleiter, Soll man ihn stets sehen fechten Mit dem Banner in der Rechten.

Du stehst auf dem höchsten Turme, Mitten im Gedräng und Sturme, Wirst wohl auch in Deinen Scharen Zwietracht nur zu viel erfahren.“

A b er die E rm a h n u n g des M önches zu m annhaftem A us­

h a rren a u f dem P latze, a u f den der P a p s t gestellt w ar, w ar um sonst. P e te r w ar nicht au s dem H olze, wie G reg o r V II.

u n d seine Streiter. Diese h atten e rk a n n t, dafs gerad e sie, die geg lau b t h a tte n , der W elt abgestorben zu sein, n a c h ­ dem sie ins K loster gegangen w a re n , die geeignetsten V o rk äm p fer d er K irche w a re n , denn sie besafsen nichts, w as sie im K am pfe h ätten verlieren k ö n n e n , u n d willig, w enn auch schw eren H erzen s, verliefsen sie a u f den R u f des P ap stes ihre K losterzelle u n d stellten all’ ihre K räfte in den D ienst d er K irch e un d ihres streitb aren O berhauptes, d u rch d ru n g en von d er Ü b erzeu g u n g , dafs n u r die W e lt­

h errsch aft d er K irch e die völlige W eltflucht erm öglichen w erde. E in solcher G eist ha tte die K irch e zum Siege ü b e r die äufseren M achtm ittel des K aisertum s führen m ü s s e n . Cölestin a b e r v e rsu c h te, sich d u rch heim liche F lu c h t von

1) Dissertation S. 45—46.

(7)

d er L a st zu befreien, welche er auf sich genom m en hatte.

M an fand ihn in einer K irche v erste ck t, un d a u f die F ra g e , w arum er sich entfernt habe, erk lä rte e r , er sei des P a p s t­

tum s satt un d zu a lt, er wolle ab d an k en zugunsten eines anderen, d e r seinen P la tz besser auszufüllen verstehe. M an staunte u n d g la u b te , er sei von S in n en ; kaum gelang es, ihn m it B itten und guten W o rte n zu b eru h ig en , und m an zog ihn schleunigst w ie d e r, dam it n u r das V olk nichts d a­

von erfahre, a u f den päpstlichen Stuhl l.

N achdem der V ersuch, die eigentliche R egierung an d eren zu ü b erlassen , m ifsglückt w a r, blieb fü r den P a p s t, w enn d er T od ihn n icht erlöste, n u r noch ein M ittel: die A b ­ dankung. A b er das w ar ein Ausweg, welchen, so lange es einen röm ischen B ischof gab, noch k ein e r b eschritten hatte.

Bei der grofsen Rolle, w elche die A b d an k u n g Cölestins später in den K äm pfen B onifaz’ V III. m it den Colonna un d P h i­

lipp IV ., selbst noch jahrelang ü b e r den T od des P ap stes hinaus gespielt h a t, d ü rfte die F r a g e , w er zuerst a u f den bisher u n erh ö rten G ed an k en gekom m en is t, keine m üfsige sein. D er gew öhnlichen A nnahm e zufolge w aren die K a r­

dinäle die U rh eb er des P lanes, fü r welchen sie zwei G rü n d e a n fü h rte n : erstens gerate die K irch e u n te r Cölestin in G e­

fahr u n d V erw irru n g , d arau s folge zweitens, dafs sein eigenes Seelenheil a u f dem Spiele stehe, denn dereinst w erde er R echenschaft ablegen m üssen vor dem R ichterstuhle G ottes u n d sich nicht v erantw orten können wegen des Unheils, w elches e r als P a p st an gerichtet h a b e ; B enedikt G aetan i sei d am it b e au ftrag t w orden, dem P ap ste die B edenken der K ard in äle nahe zu legen.

Diese F o rm der D arstellung ab e r b e ru h t allein a u f To- lomeo von L u c c a 2. Ih m zufolge begannen die K ardinäle bereits v o r der Ü bersiedelung d er K urie n ach N eapel a n ­ gesichts d er M ifsw irtsc h aft, welche im K irch en reg im en t herrschte, dem P a p st V orstellungen zu m achen u n d , indem sie seine H eiligkeit zum V orw and n a h m en , ihm darzulegen,

PETER VON MURRHONE ALS PAPST CÖLESTIN V. 4 8 1

1) Ferr. Vicent. ap. Murat. IX, 966.

2) Hist. eccl. XXIV, 32.

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w elche G efahr ihm drohte. A u f dem W ege nach N eapel d rä n g te n sie ihn d an n m it den oben erw äh n ten G rü n d en g erad ezu zu r A b d an k u n g . W en n n u n auch Tolom eo sich dam als wohl an d er K u rie au fh ielt, so steht doch seine E r ­ zählung n ic h t blofs vereinzelt da, sondern au ch geradezu im W id ersp ru ch m it den M itteilungen a n d erer Z e u g en , welche noch dazu sehr wohl im stande w aren, diese D in g e , um die anfangs gewifs n u r ein k lein er K reis von E ingew eihten wufste, aus gröfserer N ähe zu beobachten als d er nicht ein ­ m al zum P erso n al der K u rie gehörige Bischof.

Sowohl u n ser b estu n terrich tetster und zuverlässigster G e­

w ährsm ann, d er K a rd in a l J a k o b , wie d er u n b ek an n te V e r­

fasser einer L ebensbeschreibung Cölestins 1, w elcher dem P a p s t sehr nah e gestanden zu h aben scheint, lassen u n v er­

k e n n b a r den P la n d er A b d a n k u n g im K opfe P eters en t­

standen sein. J a k o b S te p h a n e sc h i, dessen G lau b w ü rd ig k eit in dem vorliegenden F alle noch erhöht w ird d u rch seine eigene V ersich eru n g , er habe den P a p s t selbst d a rü b e r g e­

h ö rt 2, schildert im E in g a n g des K a p ite ls , welches die A b ­ d a n k u n g b e h an d elt, wie P e te r sich zu n äch st ganz allein m it G ew issensbedenken ü b e r die F ra g e p la g t, ob er a b ­ d a n k e n dürfe, d a ra u f aus dem kanonischen R echte sich B e­

le h ru n g zu verschaffen sucht u n d e rst, als e r dieselbe n ich t k la r u n d deutlich fin d et, einen F re u n d zu sich rufen läfst.

A uch diesem v e rtra u t er seine G ed an k en anfangs n u r im geheim en, d an n zieht e r noch einen zw eiten hinzu, u n d erst m ehrere T ag e sp äter m a ch t e r dem ganzen K ardinalskolleg M itteilung.

In vollkom m ener Ü bereinstim m ung hierm it befindet sich d er B ericht des A n o n y m u s, Cölestin h a b e , w äh ren d er in seiner hölzernen Zelle g an z abgeschlossen lebte, nachgedacht ü b e r die L ast, welche er tru g und ü b e r die A rt u n d W eise, a u f w elche e r sie ohne G efahr fü r seine Seele von sich w erfen könne. A uch die D arstellu n g d er w eiteren B eratungen d ec k t sich d u rch au s m it d er des K a rd in als Ja k o b .

1) Anhang S. 504 ff.

2) Jac. Card. III. III, 353: ut nos viva patris docuit vox.

(9)

A n die beiden so unm ittelbaren Zeugnisse reihen sich zw ei a n d e re , welche z w ar für sich allein nichts bew eisen w ü rd e n , a b e r in V erb in d u n g m it den beiden ersteren doch n icht ohne B edeutung sind. D as eine ist die v orhin w ieder­

gegebene E rz ä h lu n g des freilich nicht zuverlässigen F e rre tu s V icen tin u s, in w elcher Cölestin nach seinem m ifsglückten F lu c h tv e rsu c h gleichfalls zuerst den G edanken einer A b ­ d a n k u n g äufsert und die K ard in äle d a rü b e r höchst erstau n t s in d ; das andere liefert V illani 1, w enn e r sagt, Cölestin habe in dem G efühl seiner U nzulänglichkeit und in d er Besorgnis um sein Seelenheil nach einem W ege g esu ch t, a u f dem er sich des P a p a ts entledigen könne 2.

Z u einem solchen Q uellenbefunde kom m t die E rw äg u n g , dafs die K a rd in ä le , falls d er P la n von ihnen ausgegangen w äre, fü r P eter, dessen U nbeholfenheit sie k a n n te n , die W ege v o n vornherein m ehr geebnet u n d gegen K a rl I I . , dessen lebhaften W id ersp ru ch sie fü rch ten m u fsten , w eit um fang­

re ich ere V ork eh ru n g en getroffen haben w ü rd e n , als es, wie die folgenden V erhandlungen zeigen, in d e r T h a t geschehen ist. M an w ird d a h e r, w ie m ir scheint, den U rsp ru n g des A b d an k u n g sp lan es d u rch au s bei Cölestin zu suchen haben, w enn auch alte wie neue G eschichtschreiber 3 fast ausnahm s­

los die ersten u n d zuverlässigsten Q uellen aufser ach t ge­

lassen und Tolom eo von L u c c a gefolgt sind.

W en d en w ir uns nu n m eh r z u r D arstellung z u rü c k , so w a r für P e te r je tz t die F ra g e die, wie er seinen P la n aus­

PETER VON MURRHONE ALS PAPST CÖLESTIN V. 4 8 3

1) VIII, 5: cercava ogni via, come potesse renuntiare il papato.

2) Das Zeugnis beider fällt um so mehr ins Gewicht, als sie an mehreren Stellen ihrer Abneigung gegen Bonifaz VIII. deutlichen Aus­

druck verleihen, man also gerade im Gegenteil erwarten könnte, dafs sie die Erfindung des Abdankungsplanes seinem Ehrgeize zuschrieben.

3) Wa d d i n g , Ann. Minorum, Lugduni 1628 a. a. 1294, IV. — E g g s , Pontificium doctum (1718), p. 499. — Bo we r - Ra mb a c h , Un- parth. Hist. d. röm. Päpste (1770) VIII, 229. — P l a n c k , Gesch. d.

christlich-kirchl. Gesellschaftsverfassung (1809) V, 11. — T o s t i I, 64. •— R e u mo n t , Gesch. d. Stadt Rom (1867) II, 617. — Sybe l , Vorträge und Aufsätze (1874), S. 157. — Ba l a n, II processo di Boni- fazio VIII. (1881), p. 29.

(10)

führen könne. Z u n äc h st suchte er im kanonischen R echte nach einer B estim m ung \ d u rch welche sich der bisher u n ­ erh ö rte S ch ritt rech tfertig en liefse, ab e r d o rt w ar ein V e r­

zicht ohne w eiteres n u r bei einer einfachen P frü n d e erlaubt, einem P rä la te n jed o ch n u r „ e x causa et licen tia, scilicet p ro p ter hum ilitatem et m eliorem vitam , p ro p ter conscientiam crim in is, debilitatem co rp o ris, defectum scientiae, m alitiam plebis et irreg u la rita tem p e rso n a e “, u n d jed e s A m t sollte in die H än d e dessen zurück g eg eb en w erden, von dem es erteilt w ar. So k am es fü r Cölestin je tz t d a ra u f a n , eine causa u n d eine licentia ausfindig zu m achen. Im letzteren P u n k te lag die H au p tsch w ierig k eit, denn in w essen H än d e sollte d er P a p s t, d er oberste H e rr der C hristenheit a u f E rden, seine W ü rd e niederlegen?

U m d a rü b e r zu b e ra te n , liefs Cölestin „ e in e n F r e u n d “ zu sich kom m en. M it gew ohnter Z u rü c k h a ltu n g verschw eigt d er K a rd in a l J a k o b 2 den N am en d esselben, ab er d er u n ­ b e k a n n te F re u n d Cölestins 3 bezeichnete ihn ganz b e stim m t:

es w a r B en ed ik t G aetani. Von nun an ging die L e itu n g der K u rie an ihn über.

E in e Z eit lan g hatte es geschienen, als sollte seine Hoff­

n u n g , a u f den unfähigen P a p s t m afsgebenden Einflufs zu g ew in n en , d u rch die unbedingte Ü b erm ach t K a rls v ereitelt w e rd e n , und B en e d ik t w ar k lu g genug gew esen, sich in diesen M onaten still zu rü ck zu h alten . Selbst bei d er im ganz ausschliefslichen Interesse K a rls ins W e rk gesetzten ersten K rö n u n g Cölestins u n d der E rn e n n u n g der zwölf K ardinäle, welche nach jen e m Besuche des K önigs in P e ru g ia gegen E n d e das J a h re s 1293 neue u n m ittelb are E ingriffe desselben in die innersten A ngelegenheiten d er K irch e w a re n , h atte B en ed ik t sich wohl g e h ü te t, seinen alten G egner noch ein­

m al du rch einen W id erstan d zu reizen, d er m itten in seinem R eiche ohnehin völlig aussichtslos gew esen wäre.

1) Jac. Card. III. III, 371 ff. Lei. Marinus ap. Act. Sanct. Mai IV, 524, 106.

2) III. III, 392.

3) S. Anhang S. 505.

(11)

E inem solchen passiven V erhalten gegenüber scheint K a rl II. die verschiedensten V ersuche gem acht zu haben, seinen G egner entw eder zu v ern ich ten oder fü r sich zu g e­

w innen. D er späteren A ussage des K ardinals P eter C olonna zufolge welche etw as ü b ertrieb en sein m ag, ab e r im übrigen zu der L ag e der D inge in je n e r Z eit sehr wohl pafst, fragte d er K önig in A quila einen d er beiden C olonna, ob er au f die Beihilfe seiner P a rte i rechnen k ö n n e , w enn er Cölestin dahin zu bringen su ch te, dafs er gegen B en ed ik t vorgehe un d ihn als H ä re tik e r des K ard in alats beraube. J a k o b Co­

lonna ab er riet dem K önige a b , weil B enedikts H äresie nicht sicher erwiesen sei und weil — was wohl d er H a u p t­

g ru n d fü r den K ard in al w ar — ein solches V erfahren sich m it d er E h re d er röm ischen K irche und des K a rd in a la ts nicht vertrage. D a gab denn K arl seinen P lan auf.

W ie gesagt ist es zw eifelhaft, ob oder inw iew eit m an den W o rten des K ard in als nach alledem , was sich in dem voraufgegangenen Ja h rz e h n t zw ischen Bonifaz V III. und den C olonna ereignet hatte, G lauben schenken darf. L ie g t ihnen w irk lich ein K ern z u g ru n d e , so h a t sich der K önig bald, nachdem er die U n au sfü h rb a rk e it seiner A bsicht, den F ein d zu vernichten, e rk a n n t hatte, zu dem V ersuche entschlossen, a u f dem entgegengesetzten W eg e seiner H e rr zu w erd en , oder zu gleicher Z eit ein doppeltes Spiel gespielt. Schon bei d er im Septem ber vollzogenen E rn e n n u n g des jü n g e re n B enedikt G aetani zum K a rd in a l sprach ich die V erm u tu n g a u s, dafs dieselbe ein A nnäherungsversuch K arls gew esen

PETER VON MURRHONE ALS PAPST CÖLESTIN V. 4 8 5

1) Bei Hö f l e r , „Rückblick auf Bonifaz VIII.“ (Abhdlgn. d. bayer.

Akad. 1843) unter den Aussagen der Kardinale vor Klemens V., S. 60:

Carolus . . . in Aquila requisivit cardinalem de Columna, si posset seu potuisset habere assistentiam Columnensiimi, quia intendebat procurare, quod D. Coelestinus procederet contra eum et privaret eum cardinalatu tanquam haereticum. . . . Aber Jakob Colonna riet ihm ab, quia de eius haeresi forte non ad plenum constaret, . . . abstineret pro honore ecclesiae et statu cardinalatus; et quia Rex Siciliae non potuit habere consensum Columnensium ad processum praedictum privationis fiendae ex causa haeresis contra Bonifacium, tune Benedictum G, abstinuit nea fuit contra ipsum processum.

(12)

se i, un d je tz t h ab en w ir vom 11. N ovem ber 1294 einen B r i e f 1 des K önigs aus C a p u a , w elcher dem J a k o b von A vellino befiehlt, einer K lage des V ik ars B e n e d ik ts, „ d e s K ard in alp riesters von St. M artin in M ontibus, unsers teu er­

ste n F re u n d e s “ w egen Schädigung von R echten a u f einen ih m zugehörigen W ald G ehör zu geben.

A b e r B enedikt liefs sich w eder durch die eine noch die a n d e re M afsnahm e des K önigs beeinflussen. Z w a r zeigen m anche E rlasse der päpstlichen R egierung, dafs die K anzlei, obw ohl Cölestin d u rc h au s in den H än d en K arls II. w ar, d o ch vielfach ihre eigenen W ege g i n g 2, u n d gerade an ihnen m ag B en ed ik t n icht ganz unbeteiligt gewesen sein.

Im w esentlichen jed o ch beobachtete er die gröfste Z u rü c k ­ h altung, un d dafs e r es v e rsta n d , sich bis zu dem rechten A u g en b lick zu g ed u ld en , ist nicht das letzte, w as ihm den S ieg verschafft hat. E r wufste sehr w ohl, dafs d er R ü c k ­ sc h la g gegen das so plötzlich ü b erm äch tig gew ordene frem de R egim ent an d er K u rie nicht ausbleiben k o n n te, und a u f G ru n d seiner V ergangenheit — sowohl w egen des A nsehens, welches er an d er K u rie genofs, wie seiner Stellung zu K a rl II. halber — w a r er d e r gegebene F ü h re r der O ppo­

sitionspartei 3. Sobald n u n die U nzufriedenheit u n ter den 1) Gr e g o r o v i u s , Gesch. d. Stadt Rom (1878) V, 500, 1: venerab.

patris D. Benedicti . . . amici nostri carissimi.

2) So L o r e n z , Deutsche Geschichte II, 557, doch zeigen die Re­

gesten Cölestins nur sehr wenige Beispiele hierfür, und wenn gar Höfler S. 16 (s. S. 485 Anm. 1) von der „so vielen Historikern entgangenen Thatsache“ spricht, „dafs, was die Behandlung der nicht rein geist­

lichen Verhältnisse betrifft, . . . zwischen seinem Pontifikate und dem seines Nachfolgers kein merklicher Unterschied sich zeigt, ja im Gegen­

teil ein Geist, der des Kardinals Benedikt, nachherigen Bonifaz VIII., sich in dem einen wie in dem ändern Pontifikate erweist“, so hält es schwer, hierfür auch nur eine kleinere Anzahl von Belegen zu finden.

Beweise vom Gegenteil haben wir im vorigen Kapitel zur Genüge kennen gelernt, und wie Cölestins Zeitgenossen über ihn dachten, sahen wir be­

reits S. 393 Anm. 1 und S. 394 Anm. 2. In wunderlichem Gegensätze zu Höflers Urteil steht auch das von D a m b e r g e r , Synchronist.

Gesch. der Kirche u. der Welt (1851), XII, 99— 102.

3) Zutreffend scheint mir das Urteil Tostis I, 61—62, welcher, nachdem er von der päpstlichen und der angiovinischen Partei der Kar-

(13)

K ard in älen die geschilderte H öhe e rreich t h a tte , w a r die Z eit fü r ihn gek o m m en , es bedurfte n u r eines geeigneten A n lasses, d er ih n zum A ufgeben seiner bisherigen Z u rü c k ­ haltu n g scheinbar zw ang.

J e tz t b o t Cölestin ihm einen solchen dar. In seiner U n- gew ifsheit, ob das K irch e n rech t ihm die A b d a n k u n g w irk ­ lich g e sta tte , kon n te d er P a p st an niem and einen besseren B era ter finden als a n dem rech tsk u n d ig en B enedikt G aetani.

E r tr a t d ah er m it ihm in die engste V erbindung. A ber noch schien die M acht K arls zu grofs un d d e r P lan im P a p ste selbst zu w enig entw ickelt, als dafs d er k lu g e D ip lo ­ m at ohne w eiteres seine Z ustim m ung gegeben hätte Schein­

b a r erstau n t fragte er, w eshalb Cölestin sich solche G e d a n k en m ache u n d rie t ihm, sich n ich t m it d erartig en D ingen selbst die R uhe seines G em ütes zu zerstören. N atürlich d ra n g der

PETER VON MURRHONE ALS PAPST CÖLESTIN V. 4 8 7

diDäle gesprochen hat, fortfährt: Di entrambi queste parti non poteva il Gaetano esser signore, perche opposte; e a dire piuttosto che signo- reggiasse quella che si opponeva agli artifizi dello Zoppo, con cui era acerbo. E questo signoreggiare era appunto nella dipendenza che ave- vano da lui, come da uomo di singolare ingegno, tutti gli altri cardmali.

S. a. S o u c h o n , Die Papstwahlen von Bonifaz VIII. bis Urban VIII.

(1888), S. 8—9.

1) Jac. Card. III. III, 399:

Ille tarnen cautus mentem simulare coegit:

Cur, pater, hic opus est? Quaenam cunctatio curam Ingerit? Optatis absiste gravare quietem.

Die anfängliche Weigerung Benedikts, auf Coelestins Gedanken ein­

zugehen, nehmen einige so ernst, dafs sie aus ihr sogar den Schlufs ziehen, Benedikt sei ein Gegner der Abdankung gewesen, könne also auch nicht beschuldigt werden, für sich nach dem Papsttum gestrebt zu haben: R u b e u s , Bonifacius VIII. e familia Caietanorum principum (Rom 1651), p. 4. Aegidius Colonna: De renunciatione papae, cap. 23 (s. S. 502 Anm. 3): Potest quidem ex pluribus adhuc viventibus com- probari, d. Bonifacium p. VIII. . . . persuasisse d. tune Coelestino, quod non renuntiaret, quia sufficiebat collegio, quod nomen Suae Sancti- tatis invocaretur super eos. Auch Act. Sanct. Mai IV, 459 Anm. y zu Vers 533. Wiseman: Difesi di varj punti della vita di Bonifazio VIII.

(Ann. delle scienze religiöse [1840] XI, 261). — Meines Erachtens war es nur Vorsicht, wenn Benedikt zunächst an sich hielt; so versteht auch Tosti I , 67 die Worte des Kardinals Jakob, er sagt: con modi, che celavano la interna contentezza, rispose . . . .

(14)

P a p s t n u r um so heftiger in ihn, u n d gleichsam gezw ungen e rk lä rte B en ed ik t e n d lic h , er könne a b d a n k e n , w enn ein triftig e r G ru n d vorh an d en sei. D iesen fand Cölestin bald in den Q ualen, w elche ihm d er Z w iespalt zw ischen seinem H a n g zum E rem iten leb en u n d seiner völligen U nzu län g lich ­ k e it einerseits u n d den A nforderungen des A m tes a n ihn anderseits unablässig verursachte. N och ein an d e re r V er­

tra u te r w u rd e gerufen, d er sich gleichfalls ein v erstan d en e r­

k lä rte *, und nachdem endlich au ch eine gröfsere A nzahl von K ard in älen m das G eheim nis eingew eiht und um ih re M einung befragt w a r 2, gew ann fü r Cölestin die A ussicht, endlich seiner B ü rd e ledig zu w erden, im m er m ehr an W a h r­

scheinlichkeit.

E s leu ch tet ein, dafs K a rl II., dem die gepflogenen V er­

h andlungen n icht v erb o rg en blieben 3, einer solchen E n t­

w ick elu n g der D inge n icht ru h ig zusehen ko n n te, und n icht w eniger b ed ro h t als er w aren d ie , welche d u rch ihn erst z u r M acht g elan g t w a re n , die neuen B eam ten d er K u rie u n d die zw ölf k ü rzlich ern an n ten K ardinäle. D a z u k am en schliefslich noch die B rü d e r vom C ölestinererem itenorden, deren Z u k u n ftsträu m e zugleich m it Cölestins P a p a t zer­

rin n en m ufsten 4.

D ie letztere P a rte i b ra c h zuerst lo s, im geheim en viel­

leicht von K a rl II. b e stärk t, vom V olke, m it dem sie ja in enger B eziehung stand, offen u n te rstü tz t: eine erreg te M enge, u n te r d er sich zahlreiche Cölestiner b efan d en , rottete sich zusam m en und erzw ang den E in tritt in die B urg, in w elcher sich d er dem P a p s t angew iesene P a la st befand. D e r K önig w ird den E ind rin g lin g en kein en W id e rsta n d haben entgegen­

1) Jac. Card. III. III, 409:

Vocat inde alium quo certius esset Consilium. Firmabat idem.

2) Jac. Card. III. III, 420:

Attamen absconsi pandit secreta cubilis Nonnullis procerum, quorum consulta reposcit.

Wie ihre Antwort ausfiel, erfahren wir nicht.

3) L. c. 427: Sed verba latenter subrepunt aures hominum.

4) Dissertation S. 34 u. 44.

(15)

setzen lassen, denn sie förderten seine Interessen. Bis an die einsam e Zelle P e ters im In n e rn des P alastes d ra n g der H aufe u n d verlangte den P a p s t zu sehen. D e r drohenden H a ltu n g der M enge gegenüber w agte Cölestin n ich t, seine w ah ren A bsichten einzugestehen, voller F u rc h t erk lä rte er J, d er P la n , die R egierung n iederzulegen, sei m ehr n u r ein G edanke als ein w irk lich er H erzensw unsch von ihm gewesen.

D och die V erleugnung seines A bdan k u n g sp lan es w ar n u r erzw ungen u n d deshalb ohne D auer. Schon w enige T ag e sp äter tr a t er im K onsistorium offen m it dem selben hervor u n d fo rd erte die A nsicht des K ardinalskollegs ü b e r ihn e in : seine Schw äche, sein A lter, sein C h a rak te r, seine U nbeholfen- heit in d er Sprache, d er M angel an K lugheit, E rfa h ru n g un d G eist — alles das, e rk lä rte er, m ahne ihn, G efahr zu fürchten, solange er den apostolischen Stuhl inne h a b e 2. D ie A n t­

w o rt, welche ihm das K ardinalskolleg nach längerer B e­

ra tu n g erteilte, bestand wie dieses selbst aus zwei T eilen u n d läfst die A bsichten der beiden P a rte ie n deutlich hervor­

treten 3; einerseits erk a n n te m an die B erechtigung d er von Cölestin angeführten G rü n d e a n , anderseits ab e r b a t m an ihn, von seinem V orhaben, welches bisher u n e rh ö rt un d des­

halb gefährlich sei, a b zu steh e n , denn er drohe den R u f des P ap sttu m s d am it zu b efle c k e n ; er m öge sich nicht übereilen, sondern es noch einm al m it d er F o rtfü h ru n g der G eschäfte

1) L. c. 459 :

At pater attonitus senior, non sponte videndua Turbidus exibat, faciem demissus . . .

Animo maius, quam verba, sed, inquit, Cordis in archivo gerimus.

2) S. S. 477 Anm. 2.

3) L. c. 484:

Sic fantur: Nunc . . . licet alta senectus Praecipitet stupeatque novis tarnen insita cordi Fovet. . . .

491: Si libet, (ut petinnis) pravis avertere mentem Consiliis, quibus omne malum, damnosaque mundo Procedit novitas; placeat desistere tantis

Ac non auditis, quibus et maculare videris Pontiücis famam.

P E T E R VON MURRHONE ALS PA PST CÖLESTIN V. 4 8 9

(16)

versuchen, vielleicht kö n n e er die g ethanen Mifsgriffe w ieder g u t m achen u n d in Z u k u n ft sich v o r ähnlichen h ü ten l.

I n derselben S itzung w u rd e die A b h a ltu n g einer P r o ­ zession beschlossen, in w elcher m an G o tt um seinen Bei­

stan d in d er schw ierigen L age d er K irche anrufen w ollte;

es w a r das letzte M ittel K arls II. un d d er angiovinisch ge­

sinnten K a rd in ä le , deren num erisches Ü bergew icht im K ol­

legium je tz t d u rc h Cölestins im m er stä rk e r w erdende Sehn­

sucht nach B efreiung allm ählich hinfällig w urde. D u rc h den E in d ru c k , welchen ein A ufgebot d er M assen a u f ihn m achen m ufste, hoffte m an den P a p st um zustim m en, u n d ein solches ins W e rk zu setzen, fiel bei d er Stim m ung d e r C ölestiner u n d des V olks n ich t schw er. U m den 6. D ezem ber herum 2 setzte sich ein grofser Z ug, an w elchem viele Bischöfe , alle M önche u n d die ganze G eistlichkeit des K önigreiches teil- n a h m e n , von d er K ath ed rale au s nach Cölestins P a la st in Bew egung.

A ls d er P a p s t m it drei Bischöfen an das F e n ste r tr a t u n d den apostolischen Segen e rteilte, b a t ein B ischof au s d er Prozession um G ehör u n d e rk lä rte , er spreche im N am en des K önigs sowie d er G eistlichkeit u n d des V olkes vom ganzen K önigreich N eapel: alle diese liefsen den P a p st d u rc h ihn, den Sprecher, beschw ören, a u f keine Stim m e zu hören, w elche ihn z u r A b d a n k u n g ü b erred en wolle, denn er sei d e r R uhm des R eiches, un d alle V ölker wollten kein an d eres O b erh au p t haben. Seiner G ew ohnheit gem äfs beauf­

tra g te Cölestin einen d er ihn um gebenden Bischöfe m it d er A n tw o rt u n d liefs sagen, er d ächte n ich t d aran , abzu d an k en , w enn sich n ich t etw as herausstellen sollte, w odurch sein G e­

wissen b eschw ert w ürde. M it dem G esänge eines T edeum s erreichte d a n n die Scene ih r E nde.

D er K önig h atte eine entschiedene N iederlage erlitten,

1) Ebenso die Kardinäle bei B a i an 1. c. 82: Licet a . . . cardi- nalibus fuisset inductus, ut saltem cessionem seu renuntiationem papa- tus differet, et experiretur, si adhuc nonnulla de malefactis suis posset corrigere et a similibus abstinere.

2) Ptol. Luc. XXIV, 32, welcher bei der Prozession zugegen war.

(17)

die A n tw o rt des Bischofs liefs dem P a p ste völlige F re ih e it un d zeigte, w ohin sein E ntschlufs sich neigte; dieses M al verleugnete e r n icht m e h r, wie einige T age frü h e r, seine w ah re A bsicht. V ielm ehr w u rd e er von nun a n , soviel e r sonst unschlüssig hin u n d h er sch w an k te, in seinem E n t­

schlüsse ab zu d an k en so fest, dafs e r sich n ich t m ehr von dem selben ab b rin g e n liefs *. D ie U nzufriedenheit m it seiner jetzig en L ag e u n d die Sehnsucht nach dem früheren, sorgenfreien E rem itenleben g ew annen je tz t das entschiedene Ü bergew icht über den Einflufs des K önigs un d seiner P artei.

N och im m er a b e r quälten zwei B edenken den P a p st.

W e n n auch das K ardinalskolleg a n e rk a n n t h a tte , dafs e r sich in einer m ifslichen L age befinde, so hatte es ihn doch zu gleicher Z eit n ach d rü ck lich d a ra u f hingew iesen, dafs d er von ihm beabsichtigte S ch ritt durch au s ohne P räced en zfall sei u n d deshalb die schw ersten F olgen n ach sich ziehen könne. Zw eitens w ar auch die F ra g e , in wessen H ä n d e d er P a p s t verzichten solle, noch n icht gelöst. U n te r solchen U m ­ ständen m ufste Cölestin fü rc h te n , dafs entw eder die K a rd i­

näle in einem zw eiten K onsistorium seinem W u n sch e ihre Z ustim m ung versagen, oder die A b d an k u n g , selbst w enn sie a u f irgendeine W eise zustande kom m en sollte, n ich t die allgem eine A n erk e n n u n g d er K irche finden w ürde. So rie f er denn den rech tsk u n d ig en G aetani von neuem un d ver-

PE T E R VON MURRHONE ALS PA PST CÖLESTIN V. 4 9 1

1) Anonymus s. Anhang S. 505—506: Ita in hoc consilio firmavit cor suum, quod nullus illum ab illo potuit removere... Audiens et videns idem papa tantam pietatem omnium, qui aderant (bei der Prozession), distulit illam voluntatem, sed a proposito concepto nunquam recessit, nec fletibus nec clamoribus nec etiam rogaminibus. — Die Kardinäle bei B ai an S. 83: Firmiter in renuntiandi papatui proposito persistebat.

Cumque a tali proposito non posset aliquatenus revocari etc. — Wenn jedoch Co d z, Kleine pros. Schriften, S. 351, meint, Cölestin sei durch die Prozession „ nur mehr in seinem Entschlüsse befestigt, schien ja das Opfer doch jetzt nur gröfser und der Ruhm der Entsagung glän­

zender, erhabener“, so lagen meines Erachtens derartige Erwägungen Cölestin völlig fern, er wollte nur heraus aus einer Lage, in der er sich vollkommen unzureichend und daher unglücklich fühlte und oben­

drein noch für sein Seelenheil fürchtete.

(18)

handelte ganz geheim m it ih m ; so geheim l , dafs F e r n ­ stehende un d selbst d er K önig ü b e r den E rfolg d er Prozession vollkom m en getäu sch t w u rd en u n d schon g lau b ten , Cölestin hab e den ganzen P la n fallen gelassen. B en ed ik t wies ihn n u n a u f K lem ens I. hin 2, w elcher, wie er nach dam aliger A n sch au u n g 3 auseinandersetzte, vom A postel P e tru s zu seinem N achfolger e rn a n n t, a b g e d a n k t h a tte , dam it n icht die E r ­ nenn u n g eines N achfolgers du rch den regierenden P a p st zu r G ew ohnheit w ürde. A uch fü r die zw eite S chw ierigkeit w ufste B en ed ik t R a t, indem er das K ard in alsk o lleg fü r b e­

re c h tig t e rk lä rte , die W ü rd e , die es zu vergeben habe, auch w ieder z u rü ck zu n eh m en , w enn d e r, dem es sie übertrag en , sie n ich t w eiter führen könne oder wolle. A u f G ru n d dieser beiden E rw ä g u n g e n erliefs Cölestin m it Z ustim m ung der K ard in äle ein D e k re t 4, dem zufolge es dem röm ischen P apste, w enn gewisse genügende G rü n d e vorhanden seien, g estattet sein sollte, ab z u d an k en 5.

1) Jac. Card. III. 111, 519:

Interea Murro post tot consulta virorum Atque repugnantes animos avertere verba Cedendi longeque suas protendere curas Dissimulans . . . quoad . . . patres

Crediderint, hunc nolle gradum dimittere primum.

Cumque foret generata fides omnesque putarent Rex etiam etc.

2) Villani VIII, 5. Ptol. Luc. XXIV, 83. Anonymus S. 506. An­

tomnus bei Rayn. 1294, 19.

3) Infolge eines Mifsverständnisses einer Stelle im 54. Kapitel des ersten Klemensbriefes. S. H e r z o g u. P l i t t , Protest. Realencyklopädie unter „Klemens von Rom“. Hefele VI, 273*.

4) Die Kardinäle bei B a l a n S. 83: oircumspectio . . . cardinalium persuasit eidem, ut de eorundem fratrum consilio constitutionem faceret . . . quod tarn ipse quam Romani pontifices qui tempore forent possent renuntiare papatui in manibus sui collegii, quam consitutionem . . . fecit de eorundem . . . consilio unanimi et concordi. — Corpus iur.

can. Lib. VI. Decret lib. I, tit. VII De renuntiatione: Coelestinus Y.

. . . deliberatione habita cum . . . cardinalibus, de quorum numero tune eramus, de nostro et ipsorum omnium concordi consilio et assensu . . . statuit etc.

5) Das Dekret wird zwischen dem Tage der Prozession und dem 10. Dezember erlassen sein, denn in der Bestätigung von Gregors X.

(19)

I n den T ag en vom 10.— 13. D ezem ber mufs das G egen­

spiel d e r beiden P a rte ie n ein äufserst lebhaftes gew esen sein: am 10. D ezem ber setzte K a rl II. noch einm al die E r ­ n euerung des K onklavegesetzes G regors X . durch, u n d eben­

so läfst die E rn e n n u n g des K önigs zum Senator von Rom, w elche am n ächsten T a g e erfolgt sein soll L, d a ra u f schliessen, dafs die M acht K a rls am päpstlichen Hofe noch nicht ganz gebrochen w a r, oder dafs m an ih r Z ugeständnisse m achte.

A b e r bereits zwei T ag e später vollzog sich das E reignis, um welches sich der heifse K a m p f d e r letzten Z eit g ed reh t hatte.

A m 13. D ezem ber 1294 2 verzichtete Cölestin a u f die höchste W ü rd e, welche n ach d am aliger A uffassung die C hristenheit zu vergeben hatte. Im vollen O rn a t erschien er im K onsistorium , u n d nachdem er im voraus den K ard in älen geboten hatte, ihn nicht zu u n te rb re c h e n , verlas er folgende A b d a n k u n g s­

formel, welche B enedikt G aetani am T ag e v o rh er in U b e r- , Einstim m ung m it ihm verfafst h a tte 3:

„ I c h 4, P a p st Cölestin V ., bestim m t du rch gesetzliche P E T E R VON MÜRRHONE ALS PA PST CÖLESTIN V. 4 9 3

Konklavegesetz am 10. Dezember (Potthast 24019) ist bereits die Mög­

lichkeit der Abdankung eines Papstes ins Auge gefafst. Vgl. auch Ptol. Luc. cap. 33: A n t e istam autem cessionem de consilio et assensu Fratrum constitutionem facit, quod Papa potest in certis casibus re*

signare. Damit wird die Angabe des Jac. Card. III. III, 523. 555, welche zudem im Gegensatz zu allen anderen Quellen steht und auch unwahrscheinlich ist, widerlegt, dafs nämlich die Verziehtleistung am 13. Dezember den Kardinälen unerwartet gekommen sei und sie erst nach derselben ein solches Dekret verlangt hätten. Ihm folgen Tosti I, IV, 82 (gegen ihn Roviglio bei Antinori 230, 2) und Hefele VI, 273 bis 274. Vgl. Dr u ma n n , Gesch. Bonifaz’ VIII. (1852) I, 12—13.

1) Casti bei Antinori 200 ohne Quellenangabe.

2) Potthast II, 1921. — Auffallend ist die falsche Zeitbestimmung in dem Schriftstück der Kardinäle bei B a i an S. 82: A. D. 1295, mense Januarii, in die beate Lucie Virginis. Die übrigen Zeitbestimmungen in demselben sind richtig.

3) Anonymus: D. Benedictum et fecit se doceri et scrib'. — Jac.

Card. IM. III, 531: nec defuit eius auctor.

4) Ego, Coelestinus papa V, motus ex legitimis causis, i. e. causa humilitatis et melioris vitae et conscientiae illaesae, debilitate corporis, defectu scientiae, malignitate plebis et infirmitate personae et ut prae- teritae consolationis vitae possim reparare quietem, sponte ac libere

Zeitschr. f. K -G. XYII, 4. 3 2

(20)

G rü n d e, näm lich um d er D em u t und eines vollkom m eneren L eb en s und eines verletzten G ew issens w illen, w egen G e­

b rechlichkeit m eines K örpers, M angels an K enntnissen, Mifs- g unst des V olkes, persönlicher U nzulä.nglichkeit und um die tröstliche R uhe m einer früheren L ebensw eise w ieder zu ge­

w in n e n , trete aus eigenem A n trieb un d freiem W illen vom P a p sttu m z u r ü c k , verzichte au sd rü ck lich a u f S tand u n d W ü rd e , L a st u n d E h re u n d gebe von diesem A ugenblick an dem heiligen K ollegium d er K ard in äle volle und u n ­ b esc h rän k te F re ih e it — n u r dafs es den G esetzen gem äfs geschehe — ; fü r die gesam te K irch e einen H irten zu w ählen u n d zu bestellen.“

D ie F o rm el w ar eng an diejenige angeschlossen, welche das K irch en rech t bereits fü r den V erzicht a u f die höheren kirchlichen W ü rd e n en th ielt, n atü rlich m it entsprechenden Ä n d eru n g en 1.

D a ra u f stieg Cölestin von seinem T h ro n e heru n te r, legte säm tliche päpstliche A bzeichen, den R in g , die K rone und den M antel a b u n d setzte sich a u f die E rd e nieder. D e r A nblick so rü h re n d e r D em u t m achte selbst auf die gewifs n ich t w eichherzigen K ard in äle einen tiefen E in d ru c k , ,,w en n au ch bei vielen die F re u d e gröfser w a r als die T r a u e r “ 2.

cedo papatui et expresse renuntio loco et dignitati, oneri et honori;

dans pleiiam et liberam facultatem ex nunc sacro coetui cardinalium eligendi et providendi, dumtaxat canonice, universali ecclesie de pa- store. — Ciac.-Oldoin II, 274. Raynald 1294, 20. Ma r i n i , Vita e miracoli di S. Pietro dei Morone (Mailand 1640), p. 400. Bzovius 1294, X. Über den wohl unbegründeten Zweifel an der Echtheit der Formel s. Lei. Marinus 1. c. 525, 109.

1) S. S. 484: conscientiae illaesae für conscientiam criminis, infirmi- tate personae für irregularitatem pers. Das melioris vitae und der Zu­

satz ut praeteritae — quietem zeigt ausdrücklich, dafs die Sehnsucht nach dem alten Eremitenleben einer der hauptsächlichsten Grüude für die Abdankung war. Auffallend sind bei der bekannten Stimmung des Volkes, besonders nach dem ungestümen Auftreten desselben in der Burg und der Prozession die Worte: malignitate plebis; hier scheint man Cölestin getäuscht zu haben. Mit dem Schlufs: dans plenam etc. ist dem Rate Benedikts gemäfs nunmehr das Kardinalskolleg an die Stelle des sonst erforderlichen Vorgesetzten getreten.

2) Der Anonymus bei B a i an S. 33.

(21)

„ D u fliehst d a s , w onach je d e r T h o r und je d e r W eise z u ­ gleich v e r l a n g t s a g t e M atthäus O rsini zu ihm l. A u f G ru n d des vo r w enigen T ag en erlassenen Gesetzes schritt m an d an n zu r B eratu n g d a rü b e r, ob die von Cölestin v o r­

g etragenen G rü n d e in der T h a t, wie es in je n e n B estim ­ m ungen v e rlan g t w a r , ausreichend s e ie n 2. D as E rg eb n is w ar die A nnahm e d er A b d a n k u n g 3, wie es u n te r den ob­

w altenden U m ständen n icht an d ers sein k o n n te : es w a r j a d er lebhafteste W u n sch d er K ard in ä le selbst, dem Z u stan d e d er V erw irru n g un d d er fortw ährenden B eeinflussung du rch K a rl II. sobald als m öglich ein E n d e zu m achen. D azu k a m als zw eiter n ich t zu u n tersch ätzen d er B ew eggrund, dafs die A b d an k u n g , w elche von d er ausdrücklichen B ew illigung des K ardinalskollegium s a b h än g ig g em ach t w a r, von neuem die Stellung desselben gegenüber dem P a p sttu m erheblich stä rk te 4.

V on einer L a st b e fre it, welche ihn in W ah rh eit zu er­

d rü ck en ged ro h t hatte, eilte P e ter, als er endlich sich selbst w iedergegeben w a r, m it dem A u sd ru ck höchster F re u d e in den A ugen u n d G esichtszügen aus d er V ersam m lung, „ a ls 5 PE T E R VON MURRHONE ALS PA PST CÖLESTIN V. 4 9 5

1) Jac. Card. 111. III, 555:

Refugis, quod postulat omnis Indoctus prudensque simul.

2) Wenn auch das voraufgegangene Dekret die Mö g l i c h k e i t einer Abdankung ausgesprochen hatte, so mufste doch in jedem ein­

zelnen Falle das Kardinalskolleg darüber beraten, ob die zur Bedingung gemachten Gründe wirklich vorhanden waren. Dafs jenes Dekret f rüher erlassen war, ist sicher bezeugt, und die Angaben des Kardinals Jakob (s. S. 492 Anm. 5) sind daher hier nicht zuverlässig.

3) Vgl. das Schreiben Bonifaz’ VIII. vom 22. Januar 1295 (Rayn.

1295, 8): Vacante Romana ecclesia per . . . Petri de Morone . . . ces sionem . . . a cardinalibus praedictis admissam, cum illam posse sic legitime fieri et primorum gesta pontificum et constitutio declarent apertius et etiam faciendam expressus accesserit cardinalium praedicto- rum assensus. — Jac. Card. III. III, 570. — B ai an S. 83: habitaque deliberatione solenni idem collegium cessionem et renuntiationem huius- modi acceptavit.

4) S o u c h o n S. 9 — 10 bezeichnet die Abdankung geradezu als ,, einen neuen Abschnitt in der Entwickelung des Kardinalats“.

5) P e t r a r c a , De vita solitaria, Lib. II, tract. III, cap. 18: Au-

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wenn er nicht seine Schultern einer angenehmen Last, sondern den Hals dem schrecklichen Beile entzogen hätte.“ Unver­

züglich begab er sich in seine Zelle innerhalb des Palastes, legte das langersehnte Mönchsgewand wieder an und harrte der Wahl seines Nachfolgers, um vor ihm sein Herz aus­

zuschütten und volle Absolution zu empfangen l.

Es ist kein Zweifel: neben der Sehnsucht Cölestins nach Freiheit hatte die römische Partei des Kardinalskollegiums den Hauptanteil daran, dafs die Abdankung wirklich zu­

stande kam. Vor allem hatte Benedikt Gaetani als Führer 2 dieser Partei in den letzten Tagen eine hervorragende Rolle gespielt, und da er aus all diesen Wirren schliefslich als Papst hervorging3, kann es nicht wunder nehmen, dafs nicht nur zu seiner Zeit seine Feinde, sondern auch viele Geschichtschreiber bis herab auf unsere Tage der Ansicht Ausdruck verliehen haben, das Ganze sei von ihm ins Werk gesetzt und durchgeführt in der Absicht, sich an Stelle Cölestins auf den päpstlichen Thron zu schwingen 4.

divi narrantes, qui viderunt tanto illum fugisse cum gaudio eaque signa laetitiae spiritalis oculis ac fronte gestaute, dum a conspectu concilii iam tandem sibi redditur ac liber abscederet, quasi non humerum blando oneri sed collum diris securibus subduxisset, utque eius in vultu nescio quid angelicum reluceret.

1) Jac. Card. III. III, 578:

habitus mutaverat omnes Papatus, chlamydem vestitus terga pilosam.

Fit monachus, qui papa fuit.

Lei. Marinus 1. c. 525, 110. — Eine bereits ausgeschmückte Darstel­

lung des ganzen Hergangs, auch mit freierer Fassung der Abdankungs­

formel, s. bei Barth. Cotton ap. Mon. Germ. XXVIII, 611.

2) Carlo de Lellis, Discorsi delle famiglie nobili del regno di Na­

poli (Neapel 1654) I, 186 berichtet, Benedikt sei der Beichtvater Cö­

lestins gewesen, eine Thatsache, welche sehr interessant wäre, wenn man wüfste, wie de Lellis zu seiner Angabe kommt.

3) Nie. Wiseman, Difesa di varj punti della yita di Bonifazio VIII.

(Annali delle scienze religiöse [1840] XI, 260. — Ann. de philosophie chretienne [1842] V, 428).

4) Den genau entgegengesetzten Standpunkt vertritt Tosti I, IV, 82

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